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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.08.1892
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-08-05
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920805019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892080501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892080501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-08
- Tag1892-08-05
- Monat1892-08
- Jahr1892
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Tabellarischer und Zifferosatz nach höherem Tarif. Extra-Vellage» (gesalzt), nur mit de« Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung ^4 60.—, mit Postbesörderung ^l 70.—» Annahmeschluß für Inserate: Abend-Ausgabe: Bormittag» 10 Uhr. Morgeu-AuSgab«: Nachmittag» 4Uhr. Sonn- und Festtag» früh V,9 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Inserate sind stet» an die Expevitian zu richten. Druck uud Verlag von C. Polz tu Lejpzlg Fs 397. Kreitag den 5. August 1892. 86. Jahrgang Amtliche Bekanntmachungen. Lekiiniltmlichllng, die An- und Abfahrt sür die am 8. imd 7. August v. stattfinürudr» Reime» betreffend. 1) An diesen Tagen ist Nachmittags von 1—6 Udr der Schcibcn- wcg vom Schleußiger Weg ab bis zum Jvhannapark-Wege für den öffentlichen Fahr- uud Reitverkchr und vom Schleuniger Wege bis zum Kettensteg auch für den Fußver- kehr gesperrt. 8) Tie Anfahrt kann von allen Straßen erfolgen, nur bleibt für dieselbe der Weg durch das Sckeibcnholz gesperrt. Diejenigen Wagen, deren Insassen an der Tribüne aus- steigen wollen, haben links von der an der Tribüne errichteten Einfriedigung hintcrrtnaudrr und nicht nebeneinander an- zusahren; diejenigen Wagen, welche mit Karten versehen sind und direct nach dem Wagenplatz fahren wollen, haben rechts au der Einfriedigung vorüberzutahren. 3) Bis zum Schluß der Nennen haben sämmtliche Wagen durch das Scheibenholz abznfahrc». 4) Nach Schluß der Rennen haben die zur Rückfahrt bestimmten Wagen ausschließlich aus der Westseite der Einsriedigung au- bez. vorüberzufahren. TaS ^Vorfahren vor der Front der Tribüne ist verboten, b) Nachmittags von 1—6 Uhr darf auf dem Schleußiger Wege kein Wagen halten. 6) Für Fahrten nach der Rennbahn haben sich die Droschken kutscher das Fahrgeld im voraus bezahlen zu lassen. Zuwiderhandlungen werden mit Geldstrafe bis zu 30 oder mit entsprechender Haft bestraft. Leipzig, am 31. Juli 1892. Der Rath und das Polizciamt der Stadt Leipzig. v. L. 2820. Bretschneider. Seklillntlilalhullg. Auf Antrag des Herrn Eduard Hcrrlwich in Leipzig-Neustadt, Eisenbahnstraße Nr. 68, Inhabers der.Huß'ichen Rcinigungsapparatr, haben wir den bisherigen Bussclter Herrn Hermann (rmil Isaak zur Vornahme giltiger Eiiitrüge über vorschrsstsmäßige Reinigungen von Bierrohrleitungen in die von Len Inhaber» pneumatischer Bier- druckapparate gemäß 8- 8 des Regulativs vom 24. Juni 1881, be> tressenb die Einsührimg und Reinhaltung der pneumatische» Bier druckapparate, zu führenden Revlsionsbücher in Pflicht genommen. Leipzig, den 2. August 1892. Ter Rath der Stadt Leipzig. VIII. 3399. I)r. Tröndtin. Dietrich. Lekalllltmllchullg. Hierdurch bringen wir zur össentlichc» Renntniß, daß der Leichen- dienst im VI. Leichcnschaubezirke von heule ab der Leichensrau Frau Pauline Schramm, zur Zeit noch Ranstädler Slc.nwcg lö, H.-G. Hk., wohnhaft, über tragen worden ist und daß für de» VlI. Leichenschaubezirk Frau Etara Reiter, Naundörfchen 21, III., wohnhaft, sowie sür den V. Leichenschau- dczirk Fra» Louise Barkmann, Moltkestraße 28b, III., wohnhaft, als Lrrchcnfraur» von unS an- gestellt und in Pflicht genommen worden sind. Leipzig, den 1. August 1892. Ter Rath der Stadt Leipzig. VIII. 3365. 1)r. Tröndtin. Dietrich. Lkkalltltllliichlliig. Tie öffentlich ausgeschriebenen Maurerarbeiten zur Errichtung eines Nebengebäudes sür das Krankenhaus zu Leipzig-Plagwiy sind vergeben. Die unberücksichtigt geblicbenenaDewerbcr werden daher aus ihren Angeboten entlassen. Leipzig, am 1. August 1892. Ter Rath der Stadt Leipzig Id. 3307. I)r. Tröndtin. Eichorius. Ltknlliltmachu.lg. Wegen vorzunchmcnder Einlegung von WasjerleitungSröhren wird der Lchlcntzigrr Weg im Stadtthcile Leipzig Klciiizfchochrr von der Ecke der Antonien straße aus vom 5. dieses Monats ab für jeden linbcsugtc» Fährverkehr während der Dauer der Arbeiten gcfpcrrt. Leipzig, am 4. August 1892. Ter Rath der Stadt Leipzig. IX. 13952. Kr. Tröndtin. Stahl. Gefunden oder als herrenlos angemeldct resp. abgegeben wurden in der Zeit vom l6. bis 31. Juli 1892 folgende, zum Theil auch schon früher gefundene oder von verübten Diebstählen verrührend« Gegenstände: eia Geldbetrag von 100 und 20 »äst Portemonnaies mit Beträgen^ von 8 87 ^ und 5 .äl 22 /H, sowie mit geringeren Beträgen, 2 Trauringe mit verschiedener Gravi rung. eine silberne vhlindcrnhr mit Rette (im Januar 1892 gesunden), einige Armbänder, ein Ring, eine Cravattennadel, ein Lorallenohrring, eine Jctkette, ein Kugel-Berloquc, eine Lorgnette, ein Klemmer, eine Brille, zwei Leihhausscheine, ein Buch für englische Sprachlehre, eine weiße Häkelarbeit, eine grauleinenc Schürzrnstickerei, ein Paar Handschuhe, drei Schürzen und zwei Kopftücher, eine schwarze Weste, ein blaues Knabenmäntelchen, ein Ftlzhut uud ein Spazierstock. ein Strohhut und ein Spazierstock, mehrere Schinne, ein Spazier stock mit Hirschhorngriff, ein Kinderichuh, eine araulcinene Schürze mit Bleirohr, eine große Scheere mit Messinggrisf, ein Packet weiße Fellthrile, eine Stufenleiter, sowie eine Wanne mit Quark. Zur Ermittelung der Eigenthümrr wird die» hierdurch bekannt gemacht. Gleichzeitig fordern wir auch Diejenigen, welche in den Monaten April bis mit Juli vor. Js. Fundaegenstände bei uns abgegeben dabeN, aus, diese Gegenstände zurückzusordern, onderusallS hierüber den Rechten gemäß verfügt werden wird. Leipzig, den ». August 1892. las P«lizeiamt der Stadt Leipzig. " " M Lisnilirck und das Lentrnin. Bretschneider. «l. Erledigt hat sich der gegen den Bauunternehmer Tarl Eduard Dietrich aus Neustädte! am April 1892 «lasten» Steckbrief. Leipzig, den 3. August 1892. Köutgliche Sttwitdanwaltschas». Nagel. Bismarck hat in Jena gesagt, daß er das Eentrum siir gefährlich hält nicht nur in consessionellen, sondern auch in nationalen Fragen, wie das bei den Vorgängen in den polnische» Provinzen zu Tage getreten sei. Und ferner sagte er, daß er es für ein Unglück und sür eine Gesabr kalte, wenn die Negierung ihre leitenden Rathzeber der Ecntrumö- richtung entnehme und ihre Tendenz daraus zuspitze, dem Eentrum zu gefallen, eine Tendenz, die keinen dailcrndcn Be stand bähen tonne. Er wolle in Frieden lebe» mit seine» katholischen Mitbürgern, aber sich nicht ihrer Leitung unter ziehen. Mau wird sich einer Zeit erinnern, in der das Eentrum eine so große Macht batte, daß Bismarck im Reichstage von der Möglichkeit sprach, er könne eines TageS in die Lage kommen, dem Kaiser die Ernennung Windtborst's zum Reichskanzler anzuralbcu. Diese Acuße- rung mag nicht ernsthaft gemeint gewesen sein, sic sollte wodl nur die Lage in drastischer Weise zum öffent lichen Bewußtsein bringen. Wiutthorst faßte die Lache auch in diesem Sinne aus und behandelte sie humoristisch. Bismarck kennzeichnet den Unterschied zwischen sonst und jetzt, indem er das Streben, mit seinen katholischen Mitbürgern in Frieden zu leben, scharf sondert von der Ucbcrtragung der Leiiung an eine katholische Partei; er sei eingcschweren aus die weltliche Leitung eines cvangcllschcn Kaiserihumö und diesem hange er treu an. Die domiuirenkc Stellung des Centrums im Reichstage ist leider eine offenkundige Thalsache, und es ist unzweifelhaft, daß die Regierung bemüht ist, dem Eentrnm zu gefallen. TaS bat sich beim Tode der Herren v. Fraiickensiein und Wiudthorst gezeigt. Das gleiche Streben ist bei der Er nennung des Herrn v. StablewSki zum Erzbischof von Gnescn-Posc» und bei der Borlage des preußische» Volkssckut- gesctzes hervorgctretcn. Und darum sagt Bismarck: Wir müssen nationale Politik treiben, wenn wir bcstcben wollen, bas ist ein Ergebniß der politischen Enlwickelnug des letzte» balbrn JabrcS, mit anderen Worten des Widerstandes, welchen der Bolksschulgesetzeniwiirs in allen national gesinnten Kreisen gefunden bat, mit Ausnahme der evangelischen Orthodoxie. Auch diese bekämpft Bismarck als theokratisch-absolutistisch. Ter Angelpuiirt der gegenwärtigen inneren Lage im Reiche und in Preußen ist der Oiegensatz zwischen dem Eciitrum und den national gesinnten Kreisen der Bevölkerung. Bismarck wünscht, daß ei» neues Eartel geschaffen werde, in welchem die Interessen des Vaterlandes über Alles gestellt und jede Frage zunächst unter diesem GesickISp»ucte geprüft werden müßte. BiSmarck hält ei» solches Eartel für- erreichbar; wir bezweifeln die Möglichkeit, aber sicher ver dient ein von dieser Seite crthcilter Ratb in einer so wichtigen Sache ernste Beachtung und sorgfältige Erwägung, und cs ist schon von großem Wcrtbe, daß die Forderung nach einer nationalen Partei, welche den Einfluß des EcntrumS zu besiegen fähig ist, von solcher Stelle auö er hoben wird. Tie Schwierigkeit liegt theilS in Charakter Eigenschaften deS deutschen Volkes, tkcilö in der bisherigen Entwickelung unseres parlamentarischen Lebens. Vom Eentrum auö sübren Verbindungswege nach der cvnservativen und nach der dcutsch- sreisinnigcn Partei, weil das Eentrum mit der evangelischen Orthodoxie über die Errichtung einer theokratischcn Partei einig ist und weil andererseits ein demokratischer Zug durch das Ecnlriim gebt, der angeblich Jedem das Seine geben will, aber immer nur unter der Voraussetzung der Frei heit der Kirche, wie die Mitglieder der Partei sage», während sie die Herrschaft der Kirche über den Staat meinen. Um diese Bestrebungen zu beseitigen, bedarf cS nationaler Begeisterung, einer großen licsgebciidc» Be wegnng, wie wir sie vor einigen Monale» bei Beralkung des preußischen Volküschulgesetzcs erlebt haben. Aber diese nationale Kundgebung war nicht stark gcmig, um das Band zu zerreißen, welches die Ultra-Eonservativcn mit dem Eciilrum verbindet, oder ein neues Band zu knüpfe» zwischen de» gemäßigten und extremen Mitgliedern der liberalen Partei. Die Uebcrzrngiiiig des Einzelnen ist bei uns zu stark entwickelt, als Laß sie politischen Erwägungen weichen könnte; der Zusammenhang innerhalb der einzelne» parla mcntarischen Gruppen ist durch Gewohnheit und durch de» Geist des Widerspruchs zu fest, als daß er im Interesse der Gcsamnitheit, deS Gemeinwohles aufgegebe» werden könnte Es besteht zwischen den einzelnen Parteigruppen ein Haß und eine Absonderung, di: nicht aus das politische Gebiet beschränkt bleibt, sondern sich auf die Personen erstreckt, nur ganz ausnahmsweise kommt der patriotische GcsichtS- punct so mächtig zur Geltung, daß darüber die FractionS- Interessen zeitweise in den Hintergrund gedrängt werden Plan kann diesen Zustand beklagen, aber er ist vor handen und man muß mit ihm rechnen. Und wenn einmal ein frischer lebendiger Zug durch daS Parlament gebt, der die FractionSschranken niedcrwirft, dann fehlt eS gewiß nicht an de», zersetzenden Spot«, der an die Stelle der aus keimenden Begeisterung alsbald wieder die nüchterne Be urtheilung der Sachlage nach hergebrachter Art setzt. Wir erinnern in dieser Beziehung an das Wort von der Rütli sccne im Reichstage. Damals bestand kein vertragsmäßiges Eartel zwischen den nationalen Parteien, aber die Geister hatten sich unwillkürlich znsammengefunden, von den Freisinnigen bis zu de» Frei conservativen gab eö im preußische» Äbgeordnctenbausc nur eine große Mittelpariei, welche einig war in der Verwerfung LcS VollöschulgesctzcntwursS. TaS war auch ein Eartel, aber ein unwillkürliches, und so müßte eS sich wieder gestalten der Herrschsucht und politischen Unnatur LeS EcntrumS gegen über, wenn die nationalen Empfindungen so stark wären, wie sie eö sein müßten, um über die gegenwärtige unerträgliche Lage hinwegzukominen. Tie EentrumSpartti ist ein gefährliche- und fremde» Element in unserer Entwickelung, cS nöthigl uns auf Seiten Wege, wo wir die Hauptstraße benutzen könnten, um unsere Ziele zu erreichen, und daS kommt daher, weil eS unserer Volksvertretung an dem nationalen Bewußtsein fehlt daS bei unseren westlichen Nachbarn so sckarf ausgeprägt ist Auch in Frankreich nehmen die Interessen de- PapstihumS einen großen Raum ein, und ihre Vertreter reichen bi- in die Nezirrung-kreisr hinauf, aber sie gewinne« niemals enie solche Bedeutung, daß die Gefahr der Unterdrückung der SlaatSintcressen durch die Interessen der Kirche in Frage käme. Im GcAentbcil sieht sich der Papst veranlaßt, die republikanische ^lgatssorm rückhaltlos anzucrkenncn, um eS nur der repnblitanischen Regierung und den Republikaner» in der Volksvertretung nicht zu verderben. Bei uns liegt die Sache »mgekchrt, »nsere Regierung balt es für nöthig, die Wünsche des PapstihumS z» erfüllen, um der Zustimmung der EcntrumSparlci sür Militair- und sonstige Ausgaben sicher zu sein. Stimmungen lassen sich nicht gebieten. So lange bei nnS der nationale Gedanke nicht stark genug ist, um das Eentrum in seine Bestauttbeile auszulösen, sind wir aus fromme Wünsche beschränkt, deren Erfüllung der Zukunft anheimgestelll bleibt. An Zeichen dafür, daß die Ungcsundheit des bestehenden Zustandes auch vom Eentrum selbst gefühlt wird, fehlt cs nicht, die nationalen Gcfüble komme» auch dort hin und wieder zum Durchbruch, wie noch neulich beim Freiherr» v. Schorlemer-Alst, als er den Dreibund für vereinbar mil den Jiilerefscn des PapstlhumS erklärle. Wirkungsvoll würde cs gewiß sein, wenn die Regierung bei den Wahlen offen auS- spräckie, daß wir ini Parlamcnl kirchliche Interessen nicht kenne», und daß deshalb Eandidatcn, die ans ein kirchliches Pro gramm gewählt werden wollen, keine Beachtung verdienen. Eine Belehrung in dieser AUgcmeinbeil kann wohl kaum als unberechtigte Wahlbeeinflussung ausgcfaßt werte». Hat doch die Regierung die Wähler niemals darüber in Zweifel gelassen, daß die Wahl von Mitgliedern der socialdemokra- lischen Partei nicht mit den Forderungen des Patriotismus vereinbar sei. Das Eentrum ist keine deutsche, sonder» eine inleriiationale Partei, weit cS seine Vcrhaltuiigsmaßrcgcln vom Auslände empfängt. Tic Belehrung der Wähler in dieser Beziehung müßte der Aufrichtung einer nationalen Volksvertretung im deutschen Reiche voranaehcn, wen» sic Aussicht aus Verwirklichung haben sollte. So lange können wir nicht waricn, bis daS Centrum an Entkräftung stirbt, cS muß dafür gesorgt werken, daß seine Unnatur und Gefahr ür das deutsche Reich überall erkannt und bekämpft wird. * Deutsches Reich. e?. Berlin, 4. August. Um einige Lustigkeit in den Ernst der Zeit zu tragen, bringt die „Freisinnige Zeitung" ein Ouaniuni Druckerschwärze in folgenden Bildungen ans hr geduldiges Papier: „Wir dürfen sagen, daß in diesem Augenblick bei dem Eentrum die freisinnige Partei besser gehaßt ist, als die nationalliberale." Ge- ckriebc» wurde dieser ungeheuerliche Satz in Erwiderung eines Artikels der „Nalionalzeiluiig", welche nach langer Zeit wieder einmal ein frcimütyigeS Wort gegen die Zismarckhctze »nd EentrumSlicbe des Dcntschsrcisinns ge funden hatte. Der Umstand, daß die Haltung der deutsch- srcisinnigcu Parteileitung von großem Einfluß auf die Zlikllnst deS Liberalismus sein muß, rechtfertigt und gebietet, auf die ungeheuerliche Nichter'sche Behauptung einzugehc», die sonst keinen anderen Anspruch, als de» ans ein kräftiges Hohngclächter hätte. Tie Wahrheit ist, daß das Eentrnm die deutschsrcisinuige Partei nicht nur nicht haßt, sondern daß cS sie begünstigt und zwar als Sturmbock gegen die wirklich und vom Ullramontanismuö allerbesten» gehaßten Natioiialllbcralc». Und die weitere Wahrheit ist, daß daS Eentrum gute Gründe siir dieses sein Verhältniß zu der von Herrn Richter geleiteten Partei bat. Der Dculschfreisinn, wie er zcwordcii ist, erstrebt »urEincS: Mandate—und diese sind für ihn in der Zukunft wie in der Vergangenheit vom Eentrum zu haben. Er bat die badischen NcichSlagSsitze um ein Linsen gericht dem UllramontaniSmus ausgcliesert und er wird bei nächster Gelegenheit AehnlicheS thun — wenn die Wähler im Laude nicht einen Strich druck die FractionSrecknung machen. Diese Gefahr besteht und ist von Herrn Richter erkannt. Nur auö diesem Grunde wird das Eentrum von Zeit zu Zeit von ihm angcrempelt. So z. B. bei der Beerdigung Forckeiibcck's, wo die „Frcis. Ztg." große Worte machte und politische Folge» dcö Verhaltens der EenIrumSwäbler in be stimmte Aussicht stellte. Seitdem war wiederholt Gelegenheit gegeben, die Drohung wahrzumachen, man hat fix aber regel mäßig still vvrübcrgebc» lassen und im Gegentbcile de» UltramoutaniSmuS geschont, wo cS nur anging. Am deutlicksten trat und tritt dies in dem Verhallen der maßgebenden dciitschsrcisinnigc» Politik gegenüber dem Antisemitismus i ni Eentrnm zu Tage. In diesem Puncte kennt bekanntlich der opferwilligste Theil der dciitschsrcisinnigen Partei keinen Spaß und eben dcSbalb die DienstwiUigkeit der Partciprcsse, namentlich der „Freis. Zeitung", keine Grenzen. Nur insoweit der Antisemitismus von Ecntrunisleuten und EentnimSblättern gepredigt wird drückt man sich lbunlickst an ibm vorbei, oder vcrsteigt sich sogar, wie cS vor einigen Tagen ein Berliner deutsch freisinnige» Blatt in einem langen Artikel gethan, zu dem Nachweis, daß der AntisenniiSmuS im Eentrum — ungefährlich sei! Wer da weiß, und die Deutsch freisinnigen wissen eö, daß die antiscmilischc Bewegung unserer Tage in den siebziger Jahren vom UltromontaniömuS ausgegangen, und wem bekannt ist, wie cmpfindlick der Dcutsch- freisin» gerade in diesem Puncte ist, der ermißt den Grad der Abhängigkeit, in die sich der Fortschritt bei der reactio närste» Partei aller Länder und Zeiten begeben hat. Und diese ergebenen und — wenn man daS 1890er Wahl Programm betrachtet — verhältnißmäßig anspruchslosen Heloten sollten die klugen Eentrumssührcr baffen?! Herr Rickter weiß sebr gut, daß daS nickt der Fall ist. Bei den Sckulgeseydebatte», wo sich der »liramontane Haß in ge wattigen mntbwellen über die Nationalliberalen ergoß, wurde von Ür. Lieber und Anderen der Dentschfreisinn gestreichelt obwohl er in Bezug auf den EonsessionaliSmuS in der Schule radikaler ist, als der gemäßigte Liberalismus. Und so bei anderen Gelegenheiten. Erst kürzlich hielt Freiberr v. Huenr eine donnernde Philippika gegen den atheistischen Nationallibcralismus, von den jedenfalls nicht frömmeren Deutscksreisinnigen sckwieg er. Da» Eentrum kennt und sckätzt aber die Deutschfreisinnigen als seine HiffStruppe, deren sonst so stcisnackig sich gebcrdcnder Führer den Vorzug unbedinzien Gehorsam» bat. wenn der UltramontaniSmus ibm mit der Entziehung der in Parlament-sitzen bestehenden Snbsidien droht DaS zeigt sich eben jetzt wieder. Im Wahlkreis« Herfor nimmt Herr Richter keinen Anstand, den KreuzzeitungS- Zeulen daö Mandat in die Hände zu spielen, weil er weiß, daß im Wahlkreise Löwen berg die Klerikalen den Dculsch- -reisinnigcn nicht unterstützen würde», wenn der national liberale Eandidat in Herford die deutschfreisinnigen Stimmen erhielte. In die Gefühle der EentruniSpvlitik mag sich eine gute Dosis Verachtung gegen solche Liberale mischen, Haß aber gewiß nicht. N Berlin, 4. August. Der unlängst in Düsseldorf ge bildete Haftpflichtschutz-Verband deutscher In dustrieller bezweckt, durch fachwissenschaftlicht Unkersuckungen und durch Verwcrthung der Erfahrungen deS praktisch gewerb lichen Lebens dahin zu wirke», daß die nach dem Unfallver- ickcrnngSgcsctz verbliebene und durch die socialpolitischc Gesetzgebung überhaupt begründete, bezw. neugeschaffene Haft pflicht derart beschränkt werde, daß dieselbe nicht über die Grenzen der Billigkeit hinauSgeht, bezw. in den Kreis der berusögeiwsscnschaftlichc» Unfallversicherung einbezoge» wird. Dcnigeniäß wird der Verband seine Ziele zu erreichen uchc» u. durch die Sammlung deS einschlägigen Materials, betreffend die Unfallversicherung; b. durch Vorstellungen bei den gesetzgebenden Körperschaften und Behörden. Der Ver band will den VerbandSmitgliedern durch sackverständigen Rath und Auskunft möglichst wirksame Nathschläge in den aus der Civil- und Strafgesetzgebung berrübreiiden Haft- pslichlstrcilfällcn gewähren oder vermitteln. Der Verband wird in zwanglose» Heften Mittheilungen über die einsckläaigcn Fragen der gewerblichen Gesetzgebung, Verwaltung und Recht sprechung liefern. — Der Verband bezweckt endlich die Ein führung einer die Interessen der Industriellen tbunlichst voll kommen, d. h. alle möglichen Fälle der Haftpflicht deckenden Versicherung, insbesondere durch Aufstellung von Normativ- bcdingungcn. Mitglieder des Verbandes können werden die Angehörigen deutscher BcriifSgenoffeuschaste», gegen Zahlung eines jährlichcn Beitrages, welcher in folgender Höhe bemessen wird: a. sür Betriebe bis zu 100 Arbeitern 10 b. für Betriebe von 100 bis 300 Arbeiter 20 c) für Betriebe von 300 bis 1000 Arbeiter 30 Den Betrieben, dir über tOOO Arbeiter beschäftigen, bleibt die Bestimmung eine- über 30 ^ kinauSgehcndcii, freiwillige» Beitrages überlassen. Die Benieffiing der Beiträge von Vereinen, über deren Aufnahme der Vorstand zu entscheiden bat, bleibt besonderer Verein barung vorbebalten. — Der Sitz des Verbandes ist Köln, der Geschäftsführer Herr Ä. Schwanck dort. * Berit», 4 August. Die „Nordd. Allg. Ztg." wendet ich in einem sehr wenig eindrucksvollen Artikel gegen die Angriffe, welche jüngst wider den Reichskanzler Grasen von Eaprivi gerichtet wurden. DaS ojsiciösc Blatt schreibt: „Unter den Mittel», welche man anwendet, um den gegenwär tigen Reichskanzler anzugreise», nimmt die Behauptung, daß er mit dem tkenlrum oder mit evangelischen Kreisen streng kirchlicher Rich- tuiig in allzu nahe» Beziehungen stehe, eine hervorragende Stelle ein. Darüber, was er von dem Werth der Religion sür den Menschen denkt, und darüber, daß er cS sür eine Aufgabe der Regierung hält, auch ihren kalhotischen Bürgern das Dasein in Staat und Reich lieb zu machen, Hot sich Graf von Caprivi öffentlich ausgesprochen. Hat man sich nicht gescheut, daraus die Folgerung zu ziehen, daß Graf v. Caprivi ein „Finster- ling" sei, so war das eine ungerechte Behauptung, die ungefähr ebenso viel Werth hat als diejenige, er habe bedenkliche Beziehungen aus seiner militairilchcn Vergangenheit zu katholischen Lssiciercn oder ans den „Rooiflschen Cvnventikeln" zum „Muckerthuin" mit- gcbracht. Wen» unter Roon'sche» Cvnventikeln eine in den fünszigcr Jahren entstandene Vereinigung evangelischer Jünglinge gemeint sein soll, so hat Gras v. Caprivi in die>e oder «ine ähnliche Bereinigung niemals einen Fuß gesetzt, und was seine mitilairischen Reminiscenzen angeht, jo bewahrt er allerdings noch heule manchem katholischen Ofsicier und Soldaten ein ebenso gutes und treues Andenken wie seinen evan gelischen Kameraden. Es scheint sich in Bezug auf dir Angriffe gegen de» Reichskanzler Grase» v. Caprivi eine gewisse Methode berausziibilden. Zunächst macht man ihm einen völlig unbegründeten Vorwurf. Tic mittclpartciliche Presse beeilt sich nicht gerade, ihn dagegen in Schutz zu nehme». Tritt aber da»» ein Blatt, das zur Rechicn oder gar zum Ccntrum gehört, sür de» Angegriffenen ein, so heißt cS: da seht Ihr, daß bcr Mann nichts taugt, fort mit Caprivi I Eine hervorragende Leistung in dieser Beziehung brachte, wie schon an anderer Stelle erwähnt, vor einigerZeit das von derjenigen Partei, die es zu vertreten vorgiebt, bereits öfter verlengnete „Deutsche Wochenblatt". Wir würden davon keine Notiz ge nommen haben, wenn nicht selbst ein so angesehenes Blatt, wie der „Hainburgische Lorrespoudent", sich dadurch beunruhigt gezeigt hätte. Tic von lenem Wochcnblatte verwendete Erzählung ging dahin, es habe, als nach Zurückziehung des VolkSschulgesetzcs daS Eentrum einige Kriegsschiffe nicht bewilligte, der Papst Herrn v. Schlözer kommen lasse», um ihm sei» Bedauern über diese Abstimm>»g des Eentruins auszudrückcn und ihm zu sagen, er legt« den größte» Wcrth daraus, daß Gras Caprivi im Amte bleibe. TaS „Teuliche Wochenblatt" folgert hieraus, daß Gras Caprivi mehr noch der Berirauensmann RomS als des CenlrumS sei, und deutet an, daß er das Temüthigende, was hierin läge, nicht zn empfinden scheine. Wir sind berechligt zu coiislatiren, daß an dieser ganzen Geschichte kein wahres Wort ist und hoffen damit der» „Deutschen Wochenblatt" daö Geiühl patriotischer Temüthtgung, das ihm seine allzu lebhafte Phanlane zugczogen hatte, obgenonunen zu haben." Die „National Zeitung", die diesen Artikel wieteraiebt, bestätigt übrigens, daß Graf Caprivi an den „Roonffchcn Eouvcntikcln", d. >. einer Vereinigung kirchlich gesinnter cvanzclischer Männer, niemals tkeilgc»on»»c» habe. Sie kann weiter aus eigener Kcnutniß hinzusügcn, daß ein Bruder deS Reichskanzlers Mitglied der Bereinigung war. — An leitender Stelle bespricht die „Nat.-Ztg." den Bochnmer Stempelsälsckungüproceß, aus dem die angcllagten Ingenieure als Ebrenmänner bcrvorgegangcn seien Sie fuhrt aus, daß der Proccß und seine Begleiterscheinungen eincö der charakteristischsten und beklagenSwerlhestcn Zeichen der Zeit sei und nennt den Proccß ein von ultramontancr Seite angezrttclteS politische» Bubenstück FuSangel'S. — Uebcr christlichen Rvyaliöniu» bandelt ein Artikel des „Reichsboten", welcher sich zu einer „offenen Aussprache" mit den, Träger der Krone »»spitzt. Die monarchischen Grundsätze feien im Volke zur Zeit schwer nnterwüblt, wie da» angcsickt« des UebertrtttS des Fürsten BiSmarck in da» Lager der liberalen Feinde de» Kö»igtb»i»S von Gotte- Gnaden ganz natürlich sei; der Fürst könnte diesen furcht baren Sprung eine» macktegoistischen Opportunismus nickt wagen, wenn ibm nicht zur Zeit eine Stimmuug im Volke gegen da» Königtbum zu gute käme. „Liese Stimmung gegen die Krone ist, wie wir wohl wissen, vielfach künstlich genährt durch gehässigen, politischen und per-
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