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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 17.10.1892
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-10-17
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18921017017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892101701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892101701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-10
- Tag1892-10-17
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!RbpU>tt»e»tApreiD k der Hauptexpedsttou oder den tm Stadt» betirk und d« Borort»» errichtete» >»«» o-bestelleo ab geholt: vierteljährlich ^s4L0j bei twermrUiger täglicher Znsiellung iu« -out -tl ä.üL Durch dt» Post bezogen für Deutschland »ud Oesterreich: virrtetiährUch ^ 6.—. Dirert« tägliche Kreuzbaudftuduujg ist Auslaad: monatlich st.—. TieMorgen^lntgab? erscheint täglich'/,7Uhr, die Abead-Ausgabe Wochentag» k> Uhr. Ledartiov »nff Lrpkditisu: Johauoetgafie 8. Die Erpedition ist Wochentag» annuterbrochnr geöffnet von früh 8 bi« «bald» 7 Uhr. Filiale«: Ott« ««««'» S-rli«. («lfre» HahaX UaiversitLttktraff« 1, L*>tt Lisch», Llthariueustr. Ich pari, nnd »öatgtpla- 7. Movgen-Ausgabe. MiMer.TagMalt Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. J»sertio«SpreiS Die 6 gespaltene Petitzeile 20 Psg7 Reclamen unter dem Redactionsstrich <4ge» fpaUen) 50^j, vor den Familieuaachrichlea (6 gespalten) 40/^. Größere Schriften laut unserem Preis verzeichnis). Tabellarischer und Zisserojatz uach höherem Tarif. Axtr«-Beilage» (gesalzt), nur mit der Morgen - Au-gabe , ohne Poslbesörderuog »l 60.—, mit Postbesörderung «G-»» Änuahmeschlnß für Inserate: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag» 4Uhr. Sonn- und Festtags früh '/,9 Uhr. Vei den Filialen und Annahmestellen ze ein» halb« Stunde früher. Lnferato sind stet» an die «rpevitiött »» richten. Druck m»d Verlag von i. Pol» ta Leipzig. ^-5Ll. Montatz den 17. October 1892. 86. Jahrgang Amtliche Bekanntmachungen. VersLuuülunK lies ärrtlieken LsLirtLsvereins Ia6ip2ix-8taät Moutn», Neu 17. daI., ^deuck« tt lidr tu, 8»nt« -er 1. Lllrxeruedule. Inxoiorannn^: Lsrulchuus über äio Ltnuäesurckuunx. vr. lleurlel. PolUische Tagesschau. * Leipzig, 16. October. Et ist auch während der Kanzlerschaft de« Fürsten Bi«marck eine mißliche Sache gewesen, ans den Kundgebungen der Officiösen aus die Ansichten und Absichten der Reichs regierung zu schließen. Neuerdings aber kann man sich kaum der Vcrmuthnng erwehren, die osficiöse Presse suche ihre Ausgabe darin, die ungeheure Verwirrung der Geister, die unter dem neuen Cursc eingcrissen ist, noch zu steigern. WaS speciell über die Militairvorlage in der Presse dieses Schlage» orakelt wird, ist geradezu babylonisch. Heute z. B. schreibt die „Norvd. Allgem. Ztg": „Die „Kreuzzeituna" glaubt, für ihre Haltung zur Militair vorlage auch au» rein politischen Kreisen demnächst aus vermehrte Zustimmung rechnen zu können, nachdem sie hat seststellen können, „daß die „Bossische Zeitung", alS sie vor einigen Tage» die Nach richt verbreitete, die Reichsregierung fei gewillt, die einjährige Bewilligung der Präsenzziffer des Heeres ohne Wer- tere» zuzugestehen, in der Thai berechtigt war, sich dabei auf eine ganz zuverlässige Quelle zu stützen '. Die Feststellung der „Kreuzzeitung" bat genau den nämlichen Werth wie die Zuverlässig, keit der Quelle der „Vossischeu Zeitung". Wir sind in der Lage, die Behauptung, daß die Reicheregierung gewillt sei, die einjährige Bewilligung der Präsenzzifser de« Heere» ohne Weilere« zuzugebeu, al» völlig au» der Luft gegriffen zu bezeichne,«." Was soll da« heißen? Soll damit gesagt sein, die ReichS- rcgierung denke überhaupt nicht daran, dir einjährige Be willigung der Präsenzzifser zuzugeben, oder soll nur bestritten werden, daß die Reichsregierung „ohne Weitere«", d. h. ohne Druck von Seiten einer Reichstag-Majorität, auf die alljährliche Bewilligung der Präsenzziffer sich «inlassen werde? Man kann den höchsten Preis auf die Losung dieser Frage setzen und sicher sein, daß eine solche Lösung nicht erfolgt. Und ebenso vergebens sucht man nach einer Antwort aus dir Frage, wozu derartige „Aufklärungen" in die Welt geschickt werden. Sollen sie die (Konfusion noch mehr steigern? Solle» sie dem Centrum de» Wink geben, daß es nur recht energisch auf der Forderung der alljährlichen Feststellung der Hccre«stärkc bestehen möge, um schließlich der Reichsregierung diese- Zugeständniß abzudrücken? Oder wissen etwa die Hintermänner de« „Kanzlerblatte»" selbst noch nicht recht, wie sie zu dieser Forderung sich stellen sollen, und benutzen daS osficiöse Sprachrohr nur, »m ihren Mangel an Klarheit zu verbergen? Der Himmel mag e« wissen. Wir sind eö müde, den Faden au« diesem Labyrinth zu suchen. Aber da« müssen wir wenigstens au-sprechen, daß e« ein wahres Wunder Ware, wenn nicht die alte Mißachtung gegen alle« Offiriöse am Ende zu einer Mißachtung der osstciösrn Quellen würde und wenn nicht der weitesten Kreise sich eine Stimmung bemächtigte, in der man eine klärende Krisis den, herrschenden Wirrwarr vorzicht. So weit ist cS bereit« ge kommen, daß man aar nicht« mehr von Dem glaubt, WaS officio- gemeldet wird, lind wenn von dieser Seite heute versichert wird, die Einberufung de» Reichstags zum 22. November stebe fest, und ebenso gewiß sei eS, daß demselben alsbald nach seinem Zusammentritte mit dem Etat auch die Militairvor lage zugeben werde, so fühlt man sich zu der Annahme ver sucht, daß diese Versicherung keinen anderen Zweck habe als den, die öffentliche Meinung darüber zu täuschen, daß über die Einberufung des Reichstag- noch gar nichts beschlossen ist und die Militairvorlage hier oder dort erheblichen Wider spruch findet. Eine unangenehme Mil itair-An ge legen heit beschäftigt wieder einmal dir ungarisch« Presse. Am 2. November soll in der Ofener Festung daS Denkmal der 1848 bei der Eroberung OfenS durch die Ungarn gefallenen HonvcdS entbüllt werden. In der Festung befindet sich auch da« Denkmal deS österreichischen GkncralS Hentzi, der die Festung verlheidigte und dabei siel. Die Veranstalter der Honvedfeier und die Regierung wollten nun aus der Ent- biillung deS Honved-DenkmalS gleichsam ein Fest der Ver- söhn ung machen, und eS wurde deshalb bestimmt, daß bei der Enthüllung zwei Compagnien der gemeinsamen Armee die militairischen Ehren erweisen sollten, während der Landes - Commandirendr Fürst Lobkowitz als Vertreter der Armee, welche gegen die Honved« gejochten, einen Kranz niederlegcn sollte. Al» Erwiderung sollte der Zug sich dann zum Hentzi-Monument begeben, wo der Prä sident deS Honvedvrrein» nnd die Denkmal-Commission einen Kranz niedrrlegen sollten. Während die Regierung«- prcffe da» al« Erfolg preist, da die gemeinsame Armer hier zum ersten Male den Achtundvierziger Soldaten huldigt, vrr- lüntcl die oppositionelle Presse, der Präsident deS Honved- verein» dürfe am Denkmal Hentzi «, der Pest be schießen ließ, keinen Kranz niederlegen, da» sei «ine Entweihung. Die oppositionelle Presse stellt Interpellationen und .Kundgebungen in Aussicht. E« dürfte sich wahrlich für die Herren Magyaren empfehlen, solche Dinge mit weniger Leidenschaftlichkrtt zu behandeln. Obgleich man nach den letzten Verhandlungen de« für die Vorberathung der belaischrnVrrfassuna-reform nieder- gesrsten KammerauSschuffe« erwarten mußte, daß da- von Jansen vorgeschlagrne „gemilderte" allgemeine Wahlrecht werte zum Gesetz werden, so ist dir Entscheidung doch gegen die Zulassung diese» Rechtes ausgefallen. DaS Ministerium, die Rechte und die gemäßigt Liberalen haben sich zuletzt gegen da» allgemeine unbeschrankte Wahlrecht erklär«, und damit ist diese Frage in der Hauptsache vor der Hand abgelhan. L«»ert»«»»Nh wa, di« Entschieden heil, mit welcher der Ministerpräsident Beernaert gegen da» allgemeine Stimm recht sich erklärte, eine Entschiedenheit, die durch den Führer der Rechten, Woeste, noch übertrumpft wurde. Dieser meinte, man solle allen Zweideutigkeiten und neuen Wühlereien ein Ende machen und, um alle» weiteren Agitationen für lange Zeit ei» Ziel zu setzen, dem allgemeinen Stimmrecht die Thür verschließen. Die Erfahrungen, welche anderwärts mit dem allgemeinen Wahlrecht gemacht worden sind, berech tigen allerdings die maßgebende» Parteien in Belgien, gegen über dieser Frage reckt vorsichtig zu sein. Belgien kann sich übrigens mit Recht daraus berufen, daß in dem ihm so nahe liegenden freien Mustcrstaat England man sich sehr hütet, das allgemeine Wahlrecht einzusührcn. Ini Lause dieser Woche werden die Augen der politischen Welt in besonderem Maße auf Frankreich gerichtet sein. Morgen tritt daS französische Parlament zu seiner außerordentliche» Herbsttagung zusammen und bei dem Charakter der Parlamentarier dieses Landes wird cS unvermeidlich sei», daß alsbald di- Gegensätze scharf auf einander stoßen. Die französischen Volküvcrtrelcr finden viel Arbeit, aber auch eine ganz verworrene Lage vor. In erster Reihe ist daS Budget mit allen damit verknüpften Fragen zu erledigen. Die Vorberathung des Staats haushalte- ist so wenig gefördert und die Grundlage des Entwurfs hat sich seit der Vorlage desselben so wesentlich verschoben, daß an der Möglichkeit der Be willigung deS Budgets vor Ende des IabrcS bereits stark gezweifen wird; die leidigen provisorische» Zwölftel rücken also bedenklich am Horizont herauf. Zu erledigen ist ferner da- Handelsabkommen mit der Schweiz und die Erneuerung deS Privilegiums der Bank von Frankreich, minder wichtiger Vorlagen nicht zu gedenken. Dazu kommen »och mehrere Interpellationen, welche die Gewitterschwüle der politischen Atmosphäre steigern, vor Allem die Interpellation Uber den Streik von Earmaup, den dir Regierung richtig bis zur Er öffnung der Session verschleppt hat, sowie diejenige bezüglich der Ereignisse in Dahoniey, über dessen Schicksal doch auch einmal rin Beschluß gefaßt werden muß. Bor Allen, sind e» die Ereignisse in Carmaux, welche eine heftige parlamentarische Schlacht entstehen lassen werden. Nicht nur schwach, sondern geradezu köpf- und kraftlos ist das Verhalten der Regierung in der Angelegenheit de« Streiks von Earmaup. Dieser Streik ist beute g rade zwei Monate alt, eine Aussicht auf seine Beendigung ist so wenig wie je vorhanden, und die Erbitterung auf beide» Seiten ist womöglich noch größer wie am Anfang. Zu dieser Ver schleppung und Verbitterung hat die Regierung sehr viel bei- gelragen, durch positive Maßregel» sowohl wie durch Unter lassungen. Im Anfang beschränkte sie sich darauf, Militair zu schicken und für Aufrcchthaltung von Ruhe und Ordnung zu sorgen Dann sing sie an. bald der eine», bald der anderen «eite zu schmeicheln und Hoffnung zu machen. Daß durch ein derartiges Verhalten da« Cabinet Loubet sich i» hohem Maße geschädigt hat, liegt auf der Hand, und eS kann sich leicht ereignen, daß cS darüber zum Falle kommt. Im Hintergrund steht ein Exminister, der die Zeit für gekommen erachtet, Revanche zu nehme». Sicher ist, daß die Lage für die französische Regierung eine sehr schlechte ist. DaS parlamcn- tarischc Barometer siebt sehr tief, und wenn die Kammer erst beisammen ist, kann Uber jede Kleinigkeit der Sturm lo- brechen. Die ohnehin schwache Mehrheit Gladstone'S bat durch den Ausfall der Wabl in Cirencestcr abermals eine für sie recht empfindliche Einbuße erlitten. Der Kamps wurde von beiden Parteien mit Ausbietung aller Kräfte ge führt, da die geringe Stimnicnmcbrheit, die der Homeruler Wintcrbotham bei der Wal>l im Juli erzielte, den lliiionisten die Aussicht eröffnete, bei straffer DiSeiplin den Sitz zu ge winnen. Von Ne»,Hausend und einigen Hundert Wabibercch tigtcn waren 855l erschienen und Oberst Cbester Master errang mit nur drei Stimmen mehr den Sieg über seinen liberalen Mitbewerber. Der Rückgang der Gladstoncancr ist charakteristisch; sie hatten im Jahre t885 in Circncesler eine Mehrheit von 7—800 Stimmen, die im Juli d. I-, als Homerul» zum Sckibolclb erbobcn wurde, auf 159 sank nnd nunmehr sich i» eine Minderheit verwandelt bat. Die Zeichen der Zeit sind dem Cabinet Gladstonc nicht günstig. In Betreff der Ursachen der Studentenkrawallc in Alben, über die wir vor Kurzem zu berichten hatte», wird jetzt bekannt, daß sic namentlich in einer Neuerung des jetzigen griechischen PremicrininisterS, TrikupiS, zu suchen sind. Dieser sucht alle denkbaren Mittel heranznzieben, »m die StaatSeinnabmcn z» erhöben und da- Gleichgewicht in« Staatshaushalt seines Landes wieder herzuslcllcn. Ei» solches Mittel fand er darin, den bisher uneiitgcltlichcn Unterricht an den höheren Sch ulan st allen, ins besondere an der Universität, zu besteuern. Dagegen machen nun die Studenten der Aibener deftige Opposition und sie versuchen auf alle Weise, die Ausführung jener RegierungSmaßregel zuhintertreiben. Zunächst rotlclen sich einige Heißsporne am Eingang der Univerfitäl znsammen nnd vrr- binderten Jeden, der sich immatricntire» lassen wollte, durch Zureden oder auch durch ernstere Mittel an der Ausführung seine- Entschlusses. Darauf erschien in den Regierungs blättern die sanfte Mahnung, daß eS Jedem frristcbe, sich in der Universität als Studirender rinschrriben zu lassen, oder auch nicht: für Diejenigen jedoch, die den Termin, der b,ü zum lss. October laust, versäumten, würde sofort die Be günstigung wegfallen, von der Mililairpsticht für die Dauer de« Univ«rsilat«studlumS enthoben zu sein, und die Betreffenden würden sofort zum Militair eingrzoacn werden Die Studenten unterließen insolge dessen ihre persönliche» Bemühungen, die Eommititonen von der ämmatriculation abzubalten: sie beriete» jedoch nach hiesiger Gewohnheit ihre College» zu einer Be- ralhung unter den Propyläen der Universität ein, setzten einen Piotest an die Regierung auf und entsandten eine Commission zur Ueberreichung desselben an Trikupi»; dieser empfing dieselbe >«doch sehr kalt und c» wurde den Herren der Bescheid, sie könnten sich ja gar »icht al« Studenten grrirrn, da sie nicht immatrirulirt seien, im Utbrigrn hätten sie gar kein Recht» gegen ein vom Parlament beschlossene« Gesetz zu prolestiren, ihr Schritt werde daher absolut kein Resultat haben. WaS blieb daher den Herren übrig, als bei dem König, der auf seinem Landsitze Tatoi wohnt, telegraphischen Protest ein zulegcn! Aber auch daS hatte keinen Erfolg, und so setzten sich die Studentcnversainiiilungen fort, bis Sonn tag, den 9. Oktober griechischen Datums, der Polizei die Sache zu arg wurde. Man hatte die jungen Aus rührer ruhig reden lassen, soviel sie wollte»; aber als man beschloß, sich i» corp»ro zum königlichen Palais zu be geben, nm einen erneuten Protest zu überreichen, schritt die militairische Polizei ein und verbot eine derartige öffentliche Kundgebung; als Widerstand geleistet wurde, zerstreute sie schnell die Unruhestifter und führte neun derselben auf die Polizeiwache ab. Tie ganze Sache dürste durch diese energische Maßregel zn Ende gebracht sei»; Entgegenkommen findet die Auflehnung von Seilen der Regierung sicherlich ..icht, aber auch die Bürgerschaft, die sich bei der schwer auf ikr liegen den Steuerlast niemals widerspenstig gezeigt hat, bringt ihr keinerlei Sympathien entgegen. UcbrigenS haben sich ofsiciellc» Nachrichten zufolge bereits gegen lOOO Studenten immatricu- lircn lassen. Deutsches Reich. Berlin, 16. October. In dem Entwurf einer Novelle zum KrankcnversicheriiiigSgesetzc, wie ihn die verbündete» Negierungen Ende November 1890 dem Reichstage verlegte», war auch eine Bestimmung enthalten, nach welcher die Auf sichtsbehörde die Bildung von Cassenverbänden zum Zwecke der Anstellung gcmeinsaiiier Beamten, Abschließimg von Verträgen mit Apotheken, Krankenhäusern, Fürsorge für ReconvaleScente» u. s. w. anordncn konnte. Diese Bestimmung wurde im Reichstage gestrichen. E- ist demnach auch späterhin de» Casscn allein überlassen, ob sie die Verbände bilden wolle» oder nicht. Nun würde ja daS materielle Interesse der Cassen selbst zu solchem Zusammenschluß hindrängen, wenn nicht bäusig persönliche Fragen i»S Spiel kämen, welche einer Entwicke lung nach dieser Richtung hinderlich wären. Um eben der Bethäligung persönlicher Interessen »»tgegcntrelen z» können, hatten die verbündeten Regierungen die erwähnte Vorschrift in dir Vorlage ausgenommen. Bei der Vorbereitung zur Durchführung der Krankcncasscnnoveüe bezeigten bisher die Casscn auch ohnedem mehr als früher die Lust, durch Ver- bandSbildunge» ihre Kosten soweit als möglich zu ermäßigen. Wenigstens hörte man mehrfach von Versuchen, welche in dieser Richtung unternommen waren. In Berlin jedoch ist man scheinbar anderer Ansicht. Wenigsten« berichtet die „Apotheker Zeitung", daß gerade mit dem Inkrafttreten de« neuen Kra»ke»vcrsichcrl»i>d»gcsetzeS aus dem Berliner Ge- wcrkSkrankrncasscnvercinc die OrlSkrankcncasscn der Maurer, Stellmacher, Nadler und Eicdmacher, Strumpfwirker, Uhr macher, Goldschmiede, Sattler, Vergolder, Bildhauer und Lackirer auSzuscheidcn beschlossen haben. Für den einzelnen Fall mögen ja außergewöhnliche Gründe vorliegen, im All gemeinen aber ist den Krankcncasscn nur zu ratben, von der ihnen im tz. 46 des Gesetze« gegebenen Befugnis) zu Ver- bandsbildungen Gebrauch zu machen. Die Kosten, nament lich die der Verwaltung, werden sich dadurch bedeutend verringern. ID Berlin, l6. October. Die socialdem okratische „Magdeburger VolkSstimme" macht ihrem Aerger über die Kritiker und „Nörgler" aus dem braunschweigischen LandeSpartcitage in einem spaltenlaiige» Artikel Lust. Be sonders wurmt cS sic, daß über die Höhe desL ie b kn e ch t'schcn Gehaltes gesprochen worden; hierzu bemerkt da« Blatt: „Liebknecht bekommt ein Gehalt — wenn wir recht berichtet sind, 7000 -4t jährlich —, das gerade ein Viertel ober ein Fünftel des Gehalte- ansmacht, weiches die Ebes-Redacteure unserer großen politischen Boiirgeotshlätter 01) hezielien, deren Ausgabe doch wahrlich eine lächerlich einfache gegenüber derLett»iigeiiiesOppositiv>>»blalles in der exponirte» Stellung de« „Vorwärts" ist. Freilich wissen wir eS lehr wobl, daß wauchrr Proletarier cS nicht verstehe» wird, wie einem Prolrtarierführer ei» Gehalt gezahlt werden kann, das sei» eigenes Einkommen »>» da» 7—tOfache Übersteigt, wo dieser „Auch- Proletarier " doch von Arbeilergrvjchen lebt, die mühsam der Arbeiter sich vom Munde abgeivart hat." Wie »n« versickert wird, bezieht Liel'kncckt vom „Vor wärtS" nicht 7000 .4^, sondern '.»000 -4t Gehalt. Hierzu loniint noch sein Gehalt al-Mitarbeiter de» „Gewerkschafter" mit 2000 .4", sein Gehalt als ständiger Mitarbeiter der „Neuen Zeit", das wohl eben so viel betrage» dürfte, und seine erllccklichcii Honorare al« Correspondcnl de« „TempS" »uv mehrerer anderer ausländischer Blätter. Diese Ein- nahnicn werden von Leule», die cö wissen können, auf min destens 15 000 .4f veranschlagt. Dazu kommen noch Diäten für Parteitage, Congresse u. s. w. DaS ist doch sicher eine mehr als anständige Einnahme für den Redakteur eines Arbeiterblatte-, und der „Genosse", der »icht so viel Hnndcrle von Mark, wie sein Fübrer Tausende zu verzehren Hai, wird diese« Mißvcrbältniß allerdings „nicht verstehen", sondern vielmehr zu der Einsicht kommen, daß er vernünftiger hantelt, wenn er seinen Wochcnlohn zu seinem und seiner Familie Vesten verwendet, als wenn er einen Theil des Geldes de» i» fetten Pfründen sitzende» Führern vpfert. Sprach doch em solcher zwir erzähle» eine Tbatsache!) gelegentlich eine- Ab- schied«schmauses: „Laßt un- trinken auf den großen Hausen, der un« giebt zu fr und zu sa....l" klebrigen« kann selbst dir ,Volk»stimme" nicht umhin, die „Genossen" zn tadeln, die durch ihre capitalistischen Unter nehmungen die Arbeiter auSbeuten. Sie giebt letzteren den Rath, gegen die „Proletaricr"-Untrrnebmer gerade so zu ver fahren, wie gegen alle ankeren Unternehmer: „Einem einsichtsvollen Proletarier gegenüber brauchten wir weitere Argument« «ich» mehr tiinzuzufüge», aber leider kann nicht von jedem Arbeiter, der alle Quartal« einmal einen Groichen in di» Parteicass« ivendirt, voroutgeietzt werden, daß er zu den Einsichtsvollen gehört, und für diese müssen wir noch ein Wort binzniügen. — Wa« für jeden Arbeiter al« durchaus selbslverstänblich gilt, ist da«, daß er seine Arbeit dem Unternehmer möglichst theuer z» verkauft» lucht. Da« iss unter dem cn» t«lisstschen Regime sein gutes Recht, wer ander« bandeln wollte, wtlrd» etntach «in Narr sein. Unter dem Regime de« Eapitalismus ist aber auch fede« einzelne Parteinnternehiiien »in capitaiistische« Unlernehinen: ob ein Nationalliberaier oder rin Saar tansend Gortaldemokraten Besitzer desselben sind, ändert an der ganzen Sach« auch nicht eine» Tent. Im Vegeuthetl ist es eia« nnr zu bekannte Thatsoche, daß der Prole tarier als Unternehmer der allerschlimmste Mehr- werthsausprcsser ist. — Der Lohnarbeiter, wer ininier >s auch ei, ob Redaclcur oder Coiporteur oder Setzer, siebt also dem Proletarier-Unternehmer genau so gegenüber, wie dem BourgeoiS-Unternelniier, auch ihm gegenüber wird er von seinem guten Recht als Lohnarbeiter Gebrauch zu »lache» habe», einen mög lichst hohen Lohn zu erreichen, denn die socialdemokratische Unter- »ehmiliig bildet eben innerhalb des capitalistischen Staates keine isolirte, socialislijche Gemcinschast, für weiche die Beriheüung des Arbeitsertrages nach socialistische» Grundsätzen Platz greisen konnte, ondern nur ein Stück kapitalistischer Gesellschaft. Für die kapita listische Productionssorm gilt aber der Grundsatz, daß der Arbeiter nicht nach de» vernunftgemäßen Lebcnsbedürsnissen, sondern »ach einen Fähigkeiten houorirt wird. Will inan also fähige Arbeiter in solchen Stellungen haben, so muß man eben auch ganz capita- listisch vperiren und einen entsprechenden Lohnsatz auswerscn. Das, dieser Lohnsatz übrigen« noch nicht einmal den capitalistischen Gepflogenheiten ganz entspricht, sondern weit unter diesen balancirt, ist nur ein weiterer Beweis dasür, ein wie rücksichtsloser Mehr- werthS-Ausbeuter der Proletarier-Untern eh m er ist...." — Der Kaiser arbeitete gestern nach der Rückkehr von einem Morgen-Spazierritt mit de», Chef deS Militair- cadinctö und hatte demnächst eine Conscrcnz mit dem Reichs kanzler. Später crthciltc der Monarch eine Audienz. — Die llebersicdcluna des kaiserlichen HofeS vom Marinvr- palaiS »ach dem Neuen Palais wird voraussichtlich am 20. d. M. erfolge». — OssiciöS wird geschrieben: „linier der Voraussetzung, daß daS Militairgcsetz schon vier Woche» nach der Einbringnng im BnndeSralhe als RoichstaaSvorl agc erscheinen werde, chwiiiten im Wesentlichen die Grünte, die für eine halb amtliche Darstellung der geplanten Militairresornz. geltend gemacht werden konnten, zumal da auch das össcnlliche Interesse in den ersten Novcmbcrwcche» hauptsächlich von den preußische» Steucrvorlagcn beherrscht sein wird. Es wird daher wahrscheinlich von einer solchen Veröffentlichung Abstand genommen und gcbeime Behandlung der Vorlage im BundcSralhe vorgesehen werden." — Die Einberufung der beiden Häuser de- Landtag- ist, wie die „Post" nunmehr „bestmimt" mitthcilt, auf Mittwoch, den 9. November d. I.. beschlossen. — Die „M. N. N." wollen wisse», daß der Widerstand Bayern« gegen eine Erhöhung der Vierftencr die RcichS- regierung bewogen habe, von der geplanten Erhöhung Ab stand zu nehmen. — Der bicr eingctrosfenc Or. Zintgraff bat nach einer Meldung deS „Hamb. Corr." in vfsicicllcr Form beim Aus wärtigen Amt eine Beschwerde gegen de» Gouverneur von Kamerun, Zi in »irrer, erbobcn, weil dieser ibn un genügend nach dem vorjährigen Kampf gegen die Bafttti nntcrftützle, wodurch die letzte Ezpetitiön erfolglos ge blieben sei. — Wenn i» Thorn, wie gemeldet, Herr Corvettencapitam Rüdiger erklärt hat, er werde keinessnllsNachfolger des Freiherr» von Soven in Ostasrika werde», so muß in letzter Stunde eine SinneSäiiderung an leitender Stelle oder aber bei Herrn Rüdiger selbst «ingetreten sein. Bi» jetzt durste man, aus Grund zuver lässigster Nachrichte», seine Anwartschaft auf den Gouvernement«. Posten i» Dar-eS-Salaam als gewiß betrachten. — Den Fall Löwel, den wir bereits kurz erwähnt haben, stellt die „Krcuzzcittmg" also dar: „Der jüdische Stadiratli Mamroth Halle in seiner lligeiischaft als Vorsitzender der genannten Deputation bei einem der Licieranleii die EaiMv» von lbOO ans lttlRXl.4t erhöbt. Der Stadtvcrvrdnel« Löwel fand diese Erhöhung nicht gerechtfertigt und bcmertlc bei dieser Gelegenbeit, daß die vv» südliche» Lieferanten zu stellenden Eautionen durchweg niedriger seien als diejenigen, welche den Ehrisle» abverlangt würde». Damit diese ungleichartige Behandlung »icht zu unangebrachten VermMhuilgeii über Bevorzugung de» Juden»,»uis i» der städlilchen Verwaltung Anlaß gebe, verlangte er, daß bei den EaMionen knnstig gleich,»aßig verfahren und daß über ihre Höhe von, Plenum der Deputation allgemeine Grundiätze ausgestellt werde». Ui» sich von vornherein gegen den Verdacht de» Aniisemilismus z» schützen, fügte Herr Löwel hinzu, daß er denselben Antrag gestellt haben würde, wenn der augenblickliche Sachverhalt der umgekehrte wäre, d. h. wen» in Bezug ans die Höhe der Eau- tivucn die Jude» »»günstiger gestellt wären als die Ehrisle». Aber seine durchaus bescheidenen Forderungen erregten den Zorn des Herrn Mamroth. Dieser glaubte in ilmen eine verletzende Kritik ftiner Amlsiührung zu erblicken Weil der Siadtratl, Mamroth ihm gegenüber beleidigende Ausdrücke hat salle» lassen, ist Herr Löwe! au» der Fractio» der Linken anSgeichlosseu worbe». So bat er iclbst die Sache in einer an die „TlaalSbürgcr-Zeitung" gejandlen Zuschrift dargestelft " Ist dir Darstellung Lvwcl'S richtig, so liegt unzwcisclbaft ein krasser Fall von dculschsrcisinnffzcm ParleilcrroriSniuS, von deutschfreisinniger Einseitigkeit und Engherzigkeit vor. — DaS vom sreiconservativen Abgeordneten Otto Arendt in Berlin berauSgegedene „Deutsche Wochenblatt" ver öffentlicht einen, von der „Schristlcitung" unlerzcichnclen Artikel über: „Die Kanzler krisiS und die Mtlilair- vvrlagc", in welchem der Verfasser ». A «rllärl, daß er die Beseitigung der dreijährigen Dienstzeit „unter allen Umständen nur mit schwereni Herzen und überhaupt nur dann acccplircn möchte, wenn eine nnbcdingtc Autorität die Verantwortung trägt." Hieran anschließend, giebt der Verfasser folgenden AuSlassnngtn Raum: „Die dreijährige Dienstzeit gilt un« al» ein heiliges Erbihell Kaiser Wilhelm s I. Di« Männer, welche die Siege von ldüii, und 1870 vorbereiteten und erfocht»», alle» voran Mvtlke, erklärten die drei jährige Dienstzeit für uuantasibar. Nun geben Wirz», daßdie Verhältnisse sich ändern können und daß dieElniührung der zweijahrigknDienstzeil heut« vielleicht zu einer Noldwendigkeit geworden sein kan» Aber von vieler Nöthwendigkeit muß man un« überzeugen, und es spricht nicht sür diese, daß nach unwidersprochen gebliebenen Zeitungsberichten kaiier Wilhelm ll. sich gegen die zweijährige Dienstzeit geäußrrl und daß ihm die Genehmigung z» diese», Theil der Mililairvorlage nur schwer abzuringe» gewesen lein soll. Es wird »nS auch ver bürgt, daß unter den hohen Verbündete» Cr. Maieslat und nicht zuletzt bet süddeutschen Bundessürsten die Beseitiguna Ver dreijährigen Dienstzeit aus ernste Bedenken stößt " Ob die ini Vorstehenden enthaltenen tbatsächlichcn Mit- thrilungen auf Wabrbcit beruhen, muß ebenso dadmgestcllt bleiben, wie die Richtigkeit der in demsellcn Artikel auf- gesteNlen Behauptung, tag wir in einer beständigen Kanzler- krisis leben. — Ter deutsche Botschafter General ».Schweinitz, welcher vor elutgea Tagen vou Wiltzetmshöh« hier «tutraf, begab sich Souuabead
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