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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 29.08.1892
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-08-29
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920829012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892082901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892082901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-08
- Tag1892-08-29
- Monat1892-08
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Al»o«»eme«tSPrei- t» d« Hanpterpedttton oder den t» Stadt bezirk und de» Vororten errichteten AuS« c,--bestellen ab geholt: vierteljährliche ISO, bei zweimaliger täglicher Zustellung in» Haus e 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteliährliih e ü.—. Direkte tägliche Kreuzbandjenduag in» Ausland: monatlich e S.—» DleMorgen-Ausgabe erscheint täglich'/,7 Uhr, Li« Abend-Ausgabe Wochentags S Uhr. Lrdaction und ErprLitioa: JahaiiNkSgasse 8. Die lkNitdition ist Wochentags nnnnterbrochea g»i>ll»»t ,o» früh 8 bi« Abend» 7 Uh» Filiale«: Ltt« Mt«m» Sortim. (Alfr«t Hah»), UniversitätSstrab» 1, LouIS Lösche. Sacharin eustr. 14, part. und ttöoigkplatz Morgen-Ausgabe. LipMer.TaMM Anzeiger. Lxgan für Politik, Localgeschichte, Kandels- und Geschäftsverkehr. Jaferttoa-prets Dt« Sgespaüme Petitzeile SO PfK. Neelame» unter dem Stedactiontstrich (4g«e spalten) üO-C, vor den g-untiieunachrichtet« (6 gespalten) 40/C- Gröber« Schriften laut unserem Preis« verzeichalb- Tabellarischer und ZiffernsaF nach höherem Tarif. Srtra-Beilagen (gefalzt), nur mit de» Morgen»Ausgabe, ohne Postdeförderun- > 60.—, mit Postbesürderung 70.—. Äanahmrschluß für Inserater Aband-AuSgabe: vormittag« 10 Uh» Morgen-Ausgabe: Nachmittag« 4 UHU Sonn- uud Festtag» srüh '/^ Uhr. Lei de» Filialen und Lnnabmestellen je ein» halb« Stund« früher. Inserat« find stet« an dt« Ertzttzittirt . zu richten. Druck and Verlag von E. Polz ln Lelpzkg. ^-^il. Montag den 29. August 1892. 8V. Jahrgang- Amtliche Bekanntmachungen. Lekannlmachung. Zur Unterstützung der auf den Bahnhöfen staltonirtrn Berzte und zu aUeu für den Fall des Ausbruchs rtncr vcholeraeptdcmie sonst sich nöthig inachenvr Ttensllcislnngeu werden gecigiictr Personell, insbesondere frühere Lazareth- gchtlfcn gesucht. Meldungen nimmt die Siathswache im RathhauSSurch- gang entgegen. vripzig, den SS. August 181)2. Der Math der Stadt Lei-ztg. vr. Georgi. Sekanulmachuug. Ta» tn den letzten Tage» au- Hambura gemeldete Aus- tretrn der Cholera hat die zuständigen Behörden hiesiger Stadt veranlagt, sofort geeignete sanitäre Maßregeln z» ergreifen, um eine Verschleppung der Epidemie »ach hier thunlichst zu ver hüten. Zur wirksamen Durchführung einiger dieser Maßregeln erscheint eS erforderlich aus eine ganz besonders Pünktliche ««>!- daituilg und Besolguiig der über oie polizeiliche Anmeldung der Fremden hier besiehenden Vorschriften zu achten. TaS Polizei- amt bringt deshalb die nachstehenden §8- 12 und 13 des Metde- r»gu!ativ« sür die Stadt Leipzig vom 4. Deeember 1890 mit dem Bemerken tu Erinnerung, daß Zuwiderhandlungen gegen dieselben nach Z. 23 der gedachten Regulativs unnachsichllich bestraft werden. TaS Poüzeiamt wird durch Revisionen der Gasthüse und Her bergen darüber sich vergewissern, daß den bestehenden Meidcvor- schrijlen allenthalben nachgegangen wird, und hält sich überzeugt, daß die Gastwirthe und Quartiergeber im eignen Interesse Len revidlreuden Beamten jede verlangte Auskunft bereitwilligst er« theiien werden. Leipzig, am SS. August 1892. Das Poltjkiamt der Stadt Lechzt«, v. L. 314S. Bretschuetdee. Auszug au« Sr« Meldrregulatt» der Stadt Lechzt«. 8. IS. Zeder in einem Gasthose oder in einem mit HerbergSberech- tigun« versehenen ähnlich in Haus« liukehceud« und über Nacht bleibende Fremd« ist vom Gastwirlh oder Quartiergeber, und zwar falls er vor N Uhr Nachmittags ankommt, noch am Tage der Anknnft, andernfalls aber am folgenden Morgen spätesten» biS- 10 Uhr beim Meldeamt des Polizeiamt» Abth. 1l. oder der Polizeiwache de» betreffenden Bezirk» schriftlich mittel» Le» vorgc- schrieben«» und für jeden Fremden besonders auSzusüllenden For mulars anzumelden. Befinden sich in Begleitung de- Fremden Familienmitglieder, Dienerschaft oder sonstige Personen, so sind die- selben auf dem nämlichen Zettel mit zu verzeichnen. Zugleich mit diesen täglichen Anmeldungen ist auch dl« Ab- Meldung der inzwischen abgereisten derartigen Fremden zu bewirken. K. 13. Die Inhaber von Gasthöfen oder mit Herbergsbcrechtigung ver sehenen Häusern haben nach einem bestimmten Schema Fremden bücher, welche vom Polizeiamte zu entnehmen sind, zu führen, auch dasür Sorge zu tragen, daß die bei ihnen «tnkehrenden Fremden in denselben ordentlich eingetragen werden. De« Eintrag in die Fremdenbücher hat von den Wirthen oder deren Stellvertretern, und zwar vor Abgabe de« Meldezettel» an da» Meldeamt zu geschehen. Die Meldezettel der in den Gasthäusern eiakebrenden Fremden sind von den letztere» etgenhändtg auszufüllen und zu die,em Be Hufe von den Wirthen den Fremden vorzulegen. Den revidirenden Polizeibeamten ist die Einsicht in die Fremden büchcr jederzeit unweigerlich zu gestatten, und find insbesondere die in den jogenannten Verbergen zu hallenden Fremdenbücher all- täglich ein Mal der betreffenden PolizetbezirtSwach, zur Einsicht- nahm» mitzuiheilen. Bekanntmachung. Am Lrdanseste, Freitag, den 2. September, werden mit Rück- sicht auf die in der Stadt Leipzig stattfindende allgemeine öffentliche Feier die Tienstsluüdeu für den Berkehr mit dem Publicum bei den Post- anstalten in Leipzig (einschließlich der eingemeindeten Vororte) auf die Zeit von 7 bis 12 Vormittag» und von b bi« 7 Nachmittag» beschränkt sein. Die OrtSbriesbestellung. sowie di« Geld- and Packetbestellung er folgt wie au den Sonntagen. Leipzig, 24. August 1892. De, Kaiserliche Lber-Poftdtrector. Walter. Lekanntmachung. Pflasterung. Die Stadtgemeinde beabsichtigt in nächster Zeit etwa 1100 H)w Pflaster herzuuellen. Unternehmer von Pflastcr-Arbeiten werden hiermit aufgcsordert, die erforderlichen Blankeite von der Rathskunzlei zu entnehmen und ihre Angebote unter Benutzung dieser Blankette soälestcnS Scu 1t). Lcptcmbrr 18!)2, Rachimttugs V Uhr elnzureichcn. Pcnig, den 26. August 1892. Ter Stadirath: vr. Weber, Bürgermeister. politische Lagesschan. * Leipzig, 23. August. ES ist mit Recht beklagt worden, daß der „RcichSanzcizer" nicht in der Lage war, den autbentischen Wortlaut der An sprache dcS Kaisers vom Tage der großen Parade mittbeilcn zu können. So kam eS, daß zuerst da» Gcgenlheil von dem, was der Kaiser gesagt hatte, als seine Ansicht und Entscheidung verbreitet wurde. Auch nachdem eine „thatsächliche erhebliche Herabminderung der Dauer der Dienstzeit fürdie Fußtruppen" von unterrichteter Seite angekündigt war, wußte man immer noch nicht, wie die geplante Herabminderung bewirkt werden solle. ES überwog die Auffassung, daß lediglich eine Vermehrung der DiSpositionSurlauoer in Aussicht genommen sei, daß aber im klebrigen die Infanterislcn nach wie vor drei Jahre zu dienen hätten. Diese Ansicht wird nunmehr von der .National-Zeitung" mit Bestimmtheit als irrlhümlich zurückgewiesen. DaS genannte Blatt schreibt: „Unsere im Abendblatt gemachte Mittheilung, daß die ihat- sächiiche Abkürzung der Dienstzeit sür die Fußtruppen in der Miiitair-Voriage nicht bioS aus eine Vermehrung der Zahl der Dispositions-Urlauber herauSkomine, sondern allen Infanteristen — mit geringfügigen Ausnahmen — zu Gute kommen soll, wird uns mit der Hinzusügung bestätigt, daß es sich um die that- sächltch» Herabsetzung der Dienstzeit sür di« Fuß- truppen aus zwei Jabre handelt. Und zwar nicht bloS in der Form der Dispositions-Beurlaubung, so daß die Mannschaft«»» im Laus» Le- dritten Dienstjahres auch wieder ringezogea werden könnten; di« Regierung »ft vielmehr bereit, hiergegen im Etatsgesetz Garantien zu geben. Der Unters astet gegen die gesetzliche Einsührung der zweijährigen Dienstzeit scheint darin zu bestehen, daß die Regierung die Möglichkeit behalten will, nach Ablauf der betrejsenten Elai». Periode zu der jetzigen Einrichtung auch einseitig zurückkchren zu können, fall» die thatsächliche zweijährige Dienstzeit sich nach der Meinung der Miiitairverwaiiung nicht bewähren sollte. Der Betrag der Mehrkosten, welche die neue Einrichtung bedingen soll, wird allerdings sehr hoch, noch höher, al» vor einiger Zeit, angegeben. Man nennt uns die Summe von achtzig Millionen Mark jährlich." Sollte sich, wie man Wohl annehmen darf, diese Nachricht bewahrheiten, so wäre die Neuerung einerseits als Fortschritt zu begrüßen, andererseits aber bliebe — abgeseken von der Nolhwendigkeit, derartige Erhöhungen der HecrcSkosten auf das Genaueste zu prüfen — das Verlangen »ach einer gesetz lichen Regelung der Verkürzung der Dienstzeit erst recht bestehen. DaS Organ der Unabhängigen, der „Socialist", ver- theidigt in Folge der vom .Vorwärts" gegen ihn ge schleuderten Angriffe abermals die Berechtigung der Socialisten, vor Gericht unwahre Aussagen zu machen, ja noch mehr, eS erklärt cs sogar für eine Pflicht derselben. DaS Blatt läßt sich darüber wie folgt auS: „Zum Meincidr-Entrüstungsrummel. Der „Borrvärts" hat unseren Artikel, in dem wir zum MeincidS-EittrüstungSrumincl Stellung nahmen, prompt mit einer Noiiz beaniivoriet, in der sich flennende Rührung mit schreiendem Jähzorn in der bekannten Weise mischen, wie sie abgelebten Greisen, die sich de» Gedanken» bald sterben za müssen, erwehren wollen, so schön ansteht. Darauf wäre aber nicht näher einzugchen, wenn »n» nicht ein Umstand recht nach- denkitch machte. TaSBiatt citirt die Hailvistelle unseres Artikels wörtlich, allerdings oben und unten eingcradmt von den eigenen greisenhafte» Beschimpfungen. Aber immerhin, wir begreifen die ungeschickte Redlichkeit der NedaclionSscheerc nicht recht. Tenn wir kennen du» Proletariat Berlin» wenigstens hinreichend, um zu wissen, daß für den mehr oder weniger aufgeklärten Theil desselben, d. h. für eine außerordentlich große und in Betracht kommende Zahl die Auffassung, die wir vertreten, die geläufige und selbstverständliche ist. Wir meinten bisher, so entfremdet seien di« Herren vom „Vorwärts" den Proletariern noch nicht, um La» zu itberjeheu. Das war wieder einmal «ine Notiz, einzig und allein bestimmt für ängstliche und verschüchterte Kleinbürger, aber nicht für freie Proletarier. Der „Vorwärts" spricht mit großen» Pathos von „Wahrheit, Ehre und Sitte". Was nun die Wahrheit angeht, so ist Derjenige, welcher, obwohl er Atheist ist, unter Anrufung Gottes irgend etwa» anslagt, niemals in streng sormalem Sinne der Wadrhcit treu geblieben. Tiese formale Wahrheit ist aber in unserer Zeit des Kampfes auch etwas ziemiich GlelchgiltigcS. Wer fest bei leinen Principien und seiner Lebensauffassung steht, der ist wahr: und wer sich tausend Hinterthnrchen offen läßt und mit der Moral deS Bnrgcrthums liebäugelt und Cornpro- misse schließt und der Form zu Liebe Genossen verräth, der ist ein Lügner und Tenunciant. Und was ferner die Ehre angeht, so gieb! cs deute nur eine bürgerliche und eine proletarische lliassenehre, und wenn ein Socialtsl von Ehre im Allgemeinen faselt, so ist das wiederum Heuchelei oder Unverstand. Wer vor allen Dingen die Ehre in den Augen des Bürgerlhums aufrecht erhallen will, der bezieht sich in die Gefahr, vom Proletariat für einen ehrlosen Lump angesehen zu werden. Und nu» gar di« Sittel Wir wollen nicht nur als Elassc, sondern selbstredend auch ais Einzelne mit der morschen, alle» Titte brechen und aufräumen; wir erkennen die heute herrschende Sitte, deren integrirenden Bestandtheil das Privat« eigcntbuin ausmacht, nicht an. Wer an der bürgerlichen Sitte festhält und Bourgeois und Socialist zugleich sein will, der ist sür uns ein Schwätzer und Philister, aber kein revoluttonairer Socialisti" Ter Wablkampf in New-Castle ist entschieden, der Minister sür Irland, Sir John Morlcy, ist gewählt, seine Majorität jedoch, welche bei den Juliwahlen bereits so be denklich herabgegaiizc»» war, ist nun noch weiter zusammen- geschrumpft, und wer weiß, was geschehen wäre ohne die Drohung des irischen Abgeordneten Davitt an die New-Castler Arbeiter, daß die Irländer im Falle einer Niederlage Morley'S die englischen Arbeiter-Interessen in Wcstminister im Stiche lassen würde». Daraufhin haben sich alsbald zahlreiche Arbeiter- Wähler Morley'S (Kandidatur wieder zugewendet. Ter Anti- Parnellit Michael Davitt mußte also ganz besonders nach New- Castle kommen, um dort eine Wahlrede zu Gunsten deS Banner trägers der Gladstone'schen Iloms-Iiuls sür Irland zu halten, um dessen Candidatur indirecl zu retten. DaS Glück der Gladstoneaner als regierende Partei ist eben auf die Irländer gestellt, und wenn die großen Kämpfe unter der Westminster- kuppel rnldpenneii, wird eS sich erst zeigen, wie sehr Glad- stvne von sdinen irncken Prätorianern abhängig ist. Von einem gelegentlichen Mitarbeiter wird der „Liverpool Post" be richtet: „Ich höre, daß Gladstone Labouchüre brieflich mitgetbeilt hat, daß er allein dasür verantwortlich sei, daß Labouchere nicht in daS Ministerium aufzenommen worden sei. Gladstone sagt in dem Briefe, daß er Labouchöre's Namen gar nicht der Königin vorgelegt habe wegen gewisser Vorkommnisse in reffen öffentlichem Leben, welche jedoch auf dessen Ebarakier keinen Schatten Wersen." Der radikale „Londrncr Star" bat auf diese Nachricht bin sofort einen Re porter zu Labouchöre geschickt. Die Fragen waren: „Hat Gladstone einen Brie) geschrieben? Waö stand darin?" Labouchöre erwiderte, daß er allerdings ein Schreiben von Gladstone empfangen bade und derselbe alle Verantwortlich keit sür die Zurücksetzung Labouchörc'S auf sich genommen habe. Mehr wollte der Gekränkte nickst sagen. Der Brief wird aber in der nächsten Ausgabe der„Truth" erscheinen. Die nordamerikanischen Arbeiter-Aufstände scheinen, wenigstens vorläufig, ihr Ende erreicht zu babcn. Mit dem Augenblick, wo daS regnlaire Militair sich in die Sache mengte, war der Sieg des Rechtes und der Ordnung über die brutaie Leidenschaft im Princip schon entschieden; daß die ausständigen Arboiler selbst den Truppen noch «ine Weile Stand ballen konnten, liegt rineSiheilS an der ver schwindenden Minderzahl auf Seiten der letzteren, dann aber auch an der illoyalen, um nicht zu sagen banditenmäßigen Art und Weise, wie der meuternde Niob sich eines OfficicrS bemächtigte, um sich seiner als Geißel — nach dem Vorbilde der Pariser Commune — zu bedienen. Die Raschheit und Energie der militairischen Offensive durchkreuzte das geplante Bubenstück, die Ausständigen wurden mit blutigen Köpfen beim geschickt, der kritische Moment ist überwunden. Frag! man sich nun, waS dieses gewaltibälige Auftreten der Arbeiter für Nutzen gestiftet hat, so kann dicAntwort nur lauten: nicht den geringsten. Selbst wenn die Forderungen der Arbeiter so gerecht gewesen wären, wie deren aiiarckustische Rädelsführer und die mit ihnen synipathisirende Umstnrzpbesse der dienen und der Alten Welt behaupten, aber nicht beweisen konnten, mußte die ge- waltthätige Art ihrer Geltendmachung sie von vornherein des Beifalls und der Unterstützung seitens aller Gutgesinnten berauben. In Wahrheit sind nun die Arbcitcrfcrderungcn nicht nur nicbt gerecht gewesen, sondern ein Hohn auf die elementarsten Grundsätze der gesunden Vernunft. Ihre An erkennung seitens der öffentlichen Meinung wäre gleich bedeutend mit dem Ruin aller staatlichen, gesellschasiliche» und sittlichen Ordnung. Deshalb ist denn auch jenseits de« Atlantic die Zufriedenheit mit dem Siege der legalen Gewalt eine allgemeine und rückhaltlose. Aber die Arbeiter Europas, soweit sie am Gängelbande der berufsmäßigen socialrcvolutioiiaircn Hetzer cinherlrollcn, könnten sich daS Schicksal ihrer nordamerikanischcu Genossen zur Lehre und Warnung dienen lassen. Im Laufe des Herbstes werden bekanntlich in Italien Neuwahlen zum Parlament stattsinden. Einen Vor geschmack von dem Wirrwarr, den diese Wahlen Hervorrufen werden, hat man in diesen Tagen bekommen, wo im 4. Wahl kreis der Stadt Rom sür den verstorbenen Finanzminister Elle na ein Ersatzmann gewählt wurde. ES hatten sich ver« schieden« Bewerber gemeloct, aber angesichts der Programm» losiakeit der Regierung und des Parlaments war es schwierig voryerzusagcn, sür welchen die Wähler sich entscheiden würden. Am meisten Wahrscheinlichkeit hatte der Bruder de« ver storbenen Abgeordneten, der Oberst Ellcna, der denn auch richtig gewählt wurde. Vor dem Tode seine« Bruder« hatte die Welt nie etwas von ihm gehört; noch weniger waren seine politischen Ansichten bekannt gewesen. Acht Tag« hatten genügt, um ihn zum Wahlcandidaten und Politiker zu machen. Wie Las zugegangen, darüber giebt sich kaum Jemand Rechen schaft. In einem Briese, der als eine Art Programm ver öffentlicht wurde, erklärte er sich al« Anhänger der „Linken", al- ob damit etwas Bestimmtes gesagt wäre. Aber er wurde gewählt, weil er der Bruder seine« Bruder- war, welch letzterer allerdings ein gutes Andenken hintrrlaffen hat. Das ist aber nichts mehr und nicht- weniger al« eine Form von parlamentarischem Feudalismus und zeigt, wie gegenwärtig hier zu Lande die politische Bewegung angesehen wird. Daß er sich als Anhänger der Linken bekannte, ist begreiflich, weil einmal heute alle von der Linken sein wollen, und eau.« weil diese Bczeicynung einem die Müh« erspart» mit Ideen herauözurückcn, die schwer zu finden wären, wo doch da« Land, da« Parlament, die Negierung selber keine aufzuwcisen haben. Goetbe's Spruch von dem Wort, da» zur rechten Zeit sich cinstellt. wo die Begriffe fehlen, paßt Wohl auf nichts so treffend, als aus den gegenwärtigen innerpolilischen Zustand Italiens. In Ermangelung that- sächlichcr Ideen werden die alten verrosteten Begriffe von der Rechten und der Linken ausgelischt. Es fehlt nicht an Stimmen, welche die« aufrichtig bedauern und ihrem Wunsche Ausdruck geben, daß an Stelle der vagen Begriffe richtige Parteien auftauchen möchten. Wenn eS sich bestätigt, baß, wie gerüchtweise auS Paris gemeldet wird, der französische Botschafter in London, Wadvinaton, abberufen werden solle, und sich eine weitere Meldung bewahrheitet, daß Gladstone geneigt sei, den in Frankreich laut gewordenen Wünschen nach Ab berufung des Botschafters in Paris, LordS Dufferin, zu willfahren, so wären dies immerhin Anzeichen, daß di« Hoffnungen der französischen Kreise, eS werde sich unter Gladstone rllcksichtlich der Beziehungen Englands zu Frankreich manches ändern, keine ganz leeren sind. Jedenfalls verdienen die erwähnten Meldungen als symptomatisch verzeichnet zu werken. — Uebcr die Schritte, zu Vene» die englisch- indische Negierung in Folge deS Vorgehen« der Russen gegen Afghanistan sich entschlossen hat, berichtet der „Daily Chronicle": „Die indische Negierung wird eine Abtheilung Cavallerie und berittener Artillerie auöschicken, um die Unterthanen Umra KhanS zu beruhigen, die in Folge der neulich erfolgten Einfälle der Afghanen sehr beunruhigt sind. Diese Nachricht ist die wichtigste, die wir seit Beginn der Hände' an der indisch-afghanischen Grenze vernommen haben. Wir handeln in diesem Augenblick kurz gesagt so, wie damals, als wir von Gilgit nacki Kunza vorgerückt sind. Wir suchen die Passe des Hindnkusch im Westen zu behüten, wie wir die im Osten behüten. Die Maßregel ist aus gezeichnet als Antwort auf den Vormarsch der Russen »nd kann unser Ansehen unter den Stämmen nur erhöhen." Fertillrtsn. Die Pihe. Linnö hat bekanntlich den Pilzen die lebte Rangstufe unter den Pflanzen angewiesen, indem er sie in seinem System der 24. Elasse 4. Ordnung einverleibte. Zieht man aber ihre Reichhaltigkeit an Arten und Individuen in Betracht, so stehen die Pilze allen übrigen Elasten voraus zählt man doch gegenwärtig über ISO OVO Pilzarten. Freilich sind viele erst durch da» Mikroskop wahrzunehmeu, denn sie sind di« allrr- winiigsten Lebewesen. Aber auch bezüglich der Mannigfaltigkeit der Formen reicht keine Pflanzrnclaffe an die Pilze hman. Schon rin Blick auf die in Feld und Wald vorkommenden Schwämme bestätigt sofort unsere Behauptung. Während manche kugelrund ge staltet find, erscheine» andere lappig oder eiförmig, oder keulig, oder spatelsörmig, und die vollkommensten »inicr ibncn zeigen Stiel und Hut. Selbst die mikrostovischen Pilze bilden eine wahre Wunderwelt von Gestalten. Da ist e« z. D. dir Gruvpe der gefürchteten Batterien, die bald oie Form eine« Stävchen-, bald die einer Kugel oder einer Spirale oder eine- EieS besitzen. Während der große Formenreichthum der Pilze woblthätig auf da» Auge de« Naturfreunde« rinwirkt, überrascht andeier- seit« die Urdereiustimmung ihre« inneren Baue« All« sind Zellenpflaozea, d. b. sie sind au« Zellen aufaebaut. Aber Allen fehlt da« Ehlsrophyll, welche« den übrigen Pflanzen da« herrliche Grün verleiht, daß wir in seinen schönsten Echattiruugen an den Kronen der Waldbäume oder an den Gräsern der Wiese beobachten können. Hierauf beruht eö auch, daß sie zu ibrer Entwickelung wohl daS Licht, aber nie eine feuchte Atmosphäre entbehre» konnnen, und daß sie ferner keinen Sauerstoff auSscheidcn, sondern Kohlensäure. Ihre größte Eigcnthümlichkcit besteht aber darin, daß sie ihre Nabrung nicht selbst bereiten, sondern andere für sich sorgen lassen. Sie vegctiren lheils auf lebenden Thieren und Pflanzen, — da« sind die Parasiten oder Schmarotzerpilze — theil« auf verwesenden Stoffen auS dem Thier- und Pflanzenreiche. — das sind die Saprophyten oder Fäulniß- pilze. Zur Aufnahme der Nabrung dient da« Mvcelium oder da« wurzelartige Fadcngewede, welche« sich im Boden verbreitet. Die Fortpflanzung der Pilze geschieht durch Sporen, da« sind mikroskopische Gebilde, welche nur erst bei größerer Anhäufung al« weiße, schwarze, gelbe, braune Puncte ins Buge fallen. Bei mehreren Pilzsorten baden die Sporen ibren Sitz auf den an der unteren Seite de« Hute« befindlichen Blättchen oder Lamellen, bei andern liegen sie versteckt in Röbren, die sich in der schwammigen Masse deS Hute« befinden; bei einer dritten Gruppe sitzen sie auf Stacheln, mit denen die ganze Unter seite de« HuieS gespickt ist; bei einer vierten Gruppe ist die gekämmte Oberfläche de« PilzkörperS da« Fruchtlager; und endlich bei einer fünften Gruppe sind die Sporen im Innern de» PilzeS verborgen. Zur Reifezeit lösen sich die Sporen von ihrem Träger ab und werden nun vom Winde in alle Richtungen verstreut. Di« Pilze sind im HauSbalte der Natur von größter Wichtigkeit. Sie befördern den ewigwäbrenden Proceß de» I Werden« und Vergeben« mit nie graduier Macht; sie kreißen nieder und bauen auf; sie tödtea und machen lebendig; sic bringen dem Menschen empfindlichen Schaden und uiiermeßlickeit Nutzen. Der Leser denke nur an die Schmarotzer. Diese anrüchigen Lebewesen überfallen Pflanze», insbesondere gern unsere Cillturgewächse und rufen bei diesen die verschiedensten Krankheiten hervor. Wer hätte noch nickt die Verwüstungen des Brand- oder RostpilzeS, des MehltbaueS. des Kartoffel- und Traubenpilze» geseben! Auch die Thierwelt bleibt von ibnen nicht verschont. So rübrt ». B. da« oft beobachtete massenhafte Hinsterben der Stuben fliegen von einem Pilz her, der sich im Innern dieser Jn- secten einnistete und endlich zur Todesursache wurde. Bei de» warmblütigen Tbierc» erzeugen Pilze die Rinderpest, den Milzbrand, die Lmigenseuche. Selbst dem Menschen sind sie feind. Die Cbo'era, die DiphtberitiS, die Ruhr, das gelbe Fieber, der TypbnS, — alle diese mörderischen Krankheiten cntslebcn nach neueren Forschungen durch Pilzwucherungen in den Organismen dcS Menschen. . Und doch sind diese Schmarotzer, die auch Batterien heißen, so Nein, daß sie nur durch ein bewaffnete« Auge erkannt werden! Ihre verbcerende Thäligkeit wird un» aber sofort einleuchtend, wenn wir erfahren, daß ihre Vermehrung eine geradezu unglaubliche ist. Letztere geht mittelst Thcilunz vor sich. Innerhalb einer Stunde tbcilt sich eine Batterie in 2, nach einer zweiten Stunde in 4, nach einer dritten Stunde in 8 u. s. w. neue Pilze. Nack 24 Stunden beträgt ihr^ Zabl bereits über 16'/, Millionen, nach zwei Tagen 23I>/, Billionen, nach 3 Tage» 4772 Trillionen und bei weiterer ununterbrochener Tbeilung würden die au» einer Batterie neuenlstandenen Pilze in 4'/, Tagen da« große Weltmeer au«süllcn. Während dir Schmarotzerpilze von sehr verderblichem Ein flüsse sind, werden dagegen die Fäulnißbewobner z»m wahren Segen. Wo ein Pflanzen- oder Thierkörper in Zersetzung übergeht, da siedeln sich auf ihm sofort die Saprophyten an, beschleunigen die Verwesung und bewahren die Luft vor An häufung von schädlichen Gasen, die von den abgestorbenen Naturkorpern anSgehen. Mehrere Fäulnißöewohner, wie die GäbrungSpilze oder Hefen, zieht der Mensch sogar in seine Dienste, indem er sie in der Brauerei, Brennerei und Bäckerei technisch verwertbet. Die größten der Saprophyten bilden endlich rin kräftige« und schmackhaftcS Nahrungsmittel, welche- nicht bloS von der ärmeren ÄollSclafsc, sondern auch von den Reichen sehr geschätzt ist. Wie nahrhaft ferner die Pilze sind, die- erweisen viel fache dahin abziclende wissenschaftliche Untersuchungen. Laut derselben sollen die bekanntesten Speisepilze im Mittel >!» Proc. Prvteinsubstanzen (stickstoffhaltige oder eiwrißartige Stoffe), 2 Proc. PhoSphorsäure. 3.3 Proc. Kali, 0,2 Proc. Magnesia n. s. w. entkalken; die Morchel sogar 28,5 Proc. Protelniubstanzen, die Trüffel 9,5 Proc. In allen soll l,25 Proc. Fett vorhanden sein. Die Giftigkeit vieler Arten mabnt aber zu großer Vor sicht, weil durch den Genuß von Giftpilzen leicht da« Leben gefährdet wird. Bringen nicht alle Jabre die TageSblätter Berichte über Vergiftungen durch Pilze? E» giebt eben leider noch kein bestimmtes allgemeine« Merkmal zur Unterscheidung der eßbaren Schwämme von den giftigen. Aus da« fast allgemein und mit unbegrenztem Vertrauen angewendete Mittel, eine« silbernen Löffel oder eine Zwiebel livischen kochende Pilze zu legen und von deren schwärzlichem Anlaufen auf da- Vorhandensein von Gistschwämmen zu schließen, ist durchau« kein Verlaß, denn die wirklich vor sich gebende Veränderung an dem Silber bat ihren Grund darin» daß di« Eiweibsubstauz» de« Pilze« zuweilen ihr« Schwefes
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