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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.09.1892
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-09-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920906013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892090601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892090601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-09
- Tag1892-09-06
- Monat1892-09
- Jahr1892
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A-om»emeirtSprer» 0» H« Haxptqipedttio» oder den im Stadt» kbezirk «tz tz« Vorort« «richteten Aut- »»bestellen, »geholt: vterteliährltch^lschk Tri zwetmaliger täglicher Zustellung tut Haus 5.50. Durch di» Lost bezogen für lDentschland uud Oesterreich: viertel,äbrltch S.—. Direct» täglich» Kreujbandieudun- t»t Autlaud: monatlich >X 0.— Die Morgen^luSgabe erscheint täglich '/,7Uhr, dir Adend-Arsgab« Wochentags b Uhr. Lr-actioa vnk Lrpeditio«: Aahannktsafse 8. Di« lkrpedition ist Wochentag» oaunterbrocheo »eüHut »m, früh 8 bi« «doch« 7 Uhr. Filialen: Ltt» «arti». («Ifretz Har»), Uuiversitättftrab» I« L««is Lösche. Kathariuesstr. 1t. -art. und A-uigsplatz 7. Morgen-Ausgabe. Anzeiger. Okgan für Politik, LocalgesWte, Handels- und GeschMverkehr. JnsertionSpreiS Die 6 gespaltene Petitzeile 80 Reclamea unter dem RedoctioaSstrich (1a«l fpaltea) 50^, vor den Famtliennechrichie» zügelpalteo) 40 Größere Schriften laut uujerem Preis verzeichnis). Tabellarischer und Zlffernsatz nach höherem Daris. Grtra-Vetlage» (gesät,«), nur mit der Morgea. Ausgabe, odne Poslbeförder,», ^ll 60.—, mit Postdejordernng 70.—. Äunahmeschluß für Inserate: Abeod-Auögab«: vormittag» 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag» »Uhr. Sonn- und Festtag» früh '/,9 Uhr. Bei d« Filialen und Annadmeslellea je eut» halbe Stund« früher. Inserat« find stet» an di» Enndtttan zu richten. Druck and Verlag von S. Pol» t» Ltl-jig. » DM. Dienötag den 6. September 1892. 8«. Jahrgang Amtliche Bekanntmachungen. Lekauntmachung. Mit Genehmigung der Königlichen Staat-reglerung und im EinverstSndniß mit der Handelskammer und der Gewerbekammer ollhier habe» wir im Hinblick auf die Cboleragejahr beschlossen, die diesjährig« Michaetismrss» auf die Zeit vom 2. hi» 15. Oetoter »u beschränk»». E» fallen somit diesmal di« s. g. Vorwoche und dl» s. g. Böttcherwoche weg und bleibt die Messe, welche am 2. October ringeiäutet und am 8. October auSgelciutct wird, aus die f. g. Meß- Woche und die s. g. Zahlwoche, deren Donnerstag also der Zahltag bleibt, beschränkt. Mrofltzanhrl wie NIeinhanhel dürfen »rst vo« 2. Lrtodrr Mittags an betrieben werdea. Ten Inhabern der Meßlocale in den Häusern wie den in Buden und auf den Ständen feilhallenden Verkäufern ist das Auspackt» der Maaren vor dem 2. October nicht gestaltet. Die Meßlocale in den Häuser» zum chinpacken über H»N 15. October hinaus offenzuhalten, ist Verbote». Jede frühere Eröffnung, sowie jede- längere Offenbalten eine» solchen VertausSlocale«. ebenso da» vorzritigc AuSpackrn an den Ständen und an den Buden wird, außer der sofortig»» Lchlirtznng jedesmal, selbst bei der ersten Zuwiderhandlung mit einer Getdstrafe bi» zu 75 oder entsprechender Hast geahndet werden. Auswärtigen Spediteuren ist von der hauptzollamlltchen Lösung de» Waarenverschtusje« an bis Ende der Woche nach der Zahlwoche das Speditionsgeschäft hier gestaltet. Leipzig, am 5. September 1802. Drr Math »er Stadt Leipzig. Ile. üleorglt. «ff. Lampe. Lekalllltmachnn-. Die Mesjbörs« für die Lederindustrie tu nächster Michaeli», messe wird nicht Dienstag, den 30. September d. I., sondern Dienstag, den 4. vctadrr d. A., Nachmittag« 2—4 Uhr. im Saal« d«r „Neuen Börse" hier abgehalten werde». Leipzig, a« 5. September 18S2. Der «ath »er Stadt Leipzig. vr. Georgt. Ass. Lamp«. Sekanntmachung. Die Entschädigung für die in Leipzig-Steudnitz vom 2V. Slngnst di» mit 1. September d. IS. in der Konstantin-. Vorvilz-, Feld-, Uotzlgarirn-, Luther-, Stabeth- »nd Äathhausstratzr einquarltert gewesenen Truppen vom König!. 8. Ansantrrtr- Siegtment Sir. 107 kann in den nächsten 14 Tagen bei unserem Quarlieramte, Naschmarkt Nr. 2, im Erdgeschoß link-, Zimmer Nr. 80 erhoben werden. Ter da» Quartierbillet Vorweisende gilt als zur Empfangnahme berechtigt. Leipzig, am S. September 1892. Der Siath der Stadt Leipzig. U'i X/U I348I. Ilr. Georgi. Lauiprecht. Bekanntmachung. Der nnterzelchaet» Verein empfing in den Monaten Juli und August d. I. vo» Herrn Fried,„»lichter Seideman» Sühn» io Sache» I. G. /. «. A., - . - El. S.D. D.. ' ' ' A L. F- - - » B. S. '/- S- M.» . - . P. K V- D. S.; von Herrn Friedensrichter Freyer Sühne in Sachen F. W. D. '/- M. G.; von Herrn Friedensrichter Aua. Stebert Sühne in Sachen H. L. F. 7. L. V-, Geschenk von L. N, Sühn« ta Sachen A. K. 7- L. S-, . - - R. F. /. S. O., - - - R. D. /. L. . . « SS. 7- E- S-, Geschenk von E. H. Sühne tn Sachen A. S. 7- <k- K., - » - P. D. 7- I- I-, - . - H. «. 7. M. Z.. - - - L. F. 7- M. S., - - - T. W. S-S 7- - . . I. W. M. M. 7. von Herrn OScar Prehn, Drogerie zur Flora, Sühn« von Ap. W. in M. t,E., 5 3 2 IS 1ö SO 1 8 S 3 8 3 2 2 3 10 3 3 1b 60 M. P.. M. E. 209 >l. worüber hierdurch dankend quittlrt wird. Der Vorstand des Samariter-Verein». Scho vor, Schatzmeister. Lekanntmachung. Di« die-sährigen Zinsen der Arrge'scheti Stiftung zur Beloh nung treuer und völlig unbelckoliener Dienstbolen, welche mindesten» 20 Jahre hindurch bei einer oder zwei Herrschaften in hiesiger Stadt gedient haben, sind heule mit je 51 -/I an Varalinr Friederike Luise Stenz aus BolkinarSdorf, Lurira Amalie Hartman» aus Dahlen, Anna Marie Schade au» Stahmeln, Johanne Marie Dhoma» aus Braudi», Vanttnc Angnste Schröder au« Ouesip, Wilhelminr Luise Oteisilcr aus Tanneberg, Johanne Strnaie Lchuschke aus Schmiedeberg vergeben worden. Leipzig, am 31. August 1892. Der Siath drr Stadt Leipzig. Id. 3435. vr. Georgi. Ass. Lampe. Lkkanntmachung. Tie Leuchtkraft deS städtischen Leuchtgases betrug in der Zelt vom 29. August bis 4. September 1892 im Argandhrcnner bet ISO Litern stündlichem Eoiisum das 18,7 suche der Leuchtkrast der deutsche» Normalkerze von 50 Millimeter Flammenhöh«. DaS specifische Gewicht stellt sich im Mittel auf 0,438. Leipzig, am 5. September 1882. Des Siaths Deputation zu den vraöaustalten. Diebstahls-Leiunitttmlichung. Gestohlen ivnrde laut bier erstatteter Anzeige: 1) »ine „otdrne Dautcn-Sic»,ontoir-2avo»ctt»ür mit »in. gravirtem Bouquet und dem Monogramm D." auf der Rückseite, mit dem Fabrikzeichen der Nummer 111,470, fest Mitte Juli d. I.: 2) eine goldene Daineu-Reniontoirnlir lHall'-Savonett) mit schwarz emailliter Blumenvcrzierung aus der Rückseite, Fabrik- nummer 67,'."<5 und anhängcnder ^eingliedriger Dalmikrtte mit Quaste, seit Mitte Juli d. I.; 3) eine goldene Anker-Rcmontoiruhr mit Seciinde und breiter kurzer Atckelkette mit ostasrikauischer >«pser«nuie, an, 24. v. M.; 4) ein« goldene Brache mit Gemme, rin« Bacchantin darstellend, am 1. d. M.: b) eine kleine fUderne Slemantatrnhr mit doppeltem Gold, rand, blnmenartiger Gravirung und et»em Schildchen aus der Rückseite und mit der Fabrikvuinmcr 5744, vom 29. August bt« 2. d M.s 6) «in schwarzer Skunkükragen (Stuartsorm) mit schwarzem Atlassuttcr. am 27. v. M.; 7) ein grauer Havelock, mit Pelerine und gefütterten Aermeln und mit der am Henkel cingeuädten Bezeichnung: „8ei,u»tvr I^i,,?.,«" am 29. v. M.; 8, ein Stuck brauner Satin, ca. 30 Meier (Pariser Fabrikat), Ende Juni oder Anfang Juli d. I.; 9) 447, Meter blaue Leinwand, vom 30. Juni bi» 89. v. M.: 10) ein Bällchen Leinwand, seit Mitte Juli d. I.: 11) 5 Stück Pauarauia-Vläsrr. während de« v. M.; 12) ein Fcdcrhattdwagen, 2rädrig, blaugeslrichen, ziemlich groß, am 28. v. M.; 1» 2 alte nnd 4 jung« Tauben «ud L Tauberte vom 29. bis 30. v. M.; 14) ein ausgrschlachtete» halbe» Schwein, ohne Keule, am I. d. M. Etwaige Wahrnehmungen über den Verblieb der gestohlenen Gegenstände oder über den Thäter sind ungesäumt bei unserer Eriminal- Abtheilung zur Anzeige zu bringen. Leipzig, am b. September 1892. Das Polizei««»» der Stadt Leipzig. Bretschneidrr. N. Steuer-Zuschlag ;ur Deckung des Äufwaudes -er Handelskammer. Die Handelskammer hat beschlossen, zur Deckung ihre» ver- waltiingS-Auswandes, einschließlich de» Au,wände» der Börse, von denjenigen Kausleuten und Fabrikanten in Leipzig und in, Bezirke der An.tshauvtinannschast Leipzig, welche in Spalte «i des Ein- kominensleuer-LatasterS (Einkommen aus Hantel, Gewerbe u. s. w.) mit mindestens 1900 ^l ringeschäht sind, für das lausende Jahr einen Steuer-Zuschlag von vier Pirnnig ans jede Mark des- jenigen Steuersatzes, welcher nach der in 8. 12 de» Einkommen- steuer-GesetzcS enthaltenen Scala aus daS tn Spalte ü des Ein- lominensteuer - Kataster« eingestellte Einkommen jedes Beitrags pflichtigen entfallen würde, mit Lei» aus den 80. September d. I. anstehenden Hebetermin erbeben zu lassen, uud es wird dieser Zuschlag hiermit ausgeschrieben. Leipzig, den 22 «Ujiiist 1892. Drr Vorsitzende »er Handelskammer. Lchnoor t. «. vr. Gensel. S Lekanuttliachung. Zu der am II. t>. in. des Nachmittags siatlsindenden Glockcnwcihe werden olle liebe» Glieder unserer Kirchgemeinde bierdurch freund- lichst ringeladen »nid zugleich herzlich gebeien, ihre Freude au dieser Fe»r durch Schmückei: der Häuser kund geben zu wollen. Leipzsg-Boltmarsdvrf, den 2. September 1892. Der «irchenvo»stand. Freiwilliger verkauf. Aus Antrag der Eiben des Herr» vr. Karl Alexander Ludwig Reichel in Blauenlhal soll das zu dessen Nachlass» gehörige, in sehr schöner Gebirgsgegend und l art au der Post- und Etsenbahn- staiion Blauenlhnl gelegene Bcsitzldiini, Folien 1, 2 »nd 3 des Grundbuchs sür Uiiierblamnthal, von 126 tm 90,1 a Wald, 53 In» 5,4 a giiicin Ackerboden, 53 tu» 19,3 n WässeruiigSwiese» inil bcdeu- trnden Wasscrlraslcii, drei Hvlzichleiscreten, Braueret und Brennerei, auch Hvchwildsogd und Fiicherei, am «. Lrtobrr 1802 Nachmittag» 8 Uh« im diesigen Gericht-sgebäude versteigert werden. Gebote können auch vor dem Termine schriftlich angebracht werden. Die klaufsbedinguiigen sollen im Termine bekannt gemacht werden, werde» aus Verlangen auch vorher schriftlich inilgeldcilt. Naher» Auskuiist über da» Bcsttzlhui» gicbt Herr Walther Reichel in Blauciithal. Eibenstock, am 2. September 1892. Köntgltch Sächsisches Amtsgericht. Kautzsch. Zur ittueren Lage. Die gegenwärtige Lage bat große Aebnlichkeit mit der jenige», welche die l!»ibringnng tcS BvlkSschulgesctzenlwursS im prenß 'chcn Landtage erzeugt hatte. Damals ging von pro- tkstanlischer Seil der Versuch aus, die 2chulc kirchlich zu resorniiren und zu o,aanis»c», und die natürliche Folge dieses Streben« war die (Lcnsessioualität drr Schule. Das ist der Pnnct, an welchen» jetzt die Vertreter de- CentrumS einsetzcn, um eine neue Auflage der Schulgesctzreform zu erreichen. Al- Mittel zur Wiederaufnahme der von den Miltclpartrien abgelchntcn Vomllhungen der preußischen ,'kegxrung, ein beiden christlichen Konfessionen genehme» Bolksschulgcsey zu vereinbaren, dient der Ausspruch de» Grasen tLaprwi: , Christlich oder atheistisch. * DaS war der Weckruf, unter dem sich die Veranstalter der Mainzer Katholikenversaninilung zusaninicnfanden und den sie in allen Modulationen wiederholten, um daraus die Nvthwendigkeit der Christianisirung der Schule zu erweisen. Das Centrum beschränkt sich heule nicht mehr aus die Forderung, die Volks schule dein Machtaebot der Geistlichkeit zu unterwerfen, sie strebt weiter hinaus, sie will auch die höheren Schulen von der Kirche abhängig machen, die Universität soll in Zukunft nur von jungen Leuten besucht werten, die in consessionellen Gymnasien vorgebildet sind, die Geistlichkeit soll nicht nur das entscheidende Wort in der Volksschule führen, sondern ihren Einfluß auch in den höheren Schulen zur Geltung bringen. Herr v Schorlemer-Alst bereitet auch diese Action durch die Frage vor: „Ist eS weit vom Umglaubcn der Hoch schulen für die Gebildeten bis znm Atheismus der Social- dcmokratie'?* Es soll also, nach der Meinung der Herren vom Centrum, in Zukunst dafür gesorgt werden, daß der Unglaube aus den Hochschulen gewaltsam entfernt werde, und daß dort nur eine Ställe sür gläubige Seelen zu finden sei. Solche» Gewissenszwang kan» auch der gläubige Vertreter der Wissen schaft nicht wünschen. Ter Glaube ist etwas SubjectivcS, das sich nicht künstlich erzeugen »nd nicht ausrottcn laßt, wo eS vorhanden ist; die Zeiten der Inquisition und der Ketzergerichte sind rnkgiltig vorüber, man kann daraus heute nicht mehr zurückgreisen. DaS aber ist nnzwciselhast, daß kein Fortschritt, leine Errungenschaft der Wissenschaft dazu führt, den Glauben an Gott zu zerstören. Der Gegensatz zwischen Chrislentbum und Atheismus in dem Sinne, wie ihn Gras Caprivi versteht» ist keineswegs vorhanden, wcnn auch zugegeben werden darf, daß eS nicht Jedermann» Sache ist. sich über seine» Glauben nach einem bestimmten Schema auSznweisen. Bischof Hafiner ertlart. daß PiuS IX. die gebciinnißvollcn Mächte der katboiischc» Kirche entfaltet und das Papstlhum populär gemacht habe. Dieser Ausspruch kann sich nur auf die Dogmen von der unbcslcckten Empsängniß und der päpstlichen Unfehlbarkeit in Glaubenssachen sowie aus den Primat des Papste» beziehen. WaS Bischof Hassner aber Popularisirung des PapstthumS nennt, ist gleichbedeutend mit Herrschaft dieser Einrichtung über die gesammte Christenheit. Der Mangel einer festen Organisation der evangelischen Kircke bat sich noch nie zuvor so klar herauSgcstellt und ^ur Abhilfe angeregt als ,eyl. Der Ucbermutt, und die Herrschsucht der CeulrumSpartei stützt sich zum großen Theii aus diesen Mangel auf protestantischer Seite und auf die daraus sich ergebende Unfähigkeit, den entgegengesetzten Standxunct mit voller Wucht zum Ausdruck zu bringen. An Wahrheit der religiösen Ueberzcugung, an Innerlichkeit dc» kirchlichen Lebens sind die Vertreter des Papst thumS der protestantischen Kirche keineswegs überlegen, sondern nur durch die Organisation, und diese spiele» sie jetzt als Trumpf aus gegen den Protestantismus. Sie wollen sich die Schule unterthan machen, weil sie wissen, daß die Consessionalität im protestantischen Lager niemals den Grad von Schärfe annehinen kann wie im katholischen. Der Grundgedanke des Protestantismus ist die Freigabe der Forschung unbeschadet der Religiosität, während der Katho- lieiSmu» die Knebelung te- Geistes durch «in« ganze Reihe von Dogmen al« Grundregel betrachtet. Bevor Pius IX. das Papstlhum „populär" gemacht hat, bestand i» Deutschland ein freies Geistesleben, das von protestantischem Geiste erfüllt war. Wir haben dieser geistige» Freiheit die Blüthe unserer Literatur zu verdanken, wie sie sich unter Lessing. Schiller und Goethe entwickelt hat. D>c Popularisirung des PapstthumS wird solche Ergebnisse niemals zu Tage fördern, die blinde Unterwerfung unter päpstliche Machtfprüche, wie sie sich unlcr der Führung Pius' IX. gezeigt hat, kann wohl die große dculträge Mane gewinnen, aber niemals den bestimmenden Thcil einer hochgebildeten Ration wie die deutsche. Wir wollen aus dem Wege forlschrciten, den nn» Luther, Friedrich der Große und unsere großen Dichter gewiesen habe», wir wollen die deutsche Wisscnschasl hochhallen und der Religio» des Herzens volle Freiheit gewähren, aber wir widerstreren einer Entwickelung, welche Las Geistesleben de« deutschen Volkes an bestimmte Formeln fesselt. Es ist das ein vergebliches Beginne»; die maßgebenden Theile unsere« Volkes lassen sich nicht geistig knechten, und da- deutsche Volk bat eine entschiedene Abneigung gegen dir Vereinigung von Religion und Politik» möge sic auch auS- grsprochenermaßen den Zweck verfolgen, dem Umsturz, welche» die Socialtemokratc» planen, entgegen zu wirke». Heute kommt ein bekannte» Wort de« frühere» päpstlichen Nuntius in Paris, Meglia, wieder zu voller Wirksamkeit, welches lautet: „UnS kann nur die Revolution helfen." Da« A und O aller Reden auf dem Mainzer Kalholikencongreß war der Alarmrus, daß der Umsturz an den Grundsäulen des deutschen Reiches rüttele. Nun, diese Umstnrzgefahr bat die CeulrumSpartei zu einer Höhe dcö Selbstgefühles und zu einer Stufe der Anmaßung gesührt, die bisher noch unerreicht war» und deshalb ist es an der Zeit, das deutsche Volk daran zu erinnern, daß der deutsche Bundesstaat ein wesentlich protestantischer Staat ist. Die deutsche Bevölkerung hat mit dem Papst in Nom absolut keine politische Verbindung, sein Streben nach territorialer Unabhängigkeit findet bei »nS kein Verstänbniß, bie deutschen Katholiken »» wahren Sinne dcö Wortes erblicken im Papst nur ihr kirchliches Oberhaupt. Dahin ist die öffentliche Meinung in Deutschland stets gerichtet gewesen, und e« ist nolhwciitig, daß dieler Standpunct auch aus kaldolisckier Seile mit voller Kraft geltend gemacht wird. Unser staatlicher Mittelpunct liegt in Berlin und nicht in Rom; die Mehrheit der Nation ist eingeschworen auf cm protestaiitisch-welllichc- Kaiserthum. * Deutsches Reich. lD Berlin, S. September. Trotz der Prophezeiungen der Herren August Bebel und Friedrich Engels, daß der „morsckic und faule Bourgeoisstaat" noch in diesem Jahrzehnt durch den socialdemokra tischen Volksstaat werte abgelöst werbe», suchen sich die der Socialdemokratic angchörendcu Arbeiter immer häuslicher in dem gegenwärtigen Staate einzurichten. Beweis hierfür: die von ihnen nach den Lehren Schulze Delitzsch' gegründeten P r v d u c t i v - G e » 0 s se n- schaftrn, Consum-, Spar- und ähnlichen Vereine. In jüngster Zeit vergeht kaum eine Woche ob»e eine solche Gründung; soeben haben die Bergarbeiter im Tortninnder Revier eine Consnm - Genossenschaft i»S Leben gcrusen. Die Productiv-Genosseiischasten mit Control- marke vermchreu sich in gleicher Weise. Vor drei Jahren Feuilleton. Die russischen Mädchengymnasien. von Lheod. Herm. Lauge. A«ch»r,a versete». (Schluß.) DaS Schuljahr beginnt an den Mädchengvmnasien Ende August, d. h. uach Beendigung der großen Ferien. Diese grcgcn Ferien (Sommerfcrien) währen vom 23. bez. 24. Juni bis 20. bez. 21. August, die Weihnack't-ferien vom 23 Dec. bis 15. Januar, die Pfingstferien drei Tage und die Oster ferien zwei Wochen. Herbstferien giebt e< nicht. Dazu kommen noch sehr viele kirchliche Festtage, an denen kein Unterricht stattfindet; ferner die sogen. Galatage (GcburtS- und Gedenktage in drr kaiserlichen Familie), an denen gleich falls der Unterricht auSsällt. Bisweilen findet am Schluffe des Schuljahre» rin gemeinschaftlicher AuSmarsch bez. Ausflug statt. Ja Petersburg marschiren hin und wieder ausgewählte Schülerinnen au« jeder Claffe (besonder- fleißige und frlgsame Mädchen) auf »inen Paradeplatz, falls dort der Kaiser sich »eigen sollte. Indessen kommen die AuSmärsche be; Ausflüge seit den letzten Jahren immer weniger vor. Gemeinschaiiliche Spaziergänge mit deaKehreru und Elaflendamen sind nicht Sitte. All» siebe» Elassen haben IahreScnrsu«. Länger al« zwei Jahre darf kein« Schülerin in einer Elafs» bleiten. Ebenso ist e« nicht zulässig, daß sie nach einander je zwei Iabre in zwei Elasten verbleibt. Derartige Schülerinnen werden einsach vo» der Anstalt verwiesen. Tie Schlußprüfungcn beginnen regelmäßig im Frühjahr (Mai und Juni) und enden erst mit Beginn der großen Ferien. In der ersten, dritten »ud fünften Claffe wird nur schriftlich, in der vierten, sechsten und siebenten Claffe schriftlich uud mündlich geprüft. Fällt bei der schrist- lichen Prüfung eine gute Schülerin in nur zwei Fächern durch, so wird ihr gestattet, nack den große» Ferien, am Aniangc des neuen Schuljahres, in den betreffenden beiden Fächer» eine Nachprüfung zu bestehen. Bei Schluß der Prüfungen wird ein Festact mit Gesang, russischen und sranzösischen, bez.'.russischen und deutschen Deklamationen abgehatie». Es werden die „großen" Censurcn verlese», bez. vrrtbeilt. Tie „kleinen" Censurcn werte» alle Vierteljahre vcrtheilt und die Abiturientinnen erhalten ihre Zeuaiiiffr, bez. auch BücherprLmien, silberne und goldene Medaillen re. Aber auch an die anderen Schülerinnen werten, wie bereit« angedeutet, Bllcherprämicu, vereinzelt auch Medaillen, ver- lheilt. Allen Schülerinnen der siebenten Claffe werden Ein trittskarten für ihre Eltern behäntigt. Ebenso dürfen auch diejenigen Eltern den Prüfungen beiwohnen, deren Tochter dabei prämiirt werden. Die Lehrer, Lehrerinnen und Schüle rinnen drr siebenten, also bekanntlich der höchsten Claffe, ebenso alle Claffendamen de» GvmnasiuniS. werden bei riese» Prüfungen mit Kuchen, Cbocolade und Thee bewirtbet Dir schriftliche« Prüfungen drr Abiturientinnen finden übrigen» unter drr allersirengsten Aussicht statt. Irr« Sck'ülerin sitzt an einem besonderen Tische, damit kein Betrug erfolgen kann. In der Aula gehen die Claffendame, der be- trcsscnde Lehrer, ein zweiter Lehrer »nd die Tiieclrix, oft auch noch ein dritter Lehrer inspicircnd aus und ab. Bei den inünd- lichen Prüflingen werden in der Geschichte, Geographie, Literatur, Mathematik u. s. w. soviel Prüfungsabschnitte gewählt, als Prüflinge vorhanden sind. Sind beispielsweise 20 Schülerinnen zur Prüfung ziigclassen worden, so werden 20 Hauptfragen bez. 20 Themen gestellt und die Schülerinnen zieben dann durch das LorS ihre Frage, die sie beantworten ittüsscn, bez. das Thema, das von ihnen erläutert werden soll. Es geschieht dies aus dem Grunde, damit die Eltern die Lehrer nicht vorher bestechen und die Schülerinnen bereits vor der Prüfung wissen, wonach sic gefragt werden. Wie alle russische» Beamten, haben auch die russischen Gyniiiasiallehrcr ihre schwache Seite »nd besonder« die orren Direktoren. Es werden nämlich stet- mehr chülcrinnen zur Ausnabme in die Gymnasien angemeldet. al» wirklich ausgenommen werden können. Außerdem ist das Maximum der Zahl der Schülerinnen sür jede ein zelne Claffe vom Schuleuralor des belreffenden LehrbezirkS streng vorgeschriebe». Oft muß infolge dessen ein Vater, der seine Tochler ausgenommen haben will, seine Eingabe an den Gyninasialdireclor entsprechend „beschweren". Es kommt indessen nicht selten vor, daß ein Vater seinem Schreiben an den Tirector 150—200 Rubel beilegt und dir Tochter trotz dem nicht ausgenommen wird, weil ein anderer Vater 250 Rubel geschickt hat, besten Tochler dann natürlich Aus nahme findet, viele Direktoren erwerben sich aus diese Weise in wenigen^-Iabren ein großes vermögen. Auch Lebrer lasten sick> öfters bestechen, uni gute Censuren a»Sz»stcllen. Die russischen Gerichte haben deSbalb schon wiederholt der artige gewissenlose Pädagogen z» längere» Gesängnißstrasen verurtbeilcn müssen. Doch muß auch bervorgehobcn werde», daß e» eine ganze Reihe durchaus unbestechlicher Direktoren und Lebrer giebt. Es fragt sich nun, WaS wird auf ben russischen Mäbchcn- gvninasien geleistet? Ebe ich indessen dieser Frage näbcr trete, will ich bemerke», daß bisher an den russischen Mätchc»- gymnasien kein lateinischer und englischer Unterricht ertbeilt wurde. Für die jungen Damen, welche beispielsweise an einer ausländischen Universität Medicin stndiren, macht sich die Unteiintniß des Lateinischen anfangs sehr »nangcnebm fühl bar. Sie müssen alle nachträglich und möglichst schnell sich noch eine gewisse Kenutniß der lateinische» Sprache aneigncn. Die Uiikeiiiitiiiß dc« Englischen hat schließlich nicht so viel zu sagen. Ganz neuerdings ist nun an einigen russischen Mädchcn- gymnasic» da» Lateinische mit in den Lehrplan ausgenommen worden. Dir kleinen Mädchen, welche sich zur Ausnahme in die vo>- bercilungSclaffe melden, ninffen vor Allen, geläufig russisch lesen können. Außerdem müssen sie verstehen, kurze Sätze im Rujsischrn zu bilden, eine durck'gelcsene Erzählung wieder zu geben, die vier SpecicS verstehen, da» groß« und kleine Einmaleins gelernt haben und Kenntnißvcir de« bekanntesten Eaptteln der biblischen Geschichte (Altes »estameat
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