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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 31.08.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-08-31
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920831026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892083102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892083102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-08
- Tag1892-08-31
- Monat1892-08
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Weitgehende Erörterungen und Schlußfolgerungen werden dann aus einem Fundament aufgcbaut, dessen wichtigste Bestand- '.heile sich hinterher vielleicht alS falsch erweisen. Inzwischen ist aber eine Unmasse von Bcuiirubigung und Erregung im Volk erzeugt worden, die vielleicht weit über das gerechtfertigte Maß hinausgeht. Kau», eines der Blätter, die gegenwärtig Nachrichten über wichtige beabsichtigte RcgicruiigSmaßnahmcn zu bringen pflegen, kann in dieser Hinsicht volle Glaubwürdigkeit beanspruchen, da der Ursprung der Nachrichten zu wenig er kenntlich und verbürgt ist. Das vfsiciöse Prcßwcsen Halle früher andere Auswucksc, aber über die Absichten der Negierung und positive Thatsachcn wurde die Welt reichlicher nnd frühzeitiger aufgeklärt. Ein Vorgang z. B. wie die Ansprache deS K a i s erS über die Militairvorlagc dürste nicht einer völlig un genügenden, unsicheren, unvollständigen und widerspruchsvollen privaten Berichterstattung überlassen bleiben, sondern müßte in vollkommen authentischer Form vor die Oeffeutlich- keit gebracht werden. Ebenso wäre eS wohl an der Zeit, etwas durchaus Zuverlässiges wenigstens über die Grund lagen verlautbarcn zu lasse», auf denen die neue Mililair- vvrlage beruht. Erscheinen solche Veröffentlichungen der Regierung verfrüht oder unzweckmäßig, so müßte sie dann auch Sorge tragen, daß daS Geheimniß aufs Strengste bewahrt wird. Mit unverbürgten, halbwabrc» und der verschiedensten Deutung fähigen Angaben wird mehr geschadet und weniger genutzt als mit einem soliden Material für die nun dock, einmal nicht zu unterdrückenden Prcßerörteruugen. Biel unnützes und aufregendes Ge rede könnte erspart werden. Aber vergebens sucht man nach einer Kundgebung der Negierung, welche bezweckte, der Ver wilderung und Ausartung der Preßerörterungcn durch zu verlässige Aufklärung und Belckrvng entgcgcnzuwirken. Ter „Neilvsaiireiger" ist seit Wochen öde und inballlos wie noch nie. Berössentlichungcn wie diejenige über die Steuerreform pläne haben doch eine solide Unterlage für die öffentliche Discussion geboten. Warum befolgt man den damals cin- geschlagencn Weg nicht ösler? Die berechtigte Abneigung gegen das vfficiöse Prcßtrciben kann doch nicht so weit führen, daß die Regierung gänzlich darauf verzichtet, mit der öffentlichen Meinung sich in Verbindung zu halten und der politischen Discussion rechtzeitig eine feste sachliche Unterlage zu geben. SensationSsucht, Effekthascherei und willkürliche leichtfertige Eombination haben in einem großen Theil der deutschen Presse, wesentlich aus Mangel an guten und zu verlässigen Informationen, in bedauerlicher Weise zugenommeii. Zu den Merkwürdigkeiten des neuen Cnrses gehört cö, daß über das Militärisch-Technische der geplanten Militairvorlagc in Rcgierungskreiscn viel mehr geschwankt wird, als bei irgendeinem von dein Fürsten Bismarck ein- gebrachten Militairgesetz. Uno doch haben wir jetzt einen General alö obersten Reichsbeamtcn, während Fürst Bis marck, was er mehr als einmal zu hören bekam, sich durch nichts weiter als ein Reservc-LieulenantScxamen über sein Recht, in solchen Dingen mitzusprcchcn, auswcisen konnte. Auf dem Gebiet, wo Graf Eaprivi eine unbestrittene Auto rität ist, hat er das Gegentheil von Erfolg, und ob dies Miß geschick durch sein Glück auf diplomatischem und innerpolitischcm Gebiete ausgeglichen wird, ist Gegenstand der Eontroversc. Die Militairvorlagc von 1800 kam technisch glatt zu Stande, sie dalirte aber ibrer Vorbereitung nach aus Bismarck'schcr Zeit. Der neue Curs durste sich glücklich schätzen, daß er nicht durch Reden noch in letzter Stunde das Gesetz zum Scheitern gebracht balle. ES sah eine Weile sebr darnach aus, als nämlich Berdy die ersten Accorde der mililairischcn Zukunftsmusik angeschlagen hatte. Eaprivi beschwichtigte da mals, um ein Jahr später ohne erkennbaren Zweck über künftige große Wandlungen im Heerwesen zu reden. Jetzt, da man die Reden in Thatcn umsctzen will, herrscht Unklar- beit über das Wie und enlspinnt sich in letzter Stunde noch ein Streit über das Wann. Kein Wunder, daß auch die zurück!,altciirstcn Kritiker in der Vorgeschichte dieser Militairvorlagc das wabre Gefickt des neuen EurscS wiedergespiegclt sehen. Heber das Schicksal tcS Ge setzes im Augenblick zu orakeln, wäre unnütze Zcit- verschwendung. Ei» Streit zwischen Eaprivi, der daS Gesetz in der nächsten Tagung einbringen will, und Miguel, der erst seine Steuerreform unter Dach baden möchte, besteht, das wird von keiner Seite in Abrede gestellt. Unseres Eracktens bietet die Tbatsache dieser Meinungs verschiedenheit an sich keine» Anhaltspunkt für die Beurtbeilnng der Dringlichkeit der Sache. Würde die sofortige Hccrcs- verstärkung an entscheidender Stelle als eine Lebensfrage ausgcsaßt, so wären die einen Aufschub fordernden Stimmen selbstverständlich von vornherein zum Schweigen gebracht worden. Es müssen auck militairische Erwägungen die Ver tagung statthaft erscheinen lassen, sonst würde inan de» „Eivilistcn" gar nickt darüber reden lassen. Andererseits darf man bei 1>r. Mignel denn doch nicht eine» derart bornirte» Ressvrl-ParlicularismnS voraussetzcn, mit dem ein Minister bebaflet lein müßte, der lediglich, um seine Vorlage» turcl,z»bringeii. sick einer allseits als unabweisbar erkannten Erhöhung der Vcrlheicignilgsfähigtcit widcrsctzen wollte. Vor diesem Verdachte schützt den preußischen Finauzministcr seine Vergangenheit. Ueber die Ziele und Pläne, welche das neue serbische Ministerin m verfolgt, hat der Ministerpräsident Dr. Avaknmovilsch sich bei Gelegenheit einer Unterredung mit dem Vertreter der „Voss. Ztg." in Belgrad in bemerkcns- wcrther Weise geäußert. .Wir sind Liberale und ans das liberale Programm ei,«geschworen", so betonte Araknmovitsch und fuhr dann fort: „Aber dieses Programm, mein Herr, bedeutet Fortschritt, Arbeit, Unparteilichkeit und Achtung vor dem Gesetze. Nichts weiter, aber anck nichts weniger. Mil unseren neuen Männern wollen wir in keine alten Fußsiapscn treten, wir werten Niemanden ob seiner Gesinnung verfolgen, aber wir werden von alle», ohne Unterschied der Pa.lei verlange», da^ er on der Serbien so noth- wendigc» Errichtung der Ordnung miihelsc. Die radikale Partei hat daS Land in einem Ebaos zurückgelassen; es ist Dank gewissenloser Agitationen nnterwühlt, mit gefährlichem Stoffe nach außen und innen durchsetzt, der beseitigt werde» muß. Die Steuern waren in hohem Maße ungerecht vcr- Iheilt, die Rückstände, meistens aus Bauern entjallcnd, be trugen im letzten Jahre allein 5 Millionen Francs. Wir werten von den Bauern fordern, daß sie sich endlich einmal ihrer Pflicht gegenüber dem Staate bewußt werden und wir werden ans der Erfüllung der Pflichte» mil allen Mitteln bestehen. Die Bcvorzung der Landbevölkerung und ihre Stellung außerhalb des Gesetzes, welche allein die radicale Partei groß machte, muß aufhören im Interesse dcS An sehens und der Entwickelung des Staates. Wir werden aber auch gereckte Wünsche derselben getreu unserem Programm erfüllen und die Aushebung aller Monopole durchsetzen. Es soll damit nicht gesagt werden, daß hierdurch die Gläubiger Serbiens verkürzt werden. Hierzu würde eine liberale Regierung nie ihre Hand bieten. Eompcnsalioncn sind ge nügend vorhanden, auch dafür, daß unser Einnahuicbntgct nicht darunter leidet." — „Glauben ExccUenz bei den nächsten Wablcn die Mchrbeit zu bekommen?" — „Man kann in der Politik, und am wenigsten hier zu Lande, wohl nie etwa- mit voller Bestimmtheit Vorhersagen, aber ich hätte jedenfalls die Neubildung des Eabinclö nickt übernommen, wäre ick nicht überzeugt hiervon, nnd würden mich hierin nicht jeyl auch die Tausentcn aus allen Tbeilen tcS Landes mir zugchcnden Kundgebungen bestärken. Tic radicale Partei ist in sich zerfallen uns cm griinmigcrcr Feind als wir sind ihre Spaltungen selbst. Bekäme sic aber dennoch die Majorität, dann würden wir keinen Augenblick verliere» »nd die Eouse- qucnzcn ziehen, welche die Voltsmehrheit von n»« fordert, wenn diese Forderung auf friedliche Weise sich äußert." — „Wie verhält sich die neue Negierung zur Königinfrage?" „Bis jetzt ist^dicselbe trotz i» die Presse gelangter Mitlhcilungcii ? weder im Sckooßc der Regierung nocy zwischen der Regent-' schafl und der Regierung erörtert worden. Eine Veranlassung ^ jag auch nicht vor. nachdem die Königin sich noch nicht an uns wandte und Anzeichen vorlicgen, daß sie bis zur Groß jährigkeit ihres SolmcS im Auslande verharren will. Sollte aber die Königin eine Anfrage an uns stellen, so werden wir ibrc Angelegenheit in Beraihnng ziehen und den Standpunct, welchen wir als Opposition vertraten, nicht verlassen." — Leider mußte das Gespräch hier abgebrochen werden, aus der Schwelle erschien in vollem Ornate der serbische Metro polit Michael, um nach längerer Krankheit da» cr^c Mal den neuen Regierungschef zu begrüßen und ihn seiner Sympa thien zu versichern. Ganz untröstlich ist ein Corrcspondent des „Journal deS Debais" Uber den vollständigen Mangel an äußeren Merkmalen von Sympathien für Fra»kreich, den oencibe bei Gelegenheit dcS internationalen Eisenbahn-Eon- gresses in St. Petersburg entdeckt hat. Es ist in dem betreffende» Bericht gesagt: „Bei meiner Ankunft in St. Petersburg war ich einigermaßen neugierig, zu erfahren, ob die Begegnung von Kronstadt in der Phantasie der Russen de» nämlichen Eindruck hintcrlicß, wie bei den Franzosen Ich erwartete gerade nicht, daß Herr Earnol am Ufer der Newa so populär wäre, wie der Zar bei uns, aber ich bossle, wenigstens einige greifbare Spuren dieses historischen Ereignisses zu treffen. Ich »ahm gern an, daß die Erinnerung a» diese große Scene, die unsere Künstler zu so vielen Bilder» und Illustrationen angeregt hat, anck im Herzen unserer russischen Freunde lebendig ge blieben ist — aber nichts davon ist nach außen durchgedrungen. Nicht das kleinste Bild stellt einen Kaiser in großer Uniform vor, der dem befrackten Herrn Earnot die Hand reicht, nicht die leiseste Anspielung auf den Zeichnungen der Zündholz- und Bonbvnschachleln, keine französische Fahne, nicht das bescheidenste Spielzeug verkörpert die russisch- iraiizösische Allianz. Das Tycatcr selbst ist außer halb der Bewegung geblieben. Im Theater des Zoologischen Gartens spielt man jeden Abend ein recht hübsches Ballet, aber bei der "Apotheose am Schluß glänzen die französischen D coca durch ihre Abwesenheit. I» ganz St Petersburg ist es uiimimlick, eine Photographie des Herr» Earnvc oder des Admirals Gervais aufzntieiben. Nur rin kleines Kind habe ick gesehen, daS eine Mütze trug mit der Aufschrift „Marcngo". In Frankreich sind wir demonstrativer und die Pariser EamclotS haben eine viel frucklbarcrc EinbilkuugS- traft als ihre Eollegcn von St. Petersburg." In der russischen Presse grollt eS noch heftig wegen dcS freundlichen Empfailges, de» Stambulow i» Kou- stantinvpel gesunde» hat. So bringt auch der „Swjet" einen geharnischten Artikel, worin auf die noch nicht bezahlte Kriegsschuld hingcwicsc» und die Hoffnung ausgesprochen wird, der russische Botschafter in Konstantiiiepcl werte die hohe Pforte darauf ausmerksam machen, daß die Verletzung des Berliner Vertrages für dieselbe höchst unangcncbme Folgen babc» könne, da auch Rußlands Langmntb keine un begrenzte sei. Es wäre zu wünschen, daß die „Langinnth" des Petersburgers Eabinets in Bezug ans die russischen Um triebe auf der Balkanhalbinsel bald ein Ende nehme. Während ric Pariser Blätter bei jeder Gelegenheit die Einrichtung der iögiment8 inixtos rühmen, hebt der militairische Mitarbeiter deS „Figaro" m cineni vor liegenden Artikel: ,.V nura-t-i> cles mauovuvi-es?" die jetzt be reits in Bezug auf diese neue Einricklnng, welche bekanntlich da« Werk de« KricgSministerS Freuciuet ist, zu Tage ge tretenen Mängel hervor. JulcS Richard, der mit Reckt als Autorität aus diesem Gebiete gilt, weist naincutlich daraus hin, daß die drei verschiedenen Kategorien von Ofsicicren: aclivcs Heer, Reserve und Territorialarmee, mit Nolbwendigkeit jede Organisation stören müssen, bei der sie zugleich Verwendung finden sollen. „Es wäre merkwürdig", führt daS Blatt im Hinblick auf gewisse Vorgänge aus, „wenn auf dem Schlachlfclde in einem entscheidenden Augenblicke zwei Ofslciere, sobald eS sich um den Vormarsch handelt, an der Spitze der Colonne einander das Eommando der Truppe streitig machten." JulcS Rickard erinnert in diesem Zusammenhänge an den Streit, der ain Morgen der Schlacht von Sedan zwilchen den Generalen Dnerot undWimpffcn stalt- fand, sowie an die Rivalitäten zwischen den Generalen Vinoy, Ducrot und Blanckard, durch welche die Vertbeidignng von Paris gelähmt wurde. JulcS Rickard saßt auch im klebrigen sein Urtheil dahin zusammen: „Alles muß in unserer Armee neugcschaffcn werten. Die alten EadrcS zerbrachen unter dem Drucke der neuen Effektive in Stücke. Die Budgctcommission will viel Mannschaften, soviel Mannschaften wie möglich; ver langt man aber von ihr Geld, um diese Mannschaften be fehlige» zu lassen, so verweigert sie es hartnäckig." Zu denjenigen Ländern, in denen der französische Unternehmungsgeist in den letzte» Jahren FiaSco er litten hat, gehört Ebina. Am 1. Juli d. I. ist der letzte Vertreter deö sranzösischen Syndikats abgereist, nachdem diese einst so groß auftrctende Gesellschaft endgiltig ihre Geschäfte in Tienljm hoffentlich für immer, abgeschlossen bat. A» demselben Tage wurde alle« Bewegliche unter dem Hammer loSgcschlagen. 8ic tiausit glorür inunili! Vor fünf Iabren erschien der erste Vertreter hier mit einem Stabe von etwa 80 Per sonen,Ingenieuren aller Elasscn, und auf den Visitenkarte» stand nach dem Nanicn in selten Buchstaben: „i^nckieat lnrntznis son« In ckiieetwn <>n 6cm>j,toir ck'I^sevmzito cko I'mu, ' DaS Eomp- toir d'EScompte, das damals noch einen glänzende» Namen balle, ist unterdessen verkracht und leicht verbergen ,n dem Millioncukrach konnten sich die Hunderttausend von TaelS, welche die Gesellschaft durch ihre unentschuldbare Miß- wirtbschafl verschleudert batte. Sie unternahm die Hafcn- baulcn in Port Arthur (chinesisch Li-schcn-kv) zu einem Preise, der allen andern Mitbewcrb unmöalich mackte. Sie warf sozusagen mit der Wurst nach der Speckseite, indem sic tnrck Billigkeit in der ersten ihr übergebene» Arbeit eine Bevor zugung bei Erlbcilung. von andern bevorstehenden Arbeiten zu erringen glaubte. Sicherlich wäre cS ihr auch gelungen, hätte nicht die Mißwirthschaft in Geldangelegenheiten nnd die elastische Moral der Leiter derart in die Angen gestochen, daß sogar die Ebincsen da» Vertrauen zu dieser Gesellschaft verloren. Die Arbeiten in Port Artbur stne gut, »uv daß sie so ausgefallen sind, ist der Ge wissenhaftigkeit des die Arbeiten damals leitenden Inge nieurs zu danken; aber 400 000 Tael« sind zugcsctzt worden. Die Baggermaschinen für den Hoangbo (Gelben Fluß) sind correct gebaut, nur batten sie de» Febler, daß, als sic an die Mündnng dcS Hoangho gebracht waren, sie über die Barre nickt kinwcg konnten, weil sic zu tief gingen, und somit war der Vertrag null und nick-lig geworden, und kein Eent wurde der Gescllsck^aft ausbczahlt, obgleich ei» Tbcil dcS Geldes be reits in die -raschen der Helfershelfer beim Zustandekommen deS Verlrageö gewandert war, wie wir ans dem Vorkemmniß mit de», früheren sranzösischen Eonsnl Ristelhueber wissen. DaS Er- gcbniß der fünfjährigen Arbeit dieser Gesellschaft läßt sich kurz dahin zusammcnfasscn: materiell bat sicNachtbcilc davongetragcn und moralisch hat sie sich zu Grunde gerichtet. Große, sehr große Geldverluste, welche durch den zu gelegenster Zeit cin- aelretene» Krach des Comptoir d'EScompte vertuscht worden, lind somit zu verschmerzen. Was sich aber nicht auömerzen läßt, wenigstens nicht für eine geraume Zeit, daS ist der Verlust a» Vertrauen i» gewissenhafte Arbeit, und — leider muß eS gesagt werde» — die bewiesene Bestechlichkeit, welche nicht nur allein der französischen Nation ein Schandmal auf- driickt, sondern alle Nationen in den Augen der leitenden Elstnesc» herabsetzt. Hat doch Lihung-tschang kürzlich zu einem europäischen Eonsul gesagt: „Tbnt nur nicht so groß, bei euch ist ebenso wie bet uns nicht Alles rein!" Deutsches Reich. 8S. Berlin, 30. August. Dir „Nordd. Allg. Htg." bringt einen reckt bcmerkcnswerthen Artikel zur Eröffnung der Mainzer Kalholikcnversammlung. Unter dem Vorwände der Zurückweisung einer „politischen" Auslassung der „Germania" Feuilleton. Schloß Felletraiige. Ein Roman aus den Vogesen. Lös Von L. Elster. N-idtruck «ertöte». (Schluß.) „Sagen Sie mir, mein Herr", wandte sie sich mit angst voller Frage an tcn Arzt, „,sl die Wunde lebensgefährlich? O, ich bitte, sagen Sie mir die Wahrheit." „Die Wunde ist sehr schwer, mein Fräulein, unter Um ständen lebensgefährlich. Jedenfalls ist die sorgsamste Pflege nöthig- Unbedingte Ruhe!" „Ich selbst werde ihn pflegen." Der Arzt lächelte. Kurt aber entgegnete: „tlniiiöglick, Fräulein Gisela! Da- gebt mich an! Ich bitte Sie. überlasse» Sie uns die Sorge sür den Verwundeten! Denken Sie an Ihren Vater." Mit großen, flehenden Augen blickte Gisela Kurt an. „Er hat, selbst schwer verwundet, meinem sterbenden Bruder den letzten Liebesdienst erwiesen, auf seiner Brust entschlief mein Bruder zur ewigen R»be — jetzt ist eS Zeit, daß ich diese LiebeStbat. welche er dem Feinde seine« Vaterlandes erwieS, vergelte. — Wo ist der Wagen? Wir müssen ihn nach Hanse schaffen " „Der Wagen hält dort unten." „So holen Sie,hn!" Lieutenant Malmaison entfernte sich rasch, um den Wagen herbeizubolen Gisela kniete neben dem Verletzten nieder und bettete sein Haupt aus ibren Schooß, wäbrend der Arzt den Verband anicgte. Gisela unterdrückte tapfer den rasenden Schmerz, der ihr Herz zu zcrreißcn drohte. Sie zwang gewaltsam die Thränen zurück, die sick in ibre Augen drängten. Ihre Hand zitterte nicht bei den Hilseleistuiigc», welche der Arzt von ihr forderte. „Sic sind eine treffliche Krankenpflegerin, mein Fräulein", meinte lächelnd der Arzt. „Unter solcher Pflege wird Herr de Fönötrange sicher gcjund werden." Gisela crröthete. „Ich flehe z» Gott", flüsterte sie, „daß er Ihre Worte wahr macken möge." „Da kommt der Wagen." Vorsichtig hob man den Verwundeten auf und trug ihn in den Wagen. „Sie wollen mit einsteizen, Gisela?" „Ja, Herr von Usedom, ick begleite Herrn de Fsnstrange." „Ich bitte Sie . . ." „Mein Entschluß ist gefaßt." Kurt trat zurück. Er batte kein Neckt, sich dem Willen de« jungen MädckenS zu wibersetzen. Mochte sie ihrem liebenden Herzen folgen — mochte sie glücklich werden. Langsam setzte sick der Wagen in Bewegung. Cckmerz- baft stölinie der Verwundete auf. Gisela beugte sick über ib», da öffnete er die Augen und schaute sie verwundert an. Tann schloß er ausscuszend die Augen wieder, und ein glück liches Läckcln umspielte seine bleichen Lippen. Langsam wie ein Todtenzug ging die Fahrt durch den leise säuselnden, srüblingSduftigcn Wald dem alten Schlosse Fönvtrange zu. Die Vögel sanken süße Liebeslieder, die Drossel pfiff lustig und fröhlich, die Sonnenstrahlen blitzten aus dem frischen, grünen Laube, und doch oben am blaue» Himmel stieg die Lerckc empor, ihr jubelndes Tanklicd dem Schöpfer, dem allgütiac» Vater darbringend. Gstcla preßte die Hände vor daS Antlitz, und heiße Tbränen perlten zwischen ibren Fingern hindurch auf die blasse Stirn deö Verwundeten, dessen Haupt aus ihrem Schooße ruhte. ..Fasse» Sie sich, mein Fräulein," flüsterte der Arzt, „noch ist nicht alle Hoffnung verloren." ^ ^ ^ . Mehrere Tage Ware» vergangen. Bourgeois, der Wirth zum „Lion d'or", war zur letzlcn Ruhe bestallet, die Ge fangenen, der alte Zigeuner - Ioscpb und Jockel Schmidt, waren in daS Gesängniß nach Slraßbura übergefübrt worden; von Marianne hatte man keine Spur entdeckt, sic mußle mit der Zigeunergcsellschast, welche ienseitS der Grenze lagerte, davongegangen sein. In Finstingcn trat allgemach die frühere Rübe und Ordnung wieder ein, wenn auch die Ereignisse der letzten Zeit noch immer eifrig be sprochen wurden. Hauptsächlich aber bildete daS traurige Geschick des Herrn de Fönötrange jetzt den Gesprächsstoff. Auf den Tod verwundet lag der zunge Herr droben im Schloß, und was das Wunderbarste war, die Tochter des deutschen Fabrikanten wich kaum von der Seite seine« Lagers. Sic »beilte sich mil dem General und Madame Justine in die Pflege des Verwundeten. Wenn man den Maitrc Anatole fragte, wie eS droben gehe, dann machte der alle Grenadier ein gar verschmitzte- Gesicht, zuckte die Achseln und meinte: „Liebe ist die beste Mcdicin, und ick deuke, wir bringen mun-cieur Io capitainv noch einmal auf die Beine." Im Schloß herrschte tiefe Nube. Henri de Fänötrangr lag in tiefem Schlummer aus seinen, Lager. Der Arzt batte soeben da« Zimmer verlassen, und Gisela saß allein am Bett de« Kranken, mit leichter Hand eine zudringliche Fliege ab- wehrend, welche immer wieder die blaffe Stirn Henri« aus zusuchen strebte. In das Herz Gisela« war neue Hoffnung eingczvgen Ter Arzt war mit dem Zustand des Verletzten zusrieden; wenn nickt weitere Eomplicalionen binzuträtcn, so batte er gemeint, sei der Kranke gerettet. Zugleich mit dieser innigen Freude war aber auch der feste Entschluß in Gisela - Herz cingezogen, den Geliebten nimmermebr zu verlassen. Sie wußte jetzt, daß er sie liebte, und in seinen Augen hatte sie gelesen, welche selige Hoffnung sein Herz belebte. Sollte sic die Hoffnung aus'S Neue täuschen? Sollte sie ihn aus'S Neue verlassen, nur der Meinung der Welt wegen, welche über ihr Vcuchmen die Nase rümpfen würde ? Mochte die Welt sie verspotten, sie wollte glücklich sein und glücklich machen! Und ihr Vater? Ja, er war noch sehr zornig und wollte nicht dulden, daß sie den Verwundeten pflegte. Aber sie kannte ibren Vater. Sein Zorn hielt nicht lange vor, nnd schließlich würde er zufrieden sein, wenn er sein Kind glücklich sähe. Eben jetzt hörte sie des BatcrS Slimnie im Nebenzimmer. Er unterhielt sich mit dem General und mit dem Arzte in etwa« lauter Weise. Leise erhob sich Gisela und schloß geräuschlos die Thür. Herr Markwardt ging aufgeregt im Nebenzimmer auf nnd ab, wäbrend der General sich von dem Arzt Bericht über daS Befinden seines Sohnes erstatten ließ. „DaS ist alles schön und gut", nahm der Fabrikant dann daS Wort, vor dem General sieben bleibend, „aber sagen Sie mir nur. was ans dieser heillosen Geschichte werde» soll?" Der General lächelte. „Lassen wir der Geschichte ruhig ibren Lauf, Herr Markwardt"» entgegnete er. „Wir andern doch nickt- mehr daran, und ich denke, die Geschichte nimmt einen ganz guten Lauf." „Aber der Name, der Ruf meiner Tochter?" „Run, ich glaube, man wird eS einer Braut nicht übel nehme», wenn sie ihren Bräutigam pflegt" „Ja, aber mein bester Herr General, so weit sind wir doch noch nicht." „Aber wir werden bald so weit sein." „Meine Tochter kann unmöglich länger hier bleiben." „WeSbalb nicht?" „Wenn Ihr Fräulein Tochter den Kranken jetzt verlassen wollte", nahm der Arzt das Wort, „dann könnten darau»
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