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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.02.1894
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-02-05
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940205013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894020501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894020501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-02
- Tag1894-02-05
- Monat1894-02
- Jahr1894
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V'chen-Brrnnschette» 25 Haufen Abranuiholz uud ca. 100 Hausen Langholz unter den im Termine au-hängenden Bedingungen und der üblichen Anzahlung an Ort und Stelle meistbietend verlaust werden. Zusammenkunft. Vormittag i» Uhr an der Hohe» vrücke und um ko Nhr aus dem Mutklwaldjchlage in Ablh. 10, am Stu- ganar de» LinirnsahrwrgrS bet Sounrwit;. Leipzig, am 30. Januar 1804. Des Rath« Korstdeputation. Gefunden oder al» herrenlo» angrmeldet refp. abgegeben wurden in der Zeit vom 16. bi» 81. Januar 1894 folgende, zum Tdrtl auch schon früher gefundene oder vou verüblem Diebstahl herrührend« Legen« stäud«: ein Portemonnaie mit 40 4 X und verschiedene deral. mit geringeren Beträgen, ein Betrag von 20 (Ende 1892 «fanden), 4 Stück goldene Trauringe mit verichiedenen L' zravirunaen, eia goldener lliiag mil eingravirtem dtamen, «in oldener Dinmantring, rin alter goldener Damenring, eine lorallen drösche, zwei LandwehrauSzeichnimgen, ein goldener Klemmer» eine Brille, »in Handläschchen mit Portemonnaie, ein Facher, »in Notenhest, mehrrrr Vrihhaudschriur, eia Paar ltttocöhondichube, 5 Paar Manichetiea, «in seid Halstuch, ein seidener Brusttinsatz, ein LoiUcnluch, 8 Tamen-Filzdütr, eine Pläschmuh«, ein Pelzbarett, ein Pcrsianermuff, ein Paar neue Nlnderjchude, ein Packet Riihseide, 7 Paar Meitze wtldlcdrrue und I Paar «ritze Otlarähandschnhr (bereu» vor 2 Jahren in einem Gejchaitslocale liege,, geblieben), rnedrrre chirurgische Instrumente, mehrere Schlüssel, 2 gröbere Blechkrüg«, eine Feder.Handwaage, ein Sack mit grüner Waare, rin gröbere» Stück Sohlenleder, ein Nohlenkorb, 8 Stück Well blech, 4 Böltcherhämmer In eipem Sack, eine Roltmogenleiter, ein Bettgiedcl, 2 verschiedene Pserdrdccken, rk Stück zwei rädrige Handwagen (einer ders. bereit» feit September 1893 herrenlo«), endlich 5 Stück Sssenkränze von Lement. Zur Ermittelung der Eigrnthümer wird dies hierdurch bekonn! gemacht. Gleichzeitig fordern wir such Diefenigen, welche Im IV. Quartale 1392, sowie im Januar 1893, Fundgegenstirnd« bei an» abgegeben haben, aus, diese Gegenstände zurückzusordern, audernfall» hierüber den Rechten geniätz versilgl werden wird. Leipzig, de» 3. Februar 1894. Da» Palizei-Amt drr Stadt Leipzig. Bretfchneider. MI. Städtische Fortbildungsschule für Mädchen Die Anmeldungen neuer Schülerinnen für die einzelne, (klaffen, wie für dt« an der Schule bestehenden Kurse Unterzeichnete am b., 6. und 7. Februar von N — l 3—5 Uhr i» der Schule, ThomaSttrchhos 24, entgehe. einzelnen nimmt der und von Talro. Steckbrief. Gegen den Tloarrenfabrikontea August MöbiuS au» Cöonern, geboren am 21. Januar 1857 zu Veckerhagen (Hessen), ist wegen betrügerischen Bankerutt» die Voruntersuchung eröffnet und Unter. suchung«daft ungeordnet. Ich eriuche um Verhaftung, Ablieferung a» da- nächste GerichlSgesängnib und Nachricht zu deo Acten 3.330/83. Halle o/S-, den 31. Januar 1894. Der Untersuchungsrichter beim SSntgltchnr Landgerichte. Politische Tagesschau. * Leipzig, 4. Februar. Während, wie wir gestern nachgewicsen haben, einige deutsche Blatter sich bemühen, die Bedeutung der Aus söhnung des Kaisers mit dem Fürsten Bismarck herab zusetzen oder gar auf» Neue Unfrieden zu säen, werden in einem Tbeilr der auswärtigen Presse die wundersamsten Tprc»latioaro an da- bochersreulichc Ercianiß geknüpft und dem Kaiser die seltsamsten Motive für seine Tbat unter geschoben. Herr Oppert au» Blowitz scheint allerdings noch nicht Zeit gesunden zu baden, die hochpolitischen Zwecke der Au-sohnuna zu „enthüllen", dafür aber ist ein Wiener College deS findigen Herrn bereit» hinter da» große Geheimniß gekommen. Er meldet den „Time»", daß durch jene Versöhnung eine neue Annäherung zwischen St. Petersburg, Wien und Berlin angebabnt werke. Augenscheinlich denkt er dabei an eine neue Auflage de« DreikaiserbündnisseS, da« ausschließlich durch die ganz be sonderen Beziehungen deS Kaisers Wilhelm I. zum Haren Alexander II) möglich gewesen war, das trotz derselben und aller Bemühungen seilen» de» Fürsten Bismarck schon nach wenigen Jabrea vollständig ia die Brücke ging und für dessen Erneuerung eS nach dem Tode Alexander U. an jeder Vor bedingung fehlt. Dem Fürsten BiSmarck war es aus der Höhe seiner Macht nicht gelungen, auch nur das sogenannte Dreikaiserverbältniß leidlich nach außen hin aufrecht zu er halten, weil sich die LebcoSintrressen Lesterreich-UngarnS und Rußland» im Orient scharf enlaegenslande» »i»d Tciiischlanb schließlich gezwungen war, für Oesterreich-Ungarn oder Ruß land Partei zu ergreisen. Wir sollte nun Kürst BiSmarck jetzt nach der russisch-französischen Annäherung und allen ihren Folgen im Stande sein, diese Gegensätze auSzugleichen und ein neues Dreikaisrrdündniß zu begründen? Noch weit phantastischer zeigt sich rin Berliner Berichterstatter de« Brüsseler „Patriote", der behauptet, der deutsche Kaiser habe erkannt, daß die D r e i b n n d p o l i t i k alle drei Staaten aus die Dauer zu Grunde richten würde und daß daher Alle« daran gesetzt werden müsse, die guten Beziehungen zu Rußland wiederherzusleUen. Für eine solche Verände rung der auswärtigen Politik habe sich der Kaiser die Unter- stlltzoag de» Fürsten BiSmarck sichern vollen. Deutschland würde Rußland Vorschläge machen Widersetze sich der Zar, s« bliebe Deutschland oichr» übrig, al« da» Waffen- glück zu versuchen, um aus einer für die Dauer unbalt- Haren Lage zu entschlüpfen. Man weiß wirklich nicht, ob man mebr die Kühnheit oder — die Dummheit dieser Er findung bewundern soll. Also der Schöpfer de« Dreibünde« soll höslichst eingeladen werden, dasjenige seiner Werke zu zerstören, das den Angelpunkt seiner auswärtigen Politik bildete und nicht bloS dem Deutschen Reiche, sondern Europa bis zu dieser Stunde den Frieden erhallen bat! Daß ein Brüsseler Franrosenblatt die bevorstehende Auslösung de« Dreibundes meldet, ist freilich begreiflich. Weiß c- doch damit seinen Pariser Freunden die angenehmste Botsckias« zu bringen. Aber deutsche Blätter sollten diese alberne Erfindung nicht niedergeben, ohne sie mit aller Entschiedenheit in das Fabelreich zu verweisen. Der Dreibund besteht, er befindet sich trotz der beklagcnSwerthen italienischen Wirren in unberührter Festigkeit und Niemand denkt daran, am wenigsten in Deutschland, ihn zu „opfern". Daß neben dem Dreibünde gute Beziehungen zwischen Deutschland und Rußland möglich sind, ist eine Thalsache, die den Franzosen unangenehm sein mag, die aber nichtsdestoweniger aller Well sichtbar werten könnte, wenn demnächst der deutsch-russische HaudclSvertrag zu Stande kommen sollte. In gewerblichen Kreisen wird man sich immer klarer über die vielgepriesene klerikal-conservative Hand- werkSfreundlichkeit. Zn erster Linie gicbt die Gewcrbe- ordnungönovelle von 1891 mit ihren aus die Sonntagsruhe bezüglichen Bestimmungen Anlaß zu immer lebbaslcrcn Be schwerden. Dem Reichstage liegen zahllose Petitionen um Abstellung der cingelrekenen Uebelstände vor. Eine ganze Anzahl dieser Petitionen schüttet zweifellos daS Kind mit dem Bade cruS und prolestirt nur aus engherzigstem Egoismus gegen nolhwendigr Bestimmungen. Aber cS finden sich unter den Petitionen auch andere» denen die volle Be rechtigung uichl abgesproche» werden kann. Wir wollen nur auf eine mil Tausenden von Unterschriften bedeckte Eingabe LcS großen Berbandeö südwestdeulscher Contitoren Hin weise», welche soeben im Reichstage eiugrgangen »st. DaS Condilorgewerbe bat rin ganz besonderes Interesse am SontttagSbetricb, weil an diesem Tag zahlreiche Menschen sich eine Verbesserung ihrer Kost zu gönnen pflegen. Biele Maaren der Zuckerdäckerei können auch unmöglich längere Heil zum Borau» bereitet werden. Für dieses Gewerbe hat sich die Beschränkung desSonntagSbelricbS aus wcnigeStunkcn alSein sehr schwerer Schlag erwiesen. Daß der gewerbliche FortbitdungSunterricht durch die Vorschrift, wonach er am Sonntag nicht während de« HaupIgolteSdiensteS staltfinden darf, so gut wie todtgeschlagen ist, haben wir bereits wieder holt hervorgekobcn, und eS wird von allen sachverständigen Leuten bestätigt. Wann soll er denn sonst stailfinven? Etwa am Sonntag Nachmittag oder gar AdendS? Dann bliede ja den jungen Leuten, wenn sie BormillagS in die Kirche gehen sollen, kaum eine srcie Stunde zur Erholung, nnv überdies erfordern tir meisten Zweige dieses Unterrichts volle- Tageslicht. A» Wochentagen ist keine Hei» für denselben, und man kaun ihn auch unmöglich am «omitag in niehrere Stunden auSeinanderrcißen. Die »u dem Gesetz vorgesehene Auskunft, daß der Unterricht auch während deS HauplgotlcSdiensteö stattsinden dürfe, wenn für dir Schüler ein besonderer Gottesdienst eingerichtet wird, ist dadurch hinfällig, daß die Geistlichkeit an vielen Orlen einer solchen Einrichtung sich widersetzt. So wird also den angehenden Gewerbetreibenden die Möglichkeit ent zogen, sich an dem einzigen hierfür zur Beifügung stehenden Tage nützliche Kenntnisie in ihrem Fach anzueignen. Der Versuch, sic zum Kirchenbrsuch zu zwingen, muß doch scheitern; wie jeder Menschenkenner und Beobachter deS praktischen Lebens zugestehen muß, ist die unvermeid liche Folge, daß die jungen Handwerker nicht» Nütz liche» lernen, zum Bummeln und Kneipen sich ver leiten lasten und damit immer unfähiger werden, den schweren Kamps umS Dasein auszunehmen. Da» züchtet notbwendig Cocraldemokraten, aber keine tüchtigen »nb frommen Menschen. Und daß nennt man dann Fürsorge siir daß Wohl der Handwerker! Die Vorschrift über den «rortbildung-unterrichl tritt erst am 1. Oktober 189« in Kraft und ihre »nheilvollen Wirkungen haben sich dabrr noch nicht recht äußern können. Bereits aber ist eine lebhafte Bewegung für Wirveraufhebung der Bestimmung im Gang, d>c in Petitionen, Eingaben, Versammlungen und Klindgcduugc» aller Art hervorlritt. In der Berliner Stadtverordneten versammlung liegt ein Antrag vor, der ungesäumt Schritte zur Abwehr dieser Gefahr verlangt. Ter Reichstag und die Regierungen werden sich der Pflicht nicht entziehen «önnen, über dicstwichtiacAngelezenbeit noch einmal ernstlich in Beralbung zu treten. — Aus den aus einem elwaS anderen Gebiet liegenden schweren Schlag, den das Centrum wegen einiger maßio- übertriebener und auch jetzt schon leicht zu verhindernder Miß bräuche dem soliden Buchhandel durch seine Anträge aus weitere Beschränkung der Eolporlage zusügen möchte, haben wir ebenfalls bereits hinaewiesen. Während die Ultramon- tanen selbst in vielen Gegenden, leider oft mit Unter- slützung der Geistlichen, in Hnndcrttausenden von Exem plaren schädliche, nur dem Aberglauben und Fanatismus dienende Traclärlcin sammt „wunberthätigen" Gesundheit«- mittet» verbreiten »nd den armen Leuien sür diesen Schund den letzten Groschen auS der Tasche ziehen, ist dem Cent,um der edrenwerlhc Buchhandel, der Bildung und Kennlnisie verbreitet, ein Dorn im Auge. DaS Eentrum bat bei allen diesen Bestrebungen die Führerschaft, leider findet eS aber auch ans conservativcr Seite Unlerstützuiig. Da- sind die Freunde deS reellen Handwerks! Tie können nichts mil ihre» Ouacksalbereien, als den strebsamen kleinen Gewerbetreibenden, der ohnehin im Kampf gegen den Großbetrieb sich kaum mehr ausrccht halten kann, in seinem redlichen Erwerb zu stören uud zu schädigen. Noch ist der bümische Omladinaproccß nicht über das Zeugenverhvr binauSgediehen, aber heule schon giedl eS zwei enkgiltig und ohne mildernde Umstände Verurtbeilte: Da» Syuem Taafse und die czechisch-nationale Bewegung »n Bödmen. Die RohheitSscenen, welche dir Angeklagte», die Berrbeiviger und da- Publicum säst in jeder Gerichtssitzung aussühren, zeugen von einer weit verbreiteren Verwilderung, welche ohne eine längere Entwicklungsgeschichte unbegreislich wäre. Geradezu wie Gassenbuben benebmen sich die Angeklagten, der Eine sucht de» Anderen an Frech beil, an Lügen, welche oft eine offenkundige Verhöhnung des Gerichtshöfe» darstellen, zu überbieten. Drr Präsident ist dem deS Oefteren zum AuSbruch kommenden Tumulte gegen über oft beinabe machtlos, kenn die gesetzlichen Di-ciplinao» mittel erscheinen Leuten diese« Schlags gegenüber geradezu lächerlich unzureichend Und in den Benammlungen dieser Gesellschaft haben jungtschechische Abgeordnete verkehrt; sie baden eine Vereinigung, welche sich mit der nächt lichen Uederschmierung der kaiserlichen Adler auf Post- brieskastcn, mil Fenstereinwersrn an deutschen Häusern und allerhand Straßenexceffen systematisch beschäftigte, als eine Stütze der nationalen Sache behandelt, gehegt und gepflegt. DaS Ganze könnte wie eine wüste Farce erscheinen, stünde nicht im Hintergründe deS ProceffeS die blutige Gestalt de« ermordeten Mrva; diese Unlhat erhält noch dadurch besondere Bedeutung, daß mehrere Zeugen in vcm Proccsse ebenfalls, und zwar nicht anonym, mit dem Schicksal Mrva'ü bedroht worden sind für den Fall, daß sie gegen die Angeklagten auSznsagen wagten. Was aber bat der verflosienc lanajährigr Minister präsident Gras Taafse mit dieser beispiellosen Verwilderung de« TschcchenlhumS zu tbun? Bekanntlich verlangen die Tschechen ei» eigenes „Staat-recht" für sich, „Autonomie" und separates „Königlhum". DaS konnte Taaise ihnen nie ge währen, daS wußie er selbst am besten, und doch hat er — weil er bei seinem nun endlich in die Brüche gegangenen System deS LavircnS und deS Auf-zwei- «chultern - Tragens die Tschechen brauchte, wenn er sich gciiölhigt glaubte, die Deutschen „in die Schranken" zu weisen — der verfassungswidrigen SlaatSrcchtSbewegung in Böhmen mächtigen Vorschub geleistet, indem er die Forderungen der Tschechen, allerdings nicht mit einem Mal, gewährte, aber indem er sie doch im Grunde als berechtigt anerkannte und ihnen gänzliche Erfüllung in absehbarer Zukunft vorgaukelte; kam e- doch so weit, daß den Tschechen die Anerkennung ihres SlaatSrccblS amtlich in nabe Aussicht gestellt wurde. Dann freilich stellte e« sich wieder heraus, daß er die Tschechen nur zum Besten gehabt, und schließlich drängten die radikaler veranlagten Natnren unter den Tscbechenfubrcrn zu einem energischeren, drohenderen Auftreten in der Hoffnung, mit einer „schärferen Tonart" bei dem Ministerium Taafse mehr, vielleicht Alle» zu erreichen. Und sic batten Glück bei den Massen, denen man unwider leglich darthun konnte, daß der Ministerpräsident sie an der Nase heruingcfükrt habe. Damit waren alle schlimmen Jnstinclc de» Tschechenvolkes wachgeruscn, und nun mußte Graf Taafe erfahren, zu welchem Trotz, zu welcher dlintwütbigrn Rcvolutionssuchl und zu welch' bedenklichem Grabe von nationalem FanaliSmno er die Tschechen erzogen hatte. Er konnte die bösen Geister, die er gerufen, nicht mehr bannen; er wollte rcdressiren und verhängte den Belagerungszustand über Prag — es war z» spät; die Mörder Mrva'S, de» angeblichen Lockspitzels, hatten ihren Dolch schon geschärft, und nun sicht man vor vcm Ge- richlSbos in Prag ein Bild der jungtschechische» Zugeud drr Landeshauptstadt entrollt, welche» dem russischen Nihili-mu- >n seiner widerwärtigsten Gestalt an sittlicher Verlotterung, eitler Selbstüberhebung und leichtfertiger Vergötterung de« Verbrechens erfolgreich Concurrenz machen kann. Dir Partei der Zunglschcchen aber trägt nebst Taafse die moralische Ver antwortung für solche Zustände und sie wird die Folgen zu spüren bekommen. Die Zustände in Lüdspanien nähern sich anscheinend immer mehr denen, welche ans Sicilien den AuSbruch der jetzt, äußerlich wenigsten«, drmeisterten Unruhen verursachten, mit dem Unterschiede, daß die spanischen Unruhestifter noch offener, al- ikre siciliauischen Genossen communistische und anarchistische Neigungen hervorkebren. Unter der Land bevölkerung der Provinzen Eadir, Jaen und Cordova herrscht panischer Schrecken, da daö Brigantenthum sich dort in einem früher nicht gekannten Maße vermehrt »nd sogar am belle» lichten Tage seine PlünderungSzüge auSführt. Die Gendarmerie bat alle Hände voll zu tbun, aber da sic nicht an zehn »nd mebr Punclen zugleich sein kann, so hat sie nur zu häufig da» Nachsehen, und die Uebeltbätrr gehen frei auS. Eine Anzahl wichtiger Verdastungen ist ihr freilich geglückt, aber die Lücken in den Reihen drr Verbrecher werken bald genug durch Zuzug auSgefülll, so daß rin rechter Ersolg der sichcrbeiispolizeilichen Maßnahmen nicht zu spüren ist. Bon den führenden Organen der ankalusischcn Tagespreise wird der Nus nach mehr Gendarmen und eventuell nach Zuziehung militairischer Hilfe erhoben; wirksamer al« diese, doch immer nur die äußere Schale, nicht de» Kern des UcbelS treffenden Repressionsmaßregeln würde die Linderung d«S uitter der städtischen wie der ländlichen Bevölkerung herrschenden Notb- standeS sich erweisen, wen» dem Staate nur die all boo nöthigen Mittel z» Gebote ständen. Ader bei den der zeitigen spanischen Finanzverbältnissen, die nicht zuletzt eine Folge de« schmachvollen NandsystemS spanischer Beamten sind, ist überall die größte Einschränkung geboten. Unter diesen Umständen sieht man zum Frühjahr einer erheblichen Zunahme der Auswanderung entgegen. Der Zug der Europa- niüvtn auS Sürspanien wendet sicl, mit Borliet-e der algerischen Provinz Oran und den südamerikanischen Republiken zu, wo alljährlich Tausende von Einwanderern den Grundstock der Bevölkerung spanischer Abkunft vergrößern Helsen. Man siebt aus alledem, daß i» Südspanien wichtige volkswirthschastliche Probleme ihrer Lösung harren, welche daS volle Augenmerk der ofsiciellen Madrider Kreise in Anspruch nehmen. AuS einer Ansprache, mit welcher König Alexander von Lerbicn den Dank einer liberalen Deputation sür die Amliestirung der angeklagten Minister beantwortete, er hellt deutlich, daß die antikynastischc Agitation gewisser rakücaler Kreise den eigentlichen Anstoß zu den letzten Vor gängen in Serbien gegeben bat. Der König zollte ausdrück lich der liberalen Partei da- Lob, daß sie stet- dynastisch gewesen sei, womit o contrario nur gesagt sein kann, daß die- bei den Ravicalen nicht stet« und nicht ganz der Kall war. Die russischen Blätter pfeifen denn auch au- diesem Loche, indem sie nach Belgrad Drohungen gegen die Dynastie ergeben lassen So sagk die „Nowoje Dremja", di« Anwesenheit Milan'» in Serbien gebe allen aufrichtiaen Freunden Serbiens Anlaß zum Nachdenken. Milan müsse wissen, daß er den Höfen, welche an dem Schicksale Serbien- intrressirk sind, wenig Vertrauen cinflöße. Tie Rathgcber König Alexander'» thäten aut, über die Einmischung de» Ex-Köma- in die serbischen Angelegenheiten ernste Erwägungen anzustrllen. Dir Dynastie in Serbien beruhe nur aus einer Fiction, die den Neffen deS Fürsten Michael zum Thronerben proclamirke, dessen Vater nickt einmal der serbischen Nationalität angrhörte. Di« Anbänger Karageorg'S würden sich vermehren, falls Milan die Belgrader Regierung beemfluffrn sollte. Und man solle nicht vergessen, daß rin Mitglied der Familie Karageorg'S ein Schwiegersohn veS Fürsten von Montenegro sei, während ein zweite« Mitglied ,m russischen Heere dient, »nd eine Russin zur Frau hat. Aehnlich äußern sich die „Nowosti" und die „MoSkowSkija Wjedomosti". Da« ehemals Kalkow'sche Blatt sagt, die Dynastie Obrenowitsch bade durch die Thaten Milans die Sympathien de» Serbeu- volkeS verscherzt. Diese kaum verhüllte Aufmunterung der Radicalrn kann im Belgrader Konak die Entschlossenheit, den Nabicalen endgiltig das Heft au» der Hand zu nehmen, nur erhöhen. Ein Glück für das Land, wenn da- Expenment gelingt; mißlingt eS, dann ist e» »rm die Dynastie Odreuo- witsch, vielleicht um da- Königreich Serbien selber geschehen. Deutsches Reich. «8 Verlin, 4. Februar. Es ist bisher ohne Widerspruch geblieben, daß der ReichsragSadgrordnerr v. Unruhe-Bomst- (Reichsp.) sein Mandat mrdrrzulegen erklärt Hab«, und zwar infolge einer Aufforderung de» Bunde» drr Landwirthe, dem Herr v. Unruhe nicht agrarisch genug erscheint. Wir würden diesen Entschluß ia hohem Grade bedauern, theilö wegen des parlamentarischen Ansehen» diese» Vertreters, thrilS weil wir darin eine Empfindlichkeit und Nachgiebigkeit gegen einen immer dreister hrrvortretendrn Trrrori«mu< eraeS Haufen» von Wählern erkennen müßten, drr sich mit der An schauung drr Verfassung von dem Amt eine« Volksvertreter» in entschiedenen Widerspruch setzt. Wie würde r« diese» Amt erniedrigen, wenn e» Girre würde, jeder Agitation eines WählerhaufcnS zu weichen, der mit dieser oder jener Ent schließung seines Vertreter» nicht einverstanden istl Herr von Unruhe hat, darin wohl rnizig dastehend unter den NeichStagSabaeordneten, seit 1887 ununterbrochen denselben Wahlkreis (Bomst-Meseritz) vertreten. Er verdient also das Vertrauen seiner Wähler sicherlich. Wir möchten auch sehr bezweifeln, ob diejenigen Wähler, die einem solchen Manne ihr Mißtrauen auszudrücken sich herau-nehmrn, die Mehrheit bilden. Herr von Unruhe ist stet- al» grsamntt- deurscher Candidcit gegen die Polen gewählt worden. Wir hoffen, der verehrte Herr kommt schon au» principirUen Gründen von seinem Entschluß zurück, wenn er ihn wirklich gefaßt haben sollte. * verlin, 4. Februar. Der kürzlich veröffentlichte Jahres bericht der Easse des HaupwerbandeS der deutschen Gewerkvereine weist eine Mitgliederzahl von Vl lL3 (3356 mebr al- am Schlüsse kr» ZabreS l882) aus, so daß trotz de» Austritts re» früheren GewerkderemS, jetzigen Ber bände- der Porzellanarbeiler (Vorort Cdarlottenburu), sowie trotz drr ungünstigen ErwerbSverhältniffe, der Krankeneassrn Ealamitären und der socialpolitischen Gegenströmungen eine Vermehrung der Miralirdrrzabl zu verzeichnen ist. Der Gewerkverein drr Maschinenbau- und Metall arbeiter stieg von 22 l20 auf 24 l63 Mitglieder, drr Verein drr Kausleute von l83l aus 3981 Mitglieder (jetzt weit über 4000); die Bauhaudwerker vermehrten sich um 381, die Schneider um 180, die Fabrik- und Handarbeiter um 172. die Lithographen, Maler ,c. um 126 Mitglieder. Andere Gewerkvereine blieben in der Mitgliederzahl auf gleicher Höhe, nur zwei Gewerkvereine, dir Textil-(Stuhl-)Arbeiter und die Tischler, verloren je etwa 400 Mitglieder. DaS Vermögen des Verbände« stellte sich am Schlüsse des vorigen Jahres aus 65 588 ^4 (gegen da» Vor jahr mehr 5446 -<t); in dieser Summe ist das Vermögen der eiuzelnen BerusSgewerkvcreine nicht enthalten. Das Gesa»,Unvermögen der ganze» Organisation beträgt ungefähr 2 Millionen Mark. Das Ergebnis deS ZahrrS l893, in dem die deutschen Gewerkvereine die Feier ihre» 25jährigea Be stebenS begingen, entspricht freilich nicht den Hoffnungen, die man gerade aus das Jubeljahr gesetzt hatte, doch' ist es immerhin als günstig zu bezeichnen, besonders mil Rücksicht aus die schweren Kämpfe, die sie mit den socialdemokralischeii Verbindungen zu bestehen halten. (M. Z.) — Drr Kaiser hörte heute im Schloff« den Vortrag de- CkesS de» GeiitralstabeS und arbeitete längere Zeit mit dem Ebcs de» MiliiaircabinetS. Um t Uhr wohnte daß Kaiserpaar in der Drr«saltigkeit-kirche drr Trauung des HosmarschallS Grasen v. Pückler mit drr Gräfin v. d. Schulen bürg bei. Nach vollzogener Trauung fand bei den Majestäten eine großer« Frühstückstasel statt. — Am Dienstag, den 6. Februar, findet bei den Mazestäten im Schlöffe der übliche große FastnachtS-Ball statt, wozu die Einladungen in sehr großer Zahl ergangen sind. — Die Königin von England wird, wie dem „Rh. K." au» Kronbcrg gemeldet wird, auf drr Reise nach Cannes im April die Kaiserin Friedrich auf Schloß FriedrichShoj besuchen, da« die Kaiserin Friedrich Ende März beziehen wird. — Die Arbeiten der Börsen-Enqnete-Eommission liegen jetzt gedruckt vor. Exemplare können von drr Rrich«- druckerci bezogen werden. — Der „Reich-anzeiaer" veröffentlicht da» Regulativ sur die Commission sür Arbciterstatistik mit den in Folge der Erhöbiing der Mitgliederzahl nothwondig gewordene» Abänderungen; ferner eine Bekanntmachung, betreffend die Anerkennung ausländischer PrüfungSzrichen für Handseuerwafsen im Deutschen Reich. — Da- ReichSvrrsicherungSamt bat die Unfall Versicherungsvorschriften sür die Hamdurgische Baugrwerk« Brrus-genosseoschast und sür die der chemischen Brruf»- genvffenschast angehörenden Betrieb« zur Herstellung von FtuerwerkSkörperu, sowie «meu Nachtrag zu dra Unfall»«»»
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