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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.11.1892
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-11-22
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18921122010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892112201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892112201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-11
- Tag1892-11-22
- Monat1892-11
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M., Nachmittag 2 Uhr in der RathSfrrischule, Zöllnerstrabe 9, persönlich mil den Kindern einzufinden und zugleich Tauf- und Impfscheine der Kinder vorzulegen. Leipzig, 19. November 1892. TaSTirectorium VerWeiidlerscheuStistuiig. Das Unterzeichnete Rcgimentscommando hat eine Quantität von circa 80—100 Eentner allen (Kiscnthcilcn, bestehend in schmiede- eisernen Platten, gußeisernen Blöcken u. s. w., freihändig zu ver- kaufen. Schriftliche Offerten mit Preisangabe sind bis 26. djs. Mts. im Regimcntsgeschästszimmer abzugeben. La» Lommauvo des 10. Jnsant.-RcgimcntS -ir. 1L4. von Loeben, Oberst und Regiments-Commandeur. Diebstahls-Bekanntmachung. Gestohlen wurden laut bier erstatteter Anzeige: 1) eine goldene Brosche, ans zwei Stäbchen bestehend, mit 3 Wachsperlen verziert, während des vorigen Monats; 2) eine goldene Dame» - Anker-Rcmoiitoiruhr (Savonctt) mit goldener Eüvette, Sprungdeclel, blauemaillirtem Schildchen unh der Fabriknummer 11693, Ende Juli d. I.; 3) ein goldener Ring, glatt, mit einem L z'our gefaßten weißen Stein, eine silberne Rcniontoirnhr mit Goldrand, geriester Rückseite mit Schildchen und anhängender kurzer Rickelkette mit länglichen Gliedern und blauen Steinchcn, ein Wintcrübcrzieher. dunkelbraun, glatt, mit schwarzem Sammelkrageii, rothbrannem ivutter, eine Reihe Stcinnußknüple mit verdeckter Batterie, Kettchen- Henkel nnd Bordeneinsassung, vom 8. bis 9. d. M-: 4) rin Damenmantcl von schwarzem halbseidenen geblümten Stoff, am IS. d. M.; ü) ein Somniernberziehrr, getragen, von graubraunem klein» carrirten Stoff, mit blau-, braun- und wcißcarrirtem Schooß- suttcr, einer Reihe Perlmuttcrknöpfe und ttettchcnhcnkel, am 13. d. M.h 6) ein LÜiuternbcrzieber von braunem FloconoS, mit braun- seidenem Futter und dem Monogramm „3. K." unter der Brusl- tajche, übersponnenen Knöpsen und Kettchenbenkel, am 14. d. M.; 7) ein Fotz mit sogen. Hamburger Stavtschmalj (Schweine- seit) mit Signum: „6. LI. 87", im Gewicht von S9 Kilo, am 10. d. M.; 8) rin Sack mit Kaffee, flgnirt: „V 2151", 60 Kilo schwer, am 9. d. M.; 9) ein Kinderwagen, vierrädrig, mit Rohrkorb und dunkel blauen Vorhängen, am 16. d. M.; 10) ein Letter-Handwagen, vierrädrig, rothbraun gestrichen, mit einer zerbrochenen Querleiste, am 15. d. M.; 11) ein Handrollwagen, vierrädrig, ungestricheu, amio. d. M.; 12) rin Handwagen, 2rädrig, mit Kastenaussatz, blaugestrichcn, mit dem Zeichen „11. 73", am 6. d. M.; 13) ein Ktnder-Beloeiped, dreirädrig,rothgestrichen, am l2.d,M,; Etivaige Wahrnehmungen über den Verblieb der gestohlenen Gegenstände oder über den Thäter sind ungesäumt bei unserer Eriminai- Abtheilung zur Anzeige zu bringen. Leipzig, am LI. November 1892. Da» Voltzeiamt der Stadt Leipzig. Bretschueider. W. Die Eröffnung -es Reichstages. L. Bor Kurzem waren es dreißig Jahre, ein Menschen alter, daß Otto von Bismarck, vom Hosiager Napoleon'S III. kommend, die Leitung der preußischen Staatsgeschäfte über nahm. Die Erinnerung an diese« große nationalgcschichkliche Ereigniß erwacht, indem wir unS anfchicken, die Bedeutung des morgen zusammentretenden deutschen Reichstags zu erörtern. Die Gedankenverbindung ist durch Contraste hcrvor- gerusen. Mit dem Eintritt BiSmarck'S in daS Ministerium begann jene Epoche zielbewußter und kraftvoller Politik, die da« zerrissene und ohnmächtige Vaterland der Einigung und einer geachteten Stellung im Kreise der Völker entgegcnführte; in der bevorstehenden Reichstagsscssion wird und muß zum ersten Male da« bittere Geständniß gemacht und der Harle Vorwurf erhoben werden, daß die leitenden Männer von beute die Früchte ungeheuerer Anstrengungen uud unvergleich licher Thaten gemindert haben und Weiler zu mindern im Begriffe sind. Die Vertretung des deutschen Volkes hat nicht da« Recht, auS diplomatischer Rücksichtnahme oder nationaler Eitelkeit die Wahrheit unausgesprochen zu lassen, welche dieser Tage ein nicht wie sie ausdrücklich zum Amte dcS Warner« und Mahners bestellter deutscher Gelehrter im Drange patriotischen Pflichtgefühls öffentlich bezeugt hat: die Wahrheit, daß unser herrliches deutsches Reich sich im Niedergang befindet. Und noch ein Anderes erweckt die Erinnerung an daS Schicksalsjahr 1862 und führt unmittelbar zu dem Gegen stand, welcher den Kernpunkt der schwierigen Lage bildet, mit welcher »der Reichstag sich abzufiuden hat. Al« Herr v. Bismarck sein Amt antrat, geschah e« in der Erlenntniß, daß rin Militairconflict unvermeidlich sei, und mit dem ernsten Willen, ihn durchzuführcn. ES ist geschehen zum Heile des Vaterlandes. Auch die heutige Regierung ver- rälh, zwar nicht jene Erlenntniß, Wohl aber diesen Willen. Die Lage aber gleicht in nicht« derjenigen von 1862. Dir sittliche nnd politische Rechtfertigung de« BiSmarck'schen Ent- schlufse« lag in seinem Endziel: der Lösung der deutschen Frage: die so scharfer uud noch heule begrifflicher Ver- urtheilung auSaesevte Art, wie er den Streit führte, fand ihre nachträgliche Rechtfertigung in der Unmöglichkeit, Parla ment und Volk über das Endziel quszuklären. Dem Eon- flict der sechziger Jahre lag zu Gruude, wa« den Deutschen da« Höchste schien; treibt eS die heutige Regierung heute zu einem Eonslict, so wird er sich im Wesentlichen um eine militair» technische Frage drehen, eine Frage, in welcher nicht einmal die Militairtechniker einig sind und in der der Reichskanzler, selbst ein militairischer Sachverständiger, vor kaum einem Jahre einen Standpunct eingenommen hat, der ihn, wenn der Streit damal« auSgebrochen wäre, an die Seile der Volksvertretung bätte bringen müssen. Von großen Gedanken getragen und Hercules auSgcskattet, führte wird ihn aus VNl1»airthe«ri« mit mit der persönlich«, Kraft eine« Hcrculc Bismarck d«, A»«ps, sein Nachfolger ^ird' ihn aus dem schwule» Gim,» «»stritt,«» unzureichenden persönlichen Mitteln, an den Füßen die Blei gewichte seines verunglückten Schulgesetz-Feldzuges und seiner „Zahlenwutb"-ReLe, zu beginnen haben. An diesen unter scheidenden Merkmalen lassen sich seine Chancen ermessen. Angebliche Kenner des Grafen Eaprivi, die wir aber mehr als seine Verkleineren ansehen möchten, sagen ihm nach, er erwarte mit Zuversicht von dem gegenwärtigen Reichstag die im Wesentlichen unveränderte Annahme seines Militair- aesetzes. Sollte dicS wirklich zutressen, also eine ungebcucre Selbsttäuschung die Mutter der Vorlage sein, so wäre die Hoffnung nicht unbegründet, daß uns die Auslösung des Reichstages und der Eonslict erspart bleiben. -Denn in dem Erwachen des Kanzlers aus seinem Traum, das nickt auSbleiben wird, muß sür ihn ein Anlaß liegen, gleichzeitig seine Träume über die Aussichten von Neuwahlen zu — berichtigen nnd die Parole „Alles oder Nichts" mit einer den Umständen angemesseneren zu vertauschen. Für Mebrsorderungcn an Mannschaften und Geldmitteln, welche die Durchführung der gesetzlichen zweijährigen Dienst zeit gestatten, liegt daö Zustandekommen einer ReichStagö- mehrbeit wenigstens nicht außerhalb des Bereiches der Möglichkeit. Sogar rin deutschfrcisinniger Abgeordneter hat in einer Versammlung Mehraufwendungen in diesem Um fange für annehmbar erklärt, freilich mit der Einschränkung, daß die Mittel ausschließlich auS der Branntweinsteuer zu nehmen waren. So bestimmt, wie die Ablehnung der gesamntten Forderung, läßt sich allerdings die Be willigung eines bescheidenen Theiles nicht Vorhersagen. Das Eentrum diplomatifirt, indem eS heute einen seiner Redner ein allumfassendes Nein, morgen einen Anderen ein viclumfassendeS Ja sprechen läßt, und die gewissenhaften Parteien vermögen das entscheidende Wort erst zu sprechen, wenn sie den Wortlaut der Vorlage sammt der öffentlichen und geheimen Begründung kennen. Die nationalen Parteien werden sicher ihrer Vergangenheit nicht untreu werden, aber, waö von den Gegnern so gern verschwiegen wird, ihre Geschichte erzählt nicht nur von Bewilligungen, sondern auch von der treulich beobachteten Pflicht sorgfältigster Prüfung der Forderungen und umsichtigster Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Verhältnisse. Die Verhältnisse haben sich aber in manchen Puncten geändert. Ueberaus er schwert wird jedenfalls der Entschluß zu Bewilligungen durch die ungünstige Lage oer Reichs- und Staatsfinanzen und Len Rück gang des Erwerbslebens. Die Militairvorlage niit ihrem hochpolitischen Eharaktcr wird die Session beherrschen, auch wenn sie nicht auf der Tagesordnung steht; hat sic doch ihre Schatten schon in die preußische Landtagsstube geworfen. Die Etatöberathung wird hier um so mehr von ihr beeinflußt sein, als auch hier über beträchtliche Mehrforderungen sür Heercö- zwccke zu reden sein wird. Im Ucbrigen erwartet die Nation bei der ersten Lesung des ReichshauShalles ein Gewitter, daS die Atmosphäre viel leicht nicht reinigen, aber den Machthabern zeigen wird, wie furchtbar schwül und geladen die Luft in den Thälern ist, wo das Volk athmet und grollend Steffi aus Stein von dem stolzen nnd starken nationalen Bau der Väter abtragen sieht. Es sind die besten Theile der Nation, die treuesten Anhänger des Kaisers, die am tiefsten von Besorgnissen wegen der Zukunft, ja von Zorn ergriffen sind über daS herrschende Regiment der Schwäche, das sich und Anderen einzureden sucht, es sei vcn unbesiegbarer Stärke und werde dies bei einer früheren oder späteren Gelegenheit beweisen. ES wird Ausgabe nationaler Abgeordneter sein, die Gelegenheiten namhaft zu machen, wo es nicht der Niescnstärke, sondern nur einer normal festen Hand bedurft hätte, daS Rechte zu thun und das Verkehrte zu vermeide», und darrulegcn, wie arg diese Gelegenheiten versäumt worden sind. Die Gegner der Eolonialpolitik mögen von dem Zugrunderichten unserer Eolonicn und der neuesten Leistungen in Bezug auf Damaraland entzückt sein; wollen sie aber der Wahrheit die Ehre geben, so werden sic im Reichstage und zwar auödrücklicb Denen beitrclen müssen, die darthun werden, daß die Evlonial- politik de« neuen CurseS nur ein verkleinertes, aber getreues Abbild seiner Verkehrtheiten in Deutschland und Europa darbietct. Vor Allem aber ist jener OriginalitälSsucht eittgegenzutrctcn, welche jede politisch^ Aufgabe darauf ansicbt, wie sie in einer von der der Vor gänger abweichenden Weise gelöst werden könne. Der neue Curs ist von Natur hinreichend mit dem Unvermögen ausgeslattet, Bismarck'sckc Wege zu wandeln, er braucht sie nicht auch noch geflissentlich zu vermeiden. Tie vor herrschende Absicht, eS „anders" zu mache», ist die Quelle schwerer Fehler geworden, zu deren Vermeidung die eigene Zulänglichkeit Wohl noch ansgereicht hätte. Der Pflicht, dieses und Verwandte« auszusprechen, wird man sich im Reichstag nicht cntschlagcn kennen. Der Nachtwandler muß vom Dache gebracht werden, in seinem eigenen Interesse; wenn eS nicht ander« geht, durch Anrufe». Versäumt der Reichstag auch diesmal, dem, was da» Volt bewegt, frei- mürhigen Ausdruck zu geben, so wird er sich nicht beklagen dürfen, wenn man in ihm eine bloße Ja- und Neinsage- Maschine erblickt. Deutsches Reich. 6.8. Berlin, 2l. November. Wer London nur ober flächlich kennt, weiß, wo der Prachtbau der beiden Häuser des Parlament« steht. Geht man am Uhrthurm dieses spät- gothischcn Riesenbaues, in welchem die Vertreter eine« Welt reiche« von 300 Millionen Menschen tagen, vorüber und passirt den Monumentalbau der Westmünsler-Brücke, so findet man auf dem Süduser der Themse einen anderen Riesenbau, welcher werktbätiger Nächstenliebe dient. Wir meinen das große St. Thomas-Krankenhaus, in dem sich daS auö einer Nationaldotalion von l Million Mark gegründete Nightingalr- Heim, d. h. ein ErzirhungS-Hauö sür Kranken pflegerinnen, befindet. Wer lennl nicht in England, in Indien, in Afrika, in Australien Florencr Nigdtingale, wer erinnert sich nicht noch heute dankbar der Thatsache, daß die jetzt in bescheidener Zurückgezogenheit lebende Tochter de« englischen LandedelmanncS vor 40 Jahren mulhig und unerschrocken und auf ihren hohen Berus sorg- fättiast vorbereitet, in jene Stätten furchtbaren menschlichen Elend» «uszo^ welch« Lee Krimkri«g geschaffen hatte? Im Lazarcth zu Scutari traf Florence Nightingale einen Tag nach der mörderischen Schlacht von Jnkerman am 5. November 1853 ein und fand an Cholera, ThyphuS, Lazarcthfieber sterbende, jeder Fürsorge beraubte, elend gebettete Krieger. Aebnlich war eS in den Lazarcthen der Krim, wo Florence Nightingale ebenfalls mit ihrer kleinen Schaar von Gehilfen ihres LiebeSwerkcS waltete. 60 von lOO Kranken starben in Scutari an einem Tage; nach vcrhältnißmäßig kurzer Zeit betrug die Sterblich keit kaum mehr als 7 von lOO. Als der Krieg beendet war, schlich sick Florence Nightingale heimlich nnd unerkannt, aber total erschöpft nach dem Landsitz ihres Vaters, ohne London zu berühren. Ungenannt ist sie nach Hause gegangen, mau lenden von armen Leitenden ein rettender Engel, so steht ihr Standbild im Pslcgerinneiiheim in der Haltung einer einfach gekleideten schlanken Dame, welche mit dem Lichte in der Hand einen Kranken beobachtet. Aber mit ihr beginnt ein Wente- punct in der Krankenpflege überhaupt. Vorhtt galt cs kaum für schicklich, daß Frauen aus den besseren Ständen sich in Krankenhäusern bckhätigtcn; jetzt ist gebildeten Frauen und Mädchen sür diese schwierigste, aber auch größte Seite der Belhätigniig edelster Weiblichkeit in der ganzen civilisirten Welt die Bahn weil geöffnet. Heute, am Geburts tage der Kaiserin Friedrich, erkält eine Schöpfung, deren Entstehung mit jener geschichtlichen Thal Florence Nightingale's im engsten Zusammenhang steht, ihre Weihe. Das im Bau begriffene Hau« für Krankenp sl e gerinn en wird in Gegenwart der Kaiserin Friedrich, sowie der Spitzen der städtischen Behörden gerichtet. Die Kaiserin hat in den Bau zum Zeichen ihrer eigensten Schöpfung einen Grundstein eingemauert und seit l O Jahren, auch in den Zeilen bittersten Leidens, hat sie sich seit dieser ihrer eigensten Schöpfung mit Unterstützung der vortrefflichen Oberin Fräul. Luise Fuhr mann, welche in jenem Nightingale-Heim ihre Vorbildung genossen, mit wärmster Liebe angenommen, einer Schöpfung, deren wohlthälige Wirkung nicht bloö in Berlins städtische» Krankenhäuser», sondern überall, wo Noth und schwere Krankheit auch in daö PrivathauS einzieht, verspürt werden wird. Vor 10 Jahren begann Luise Fuhrmann mit acht Krankenpslegcrinncn, heute arbeitet sie mit 188 Schwestern. Wir sagen Schwestern, denn überall, wo diese Kranken pflegerinnen hinlommen, sind sie uneigennützige Freundinnen der Leidenden und walten, peinlich sauber gekleidet, ihres Amte« niit derjenigen Heiterkeit und Ausdauer, welche die Kennzeichen desjenigen HeldentbnmS sind, daö hochgebildeten Frauen in ihrer Sphäre recht eigentlich Vorbehalten ist. Vor einigen Tagen kamen vier Victoricischwestcrn von Hamburg zurück, darunter eine Griechin; sie haben im großen Eholera- iazareth in Hamburg, wo in wenigen Nachtstunden in einem Pavillon oft 40 Todkranke starben, ihres Amtes ruhig und standhaft gewaltet. Möge der herrlichen Schöpfung Ge deihen, Anerkennung wie bisher und Zuzug von allen denen gesichert sein, welche auch am Ende des 19. Jahrhunderts sich aus dem Lärm dieser Welt in die edelste Bethätigung höchster weiblicher Hingebung als verständnißvoüe Gehilfinnen der Acrzte zuriickziehcn wollen. * Berlin, 21. November. Die Erörterungen über die „Emser Depesche" haben unser» Nachbarn jenseits der Vogesen zu dem längst ersehnten „Beweise" verhelfen, daß ii» schöne» Frankreich nicht nur die „große", sondern auch die „unschuldige" Nation wohnt, das engelhafte Lamm, welches vom Wärwolf BiSmarck schnöde angefaUcn wurde! „Die große Schändlichlcit des Herrn von BiSmarck" bildet auch in de» crnsthastesten französischen Blättern, wie im „Tempö" nnd im „Journal des Dobatö", das LieblingSthema, und des Jubels über die Zerstörung „Legende", daß Frankreich den Krieg vom Jahre 1870 prvvocirt habe, ist kein Ende. Der BoUblutsranzose Jacques St. Eöre alias Rosen thal, die Pythia des „Figaro" in allen Deutschland betreffenden Angelegenheiten, bei denen eö daraus ankomnit, der Wahrheit inö Gesicht zu schlagen (ein Amt, dessen Herr Et. Eöre-Rosenthal geradezu mit antikem Heroismus wallet), geht sogar »och einen Schritt weiter. Er sieht die elsaß-lothringische Frage bereit« gelöst; daS könne, meint St. Eöre, ebenso leicht geschehen, wie Fürst Bismarck endlich bekannt habe, „daß er allein die Ursache de« Krieges ist, und daß alle Anklagen, die man gegen uns Franzosen richtete, falsch sind ... Eö scheint, daß die Stunde der Gerechtigkeit, der immanenteil Gerechtigkeit, nicht mehr fern ist." Die „immanente Gerechtigkeit" ver langt natürlich die Rückgabe der Neichslande an Frankreich. Ader sie fordert noch mehr: die Wiederberusung des Napoleonischcn HailscS auf den Thron von Frau k- reich. Denn halten die Franzosen ihre Unschuld jetzt für erwiesen, so ist auch, daraus weist die „Frkft. Zlg." mit vollem Rechte hin, die kaiserliche Dynastie unschuldig und ihre Vertreibung ohne Grund erfolgt. Mögen also d,e Herren Franzosen daS Unrecht, da« die dem Empire angcthan, wieder gut machen und die Napolöons aus den Thron zurückrusen. Erst dann werden wir daS Geschwätz von der Unschuld der Franzosen sür aufrichtig halten. Berlin, 2l. November. (Telegramm.) DerKaiser, die Kaiserin nnd die drei ältesten Prinzen kamen heute von PoiSdam nach Berlin, um der Kaiserin Friedrich die GeburtStagSgrattilation darzubringen. Der Kaiser nahm im Palais der Kaiserin Friedrich die RcgiinentSgeschichte des ersten und zweiten LeibhnsarenrcgimeiilS ciitgcgcgen. Die Majestäten dachten heule im hiesigen Schlösse zu über- nachten, während die Prinzen bereits nach Potsdam zurück- gelehrt sind. — Am 24. d. M. reist der Kaiser Nachmittag« 4 Uhr von Berlin vom Lehrter Bahnhof mit Sonderzug »ach Jävenitz und fährt von dort zu Wagen nach Letzlingeii. Daselbst finden am 25. und 26. große Hosjagden statt. Am 20. begicbt sich der Kaiser über Ehartvttenbura narb Wildpark zurück. V Beritt«, 2t. November. (Telegramm.) Dir Bc rathung der Steuervorlagen im Reichstag wird utem Vernehmen nach in der Zeit vom 15. bi« 25. Januar tattfindkn. — Der Kaiser conserirte gestern Abend mit dem Ikeickskanzler Grafen Eaprivi und dem StaatSsecretair v. Mar sch all, die darauf zur Abcudtafel im Neuen Palais blieben. — Bekanntlich besteht bei dem Auswärtigen Amt ein so aenannter Schulfond«, au« welchem nicht nur deutsche Schulen im Au»laade, sondern auch ander« zu gemeinnützige» Zwecken im Auslande bestehende vaterländische Unternehmungen nnterstützl werden. Die bisher angewiesenen Summen haben sich indessen bei den zahlreichen an diesen Fonds hcrantrcten- den Anforderuncfen als unrureichend erwiesen. Man war schon bisher gcnvthigt, die Anträge theils abzulehnen, theilö in herabgenlindertein Umfange zu berücksichtigen. Nun bat aber die bereits große Zahl unterstützungsbedürftiger Schulen, namentlich im Orient und Südamerika, erheblich zugenommen. Bei der Hohen Bedeutung dieser Anstalten für die Erhaltung des Dcutschthuins im Auslande hat die Neichsregierung, der »K. Z." zufolge, eine Erhöhung des SchulfondS, welcher bis her 60 000 betrug, aus 100 000 gefordert. * Breslau, 20. November. Gestern trat hier ein ganz Schlesien umsassender Verband der landwirlhschcfftli'chen Arbeitgeber zur Bekämpfung des Vertragsbruchs der Arbeitnehmer zusammen. (K. Z.) * Ncisse, 20. November. Der Magistrat wird der „Neiss. Ztg." zufolge kei n BerwaltnngSstreilverfahren gegenüber dem ministcriellen Verbot betreffs der plötzlichen Auslösung de« Realgymnasiums hcrbeisühren. * Weimar, 20. November. Die LandeSsynode hat beschlossen, die Eandibaten der Theologie zu verpflichten, eine gewisse Zeit zu einem pädagogischen EnrsuS in einem Lehrerseminar zu verwenden. — Von den bedeutenden wciinarischen Forste» im Eisenacher Oberlande reicht ein sehr erheblick,er Theil i» ineiningisches Gebiet. Ans diesen Forsten lastete aus der Zeit der Theilnng der Grafschaft Henneberg zwischen den kurfürstlichen und dem herzoglichen Hause von Sachsen die Verpflichtung, an einige ineiningische Gemeinden große Holzmassen jährlich ahzugcbcn. Die früheren Versuche zur Ablösung dieser Last sind nicht gelungen. Jetzt ist nun mit der am meisten bctheiligten Gemeinde Schwallungen ein Abkommen dahin getroffen, daß der weimarische Staat eine cinmalige Ablösungssumme von 260000 an die selbe zahlt. * Arolsen, 20. November. Wegen Elalsveränderuiig ist der Landtag bis zum 29. November vertagt worden. * Tüsselvork, 20. November. Heute Nachmittag fand hier unter dem Vorsitz dcS ReichStagsadgeordneten Commcrzienrath Müller eine VorstandSsitzung des HastpflichtschutzverbandeS deutscher Industriellen statt. Erörtert wurden in eingehendster Weise die Normatlvbedliigungci, sür Haftpflichtversicherungen, die Ab- änderung Le« UnsaUverilcheruttgsgesetzc« und daS Bürgerlich« Olesen- buch. An der Erörterung nahmen der Vorsitzende Müller, v. Gill- Hausen-Bonii, Ritter-Aachcn, Gencraisecrctair 1)r. Beumer-Düsseldorf, NcchtSanwalt Kraft-Köln und Geschäftsführer Echwanck-Köln Theil. * Ttuttgart, 19. November. Der Kampf bei der Ober bürgermeister-Wahl war beispiellos hartnäckig. ES wurden von l l 26l berechtigten Stimmen abgegeben 9341, also 83 Proc. Hiervon erhielt der parteilose Eandidat Obcrsteuerrath Nueniclin 5.4ll, der Eandidat des Rathhauscö und der Dcutschpartcilcr sowie der Evnservativcn, Gcmeinderath v. Goc z, 3933 Stimmen. Ruemelin, unterstützt von Demo kraten, Svcialisten, Katholiken, siegte mit einer Majorität von 1178 Sliinincn. Im Wahllokal der Wähler Nucmelin'ö herrschte bei jeder Sicgesnachricht eine sich steigernde gehobene Stimmung. Der neugewählte Stadtschultbciß erschien, ver hieß den Wählern, getreu seinem Programm zu regieren, und sprach schließlich versöhnende Worte. * Aus Vcm Laarkohlciirevier, 20. November. Bei der heute in Bildstock durch die Vertrauensmänner Vvrgcnomnicncn Vorstandöwahl des Rechtsschutz-Vereins wurde der bis herige Vorsitzende Marken fast einstimmig wiedergcwählt. Der frühere zweite Vorsitzende Bachmann erhielt 7 von 98 Stimmen. Oesterreich-Ungarn. * Wie», 21. November. (Telegramm.) Die jüngste ofsiciöse Meldung, daß die Regierung den Reformtarif der Südbahn abgelehnt habe, ist unrichtig. Derselbe gelangt vielmehr am l. Januar zur Einführung. * Pest, 21. November. Abgeordnetenhaus. TaS neue Cabinet stellte sich heute dem Parlamente vor. Ministerpräsident I>r. Wekerle gab eine Darlegung des Regierungsprogramms. Ten kirchenpolitijchen Thei'l desselben anlangend, führte vr. Wekerle Folgende« ans: Aus dem Gebiete der Kirchenpolittk hat das neue Cabtnet das Bestreben, die Ruhe und den confessionellen Frieden bei Wahrung de- staatlichen Interesse« zu erhalten, sowie eine derartige Gestaltung aller Institutionen zu veranlassen, daß sie eine dauernde Garantie in dieser Richtung bieten. Der Gesetz- entwurf, betreffend die Reception der Juden, wird fertig gestellt, die Gesetzentwürfe über die allgemeine» Civil Matrikel und die freie NeligionSübung gelange» im Laufe des Winter« zur verfassungsmäßigen Vor lage. Als Uebcraangsbesilmmung sollen die bisherigen Matrikel- sichrer im Falle der Wegtau sungen in den gegenwärtigen Ma trikeln die Religionszugehörigkeit der Betreffenden ersichtlich machen und tm Weigernngssalle des MatrikclsührerS an dem betreffenden Orte die Civilmalrikel sofort eingesührt werden. Das Eherecht betreffend, gelangte daS neue Cobinet zu einer einhelligen Ve- schluffsassung hinsichtlich der obligatorischen Ttvilehe und er langte die allerhöchste Ermächtigung zu der principiellen Erklärung, daß der hierauf bezügliche und bereits in Angriff genommene Gesetzentwurf zur Grundlage erhalte rin für alle Staatsbürger verbtnvltchcS allgemeines staatllcheS Eherecht, die Jurisdiction der staatlichen Civtlgertchte in Eherechtssragen und die obligatorische Ltvilehe, wobei selbstverständlich da« Recht der Krone, die einzelnen Bestimmunßen des seinerzeitigcn Gesetzentwurfs zu genehmigen, gewahrt bleibt. Dagegen würden die Bestimmungen des Gesetzartikel» 53 vom Jahre 1868, welche die freie Verfügung der Eltern über die Reli- gionsangehürigkeit ihrer Kinder beschränkten, aufgehoben. Les Weiteren betonte daS Programm de» Ministerpräsidenten die Aufrechthaltung de« staatsrechtlichen Ausgleich« vom Jahre 1867 als einer dauernden Schöpfung, die Beibehaltung der liberalen Richtung, die Vervollkommnung der HcereSkrast, sowie die konsequente Durchführung der begonnenen Valutaregulirung. Ti« von dem Ministerpräsident» abgegebene programmmäßige Er klärung drückt ferner da« volle Einverständnsß des neuen Cabinets niit der bisherigen Richtung der äußeren Politik auS, welche aus der Basis det bestehenden Verträge die Wahrung der Interessen der Machtstellung der Monarchie bezweckt und bei loyalem Festhalte» an den Bündnissen die Pflege der sreundschastlichen Beziehungen zu alle» Mächten zur Ausgabe hat. Bei dem Erscheinen be« Labinet« im Hause, sowie nach Abgabe der Erklärungen Wekerle « wurde» lebhafte Lljenrusc laut. Frankreich. * Bart«, 2l. November. (Telegramm ) Dem „Matiu" zufolge beschloß di« Regierung, di» auswärtigen Führer i»
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