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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 17.09.1892
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-09-17
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920917018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892091701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892091701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-09
- Tag1892-09-17
- Monat1892-09
- Jahr1892
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k» d« Hauptrxpeditto» oder den im Stadt bezirk und den Vororten errichteten Sv«, gabesteüeu abgeholt: vierteljährlich 4.50, bei zweimaliger täglicher Zustellung int Hau« » b.bö. Lurch dt» Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vterteliäbrlich S.—. Direct« tägllche ikreuzbandjenouug tu« Ausland: monatlich 9.— Morgen-Ausgabe. Die Morgen-AuSgabe erscheint täglich'/,? Uhr, di« Abeud-LuSgab« Wochentag« b Uhr. NrLaction vnL Ernr-itura: Johannes,asse 8. Dir Enieditioa ist Wochentag» ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi« Abend» 7 Uhr. /Male«: ktt« Kl«««'» Sortt«. (AlfreH Hahn), UchMr.TMblaü JnsertivnSpreiV Die 6 gespaltene Petitzeile LS Pfg. Necl amen unter demRedacttonSstrlch (Igel spalten) 50-g, vor de» Famiiienaachrlchte« tk gespalten) 40 Grössere Schritten laut unserem PrtlS- verzeichuib- Tabellarischer und Zissernsah nach höherem Tarif. Anzeiger. Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit bei Morgen - Ausgabe, ohne Postbesörderung 60.—, Mit Postbesörderung 70.—^ Annahmschluß für Znserale: Abend-Ausgabe: vormittag« 10 Uhr. Morgen-AuSgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Sonn» und Festtag» früh '/,S Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eint halbe Stunde früher. Juserat« sind stet» an die Sktzetztttaa zu richten. Laut« Lösche, Katharinnistr. 14, pari, and SöulgSplatz 7. Organ für Politik, LocalgeMte, Kandels- «nd GeMtSverkehr. Druck und Verlag von S. Pol, in Leipzig. 178. Sonnabend den 17. September 1892. 88. Jahrgang Zur gefälligen Beachtung. Unsere Expedition ist morgen Sonntag, den 18. September,! Bormittags nur bis V-V Uhr geöffnet. LxpoüMvi» lies l^etprlxer 'luxedlLttes. Amtliche Bekanntmachungen. In Gemäßheit de» 8- 1 der Vorschriften für die Autsüürung! von Anlagen zur Benutzung der städtischen Wasserwerke von, k. Februar 1888 machen wir hierdurch bekannt, daß der Klempner Herr Georg Ztltack, Liebigslraße tztr. 0, zur Ueberuahme solcher Arbeiten bei unS sich angemcldet und den Besitz der hierzu erforderlichen Vorrichtungen nachgewieseu hat. den 15,. Levtember 1893. Bekanntmachung. Angesichts der in Hamburg und in Rußland noch imincr fortdauernden Chaleraepidemie nnd der durch die Mittheilungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts bekannt gegebenen zahlreichen Verschleppungen der Krankheit nach anderen Lrten haben wir uns zu dem Beschlüsse genöthigl gesehen, die diesjährig- Miehaelismesse ganz ausfaUen zn lassen, und eS hat die Königlich Sächsische Staatsregiernug hierzu die erforderliche Genehmigung ertheilt. Leipzig, am 12. September 1892. Ter Rath der Stadt Leipzig. In. 3859. ve. Georgi. Ass. Lampe. Leipzig, den 15. September 1893. Der Rath der Stadt De. Georgt. X. 5S60. olfram. Die bei dem hiesigen Leihhaus« in den Monaten Oktober, November und December 1891 versetzten oder erneuerten, aber nicht wieder ringelösten Psänder sollen »am 1. Novcmver 189B ab im Erdgeschosse de« Leihhaus«« öffentlich versteigert werden. Da» EtnISsen und Versetze» anderer Psänder findet während der Auktion von früh 8 bt« Nachmittag L Uhr in de» gewöhnlichen Räumen stntl. Leipzig, den 16. September 1893. Dr» «attz» De»»«««»« f»r ««ttztzauS und Sparraffe. Lekanutmachuug. Die ferner« Ausgabe von Sqnagogenkarten findet Sonntag, de« 18. September, 10—13 Uhr Vormittags in der Gemrindekanzlei (Synagogengebäudr, 1 Treppe hoch) statt. Wir bitte», bei Abholung der «arten die bisherigen Karten und die diesjährigen Grmrtndesteurrauittuugen «itzubrtngen. Leipzig, 16. September 1892. Der Vorstand der Israelitischen Religion-gemeinde zu Leipzig. Troffherzogthn« Snchsen-Wetmar. Verkauf von ttothbuchen-Nutzhol). In dem Sroßherzogl. Forstrevier Ettersburg, Abtheilung 6, Großer Ettersberg, solle» ca. NS- ob» Nothbuchea-Nn-holz, welche km MrthschastSjahr 189 393 zum Einschlag kommen, auf dem Weg« d«S schriftlichen Aufgebote« verkauft werden. Die Hölzer befinden sich ««. 8 bt« 9 Icm vom Bahnhof Weimar entsernt, und werden dieselben auf verlangen von der Sroßherzogl. Forstrevlek- verwaltuna zu Ettersburg bei Weimar vorgezeigt. Die Gebot« find auf da« Kubikmeter nach Maßgabe der BerkausSbedingunge», welche bei der aeuannten Sroßherzogl. Forstrevtcrverwaltung clnaesehen oder von der Unterzeichneten gegen Einsendung einer Gebühr von 60 bezog«» werden können, schriftlich und verschlossen mit d«r Aufschrift „Gebote auf Buchennutzholz" versehen bi» zum 13. Oktober o. I. bei der Großhcrzogl. Forstinspcction hier ein- zu reichen, «ad tst dabei ausdrücklich zu «rklürea, daß dir Vtet«r den BerkausSbedingungen sich unterwirft. Dt« Eröffnung d«r Schreiben findet Freitag, ben 14. vctaber N. I-, vormittag« 10 Uhr in dem Geschäftszimmer der Unterzeichneten statt. Dir Auswahl unter den Bietern wird dem Großherzogl. StaatS-Mtutstitum, Departement der Finanz«», vorbehalttu. Weimar, d»u 14. Eqettmber 1892. Die Sratzherzagl. SSchs. Aorstinfpectta». Zur interuatiottolen Lage. Der europäische Friede ist seit nunmehr 22 Jahren »n- angetastct geblieben, denn der russisch-türkische Krieg der Jahre 1877 und 1878 ist zwischen beiden Gegnern allein auSgekämpfl worden und hat den Zustand in Europa nicht wesentlich verändert. Selbst die Frage, ob die Türkei auS diesem Kriege geschwächt hervvrgegangcn sei, kann nicht ebne Weiteres bejaht oder verneint werden, denn wenn die Türkei auch an Gebiet Einbuße erlitten hat, so ist sie durch den Krica inner lich gckräftigt worden und hat aus der Balkanhalbinsct Bundes genossen gewonnen, die ihr früher nicht zur Seite standen. Abdul Hamid s ruhige, besonnene und zugleich feste Regierung hat viel zur Verbesserung der Zustände in der Türkei und zur inneren Sammlung des ganzen StaatSwesenS beigetragen, so daß schon aus diesem Grunde eine Erneuerniig des russischen Angriffes kein Unternehmen ist, daö leichten Herzens begonnen werde» konnte. ES kommt hinzu, daß ei» neuer russisch-türkischer Krieg schwerlich aus die Balkanhalbinsel beschränkt bleiben, sondern sich wahrscheinlich zu einem europäischen Kriege er weitern würde, weil LebenSinterrssen Oesterreich-Ungarns dabei in Betracht kommen und weit England auch ein Wort mitzureden bat, wenn der Besitz Konstantinopels in di« Hände Rußland« übergehen soll, mag auch Lord BereSsord erklärt haben, daß heute Kapstadt an die Stelle Konstantinopel» als Welthandel-Platz -«trete» ist. Im Herzen Europas Wird der AuSbrach eine« allgemeinen Kriege« dadurch verhindert, daß Frankreich und Rußland noch keine Sicherheit darüber gewonnen haben, ob sie dem Dreibünde rnilitairisch gewachsen, womöglich über legen sind oder nicht, und dann bleibt außerdem die Frage offen, ob England neutral bleiben odir mit dem Dreibund gehen wird. So liegen die DAige, wen» wir von der augenblicklichen Lage absehcn, welche durch die HungerSnoth in Rußland und durch die Cholera vcr ursacht ist. Beide scindlichen Kräfte sind vorübergehender Art, wenn sie auch in ihren Folgen und Wirkungen vorläufig unübersehbar sind. Die internationale Politik rechnet mit ihnen nur soweit, als dadurch eine Verschiebung in den Machtverhätlnissen bedingt wird; eine solche ist freilich zeit weise eingetreten, aber der Zweibund nimmt an, daß diese Wendung vorübergeben und daß bald Alles wieder in das gewohnte Glei« zurückkehrrn wird. Für eine Bevölkerung« maffe von hundert Millionen, wie sie unter dem Scepter des Zaren vereinigt ist, will cS nach dieser Ausfassung wenig bedeuten, ob einige Hunderttausend, vielleicht auch eine Million durch Hunger und Krankheit verzehrt werden, e« bleiben immer noch hinreichende Mittel und Wege übrig, um diese« Ausfall zu ergänzen. Au« diesem Grunde wird auch der Aufnahme, welche das französische Geschwader in Genua gesunden hat, eine Bcdcu tung beigeleat, die ihr gewiß nicht zukommt. Daß Frankreich durch drei stolze Panzerschiffe und einen Kreuzer i» Genua vertreten war, während Deutschland sich an der Sendung dcS KreuzrrS „Prinzeß Wilhelm" genügen ließ, mag äußerlich den Eindruck gemacht baben, als ob Frankreich bei der EolumbuS fei» die erste Stelle unter den fremden Nationen ein nehme, an den Machtverhältnissen Europas ist dadurch nicht geändert worden. Feste gehen vorüber, Bündnisse bleibe» bestehen, und wenn Frankreich im Hafen von Genna einen theatralischen Erfolg davongetrazcn hat, der Deutschland ver sagt blieb, so wird dadurch nicht- an der Sachlage geändert, die Italien in einem französischen Kriege die Bundesgenossen ! schaft Deutschland» sichert und umgekehrt, vorausgesetzt, daß 1 die Franzosen die Angreifer sind. Mag aber auch die Wirkung derartiger demonstrativer Perbiingcn bei der jetzigen Lage der Dinge eine verschwindende ein, so ist die Ab siebt, die solchen Vorkommnissen ru Grunde liegt, immerhin bedeutsamer, al« sie dem flüchtigen Beobachter erscheint; denn die Veranstalter arbeiten snstcmatisch auf ein bestimmtes Ziel hin, das früher oder später gewaltsam a„- testredt werten soll. Durch leere Ausflüchte, wie angedliche Wiederherstellung dcS gestörten europäischen Gleichgewichts, kan» uns di- klare Erkeniitniß der Sachlage nicht verdunkelt werten, wir wissen ganz genau, was wir von solchen Redens arten zu balle» baben. Aber wir dürfen auch die Gcsabr nicht überschätze». Rußland besindcl sich nicht bloS tbcilwcisc sondern seiner ganzen Ausdehnung nach in einer schwere» -lothlage, und der R'vtbschrci eines Russen über die lieblose Behandlung seines Vaterlandes durch die deulschc Presse, den wir jüngst an dieser Stelle besprachen, ist ein charakteristisches Mertmal der Lage. Natürlich ist cS de» Russen sehr ,in- angeiicbm.wenii sic Treu und Glauben bei den civilisirlcn Völkern Europas völlig ciiigebüßt haben; wir nehmen auch Frank reich davon nicht auS, weil die heutigen Kuntgcbungc» der öffentlichen Meinung in Frankreich über Rußland nur oum N'kiil, «-ali» zu versieben sind, nicht als der wahre Aus druck der herrschenden Ucbcrzeugung. Die Franzosen brauchen die russischen Soldaten, um ihre bi« zum Jahre 1870 in Europa eingenommene Stellung wieder zu gewinnen, und deshalb entschließen sie sich, etwa« öffentlich für weiß zu erklären, daö ihnen, ihrem ganzen Wesen und ihrer Vergangen heit entsprechend, nur als schwarz erscheine» kann. Also trotzdcrHnngerSiioth i» cincmThcileRußlandSundtrotz der Cholera, die über de» größeren Theil Rußlands verbreitet ist, fahren die Franzosen fort, ihre russischen Freunde zu hätscheln und ihnen zu schmeicheln, weil sie hoffen, daß bald der Tag erscheinen werde, an welchem die europäische Gesammtrechnung beglichen werden kann. Wir boffen daS Gcgcnlheil, wir glauben, daß die Abneigung gegen eine kriegerische Ent scheidung über die Zukunft Europas niemals großer gewesen ist als gerade jetzt. Daran sind nicht etwa die Friedenö- congresse von Rom und Bern, ebensowenig die Begeisterung der Frau Baronin von Suttner für die Sache dcS Friedens schuld, sondern die Lage der Verhältnisse, welche dhnaslische und Machtinteressen in den Hintergrund drängt zu Gunsten der Sicherstellung und Befestigung der inneren staatlichen Zustände. Der SocialiSmus ist eine Frieden erhaltende Kraft, nicht weil dcr Bvlkrrfriede und die gemeinsamen internationalen Interessen der Socialistcn aus dein socialistischen Programm eine hervor ragende Stelle einnehincn, sonder» weil der SocialiSmus eine gemeinsame Gefahr für alle Errungenschaften der Ver gangenheit bildet, an denen alle civilifirtcn Völker irgend welchen Antheil haben. Der SocialiSmus ist ein erklärter Feind aller staatlichen Entwickelung aus der Grundlage der bestehende» Verhältnisse, er will die Herrschaft der Besitzlosen, dcü Prole tariats, a» Stelle der Herrschaft der Besitzenden anfrichten nnd zerstört damit selbst den Boden, ans dem die große Mehrzahl der Mensche» siebt. Dieses Streben ist aber nicht aufrichtig gemeint, cg ist nur daS AnSbängeschild für eine sehr erhebliche ZwangSbestciiernng des Besitzes. Wir lasse» diese Frage aus sich beruhen, weil sie über den Nabmcii der uns heute gestellten Ausgabe hinauSgreift, aber cS ist sicher, daß der SveialiSmnü eine große Frieden erhaltende Kraft, ganz unabhängig von seinen angebliche» Zielen und seinem Willen besitzt, weil die Völker ein gemeinsames Interesse a» seiner Unterdrückung haben. * Deutsches Reich. 1s: Berlin, 10. September. Den socialdemokratischen Führer» ist kaum etwas uiiaiigcnebincr, als wenn der Ver- »ch iiiiternommcn wird, ans dem Wege der Gesetzgebung zur Kräftigung der staatSerhaltende» Elemente der Bevölkerung beizntraac». Man kann auch sicher sein, daß, falls von olchen Versuchen etwas verlautet, die socialdemokratischen Blätter sich sofort darüber in gehässigster und absprechendster Weise äußern. Dieses Schicksal habe» neuerdings die AnS- uhruiigcn crfabre», welche wir über die Frage der Kräftigung deS Handwerkerstandes durch Organisation und Besserung dcS LcbrliiiaSwesenS veröffentlichten. DaS socialdcmokratischc „amtliche" Parteiorgan gcräth darüber rein auS dem Häuschen. Nun kann man ja immer sicher sein, sich auf dem rechten Wege zu befinden, wenn die Socialdcmokratie rin Vergeben zu verspotten versucht. Man brauchte deshalb auch überhaupt nicht ans die Einzelheiten solcher social- demokratische» Auslassungen einzngekcn. Indessen wird in dem betreffenden Aussatze de« socialdemokratischen Partei organs wieder ein Märchen ausgewärmt, daS man, wo immer cö auftritt, stets von Neuem zurückweisen sollte, daö Märchen vom Verschwinden der Mittelclasscn im All gemeine» und deS Handwerkerstandes im Besonderen. Die Erzählung von dem vc .igen Aussangen des Handwerks durch die Industrie ist eines der ältesten Nüstzeuge der Socialdemokratie, ist aber nichtsdestoweniger oder vielmehr gerate deSbalb grundsalsch. Seitdem dieser AnSsprnck rum erste» Male austauchte, sind mehr als 20 Jahre verflossen. ES ist dies gerade die Zeit, in welcher i» Deutschland die in dustrielle Entwickelung außerordentlich schnell vor sich gegangen, ist. Trotzdem besteht daö Handwerk ruhig weiter, weil eö eben eine ganze Anzahl vvnArbcilSzwcigcii giebt, die niemals von der Industrie werden übernommen werden können. Allerdings hat die Industrie dem Handwerk einige ArbcitSzweige entzogen, in denen sic bessere und billigere Erzeugnisse liesein kan», und cS wäre möglich, za nach der Steigerung, welche die in den RechnungSergcbnisien der VerusSgcnvssciischaslci, aufgeführtcn Arbeiterzahle» während der letzte» Jahre erfahren haben, sogar wahrscheinlich, daß daS Handwerk an Ausdehnung etwa« eingebüßt hat und daß, wenn man mit der Bolkszählung vom Jahre 1890 auch die beabsichtigte Gcwerbezählung vor- genonlmen hätte, ein von der Beruf-statistik de« Jahres lS82 in diesem Puncte abweichendes Ergebnis, herauSgekommen wäre. Nichts aber beulet darauf, daß diese Abnahme eine irgendwie beträchtliche ist. Man wird deshalb dem Handwerkerstände in unserem WirtbschaftSlebcn eine ähnliche Bedeutung wie vorher ziiinesse». Nur wird man bei der Ausarbeitung neuer gesetzlicher Maßnahmen de» allgemeinen veränderten Zeitverhältnisscn Rechnung trage» müssen. DaS Handwerk selbst aber wird gleichfalls gut tbun, nicht auf Forderungen zu bestelle», deren Durchführung nur in ver gangenen Zeiten zweckmäßig war, sondern ohne Vorein genommenheit an die Prüfung derjenigen Maßregeln beran- zutrrten, welche für dasselbe unter Anpassung an die all gemeinen ErwerbSvcrhältnisse getroffen werden sollen. Berlin, 10. September. Es ist ergötzlich, wie die frei sinnigen Blätter bei ihrer Forderung der Einsü-Hrung de« gleichen directen Wahlrechts für da« preußische Abgeordnetenhaus sofort Angst bekommen und stutzig werden, wenn Jemand die weitere Consequenz zieht und diese» Wahlrecht auch für die städtischen Vertretungen fordert. „DaS ist ganz etwas anderes", pflegen wir.dann zu höre». Eine Einrichtung, die man in dem einen Fall al« gänzlich überlebt und »ingerecht behandelt, wird in dem andern Fall plötzlich zu einer sehr schätzbaren und wohlbcwahrten Institution. Ans ihr beruht eben di« fortschrittliche Communal- bcrrschast in de» meisten großen Städte», die bei dem gleichen direkten Wahlrecht unfehlbar der Socialdemokratie oder auch den wüblcrischcn rcactionairen Richtungen anhcimfallen würde. Darüber täusche man sich aber nicht: Sollte jemals, wa« wir allerdings nicht für wahrscheinlich halten, jene« unumschränkte Wahlrecht für die Landtage der Einzelstaatrn einaesührt werde», so siebt e« auch vor der fortschrittlichen Besatzung großstädtischer Ralhhäuser nicht ehrerbietig still. * Berlin, 16. September. Der Centralvorstand de« Evangelischen Bundes zur Wahrung der dcutsch- prolcstantischcn Interessen erläßt folgende Erklärung: ,Dic jüngste» Vorgänge aus der Katholtkenversammlung in Mainz habe» die letzten Ziel« Rom» unmißverständlich bloß« Zum 81. Geburtstag einer Leipziger Wohlthaterin. E« hat in Leipzig nie an hochherzigen Frauen gefehlt, welche dem staatlichen Gemeinwesen, der Vaterstadt Ver mächtnisse für Kunst und Wissenschaft oder zu wohltbatigen Zwecken hmtrrlassen haben. Zu diesen Frauen, dir im .goldenen Buche" unserer Stadl einen Ehrenplatz für alle Zeiten emnehmeo werden, ist in der jüngsten Zeit ein neuester Name hiuzugKommen, der de« am t7. August d. I., vier Wochen vor dem 81. Geburt«tage, verstorbenen Fräulein« Agne« Brrudt. Nachstehende nekrologischr Zeilen .zur schuldigen Nachricht" über di« um dir Vaterstadt hochverdiente Greisin zu veröffent» lichen, ist ein gute« Recht, mehr »och: eine Pflicht der ^ageSprrflr. Eine Wohlthaterin großen Stil«, aber in der Stille und im Verborgenen, ist sie schon immer gewesen, ebe sie sich in ihrem letzten Willen zu der großen Tbat ihre« Leben« erbob. Da« trauliche Heim, in welchem sie zuletzt mit ihren beiden von fünf überlebenden Geschwistern, einem Bruder und einer alteren Schwester, zurückgezogen wobnte, entsprach so ganz Biese» Sinne für Stille und Beschaulichkeit. Wer kennt nicht die kleine Billa unweit der .Alten Burg" mit ihrem mauerumschlossenru Blumengarten, da« Bild eine« Welt- entrückten finnigen Stillleben« fast inmitten der großen Stadl? Der Blick de« Vorübergehenden weilt« mit Wohlgefallen auf diese» Idtzll» »nd di« Phantast« fühlt» sich f,rt nnd fort an geregt, sich auSzumalen, wie e« in dem Garten mit seiner grünen lebendigen Laube, die über die Mauer schaute, seinen stattlichen Eschen und anderen Bäumen, die ein Gartenhaus anderOstseitr beschatteten, im Hintergründe ein WirthschaftS- und Gewäch-Hau-, da» weiße Tauben umflogen, wohl auS- sehen möchte. - Bei der Nachricht von ihrem Ableben hätte so Mancher, der sein Brod mit Thränen aß und der namentlich zur Weih nachtszeit von ihr mit oft genug anonvmen Gaben zart- sinnig unterstützt worden war, um sie klagen können, wenn nur Alle den Namen der gütigen Spenderin gekannt Kälte». Aber sie hätten zu früh geklagt; denn die Heimgegangene hatte, wie rin unsichtbar waltender Schntzgeist, in ihren Ver mächtnissen weiter für sie gesorgt. Und weit darüber hinaus, für kommende Geschlechter «st sie mit großartigen Stiftungen bedacht gewesen. Alle« zugleich im Sinne ihrer verstorbenen Geschwister. Da« Villenarundsillck selbst, vor fünfzig Jahren in der gegenwärtigen Weise bebaut von Christian Morgenstern, der e« von dem Wollhändler Karl RostoSkn erworben batte, soll einer Stiftung zufallcn, die für mittellose alleinstehende Frauen auS gebildeten Kreisen bestimmt ist. Ueber all die andern zahlreichen und in ihrem Gesanimt- wertb bedeutenden Legate, die ihren Segen strablcnförmiz in die weitesten, wir in die nächsten Kreise verbreiten werden, »nb deren feinfühlende Sinnigkeil oft geradezu rührend ist, ist hier ausführlicher zu sprechen weder der Ort, noch die Zeit. La« Goethc'schc Wort vom .guten Menschen" gilt auch dicr: .nach hundert Jahren klingt ihr Wort und ihre Tbae dem Enkel wieder"; ihren Geburt«tag wird man al« den einer Woblthälerin von W-enerrtiooen immerdar dankbar begeben. Wie schlicht und still verlief doch in den acht Iabrzrbnten ihr Leben. Geboren ist Lg»«4 vrrndt al« da« sech«r» Kind, »nd zwar als jüngste Tochter, des Kaufmanns Karl Christian Berndt von dessen Gattin Juliane Dorothea geb. Förster am 17. September l8tl, im elterlichen Hanse neben de», .Blauen Engel" (PetcrSstratzc). Der Vater siamintc auS einer angesehenen KaiisiiiaiinSfamilie der sächsischen Ober- laufiv. A»S der Bierstadt Kamenz war er der jüngste von drei Brüdern hierher gekommen, inn mit seinem Freunde und Schwager Karl Heinrich Förster eine Indigo- »nd Farbewaarciikandliliig hier aufzutbun. Tie Firma .Förster w Berndt" bat b'S Mitte der 70cr Jahre bestanden. Als Förster vor fünfzig Jahren und Berndt drei Jahre später gestorben waren, übrrnabm Bcrndt'S jüngster Sohn Robert da« Geschäft und führte eS bis zu dem angegebene» Zeit punkte weiter, den ererbte» Wohlstand mehrend. .DeS Vater- Segen baut den Kindern Häuser." lieber Agne«' Kindheit und Jugend erzählte mir eine würdige Matrone als einstige Nachbarin und Gespielin der Heimgegangenen manche sinnige Ennelnheit. Mich interesstrte namentlich der Bildungsgang, den Agnes durchgcmacht hatte. ES gab da in den ersten Jahrzehnten unsere« Jahrhundert« eine Privatschulc für Mädchen in der Hohen Lilie, dem Geburt-Hause Clara Wiecks. Diese Anstalt war auS der von Hemze errichteten .Knaben- »nd Mädchenschule bervor- gegangen. Al« Heinze starb, führte die Wittwe, die der Advocat Hager beiratbcte, die Mädchenschule fort, die Knabcn- abtheilung übernahm im selbigen Local Johann Karl Richter. Agne» bc'uchtc daS Hager'sche Institut. Da« Familienleben war rin höchst innige«. Agne« blieben di« Eltern lange am Leben erhalten. Zurrst starb, am b. April 1815, der Vater im 68. Leben«» jahr«. Agne« Berndt verlor sieben Jahre nach dem Vater die geliebt, Mutt« durch den Tod, einig« Iabrr später auch di» älteste Schwester, Bertha, die mit dem Kauf- und Handels- Herrn Christian Morgenstern in glücklichster Ehe verhei- rathct war. Die drei uiivcrheiratbet gebliebenen Geschwister sahen sich nun auf sich allein angewiesen. Zwei ältere Brüder, Hermann und Gustav, waren, der Elftere fern von der Heimath, in Hamburg verhcirathet,^ früher gestorben. Auch den geliebten Schwager, den hochherzigen Christian Morgenstern, sollten die Geschwister sipoa im Januar 1863 verlieren. Bon ihm ging daS Villengrundstück am LöhrSplatze aus sic über. E- wurde fortan ihr Wohnsitz. Da- Hau« in der PetcrSslraße war um dieselbe Zeit an den Besitzer de« Hotel de Nussie veräußert und von diesem beim Neubau mit dem Hotel vereinigt worden. Die Geschwister besahen auch in der Windmüblcnstraße ein Grundstück mit schönem Garten. Dort pstczten sie in den Soniniermonaten zu wohnen. Auch diese« idyllisch trauliche Heim traten sie damals ab. Da- originelle Gartenhaus, »ach der Hofseite zu Erdgeschoß, nach dem Garten heraus zweistöckig, ist verschwunden, de- Gartens Herrlichkeit ver ging »ach der Parcellirung de- KurprinzcngartenS gleichfalls. Fast dreißig Jahre wohnten die Geschwister in beschau licher Rübe und Zurückgezogenheit am LöhrSplatze, bis vor zehn Jahren glücklich vereinigt, dann erst getrennt durch die raube Hand dcS Todes. Die beiden Schwestern Fannv und Agne- betrauerten vier Jahre den bcimgegangenen letzten Bruder. Seil Juli t88S stand Agne- ganz allein, eia fromme« Gemüth, daS nur mehr im Wohltbun eine Lebens freude empfand. Sie konnte noch sechs Jahre lang, zuletzt am Iohanne-l-g d. I., .der inniastgelirblen Schwelt,r" auf dem neuen IobanniSfriedhofe (Vll) di« letzte Ruhestätte mit Blumen schmücken. Nun l,«gt fi, selber an der» Seit«.
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