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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.10.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-10-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18921024024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892102402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892102402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-10
- Tag1892-10-24
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Tabellarijcher und Zisserajatz »ach höherem Taris. Shtra-Vetlagea (gefalzt), »ar mit de« Morgen-Ausgabe, ohne Poslt-ef-rderullg ^4 60.—» wlt Postbejorderung 70.--,. Ilnnahmeschlllß für Inserate: Ab«»d-Au»gabe: Vormittag« 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4Uhr. Sonn- und Festtags früh '/«0 Uhr. Bei den Filialen und Ännabmestollen je ein« halbe Stunde früher. Inserat» sind stets an di« ErtzeHtti«» zu richten. Druck nud Verlag von E. Polh in Leipzig. .1° 5)t5. Montag den 21. Octobcr 1892. 86. Zahrgang Politische Tagesschau. * Leipzig. 2 t. Oktober. Tie interessanteste und lehrreichste Nachricht, die der estrige Tag gebracht, stammt auS Spanien. Sie ist aber io gar „spanisch" nicht. Wenn eS in unserem gepriesenen tculschcn Valerlande noch ein Weilchen so weiter geht, wie cs iu der letzten Heit gegangen, so wird der Telegraph gar )alb aus irgend einer deutschen Hochburg des Ullramontaniü- muS dasselbe melden können, was er gestern aus Sevilla Meldet hat, wo ein Katholikcncongrcß beschlossen Hai, die baienschulcn zu bekämpfen und von der Regierung zu intern, daß die Freiheit deö Unterrichts nur den Kciigionögesellschaslen bewilligt werde. Was die iranische» Ultramvntancn mit löblicher Lsscnheit gefordert haben, ei der Herzenswunsch unserer (5cnlrumsniä»ncr langst gewesen, ist es beute und muß es sein. Sind sic doch als der Heer bann des unfehlbaren Papstes so gut wie ihre spanischen Rrivantten eiugeschworen auf den Satz, daß kein Heil ist im Himmel und aus Erden außerhalb des Lichtkreises, der von ter römischen Sonne ausgebt, und müssen sie doch auf Grund dieses Satzes danach streben, daß den Vermittlern dieses Achtes unbeschränkte Freikeil gegeben werde, alle „falschen Propheten", alle „bethörten" und „ketzerischen" Vermittler eines der Hölle entstammenden Blcndfcheincö zu erdrücken. Sic sind in dem Vaterlande Luthers nur diploma tischer, als ihre spanischen Verwandten, gehen etwas weniger scharf ins Zeug, verlangen nicht Alles mit einem Male und nehmen, wenn sie die ganze Hand nicht l-elommen, mit einem Finger nach dem anderen fürlicb. Und sie sind mit dieser diplomatischeren Praxis bereits so weit .-.klemme», daß sie nächstens, ohne allzu viel Anstoß zu erregen, kie Forderung der Versammlung in Sevilla sich aucignc» tonnen. Ist ihnen doch bereits von dem Manne, der das Erbe des Fürsten LiSmarck angctretcn hat, zugegeben worden, roß der strenge EonfcssionallSmus nicht nur das Recht, seine Gegner zu den Atheisten zu wcrscn, sondern auch tie alleinige Befähigung besitze, die Fugend zu Menschen za erziehe», die der Staat zur Erfüllung seiner Ausgabe bedarf. Und geben ihnen doch die „treuesten" Anbänger jenes Äther, der das Recht der freien Forschung von Rom sich er- snilt, mit dem glänzendsten Beispiele, mit der schroffsten Lc- iMpfung dieses Rechts vorauf. Wie man in Hannover die i Zazehörigen zur Uaivn auS der lutherischen Landeskirche als Kzer hinauswirft, so suchen die „Säulen" der Union n Lltpreußcn von Kanzeln und Lehrstühlen Alles zu enträngen, was eö wagt, eine auf wissenschaftliche ,wrschurig gegründete Ueberwuguiig zu äußer», die von cuicm alten oder neueren Dogma abwcicbt. Und überall sicht der UltramontaniSinuö mit Hetzen und Schüren liiib seligen Zukunststräumcn hinter diesem Thun. Hat er eö erst einmal mit Hilfe des starrcoiifessionellen Protestantismus soweit gebracht, daß die Wissenschaft geincbclt, die verketzernde Togmcn- glöubigkeit in die Herrschaft eingesetzt und aus den protestan- iischen Kirchen Alles hinauSgcdrängt ist, waS zu denken und j» prüfen wagt: dann ist auch die Stunde für ihn gekommen, leinen getreuen Helfershelfern vcn Stuhl vor die Thür zu setzen, seinen durch die strengste Zucht gedrillten Heerbann gegen die „Abtrünnigen" ausmarschiren zu lassen und statt ter Forderung „alleinige Freiheit für tie Rcligionsgcscll- jchasten" die Forderung „alleinige Freiheit für die allein berechtigte Religionsgesellschaft" zu erbeben „Katholisch ist Trumpf"! Dieser Ruf ist bereits ergangen tie Gesolzschast der „Krcuzzeilungs"-Protestanlen in Preußen bat darauf mit dem Rufe: „Fort mit Harnack, Tod der freien F orsck.iing, fort mit den Zweiflern am Dogma von Kanzeln und Lcbrstühlen!" gcanlwortct und fast in allen deutschen Staaten bat ein stramm confcssioncUcr EboruS diesen Ruf unter stützt. Ein p rote st ant isck, cS Sevilla haben wir also bereits — warum sollte der UltramonIanismuS lange zögern, das Beispiel nackizuabmen, den Versuch zur Knebelung der protestantischen Wissenschaft zu unterstützen und sich dadurch von seinem gefährlichsten Gegner zu befreien, der bei dem weiteren Versuche, die lutherischen „Ketzer" mit sanfter Gewalt wieder unter das römifchc Zvch zu beugen, am meisten zu fürchten wäre? In den durch die Auflösung der Rcichenberger Stadt Vertretung hervorgeruf'enen Kamps ist jetzt auch daö Organ des Grasen Taasse.die „Wiener Montagsrcvuc", cingctretc», und zwar mit einer ossiciöscn Auslassung, in welcher als Hauptgründe für die Auslösung der Rcichenberger Gemeindevertretung bezeichnet sind: tie "Nichteinlösung der vom Bürgermeister dem Monarchen versprochenen Abänderung der Unisormirung der Sichcrbcilswachc, ferner der Umstand, daß der Bürgermeister bei der ofsicicllen Feier des kaiser lichen Geburtstags die ibm von dein Monarchen verliehenen Orden nicht anlcgtc und daß der Stattratk anläßlich der öffentlichen Rüge dieses Verhaltens dem Bürgermeister durch einen feierlichen Fackelzug für die angebliche Verunglimpsnng Genugtbuung gegeben bat, endlich die Tkatsacbe, daß in der Badeanstalt von Roscitthal ein Placat des Znbalts angebracht wurdc.daß hier nur deutsch gesprochen werden dürfte. Es wird des halb von Znlcrcssc fein, den Wortlaut des Pro test es kennen zu lernen, den die Mitglieder des aufgelöste» EollegiumS gegen die Maßregel der Prager Stalthaltcrci erlassen haben. Zn dem Protest ist gesagt: „Wir legen entschieden Verwahrung gegen die verfugte Auslösung des EoUegiumS ei» und erklären diese Maßregel gesetzlich nicht für begründet, weil dieselbe keine bestimmten, zur Widerlegung geeigneten Lhatsache» enthält. Wir verlassen unsere Vertrauens- äinter, nicht »iedergebcugt von Schuldbcwußtsci», nicht verbittert durch den Verlust des Vertrauens unserer Mitbürger, wohl aber tief bewegt über Las Unrecht und den Undank, die uns zu Theil geworden sind für unsere mit hingebcnder Opser- willigkeit jederzeit pslichtgctrru dem Staate und dem Vater- lande geleistete erfolgreich«, durch die Allerhöchste Auszeichnung anerkannte Thätigkeit. Den Verleumdungen, welch« uns Mangel an Kaiser- und Reichstreue zur Last lege», entgcgcnzutrctcn, halten wir unter unserer Würde, der feierliche Empfang des Kaisers im verflossene» Jahre liefert de» glänzendsten Beweis unserer unwaiitelvaren Anhänglichkeit an Kaiser und Reich. Auch nehme» wir die Ucdcrzciiguiig init »ns, daß wir jederzeit mit aller Entschiedenheit für die deutsche Eigenart unserer Stadt eingelreten sind. TerPrüsung uiiscrerVerwallung jede» wir ruhig entgegen, da wir uns in feiner Weile eine Pflichtverletzung zu Schulden kommen ließen. Das Woblj unterer) Stadt erheischt ce-, daß der gegenwärtige AnSnaliinczustand nicht verlängert werde, was mit der Ergreifung von Rechtsmitteln unauc-blciblich verbunden wäre, daß vielmehr diesem Zustande baldmöglichst ein Ende bereitet und die legale Vertretung der Gemeinde ebeslenS ins Leben gerufen werde. Von dieser Erwägung geleitet, verzichte» wir aus die lieber- reichung der uns zuslcbeudei, Beschwerde und bitte» um lchleun-ge Ausschreibung der Neuwahlen dcS StaLlverordneten-CoUegiums." Gras Eoudcnbove, so meldet unser Rcichenberger Berichterstatter, verweigerte die Annabmc dieses Protestes und nahm lediglich die Erklärung zur Kcnnlniß, daß das abgcsetztc Eollcgium aus die Bcschwcrdesiibruiig verzichte. Zn Rcichcnbcrg macht sich bereits die Agitation für die Wiederwahl aller früheren Vertreter dcS EvUcginms geltend die zu diesem Zwecke vom Deutsch-nationalen Vereine ein berufene Wäblerversammlung wurde jedoch vom Grafen Eoudcnhove verboten. Zn Betreff der MinislcrkrisiS in Pest wird beute gemeldet, daß allerdings die Lage des Eabinets eine kritische ei, daß jedoch die Gerüchte, der Rücktritt Szaparn'S ei bereits Tkatsachc oder doch unmittelbar bcvorslcbcnd, auf keinen Thatsachcn beruhen. Ter bisherige Zustand werde noch einige Zeit sortbcslekcn und Vcrmittbunge» über den Nachfolger Szaparn'S könnten beute noch nickt ernst genommen werte». Tic regierungsfreundlichen Pcstcr Blätter sind heule allerdings schon ganz kleinlaut. Der „Lloyd" gicbt zu, daß die Dinge i» bisheriger Weise nicht weiter geben könne» und das; nur eine starke Actio» der Regierung in der kirchcnpolilischcn Frage noch einmal ihre Stellung in der eigenen Partei befestigen könne. Zn Wabrhcit befindet sich diese Partei in einer ge linden Auflehnung gegen Szapary. Nack einer weiteren Meldung wird mit Bezug ans die politische Krise von com- pclcnler Seite die Ansicht geäußert, daß das Ende derselben in der Form einer gänzlichen oder tkcilwciscn Acndcrung zur Zeit nicht in Aussicht siebe, zumal der Finanzmiiiisler Wclcrlc sich unmittelbar vor wichtigen Entschließungen betreffs der Valutarcgulirung befinde. Es ist nicht un möglich, daß Szapary sich mit einer dreimonatigen Zn dcmnilät sür das Budget begnügt und de» Rcichsrath vcr tagt. Ein Ministerium Esak» oder Apponyi hält man sür unmöglich, eher ein Ministerium Cccll oder die Zurück- berufnug von Eolomau Tisza. Bon italienischer Seite war neulich gegen Frank reich ter Vorwurf erhoben worden, daß dessen riesige Hccresrü st n »gen hauptsächlich die große politische Spannung in Europa und die fast »»erschwinglichen Aus - gaben der meisten Staaten für milita irische Zwecke bervorgcrufcn hätte». Auf diesen Vorwurf antwortet jetzt eine ofsieiöse französische Stimme in der „Politischen Eorrcsp.": „Eö ist wabr", so wird von dieser Seile gesagt, „daß die Franzosen seit dem Kriege von 187» eine beträchtliche Anzahl von Milliarden für die Armee und die Marine ausgcacbcn haben. Aber sic berufe» sich darauf, daß Alles von Neuem anzuschaffen und bcrzustcllcn war: Kanonen, Gewehre, Befestigungen, Lcdcrzcug. Uniforme», tie verschiedenartigsten Gerätbc, Lebensmittel, Pferde, strate gische Eisenbahnen, Waggons, BallonS, Fcldtclegraphc», Panzcr- fchiffc und Torpedoboote :e. War cS nicht ikr Recht »nd ikrc Pflicht, die Landcsvcrtbcidigiing zu organisiren? lind ferner: Zm Zabrc I87>> befand sich die ungenügend vorbereitete Armee einem gänzlich gerüsteten Feinde gegenüber; man will nicht, das; ein solches Unglück neuerdings über Frankreich hcrci»- brcchc. klebrigen« hat ja, wie man bicr betont, auch das sieg reiche Dculschland seine Rüstungen verstärkt und überdies Allianzen geschlossen." Tic vorstcbcndc Verwahrung läßt nur einen sehr wesentlichen Umstand außer Betracht, und das ist die Thalsache, daß das französische Volk, samml seiner Regie rung, heule noch nicht aus den Standpunct der ehrlichen Anerkennung dcS Frankfurter Fricdcnsvcrtragcs angelangt sind, sondern ganz unverhohlen aus einen günstigen Ncvanchc- kricg spcculircn. An die Petersburger Stadtduma ist die Frage herangetrclcn, welcher Mokuö bei Vornab me der Stadt- verordncten-Wahlcn zu beobachten sei. Die „Now. Wrcm." rcfcrirt darüber »i folgender Weise: „Ans Grund beS Art. 2t der Stäbtcorbnung vom ll. Zuni 1802 wird zur Vornabme der Wabl zu Stadtverordneten aus der Zahl der stimmberechtigten Personen eine aUgcmcincWählerversamm- tung gebildet. Zst die Wählerschaft zu zahlreich, so kann die Wäblcrvcrsammlnng zur Bequemlichkeit der Wahlen in Bezirke »ach den Gegenden der Stadt cingctbeilt wcLdcn, so daß jeder Bezirk die der Wäblcrzahl in demselben entsprechende Anzahl von Stadtverordneten zu wählen bat. Sich für den einen oder den anderen WahlmoduS zu entscheiden» ist der Duma überlassen. Zudem nun die Stadtverwaltung diese Frage der Duma zur Entscheidung vorlegt, befürwortet sie ihrerseits die Vornabme der Wahlen in einer einzigen Wähler- Versammlung. obne Tbcilung derselben ini Stadtbezirke. Ein solchcrModusba» »ach Ansicht dcrStadtvcrwaltnngdasGutefür fick', daß der Wähler babcr in der Lage ist, aus der Zahl aller ibm in der ganzen Stadt bekannten Personen seine Eandi- dalcn zu wählen, während bei Vczirkswablen nur im Bezirk selbst lebende Personen gewählt werden könwen, die dem Wähler vielleicht wenig bekannt sind. Die Vielzähligkeit der Wähler bereitet nach Ansicht der Verwalliing keine Schwie rigkeit. Man setzt voraus, daß in die Wählerliste circa «000 Personen cingclragen werden. Z» früherer Zeit erschienen zum Wablaet von der Gcsammlzabl der Wähler gegen 20 Procent. Zu, gegebene» Fall rechnet die Stadtverwaltung aus da» Erscheine» keiner größere» Zahl und bat daher annähernd 20«>i) Wähler im Auge, eine Zabl, die recht wohl im Laufe eines Tages die erforderliche Anzahl Eandidaten dallotiren kann. Z» Erwägung alles dessen proponirl, wie gesagt, das laktamt den Modus der Wabl in allgemeiner Versamm lung, zum Schluß »och darauf hinweisend, daß bei einem solchen Modus viel Zeit gewonnen werde für alle dem Wahl- acle voransgchcntcn und ihm folgenden Handluuaen." Die Meldungen, daß die griechische Regierung ihren Streit mit Rumänien vor die Mächte gebracht habe, sind jedenfalls voreilig, denn nach den bis jetzt vorliegenden Berichten ist bisher bei den Eabiiictcn leine derartige Milthcilnng aus Griechenland cingelaufcn. Auch wenn in manche» Berichten von der Anrufung eines Schieds gerichtes gesprochen wird, so sind diese Berichte mit Vorsicht aufzuncbmcn, da cs sich um eine bei den Gerichten anhängige vcrniögcnsrcchttichc Angelegenheit bandelt »nd in einer solche» wobl nicht gut bcaniprucht werden kan», daß eine srcmde Regierung ein SchicdSrichteramt übernehme. Leirilletsi,. Dämmerungen. Roman iu drei Büchern von Rudolf von Gottjchall. NI Nachdruck »erboten. (Fortsetzung.) „So konnte es nicht auSbleiben", fubr die Mutter fort, „raß sie auch auf Abwege gerietb. Wir wußten nichts taoon . . wir merkten eö erst, als eS schon zu spät war. Sie besuchte oft zwei Fisck>erSlcutc im Nachbarbors — lmt muß sic die schlimme Bekanntschaft gemacht haben. Es war gewiß irgend ein vornehmer Herr, der zum Ver gnügen in Zell am See verweilte, denn da isl's schön . . o so schön! Herr Toctor! Ter prächtige See ... die Alpen Ibäler, die hinauffübren zu den Schncckappcn, die der alte Großglockner nie abnimmt . . . cS sind allzeit viele Fremde kort und ein solcher Fremder wird es gewesen sein, den Käthe kennen gelernt hak. Einmal sahen wir sic auf cincm Kahn im See mit cincm fremden Herrn ... sie war'S, sie führte das Ruder ... und der Mond schien ibr gerade hell ins Gesicht. Ten andern konnten wir nicht erkennen, er wandte uns den Rücken zu. Sic sprach später nie von ibm und auch kie Fischcrsleute wußten nichts Näheres milzulbcilcn Teresa wurde geboren ... nicht zu früh und nicht zu spät, alles fummle; sie war ganz das Kind ihrer Mutter." „Und die Mutter ..." „Wurde schwermütbig, wozu sie schon immer sehr viel Neigung batte. Sic kümmerte sich wenig um das Kind; sie wandelte planlos in den Bergen herum, fuhr ganz allein über den Sec... sie meinte zuweilen, ibr sei'S zu Muthe, als ob er sie noch deglcite. Tan» blieb er wobl fort, bas beißt der Geist, den sie zu sehen glaubte; sie suchte ihn überall ... einmal auck hoch in den Bergen und kam a»S dem Kapruner Thal, wo sie bis zu den Gletschern empor gelleltcrt »nd von einem Wetter überrascht worden war, eines AbentS übermüdet, zerzaust, zerschlagen nach Hause. Einige Tage darauf stürzte sic sich in den See ... duS war eine schreckliche Zeit. O sie batte auch früher schon oft gesagt, cS sei ihr nichts am Leben gelegen ... und man könne ja damit machen, waS man wolle ... mit dem Leben nämlich. O, sie war recht gottlos und ging nie in die Kirche." Lswald batte gespannt zugebört: das war die Mutter so wuchs seine beklemmende Sorge um die Tochter, die ja jckirn bewiesen, daß sie ein trauriges Familienerbc angetreten „Und so ist Teresa", fuhr Frau Stobitzcr fort; „sic sagt nicht, waS sie denkt und fühlt ... doch cS war nicht mehr gcbcuer damit Sic nahm zwar bicr keine Besuche an, doch sie war auch nicht mehr zu Hause. Wir sind schlichte Bürgers Icute; doch es ist bei nnS sehr gemiiihlich, Herr Toctor. Ter Georg hier ist ein kleiner Prachtkerl und die Rosa bat Ge danken ... wo die nur Herkommen ... einen ganzen Kopf voll Weihnachtölichter. Und Teresa gcficl'S anfangs an srcicn Abenden scbr gut bei uns. Wenn man so »in die Familicn- lampc hcrumsitzt ... cS ist ein so schönes Gefühl! lind daö »ins; ich meinem alten Stobitzcr nachsagcn: er bat Sinn fürs Häusliche ... er läuft nicht alle Abende in die Wirthöhäuscr, nur ein paarmal in der Woche." „Oft nur viermal", warf Stobitzcr ein, gerührt von der Anerkennung seiner bausväterlicben Vcrdiciisie. „Und da saß Teresa so hübsch bei uns und näbte an ihrem bunten Zeug und srcutc sich an den Bemerkiingen der Kinder. Gesprochen bat sie freilich wenig »nd sie hatte oft etwas Abwesendes ... weiß Gott, wo ihre Gedanken »mber- schwcistc». Zn der letzten Zeit aber war sie Abends säst nie zu Hause; die Tireclion fuhr mit vollen Segel», oft sogar Proben zur Nacht... und der Hausschlüssel spielte noch nach Mitternacht eine große Rolle. Es ist unrecht, zur Nacht Proben abzubaltcn. Wenn man auch nichts iit als ein Komödiant, man will doch zur Nacht wenigstens seine Rübe baden. Zeder anständige Tagelöhner darf doch des Nachts ungestört schlafen. Unk das Probircn zur Nacht zeit hat doch für ein junges Mädchen auch seine Gefahren. Zm Tunket» ist gut muntcln . . . und zuviel GaS werden diese Gauner und Geldschinder, diese Thcatcrdireclorcn, nicht verbrennen, wenn erst die Vorstellung vorüber ist." „Sprich nicht so, Rosalie! . . . Ter Director ist unser Kunde." „Aber immer sind ihm die Semmeln nicht reckst und die Hörnchen zu hart! Er soll nur in seinen eigenen Backofen gucken ... welch ungenießbares Zeug setzt er tc» Leuten vor! Doch wie gesagt, Teresa kam säst gar nicht mehr Abends zu uns und blieb auch in ibrcn^ Zimmer, wenn sie zu Hause war. Ta)n kam. baß bei uns die Sachen nicht mehr »ach Wunsch gingen und wir ihr vorlamcittircn mußten! Das muß ich sagen, Stobitzcr! Ten, Herrn Toctor tie Wahr heit . . . nud wenn sie auch nicht so gut schmeckt wie ein Wcihnackstsstrictzel ... aber hübsch auSaebackcn muß sie sein." Stobitzer nickte zustimmend, aber mißvergnügt. „Sie werten ja gehört baden . . . ein Streik ter Ge selten ... Lohnerhöhung und waS dergleichen unsinniges Zeug mehr ist. Ta krachte auch nnscr Geschäft in alle» Fugen wir blieben lange Zeit standbast, aber wir gerietben in Geld Verlegenheit. Teresa bat uns sogar einmal geholfen durch freundliche Fürsprache bei cincm Gläubiger; aber cs war eine traurige Zeit . . . kein Brod, keine Semmel im Laden . . . kein Rauch aus der Este. Unsere Verkäuferin ging spazieren »nt verliebte sich ans Langcrwcilc in einen Barbiergefellen. Erst als der Streik auskörtc, sab sic ihre Thorbcit ein; jetzt lebt sic wieder dinier dem Ladentisch und wenn der Geselle kommt, crbält er die trockene Semmel ohne etwas zum Zu- bcißcn. Daß cs da Teresa nicht sonverlich gcsiel, nehme ick, ibr nicht übel; ick, war in einer W»lh von Morgens dis Abends . . . was soll der Mensch sonst machen, wcnn's ibm chlcckst geht; und Stobitzcr kam säst gar nicht mehr nach Hause." „Beratbungcn, liebcö Kind!" „Und koch waren wir schlecht genug bcratbcn; denn wir mußle» zuletzt »achgebc». Zch setze seitdem Gespenster . . . ein triuniphirendcS Grinse» im Gesicht jedes Bäckcrjnngcn, der an mir vorübergclst. Doch wie gesagt ... Teresa mußte wctzl merken, daß nnscr friedliches Gluck einen Riß bekomme». Doch baS war'S nicht allein. ES meldeten sich hier sehr de deutliche junge Leute; sie zogen zwar vergeblich an der Klingel, doch sie werden sich dabei schwerlich beruhigt haben. Und unter ihnen war auch ein junger schmucker Osficier ... und baS ist das Schlimmste! Wen» der Untcrofficicr in der Küche erschein«, da brennt flewiß der Brate» an." Oswald erhob sich . . . offenbar beunruhigten ihn diese kehlen Mittheilunge». „Zch danlo Hhncn für Zhre lange Geschichte, Frau Stobitzcr!" „NichlS als Wahrheit, Herr Doctor!" „Zch wünschte lieber, daß cS ein Märchen wäre! Doch wo wobnt Fräulein Teresa jetzt?" „Das ist ein eigen Ding! Sic zofl zunächst ins Hotel und später, soviel wir erfahren, in emo Villa! Doch sie meinte, cs gebe einen Grund, weshalb sic nicht wünsche, daß wir ihre Adresse erführen; eS sei ibr lieber, wenn zunächst aller Verkehr zwischen »nS abgebrochen würde. Nun, neu gierig sind wir nicht; mag sie in den Mond ziehen, ich würde weder nach dem ersten noch nach dem letzten Viertel gucken. So können wir Zbre Frage nicht beantworten " „Sehr seltsam", sprach der Toctor vor sich bin; „doch ich werke sie zu finden wissen." Und nach freundlichem Abschied von den brave» Bürgers leuten ging er nach ter Wohnung seines BrndcrS und stieg in fast albcmloser Eile die schmalen Treppen zur Mansarde hinauf. Deutsches Reich. * Leipzig, 21. Oetobcr. „Zn welchen Mitteln einzelne weiter links siebende Blätter greise», um de» von ihnen ganz besonders gehassten gemäßigt Liberalen oder Nationalliberaleu „Eins anzubängcn", davon wird uns soeben daS folgende schlagende Beispiel »lilgctbcill. Der in Annabcrg er- sckci»e»dc „Scbnia Bote" brachte in seiner Nr. 2t8 einen Artikel, worin, ankniipsciid an den unlängst von Professor Karl Bicderm ann begangenen 80. Gcburtslag, der bei diesem Anlaß von seine» politischen Freunden als „Vorkämpfer des Liberalismus" hochgeehrt worden sei, aus dem „Torsbarbier" von 1KG eine ganze Reihe angeblicher Abstimmungen Bieder manns im Parlamente zu Franlfurt aufgezäblt wurde, in denen derselbe sich einer groben Verletzung der obersten Grund sätze, nicht nur dcS Liberalismus, sondern auch dcS Natio nalismus schuldig gemacht haben sollte. Der so Angegriffene bat sich bcrbcigclasscn, dem Annabcrger Blättchen eine „Be richtigung" (unter Bezugnahme aus t;. l t dcS Rcichspreß- ZweiteS Capitel. Teresa saß in einem mit Blumen und Eouifercn schön geschmückte» Boudoir ... die Ranken draußen tanzten im Hauch des Windes und das Sonnenlicht warf ihre Schatten in das Zimmer, wo sic ans dem Fußboden bin- und her- glittcn. Noch einen Blick hinaus in den (Karten, wo die Rosen von Dijon eine» Goldsisctstcich umstanden »nd weiter hin lieben dinier» Eoniserengruppen lichte Birkcnstämme den Sonnenschein auizusangcn schienen. Noch einmal las Teresa den Brief an ihre Freundin Bertha, che sie denselben znsicgcltc: „Wir sind solcher Stoff, Wie der von Träumen — und dieses kleine Leben llmfaßt ein Schlaf . . ." TaS sagt Shakcsspcarc, der aus meinem Büchcrbret siebt... Zhn lcj' ick-, aber was spiel' ich? t os ilii»» ^ von Lffcnbach . . . und mil vielem Beifall, lind ick» bin nicht munter, nicht beiter, nicht lustig ... doch es steckt ein ungesunder Trotz i» mir — ein Trotz gegen die hochtrabende Wichtig keit, womit sie das zusammcngctränintc Zeug des Menschen lebens aufsasien . . . und mit diesem Trotz statte ich die Spottfiguren aus, die beim Eancan der Violinen, bei dem Gekicher und Gelächter der b> und N-Sailcn über die Buhne schreiten »nd gleiten, Hüpfen und walze», und wenn ich mir eine solche olympische Göttin oder sagcnbcriihmtc Heldin so recht in ihres Nickst« durchbohrendem Gefühle als eine mit de» Sägcspänen der ordinärsten Empsinduiig auSgesütterte Puppe darstcllc: dann cmpsinde ich ein Gefühl der Genng- thuuna. DaS Große ist ja dem Kleinen gleich, da« Hobe dem Gemeinen . . . eS ist Alles solcher Stoff wie der von Träumen . . . Komödie hier, Komödie dort . . . und bei den Teufeleien Offcnbach'S suhl' ick', daß ich selbst nach bekanntem Ausspruch als cckilc Kiinsttcrin den Tciiscl im Leibe habe. Und wenn ich recht stürmischen Beifall sinke, da lach' ich die Opcrnsängerinnen aus, die auf uns „von der Operette" so vornehm hcrabseben. WaS haben sie denn voraus? Eine Richard Wagncr'sche VcnuS ist doch nur ein Schöne Helena mit großem O rchestcr und auch die gute Zsolde hat eine auf fällige Achnlickstcit mit der Königin von Sparta, die aller dings für ibrcn Paris keine Licbcstränkc »ötbig bat. Zch baffe diese pompliastc Oper »iit ibrcn aufgcbauscksten Ge stalten und ihrem unsäglichen Lärm, und diese DivaS, welch« abseits von der Biibnc oft in die verachteten Menschlichkeiten der Operette verfallen. (Fortsetzung folgt.)
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