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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.11.1892
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-11-08
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18921108019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892110801
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892110801
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-11
- Tag1892-11-08
- Monat1892-11
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A-o>meme»t-prer» I» der Hasptexpedittoii oder de» tm Stadt» deztrk u»d den Vororten errichteten Au»- aabestellea ab geholt: vierteljährlich^«.^ »ei zweimattger täglicher Zustellung in« Hau« ^l ückL Durch dt« Post bezogen für Deutschtaad und Oesterreich: vterteliübrltch >^l 6.—. Dirert» täglich« Kr«uzba»di«udaag tut Aullaud: monatltch 9.— Dir Morgenausgabe erscheint täglich'/,? Nhx, dir Abend-AnSgabe Wochentag» S Uhr. Nedartio« uud Ekiedittoa: I« Hanne«,affe 8. Morgen-Ausgabe. aWM.TWMlM Di« Irpedition i geSstnrt »o» annnterbrochen 8 bi»'«be»d, 7 Uhr. Filiale«: vtt» Ae««'» Eartt«. (Slfrrh Hahalü U»iv«sitLttstrab» 1, Leut» LSsche, Kathartnnlstr. r«, pari. n»d «öntgSpla» T Anzeiger. J»sertio«Spreis Die Sgespaltme Petitzeilc 20 Psg7 Neclame, unter dem NedactioaSstrtch («ge» spalten) bO/tj, vor den Familienaachrichie» (6 gespalten) 40/^. Größere Schriften laut unserem Preis» verzeichaib. Tabellarischer und Zisserosatz »ach höherem Tarif. Ertra-Vetlage» (gesalzt), nur mit de, Morgen-Au-gabe, ohne Posibesörderuog 60.—. wlt Postbesörderung ^l 70.—. Anuahmeschluß fir Znserate: Lbend-AuSgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-AuSgabe: Nachmittag- «Uhr. Soun» und Festtag- früh '/,9 Uhr. Lei de» Filialen und Annahmestellen je ela« halbe Stunde früher. Laserat« sind stets au dl« Expedition zu rtchtra. Organ str Politik, Localgeschichte, HMels- «nd Geschäftsverkehr. Druck «ch Verlag von L Pol» tu Leipzig. 571. Dienstag den 8. November 1892. 86. Jahrgang Amtliche Bekanntmachungen. Die Beerdigung unseres verstorbenen Collegen, des ordentlichen Professors der philosophischen Facultät Herrn Geheimen Hofrath Or pli. Wilhelm Alanrenbrecher, Comthur pp., findet Mittwoch, den 9. November, Vormittags, die unmittelbar vorausgehende Trauerfeierlichkeit in der Paulinerkirche 10 Uhr statt. Für diejenigen Herren Collegen, welche sich am Conduct betheiligen wollen, stehen Wagen im Paulinerhofe bereit. Leipzig, am 7. November 1892. Der Rector der Universität. v. Brieger. Lekarmtmachung. Hierdurch machen wir bekannt, daß wir die Lueck-Ltratze in Letpzig-Liudcnau von der Merseburger Straße bi» einschließlich der Kreuzung mit der Straße „V. U." ausschließlich der Fußwege, und die Straß» ,,V. Ü." von der Kreuzung mit der OueckuLtraße bi- zur Mühlbergschen Grenz« ausschließlich der Fußwege in da- Eiaenthum uud die Unterhaltung d« Stadtgemeiad« übernommen haben. Leipzig, de» LS. Oktober 1882. Der «ath der Stadt Leipzig. 10. ÜL90. vr. Georgt. vr. Redlich. Erstatteter Anzeige zufolge ist der für den Schänkwirt- Christian Wilhelm Holzhaus« hier, geb. den S4./7. 1846 ln Gutenberg bet Halle a/S., am 26. September ». e. hier unter Nr. I lbtt X. au-gestellte, bi» zum Sö. September 18S3 gtlttgr Reisepaß für da» Königreich Dachsen abhanden gekommen. Zur Verhütung von Mißbrauch wird dieser Paß hiermit für augiltig erklärt. Leipzig, de» 4. November 1892. Da» Palizriamt der Stadt Leipzig. 11. «SLÜ. Bretschaeidrr. K. Viebstahls-Lekanntmachung. Gestohlen wurden laut hier erstatteter Anzeige: 1. eine goldene Tameu - Remontotrustr mit Verzierung in Form eine» Emaillekranz«« und mit auhängeuder goldener kurzer kletugltedriger «ettr mtt goldenem Medaillon mit weißer Perle, am IS. vor. MiS; 2. ein goldener Damenring, vermothlich mit rothem Siein, am 29. vor. Mts.; 5. eine silberne Remontotruhr mtt ciselirtem Goldrand, Sekunde, Fabriknammer 449 S40 uud auhängender weißer Metall- kette, am 22. vor. Mts.: 4 ein schwarzlcd. Portemonnaie mit Seidenschlößchen, ent- haliend ca. »0 ^l in einer Doppelkrone und bO ^Stücken und eiue Stndentrnkarte aus „Theodor Porth" lautend, am b. d. Mts.; b. ein Krauenrock von Laschemir, schwarz, mit Falbel und ein schwarzer AtlaSrock mit ripSseideacm NnterroS, mit Blnmenspitze besetzt, vom 13. bi» lb. vor. MtS.; 6. ein Sommerüberzieher» grau, getragen, dunkelgrau ge» füttert, mit einer Reihe Knöpfe, verdeckter Batterie und Stofshenkel, — am rechten Oberarm ein kleiner Defcct — am 4. d. Mi-.; 7. rin Varton mit 15 Stück Lamenletbchen von Tricot und einem dergleichen von Seide, verschiedenfarbig, vom 29. vor. bis 2. d. Mt».; 8. ein neue» Herren - Hacket von gelbbraunem Stoff mit Spiegelkragen, überzogenen Knöpfen uud grauem, halbseidenem Futter, am 2. d. Mt».; 9. ein Wtnterüberzteher, olivsarbig, glatt, mit grauem, bunt- carrirtem Futter, Sammetkrageu, 2 Reiheu HornknSpfe» uud Kettchen- Henkel, am 31. vor. MiS.-, 10. ein Vinterüberzieher, schwarz, glatt, mit einer Reibe Knöpfen mit verdeckter Batterie, Sammetkrageu, grauem Lamasutter uud neuer Bord«, am 4. d. Mt».; 11. ein Wtnterübrrztehrr, getragen, schwarz, mit Sammet kragen, braunem gestreiften Futter, HornknSpfrn mit verdeckter Bat- trrie, Kettchenhenkel und der Bezeichnung „Mohrmann, Bremen" unter demselben, ein Filzbut. dnnkrlgrau, steif, weiß gefüttert, mit der Firma „Baupel, Bremen", et» brauner Spazierstock mit Krücke, am 31. vor. MiS. ; 12. ein Sommerüberzicher, stahlgran. dunkelgrau gefüttert, im Henkel die Bezeichnung „Prieß" am 2. d. Mt».: 13. ein Sommerüberzikher, schwarz, glatt, mit schwarz halb» wollenem Sckooß- und buntgestreiftem Acrmelfuttrr, einer Reihe knöpfe und Kettchenlienkel, am 23. vor. Mts.; 14. 8 w Palctotftoff, dunkelblau, schräg gestreift, Mitte vor. MtS.; 1b. ein vlock Viel, 70 Kilo schwer, am 30. vor. MtS.; 16. ein Tretrad, gebraucht, Amsterdamer System, au der Lenk stange ohne den linken Handgriff, am 4. d. Mts. Etwaige Wahrnehmungen über den Verblieb der gestohlenen Gegenständ« oder über den Thäter sind ungesäumt bei unserer Crimiaal» Abibeilung zur Anzeige zu bringen. Leipzig, am 7. November 1892. Ta» Voltzeiamt der Stadt Leipzig Brrtschnetder. Zwangsversteigerung. Da» tm Grundbuch« auf den Namen Carl Lo«i» Derlei ein- getragene, in Chemnitz lEarolinenstraße Nr. 2) gelegene, bisher als Hotel („Burg Wettin") benutzte Grundstück Nr. 1106» des Flur» buch-, Nr. 311 «bth. Ill de« Brandkatasters, Folium «ISO de- Grundbuch» für Chemnitz, bestehend au- Wohngebäude mit An- lagen für Ga», und elektrische Beleuchtung, drei Nebengebäuden, Vorgarten und Hofran«, geichätzt aus 200,060 >l, soll an hiesiger AmiSgerichi-stelle zwangSiveise versteigert werden und e» ist der 1«. Rovenibrr I88S, vorniittag» 10'/, Uhr, al» BerfleigeruuaStermia anberaumt worden. Eine Uebersicht der auf dem Grundstück« lastenden Ansprüche und ihre» RaaaveehältaiffeS kann i» der GrrtchtSschreiberei dr- uutrrzeichneteo Amtsgericht» «ingesehea werden. Chenenttz, am 4. November 1882. K»ut,ltche« A«t»«rrtcht. ASttz. v. »st. «,»»„,. voljah» Die Lage in Spanien. Obwohl der Telegraph sehr spärlich mit seinen Mit teilungen aus Spanien ist, so geht doch aus Allem, was in de» letzten acht Tagen dort geschehen ist, mit voller Sicher heit hervor, daß die Grundlagen des spanischen StaatSwesenS aus das Schwerste erschüttert sind. Man hat von den Er eignissen in Granada berichtet, weil sie sich nicht todt- schweigen ließen, aber die Gründe, welche die Königin- Regentin bewogen haben, der EnthüllungSseier in Granada fern zu bleiben, sind noch immer unbekannt. Ja man geht in der Vorsicht so weit, daß man lediglich die Abreise der Königin-Regentin von Sevilla» die am 4. November erfolgt sei, meldet, da« Ziel der Neise aber verschweigt. Nun, die Ereignisse, die sich bei ihrer Ankunft in Madrid abspielten, reden eine um so vernehmlichere Sprache. Etwa 20 000 ersonen forderten vor dem Königspalast die Entlassung von anova« del Eastillo. Dagegen hat die Welt bisher so gut wie nichts erfahren von den aufregenden Sccnen, die sich in Madrid am 3l. October abgespielt haben. Dort sollte aus Anlaß der EolumbuSfrier eine große Musikaufsührung aller ReaimentSmusikcorpS, unter- stützt von den Liedertafeln und Gesangvereinen, stattfinden, al» aber die Zeit zum Beginn der Aufführung heranrückte, zeigte es sich, daß die Bevölkerung einmal wieder genarrt worden war, denn kein Musiker und kein Sänger ließ sich sehen. Erst drei Stunden nach der für den Beginn angesetztcn Zeit wurde die Menge unruhig, die Inhaber von Tribünen- Plätzen zogen sich zurück, und zcyt begann daö ZerstörungSwcrk genau in derselben Weise, wie drei Tage später in Granada, nur mit dem Unterschiede, daß sämmttiche Laternen der Haupt- straßcnMadridS von deraufgeregtenMenge zertrümmert wurden. Madrid befand sich vollständig unter der Herrschaft deS Pöbel», denn die Polizei schritt erst ein, als das Zerstörungswerk vollendet war. DaS bat sich Alles so glatt und sicher ab gespielt, daß man hatte an eine vorherige Verabredung glauben können, wenn sich nicht aus der ganzen Sachlage das Gegeuthcil ergeben bättc. Wie der Stadtratb dazu gekommen ist, durch die öffentliche Bekanntmachung der Mnsikausfübrung sich einer so beispiellosen Verhöhnung der Bewohner von Madrid schuldig zu machen, ist nicht bekannt, jedenfalls sind die Folgen solche, daß man noch lange der Vorgänge der Nacht vom 31. October z»m 1. November gedenken wird. Die Nufc, die aus der Menge laut wurde», sind bezeichnend Tod dem Alcalden, Tod den, Stadtrath, Tod den Eonser- valiven, Tod dem Ministerpräsidenten! DaS ist daü Ente der mit so großem Geräusch begonnenen EolumbuSfrier. Dem König bat sie eine schwere Krankheit eingetragen, den Staat ins Wanken gebracht, die Königin - Negentin in die Nolbwendigkeit eines MinistcrwechsclS versetzt und den Be stand der Monarchie in Frage gestellt. Die Vorgänge in Granada sind typisch für die Lage der Dinge in Spanien. Dort ist man zunächst gespannt auf die Ankunft des HoseS, und daS Volk siebt in freudiger Stim mung der Enthüllung des ColumbuS-DenkmalS entgegen Als dann die Gewißheit vorhanden, daß der Hos nicht kommen wird, werden alle Triumphbogen und Tribünen zcr stört, und schließlich macht sich die Aufregung des Volkes in dem Verlangen nach billigeren Brodprcisen und nach Arbeit Luft. So lauge es noch etwas zu sehen und zu hören aiebt, schweigen die sonst so gebieterisch Befriedigung hei schenden Bedürfnisse nach Nahrung und Arbeit, dann aber machen sie sich um so stärker geltend. Granada befindet sich seit einer Woche in vollem Aufstande, zuletzt wird sogar von 240 Verhaftungen berichtet. Und in der Hauptstadt scheinen ganz dieselben Verhältnisse zu Kerrschen, auch dort redet die Noth der ärmeren VolkSclassen eine laute Sprache. Zwar scheint in neuester Zeit keine außergewöhnliche Steigerung der Noth eingetreten zu sein, aber die vorhandene kommt lebhafter z»m Bewußtsein, wen» solche Leute wie der Alcalde Bosch trotz unredlicher AmlS- sührung auch noch ihrem Uebcrmuth die Zügel schieße» lassen. Man steht bei diesem Anlaß einmal, eine wie leicht leitbare Menge die Besitzlosen in Spanien darstellen. Ein wenig Vergnügen, etwas Rücksicht aus ihre bescheidenen Wünsche macht sie so gefügig, daß sie sich allen Entbehrungen willig unterwerfen. Der Spanier ist nicht wie der Italiener zu Verschwörungen geneigt, dazu ist er zu sorglos, zu leicht lebig. Er kennt nur zwei Leidenschaften: Rauchen und Stirr- kämpfe, im Uebrigen ist er Wach« in den Händen Derer, die ihn zu leiten verstehen. Aber nun ist eine Elaste von Leuten vorhanden, die das Bedürfnis haben, eine Rolle zu spielen, und diese üben da- Handwerk der Verführer. Ter Spanier ist sebr eingenommen für eine bequeme und beschau liche Lebensweise, deSbalb sucht er irgend einen Posten zu erringen, der ihn nährt, ohne an seine ArbeitSkrasl und an seine Fähigkeiten große Anforderungen zu stellen. Daher die große Anzahl von Officicren, die niemals Dienst thnn, und von Titularbeamtcn, denen da» Amt nur dazu dient, um ihnen eia gewisse« (Hebalt zu sickern. Diese Leute thun bei den Wahlen gute Dienste. ,m Uebrigen sind sic aber für den Staat eine Last, die ihm Millionen kostet, ohne irgendwelche Gegen leistung. Wem, di« Unhaltdarkrit einer Regierung offen kundig wird., dann schlägt unttt solchen Umständm^d.e Stimmung leicht um, und das ist die O ) ^ ' daß Spanien stets rechnen muß. Nachdem man ge,eyen v - ^ der kleine König keine Widerstandskraft hat, ist die Hst ^ auf di- Zukunft der Monarchie wesentlichherabgcslimn uo man darf wohi annebmen. daß d.c Krankheit deö Komgs an den Ereignissen der Letzten Wochen -men beträchtlichen An "'"Jedenfalls hat daS Gefühl der Sich-rheisi dass nach zehn Jahren wieder ein Kömg an der Spitze Spaniens st-Y-» wird, dadurch einen schweren Stoß erhallen. ES kommt hinzu, daß EanovaS East,llo m den brc Schichten deö spanischen BurgerthumS tief verhaßt ist. Enne Gegnerschaft gegen däS allgemeine Slimmrcchlh ihm sehr geschadet, obgleich der spanische DurchschnUtSwab wenig oder gar keinen Werth daraus legt, ""üb , er scm Wahlrecht auöübt. wie d,e Erfahrung lehrt, mach er fa überhaupt einen sehr g-r.ngen Gebrauch v n d. sc... Recht. Jetzt hat die öffentliche Meinung den Lunsch uach Entlassung dcö Ministeriums EanovaS deutl,^ kund gegeben, aber die Königin Regentin, welche Weiß, emc wie wcrthvolle Stütze EanovaS in schwierigen Lagen Alfon« Xii. war. mag sich sckwer entschließen, von EanovaS Wieder aus SagasM zurück-ugreif-n. 'War ja doch Sagasta uumer nur als Vorstufe für ein Ministerin», EanovaS in Aussicht gc nomine,>. Der Schritt von Sagasta zu EanovaS war leicht, weil EanovaS hinter den Eoulisfen schon unter der Regierung Sagasta'S stelS die Enlscheidung in wirbligen Eiligen getroffen hat, um so schwer ist es für die Königm-Regentm, den Sckntl zurückrumachcn. Es ist kein gutes Zeichen, daß dir Nachrichten aus Madrid so spärlich fließen, mindestens daraus ber- vor, daß die Königin-Negentin noch keinen Entschluß gesaM hat. Und in der Thal würde der Wechsel wohl ein Zugestandnih an die öffentliche Meinung sein, aber kaum dazu dienen, dir Corruption auszuhalten. Alle- daS, wa- jetzt unter dem conscrvativcn Ministerium zu Tage tritt, war m seinen An fängen schon unter dem liberalen vorhanden, Rechtspflege und Verwaltung waren ebenso mangelhaft und unzuverlastig als sie heute sind. Die Zeitverhältnisse haben sich nur ge ändert. Fortwährende Arbeiterbewegungen, besonders in Barcelona, und im Frühjahr der Anarchistenproceß ui LercS, dann die Columduöseier mit allen ihren Wechsclfallen, die Marktweiber - Unruhen nicht zu vergessen, haben die Lage so wesentlich verändert und verschärft, daß CanovaS sie lelbjt kaum wieder zu erkennen vermag. EanovaS ist wenigstens stets bereit, Truppen zu verwenden, wenn sich die Verhält nisse bedrohlich gestalten, was von einem liberalen Mim- sterium in Spanien nicht niit Sicherheit zu erwarten ist. Die Königin - Regcntin weiß, daß ihre Stellung heute ge- fährdet ist, und deshalb ist sie um so zurückhaltender in der Acudcrung des Bestehenden. Deutsches Reich. * Lcipzta, 7. November. Die Meldung der ultramontancn „Köln. Volköztg.", daß schon seit Anfang dieses Sommers ein „Leipziger Katholikentag" vorbereitet werde und daß die Bemühungen für das Zustandekommen desselben fort gesetzt werden, hat die „Leipziger Zeitung", die so gern die sächsischen Conservativcn mit dem Eentrum „in gewissen Fragen" zusammengehen sehen möchte, in begreifliches Un behagen versetzt. Unserer Meldung gegenüber hatte daS Blatt de» Kopf in den Sand gesteckt, statt sich da zu erkundigen, wo auch wir unS erkundigt hatten. DaS Vogel-Strauß- Spielen geht nun nicht länger an. Die »Leipz. Ztg." druckt daber die Auslastung des rheinischen EentrumSblalicS ab und begleitet sie mit folgender Bemerkung, die dem Schmerze über den Undank des EenlriimS beweglichen Ausdruck giebt: „Wir haben die erste Nachricht über die hier geplante Bersamm- lung bt-her für eine kleine Muslification der hiesigen EultiirkLmpser ge- halte» und ihr daher weitere Beachtung nicht geschenkt. Da sie von dein leitenden rheinischen LentruniSblatte nun doch bestätigt wird, können wir den leitenden Kräften des Lentrums, falls da» Projekt in der Thal von ihnen und nicht von untergeordneteren Kräften aus- geht, nur versichern, das, ihr gewohnter Scharfsinn i» der Ben» Weitung thatsächticher Verhältnisse und in der Ausnutzung politischer Situationen sic diesmal gründlich im Stiche gelassen hat. Kein deutsches Land wäre ungeeigneter für die geplante Demonstration als das Königreich Sachsen und nirgends wäre ihm alljeitige Zurückweisung sicherer als hier — da» sollten so finge Taktiker doch eigentlich wissen. Wissen sie er aber wirklich nicht, so mögen sie es sich von uns sogen lassen, die unser» einheimischen Culturkämvfern schon so halb und halb al» heimliche Katholiken geilen. Wir haben die hier übliche Katholikenangst (?) nie anders als von der heiteren (!) behandeln können, weil ihr bet der geringen Zahl der in Sachsen lebende» Katholiken, ihrem durchaus friedlichen «ustrete» und der Uebcrzahl der Ucbertritte au» der katholische» zur evangelischen Kirche, bisher der ihatsächliche Boden fehlte. Auch die Bewegung, die sich der vor. jährigen Erklärung de« Bischofs vr. Wahl anschloß, schien uns ein Sturm im Wasserglas«. Will die Lentrumsleitung dieser Bewegung aber durchaus eine thalsSchlich« Berechtigung geben und alle protestantischen Elemente de» Lande-, auch diejenigen die am Ciitturkamps keinen Geiallen finden, ,um riamülhigeil Wider, slande sammeln, so können wir ihr allerdings nur rächen, ihr Projekt weiter zu v.-rfolgen. Ihrer Niederlage kann sie schon heute sicher sein ES wäre da« Kurzsichtigste, wa» da» Centrum bisher unternommen hätte, um sich auch diejenigen protestantischen Elemente zu entfremde», die von derNothwendigkeil, mtt dem Len. kl"!." Fragen zusammenzugehen. überzeugt ! " *!' Hab'" w»r die Lehre gepredigt, daß die decken großen Be- kennlnlff. der christliche,. «,rch. heutzutaa. Besseres zu thun hätten, al» sich gegenseitig zu bekämpfen. Will inan unS von kacholiich. klerikaler Sette zum Danke dafür, daß wir in dieser Weis« bisher »um Frieden sprachen, durch Beranstaltung provocatorischcr Per» -inminngen Lugen strafen, so ioird man dt« Rechnung Voraussicht- lich ohne den Wirth gemacht haben." 7. November. Der „Socialist- erklärt, daß es die soc,alvcmokrat,sche Partei früher nie verletzt habe, wenn ihren Anhärmern der Borwurf gemacht worden ^'de nicht so genau. Und sie Hab« zu sittlicher Entrüstung, da sic all« »eicknl!'Onft'lutioneil. stets al« für sic nicht bindend be- zeichnet habe. So stehe m dem „Katechismus der Social- Engel«?"" ' """"unistischen Manifest von Marx und »in^ 'lt eigenthumlo,; sein «nhältnib z» Weib und jochung unter daS Capital, dieselbe in England w!c in Frankreich, Amerika wie in Deutschland, hat ihm allen nationalen Lharakler abgestreift. Die Gesetze, die Moral, die Religion sind für ihn ebenso viele bürgerliche Vorurthetle, hinter denen sich eben so viele b ü rg e r l t ch « Jnteressen ver- Ueber die socialdemokratische Praxis den eidlichen Aus sagen resp. dem Meineid gegenüber führt der „Socialist- serner Folgendes aus: „Aus den verschiedenen Programmen der soclaldemokratischen Partei läßt eS sich nur indirect beweisen (daß die Partei sich in der EideSfroge nicht anders verhalten kann) und zwar derartig: Wenn man die ganze bürgerliche Gesellschaft negirt und bekämpft, so ist c« einfach logische Folgerung, daß man auch alle einzelnen Institu tionen, die die bürgerliche Gesellschaft zu ihrem Bestände nütdig und demgemäß eingesetzt hat, negirt und bekämpft. Zu diesen Jnstittitionen der bürgerlichen Gesellschaft gehört der Eid — er^o muß man auch den Eid bekämpfen. So hat die Masse der socialdcmokratischen Anhängerschait früder gedacht, so denkt sie noch heute, wo sie nicht eben durch fraktionelle Schönredner in ein« sittliche Entrüstung hincingejagt worden ist. ES läßt sich beweisen, daß die sämmtlichen Genossen, welche unter dem Soctalistcngesetz wegen Meineids verurthcilt wurden, nachdem sie ihre Strafe abgebüßt hatten, mit Freuden wieder in den Kreis der Genossen aus genommen worden sind. So fallen uns beispielsweise zwei Chemnitzer Genossen ein, die wegen Meineids mehrere Jahre Zuchthaus verbüßt haben und heute in der Bewegung die alte Rolle spielen, während der jenige, durch dessen in der Angst begangene» Berrath ie an» Messer kamen, moralisch todt uud abgcthan ist." Wenn hier von „Verrath- die Rede ist, so ist darunter „wahre Aussage" zu verstehen. Genau solche Fälle, wie vor stehend vom „Socialist- angeführt, haben wir in dieser Zettung bereits mitgetheilt. Daß die wegen Meineids vcrurtheilten Socialdcmokraten von den Führern sowie dem Gros der Anhängerschaft auch heule nicht verdammt, sondern vielmehr als „Opfer der Classenjustiz- in Schutz genommen und bedauert werden, haben die zahlreichen Meineidöprocesse in Magdeburg, die in diesem Jahre statt- aefunden, bewiesen. — Dir unabhängigen Socialiste» haben jetzt die entschiedene Absicht, sich von den Anar chisten formell zu trennen, weil sie mit deren Taktik absolut nicht einverstanden sind. Zu dem Zweck soll rin Programm geschaffen werden, für daS ein Entwurf bereits vorliegt. Die definitive Ausstellung soll in einer Eouserenz erfoLgen. die auf die Weihnachtszeit »ach hier einoerufeu werden dürfte. Wie sich die Unabhängigen in Zukunft organisiren werden, das wird ebenfalls Sache der Eouserenz fein. ES sind zwei Strömungen vorhanden: die eine, unter ihnen die Berliner Führer, trete» für die Ecntralisation nach dem Verbilde der sraclionellcn Socialdeinokratie ein, während die andere Richtung dein föderativen System den Vorzug aiebt. — Auch die letzte Nnininer dcS „Socialist-, res Organs der Unabhängigen, die am Sonnabend erschienen, ist der Beschlagnahme verfallen. Die Artikel „Zur Svcial- reform-Komödie- und „Der Eolonialschwindcl" sollen Ver gehen gegen H. 131 St.-G.-B. (Verächtlichmachung von StaatSeinrichtungen oder Anordnungen der Obrigkeit) ent halten. Vttlin, 7. November. Ter in Mailand erscheinende „Osservatore Eattolico- bot, wie vielen unserer Leser er innerlich sein wird, im vergangenen Juli Demjenigen 10 000 Lire, welcher die in genanntem Blatte gebotenen Beweise für da« Vorkommen jüdischer „Ritualinorde- und für die Verwendung christlichen BlutcS zu jüdisch-rituellen Zwecken widerlegen würde. Der bekannte Berliner Theologe Professor Hermann Strack erklärte sich bereit, diese Widerlegung zu liefern, und überließ eS dem „Osscrv. Eattolico" sogar, selbst die Schiedsrichter zu bestimmen, von denen zwei Katholiken sein könnten. Die einzige Bedingung, die er stellte, war, dass diese Schiedsrichter Docenten an irgend einer Universität des deutschen Reiches oder an der gleichstebcndcii katholischen Akademie zu Münster fein müßten; nur so war die Wahl von Männern gesichert, von welchen um ihres bereits erlangten oder ibreS noch zu erlangenden Rufes willen da« Streben nach Unparteilichkeit rn erwarte» war. Der „Osscrv. Eattolico" scheint nun gcsürchlct zu haben, daß er in Deutsckland nicht drei, ja nia-t einen Universitätslehrer von der Richtigkeit seiner Vehanvtnngcn werte überzeugen können, und so lelmte er das sehr entgegenkommende An erbieten dcS Professor Strack ab und inulhcte diesem zu, Rohling und einige andere Männer gleicher Parteirichlung, von denen keiner der einzigen gestellte» Bedingung entsprach, als Schiedsrichter anzuerkennen. Al- Professor Strack dar auf erklärte, er werde nun ohne Rücksicht auf die angcbotencn 10 000 Franken in der Neubearbeitung seiner Schrift über den Blntabcrglauben den „Offerv. Eattolico" widerlegen, beschuldigte man ihn in den antisemitische», »amenilich auch in ultramontanen Blättern der Feigheit. Strack antwortet jetzt auf Kiese Beschuldigungen in der vierten Auslage seiner Schrift: „Der Älutabcrglaube in der Menschheit, Blutmorde und BlutrituS", in der er zugleich mit zwingender Beweisführung alle Gründe für die „Blutveschuldignng" widerlegt. Ans der reichen Fülle des gebotenen Stoffe- können wir stier nur Einige« sterauSgrcisen. DaS Hanptbcllwcrk der „Dlut- deschulbigung- ist gegenwärtig August Röstling in Prag. Diese« wird nun von dem Verfasser vollständig zerstört; die grobe Unwissenheit Rohling'«, der sich mit fremden Federn «Eisenmenger und Brimann) schmückle, wird überzeugend dargethan. S. 98 lesen wir: „Oesfentlich klage ick hierdurch ken k. k. österreichischen Professor und Kanonikus Aua. Roh ling des Meineides und grober Fälschungen an. Ich bin bereit, diese schwere Anklage vor jedem GcrichtSbofe zu be gründen." Wir halten eS für ausgeschlossen, daß irgend Jemand, der daS 17. Eapitcl der Strack sehen Schrift gelesen hat, Rohling ferner als Autorität ansübre» wird. Ein eigcnthümliche« Licht auf manche Verhältnisse in Oesterreich wirft es übrigens, daß dieser Rohling bis jetzt noch in Amt und Würden ist. Bon höchstem Interesse ist auch daS 18. Eapitcl (S. 109—l3L) über das von Roh ling, dem „Osservatore Eattolico" und überhaupt den Ver tretern der Blutbeschulviaung gegenwärtig so stark betonte angebliche Zeugniß der Geschichte für jüdische Ritualmorde und Vlutmorde. Vor jeder wirklich ernsten Kritik schrumpft dir für den Unkundigen beängstigend lange Liste solcher
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