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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 31.07.1892
- Erscheinungsdatum
- 1892-07-31
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189207316
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18920731
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18920731
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-07
- Tag1892-07-31
- Monat1892-07
- Jahr1892
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 31.07.1892
- Autor
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Tabellarischer und Ziffernsatz nach höherem Tarif. ßrtra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Llorgeu-Ausgabe, ohne Postbesörderung ^4 60.—, mit Postbesörderung 70.—. Annahmeschluß für Inserate: Abend-NuSgabe: Vormittags 10 Uhr. Margeu-Au-gabe: Nachmittag» 4 Uhr. Sonn- und Festtags früh '/,9 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde sriiher. Inserate sind stet» an die EzDeVittan zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 388. Sonntag den 31. Juli 1892. 86. Jahrgang Amtliche Bekanntmachungen. Ausschreibung. Die Maurerarbeiten und die Lleiilmeizarbriten zur Erweiterung des nördlichen Friedhofes sollen je an einen Unter nehmer verdungen werden. Die Bedingungen und Kostenanschläge für diese Arbeiten liegen in unserer Hochbau-Verwaltung, Raihhaus, II. Stockwerk, Zimmer Nr. 6 aus und können daselbst eingeseben oder gegen Entrichtung der Gebühren im Betrage von je 1,40 >1, welche auch in Brief marken eingejendet werden können, entnommen werden. Bezügliche Angebote sind versiegelt und mit der Aufschrift: „Maurer- de;. Stci»»irt;arbeiien-NorSsric0hof" versehen ebendaselbst, portofrei und zwar bis zum 6. Anglist, Nachmittags 5 Udr einzureichen. Der Rath behält sich die Auswahl unler den Bewerbern, bczw. die Theilung der Arbeiten und die Ablehnung sämmtlicher Angc- hole vor. Leipzig, den LS. Juli 1892. Der Rath der Stadt Leipzig. ll». 3352. vr. Tründlin. Rüling. Lekanntmachuttg. Nach der Bestimmung in 8- 44 unter x der Nevidirien Städte- Ordnung sind diejenigen Bürger, welche länger als zwei Jahre ihre Staats- und Gemeindeabgabcn ganz oder theilwcise im Rückstände gelosten haben, von der Stimmberechtigung bei den Stadtverord- neten-Wahlen ausgeschlossen. Unter Hinweis ans diese gesetzliche Bestimmung, sowie aus An laß der in nächster Zeit vorzuiiehmende» Aufstellung der Stadt verordneten-Wahlliste für die diesjährige Ergänzungswahl des Stadtverordneten-Collegn fordern wir alle Tie,enigcn, welche von der obenerwähnten Besnmmung betroffen werden, hierdurch auf, ihre rückständigen Staats- und Gemeindeabgaben rechtzeitig zu bezahlen. Leipzig, am 28. Juli 1892. Der Rath der Stadt Leipzig. IL 84. De. Tröndlia. Llauß. Gesucht wirb dir am IS. Juli 1833 zu Rchbach geborene Fabrikarbeiter . Eduard Trangott Schmidt, welcher zur Fürsorge für seine Familie anzuhalten ist. Leipzig, den 30. Juli 1892. Ter Rath der Stadt Leipzig. (Armrii-Amt. Abth. II.) I. A. ä. R. H, I 4780. Fincke. Heinlchen. Erstatteter Anzeige zufolge ist daS am 2. April 1885 vom Gemeindevorstande zu Kölhel für Therese Siegel ausgestellte Dienstbuch am 16. Juni dieses Jahres in hiesiger Sladt verloren gegangen. Das Buch ist im Aufsindnngsfalle an uns abzngeben. Leipzig, den 28. Juli 1892. Las Palizriaint der Stadt Leipzig. IV. 4350. Bretschneider. Adr. 10 71 4 Lekamitmachling. In der Zeit vom 2. bis mit 30. Juli dieses JahreS gingen an freiwilligen Gaben bei uns ein: 1 X 75 Ueberschuß in Steuersachen M. H. durch das Stadt- steueramt hier. Verlust in einer Wette von Herrn G. G., Ertrag des Musik-Automaten Merkur) im Panorama I durch Herrn Ertrag des Automaten im CafS Bauer (W. Busch hier, Ertrag des Automaten im Krystallpalastf — » Sühne in Sachen P. W. F- D. 1 2".*!? ^rrn — . . . - E. ». / -V D ? Friedensrichter 0- /- -3- fSetdemann hier — » » » » G. Fr. '/. C. Pr. — - - - - G. W. '/. P. D. — - - - - M. K. V. E. B. — « - - - A. R. '/. A. D. — - - - - P. L. V- B. M. — - - - - E. M. '/. A. D. — - - - - E. M. '/. Sl. D. — . - - . E. Kr. '/. M. Pr. — - - - - A. F. G. K. L. — » » -> Fr. vw. M.'/. F. S- — - - . . P. St. '/. A. M. — - - - - L. K. '/. A. Tr. — - - - - C. A. K. 7. O. D. — - - - . F. D. '/. A. «. — - » -- -HB.'/. M. Fr. — - » » - M. L. S. Vch. — - - - -AK. /. K. H. 50 - . . K. K. 7. A. A. — . . . - H. — - - - - P. tt. — . - - - F. V- G. O. 7. W. 100 5 4 2 10 5 3 30 10 3 1 9 4 5 3 5 10 15 20 10 4 2 2 7 5 10 5 6 7 5 5 3 3 3 5 4 15 10 durch Herrn Friedens- richter Mündt hier, durch Herrn Friedens. Achter Pätz, L-Anger- Crottendorf, I. 7- P K. 7-Sch. Sr. /. F. Br. '/ E. E. V- kr. N. 7- Gr. H. /. L. H. 7- Br. N. 7- M. B. '/. L. durch Hrn. Friedens- richte: Thebas, L.-Gohlis, durch Hrn. Friedens- richter Thomas, L.-Eulritzsch, 358 10 ^ Summa, worüber hierdurch dankend quiitirt wird. Leipzig, den 30. Juli 1892. DaS Ar meiiamt. Ludwig Wolf. Schicker. Auktion. Im alten Bibliotheks-Gebäude, Universiiätsstraße 3, Mittel- pauliaum, soll Sonnabend, den K. August 18S2, Vormittags 9 Uhr. eine größere Partie altes Mobiliar (T,ick>e. Schränke. Regal». Tritte, Anlegeleitern rc.) meistbietend gegen Boarzahlung öffentlich versteigert werden. Tas Verzeichn iß der zu versteigernden Gegen- stände liegt nebst den LersteigerungSbedingunaen im Universtläts- Rentamt zur Einsicht aus. auch kann da» alte Mobiliar Vormittags Von 10—12 Uhr besichtigt werde». Leipzig, am SO. Jnli 1892. Universitäts-Rentamt. A-bhardt. Kirchenvorstandsncmvohl in der plirochie Leipzig - Thonberg. Da nach 8. 17 der Kirchenvorstandsordnung auS dem Kirche». Vorstände der Porochie Leipzig-Thonberg die Herren Hausbesitzer Hermann Schrocder zu L.-Ncureudnitz, bisheriger Ctcllvertr. des Vors., Friede. Äug. Lnritzsch zu L.-Thonberg und Herr Raths- aosriar F. A. Franke ebendaselbsl, bisheriger Kirchenrechnungs- sührer, nach Ablauf ihrer Wahlperiode ausjcheidc», so macht sich eine Neuwahl nölhia. Dieselbe soll Sonntag, de» 14. August e. (!>. >>. Tel» ), nach beendigtem Gottesdienste in der Kirche siattlinleii, und zwar nicht wie bisher in der Weise, das; nach Maßgabe der Bcitrags- leislung zu Len Parochiallasten für die cheiiialige Gemeinde Tbon- bcrg 2 Vertreter gewählt werden und für Neureudnitz 1 Ver treter, sondern vielmehr in Folge der mit der Einverleibung in die Etadtgemeinde Leipzig vollzogenen Aufhebung der Selbstständigkeit genannter Gemeinden dergestalt, daß aus der die Lrislheile Leipzig- Thonberg und L.-Ne»rei>d»itz umsassendcii, nach Maßgabe der ert lichen Lage der Kirche zu benennenden Parochie Leipzig-Thonberg 3 Vertreter — gleichviel ob in L.-Thonberg oder L.-Neurcndnitz wohnhaft — zu wählen sind. Die Abgabe der Stimmzettel hat persölich in der Zeit von '/,11—V,l2 Uhr zu erfolgen. Tic Aiisschridciidrn sind Mieder wählbar. Stlmmberechttgt sind alle selbstständigen unbescholtenen Glieder der Kircdengemeinde, welche das 25. Lebensjahr erfüllt haben, sie seien verhcirathct oder nicht. Zur aetiven Betdeiligung an der Wahl sind jedoch nur diejenigen berechtigt, welche sich vor derselben zur Eintrag»»;! i» die Wälilcr- listr» mit Angabe des Standes, Lebensalters und der Wohnung mündlich oder schriftlich genieldct haben. Tie Wählerlisten werden bis Sonntag, Sc» 7. August e., bei Len Herren Eckuoeder, Torotdcciistraße 42, Krcmpier, Stöltcritzer Straße 10, Praetorius, Reitzeuhaiucr Straße 4, Fuhrmann, Rcitzciihainer Straße 59, Bäcker- meisier Schulze xen., Reitzcnbaincr Straße Nr. 92 und in der Expedition des Pfarramts auöliegen. Wählbar sind alle stüninberechtiglen Gemciiideglieder, welche das 30. Lebensjahr vollendet haben. Die Wähler habe» ihr Augenmerk aus Männer von gutem Rufe, bewährtem christlichen Sinne, kirchlicher Einsicht und Er- fahrung zu richten. Weber stimmberechtigt noch wählbar sind Trauungs- und Tausverweigerer. Der Kirchenoorjtand. C. Schilling, Pfarrer. Lau-Areal in nächster Nähe des Bahnhofs und der Harthwalvttiig, schön gelegen, hat billig zn verkaufen Ter Stadtrath zu Zwenkau. Oie Königliche Kaugcwerktuschule zu Plauen i. 11. eröffnet am 3. Letober einen neue» LehrenrS. Anmeldungen sind bis zum 20. September zu bewirken. Prospccie mit Len Aufnahmebedingungen übersendet Die »lreetloa. Löwe. Die Wirkungen des prorelses Dtllschkw. WaS zunächst in die Augen fällt, ist die Sicherheit der Haltung, welche Bulgarien Rußland gegenüber zeigt. Tie Äbleugnung der Echtheit der von der „Swoboda" verösfcnt lichten Aelenstücke durch daö „Journal de St. PüterSbourg" hat sofort durch die „Agcnce Baleanigue" eine sachgemäße und energische Abfertigung erfahren, die weit eindrucksvoller wirkt, als die Klagen des russischen Organs. Besonders frappant ist der Gegensatz in den Schlußworten. DaS Organ des russischen Auswärtigen Äniles bemerkt, daß die Annalen Bulgariens jetzt eine dunkle Seite mehr zählten, und daß die Geschichte dereinst ein strenges Urlhcil über die gegenwärtigen Leiter der Negierung dieses Landes fällen werde. Dagegen beruft sich die „Agcnce Balcanigue" aus die linparleilsche öffentliche Meinung, die keinen Zweifel darüber hege, daß die beklagenöwerthcn Ereignisse, die sich in Bulgarien abspiellen, den Aufreizungen und Umtrieben NußlandS zuzuschreibcn seien, und daß Rußland allein die Berantworlnng dafür trage. Was das „Journal de St. Ptzlerübvurg" an Feindseligkeit gegen Bulgarien ver missen läßt, sucht die französische Presse doppelt auszugleichen; sie fordert den Prinzen Ferdinand auf, Bulgarien zu ver lassen, nennt ihn Feigling, Banditen, Henker und warnt die Fürstinnen, die etwa geneigt wären, mit ihm einen Ebe- bund zu schließen, vor ihm. Bon riesen Ausschreitungen sticht sehr vorlbeilhast ab, was caS Wiener „Frcmtenblatt" und die „Nene Freie Presse" zu den Hinrichtungen in Sofia sagen. DaS Organ des Grafen Kalnoky erklärt, daß keines der in Bul garien verübten oder geplanten Verbrechen in der großen Masse des bulgarischen BolteS die geringste Förderung erfahren habe, und daß man diese Thatsache überall mit Genuglhuung begrüßen werde, wo man dem Auf schwung der tüchtigen bulgarischen Nation Tbcilnahme entgegcnbringt, überall, wo man anarchistische Taktik verurtbcilt. Die „Neue Freie Presse" endlich beklagt es, daß Rußland den Mangel der völkerrechtlichen An erkennung der bulgarischen Regierung in unerhörler Weise mißbraucht, um fortwährend Empörungen anzuzetteln, den Frieden Bulgariens zu stören und das Bertrauen und die Sympathien, deren es sich im AuSlande erfreut, zu unter graben. So spricht sich die öffentliche Meinung über den Proceß Beltschew aus, und cS gestört nicht viel Scharfsinn dazu, um zu stcurlbcilen, aus welcher Seite sich da- Recht befindet. Rußland bat das Recht verwirkt, ein Urthcil über die Zu stände in Bulgarien zu fällen, denn diese sind, so weit sie Tadel verdienen, daS Werk Rußlands. WaS möglich war, um Bulgarien in seiner natürlichen Entwickelung zn stören, bat Rußland mit allen ihm zu Gebote stehende» Mitteln gethan, und dennock hat eS herzlich wenig erreicht. Bulgarien zeigt allen böswilligen Versuchen gegenüber, seine Entwicke lung zu stören und seine Zukunft zu untergraben, eine Standhaftigkeit und eine Mäßigung, dir bcwunternswerth ist. DaS wird auch von unparteiischer Seite überall anerkannt, aber man scheut sich, etwas Entscheidendes zu Gunsten Bul garien- zu thiin, weil man Rußland keinen Borwand zum Kriege liefern will. ES fragt sich, ob man darin nicht zu weit geht. WaS kann die Türkei hindern, den Prinzen von Eoburg all Fürsten von Bulgarien anzuerkranea? Und wenn daS geschehen ist, so käme cS darauf an, wie sich die Bürgen dcö Berliner Friedens zu dieser Anerkennung stellen würden. Es wird von Rußland stets geltend gemacht, daß Bulgarien der Anerkennung der Mächte nach den Bestimiuuiigen des Berliner FricdcnSvcrlragcS entbehre, und doch würden säiuiul- lick'e Unterzeichner dieses Vertrages sofort ihr Einversiändniß erkläre», wenn Rußland den Prinzen von Coburg als Fürsten von Bulgarien anerkennt. Es fragt sich, ob die bulgarische Volksvertretung richtig bandelte, als sie dein Zustande der Regentschaft ein Enke be reitete. Nichtig ist unzweifelhaft, daß ein von einem Oberhaupt geleitetes Siaalswcsen mehr Aussicht aus eine gedeihliche Entwickelung bat, alS ein solches, in welchem ein Triumvirat die Zügel der Regierung führt. Aber in Bulgarien lag die Sache so, daß nur cm von Rußland aucrkannler Throncandidal auf die Anerkennung der Groß mächte rechnen tonnte. Dessen war sich auch der Prinz von Coburg bewußt, und deshalb suchte er, dem Beispiel deS Fürsten Alexander folgend, sich mit Rußland auf guten Fuß zu stellen, als er den Versuch zur Aussöhnung mit dem Zaren machte. Prinz Ferdinand entsprach dein Rufe der Svbranje, obwohl ihm die Aussicht auf Verständigung mit dem Zaren abgcschniltcn war, und das erschien unS von Aiisaug an als politischer Fehler, eine Meinung, der wir auch heule noch treu geblieben sind. Es gicbl sowohl in Bulgarien als im Auslaute eine große Anzahl von politisch geschulten Personen, die den Prinzen von Coburg sur die Wohlfahrt tcS bulgarischen BollcS nicht als wesentlich und unent behrlich erachten, sonder» der Meinung sind, daß der Schwcrpunct der Regierung, wie zur Zeit der Regentschaft, »ock gegenwärtig in den Händen Stambulow's ruht. Man betrachtet die Hinrichtung Panitza'S ebenso als daS Werk Stambulow'S, wie man ibm die Bcranlwcrtung für die Hinrichtungen vom 27. Juli zumeist. In Rußland nennt man Ltambulow kurzweg den Tielator Bulgariens. ES ist nicht möglich, seslzusicllen, ob diese Ausfassung der Be deutung Slanibnlow's begründet ist, nur so viel laßt sich sagen, daß sic große Wahrscheinlichkeit für sich hat. Bulgarien hat seine Lebenskraft und EiilwickelungSsäbig- keit auch >r Zeit der Regenlschast in vollem Maße bewährt, und eS liegt kein Grund vor, anzunehmc», daß darin für die Folgezeit eine Acnderung eingetrclen sein würde, aber die fünfjährige Regierung des Prmzen von Coburg ist eine That sache, die man nicht einfach bei Seile lasse» kann. Vielleicht würde Rußland sich während der fünf Jahre, welche seit dem Regierungsantritt deS Prinzen von Codurg verflossen sind, bewogen gesuhlt haben, seinen Candidaten für den bulgarischen Thron zu nennen und dadurch dem Zustande der Unsicherheit in Bulgarien ein Ende zu machen; aber diese Handlung ist während eines ganzen JahreS von ihm vergeblich erwartet worden, also liegt der Gedanke nabe, daß Rußland, wie cs in dem Schreiben deS Vorstandes der asiatischen Abteilung deS Auswärtigen Amtes an den Gesandten Hitrowo heißt, auf die Nambaslmachung eines Candidaten für den bul garischen Thron überhaupt Verzicht leisten wollte und es vor- zcg, die russische Schutz-Herrschaft über Bulgarien durch Er nennung eines Statthalter« zur Tbat werden zu lassen. Das lcyle Wort über die von der „Swobota" veröffent lichten Aclenstucke ist »och nicht gesprochen, aber so viel siebt schon beule fest, daß diese Veröffentlichung der russischen Rc gicrung nicht zum Vorlbcil gedient bat. Die moralische Grund lage, aus welcher Bulgarien rubt, erscheint heule wesentlich befestigt, und wenn cs auch wahr ist, daß die Hinrichtungen in Sosia anfechtbar sind, so bat doch die »Agence Balcauiguc" mit der Behauptung vollkommen recht, daß die Verantwortung für die bellaacnSwerlken Ereignisse »i Sosia allein aus Ruß land fällt. Eine Politik, wie sie Rußland in Bulgarien übt, laßt sich mit den beule gellenden völkerrechtlichen Gesetze» nicht in Einllang bringen, sie ist der Nachhall einer längstvergangencii Zeit, wie die ganze Art der russischen SlaalSlcilung in Europa ohne Scilcnslück ist. Alle europäischen Staaten haben den Grundsatz der natürlichen Forlenlwickelung zur Richtschnur gewählt, nur Rußland glaubt sich in dieser Beziehung eine Ausnahmestellung wahre» zu können. TaS ist ein schwerer Jrrlbui.i, der sich schon mehrfach gerächt bat, Rußland macht Rückschritte statt Fortschritte, cö ist auf dem besten Wege, die Grundbedingungen seines Daseins zu zer störe». Jedes Jahr, daS Bulgarien im Kampfe mit der russischen Wühlarbeit siegreich zurücklegt, rechnet zehnfach für seine Selbstständigkeit, die cS heule schon nahezu erworben bat. Der Proceß Beltschew hat die öffcittlichc Meinung Europas nur i» dem Vertrauen aus die Zulunst Bulgariens gestärkt, Rußland und Frankreich stehen mil ihrer Meinung allein. * Deutsches Reich. «s. Vcrlt», 30. Juli. Wie ans Verabredung wird von allen Organen des NadicaliSiniiS über die Absichten des Fürsten Bismarck Folgende- entbüllt: Er will nick» mehr inö Amt zurück, aber sein ganzes Dichten und Trachten ist darauf gerichtet, die jetzige Regierung zu stürzen und seinen Sobn Grasen Herbert Bismarck an eine einflußreiche Stelle zu bringen und durch diesen seine srüherc Herrschaft wieder auSzuüben. : - „Freis. Ztg." führt ans, Kund gebungen wie die -mg r Rede des Fürsten könnten gar keinen andern Zweck dabei, als diesen. Tie Erklärung, die er selbst dafür gegeben, daß er nämlich sich seil mehr als 40 Jahren mit Politik beschäftigt habe, daß dies der Gegen stand, der sei» Interesse vor alle» Dingen fessele und daß eS ibm unmöglich sei, sich jetzt den Munt verbieten zu lassen — diese Erklärung verdiene keinen Glauben. Bei jedem anderen Menschen, so meint Herr Richter, wurde dieser Beweg grund ein überzeugender sein, bei dem Fürsten Bismarck allein ist er unmöglich. Grund: Fürst Bismarck ist der einzige Politiker von Allen, die Herr Richter kennt, der niemals öffentlich spricht „ohne damit einen bestimmten naben Zweck zu verbinden". Daß in diesem Urtheil ein Coinplimcnt für seinen Gegner steckt, dafür darf i»an dem GcwohnbeitS- redner Richter kein Berstänkniß zumntbcn. Jedenfalls trifft der Satz zu, daß BiSmarck niemals in den blauen Nebel geredet hat. Und daß seine neuerlichen Kundgebungen einen bestimmten Zweck haben, ist ebenso zweifellos. Aber nur der haßgrtrübtr Blick von Jch-Politikera, die den Maßstab ihres Wescnö'an Größere anleaen, kann diesen Zweck derart ver kennen, wie es die deutschfrcisiiiiiig-demokratischen Wortführer tbun. Die Absicht de« Fürsten liegt klar zu Tage, sie liegt in seinen Worten: er wollte warnen, Wege zu betreten oder- weiter zu begehen, die nach seiner Ucbcrzeugung Abwege sind. Zu diesem Bebuse zerstörte er die Illusion, baß der CurS der alle geblieben sei, erörterte er unser Verhältniß zu Ruß land und unterzog er die extremen Parleibestrebuugcn der Kritik. Wir wollen eS dem Wahlkönig Richter nicht ver argen, wenn er an dem Kissingcr Wort: „von unten auf lönncn wir nicht regiert werden, denn die Jagd nach Stimmen ist stärker, als die vernünftige Erwägung besten, was zu tbun ist" — stillschweigend vorübergehl. Wie aber kann ei» Teulschsrcisinnigcr, insofern er ehrlich ist, nach weiteren „Zwecken" suchen; wenn er in BiSmarck'S Rede die Sätze liest: „Wir können weder eine katholische noch eine evangcliscke Theokratie in Deutschland vertragen. Wir müssen uns als weltlicher Staat regieren." Hat etwa das Ministerium Eaprivi mit seiner Hinneigung zu Ultramon- taniSmuS und Orthodoxie, mit seinem Schulgesetze und seinem Dictum über die „Scheidung der Geister" nicht etwa dafür gesorgt, daß diese Worte des Fürsten BiSmarck einen „be stimmten nahe» Zweck" erkennen lassen? Muß man den Grafen Herbert BiSmarck in? Amt bringen wollen, wenn man aus schwere drohende Gefahren aufmerksam macht? Alle diese Fragen verneinen sich auck, wohl Herr Richter und die „Frankfurter Ztg ", die zuerst mit den Enthüllungen über die Herbert Pläne ausgewarlct hat. Aber für den Radikalis mus dandcll cS sich darum, au hoher Stelle in Bezug auf den Fürsten BiSmarck dieselben Befürchtungen wachzurufen, die ullramoittaue und orthodoxe Höflinge mit ihren Hin weisen auf die vom Liberalismus der Monarchie angeblich drohenden Gefahren zu erzeugen wünschen. Unsere heutige Demokratie coxirk gerade so, wie es die Neaclionaire thu», die Umgebung Friedrich Wilhelm'S IV. Nur daß sie nicht bcgreist, daß sie die Geschäfte der Gegner besorgt. ES mag sein, daß Herr Richter zur Befestigung der Stellung Caprivi'S beiträgt, aber was bat der Teulschsreisiiin von dem Kanzler, dem er „iiliheimlich" ist? * Berlin, 30. Juli. (Telegramm) Wie der „NeichS- anzciger" meldet, ist der Geheime OberregicrungS-Rath von Woedlke zum Vorsitzenden des Oberseeamls er nannt worden. — Vor Kurzem wurde gemeldet, daß die Absicht bestehe, dem Landtage in seiner nächste» Session eine Vorlage zu machen, durch welche daS bisher Len preußischen Beamten gewährte Borrecht, zu den Communalsleuern nur mit der Hälste ihres Gehaltes herangczogen zu werden, auf gehoben werten sollte. Diese Nachricht begegnete von vorn herein entschiedenem Zweifel, und zwar, wie cS scheint, mit Recht. Es isl, wie jetzt angenommen wird, eine solche gesetz geberische Maßregel allerdings in Anregung gebracht worden, ohne daß jedoch dieser Anregung weitere Folge gegeben worden wäre. — Ter Reichstag wird sich auch in der kommenden Session mit einer Reihe handelspolitischer Vorlagen zu beschasligen haben. Ter Abschluss eines neuen Vcnragcs mit Spanien «st bisher zwar noch nicht geglückt, doch hofft man, dass »och vor Ab- lauf des bis zum I. Teceinber d. I. andauernden Provisoriums sich eiu bauerndes Verhütt,»» werde anbahneii lassen. Mit Egypten ist bereits ein neuer Handelsvertrag vereinbart, über den in englischen Blättern i» diese» Tagen die erste» Mittheilungen gemacht worben sind. Tie Verhandlungen mit Serbien sind iin Gange, nachdem der im nächsten Jahre ablausendc Vertrag rechtzeitig gekündigt worden ist. Ter neue Vertrag würde, vorausgesetzt, Lab sich eine Verständigung erreichen läßt, mit dem Juni koinincndea Jahre in Kwajl treten, lieber Verhandlungen mit Rußland tauchen immer wieder neue Gerüchte aui, ohne daß sich erkennen ließe, wie weit dieselben begründet sind. Vorläufig deutet nichts daraus hin, daß mit Rußland Verhandlungen in absehbarer Zeit cingkleitct werde» sollten. In den Handelsbeziehungen Teutichlands zu Rumänien ist gleichfalls nur ein Provisorium geschossen. Lb cs gelingen wird, einen neuen Vertrag zu vereinbare», muß dahin gestellt bteibe». — Tie kleineren gewerkschaftlichen Vereine leisten wenig und die Arbeilerinnc» - Vereine gar Nichts. Deshalb ist in social- demokratischen Kreisen die Absicht vorhanden, die Arbeiterinnen- Vereine aufzulösen und die Mitglieder derselben den Fach- vereinen für Männer ziizuführen, rech, gemischte Vereine ins Lebe» zu ruse». Ten Anfang dazu haben bereits gemacht die in Buchbindereien, Ledcrwaaren-, Earivn- und Luxuspapiersabrikc» beschäftigten Arbeiter, ebenso bat sich der Verein gewerblicher Hitss- arbciier aufgelöst, um einen Allgemeinen Arbeiter- und Arbeiterinnen- Verein zu gründen. * Hamburg, 30. Juli. Die „Hamburger Nachrichten" beschäftigen sich nochmals mit den vom „RcichSanzcigcr" jüngst veröffentlichten Erlassen. Das genannte Blatt schreibt: „Es ist bereits mehrfach auf die ausfällige Erscheinung hin- gewiesen, das) — wie aus dein im „Reichsanzeiger" veröffentlichte» Erlaß von, 23. Mai >890 an die auswärtige» Missionen hervor gehl — schon zwei Monate nach der Zeit, bis zu welcher Fürst Bismarck die Geschäfte und die Politik des deutschen Reiches veranlwortlich geleitet hatte, der diplomatische Apparat eben dieses Reiches ausgeboten wurde, um den ersten Kanzler im Auslände berabzusepen und z» verdächtigen. Für die darin liegende wunderliche Jiismualion, daß Fürst Bismarck in den zwei Monaten seit seiner Entlassung ein ganz anderer Mensch ge worden sei, als er im Amte war, hatte man keine Empfindung, »nd daß man sich dabei sagen mußte, eine solche Kritik der Person des eben erst ans den, Amt geschiedenen ersten Kanzlers treffe noch- wendig auch dessen frühere Arbeit, richte sich gegen die ganze Regie- rnng Kaiser Wilhelm'- 1., erhöhte die Seltsamkeit des Vorganges! ES bleibt nichts übrig, als in dem Erlaß vom 23. Mai 1890 den Beweis dafür zu erblicken, wie stark der Einfluß persön licher Stimmungen und Verstimmungen die Politik de- Reiches beherrscht. Noch stärker wird man hiervon über zeugt, wenn man den Erlaß voin 9. Juni d. I. nach Wien und denen anttliche Veröffentlichung ins Auge saßt. Es liegt hier die Ttaisache vor, daß das Ansehen eines Weltreiches, wie de- deutschen, ausgeboten wurde, um die Feier der Hochzeit eines Privatmannes, die Einladungen zu derselben zu bceinslussen. Es ist ein riaen- thuiiilicher Eontrast, die deutsche Reichsgewalt, die deutsch« Großmacht im Kampfe zu sehen mit den Grasen Hoyos und Palssy, um diesen di« Zahl der Gäste zu beschränken, die si« zu einer Privalseierlichkeit eüigeladen hatten, um einig« der selben, welche die Einladung bereits angenommen hatten, zur Ab sage zu »ölhigen! Wir sagten es schon: hätte man den Grasen Herbert Vi-marck sich ruhig verhelrathrn kaffen, ohn» sich um di« Hochzett und deren GLst« zu kümmern, s, glanb«» mir nicht, dntz
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