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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.11.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-11-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18921130020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892113002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892113002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-11
- Tag1892-11-30
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Jahrgang Bestellungen für den Monat Deeeniber auf das „Leipziger Taglchlatt" zum Preise von Ä Mk. bei täglich zweimaliger freier Zustellung in s Haus nehmen entgegen sämmtliche ZeitungSssjediteure, sowie die Hauptexpeditionr Johannesgaffe 8, die Filialen: Katharmenstratze 14, Zhöntgsplatz V und Univerfitätsstratze 1. Ferner kann in nachfolgenden Ausgabestellen das Leipziger Tageblatt — zum Preise von 1 Mk. «8 Pfg. für Monat December — abgeholt werden: Arndtstrafre 38 Herr L. 0. Kittel, Colonialwaarenhandlung. Peterskirchhof 8 Herr Aux klertd, Buchbinderei. Beethovenstrahe 1 Herr Ikeoü. ketvr, Colonialwaarenhandlung. Pfaffendorfer Ttrahe 1 Herr IrltL Nieder, Colonialwaarenhandlung. Brühl 80 (Ecke Goctheftraßc) Herr Herrn. Zle88ke, Colonialwaarenhandlung. Ranftsches Gästchen O Herr k>leär. klffekvr, Colonialwaarenhandlung. Frankfurter Strahe 11 Herr Krn8t Hro8, Colonialwaarenhandlung. Nanstädter Ttemweg 1 Herr 0. Lu^eimunn, Colonialwaarenhandlung. Löhrstrahe 18 Herr LNuurll Hetzer, Colonialwaarenhandlung. Pchützenstrahe 8 Herr ^ul. 8ekümledvu, Colonialwaarenhandlung. Marfchnerftrahe y Herr kuul 8ekre1der, Drogengeschäft. Wefchlatz 3S Herr tt. Vlttrlvk, Cigarrenhandlung. Nürnberger Ttrahe 48 Herr 11. L. Ilkieekt, Colonialwaarenhandlung. Porkstrahe 38 (Ecke Berliner Straße) Herr 6. ^airkv, ColonialwaarenhaMung. Zeitzer Straße 35 Herr V. Klister, Cigarrenhandlung. in Auger-Crottendorf Herr Robert ^reiner, Zweinaundorfcr Strafe 16. in Playwitz Herr Ll. OrlitrmLim, Zschochersche Straße 7 a. - Connewitz Frau kl8«ker, Hcrmannstraßc 23, 1. Etage. - Reudnitz Herr IV. Ruxmaim, Marschallstraße 1. - Gohlis Herr 1k. krittelte, Mittelstraße 5. - Herr Lervd. lVeber, Mützengeschäft. Leipziger Straße 6. - Linderrau Herr k. tZutderiet, Cigarrcn-Handlung, Markt 22. - Thonberg Herr L. KLlltsvk, Reitzenhainer Straße 58. - Neustadt Herr R. Reder, Eisenbahnstraße 5. - BolkmarSddrf Herr 6. 4. Ilamiiavn, Eonradstr. 55 (Ecke Elisabethstr.). Politische Tagesschau. * Leipzig, 30. November. Vorgestern hat wieder eine Ersatzwahl rum Reichstag fundrn, im Wahlkreis Stuhm-Marienwerdrr. Der Wahlkreis war bisher stets von einem Deutschen, 18? l—1878 und 1881—84 von einem Nationalliberalen, in den andern Legislaturperioden und auch zuletzt von einem Freiconservativrn vertreten. Die Polen und die Deutschen hallen sich annähernd die Waagschale; zu Gunsten der elfteren fällt aber noch ins Gewicht, daß die deutschen Katholiken neuerdings den nationalen Gesichtspunkt binter den kirchlichen zurücktreten zu lasten und dem Polen ihre Stimmen zu geben pflegen. Gleichwohl war r< bisher noch immer möglich, mit dem deutschen Can- vidaten durchzudringen, wenn auch nur nach hartem Kampf und mit knapper Mehrheit. Es war eben noch immer gelungen, die deutschen Parteien, mit Ausnahme der Ultra montanen, zu einem Zusammengehen zu einigen, wenn auch erst in der Stichwahl. Diesmal war aber die Zer splitterung unter den deutschen Parteien besonders groß. Dem polnischen Candidaten von DonimirSki standen ein deutschsrrisinniger (Rother), ein freieonscrvativer (Weffel), ein konservativer (v. Dieskau) und ein socialdemokratischer gegenüber. Die Resultate liegen erst sehr lückenhaft vor, leider scheinen aber, soweit Teilergebnisse bekannt geworden, die Aussichten des polnischen Candidaten im Anwachsen de griffen zu sein, wa» größtentbeilS auf die wirksamen Be mühungen, die deutschen Katholiken im polnischen Interesse zu bearbeiten, und auf die Unlust anderer deutscher Mäkler, sich an dem verfakrenen Parteitreibrn zu betheiligrn, zurück zuführen ist. Ausfälliger Weise zeigen dieselben Osficiösen, die noch kürzlich den Holen die größte Einsicht in Sachen der deutschen auswärtigen Politik »»schrieben, sich durchaus nicht erbaut von den Aussichten de» Herrn von DonimirSki. Sollte ihnen und ibrrn Inspiratoren bange geworden sein vor der polnischen Weisheit, seitdem die ullramontanen Ver bündete» der Polen dem Herrn Reichskanzler mit .Strafen" für den Hall gedroht haben, daß er die Hand zur Aufhebung des Jesuitengesetzes nicht bieten werde? Daun wäre es ja viellrrcht ganz gut, weun im Wahlkreise Stuhm-Marienwerder die nichtpolnischcu und nichtultramontanen Wähler diesmal die Hände in den Schooß legten und den Polen durchkonimen ließen, damit er im Verein mit dem Eenlrum den Herrn Reichs kanzler und seine Osficiösen noch weiter und eventuell mit Strafakten" über die Quintessenz polnisch-ultramontaner Weisheit unterrichtete. Bei Besprechung der ArnSwalder Reichstagswahl leistet das Aeußerste an Unverstand die „Germania". Sie meint: „Die kläglichste Rolle auch bei dieser Ersatzwahl haben die Nation« llibrralen gespielt, die eS aus ganze vier hundert Stimmen gebracht und dadurch von Neuem den Beweis geliefert haben, daß sie in der heutigen Parteiconstellation eigentlich kaum noch eine Berechtigung haben." Was soll dieses Gefasel, wenn, wie im vorliegenden Fall, die National- liberalen für gut findeu, thatsächlich aar nicht in den Wahl kampf einzutreten, nicht eine einzige Versammlung abhalten, sondern nur gerade ihren Parteigenossen anheimgeben, ihre Stimmen auf einen bekannten Parteiführer zu vereinigen? Was würde die „Germania" sagen, wenn da- Centrum in Wahlkreisen, wo es wenig Anhänger besitzt, ein paar Dutzend Stimmen auf einen seiner votkSlhümtichen Männer vereinigt und Jemand würde derartig ungereimtes Zeug dar» reden? Noch stärker aber ist das Folgende: Das tiefsinnige Blatt fährt fort: „Die einzige Partei, die hier mit einiger Genugtbuung abseits stehen und dem Entsetzen der übrigen mit Gleichmutb Zusehen kann, ist das Centrum — denn, wenn Alle- denkbar wäre: ein solches Resultat, die Wahl eines ManneS vom Schlage Ahlwardt, gehört in CentrumS-Wahlkrrisen denn doch zu den unmöglichen Dingen." Da« zu schreiben hat die „Germania" die Stirn, wenige Wochen nachdem der leibhaftige ultramontane Zwillings brudrr eines Ahlwardt, vr Sigl, bei eincS Haares Breite in dem stockkatholischsten Wahlkreise Deutschlands gewählt worden wäre. Die neuesten Nachrichten aus Wien über den Stank der dortigen parlamentarischen Krisis sind einander wider sprechend. Während von der einen Seite gesagt wird, der Bruch zwischen dem Eabinrt Taaffe und der vereinigten deutschen Linken sei vollzogen und die Linke werde von nun ab eine stramme OpPositionSstcllung einnehmen, verlautet von der anderen Seite, daß immer noch Verhandlungen stattfinden, um den Bruch zu vermeiden. Graf Taaffe '"P Graf Kuenburg wurden gep'et».von» Kaiser empfangen. lenbnrg'S Demission wurde bisher nicht angenommen. Kuenburg nahm in der gestrigem Sitzung drö Abgeordneten hauses seinen Platz aus der Ministerbank rin. Vormittag» hatte Kuenburg eine Besprechung mit Kalnoky. Dagegen Wird au» anderer Quelle gemeldet, die Annahme de« Entlastungsgesuches de« Grasen Kuenburg sei höchst Wahrscheinlich, ebenso, daß die Polen für eine neue MekrheitS- bildung zu grwinurn wären, wenn Taaffe den ernstlichen Willen dazu bekundete. Ihr früheres Schwanken ist jetzt einer schroffen Haltung gegen die Linke gewichen, woraus »rläufia auf die Unhesibarkeit de« Bruche» geschloffen wird, aßer TazkH.Apüichrr Zurückhalumg gegen den von, bnffk?rrarh gebilligten Versuch einer "MeorheitSbildung gilt als der Schlüssel der Lage da« geheime Con- vcntikel der Delegirten der Rechten, worin sich die Jung- czccheu geneigt zeigten, sich beim Dispositionsfonds zum großen Theil der Abstimmung zu enthalten, so daß dieser beute oder morgen angenommen werden könnte. Die Linke macht sich auf eine mehrjährige schärfste Opposition gefaßt. Taaffe wird wahrscheinlich weiter zu schaukeln vcr- fuchcn, ist aber von den Extremen abhängig, die nur durch große Zugeständnisse auf Staatskosten zu zähmen sind, während alle Zugeständnisse an die linke Staatspartei nur der Kräftigung des Staates dienten. Manche glauben, daß ernstlich an eine reactionaire Politik im Gegensätze zu Ungarn gedacht werde, doch überwiegt bis jetzt die Anschauung, der Kaiser verweigere nur, sich von Taaffe zu trennen, und lasse daher dessen Versuchen freien Spielraum. Die Franzosen sind doch ein ganz eigcnthümlicheS Volk. Heute gewinnt eS ganz den Anschein, als ob die französische Teputirtcnkammer selbst durch da« Votum, wodurch sie das Cabinet Loubet stürzte, sich überrascht fühlte. Die Mehrzahl der Abgeordneten, welche gegen die Tagesordnung Brisson gestimmt hatten, behauptet, daß die Lage von den Anti republikan ern geschaffen worden sei, um der Re publik zu schaden. Die Republikaner hätten sich über listen lassen, indem sie zum SturzcLoubet'S mitwirkten. In der Thal sieht man nicht recht ein, weshalb gerade ein verhältniß- maßig unbedeutender Anlaß zu einem Hauptdifserrnzpunct zwi schen dem Cabinet und drrKammermehrhril aufgebauscht werden mußte. Allerdings spricht die »ach gefallener Entscheidung fast einstimmig angenommene Tagesordnung Briffoo-Manjaa die Solidarität der Kammer mit dem Werke der Panama- Untersuchungscommission au», dadurch tritt aber die Kammer so wenig in einen materiellen Gegensatz zu dem Standpunkt der Regierung, den Herr Loubet noch kurz vorher durch di« Er klärung, seine Bereitwilligkeit, dem Panama-Untersuchungsaus schuß die weitestgehende Unterstützung »u Theil werden zu lasten, präcistrt hatte, daß man sich de« Eindruckes nur schwer zu erwehren vermag, e« liege dem ganzen Vorgänge «iu Mißverständniß, höchsten« ein GelegenheitScvnstict zu Grunds und als hätten sich die Drahtzieher der parlamentarische« gehenden trennenden Meinungsverschiedenheiten zwischen Herrn Loubet und der Dcputirtcniiichrheit dir Rede sein kann, zeigt die Bereitschaft der letzteren, dem Cabinet ihr Vertrauen zu votircn, allerdings im Anschluß an die von Herrn Loubet bekämpfte motivirte Tagesordnung Brisson. Wäre ans schwerwiegenden Gründen das Tischtuch zwischen Regierung und Kammer zerschnitten gewesen, so würde letztere mit ihrem Vertrauensvotum gerade im kritischen Moment wohl kaum so gefällig bei der Hand gewesen sein. Wie die Dinge liegen, kann man also eigentlich «licht sagen, daß der Rücktritt teS CabinctS ein geflissentliches Werk der Kammer war, sondern eher, daß Herr Loubet selbst die Sache auf die Spitze trieb, indem er sich konsequent weigerte, eine andere als die schlichte, uneingeschränkte Tagesordnung zu gcnebmigen. Warum er dieses that, läßt sich vom Stand punkt des fernstehende» Zuschauers freilich nicht so ohne Weiteres entscheiden. Der äutzere Hergang ist der, daß nicht Herr Loubet, sondern der Justizminister Ricard den Keim keS Zerwürfnisses in die Situation trug, und daß dann Herr Loubet gewissermaßen einer gebundenen Marschroute folgte als er seinem College» von der Justiz zu Hilfe kam. — Zur Lage liegen folgende neueste Telegramme vor: Paris, LS. November. Die „Locarde" veröffentlicht einen Brief Reinach's, aus welchem hervorgeht, daß ein Selbstmord i Reinach's als sicher nicht anzunehmen ist. > Paris, 30. November. Brisson hat sich nunmehr doch Dämmerungen. Roma» i» drei Büchern von Rudolf von Sottschall. bO) Nachdruck »erdaten. (Fortsetzung.) „Dazu Hab' ich Ihnen kein Recht gegeben, so doch ich Ihre Freundschaft stet« geschätzt. Ihre Enttäuschung be dauere ich von ganzem Herzen, aber ich trage keine Schuld daran. Glauben Sie indeß nicht, daß es Jbnen so leicht werden wird, da» zu erfüllen, um da- ich Tic flehentlich bitte: gerade Ihre Freundschaft wird noch auf eine barte Probe gestellt werden ... und ich — werde Ihnen keine Bor würfe machen, wenn Sie dieselbe nicht bestehen." Der Officier stand zögernd, als erwarte er noch irgend ein tröstende» Wort... noch irgend einen Hoffnungsstrahl. Vielleicht war «S nicht ernst gemeint, vielleicht wollte Teresa nur durch rin solche« Bekrnotniß ihren Rückzug decken, für ihre edrlmütkige Entsagung einen Vorwand suchen .. . viel leicht war eS nur eine vorübergehende Laune, «ine flüchtige Täuschung de» Herzen». Ost Hielt die Phantasie den Künst lerinnen einen Streich — gaukelt ihnen ein Ideal oor, da» schon nach kurzer Zeit in Lust zerrinnt. Er konnte sich nicht entschließen zu verzweifeln. Doch er war verstummt, er fand nickt da» rechte Wort. Die Liebe hätte ihn beredt gemacht, obschon er für gewöhnlich mehr ein Schweiger als rin Redner war; drr Schlag, der ihn getroffen, hatte ihn ^ !o muß ich mich sür heute beurlauben", sagte er, nach seiner Mütze greifend. ' hte T« Er reichte Teresa die Hand und wandte sich zum Ab gehen; doch noch einmal kehrte er zurück. „Doch der Ankere, den Sie lieben... ich hoffe, daß er fich dieser Liebe würdig beweisen wird. Sollte da« Kleinod, da- er mir gestohlen, i» seiner Hanv verblüffen, so werde ich ihn al» einen frevelhaften Dieb zur Rechenschaft ziehen." Kurt war nicht» weniger al» «in schneidiger Officier; doch als ihn so die Erregung des inneren Unwillen- erfaßte, ge wann seine Haltung etwa- Herausforderndes; die Sporen klirrten, der Säbel rasselte, als er das Zimmer verließ. Teresa sagte sich, daß der Schmerz, dessen dumpfes Brüten kräftige Naturen nickt vertragen, sich bei Kurt in eine hinauSstürmende Energie kc« Willen« um geletzt hatte. Und er hatte ja eine Probe solcher kühn zugreifenden Energie gegeben, die sie selbst zu Tbränen rührte; er hatte für sie gekämpft, er, der Unbegün- stigte, der nur in Treu und Glauben und Hoffnung an »hr hiug. Solche Herzen sind einer starken und großen Empfin dung fähig — und ist da« Weib nickt glücklich, da« ein ganze» Leben auszufüllen vermag? Wie ander» die Geist reichen, die, beute von einer Empfindung ersaßt, morgen schon über ihr stehen, die den einen Strahl auslösen in bunte arben, bis der ganze Regenbogen erlischt, ei» von einem ewölkc hingebauchleö Traumbild? Noch kam Lothar alle Tage — und er hatte ja viel sür Teresa gcthan; er hatte in dem gelesenste» Blatte zwei Artikel über den Theaterscandal geschrieben, die an nieder schmetternder Wucht nickt» zu wünichen übrig ließe»; er war den Urhebern auf die Spur gekommen, besonder» als Teresa ihn von Faber'S Besuch erzählt batte — und au« den Spalten jene« Blatte» hatte auch ein zündender Blitz in die Villa mit den korinthischen Säulen einaeschlagen. In auswärtigen Blättern hatte Lothar da« Lob der Geliebten gesungen; mit auswärtigen Bühnenlcitungen war er in Beziehungen getreten; doch waren diese Verhandlungen bisher erfolglos geblieben. Erst mußte sür Teresa ein Engagement gesunken werben: dann erst tonnt« er sich selbst an jenem Orte nach einer Redaction, einer festen literarischen Stellung nmsehen. Hier war ja ihre« Bleiben- nicht — und er opferte nicht viel, wenn er die Stadt verließ; d.nn er war nur ein ge legentlicher Mitarbeiter der hier erscheinenden Blätter. Doch dir Zukunft war ungewiß — und dir Gegenwart? Tie feurige« Lichtkreise der Leidenschaft waren blaß »nd blasser geworden; Lotbar erschien oft trübe, mißvergnügt, gclangweilt. Für die Menge giebt'S kein festeres Band al» da» der Gewohnheit — für die Feuergeister ist eS eine läh mende Feffel. Die nervöse Unrubr Lotbar'S hatte für Teresa oft etwas Beängstigendes .. er war nickt fcstzuhalten; irgend ei» Gedanke, ein Plan scheuchte ihn aus, wenn er sich kann, niedergelassen. Und doch war seine Leidenschaft noch nickt erloschen; eS gab Tage, an denen sie mit dem früheren Feuer auslodcrte. Lothar schrieb an einem größeren Roman; an Teresa hatte er da- Maß genommen sür eine seiner Heldinnen. Und wenn er an die Capitcl kam, wo der feurige Liebhaber ihr mit glühenden Wünschen und Erklärungen nahle und zärtliche Hingebung fand, da begeisterte er sich selbst sür das Modell, da« er glühender in seine Arme schloß, und Teresa ahnte nicht, daß das nur ein Rausch au« zweiter Hand war, der sich nachher in einem Rvmancapitel verflüchtigte. Heute kam er bald, nachdem der Officier den Garten verlassen: er war ein wenig abgespannt, daS war der Rück schlag. Ihm war, wie er selbst sagte, vorher zu Hause so gigantisch, io titanenhaft zu Muthe gewesen; er hatte ein Gedicht aufs Papier geworfen. ein Gedicht mit geistigen HerkulcSmuSkeln, welches die Schlange der Convenienz in der Wiege erwürgte. Goethe « PrometbeuS war matte Limonade dagegen; den» wo man das himmlische Feuer holte, daS wußte doch ein Goethe nickt. Damit konnte er nicht die Salon- kerzen für die Maskenbälle in Weimar und im Belvedere anstecken. Am liebsten plätscherte seine Muse im Ilm-Wasser und da holte sie sich jene Erkältung, die sic zeitlebens nicht loSwcrden konnte und die noch als Stockschnupfen den zweiten Theil deS Faust ungenießbar machte. Alle diese sich überstürzenden Gedanken förderte er in wilder Hast zn Tage, als er kaum ins Zimmer getreten war und Teresa begrüßt batte; dann setzte er sich ans Clavier, spielte LiSzt und Chopin durcheinander und ging über in ein stürmisches Pbantafiren, welches alle Saiten zu sprengen drokle. Teresa war sür ihn nicht- als Publicum — ein dankbares Publicum; denn sie bewunderte seinen Geniu». Und al- sie diese Bewunderung aussprach, da stand er aus und drückte ihr dankbar die Hand. „Hier eine Menge Briese", sagte er, sich aufs Sopba an den Tisch setzend, „nun, der deutsche Thespiskarren steckt tief im Sumpfe; die Leiter sind gehörig davon bespritzt, und Nie mand, der'S ihnen abbürste« Euer Oprrettenkrani bat den Morast noch unergründlicher gemacht. Hier, der Tirector schreibt mir, er bade Dich gesehen und gehört; doch daS sei nickt- für sein Publicum. Du seist eine ätherische Schönheit, doch in der Operette verlange man derbe Kost. Hier, der Leiter aus der Residenz bedauert, daß der Theaterscandal in allen Blättern erwähnt worden und die Heldin desselben daher sür ihn uninöglich sei Ein Dritter hier, der Director einer Provinzialbllbne, mein guter Freund, schreibt mir: „Ich bade viel Vertrauen aus Dein Kunsturtheil, aber ich höre von Deinen College«, daß Du diese Teresa Stern ganz besonder- protegirst — >a, eine kleine Liaison. Du Tausendsassa! Tie Liebe aber ist bekanntlich blind — und so wirst Du mir Wohl erlauben, in diesem besonderen Fall Deiner Empfehlung keinen Glauben zu schenken. Alle Sterblichen begehen Tborheiten, wenn sie verliebt sind, aber ein verliebter Kritiker ist der größte aller Thoren, denn er begeht einen Selbstmord." „Da siehst Du, Teresa, was ich mir sagen lassen muß, von meinen Freunden." „Um meinetwillen? Da muß ich freilich Dich bedauern und — mich noch mehr!" „Auch sür das Schauspiel eine- HofthraterS habe ich Dich empfohlen — ich bin überzeugt, daß Du erst CarriSre macken wirst, wenn Du Dich von der Operette loSgesagt! Wa» Dir noch im Vortrag, im ConversationSton fehlt, will ich Dir bald einstudiren — Du bist geboren für die Darstellung sanfter, echt weiblicher Rollen. Und wa» schreibt mir der Intendant?" „Wir könnten eS fast als eine Beleidigung anseben, daß Sie un« zumuthen, daS Mitglied einer Operettenbühne für unser Hoftheater fortzuengagiren. Wir werden nie so tief brruntersleigen — da« sind zwei Kreise, die sich nie berühren. Talent mag ja die Dame haben, aber Talent haben auch die Trapezkllnstlerinnen — und auch gegen die Schönheit Ihres Schützling« will ich nicht- einwcnden; doch auch die Damen aus der Drebscheibe dürfen auf Schönheit Anspruch machen: wir haben aber weder hier ein Trapez, noch eine Drehscheibe, noch ein« Operettenbühne, sondern ein Königliches Hoftheater!" Und daS ist ein Intendant, der da» Ballet bevorzugt und am liebsten sein ganzes Hostbrater in eine große Drehscheibe ver wandeln möchte."
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