Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 28.12.1892
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-12-28
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18921228013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892122801
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892122801
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-12
- Tag1892-12-28
- Monat1892-12
- Jahr1892
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
AbonnemerrtsPrelS der Hauptezpeditton oder den tm Gtadd» dezirt nnd dea Vororten errichteten Au«- oabestelle» obgeholt: vierteljährlich ^14.50, bei zweimaliger täglicher Zustellung in« hau« >l 5.50. Durch die Post bezogea für Deutschland uad Oesterreich: viertel,ädrlich 6.—. Direct» tägliche Kreuchandiendung tu« Ausland: monatlich e! 8.-" DieMorgen-An-gabe erscheint täglichV,7 Uhr, di« Abeud-AuSgabe Wochentag« 5 Uhr. Nedaction und Erveditiou: Johanne«,affe 8. Die Trvedltioa ist Wochentags annnterbrocher geojjaet von früh 8 bl« Abend« 7 Uhr Filialen: Ltt« kle«m'S Kortin,. (AlfreH Hahn), UaiversitätSittaß« 1^ Louis Lösche, S-tharineustr. I«, p-rt. uud SänigSvla» T Morgen-Ausgabe. timigkrTGtblalt Anzeiger. Lrgim für Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. JnsertionSPreiS Die 6 gespaltene Petitzeile 80 Pfg- kerlameu unter dem RedacttonSstrtch («ge» spalten) bO>4. vor den FamtUeaaaqrtchi»» (Sgrspalten) 40-^. Größere Schriften laut unser«« Vrekß« verzeichniß. Labellarifcher «ud Ztsfornsotz »ach höherem Darts. Sptr«-Beilagen (gesalzt), »»r «all IG Morgen-Ausgabe, oha» Postbesördernnß 60.—, mit Postbesördernng 70.—^ Äunahmeschluß flr InseraNr Abr»d-Au«gabe: Vormittag« 10 Uhr. Morgea-Auigabe: Nachmittag« «Uhr. Sonn» und Festtag« früh VF Uhr. Bet dru Filtaleu uud Annaduieslellen jeein« halbe Stunde früher. Austral» sind stet« an dt« Expr-ttta» «n richte». Druck and Verlag von E. Pol« l» Leipzig. Mittwoch den 28. Dcccmbcr >892. 88. Jahrgang Im Interesse rechtzeitiger und vollständiger Lieferung des Leipziger Tageblattes wolle man das Abonnement auf das I. Quartal 1893 baldgtfälligst erneuern. Der Abonnementspreis betrügt wie bisher pro Quartal 4 Mk. 5« Pf., incl. Bringerlohn für zweimaliges tägliches Anträgen S Mk. 5« Pf., durch die Post bezogen « Mk. In Leipzig nehmen Bestellungen entgegen sämmtliche Zeitungsspediteure, sowie die Hanptexpedition: Johannesgasse 8, die Filialen: Katharinenftratze 14, Kön.gsplatz 7 und Uu,Vers»,als,traste 1. Ferner kann in nachfolgenden Ausgabestellen das Leipziger Tageblatt — zum Preise von 4 Mk. 50 Pfg. sur das I. Quartal 1893 — abgel-olt werden: Arndtftraste 35 Herr L. 0. Litte!, Colonialwaarenhandlung. PeterSkirchl,of » Herr Aux Buchbtuderel. Beethovenstrake 1 Herr Hlvoll. ketvr, Colonialwaarenhandlung. Pfasfendorfer Straße 1 Herr britr Heller, Colonialwaarenhandlung. Brühl 80 (Ecke Goethestraße) Herr Herrn. Zletwke, Colonialwaarenhandlung. Nanstsches (^äßchen 0 Herr 11 leilr. b>8el»er, Colonialwaarenhandlung Frankfurter Straße 11 Herr Lri»8t Äros, Colonialwaarenhandlung. Ranstädter Sternweg 1 Herr 0. kiltzeliunnn, Colonialwaarenhandlung. Löhrstraße 15 Herr Llluarll «etLer, Colonialwaarenhandlung. Schntzenstraße 5 Herr 6ul. 8el»üinll-llen, Colomalwaarenhandlung. Marschnerstraße 0 Herr kkul «ellrewer, Drogengeschäft. Westplatz 32 Herr II. Olttrlek, Cigarrenhandlung. Nürnberger Straße 45 Herr L. L. Hbreellt, Colonialwaarenhandlung. Yorkstraße 32 (Ecke Berliner Straße) Herr 0. Gaulle, Colonialwaarenhandlung. Zeitzer Straße 35 Herr V. Lüster, Cigarrenhandlung in Anger-Crottendorf Herr Robert Orelner, Zweinaundorfer Straße 18. in Plagwitz Herr A. l-rutxmunii, Zschochersche Straße 7». - Connewitz Frau Rlseller, Hermannstraße 33, 1. Etage. - Reudnitz Herr Lnxiunuu, Marschallstraße 1. . Gohlis Herr Dil. Lrltrseke, Mittelstraße 5. - - Herr vernli. ^'eber, Mützengeschäft. Leipziger Straße 6. . Ltndenau Herr L. Outderlet, Cigarren-Handlung, Markt 32. - Thonberg Herr R. Mntsell, Neitzenhainer Sttaße 58. - Neustadt Herr R. Leder, Eisenbahnstraße 1. - VolkmarSdorf Herr 0. 4. Lnuinnilu, Conradstr. 65 (Ecke Elisabethstr.). Amtliche Bekanntmachungen. Nutzholz-Äuction. Dienstag, de» 3. Januar 1893, sollen von Vormittag« 3 Uhr an im Forstreviere Vonnewttz dt» auf dem Mtttelwald- schlagt in Adth. 7», dem sogenannte» Apttzsch, aufberetteten Rntzdilser, al«: ca. 20 Eichen- Klötze v. 82—118 ew Mittenst. ». 2,5— S m Länge, - 4L Weissbocheu- - « 25— 48 - » «3 — 7ch « 3 Ahorn- » » 18— 24 » - »4—6 13 Esche»» » »22— 38 » » »3 — 8,3 » 18— 50 » « » 5—13 > » 18— 3b » » » 4ch— 3 28 » » » 4 - 23 Rüster». . 1b Eller». 1 Airschbaum-Klotz- » a. 33 4.b - 1 Apfelbaum sowie 33 Eschen« und Rüstern-Tchirrhilzer unter den tm Termine öffentlich aushängenden Bebiugungen »ud der üblichen Anzahlung an dea Meistbietenden verkauft werden. Zusammenkunft: aus dem Vorschläge im sogenannten Apltzsch an der hohe» Brück« au der Zwenkau« Strass« bet Loanewitz. Leipzig, am 21. December 1882. Des Rath« Farftpeputattan. stl P Donnerstag, den llutzhohauction. a 29. December b. I, sollen von Vor- » A' mittags 9 Uhr an auf dem Kahlschlagt in Abth. 22« des Conne- witzer Forstrevier« 73StückLichen- Klötze V.20—94 cm Mittruft.». 2—13mLäng«, 60 » Weissbuch«»» » »20—50 » » »3,5—8,5» 116 » Rüster» » »19—74 » » » 3—14 » bl » Esche»» - »19—8b » » »8,b—7 » 38 » Ahorn» » »20—3b » » » 4—8 » 33 » Linden» » »20—b4 ... 4—8,b - 21 » Ellern- » »18—31 » » » 4-10F» 1 » Apselbaum-Klotz » 26 » » » 6 » sowie 232 Eschen-, Rüster-, Ahorn« und Eichen-Echirrhölzer unter den im Termine öffentlich auShängenden Bedingungen uad der üblichen Anzahlung meistbietend verkauft werden. Zusammenkunft: anf dem kahlschlage a» der neue» Li»i» im sogenannten Horste. Leipzig, am 1b. December 1882 . De« Rath« Forsttzeputatton. Anh- und Srennhoh-Auction. Donnerstag, den 5. Januar 1893, solle» von Vormittag« 8 Uhr an aus dem Mittelwaldschiage in Abth. 1» de« Vurgauer Forstrevier» zwischen den Böhlitz-Ehreuberger Wiesen und der gluthriune 34 Rmtr. Eichen - Rutzschette l. »ud II. Llafle, 312 » Eichen- 17 » Buchen- 4 » Eschen- Vrennschrite 20 » Rüjtern- und 9 » Linden- nntcr den im Termin öffentlich auShüngenden Bedingungen und gegen die übliche Anzahlung an den Meistbietenden verkauft werden. Zusammenkunft: anf dem obengenannt«» Schlage. Leipzig, am 21. December 1892. De« R»th« Forst«epntotio«. Lekannlmachuug. Di« Leuchtkraft dcS städtische» Leuchtgases betrug in der Zeit vom 18. bi« 26. December 1882 im Argondbrenner bei ISO Litern stündlichem Eonsum da« 18,7 fache der Leuchtkraft der deutschen Normalkerze voa bO Millimeter Flammenhöh«. Da« specisische Gewicht stellt (ich tm Mittel auf 0,488, Leipzig, am 27. December 1892. De« Raths Deputation zu den Gasanstalten. Ausschachlungs-Ärbeilen. Mt den AuSschachtungS-Arbettea für den Reuban per Unt- »ersität aus dem Areale de« PaultaumS soll demnächst vorqe- gangen werden. Unternehmer, welch« sich darum bewerben wollen, können di« ausgestellten Bedingungen nebst Anschlagö-Blanquet gegen Erlegung von 1 bet dem Universitätt-Rratamte in Empfang nehmen Di« auSqesüllten und no,nen«uuterschriftlich vollzogenen Blanqnet« sind versiegelt und mit der Aufschrift: „Au«schachiu igö-Brbeiten zum Universitäts-Neubau" versehen bi« »i». Dreember »892. «achmitta,« S Uhr. im UaiversitätS-Reatamle abzugebeu. Die Bewerber bleiben bis zum 15. Januar 1893 an ihre Ange bote gebunden. Auswahl unter de» Bewerbern, sowie Ablehnung sämmtllcher Angebote bleibt ausdrücklich Vorbehalten. Leipzig, am 24 December 1892. ilmserktKsMmtt«»«. «. «otzbach, Gebhardt. kSaigl. sächff vauratb. Viebstahls-Lekanntmachung. Gestohlen wurde laut hier erstatteter Anzeige: 1) 2 Tchmuckfedern in Form rother Vögel, am 9. d. M.; 2) eine silberne tzyltuder-Remontotruhr mit Gecunde, ge- riefter Rückseite mit Schildchen und den Buchstaben I).", aus der Eüvett« eingekritzelt, sowie «ine kurz« Rtckelnhrkette, am 7. d. M.; 3) eine silberne Rcmontoirulir mit Secundc, doppeltem Goldrand, geriester Rückseite mit Schildchen, Fabriknummer 15837 und anhängender lanagliedriger Rickelkette mit bunten Steincheu, vom 12. bi» 18. d. M.; 4) eine silberne Tylindrruhr mit Secunde, geriefter Rück- stite, eingravirtem Namen „Tb. ttecdt" im Innern und anhäugender Talmikttte mit runden gedrehten Gliedern, am 20. d. M.; b) eine Geige, klein, braun polirt, in schwarzem Holzkasten mit Blechbeschlag, ein Bogen mit weißer Schraube, ein Bogen mit neu- 'überner und Ebenholzschraube uad eine Gcigendecke von grünem lülch mit Monogramm „6. 8.", am 7. d. M.; 6> eine Geige — Bratsche — rothgelb polirt, mit einer ab- «scheuerten Stelle au der Rückseite, mit einem Bogen, tn schwarzem )olzkasten, am 29. v. M.; 7) eit» Billardball au« Elfenbein, mit 2 schwarzen Punkten, am 21. d. M.; 8) ein Winterüberetcher von braunem Stoff, mit hellbraunem, gestreiftem Futter, rin Pelzkragen von Skunk« für Herren und ein Paar gelbe Wildledern- Handschuhe, am 12. d. M.; 9) et» Tommerüberzirher von hellbraunem, geriestem Stoff mit Stoffkragen, grauem Futter, braune» Stcinnussknöpfeu uud Kettchcnhenkel, ein Paar braune Glacehandschuhe und ein weiss- leinenes Taschentuch, „8. L." gezeichnet, Ende v. M. ; 10) ein Winterüberzirher, braun, mit gewürfeltem Futter, Eammetkragen, Hornknöpfen mit verdeckter Batterie und ein kraukeneaffenbuch. auf „Otto llieuvrt" lautend, am 3. d. M.; 11) ein brauner Ratine-Winterkberztehkr. mit braunem Sammetkragen, einer Reihe braunen Steinnusslnöpsen mit verdeckter Batterie, braun- und graugeslreistem wollenen Futter, Borden, einsassnng nnd Lettchenheukel, darunter di« «ingenähte Bezeichnung „L. Üam 24. d. M.; 12) eine Handsäge, ,A. I>." gezeichnet, vom 14. bi« 17. d. M.; 13) ein« Halzkiste mit Buchdruck-Lettern, signirt: 8.6.70223 Lambure" und mit einem Anker, am 14. d. M.; 14) s Kübel Margarine, zwei mit dem Signum: „Oremo, L 8 661, bezw. 662, Üarxnrins X. ckUrxsus, 8rinreu st Lo.", einer mit dem Signum: ,.6<m»uw kaut Xuguutiv 9077 IturgLrioe X. äürireos etc.", am 14. d. M.; Ib) ein Spankorb, oval, mit Leinwand zugenäht, enthaltend t—5 Stück abgeschlachtete Gänse, adressirt au „vsubne Locbuer. am 24. b. M.; 16) ein Handwagen, zweirädrig, gross, flach, ungestrichen, am 16. d. M .; 17) ca. V, Tentuer Rohgnsz, während der letzten Wochen. Etwaige Wahrnehmungen über den Verblieb der gestohlenen Gegenständ« oder über den Lhäler sind ungesäumt bei unserer Lriininalabtheilung zur Anzeige zu bringen. Leipzig, am 27. December 1892. Da« Polizrt-Antt der Stadt Leipzig. Bretschneider. Lekannlnmkjmng. Die öffentlichen Hebanimen-Prüsungeu finden Freitag, de» 30., und » Nachmittag« Sonnabend, de» 3». December dS. JrS-, f von 3—5 Uhr, im Auditorium der Universitäts-Frauenklinik — Trier'sche« In stitut — statt. Leipzig, den 21. December 1892. Die Direktion der k. Hrbammrnschule. Prof. vr. 2ereilet. Lekanutniachull-. Sonnabend, den 3». Decenibrr e., von Vormittag 10 Uhr an soll im Geschäftszimmer de« Proviant-AinteS zu Leipzig, Pleissenburg, Thurmhau» 2. Stock, »ine Parti» Roggen- und Wetzenkleie, sowie Kehrmehl öffentlich an den Meistbietenden gegen sofortige Baar- zahlung versteigert werden. Leipzig, am 24. December 1892. Königl. Proviant-Antt. Lin politischer Wunschzettel. * Auch vor dem diesjährigen WcihnachtSfcste hat die Presse der verschiedenen Parteien der Regierung ihre politischen Wunschzettel überreicht. Im Grossen uad Ganzen bieten sie nicht viel Neues und wiederholen lediglich, wa« man schon seit Jahren bei allen paffenden und unpassenden Gelegenheiten zu hören gewöhnt ist. Eine Ausnahme von dieser Regel macht nur der Wunschzettel der .Kreuzzeitung", dir durch t den Gerlauf de« konservativen Parteitag« zum führenden l Blatte der dentsch-conservativen Partei geworden ist. Dieser > Zettel enthält nur eine» einzigen Wunsch oder richtiger eine einzige Forderung, die aber um so umfassender ist und den ganzen Ucberniulh erkenne» läßt, welcher der heißspornigsten Neaclionaire seit ihren Erfolgen auf jenem Parteitage sich bemächtigt bat. Die .Kreuzzeilung" citirt nämlich zunächst die bekannten Worte des Abg. v. Bennigsen: „Es ist Krikik erhoben und Unzufriedenheit entstanden gegen manche Maßregel der Regierung: es sind gewiß große und kleine Fehler begangen, welche eine weitgehende Mißstimmung hervor- zurufen geeignet waren. Die Autorität der Regierung steht jetzt nicht so hoch und kan» auch nicht so hoch stehen, wie in den siebziger Jahren unter dem Eindruck der grohartige» Siege und der Wiederherstellung des deutschen Reiches. Der Abglanz aller Dinge verbreitete sich auf di« Häupter der Männer de« Kaiser«, Le« Kanzlers und deS großen Schlachtenleukers, welche den Ruhm der deutschen Nation in sich vereinigten. Da« waren Umstände, wie sie kann, in hundert Jahren für eine Nation wieder- kehre» können." Dann legt das Blatt dem Reichskanzler dar, daß dem natioualliberalcn Führer da« rechte Berständniß fü> den wahren Grund der in allen Kreisen herrschenden Verstimmung fehle, und beeilt sich, diesen wahren Grund folgendermaßen festzustcllen: „Er besteht darin, daß die Regierung in einer Zeit, wo der Liberalismus am Ende seiner Tage sieht, sich noch ru keiner festen, zielbewussten Politik entschlossen bat und anscheinend ent- schließen will. Herr v. Bennigsen ist diesem Grunde sehr geschickt ausgewichen, indem er auf die gewaltigen Eindrücke und den grossen Ein- sluss der siegrcickieiiKriege sürdieStellung der früherenRegicrung hinwies, er hat aber übersehen, dass dadurch der Liberalismus nur »och eine Nothsrist erbalten bat, die heute abge Iansen ist. Nur die mächtige Persönlichkeit de« Fürsten Bismarck war in der Lage, den Liberalismus noch über Wasser zu halten, mit dessen Rücktritt aber auch sein Untergang unrettbar besiegelt erschien. Deutschland hat längst den Liberalismus über den Hausen geworfen, und auch seine „Anstands rolle" hat er ausgespielt; der >ahrelangen Insolvenz ist, nach Be- seiligung des CartelS, der offene Concurs gefolgt. Das weiß man heute biS in der kleinsten Hütte und nur deshalb hat sich des Lande« eine ernste Missstimmung bemächtigt, weit die Regierung ol der berufene „Eoncursvcrwaltcr" sich noch nicht hat dazu entschließen können, das Vcrfabren zu beendigen und die „Masse auszu- schütten". So lange die Regierung an einer völlig abgewlrth- schastelen Theorie festbält und dem Liberalismus fortgesetztEoncessioiicn macht, so lange ist keine Aussicht aus ein« Besserung der politischen Stimmung vorhanden. Tie ungebeure und überraschende Aus dehnung der antisemitischen Bewegung ist ein unwiderleg. lichcr Beweis dastir, und eS steht für jeden weitausschouendcn Politiker außer Frage, dass, sofern die Regierung sich nicht dazu entschließen sollte, die „Masse" in dem „grossen" liberalen Eoncurs« auszuichütten, die« der Antisemitismus übernehmen wird. Tie Er scheinungen weisen, so meinen wir, mit zwingender Nothwcndigkeit aus den „großen Umschwung" hin, den auch Herr v. Bennigsen sich vollziehen sieht. Die Reaclion gegen den Liberalismus hat bereits mit solcher Macht eingesetzt, dass Herr v. Bcunigsen uns vollkommen verständlich war, als er seiner Zell den Rus nach Einigung „aller liberalen Elemente" ergehe» ließ. „Grosse Ereignisse werfen ihre Schatten voraus", so lautet ein bekannter geflügeltes Wort, und wir dächten, die schon vorhandenen „Schatten'^ ließen klar genug er kennen, dass die Vernichtung des Liberalismus sich selbst aus dem Volke heran« zu arbeiten begonnen hat. Der Umstand, dass dieser „grosse Umschwung" aber zu einer ernsten Gesahr für unser Vaterland werden kann, wenn sich unser Volk hierbei selbst überlassen bleibt, macht eS der conservatioen Partei zur Pflicht, sich der antisemitischen Bewegung gegenüber nicht gleich- gütig zu verhalten, und sie entspricht damit nur ihrer eminent jlaaiserhaltende» Aufgabe. Der Laus der Dinge wird — das ist unsere Uebcrzeugung — die writauSschauende Politik der couser- votiven Partei auch in dieser Hinsicht rechtfertigen." Gras Eavrivi weiß e« nun, wonach alle Deutschen „bis in die kleinste Hütte" sich sehnen, womit er alle beglücken und vor allem die Herren von Hammerstein und Genossen zu seinen treuesten Bundesgenossen machen kann; er braucht nur resolut jede liberale Anwandelung von sich abzuschütleln und eine frische, fröhliche Reaction hrraufzusübren, die mit dem letzten Reste aller liberalen Errungenschaften und Ein richtungen aufräumt. Und damit Graf Caprivi auch wisse, was seiner wartet, wenn er auf den Vor schlag zur Güte nickt eingeht, wird ihm mit dem AntiseimriSmu« gedroht, der da« „Ausschütten der Masse" übernehmen wird, wenn der Kanzler die« nicht thun will. Vorläufig, bi- Graf Caprivi sich die Sache überlegt bat, will die konservative Partei den Anti semitismus zügeln und ihrer „weitauSschauenben Politik" dienstbar machen. Welche Dienste er leisten soll, läßt sich leicht denken. Er soll Sturm laufen gegen den Grundsatz de« gleichen Recht« für Alle, um dann den extrem-conserva- tiven Lenkern Gelegenheit zu geben, den Löwenantbeil der Vorrechte für sich zu nehmen und mit Hilfe derselben mundtodt zu machen, was sich den Lenkern nicht willig fügt. Graf Caprivi wird sich die Sache jedenfalls reiflich überlegen, bevor er sich entschließt, den Weibnacht-wunsch der „Kreuzztg." zu erfüllen. Es würde ihm selbst wahrscheinlich nicht viel zu regieren übrig bleiben, wenn er den „zielbewussten" Herrn v. Hammrrstcin al« Rath- '«ber wählte. Auch dürfte eS ihm dock nicht ganz eioleuchten, aß er auf solche Weise die deutsche Nation ,bi» w die kleinste Hütte" befriedigen und beglücken werde. Besonders lehrreich ist dieser Wunschzettel für die Anti semiten und Alle, die mit ihnen auf derselben Bahn wandeln. Wenn sie nach den Vorgängen aus dem conservatioen Partei tage geglaubt haben, von den konservativen nicht nur al« eine berechtigte, sondern auch als eine unterstützung-würdige Partei angesehen zu werden, fo haben sie sich iu einem starken Irrthum befunden. Die „Kreurzcitung" erblickt io ihnen, wenn sie sich selbst überlassen bleiben, eine nicht minder große Gesahr, wie in den Liberalen. Nur als Droh- mittel gegen die Regierung sollen sie dienen und al« Sturmbock gegen das gleiche Recht für Alle, ba den extremen Conservatioen am meisten im Wege nach dem ersehnten Ziele besonderer Vorrechte steht. Haben die Anti semiten als Drohmittel und als Sturmböcke thre Schuldigkeit gethan, die Negierung zur Capitulation vor der Iunkrrpartei gebracht uud den Grundsatz des gleichen Rechtes für Alle durchbrechen Helsen, so wird auch ihnen der Brodkorb höher gehängt und die „Masse" ihres „ConcurseS" auSgeschuttet. Massenverwalter wird die Innkerpartei, die ihre „eminent staatSerhaltende Ausgabe" durch Knebelung alles dessen erfüllt, was thöricht genug gewesen ist, als Mohr für sie zu arbeiten. Deutsches Neich. 88. Berlin, 27. December. Von deutscher Seite ist dieser Tage darauf hingewiesen worden, baß die Verbrüderung von Regierung und der baute kinnnce, wie sie anläßlich des Panamaskandal« in Frankreich zu Tage tritt, eine der Ursachen des hohen Coursstandes der französischen Staats papiere ist und daß mithin die unverhältmßmäßig günstige Lage des französischen Staatscredits ihre Schattenseite'hat. DaS ist vollkommen zutreffend, von irrthümlicher Auf fassung aber zeigt es, wenn man, wie geschehen, an der Panama-Assaire eine Nutzanwendung auch auf da» deutsche Svarcassenwesen ziehen will. Man erinnert an die im November vorigen Jahre« in Preußen ergangene Ministeriaiversügung, welche die Eparcassen-Aerwaltunaen auf sordert, in> Interesse des StaalScredits in auSgedeyaterem Maße als bisher einen Theil ihrer Bestände in 3proce»tigrn Consol« anzulegen. Gerade diese Verfügung aber zeigt, wie ungeheuer verschieden die Stellung de« Staate« gegenüber den Sparcassen in Preußen (und dem übrigen Deutschland) und in Frankreich ist. In Frankreich kann eine solche Ver fügung auS dem einfachen Grunde nicht ergeben, weil dort der Staat die meisten Sparcassengelder als Bankhalter der Sparcaffe an sich nimmt. Die sranzostschen Sparcaffeneinleger sind i» Wahrheit Gläubiger des Staates. Im Jahre l 890 schuldete der Staat über 33l9 Millionen Franken an die Sparcassen. Hierin liegt, wie übrigen« auch in Frankreich anerkannt ist, eine große Gefahr, insbesondere im Kriegsfälle: schon 1870, wo der französische Staat nur über 600 Millionen an die Sparcassen schuldete, mußten diese geschloffen werden, weil der Staat seinen Verpflichtungen nicht Nachkommen konnte. Das Verhältniss erscheint »m so unsolider, als der Staat die Geldeinlagen Höker verzinst, als die Renienpapiere, in denen er sie anlegt, ihm ertragen. Von dem Allen ist in Preußen und Deutschland nicht die Rede. Hier bildet der Staat, wie selbstverständlich, die Aufsichtsbehörde, er kann also die Wahl ihm unsolid erscheinender Anlageformen verbieten, er ist aber nicht in der Lage, den Ersatz einwandfreier Anlagepapiere durch ConsolS zu erzwingen. Staatliche Sparcaffeninstitute, wie die in allen übrigen Großstaaten eristirenden Postspar kassen, giebt eS in Deutschland nicht, in Preußen Uberwieaen die von Kreisen und Gemeinden gegründeten Anstalten, hei denen die Bedingungen der Belegung der Bestände durch Statuten geregelt werden, welche allerdings der staatlichen Genehmigung bedürfen. Für einen Vergleich mit Frankreich fehlt also auch nach Erlaß der erwähnten Verfügung jeder Anhalt. Der Wunsch aber, dir EonsolS in ausgedehnterem Maße zur Anlage zu benutzen, ist durchaus berechtigt, und zwar nicht allem >m Interesse de« StaatScreditS. Ueber 50 Proe. der Sparcassen» eialagro sind in Preußen in Hypotheken frstgelrgt, dazu trete» i»
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite