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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.08.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-08-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920809028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892080902
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892080902
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-08
- Tag1892-08-09
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AbormemerrtSpreiS t» der Hauptexpeditioa «der den im Stod^ d«trt und deu Borort« errichtete» An-<- aabeflellen abgeholt: vtrrtetjährlich^IsLO, bet »weimoliger täglicher Zustellung in« Hau» >l bchO. Durch die Post bezogen sür Deutschland und Oesterreich: vtrrtel>ädrlich ^l 6.—. Direkte täglich« Areuzbandjeaduug tu» Lu-Iaad: mauatltch 8.—. Die Morgen-Au-gab« erscheiut täglich'/«? Uhr, di« Sbrnd-Au-gab« Wochentag» b Uhr. Lrdaclioa «u> Lrveditioa: JohanneSgaffr 8. Di« lkrvedttion ist Wochentag» uuouterbrochr» »eöffoet von früh 8 bi» Abend» 7 Uhr. Filiale»: vtt« Klemm» Sortt«. («lsr«» dahal. Universität-strah« 1, Laat» Lösche. Katharinenstr. 14. pari. a»d KSntgSplatz 7. Abend-Ausgabe. Anzeiger. Organ fiir Politik, Localgeschichte, Kandels- und Geschäftsverkehr. JnsertionSPreiS . Die 6 gespaltene Petitzeile 20 Psg. Reklamen unter dem Redacttoa»ftrich (4a»e spalten) bO^j, vor den Fainilleauachrtchte» (g gespalten) 40^. Gröbere Schristen laut unserem Prell« verzeichuiß Tabellarischer und Zifferastt- uach höherem Tarif. Srtra-Vellage» (gesalzt), nur mit da Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderuog >4 60.—, mit Pvstbesorderuag ^l 70.-^ Annahmeschluß für Inserate: Abend-AuSgabe: Vormittags 10 Uhr. Margen-Au-gabe: Nachmittag» 4 Uhr. Sonn- und Festtags früh '/,K Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je ela« halbe Stunde srüher. Inserate siud stets an die 8rt>editts» zu richten. Druck und Verlag von E. Pol» in Leipzig. » Dienstag den 9. August 1892. 88. Jahrgang- Politische Tagesschau. * Leipzig, S. August. Fürst BiSmarck hat in Jena die Notbwendigkeit erörtert, die verschiedenen politischen Faktoren zu ihrem Rechte kommen zu lassen. Wenn die Berechtigung dieser Forderung noch einer Begründung bedarf, so wäre sie in einer AuSsübrnng der „Post" gegeben, in der das sebr wobl informirteBlattdleBesürchtnnaausspricht.die „leitenden Kreise" seien wieder stark gegen die Mittelparteien eingenommen. Die „Post" stutzt ihre Bcsorgniß aus die von den Officösen fort während ausgestellte Behauptung, daß der Reichskanzler von den Mittelparteien angegriffen werde, „Die Gefahr, daß die ein seitige Sorge, sich nicht mittelparteilich treiben zu lasten, das RegierungSsckifs wieder in Strömungen bineintreiben läßt, welche es aus die gefährlichsten Klippen führen, wäre nicht abznweiscn, wenn man annebmen müßte, jene officiöscn Aeußerungcn spiegelten die Ausfassung von RegierungSkreiscn Wider," Daß die Osficiösen wirklich die Auffassung der „leitenden Kreise widerspicgeln, bezweifelt die „Post" wobl selbst nicht. ES ist aber gewiß nicht nur die Stellung der Mittelparteien gegen den Reichskanzler, mit der „eingewirkt" werden soll, die Erzeuger der Vorstellung, daß Thron und Altar durch die mittelparteilichen „Atheisten" in Gefahr seien, sind offenbar wieder emsig an der Arbeit, Mit anderen Voten: die Afterpolitiker, die Leute, die keinerlei verfassungsmäßige Befugniß zum Rathen und Thatcn haben, trachte» wieder Oberwasser zu bekommen. Deshalb wird die Versicherung der „Post", daß jene officiöscn Behauptungen falsch seien, nicht viel nütze». Umsomcbr aber die Lehren des Fürsten BiSmarck, wenn sie beherzigt werden. Wenn der frühere Kanzler so nachdrücklich aus die Nothwendigkeit hingcwicscn hat, die Bedeutung des Reichstags zu heben, so hat ihm, wie wir nicht zweifeln, die Tbätigkeit der Hofwinkel politiker vorgeschwebt, die einerseits ohne Verantwortlich keit falsche politische Lehrsätze vortragen, andererseits falsche Vorstellungen von dem Zug der öffentlichen Meinung er wecken, Wenn die leitenden Männer nickt selbst in der Lage sind, den Puls der Nation zu südlen, so ist das einzige Mittel — vielleicht nach der wahren Meinung des Fürsten BiSmarck der einzige Notbbehelf —, den Volkswillen zu ermitteln, das Parla ment, das allerdings, wie der Allkanzler auSsührte, noch anderen Gesichtspunkten, als cs bis jetzt geschehen, gewählt werten müßte. Es ist kinderleicht, dem Fürsten BiSmarck in seinem früheren Verhalten zum Parlament und in seinen jetzigen Auslassungen über dasselbe Widersprüche nachzuweisc». Aber auch kindereinsältig, Herr von Bismarck-Schönbausen ist 1862 von Paris nach Berlin gekommen, um die Monarchie vor einem intransigenten Parlament zu schützen, und diese Aufgabe war noch 1866 und 1871 nickt gelöst. Heule gilt eS, die Monarchie vor, sagen wir, dein Hof zu schützen. Selbstverständlich, daß er ans den in entgegengesetzter Position befindlichen Gegner mit verkehrter Front vorzugchen empfiehlt. Bei den bevorstehenden Ersatzwahlen zum Reichstag bietet das Centrum in zwei nahe bei einanderliegendcn Wahlkreisen wieder einmal das Schauspiel seiner unerreichten wahltaktischen Vielseitigkeit, nämlich in den beiden schlesischen Wahlkreisen Löwenbcrg und Sagan. Zn beiden Wahlkreisen hat das Centrum keine Aussicht, mit eigenen Candidaten durchzudringen, was daher auch nicht versucht wird, wohl aber können die ultra montanen Wähler, namentlich in dem Wahlkreis Löwenberg, bei Stichwahlen entscheidend inS Gewicht fallen, Tie beiden, den Parteiverbältnifsen nach ziemlich ähnlich zusammen gesetzten Wahlkreise waren zuletzt, unter wesentlicher Mithilfe des Centrums, deutschfreisinnig vertreten. Jetzt hat das Ccntrum beschlossen, im Wahlkreis Löwenbcrg den konservativen, in Sagan den deutschfreisinnigen Candidaten zu unterstützen. Kann man die Gegensätze innerhalb einer Partei drastischer zum Ausdruck bringen, als cS hier in der allernächsten Nachbarschaft bei wesentlich gleichartigen Verhältnissen geschieht? Und eine solche Partei, die unaufhörlich zwischen der äußersten Reckten und der äußersten Linken umherschwankl, soll ein zuverlässiger politischer Factor sein! Zn Oesterreich sind das Ausscheiden des czechischen Landsmann-Ministers Prazak aus dem Cabinet und die Ver leihung von Auszeichnungen an deutsch-liberale Parteiführer nicht die einzigen Zeichen geblieben, welche eine Drehung der Windrichtung in den RegierungSkreiscn anzeigten. Wie schon dieser Tage die „Narvdni Lisch" meldete und beute von anderer Seite bestätigt wird, hat der Staatsanwalt in Kutten- bcrg gegen die Abgg, Eduard Grcgr, Spincic und Brzorad wegen Vergehens der Aufwiegelung durch Reden i» den Meetings der Zungczeche» die gerichtliche Untersuchung eingeleitet. Offenbar bat die österreichische Regierung cingescheii, daß sie sich, der Noth- wendigkeil der geänderten parlamentarischen Lage Rechnung zu tragen, nickt mehr verschließen darf. Sie ist, um eine Mehrheit im Parlament zu haben, auf die Unterstützung der Linken angewiesen und sucht sich diese durch Maßregeln wie die obige zu gewinnen. Gleichzeitig ermannt sich das Ministerium Taasfe zu immer entschiedenerer Sprache der römischen Curie gegenüber. So wird heute ans Wien gemeldet: „Hinweisend auf die franzosenfrcundliche »nd dreibundfcindlichc Haltung des Valicans führl die osficiöse „MontagSrevuc" a»S: Wenn andere Negierungen wahrnahuien, daß der Batica» lrotz der Rücksichtslosigkeit der iraiizöjischcn Republik in kirchlichen Dingen dieser gegenüber das größle Entgegenkommen zeige, während die ausgesprochen freundliche Haltung anderer Mächte wenig Aner kennung in Rom finde, so könnte die Frage entstehen, ob die Re- gierungen aus diesem Gegensatz des Verhältnisses nicht auch ihre Eonsequenzen ziehe». Eines dürfte nicht vergessen werden: wenn die geistliche Gewalt des Papstes in de» Dienst weltlicher Interessen gestellt, wenn die katholische Bevölkerung zur Feindseligkeit gegen den Dreibund ausgeboten werden sollte, so träte die Nothwendigkeit ein, sür den Schutz der Staatsinteressen in wirksamer Weise auch gegen die Einflußnahme der Curie zu sorge n." Hiernach scheint eS fast, als wolle baS katholische Oester reich der römischen Cnrie gegenüber die Rolle aufnehmen, die Preußen unter dem neuen Curse ausgegeben hat. Die ungarischen officiöscn Blätter bringen an der Spitze ihrer Svniitagsauögaben einen annähernd gleichlautenden Artikel, der sich mit der Frage der Thronfolge in Oester reich-Ungarn beschäftigt. Daß die Auslassung amtlichen Ursprungs ist, beweist der Umstand, daß die von der Ne gierung abhängigen Telegraphenburcaux sic schon am Sonn abend anniclden konnten. Es wird darin etwa auSgcführt: „Tie Nation wollen Diejenigen ohne Ursache beunruhigen, welche verkünden, daß mit dem Hiuicheiden Franz Joses's I, die Frage der Tdronsolge irgend welche Besoraniß in den Böllern hervor- rufen könnte und daß es demnach »othwendig wäre, die Frage der Throncrbschast zu regeln oder ins Reine zu bringen. Wer gegen wärtig der Thronerbe ist, darüber ist und muß Jeder sich klar sei». Die Thaisachc, daß gegenwärtig kein einziger der Erzherzoge Leu Titel eines Thronerben führt, ändert absolut nichts an der Sache, Der Erz- Herzog, dessen gegenwärtig die Throncrbschast harrt, Erzherzog ttarl Ludwig, ist durchaus nicht ärmer dadurch, daß er den Titel eines Thronerben nicht führt. ES braucht auch nicht Wunder zu nehmen, daß Erzherzog Karl Ludwig nicht den Titel eines Thron- erben führt, weil diesen Titel nur der in gerader Linie abstaiiimcnde Erzherzog zu führen pflegt. Tics ist nicht nur bei uns, sondern auch in anderen Monarchien gebräuchlich, denn cs könne» Fälle Vorkommen, in welchen ei» direkter Erbe später geboren wird, dcmzusolge dann derjenige, der den Titel eines Thron erben angenommen hat, später gezwungen wäre, denselben wieder abzulcgen. Zur Zeit Ferdinand'S V, hat übrigens auch Erzherzog Franz Karl den Titel eines Thronerben nicht geführt. Hieraus ist ersichtlich, daß die Frage der Thronerbschait bei uns Weber aciuell noch ungeregelt ist, somit auch zu keinem Bedenken Anlaß giebt." Der Artikel schließt: „Wie immer auch das Schicksal dereinst die Frage der Thron erbschaft lösen möge, wer immer auch der Nachfolger unseres rnhm- reich regierenden Königs sein mag, darüber können wir beruhigt sein, da» der Geist der Negierung, welchen Franz Josef I. geschaffen hat, als Bermächtniß auf das ganze Hans Habsburg übergehen werde," lieber die Frage, wer in Oesterreich-Ungarn nach dem Hinscheidcn deS jetzigen Kaisers zur Regierung berufen ^ein wird, hat bei den obwaltenden Bestimmungen über das Erb- solgereclit nirgends ein Zweifel geherrscht. Es ist deshalb nicht ersichtlich, was gerade jetzt zu der halbamtliche» Er örterung Veranlaffung geben konnte, Ai» wenigsten begreift man, warum auf de» Fall hingcwiesen ist, in welchem ein direkter Erbe später geboren wird. Ans Paris wird der „Voss, Ztg." berichtet, daß General BoiSdcsrö vor seiner Abreise nach Rußland eine lange Unterredung mit Earnot hatte, welcher der Minister der Auswärtigen Angelegenheiten Ribot beiwohnte. Die fran zösischen Blätter schließen daraus, daß die Reise des Generals nickt bloS den russischen Manövern diene, daß BoiSkcfrö vielinchr mit einer politische» Sendung in Peters burg betraut sei. Auch die begeistertsten Russcnsreundc glauben nicht an die Möglichkeit, daß BoiSdefrv mit einem vom Zaren unterschriebenen BundcS-Vertrage zurückkchrcn werbe; einige Blätter sind daher ans die glorreiche Ztee ver fallen, BoistesrS bade die Aufgabe, wenigstens eine Verstän digung, betreffend die Operation der beiderseitigen Heere aus gemeinsamer Grundlage für den Kriegsfall, hcrbeiznführen. Eine Art Mililair-Conventio» demnach. Da die russische Negierung beute an Tentschlants Pforten pocht, wird Boisdefrö gut daran lhun, keine allzugroßen Hoffnungen in sein Reisegepäck aufznnchmen. Die Thronrede, die gestern nachträglich im englischen Parlament verlesen worden ist, ist so kurz und farblos wie möglich. Sie berührt weder die äußeren noch die inneren Angelegenheiten und zeigt lediglich das Bestreben, die Session und die Kritik möglichst abzukürzcn. Dem Parlament wird nur mitgethcilt, die Königin halte es nicht für noth- wendia, daß nach den Anstrengungen der letzten Session neue Arbeiten sofort in Angriff genommen werden. Es fragt sich indeß sebr, ob eS möglich sein wird, das Parlament bis in den Herbst zu vertagen. Haben auch die Gladstonc'schcn Refvrmprojectc keine Eile, so könnten doch die vielfachen aus wärtigen Angelegenheiten, in die England verwickelt ist, ein Votum des Parlaments gerade für die Königin Victoria sehr wünschcnSwcrth machen. Aus Montenegro wurde schon kürzlich einmal von einer Verschwörung gegen den Fürsten Nikita berichtet, die aber noch vor der Ansführung entdeckt worden sei. Natür lich fehlte es nicht an einem Dementi, welches kiese Gerückte als pure Erfindung bezcichnctc. Nun ist aber in letzter Zeit Manches i» Montenegro vorgegangen, waö den Beweis liefert, daß dort sehr unsichere Zustände herrschen. Mehrere hervor ragende Moiitcnegriner sind in den letzten Monaten ans räthsel- hastc Weise ermordet worden, und cs fehlte nickt an der Be schuldigung. daß dcrFürst selbst die Mörder gedungen habe. Ferner haben mehrere hervorragende Männer in Montenegro Selbst mord verübt. Andere sind auSgewandert, Fürst Nikita, welcher beim Zaren bekanntlich seit Zabr und Tag in Ungnade gefallen ist und seine schonen Petersburger Reise», die ihn in den Mittel punkt der politischen Discnssion in ganz Europa rückte», hat aufgebcn müssen, ist jedenfalls dafür verantwortlich zu machen, daß in dem kleinen Ländcken eine grauenhafte Mißwirthschaft eingerissen ist. Daß die Unzufriedenen ihrem Mißmuth durch eine Verschwörung Lust zu machen suckle», ist durchaus nicht unwahrscheinlich. Wie bereits im Morgcnblalte berichtet Worte», ist den» auck in Wien die Nachricht eingelaufen, daß den Verschwörungsgerüchlcn Thalsächliches zu Grunde liege. Man behauptet sogar, daß der Thronfolger von Monte negro, der 2ljährige Erbprinz Danilo, von der Ver schwörung gewußt und in die Entthronung seines Vaters cingewilligt habe, Zedenfalls wird man gut thun, die Ereignisse in Montenegro in nächster Zeit im Auge zu behalten. Aus Bulgarien wird die Meldung bestätigt, daß die Regierung im Besitz^ unzweifelhafter Beweise für die Echt- beit der in der „Swoboda" veröffentlichten Documcnte sei, deren Publikation allen Erörterungen über den Ursprung dieser Schriftstücke ein Ende setzen werde, Zedenfalls ist eS für die russische Regierung peinlich, daß jetzt sogar die Be weisstücke sür die Verbindung der Machthaber deS Zaren reiches mit den berüchtigtsten Banditen der Balkanhalbinsel ans Tageslicht gezogen werden. So wird der „Voss, Ztg." in Ergänzung der Nackricht über die jüngsten Enthüllungen der „Swoboda" aus Sofia berichtet: „Die „Swoboda" stellt fest, daß der seitens der Bukaresier russischen Gesandtschaft dem Räuberhauptmann Giurgia Jaktiota ausqestelltc Paß von, 16. Februar 1889 nicht gewöhn licher Art sei, sondern ein Certificat, welches die Gesandtschaften nur in besonderen Fällen auSzuliesern berechtigt sind. Dasselbe lautet: „Aus Befehl Sr. Majestät Kaiser Alexanders wirb Allen zu wisse» gegeben, denen es zu wissen obliegt, daß Borzeiger diese», Kosta Jwanowitsch, sich nach Rußland begiebt. Deshalb wird Jeder, der hierzu berufen ist, ersucht, Jwanowitsch nicht nur frei und ohne Aufenthatt vassircn zu lassen, sondern ihm auch jeden von ihm ge- wünschten Vorschub und Hilfe zu leiste», Dadischinsky, kaiserlich russischer Geschäftsträger." Die „Swoboda" weist nach, daß aus den Paß-Bisa ersichtlich ist, daß Giurgia, alias Jwanowitsch, nicht weniger als fünf Mal mit diesem Paffe zwischen Bukarest, Odeffa und Belgrad verkehrte und daß dieser Räuber sich kaiserlicher Huld und Protection nur deshalb erfreut, weil man ihn auch heute noch in Bereitschaft hält, um einenFür st en-undMi ulst er mord in Sofia durchzusühren." Das Vorgehen der Russen im Pamirhochlande scheint auch China aus seiner Ruhe zu scheuchen. Schon dieser Tage wurde darüber berichtet. Heute liegt folgendes Telegramm aus London vor: „Noch einer Trahtmeldung der „Tentral News" aus Tientsin fand ein Zusammenstoß zwischen Afghanen und Chinesen bei Samuriasch aut Atitschur-Pamir statt. Da die Afghanen numerisch üb.-rlegen, zogen sich die Chinese« «ttestweile» »ach Butien- kul zurück. Die chinesische Regierung verlangt« Ir- llärungen über den Einmarsch der Russe» in chine sische- Gebiet. Eine chinesische Expedition nach d« Pamirsteppen ist in Vorbereitung,,, Die Nachricht über den Zusammenstoß leidet an großer Unklarheit. Bisher war bekannt, daß ein Kampf zwischen Russen und Afghanen stattfand, in dem erste» unterlagen. Bestätigt sich obige Meldung, so sind die Afghanen dann auf Chinesen gestoßen, die gleichfalls geschlagen wurden. Es würde sich hieraus daS Bestreben der Afghanen ergeben, diese« Gebiet, in welchem sich die Truppen dreier Nationen plötzlich zusammciifltiden, gänzlich sür sich in Anspruch zu nehmen. Sollte China wirklich wegen deS russischen Ein marsches in Petersburg reclamirt haben, würde dies in Eng land mit hoher Befriedigung ausgenommen werden, dessen Bemühungen seil vorigem Zahre darauf gerichtet waren, China wegen der Paunrfrage zum Vorgehen zu beweg«. Deutsches Reich. ^ Berlin, 8 August, Tie neuesten Mittheilungen über den Inhalt LcS Gesetzentwurfes, betreffend daS militairische Strafverfahren, welcher dem Reichstage in einer der nächsten Sessionen zugehen soll, zeigen deutlich, wie notkwendig cs im Interesse der Rechtsentwickelung ist, daß in dieser Frage alle liberalen Parteien die gleiche Haltung beobachten. Sind die Mittheilungen richtig, so dürfen wir der Veröffentlichung eine« Gesetzentwurfes entgegensetzen, der auch die bescheidensten Hoffnungen zerstört und den Wünschen deS Feuilleton. Schloß Fenetrange. .Nachdruck Verbote». Ein Roman aus den Vogesen ?1 Bon O. Elster. (Fortsetzung.) Henri hatte lächelnd die beiden beobachtet. Zn den Augen des fnngen Zägers las er die heiße Leidenschaft für das schone Zigeunerkind, und das leise Erröthen der Wangen Marianne's sagte ihm, daß der blonde Zager ebenfalls aus ihr Herz Ein druck gemacht hatte. „Du hast mich neulich gewarnt vor blauen Augen und blonden Locken", sprach er lächelnd zu der Zigeunerin. „Zetzi will ich Dir die Warnung zurückgcben." Marianne senkte die Augen. Zhre Brust hob sich in hastigen Athemrügen. „Welch seltsame Abenteuer der Wald doch birgt", dachte Henri, um dann laut fortzufabren: „Geben Sie mir die Eule, Unterofficier, Zch will Sie nicht weiter stören, und möge Ihnen das ZähmungSwerk bei jenem wilden Bögelchen ebenso gelingen wie bei diesem da." „Hier, Herr Baron, ist die Eule, und ich bitte nochmals um Verzeihung, daß ich Sie vorhin für einen unehrlichen Menschen hielt." „Hat nichts auf sich. Auf Wiedersehen — und wenn Zhr einmal einen Freund braucht, kommt zu mir." Lachend entfernte er sich, die beiden jungen Leute allein zurücklassend im rauschenden Walde. Marianne hob die dunklen Augen ru Fritz empor. Heiß wallte ihm das Blut zum Herzen. „Weshalb bist Du nicht wieder zur Eiche gekommen?" fragte er. „Zch durfte net." „Wer will Dir das verbieten?" „Der Großvater." „Der alte Zoseph?" .Z°." „Und doch schleichst Tu im Walde umher und forschest meinen Wegen nach?" Marianne schlug die Augen nieder. „Marianne, bast Du mich nicht lieb?" ES erfolgte keine Antwort, aber ein leises Beben durch rittene die schlanke Gestalt. Plötzlich warf sich die Zigeunerin Fritz zu Füßen und die Hände zu ibm .-»iporhebend siebte sie: „Habt Mitleid mit mir! Fragt mich net, ob ich Euch lieb habe — fragt mich net, weSbalb ick Euch »achspürc — laßt ab von mir — geht fort von hier — wenn Zhr bleibt, so ist'S Euer und mein Verderben!" Ueberrascht schaute Fritz Berger zu dem seltsamen Mädchen nieder. Ein Verdacht stieg in seiner Seele ans; er erinnerte sich wieder der Begebenheiten der Nacht an der Eiche, er sab wieder die dunklen Gestalten an der Grenze entlang schleichen, er hörte wieder die bellen Falkenpsissc »nd den warnende» Eulenruf, und mekr und mehr befestigte sick in ihm der Ver dacht, daß er hier auf der Spur eines verbrecherischen Treibens sei, in welches Marianne verwickelt war. Aber ein tiefeS Mitleid mit Marianne bemächtigte sich seiner, er beugte sich zu ihr nieder, erfaßte ibre Hände und bob das Mädchen langsam zu sich enipor. Wie rin scheues Vögelchen lag eS an seiner Brust. „Und kannst Du mir nicht sagen, welche Gefahr uns drobt?" Marianne schüttelte heftig den Kopf. „Hast Du mich nicht lieb?" Fester preßte sie sich in seine Arme und sah mit innigem Blicke zu ihm auf. „Frag' net mehr", flüsterte sie dann leidenschaftlich, „ick habe Dich lieb, lieber als mein Leben! Aber deshalb darfst Du auch net mehr fragen und mußt dulde», daß ick über Dick wache, baß ich die Gefahr, die Dir drobt, von Dir abwende. Bemerke eS net, wenn ich Dick umschleiche — denke daran, daß ich Dich liebe und daß ich über Dich wache." Fester umschlang sie seinen Nacken und küßte ibn; dann löste sic sich aus seinen Armen und floh davon. Vergebens war daS Rufen des jungen Mannes, sie winkte noch einmal mit der Hand, dann verschwand sie im Walde. «- « Zn dem kleinen Hintcrstübchen deS Gasthauses zum goldenen Löwe», dessen Fenster nach dem Garten hinausgingen und dnrck Wcinranke» fast vollständig vcrbüllt waren, so daß ein Einblick in das Zimmer von außen nickt möglich war, saß Zockel Schmidt und ließ sick ein saftiges Stück einer Hammelkeule trefflich munden. Von Zeit zu Zeit bob er daS GlaS, welches mit dem hellrolhcn Lolkringer Lankwei» angcfüllt war, an die Lippe». An der anderen Seite deö TifcheS saß zusammcngesnnkc» der alle Zigenucr-Zosepb und schaute mit gierigen Blicken dem schniausendeii Burschen zu. „Hast wobl auch Hunger, Zoseph?" fragte Zockel, dessen Stirnwunke wieder geheilt war und nur durch eine dicke rothc Narbe gekennzeichnet wurde. „Und ob ich Hunger bab'l" entgegnetc der Zigeuner. „Seit vicrundzwa.izig Stunden auf den Beinen und keinen warmen Löffel gegessen, daS halt ein Anderer auS! Monsieur Bourgeois sollt dankbarer gegen unsercin sein. Hab' ihm wieder ein schönes Stück Geld von Straßburg bereingebracht." „Wartel'S nur ab, Zoseph. Maitre Bourgeois wird Euch schon Euer Tbeil geben. Da ist er schon!" Geräuschlos wurde in diesem Augenblick eine kleine Seilen- thür geöffnet und der Gastwirth trat ein. „Da, Zoseph", sprach er, indem er einen Napf mit dampfendem Fleisch und Kartoffeln, sowie einen Schoppen Wein vor den Zigeuner binslellte, „da, erquickt Euch auch aus den weiten Weg! Und dann laßt uns das Geld verthcilcn!" Der Zigeuner verschlang gierig das Essen und stürzte in hastigen Zügen den Wein binuntcr. „Wir haben ein gutes Geschäft dieses Mal gemacht", fuhr der schlaue Gastwirth fort, indem er eine Hand voll Goldstücke und einige Banknoten aus den Tisch legte. „Sechsbundert Francs sind verdient worden — da, Zockel, zweibundert Francs kommen aus Euer Tbeil, zweihundert ans Euch, Zoseph, und der Rest ist sür mich." „Zch däckt'", erwiderte langsam und bedächtig Zoseph, „daß wir 'ne größere Summe hätten erzielen müssen ..." „Na. ich will Enck diesmal noch glauben, Monsieur Bourgeois Aber später wcrd' ick ein wachsames Auge haben. Zch sollt' aber meinen, daß ich einen größeren Antheil bekommen müßt', denn ich muß das Geld noch mit mehreren Burschen meines Stammes theilen, die mir als Träger geholfen haben." „Dummes Zeug", brummte der Gastwirth. „Zhr werdet Euch mit den Burschen schon auseinander setzen. Da, ich will Euch »och fünfzig Francs zugeben, jetzt hört aber auf mit Euren Nörgeleien." Ter alte Zoseph strich das Geld ein, trank seinen Wein aus und erbob sich. „Wobin?" fragte der Dirth. „Nach HauS. Oder habt Zhr mir noch etwas zu sagen?" „Za! — Setzt Euch wieder nieder. Hört mir zu! A»S den Gesprächen zwischen nieinen Gästen, besonders auS den Worten deS Gendarmen Flicks bab' ich erfahren, daß man von oben der befohlen bat, den diesigen Schmugglern schärfer aus die Finger z» sebcn. Die Ärenzjäger und die Gen darmerie sollen verstärkt werden, und auch die Soldaten auf der Dachsburg haben Befehl erhalte», nach den Schmugglern zu forschen." „Der Grünrock, der Unterofficier, tbnt'S schon so wie so", brummte Zockel. „Wär'S damals an der Grenzeiche nach mir gegangen, dann hätte der Bursche jetzt eine Kugel zwischen den Nippen." „Still, Zockel! Einen Mord will ich net aus mein Ge wissen laden." „Bah!" machte verächtlich der Bursche, indem er seine kurze Tbonpfcife anzünkete und dichte Rauchwolken bervorblirS. „Wir müssen dem gegenüber", so fuhr der Gastwirth fort, „unsere Wachsamkeit ebenfalls verschärfen. Euere Enkelin, Zoseph, ist ein sehr geschicktes Mädchen, und ihr Eulenschrei hat unS schon vor mancher Gefahr gewarnt.. „Sie wird uns noch den Grünrock auf den Nacken Heyen", murrte Zockel. „Aber", sprach Maitre Bourgeois weiter, ohne den Eia» Wurf Zockcl'S zu beachten, „sie kann deu ganzen Spionirdienst net allein verrichten. Sie soll die Zäger droben aus der TackSbiirg beobachten wie bisher und »nS über die Wege und Patrouillen derselben berichten; sür die Gendarmerie und Grenzjäger müssen wir aber einige andere schlaue Burschen
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