Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.02.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-02-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940212021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894021202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894021202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-02
- Tag1894-02-12
- Monat1894-02
- Jahr1894
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Bezugs-Preis tz, -er Havvtrxpedition oder den im Stadt« bezirk and den Bororten errichteten Au«, qabestellen abgeholt: vierteljährlich ^4.50. bei zweimaliger täglicher Zustellung in« Hau? 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vieriel,äbrlich 6.—. Direkte tägliche tkreuzbandiendung in« Ausland: monatlich 7.50. Die Morgen-Busgabe erscheint täglich '/,7 Uhr, die Abend-Ausgabe Wochentags 5 Uhr. Le-artion und Ervedition: JotzannrSgafle 8. Tieklpedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abend- 7 Uhr. Filialen: rit« Mk«m'S Lorti«. (Alsretz Hahul. Universitätsstraße 1, » Louis Lösche. Katharinenstr. 14. xart. und S-uig-pIa- 7. Abend-Ausgabe. Anzeiger. Lrgan für Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. Anzeigen-PreiS die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Reklamen unter dem Rcdactionsstrich (-ge spalten/ 50/^, vor den Familienuachrichteu lögeipallen -0^. Größere Schriften laut unserem Preis verzeichnis;. Tabellarischer und Mffernsatz nach höherem Tarif. Extra-Vellage» (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Poslbesörderung M—, mit Postbesörderung X 70.—. Annadmeschlnk für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Margen-AuSgade: Rachnutlags -Uhr. Sonn- und Festtags früh '/,9 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen i» »in» Halde Stund« früher. Anzeigen sind stets an die Erpeditton zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. ^«78. Montag oen 12. Februar 1894. 88. Jahrgang. Handelspolitische Differenzen zwischen Frankreich und Rußland. Die bevorstehenden Debatten über die Getreidezölle in der französischen Kammer nehmen das weitestgehende politische Interesse in Anspruch. Durch de» Abschluß des Handelsvertrages zwischen Rußland unv Deutschland bat die geplante bedeutende Erhöhung deS sranzösischen Gelreide- rolleS plötzlich eine sehr ernste Bedeutung erhalte». Ter Verbündete von Toulon bekämpft die Einfuhr des russischen Getreides nicht allein durch die Hinaussckraubung LeS Getreide zolles von fünf aus sieben Franc-, sondern auch durch die Beschränkung aller für die öffentlichen Lagerhäuser gewährten Begünstigungen. Damit ist eS noch nicht genug. Möline, der Rufer im Streit der protectionistischcn Bewegung, der im Ministerium einen bedeutenden Rückhall an dem Ackerbau- minister Biger bat, gehl noch viel weiter und verlangt einen Gelreivezoll von acht Francs mit einer gleitenden Scala, welche den französische» Grundbesitzern einen WeizenpreiS von 25 Francs verbürgt. Während die prolectionistische Partei in der sranzösischen Kammer einen solchen Angriff gegen das russische Getreide plant und die zögernde Regierung mit halben Concessionen nachgiebt, wird plötzlich in Deulschland der bedeutungsvolle Vertrag unterzeichnet, welcher dem russischen Getreide einen freieren Eintritt gewäbrt und den Wcizcnzvü mit 3ffz Mark feslstellt. Der Gegensatz ist so grell, ^ß a„ch pjx ernsteren sranzösischen Blätter seine politische Bedeutung nicht ver kennen. Der „Temps" hat daraus bingewiescn, daß unstreitig die Spannung zwischen Berlin und Petersburg nachgelassen dabe, und die chauvinistischen Blätter zeigen sogar deutlich die Beunruhigung unv den Verdruß. Man spürt in Frank reich, daß sich eine Annäherung zwischen Deutschland und Rußland vollzogen babe, unv Meline wird mit Vor würfen überschüttet, weil er durch seinen Getreidezoll die russische Allianz gefährdet. Unter solchen Umständen ist eS möglich, daß der Minister- Präsident Easimir Pörier sich entschieden gegen die Anträge Möline'S und der Zollconimission wenden und, was aller dings ofsiciöS in Abrede gestellt wird, jede Erhöhung deS von der Negierung vorgcschlagcneu Getreidezolles von 7 Francs als eine CabinctSsragc bezeichnen werde. Schon hat der „GauloiS" gemeldet, daß der Botschastsrath, Herr v. GierS der sranzösischen Regierung erklärt habe, Rußland werke sich wohl mit dem Zoll von 7 Francs abfinden, aber die Anträge der Zollcoi»»»ssivn als ein Uebelwcllcn ansebcn. Eine Bestätigung dieser Nachricht liegt zwar bisher nicht ver, aber eS wird berichtet, daß der Finanzniliiister Witte durch die Erhöhung des sranzösischen Getreidezollcs auf das Peinlichste berührt sei und daß der Zar, der persönlich sür den Abschluß deS deutschen Vertrages besonders lebhaft eingetretcn ist, besürchte, die deutschen Agrarier würden ans dem Beispiele Frankreichs, welches den GetreidczoU obnc Rücksicht auf die russische Fleunbschaft erhöbt, Eapiial schlagen. Die Siluatio» in der französischen Kammer ist daher sehr verwickelt. Die französischen Deputirten können sich dem Eindrücke nicht entziehen, daß der neue Getreidezoll die russische Negierung und speciell den Zar aus das Empfind lichste berührt, ja daß diese Zollpolitil die höchsten Interessen der französischen Politik schädigt. Der agrarische Proiec- livniSmuS ist jedoch so mächiig in der französischen Kammer, »nd der Wunsch, die Bauern zu befriedigen, ist so stark, daß eS zweifelbaft ist, ob selbst der mächtige Einfluß des Zaren hinreichend ist, um eine Majorität gegen die An träge der Zollcomiiiission zn schassen. Man darf nicht ver gessen, daß selbst ein Sieg der französischen Regierung und die Annahme deS Gelrttdezolle« von sieben Francs die leise Verstimmung, die sich in den Beziehungen zwischen Pari« unv Petersburg zeigt, nicht ganz verscheuchen wird. In Frankreich ist die öffentliche Meinung pikirt, weil der Har so augenscheinlich seinen lebhaften Wunsch kundgcgeben hat, mit Deutschland in bessere Beziehungen zu kommen, und der deutschen Industrie so zahlreiche Zugeständnisse macht. In Rußland zeigt sich wieder ein gewisse- Erstaunen, daß Frankreich in der Zollpolitik eine unfreundliche und jedenfalls selbstständige Haltung gegenüber Rußland einnimmt. E» ist charakteristisch, daß felbst die „Nowoje Wremja", ein Blatt, welches stelS leidenschaftlich sür die sranzösische Allianz ein- gelreten ist, letzter Tage er'Iärtc, der deutsche Kaiser dabe durch seine Ansprache bei dem Diner deS Grasen Eaprivi der Ruhe von ganz Europa einen nicht bock genug zu schätzenden Dienst erwiesen. Unter solchen Umständen »st zu erwarten, daß die Debatte über den französischen Getreide zoll einen politischen Charakter annehmen und Casimir Pvrier zu einer neuen Kraftprobe zwingen werde. Die Verschiebung in dem Verhältnisse Rußland- zu Frankreich und Deutschland ist, wenn man sich auch vor zu weit gehenden Conseguenzen hüten muß, jedenfalls überraschend und interessant. politische Tagesschau. * Lktorig. 12 Februar. Zwischen den preußischen Ofsiciösen und den Osflciöscn deS Reichskanzlerpalai- ist ein Streit ausgebrocbcn, der die Stellung Bayerns zum russischen Hanvclsvcrrrage und den prrnjßtschen Ltasfrltarisen zum Gegenstände bat. Ter rwciselloS von preußisch-osficiosen Federn bediente „Hamb. Corr." hat, wie wir schon gestern miltheilten, die — übrigens auch von der „Kreurztg." ge brachte — Behauptung ausgestellt, „Bayern habe vsstciell seine Zustimmung zu dem Handelsverträge davon abhängig gemacht, daß Preußen sich verpflichte, die Staffeltarife auch von Getreide und Mehl auszuhebcu und während der VertragSdauer nicht wieder einzusühren." Unv diese angebliche Pression Bayern- Hat der preußische OfsiciosuS als „bayerische ObstructionS- politik" bezeichnet. In der „Post- nimmt nun, wie der Telegraph gleichfalls gemeldet hat, ein OfsiciosuS des Reichskanzlers die bayerische Negierung gegen Viesen Vorwurj in Schutz und erklärt, Bayern babe zuerst in durchaus loyaler Weise seine schon seil längerer Zeit er hobenen Bedenken gegen die Fortdauer der Staffeltarife erneuert, habe dann unter Hinweis auf die jüngsten Ab- stimmilngen in der bavcrischen Kammer aus die politischen Schwierigkeiten hingewicsen, die ihr bezüglich teS russischen HandelSverlrags und der Aushebung des Identitäts nachweises bei gleichzeitiger Fortdauer der Staffeltarife erwachsen, und nun werbe, nachdem auch im preußischen Al'gcordnetcnhause ein von Mitgliedern aller Fractionen Unterzeichneter Antrag ans Aushebung der Staffeltarife ein- gegangen sei» die Frage gleichzeitig mit dem russischen Handelsverträge und der Aushebung des Identitätsnachweise- im preußischen Staatsministerium zur Erörterung gelangen. Trotz dieser Darlegung setzt heute der preußische Osficiöse im „Hamb. Corr." seinen Angriff gegen die bayerische Regierung fort, indem er schreibt: „Um so beklagenswerther im naiionalen Sinn« ist, daß die bäuerliche Regierung dielen Anlaß benutzt, iür sich noch einen Prwaivorlkeil heraurzuichlagen, indem sie ihre Zusliimnung zu dem deulsch-riiisischen HandeiSrerlroge abhängig macht von der Aushebung der preußischen Stasseliarij«. Ueder dir letztere Maßnahme an sich laßt sich reden; sie ist i»> Wesentlichen eine Zweckmoßigkeits- srage mit finanziellem Boden. Es ist oder der Weg, den Bayern einschlägt, rin sehr gefährliches Procedere, da« unter Umstände« sich auch einmal gegen den Pfadfinder wenden kan«, z. B. in Sachen der Reservatrechte. Da- Vorgehen Bayern entspricht nicht der» bunde-sreundlichen und nationalen Gesinnungen, deren man sich in München so gern rühmt. Giedt Preußen dieser Pression und Näthigung nach, so bringt eS eia Opfer, aber di« Erinnerung wird bleiben.'" Um völlig klar in der Angelegenheit sehen zu können, wird man zunächst eine Aeußcrung der so schwer beschuldigten bayerischen Regierung abwarten muffen. Schon jetzt aber muß nian durch die Darlegung der -Post- zu der Lermuthung gebracht werken, daß der preußische OfsiciosuS ein an sich be- rechligteS und in correcter Form geäußertes Verlangen ledig lich deshalb ansgcdauscdl habe, um den oslpreußischcn Conservativen gegenüber, welche ihre Zustimmung zu dem rusnschen Handelsverträge von der Ausrechtcrhallung der vreu- sifchen Staffeltarife abhängig machen, die preußifche Negie rung als unter einer von Bayern berbeigesührten Zwangs- läge stehend erscheinen zu lasse». Jedenfalls würde eine solche Aufbauschung nick! minder bedenklich sein, als eine baverische Pression. Man kann eS daher nur begrüßen, daßdicReich-- osficiösen solchen Aufbauschungen entgegcntreten. Die Form, in der da- geschieht, läßt vermuthrn, daß Preußen den Wünschen Bayerns bezüglich der Staffeltarife — Wünschen, die übrigens von anderen Staaten gerdeilt wer den — entgegenzukommen geneigt ist. Ist die- der Fall, Wa ich ja aus den demnächst zu fassenden Beschlüssen des prru- zischen Staatsministerium« ergeben wird, so wird allerdings der Widerstand der ostpreußifchcn Conservativen gegen den russischen Handelsvertrag wachsen, dasür aber wird ein weit größerer Stein de- Anstoßes sür mehr als eine Regierung beseitigt werden. Die Au«sichten de- russischen Handel-ver trage- im Reich-ta-e find leider noch ungewiß. Die Stellung der Parteien ist anscheinend genau umgrenzt, da- Votum zahlreicher Mitglieder ist seit Langem fest genagelt, und ver „Bund der Landwirlhe" bat in dem viel- berufenen Briefe de- Herrn von Plortz an Herrn Uhden bewiesen, daß er auf seinem Scheine besteht, selbst wenn er dabei zu den bedenklichsten, ja verwerflichsten Mitteln moralischen FolterzwangeS greifen sollte. Aber die lauten und einmüthigen Kundgebungen von Handel und Industrie, dir bereit- aus allen Tbeilen des Reiche- zu deren sind und die sich im Laufe der nächsten Tage immer weiter an Zahl .l»d Bedeutung zu riucr imprsanicn Demonstration steigern werden, können doch nicht ohne Eindruck bleiben. Uno ver stärkt wirb dieser Eindruck noch durch die au« sachverständigen Kreisen kommenden Nachweise, daß die Behauptungen der Gegner deS Vertrags, derselbe mache nur da scheinbar erheblichere Zugeständnisse, wo geringfügige Interessen aus dem Spiele ständen, während man gerade da aus unerhebliche Zoll- ermäßiguugen stoße, wo die deutschen Interessen rrne größere Berücksichtigung erheischt bätten, aus Untenntniß der Ver- bältnissr, wenn nicht gar aus absichtlicher Entstellung be ruhen. Auch die politische Erwägung, daß eine Ablehnung de« Vertrag« durch den Reichstag zu schweren inneren Conflictcn und einer in ihren Folgen nicht zu über sehenden Verschlechterung unsere« Verhältnisse- zu Rußland führen müßte, wird hoffentlich noch so viel schwankende Mitglieder deS Reichstags sür den Vertrag gewinnen, daß seine Annahme mit nicht unerheblicher Mehrheit erfolgt. In del-ter» kommt jetzt da- allgemeine Stimmrecht zur Einführung; unter schweren Kämpfen ist eS den herrschenden Parteien abgerungcn worden. Um aber der Volksmacht einen Damm entgegenzustellen und dem Alter, kein Besitze und der höheren Bildung einen größeren Einfluß aus da« Wahlergebniß zu sichern, ist das Mehrstimmenwahl- vsteni dem allgemeinen Stimmrecht angeschloffen worden. Auf Grund der von der Regierung und Helden gesetzgebenden Körperschaften gefaßten Beschlüsse gicbl eS fortab in Belgien ür die Wahl ter Senatoren und Deputirlen sechs ver- chiedene Wäblerclassen und zwar I) diejenigen, welche eine Stimme für die Wahl der Deputirten haben, aber sür die Wahl ter Senatoren nicht mit stimmen dürfen, 2) die jenigen, welche zwei Stimmen für die Deputirtenwahl, aber keine Stimme sur die Scnalorcnwahl besitzen, 3) diejenigen, welche drei Stimmen sür die Deputirlenwahl, aber keine Stimme sür dir Senatorenwahl besitzen, 4) diejenigen, welche je eine stimme sür die Wahl der Senatoren und Deputirten besitze», 5) diejenigen, welche je zwei Stimmen für die Wabl der Senatoren und Dcpuiirien besitzen, und ti) diejenigen, welche je drei Stimmen sür die Waht der «Senatoren und Deputirten besitzen. Erscheint ei» Wähler an der Urne, so bat ihm der Vorsitzende de« WadlamteS l, 2, 3, 4, 5 oder 6 verschiedene Stimmzettel zur Ausfüllung zu übergeben, je nach ter Ausdehnung der Rechte, welche >bm auf Grund de- amtlichen Wählerverzeichnisses zusteden. Tie Anfertigung dieser Wählerverzeichnisse ist also sür die Gemcindever Wallungen eine sehr umfangreiche und schwierige Arbeit die noch durch die beschlossenen zahlreichen Ausschließungen von der Stimmdcrcchligung „wegen UnwUrdigkcit" erschwert wird. Wie kiese ganze sehr verwickelte Maschinerie bei den Wahlen sich bewähre», oder was gar aus dies,in Wahlsysteme hervor- zehcn wird, daö vermag, wie die Minister unv die Partci- ührrr selbst ancrkenne», Niemand beute zu sagen. Belgien macht „einen Sprung in das Dunkele", daher die Be- mübungen der Regierung, alle» Parteien eine verhältniß- mäßige Vertretung zu sichern. Nach der Rede, welche der Civillord der englischen Admiralitit, Robertson, ani Donnerstag in Dundee ge dauert. bat die Regierung ein weitgehendes Flotten- programm, das sie aber gekeim halten muß, „damit die übrigen Mächte nicht in die Lage kouinien, sich nach England zu richten". Da Mr. Robertson binzusügle, das Marinedubgel werbe nur die AilSgaben des lausenden Jahres entdaltcn, aus seinen übrigen Darlegungen aber erbrüt, daß er die sofortige Inangriffnahme von Schiffsneubaulen, und zwar ,n größerer Zahl als die anderen Nationen, sür »öibig bätt, so entsteht die Frage, was eS mit dein samosen Gebcimprogranim Mr. Robertson'- eigentlich auf sich Kat. Man würde ver stehen, wenn e« sich um die Gebeimbaliung etwa de- Flotten- mobilmachungSplancS und EintkeilungS bezw. Operation-- tadlean- bandelte, oder auch um die Eonstruciion völlig neuer SchiffStypen. Aber diese allgemeine Bemerkung, England halte sein Marineprogramin gebeim, damit andere Mächte sich nicht darnach rickten könnten, erscheint nach Form wie Inhalt gleichmäßig anfechtbar. Wenn Mr. Robertson den Argwohn und die Eifersucht rivalisireiircr Mächte anstacheln wollte, so hätte er kein besseres Mittel als Liese mysteriöse Andeutung wählen könne», worunter sich Alles verstehen und woraufhin sich Alle» verlangen läßt. — AuS den nebelhaften Regionen des Robkrlson'schen Gebeimprogrammö auf den Boden der realen Thatsachen versetzt uns eine Mittkcilung über die von dem Ersten Lord der Admiralität, Spencer, entwickelte Tdäligkeir behufs Ueberwindung ter ernsten Schwierigkeiten, welche einer ausreichenden Bemannung der Flotte in Krikg-zeiten entgegenstehen. An Schiffen sehlt eS nicht, umsomebr aber an Matrosen und Handwerkern. Gegen wärtig kann England kein Schiss in Dienst stellen, ohne bei dem Personal anderer Schiffe Zwang«- anleihrn zu machen. Zur Abhilfe dieses schweren Mch, stände- ist eine dauernde Vermehrung de- Präscnzstande« Feuilleton. EUida Silström. I8> Roman von H. Palmö-Paysen. N-ihkruI verboten. (Fortsetzung.) Sein Gedankengang wurde unterbrochen. Tobias erschien in der Thür und überreichte aus Silber einen Stadtpostbricf. Leise, wie er eingetretcn, verließ er das Zimmer wieder. Hoch stedt rückte seinen Stnbl an den Tisch bcran und besah sich die Aufschrift. Lateinische zierliche Buchstaben, der Name Hochstedt war falsch geschrieben. Er öffnete und las: Verzeihen sie, wenn ich Sie störe, wenn ich mich Ihnen mit einem ganz besonderen Anliegen nähere. Es betrifft meine Anstellung oder virlmekr meine Entlassung. Um diese möchte ich Sic bitten, sobald Sie Ersatz sür mich gefunden haben. Ich paffe nicht bicrher, nickt in die diesigen Verhältnisse, »nk ich glaube, daß Vielen mit meinem Fortgänge gedient ist" —, „odo", unterbrach sich der Intendant auffahrend, „mir nicht, mir wäre nickt damit gedient!" — er las weiter: „selbstverständlich lomine nb meinen Verpflichtungen in jedem Puncte nach, wünschen Sie meinen Verbleib", — „das wünsche ick, ja, ja", murmelte Herr v. Hochstedt dazwischen mit zusaiumengezogencr Stirn, seine braunen Augen blitzten — „so harre ich bis zum letzten Tage aus, wenn e- mir auch schwer wird unter allen den mir feindlich gesinnten Menschen. Ich erwarte Ihre Bestimmung. Ergebenst EUida Silström." — „Naiv! ganz naiv!" schalt der Intendant zornig, „weil idr die Menschen nickt gleich Zusagen und z» Füßen fallen, ich ihre Worte, ihre dockst unglaubwürdigen Erklärungen n>ckt gleich sür baarc Münze genommen babe. wird sie aussäfsig und will ans und davon geben. Einen anderen Grund bat eS natürlich nickt. Darau« wird aber nick:s. Der Contract wird sestgebaltcn in jedem Puncte. Feindselige Gesinnung!" branstc er aus, mit starken Schritten iin Zimmer »mbergebcnd, „wer kann ihr schon feindlich begegnet sein? Sie ist ein ganz empfindliche«, zimperliche«, obstinate«, eingebildete« Geschöps", er redet« sich in immer größeren Aerzer hinein „Güte, Nachsicht, wie ich ihr solch« doch bisher gezeigt babe. ist gar nicht hier am Play — di« muß kurz gebalte» werden. Möglich, daß die«", er suchte!» mit dem Brief« in der Luft herum, „auch nur leere Worte, nur Drobungen sind — man kennt diese Art Kniffe — werde da« schon berausbckommen — werde sie schon ge fügiger macken. Geht sie auf und davon, kommen wir in eine nette Verlegenheit. Was sie an kunstvollen Figuren macht, vaS tbnt ihr Keine nach, behauptete Zindorf. Vielleicht bat er ihr da« selbst gesagt — Lob können diese Mädchen nun einmal nicht vertragen, da- macht sie übermüthig, unleidlich eitel, und die Folge davon ist, daß sie unS schreiben. Ganz klar — sie erwartet, um ihr Bleiben gebeten zu werden, vielleicht eine Ausbesserung ikreS GehaltS, obgleich dies schon glanzend genug ist — kiese Geschöpfe sind sich ja alle gleich — hoffärtiz und im höchsten Grade berechnend." Mit diesen, Urtbeil schloß der Intendant sein errrgte- Selbstgespräch, zündete sich nun eine Kerze ans dem Schreib tisch an, ergriff die Feder und warf folgende Worte aufs Papier: „Bedauere, Ihr Ansuchen nicht berücksichtigen zu können »nb erwarte mit aller Bestimmtheit, daß Sie Ihren contract- licdcn Verpflichtungen in jeder Beziehung Nachkommen." Er »nterzkichncte, couvertirte, und Tobias mußte den Brief in selbiger Stunde noch zur Post bringen. Damit war die Sache erledigt. Herr v. Hochstedt dachte nicht mehr daran, der „empfindlichen, zimperlichen, obstinaten, eingebildeten" Tänzerin, die er kurz zuvor so kindlich, unschuldig und reizend gesunden batte, morgen in Güte entgegenzukommen, er zürnte ihr sehr. 16. Capitel. Zwei OffHere ritten im schnellen Trabe durch den dunklen Abend. Sie batten die Stadt hinter fick gelassen und vcrsolglen einen weickgrundigen Reitweg, der seitwärt- der Chaussee parallel mit dieser am Rande eine- Waldes dahin lief. Ein seiner, durchdringender Regen sprühte voni grau überzogenen Himmel herab. Die naßkalte Lust wirkte empfindlich, weshalb sich die Herren ibre Mäntel fest zugeknöpft und die pelz- besetzten Kragen hoch beraufgezogen hatten. Ziemlich schweigsam, sich nur ab und zu eine Bemerkung zurufend, den Weg, die Zeit, da« Welker betreffend, ritten Beide dahin, bis der Wald in großem Bogen von der Cbaussee zurücklrat und recht- eine lang hinzichcndc Schneise zeigte. In diese lenkten die Ossiciere hinein, und da die Dunkelbeit und der etwa- unebene, wurzrl- bedeckke Boden Vorsicht gebot, begannen sie zeitweilig Schritt u reiten. Regen und Wind machten sich jetzt, wo recht- und inkS dir mit Tannen und Buchen dicht beftandenen Seiten Schutz verliehen, weniger fühlbar und ließen eine Unterhaltung zu. Lieutenant v. Lowiy batte einen günstigen Moment dafür schon sehulichst herbeigewüuscht. Er hielt sein Pfrrd dicht an da- de« Andern, wandte seinen breiten, dunklen Kopf Werner zu und sagte mit wohlklingendem Organ, da- aber durch die etwas anstoßende Zunge beeinträchtigt wurde: „Hopp, langsam, ruhig, Hochstedt, wir baden ja Zeit. Wobt» bi- dabin sind eS noch reichlich dreivicrtrl Stunden. Ein capitaler Spaß! Freue mich schon auf seine grandiose Verblüffung. Weiß noch, wie mir's damals ging, ich kam nur wie verzaubert vor. Eine ganz originelle, famose Idee, dieser Kio-k" „Nur etwas zu kostspielig, Lowitz. Mein Onkel bat mir, zum ersten Male rn meiner Lieutenant-zeit. vorgerechnet, wa« ich im letzten Jabre verbraucht habe. Einen Augenblick dachte ich, er wäre meinem reizvollen Gebeimniß auf die Spur ge kommen, doch nein, der Klatsch muß ihm zu wenig glaubwürdig erschienen sein —" „Begreiflich." „Und er berührte nur scherzend, nur andeutlingSweise den Gegenstand. Aber geschwatzt muß doch sein, ich möchte nur wissen, wer der Spaßverderberber ist." „Es wissen eben schon zu Viele darum", meinte von Lowitz zerstreut. Da- bleibt fick gleich — wir sind dock keine Weiber." „Vielleicht ist Eolosser unvorsichlig gewesen." „Der — bester Lowitz, selbst die Folter brächte nickt« ans meinem Allen lierau- — hollab, hoi", unterbrach er sich, die üzcl straff ziehend, „was ist den» loS, Pollur; rnbig mein hier, rnbig." Er klopfte und streichelte den Hai« de- feurige», durch ein Geräusch erschreckten Rappen, der in kurzen Galopp- sprüngcn dem anderen rorauseilen wollte, rin« Tuntelbeit ist das heule Abend, um Arm und Beine zu brechen", schalt Werner. „Wir sind gleich am Felde und können dann schneller reiten", bemerkte Lowiy, indem er sür sich berechne», daß ibm eine nur kurze Frist noch zur ungestörten Unterhaltung verblieb. Die Dunkelheit, die ein Erkennen seiner gutmüthigen, augen blicklich sehr befangenen Züge nicht zuließ, konnte ihm nur willkommen sein. „Lieber Hochstedt", begann er, nach Worten suchend, „haben Sie Geduld, mich anzuhoren, nur wenige Minuten." „Eine ganze Stunde und darüber hinan-", lautete im Scherzte« die lieben-würdige Antwort. Werner hielt sofort fein unruhige- Roß zurück. „Vielleicht ließe sich da- in meinem Kio-k, am Kaimn, bei Punsch und Cigarre aemüthlicher arrangcren". schlug er vor. „Ach, der Kiosk. Sie baden mir wissentlich mein Anliegen erschwert —" „Wie so ?" „Indem Sie vorhin von dem Verbrauch Ihrer Gelder, der Mißstimmung Ihre« Vormunde« sprachen." „Nur keine Umschweife, Lowitz, ick errathe schon", siel ibni Werner in- Wort, „wie hoch? MoscS Slern 1SUU Mark? — Eine Kleinigkeit, aber ein anderes Mal den Mose- auö dem Spiele kommen Sie vertrauensvoll gleich zu mir, ich Haffe die Wucherer. Sie sind da- Unglück manche« vor trefflichen Kameraden. Morgen srüh sende ich Ihne» die Paar Scheine." „Lieber Hochstedt —" „Pst, Sie verlangten nur ein paar Minuten, die sind vcr- tricken und somit auch meine Geduld. Geben wir den Gäulen die Sporen^ Lowitz. da liegt das Feld. Allons!" Er ließ die Zügel schießen und mit eleganter Flüchtigkeit eilte sein Rappe über die dunkle Ebene dabin, während Lieute nant v. Lowitz, rin weniger flottier Reiter und auch nicht so gut wie Hochstedt beritten, in langsamerem Tempo folgte. Auf seinem glatten, breiten, eben noch so bedrückten Gesichte prägte sich die freudige Erregung, von der peinigenden Wechsel schuld durch seine- Freundes Güte und Freigebigkeit so schnell erlöst zn sein, deutlich anS. Am WalbeSrand trafen die Herren wieder zusammen. Hier warteten ikrer zwei berittene Burschen, die ihnen die Pferde abnahmen, um dieselben in die Stadl zurückznsithnn. Dieser abendliche Ritt wurde jede Woche einmal, bald an diesem, bald an jenem Tage »nternommen. Die Diener kannten eS nicht ander-. Manchmal ritt Lieutenant» v. Hoch stedt auch allein hinaus, aber meisten- begleiteten ihn ver schiedene Cavaliere, Herren in Civil oder Uniform. Eine Er klärung für diese sonderbaren Spazierritte bei Nackt und Nebel, Sturm und Schneetreiben — weder ta«Eine, noch da- Andere vermochte die Herren davon abzuhaltcn — wußten sich die Leute nickt z»> geben, forschten und horchten wobt eine Zeit lang, jeroch ohne Erfolg, nnd schließlich wurde die Sacke eine Gewohnheit, über die man nickt rnebr nachdackte und sprach. Sie erhielten auch jetzt keinen weitere» Bescheid, al« die Maknnng, langsam zurückzureilen. und, wie Herr v Hochstedt eindringlich betonte, den Rappen >n> Stall gut abzurciben und um 3 Uhr früh praciS wieder am Orte zu sein. Während die Leute bald im Dunkel keS Abend- verschwanden, gingen die Herren noch eine kurze Strecke am Waldrand entlang. Lowiy wollte die Geldangelrgenbrit wiederum in die Unter haltung neben, um von Dank nur Rückgabe zu sprechen, kam aber Übel damit an. ^Fortsetzung folgt.)
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite