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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 17.12.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-12-17
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18921217028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892121702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892121702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-12
- Tag1892-12-17
- Monat1892-12
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Die einzelnen Rosetten zeigen einen Brillanten, umgeben von ileineren. An einer der Kreisrosetten ist ein Henkel, an der entgegengesetzten sind als Gehänge zwei kleine Rosetten angebracht. Vor Anilins wird gewarnt und um Nachricht von Ermittelung zu den Acten ersucht. 9. Ve. 284 92. Halle a/S-, den 9. December 1892. Ter vrstc Staatsanwalt. ver neue Fall Löwe. ss. Es entsprach den Thatsachen, wenn Herr v. Bennigsen in seiner letzten ReichstagSredc bemerkte, die deutschen Au slände seien trotz mancher Mißhelligkeiten derartig, daß wir mit keinem anderen Lande zn lauschen Lust haben könnten. Aber zu einer pharisäischen lleberhebung über andere Na tionen hat die deutsche wahrlich auch keinen Grund. Was sich zur Zeit in Frankreich abspiell, läßt auf eine Fäulniß des öffentlichen Lebens schließen, wie sie für Deutschland der schlimmste Schwarzseher nicht zu behaupten vermöchte, indessen muß man zugestehen, daß Deutschland mit Frankreich — und Oesterreich — das gemein hat, daß die eigentliche Politi! hinter den Klatsch, den Scandal zurücktritt. Auch bei uns folgen sich neuerdings die „Affaicen", und die zuletzt ans Licht gezogene ist nichts weniger als erquicklich. Es dal nickls zu bedeuten, daß der neue Fall Löwe sechs Jahre zurückreicht; die Erklärung, welche die Firma Ludwig Löwe L Eo. an einige Blätter versandt hat und die wir gestern bereits mitgetheilt haben, stellt es mit einer gewissen Naivelät außer Zweifel, daß bei günstiger Gelegenheit auck gestern geschehen wäre, was wir jetzt »nt maßloser Befrem- dung aus dem Jahre 1888 erfahren. Die Thalsachen sind unseren Lesern bekannt: Die Firma Ludwig Löwe L Eo. bat bei Beginn der Kriegsgefahren Ende 1888 der sraiizösisckcn Regierung ihre Maschinen behufs besserer und rascherer Herstellung von Gewehren angeboten und bedauert jetzt, am 15. December 1892, daß Herr Boulanger auf die Offerte nicht eingegangen ist. Die „Nat.-Ztg.", welche die Handlungsweise der Firma gestern scharf ver- urlheilte, entschuldigte sich bald darauf gewissermaßen wegen dieses Tadels, weil die Firma behauptete, daß das Anerbieten nicht am 20. November, sondern schon am 20. Oktober 1888 an den französischen Kriegsminister ergangen sei, zu einer Zeit also, wo die Kriegsgefahr noch nicht allgemein bekannt gewesen. Heute aber »»nmt die „Nat.-Ztg." ihre Entschuldigung zurück, da aus dem vom „Figaro" ver öffentlichten Wortlaute des Briefes hervorgeht, daß er erst am 20. November geschrieben ist. Aber auch wenn der „Figaro" sich absichtlich geirrt haben sollte, würde die Firma Löwe nicht zu entschuldigen sein. Schon vor dem 20. Octobcr galt die Lage in politischen Kreisen für bedenklich, und wenn vielleicht die ehrsamen Bürger von Ansbach und die binterpommerschen Bauern von den drohenden Zeitläuften nichls wußten — die Firma Löwe war jedenfalls so gut unterrichtet, wie Hunderttausende von Deutschen, die an der Frage „Krieg oder Frieden?" materiell weniger interessirl waren, wie dieses große industrielle Etablissement. Jedenfalls wußte Herr Löwe, daß französische Rüstungen zu allen Zeiten in erster Reibe gegen Deutsckland gerichtet sind; für etwaige Colonialunternehmungen bedurfte Boulanger wahrlich nicht einer schleunigst hergeslellten verbesserten Schießwaffe. Und dies ist der Kernpunkt, über den sich eigentlich schwer streiten läßt. Die Logik und die Nationalökonomie kann die Berliner Firma leicht für sich mobil machen. Wir haben von ihr schon gehört, daß die Annahme ihrer Offerte Deutsch land einerseits keinen Schaden, andererseits Nutzen gebracht hätte. Demnächst wird man uns wohl beweisen, daß die Erleichterung der französischen Rüstungen sogar der deutschen Wehrkraft zu Gute gekommen wäre. Denn im Kriege spielt Geld, Geld und abermals Geld ja eine Hauptrolle. DaS Geld kann aber der Staat nur von seinen Bürgern nehmen, und je mehr diese in Friedens zeiten vom Ausland verdient haben, desto größer ist der finanzielle Rückhalt der kriegführenden vaterländischen Regierung. Gewehre hätten und haben, wie Figura zeigt, die Franzosen ja doch bekommen. Bei dieser Beweisführung wird aber etivas außer Acht gelaffen, was man mit dem Verstände nicht erjagen, sondern was man füblcn muß. Wenn französische Kugeln Söhne deutscher Müller ins Herz treffen, so sind sie todt, gleichviel ob die Herstellung der tödtlichen Waffe in Pittsburg oder in Berlin ermöglicht worden ist — aber während für die Pittsburger das Geschäft wie ein anderes ist, sollte der Deutsche empfinden, daß er um des Gewinnes willen den Feind nicht gegen sein Vaterland, gegen seine Brüder be waffnen darf. Die Maxime „Wenn ich's nicht thuc, thut's ein Anderer" ist zulässig und volkswirtbscbaftlich löblich, wenn eS sich etwa um Rasirmesscr oder Häckselmaschinen handelt; auf Waffen lieferungen für einen zum Angriff aus das eigene Vater land bereiten Staat sollte sie aber nicht für anwendbar erachtet werden. Die deutsche Industrie ist und war keinen Augenblick im Stande, durch ihre Zurückhaltung die zweckmäßige Bewaffnung der Franzosen zu ver hindern, das weiß Jedermann. Jedermann weiß auch, daß ein leichtfertiger Student, wenn er will, einen Wucherer findet — aber Niemand wird sich durch diese unbestreitbare wirthschaftliche Thalsache verpflichtet sehen, den bestimmten Wucherer, der den Leichtsinn des jungen Mannes ausgebeutet hat, für achtenswerth zu halten. Auch Boulanger scheint das Anerbieten Löwe'S nicht für achtenswerth gehalten zu haben, denn er hat dieses Anerbieten nicht einmal einer Antwort gewürdigt. Wahrscheinlich hat er gemeint, eine deutsche Firma werde daS feindliche Ausland schlecht bedienen. Hat Herr Löwe den Helden Boulanger aut bedienen wollen, so muß er es begreiflich finden, daß Deutschland sich das Unheil Boulanger'S aneiHncl und aus eventuelle weitere Anerbietungen Löwc's mit schweigen antwortet. Das deutsche Volk würde sich nicht mehr sicher fühlen, wenn es nach dem Bekanntwerden des neuen Löwe - Falles wieder mit Löwe - Flinten bewaffnet werden sollte. Das möge auch Herr Krupp in Essen be denken, von dem eS hieß, er wolle eine Filiale seiner Kanonen fabrik in Rußland gründen. Es macht keinen Unterschied, daß er Christ und Löwe Jude ist. DaS deutsche Volk in Waffen will in einem etwaigen Kriege mit Rußland ebenso wenig aus „christlichen" Krupp-Kanonen, wie in einem Kriege mit Frankreich aus Flinten beschossen sein, zu denen eine jüdische Firma in Deutschland Maschinen und Werkzeuge ge liefert hat. politische Tagesschau. * Lcipiig. ,7- December. _.. Ata" bat bekanntlich gemeldet, die Die „Rbein.-Westial. M süddeutsch«" jüngst in Heidelberg Partei ballen Delegirten der sssssoffen daß die Anlehnung eine R-solut.on beschlossen,°^^^ Parte, der inneren deutschen Politik an . und eine cnt- j.i berechtigter Verstimmung Anlab ü ^ nalional- schiedene Betonung der Uberale" . tz ^ Regierung liberalen Parte, und ihrer ^ bsslia^d ^t^^.. ^„gt gegenüber notbwendig mache, -t. „ ^ Resolution di-i- MO»-»» «m-uli« I« nur einen e'"^''«» m-hr-r gefaßt behandelnden Befchlufsen bilde, wichtige Satz worden seien. Es ' der M.ltta.rvorlag- nicht während der ersten Berathu g i,„ Reick-stag- bekannt ö«w°rd-" .st. E ta „ationallibcralcn Aögeordncl^ " . ^ LEGWtz-W LF>r ,°.L» C°mmissionöm..glicd-r, die der Vorlag- am men en ab aenc.at sind, den Beweis geliefert, daß es ent,»losten >,l. die Arbeit ihrer hinter den Coulissen tbatigen Genossen durck einen scharfe» Druck in der Commission zunnlcrstutz^ Gerate jetzt ist eS also von Wichtigkeit, daß der Reichskanzler »fährt, 'wie man es in weiten Kreisen des R-.ch- anftasf-n würde, wenn er das Centrum für eine Patriot,,che 4.hat durch besondere Concessionen belohnen wollte. Er möge nicht glaube», daß der herrschende Parteihadcr eS zu einer starken und allgemeinen Entrüstung nickt kommen laste» wurde, wenn er etwa in der Jcsuitrnfrage sick nachgiebig erwiese. Trotz aller Un-migkeit. die innerhalb fast aller Parteien herrscht, würde er einen Sturm gegen sich entfesseln, den er trotz seines „Sieges" in der Militairfrage nicht zu beschwich tigen vermöchte. Gras Taaffe, der seit der Abschwenkung der deutschen Linken aus dem Rcgieruiigslager auf einer parlamentarischen Sandbank scstsitzt, will versuchen, sich wieder flott z» macken, und leider ist bei der Mattherzigkeit, welche die Führung der dcutsckliberalei, Partei von Zeit zu Zeit anwandelt, die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, da« seine Spekulation auch diesmal nickt seblscklägt. Wenn die deutsche Linke sich ihrer unaufhörlichen Bedenken und Rücksichtnahme zu enlschlagen vermöchte, dann könnte sie aus der Verlegenheit des Grafen Taaffe große» Vortbcil für die von ihr vertretene Sacke gewinnen und ihren Preis für weiteres „Mitthun" sehr reichlich bemessen. Es wäre eine unverzeihliche Schwäcke und Kurzsichtigkeit, wenn sie sich durch das ver schwommene, den Keim zu zahllosen neuen Conflicten ber gende „Versöhnungsprogramm" einfangen ließe, das Gras Taaffe oder, wobt besser gesagt, der Finanzminister Ilr. Steinbach ersonnen hat. Wie bestimmt verlautet, wird Graf Taaffe sofort nach der Vertagung des Parlaments Verhandlungen wegen Bildung einer festen Mehrheit cinleitcn, da die Fortführung der parlamen tarischen Geschäfte bei Fortdauer des gegenwärtigen Zustandes sich als unmöglich erwiesen hat. Graf Taaffe bekarrt au Wunsch des Kaisers ans der Mitwirkung der Linken, andererseits aber auch auf Einbeziehung des böhmischen neue Mehrheit. DaS Programm der letzteren soll genau fest- qestellt werden; staatsrechtliche Fragen und Schulsragen würden vom Programme ausgeschlossen bleiben. Ob die Mitwirkung der sinken aus dieser Grundlage erreichbar, ist „och ungewiß. Die Wiener Blätter beben übereinstimmend hervor,daß vr. v. Plenrr in seiner Rede beim Budgetprovisorium keine endgültige Absage an die Regierung gerichtet hat. Diese Haltung >ängt eben mit den bevorstehenden Unterhandlungen zu- ammen, deren Abschluß vor Neujahr erfolgen wird. Sollte ein Abkommen mil der Linken unmöglich sein, so wird eine neue Mehrheitsbildung mil den Jungczechen ver richt werden, deren Wortführer in offener Sitzung ihre Be dingungen für ihren Eintritt in eine Mehrheit mit den übrigen Fractionen der Rechten bekannt gaben. Man kann es jetzt als Tbatsache betrachten, daß die in Brüssel tagende internationale Münzconferenz, wie von allem Anfaiia an angenommen wurde, ergebnis los verlaufen ist. Die von der Cvnferenz eingesetzte Com mission, von welcher der Wortlaut des Berichtes über die verschiedenen Vorschläge scslgcstellt werden sollte, gelangte nach Erwägung dieser verschiedenen Vorschläge und Amende ments zu dem Schlüsse, daß sie keinerlei Volum abzugeben, keinerlei Cvmpromiß zu formuliren vermöchte, da die Con- serenz selbst sich »och nicht zur Hauptfrage ausgesprochen habe. Man darf daher die Brüsseler Münzconferenz als gescheitert betrachten. Das Ministerium Ribot Kat sich endlich zu einer „Thal" emporgeraffl, indem gestern auf sein Gecheiß der Generalprocuralor die Verwallungsrälbe der Panama- Gesellschaft Carl LessepS, Fontane und SanSleroy verhaften und das weitere gerichtliche Verfahren gegen die selben einleiten ließ. Ein weiteres Mitglied de- Ber- waltungsrathcs, Cottu, konnte nickt ausfindig gemacht werde» und ist wahrscheinlich in das Ausland geflüchtet. Gegen den eigentlichen Leiter der Panama-Gesellschaft, Ferdinand Lesseps, ist wegen dessen Krankheit das Ein schreiten vor der Hand aufgeschoben. Es liegen über den Eindruck, den das Vorgehen de« Ministeriums in Paris bervorgebracht hat sehr widersprechende Mittbeilungen vor. Die Präsidenten der vier republikanischen Gruppen de« Senats begaben sich zum Ministerpräsidenten Ribot und beglückwünschten denselben zu den Beschlüssen der Regierung bezüglich der in der Panama-Angelegenheit vorgrnommenen Verhaftungen und Haussuchungen. Eingeweihte Kreise da gegen meinen, diese Verhaftungen seien nur eine Komödie, rum Zweck, das große Publicum von der Energie der Behörden zu überzeugen. Tbatsächlich seien sie nur vor- genvmmen, um die öffentliche Meinung von den com- promittirte» Namen, wie Freycinet, Rouvier, Roche und Deves, sowie Bourdcau und andere», abzulenken. Man sieht hieraus, wie tief das Mißtrauen ist, wel ches in Paris gegen die Regierung besteht. Die in der Panama-Angelegenheit verhafteten Personen wurden noch gestern Abend in da« Gefängniß MazaS einge- licfert, wo man sie in Einzelzellc» unterbrachte. Vorher wurden, wie bei gewöhnlichen Gefangenen, ihre Kleider durchsucht; Fontane verlangte die ihm abgenommene Uhr zurück. Ihr Essen dürfen sie von draußen kommen lassen, doch darf der Preis des Dejeuners und des Diners zusammen 4 Francs 50 CeiiliineS nicht übersteigen. Nach einem neuesten Telegramm von beute Vormittag scheint sich das Gerücht, daß weitere Verhaftungen in der Panama-Angelegen heit vorgcnommeli werden würden, zu bestätigen Die Regierung will von dem Parlament die Ermächtigung verlangen, gegen mehrere Mitglieder des Senates und der Kammer gerichtlich vorzugeben. Ferner verlautet, daß die Panaiiia-Cvmmission beabsichtige, sich jetzt, nachdem die Regierung die Ueberlragung richterlicher Gewalten auf sie abgelehnt und zugleich ein ordnungsgemäßes, richterliches Verfayren eröffnet hat, sich aufzulösen. Brisson verhält sich Feuillrtsn. Dämmerungen. Romen in drei Büchern von Rudolf von Gottschall. 65j Nachdruck verboten. (Fortsetz,Mg.) Warum batte sie der Frau Abraham erlaubt, sich bei ihr emzuschlcichen'? Warum batte sie den Ring für sich he ballen und ihn dem Grafen gezeigt, obschon sie den Zustand großer Aufregung erkennen mußte, worin er sich befand? Sie war in ihrem guten Rechte; doch dieser schüchterne Ein- wand wagte sich nicht hervor! Nicht ans das Recht kam cs an ... die Liebe, die nimmer rechtet, hätte ihre schützende Hand über den Unseligen ausbreitcn sollen, als ihn seine bösen Geister verfolgten! Nimmer hätte sie ihn ziehen lassen sollen, obnc ikn zurückzubaltcn mil all der Macht, die sie über ihn auSilbte. Kalt und lieblos hatte sie ihn binauS- sprcngen lassen ... in die Nacht ... in sein Verderben! Als sie sich wieder erholt batte, fragte sie den Doctor, wie sich Alles zugetraacn. Dieser erwähnte natürlich nichts von den Salons der grau Abraham, sondern erzählte den Vorgang, als wenn er in ihrem Boudoir sich abgespielt hätte. Er theilte mit, baß der Graf verkästet worden und daß er hoff«, Frau Abrabam werde wieder genesen. „Ich kenne meine Pflicht", sagte Marie gefaßter; „darf ich den Grasen in seinem Gefängniß sprechen?" „Es wird schwer halten", versetzte der Doctor! „Der llnlersuchungsrickler wird Alles von ihm fernzukalten suchen, was die Untersuchung beeinflussen könnte. Doch ich glaube, es wird mir gelingen, ikn ganz den Händen der Justiz zu entreißen — uud dann wird der Zutritt zu ihm leichter sein." „Sir wollten —" sagte Marie, freier aufathmend, ... »doch durch welche« Mittel?" „Durch den Nachweis einer Geisteskrankheit, die zu solchen Ausschreitungen führen muß. Dann würde er in einer Heil anstalt untergebracht werden." „Und dann ... und dann?" fragte Marie ... „ist er dort nickt auch für die Welt verloren?" „Hoffen wir das Beste, mein Fräulein." „Ich kenne meine Pflicht. Schwereres verlangt sie jetzt nicht von mir, als die Opfer, die ich ihr schon gebracht. Sie ruft mich an seine Seite." „Diesem Ruf können Sie jetzt nicht Folge leisten ... er ist in gerichtlicher Haft." „Doch es läßt mir keine Rübe ... ich muß ihn sehen und sprechen; ich muß auch Frau Abrabam aufsucken; o, ich bin mehr betheiligt an all dem Schrecklichen, als Sie wissen und glauben. Und wenn es nun gar noch meinen armen Eltern Unglück brächte ... der Graf ist der Schutzgeist unseres Hauses ... wenn seine Hand gelähmt wird, so brechen alle Stützen desselben zusammen. Alles in der Welt greift in einander ... nichts so rasck, so pünktlich wie das Räderwerk des Unglücks. Im Herzen sübl' ich seinen zermalmenden Um schwung. O, es ist Alles vorüber!" „Verzagen Sie nicht, mein Fräulein! Ich werde Alles aufbieten, was in meinen Kräften siebt, um die schweren Folgen dieser schlimmen Vorgänge zu mildern .. . nickt blos aus Menschenfreundlichkeit und auS Rücksicht auf langjährige Beziehungen, ich will eine Ucberzeugung zum Siege führen, von der ich ganz durchdrungen bin und deren hartnäckige Widersacher den Fortschritt der Cultur zu bcmmen suchen." „Ich danke Ihnen von Herzen", versetzte Marie, ihm herzlich die Hand reichend, „und wenn ich des guten Rathcs bedarf ..." „Bei mir werden Sie niemals vergeblich anklopfen", ver setzte der Doctor mit einem webmüthigen Blick auf das schöne Mädchen, da» jetzt noch innerlich gebrochener erschien, als bei seinem Eintritt in ihr Zimmer. Und in der That, kaum batte er dasselbe verlassen, als sie laut aussckluchzend mit dem Ausschrei: O mein Gott, sick auf bas Sopya warf und das Gesicht in seine Kissen vergrub. Dann aber richtete sie sich wieder ans und träumerisch versunken in Erinnerungen, die ibr ja Niemand rauben konnte... in die Verheißungen eines schönen Glücke«, die so traurig zu Schanden geworden, rief sic den Namen aus, der einst ganz ihr Her; erfüllte: „Enrico!" Es war ein Schmerzenchchrei... wie entzückend hätte Iv». <Ol.cn HOflullCL, Ivcnn sic lyrcm riune »olgci dürfen! Nichts von all der grenzenlosen Verwirrung, de Schuld, dem Unheil, das jetzt über sie hereingebrochen .. ein friedliches, seliges Glück! Sie schloß die Augen — es wehte ihr etwas wie Troj entgegen — wie der Tust aus den Zauberblüthen eines ih auf immer verschlossenen Paradieses ... eine sanfte Bc ruhigung ... ein goldener Lichtstreif, der die Wetterwolk säumte. Und sie konnte weinen ... sanfte, stille Thränen .. ohne fieberhafte Unruhe, ohne den krampfbaflen Schlag de Herzens ... au« zergehenden, Gewölk ein Gruß für den Mürben sckmuck, der die Gräber deckt. Dann aber raffte sic sick empo mit dem festen Entschluß, alles Schrecklich- ungebeugt zi tragen und was den Menschen hebt vor sich und Andere, — was immer möglich ist auch in Noth und Tod — ihr Pflicht zu thun. Noch an demselben Vormittag hatte Marie anspannc, lassen und war in die Stadt gefahren. Ihr erster Besuci aalt Frau Abraham . . sie hatte sich aus dem elegante, Boudoir in e.n Zimmer des Erdgeschosses hinunterlragc, lassen. Dort war eS düster und unheimlich; die Verhäng waren heruntergelassen und eine Nachllampe verbreitete cn "'arlickes Lickt ,n der Tämmerung. Frau Abraham lag i„ Wundsicber nnd die Diakonissin bat die Eintrctende, die si nur auf dr nzcndes Verlangen eingelassen . . sich still u» fchweigend am Krankenlager zu verhalten. -«schrak über das fieberheiße Gesicht . . die meh als sonst brennenden Ai.Len . . das Flackcrlicht der Lamv warf einen gespenstigen Schein auf die scharfen Eüge Di Kranke stöhnte und warf sich hin und her . . dann beg^n sie zu murmeln und leise vor sich hinzusprechen. „Ein hoher Herr — vornehm und stolz ja ich Hab noch rin besseres Geschäft als dies mit ihm zu macken viel einträglicher. Mit einer Kugel hat er mick di-7.no ^'"21 Hold - - viel Gold ^ . ich scl, schon die blanken bliyernden Haufen. Wenn nur die aarss ^ Kugel m.ch nicht zerrissen hätte . in zwei Len 7? fukl'e . und ich weiß nicht, ob ich mit der Reckien n.» k ' mit der Linken. Den Ri» halt >ch doch nicht fortgeben sollen . . da- war mei Talisman . . er hielt meine Glieder, meine Seele zusammen, jetzt fällt Alles auseinander. . ich suche mich selbst und ich finde mich nicht. Warum ließ ich ihr den Ring, der kleinen Hexe? O sic ist jung, blühend, schön, doch da« ist alles MaSke. Es ist eine Teuselin . . sie hat mich an sick ge lockt; ick iiiußte ihr den Willen thun . . und da hat sie die Kugel für mich gegossen . . und ihr Buhle, der wilde Jäger, schoß sie ab." Marie erschrak über diese Anschuldigungen der Fieber kranken; sie mußte sich erst darauf besinnen, daß es eine Jntrigue der Frau Abrabam war, die so traurige Folgen nach sich gezogen. Die Kranke balle sie nickt erkannt; aber dock schien es, als ob die Näbe de« Mädchen« auf ihre Fieberphantasien wirkte; sie beschäftigten sich fortwährend mit mir: „Hat einen guten Vater . . da- alberne Ding . . der brachte mir Gold und immer wieder Gold . . dafür konnss ich meinen Salon einrichten . . und die Mutter . . hahahal Auck eine gute Frau . . aber für meinen Salon wie ge schaffen; doch sie dars nicht, nein, sie wagt cSnicht. Und die Liebe des TöchlerckenS . . der Sohn de« Verrückten . . doch das ist ja zu Ende! Fort mit ihr . . fort mit ihr . . sie ist die Braut des Mörders." Die Dialonissin bat Marie, das Zimmer zu verlassen; die Kranke sehe sic zwar nicht, doch sie füble ihre Anwesen heit. Marie entschloß sich zu geben; sie eilte dann von Laden zu Lade», kaufte Co»ipo«S, kühlende Gelränke, weiche Plumeaux — und sandte Alles der Pflegerin der Frau Abraham zu. Dann wagte sie allein sich in das GerichtS- gebäude, batte den Mutb, eine Audienz beim Präsidenten zu verlangen Dieser wies sie an den Untersuchungsrichter» der zwar durch seine Brillengläser das schöne Mädchen mil Wohlgefallen betrachtete, doch ihrem Wunsche nicht Gehör schenkte. „Ich kan» Ihnen nicht den Zutritt zu unserem Ge fangenen gestatten, gnädiges Fräulein; Sie sind in die An gelegenheit milverwickclt und Jhr Zcugniß wird von Wichtig keit sein. Eine Rücksprache mil dem Angeklagten dars ich nicht zulassen." „Doch ich will mich ja nicht mit ihm verständigen, ich will
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