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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.02.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-02-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940224025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894022402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894022402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-02
- Tag1894-02-24
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Besonder» ün Eenlrum platzen allem Anscheine nach die Meinungen noch heftig auf einander. Trotzdem wird Gras üaprivi bei der am Montag beginnenden ersten Lesung des Vertrag» voraussichtlich angenebm überrascht werden durch eine stattliche Reihe von verNagssreundtichen Summen aus dem CentrumSlager, in dem die immer klarer zu Tage iretende Absicht der Extrem-Conservaliven, mit dem Ver- lrage auch den Grafen Eaprivi selbst zu Falle zu dringen, ersichtlich einen liefen Eindruck bervorgcrufen und den Wunsch lebendig gemacht bat, diese Absicht der bochcon- servaliven „Freunde" zu durchkreuzen. TaS Bibelwort „eure Neve sei ja, ja, nein, nein" wird zwar bekanntlich von keiner Partei weniger bcbcrzigt, als von dem allerchristlichsten Eenlrum. Wenn aber Worte, von dieser Seite gesprochen, üderbaupt noch einen Sinn haben, so muß man heute an- nchmen, daß Herr vr. Lieber möglichst viele seiner Fractions- guiossen für den russischen Handelsvertrag einlrelcn zu sehen wünscht. Nachdem die „Köln. Bolkszeilung" aus ihren Stand punkt mir einem „mugis umieus tuziiivG einen bellen Schein hat fallen lassen, läßt die „Germania" in der Form ciner Polemik gegen die „Krcuzzeitung" den« Handelsvertrag eine überaus wohlwollende Beurtheilung angeveihen. Der Artikel fordert am Anfang und am Ende streng sachliche Be handlung her Frage durch die einzelnen Abgeordneten, im Miltelpunct aber sichen politische Erwägungen. TaS Moment ler Reichstagsauflösung sälll „mit Recht ins Gewicht" — »auch beim Eenlrum mit Rücksicht auf die gesammte Eon- slellation". Und diese läßt den Herrn Lieber die Erhaltung und Befestigung des Grafen Eaprivi dringend wünschen. Die tiefer liegenden Beweggründe werden natürlich nicht angeführt. Aber cs ist recht interessant, wie die „Germania" die „Krcuzzeitung", welche das Eenlrum an eine Erklärung des Kanzlers gegen die Auf hebung LeS Jesuitengesetzes erinnert halte, dahin be richtigt, Graf Eaprivi bade nur gesagt, die preußische Negierung sei gegen die Aufhebung. Sodann vergegenwärtig! daS Bl alt — ob sich, ob Anderen, sei dahingestellt —, daß im Falle der Auflösung eie Regierung, wenn sie nicht mil .Absoluter Blindheit" geschlagen sein sollte, nicht die Elemente hegunstlgen würde, die für ihre ganze übrige Politik nicht zu baden sind, sondern die Gemäßigtconskrvativen und die Mittel- paiteilichen. Den „Kreuzzeilungs"-Leuten wird bei dieser Gelegenheit in Aussicht gestellt, daß sie ohne die Unterstützung der Landrälke und KreiSblättcr schlechte Geschäfte machen würden. „Mögen die Conservativeir also überlegen. Wa ste tbun!" Daß daS Eenlrum, wen» eine Kräftigung der Mittelparteicn in Frage steht, zu großen Opfern bereit ist, um de» Dingen die entgegengesetzte Wendung zu geben, darf man ohne Weiteres glauben. Gewichtiger aber noch, weil die eigene Stellung gewissermaßen fcstlegend, ist da-, was die „Germania" Sachliches zu Gunsten des Vertrags vorbringt. Herr v. Ploetz und die „Kreuzzeitung", bemerkt sie, bätle» noch gar nicht einmal gewagt, darzulbun, daß ein Differenzialzoll bloS gegen Rußland überbaupl oder wenigstens irgendwie wesentlich die Preise beeinflusse» könne. Und der „Germania" scheint der Eintritt dieser Möglichkeit durch die Tbatsache widerlegt, daß der jetzige Kampfzoll die niedrigsten Preise, die wir seit Jahrzehnten gehabt, nicht zu hindern vermochte. „DiesenPunct sollten Herr v. Ploetz und die „Kreuzzeitung" in erster Linie behandeln." Zu dieser bitteren Pille wird als zweite die Kennzeichnung der Resolution des Bundes der Laudwirlhe als „Ueberlreibung" gelegt und als aller bitterste kommt der Hinweis hinzu, daß die Conservaliven ihre Lehre, daS Ausland trage den Zoll, nunmehr selbst ab- geschworcn haben. Tie „Germania" vertritt also die Ansicht, daß die Ablehnung des Handelsvertrags die Eonsumemeu be lästigen werde, ohne den Producenlen „überhaupt ober min- tesleuS irgendwie wesentlich zu nützen." Diesen Standpunkt wird sie nicht mebr verlassen können. UebrigenS spricht noch eine weitere Tbatsache für die Vertragsfreundli i keil der Eenlrums- leilung. Wie wir einer Reihe von Schimpfartikeln des Sigl'schen „Vaterland" entnebmen, ist die Partei in Südbaycrn schon jetzt bemübt, die Abstimmung eines großen Theils der Eentrums- mitglieder für den Vertrag zu erklären — zu „entschuldigen", wie das „Vaterland" sich auSvrücki. Bayerische Eentrumö- mitglieder werben allerdings den Schrill nicht tbun, und besonders mil Rücksicht auf diese führt die „Germania" de« Längeren aus, daß Jeder nach Ucberzeugung stimmen müsse, und baß nicht viel darauf ankommc, ob die Partei in diesem Falle einig sei ober nicht. Die Absolution, die man in Nieder bayern erbittet, ist im Interesse des ungelbeilren Fortbestandes der Partei für die „noch zu begehende Sünde" der Nichl- bayern erwünscht. Am Vorabend des am Zl. Februar erfolgte» Zusammen tritts des üstcrrtichtschen Algeordnelenbausc« fanden in Wien nicht weniger als 21 Ark>eitcrversammlungen statt, welche gleichlautende Resolutionen aiinabmen, die sich sehr scharf über das gegenwärtige Parlament, gegen die Ver schleppung der Wahlresormangelegenbeit und für daS allgemeine gleiche und dirccte Wahlrecht aussprachen. Schon die Vorlage und Annabme der gleichlautenden Resolutionen ken»zeichnel bas geschlossene Vergeben der Arbeiterpartei, die nach ungesäbrcr Schätzung zu den einundzwanzig Ver sammlungen 50 VVO Tbeiluehmcr gestellt batte. Diese Tbatsache» zeigen zur Genüge, daß man die bestckentc Wahlrefvrmbewegung nicht unterschätzen darf. Die Regierung und die Parteien, auf die sie sich stützt, sind sich dessen bewußt, und es ist daher auch kein bloßer Zufall, daß gerade am 20. Februar amtlich angekündigl wurde, daß die Regierung die Grundsätze der Wahlrcform scstgestelll habe und die Elubvorstänve unk Vertrauensmänner der Parteien eingeladcn worden seien, i» eine Erörterung darüber mit der Regierung einzutreten. Man ersieht hieraus, daß sich die Regierung der Nolbwendigkcit, die Wahlreforni in Angriff zu nehmen, vollkommen bewußt ist. zugleich aber auch, daß der von der Arbeiterpartei erhobene Vorwurf einer Ver- schlcppungSabsicht ungerechtfertigt ist. Denn man bat die Absicht, die Wahlreform noch in diesem Jahre zur parla mentarischen Erledigung zu bringen und dabei in steter Füblung mit den Parteien vorzuzcben. Ter Weg, den die Regierung einschlägt, entspricht dem EoalitionSgedanken und kann nur gebilligt werden; denn er sickert der Regierung schon vor den Entscheidungen im Reicksrathe die Einigung mit den die Mehrbeit Listenden Parteien und schützt vor Ueberraschungcn, wie sic das Ministerium Taafse dem Parlamente so oft bereitet hat. Die Consercnz englischer und sranziisischcr Polizci- bcamtcn zur wirksame» Ueberwackung der fremden Anarchisten, welche gestern in London statlsand, kann als Symptom dafür gelten, daß man sich i» den Kreisen der englijchen Regierung doch nicht länger mebr der Erkeniiiniß der Unmöglichkeit verschließt, dem Treiben der internationale» Sprengbombenmäiiner auch sernerbin noch mit völlig verschränk ten Armen zuzusckauen. Der Unwille dcS Publikums gegen die Anarchisten macht sich in der Presse und bei zablrcicken anderen Gelegenbeilen unzweideutig Luft. So wurde bei dem Lcichen- deaäilgniß Bourdlii's der Leichenwagen mit Kolb beworfen. „Nieder mit den Anarchisten!" gerufen, und eine Anzahl Studenten zertrümmerte die Fenster des AuloiiomiectubS. Diesen Kundgebungen gegenüber wagt die Regierung, wenn gleich von einer Vereilwilligkeit ibrerscuö zur Ergreifung einer wirksamen Initiative gegen den Anarchismus auch jetzt noch nicht die Rebe sein kann, doch nicht, dem Drucke der öffentlichen Meinung absolute Nichtachtung entgegen- zusetze„. Zu dieser Wendung der englischen Politik in Sachen des Anarchismus mag auch die einmütbige Verurtheilung der den Anarchisten gewährten Asylsrcibeit seitens der eng lischen Eolonie in Paris bcigctragen habe». Diese ist bekanntlich fast durchweg aus Personen und Familien zu sammengesetzt, welche den einflußreichsten Kreisen der Gesell schaft angeboren und daher in der Lage sind, ibre» Wünschen ein angemessenes Relief zu verleiden. Die nach London ge langten Briese und sonstigen Schilderungen der üble» Lage, in welche Paris durch den Anarchisten schrecken versetzt wirr, in Verbindung mit dem Hinweise aus die moralische Ver antwortung , welche England durch sein bisheriges still- schweigenbes Dulden der anarchistische» Comploistister bei >>ch zu Hause übernimmt, findet beim englischen Publicum einen bisher noch nicht bemerkbar gewesenen Auklang. Schließ lich aber wäre es wohl Niemaudeni, auch der jetzigen Regierung in England nicht, aligencbm, wenn bei unbestimmter Fort dauer der Sprcngbomdeilpaiiik die Franzosen sich eines schönen Tages nach einem „GesetlschaflSretter" umsäbcn und die jetzige Republik, mit welcher Europa sich nachgerade leidlich ein- gelebt bat, einer anderen RegicrungSsori» Platz machen müßte, d>e beule für alle Welt ein Gehcimniß ist. AuS diesen und ähnliche» Erwägungen heraus wird man sich das Eiiilcnkcn der englischen Regierung erkläre» dürfen, dessen erste, hoffentlich nicht einzige Etappe man in der Eonfercnz englischer und französischer Polizeibcamlen erblicken muß. Nabezu einstimmig bat die italienische Kammer den Antrag EriSpi's angenommen, den Finanzplan Sonnino's einem Ausschüsse von 15 Mitgliedern zu überweisen. Die Depulirlen baben sich überzeug!, daß da« Exposs des Finanz- »liliisterS, dessen Verlesung anderthalb Stunden gedauert bat, eine gründlich durchdachte und organisch zusammenbäiigenccArbcit ist, die ei» Anderer dem Finanzmiinster nicht so leicht nach macht» würde. Sodann bat die Kammer gewiß auch an ihre eigene Lage gedacht. Wenn ibr der Hlan Sonnino's »ud in Folge besten das ganze Ministerium Erispi nicht recht ist, so ist sie gehalten, einen neuen, besseren Plan und ein neues, besseres Ministerium zu schaffen, oder sie muß vor dem Lande und vor der Geschickte die schwere Ver antwortlichkeit für das Scheitern des Sonnino'schcn Resorm- werkeS und Alles, was darauf folgt, übernebmen. BeidcS ivitcrsircbl ibr offenbar gleich sebr; kaker sie auch ziemlich zabm sich gebcrdet. Nach Verlesung des Finanzexpos,-ü ver langte EriSpi, daß der im Expos« enthaltene Finaitzplan, sowie die Forderung der Regierung aus Gewährung außc» ordentlicher Vollmachten zur Durchführung der Verwaltungs- resorm je einer besonderen, von der Kammer direct gewählte» Eommissiou überwiesen werte, und die Kammer Kat dies ohne Widerspruch fast einstimmig genehmigt. Das bedeutet »aiiirlich noch keine Zustimmung zu de» Vorlagen selbst, aber cS zeigt dock, daß die Kaminer unnötbige Opposition ver »leiten »ud sachlich zu Werke gebe» will. Auch hat die Kammer i» der kurzen Debatte über de» Belagerungszustand die äußerste Linke völlig im Sticke gelassen. Für die Re gierung wäre die Haltung der Kammer von guter Vor bedeutung, wenn nicht, wie cS nach de» Aeußerunge» der Presse den Anschein bat, in weite» Kreise» der Steuerzahler eine instinclive Abneigung gegen jede Mehrbelastung sick bemerkbar machte. Hauptsächlich richtet sich kiese Abneigung gegen die Erböbung der Grundsteuer, die Vertkeuerung reS SalzpreiseS und die erböbte Besteuerung der beweglichen Vermöge», sowie gegen die Steigerung des GclreidezoUes. Man weiß, daß ein italienischer Deputirter sich de» Veei»- llustungeii seitens der Wäklcr nicht entziehen kann, und cs ist daher immer noch möglich, ja wahrscheinlich, daß sich in der Eommission, wie im Plenum besrige Debatten über die Finanzresvrm entspiiineii werden. Allzuviel dürste indessen aus die vorwiegend ablehnende Kritik der Presse »ickt zn geben sei». Man ist erschrocken über die Höhe de- Teste»« »nd die Menge der neuen Steuern, jeder, deni cS an die Börse gebt, schreit so laut wie möglich, und die Stimmen der Besonnenen werten übertönt, aber es klebt zu erwarte», das; der furchtbare Ernst der Lage schließlich doch de» letzteren Gehör verschaffen wirk. Im AuSlande niiiiiiit inan am meistenAnstoß an der Renten converson, bezw. der Erböb»ng der Cou pon st euer aus 20 Prrcent, welche zum größte» Tbeit die auslä» rischen Besitzer italienischer Rente treffen. Auch in denKrciscn der italienischen Parlaineniarier machen sich Bedenken gegen diese Stcuererböbung gellend und ihre Aunabme erscheint schon beute zweifelhaft. Nur schwere» Herzens baben sich Erispi und Sonnnio zu einer Verkürzung der Slaatsgläubigcr entschlossen „Eine schmerzliche Nothwendigkeit zwingt »n« zu diesem Schritte", so sagte der Schatzministcr am Mittwoch wörtlich, „doch ist es ein gereckter und pflichtmäßiger Schritt, sobald das Parlament durch die Annabme aller vorgcschlagencn Maßregeln bewiese» haben wird, daß cs, um seine Verpflichtungen bis zur äußersten Grenze des Möglichen ei>i;»balteil, selbst vor den härtesten Opscrn nickt zurückscbeule. "Nur unter dieser Bedingung ist die Erhöhung der Rcnteiisieucr eines Eulturvolts nicht unwürdig." TaS ist die Sprache einer ehr und würde bewußte» Regierung, und es ist unbegreiflich, wie ei» Wiener Blatt sich durch den Sonnino'schcn Vorjchlag sich so in Harnisch bringen laste» kann, daß cs die italienijche Regierung mit den ärgsten Schinäbungen überhäuft und vom Slaaisbaulcrolt Italiens, sowie von einer schweren Schädigung des Ercvils und des Ansehen« des Oesterreich so gut wie Tentschland verbündeten Staates redet. Zur Unterstützung der spanische» Forderungen au Marokko haben einige Großmä-i tc — wie cS beißt, England, Frankreich und Italien — ein Antwortschreiben an den Sultan gerichtet, daS als Antwort aus eine Note Muley Hassan'S an die Vertreter der anSwärligen Mächte zu be trachten ist. Spanien halte, wie daraus authentisch bekannt wird, ,'!0 Millionen Pesalas Entschädigung gefordert, während der Sultan nur 15 Millionen, und zwar Feuilletsi,. Ellida Zilllröm. 23) Roman von H. Palms-Payse». Nachdruck »erdotr». (Fortsetzung.) Viel Wissen und viel Können macht milde, nachsichtig und gütig, und so veranlagte Eharaktere. wem sie auch anbaften, einem Silen oder einem Adonis, ciner unschönen oder lieb reizenden Frau, ihre Wirkung üben sie mebr oder weniger immer aus ihre Umgebung aus, sic erwecke» Achtung, Svm- patbie, Liebe, ein edles Gleichmaß Ler Seele giebt ibnen selbst jene innere Zusriedenbeit, die keine Stunden zäbll und kein LebenSsturm zu erschüttern vermag. So babe ich denn ver sucht, Dir den Begriff klar zu machen, wozu die Jugend unS gegeben ist und wie wir sic auszusassen haben, nickt als eine Zeit des GcnuffcS, sondern wie ein Weiser sagt, „als eine Zeit, an Leib und Seele sich auf den wirkliche» Genuß des Lebens vorzubereiten, die Fädigkeiten de- Genießens nickt ab- zustumpscn, sondern sie auSzubildcn'". Du bast gelernt, Dich zu bcberrschen, abhold bist Du jeder entstellenden Laune und Leidenschaft. EinS nur konnte ich Dir nicht mitgeben aus ten Lebensweg. daS war: Ersabrung. Die muß ein Jeder selbst sich sammeln, und mögen diejenigen, die Dich treffen, nicht zu trauriger, ernster Art sein, geliebtes Mädchen. — Warum ich Dich von mir ließ. Dich in die Welt sandle, und zwar ru eben denjenigen Menschen, die so unbarmberzig und unnatürlich gegen Deinen armen Vater gebandelt haben, obnc Dick vorder über den Zweck meines Borbaben» auszuklären, Warum ich dies tbat, das wirst Tu jetzt leicht erkennen. MittelloS ond verwaist stehst Du da, wenn ick nicht mebr bin, und konnte tiickt die Zeit die Gesinnung Deiner Großmutter, wenn sie noch lebte, was Murre erforschen sollte, geändert, sie weich und verzeihend gemacht baben? Mußte nicht versucht werten, sie Dir geneigt zu machen, und konnte dies nicht am ehesten ge- scheden, wenn Du ibr Auz' ,n Auge standest und durch Deinen äußeren Liebreiz auf sie einwirklest, ibr da« Herz rührtest, all' die unS Menschen von Gott in dir Seele gelegten na türlichen, bei ibr vielleicht nur schlummernden Regungen einer Mutter erwecktest durch Deinen Anblick? Und um Dir diesen Schritt zu erleichtern, auch ui der Furcht, daß sich Dein Stolz dagegen auslebnen würde, verschloß ich Dir den Einblick i» meine Wunsche und Pläne. Unbefangen solltest Du vor die stolze, harte Frau hintreten, für eine Andere erbitten, was Du für Dich selbst nie getkan kältest. Daß Tu beredter gewesen, als eS gut war, und meinem Gebote ent gegen bsrmloS plaudertest von dem, was Dein argloser und reiner Sinn dachte und füblte, daß Alles so anders kam, als ich gehofft, daß ich mit dieser Sache den größten Jrrikum meines Lebens beging, daS ward zugleich mein größter Lebens kuinmer, an den sich eine Reue heftet, die meinen schwachen gebrechlichen Körper ins Grab hineinziebl. Sieh meine zitternden Schriftzüge, sie vcrrathc» die schwindenden Kräfte. Nichts aber kann Dir sagen, wie groß mein Bangen um Dick ist, verlassenes, verstoßenes, über Alles geliebtes Mädchen! Giebt es im Himmel einen Gott, der gerecht ist und gütig, wie der Heiland ihn in sich verkörpert bat, so wird ein Engel seine Hände über Dick breiten und Dich durch die Engen und Gefahren des Lebens bindurch geleiten. Mein Auge wird dunkel und meine Hand wird matt — der Herr ruft — der Herr beschütze Dich — Elliba Silström " Hier brach daS Schreibe» ab. Diejenige, der eS galt, lag schluchzend darüber gebeugt, die Räthscl ihrer Kindheit hatten ihre Losung gesunden. 27. Eapitel. Der sür Ellida Silström wichtige Abend der Vorstellung ist da. Im Tbeater breitet sich tagheller Glanz aus. Noch ist kein Publicum erschienen, doch stcben zum.Empsang desselben alle Logentbüren offen, und sämmtliche Bedienstete harren aus ihren Posten. Auf der Bübne herrsch« das allerregste Leben. Arbeiter,Decorateure, Maschinisten, der Jnspicient, der Regisseur, Souffleur und Künstler und Künstlerinnen verschiedenster Gat tung siebt man dort geschäftig uniherrennen. Ueberall duschen knrzröckize'Sylphiden herum, zwischen ten Eoulisten, hinter dem Mittelgründe, an den Versatzstückcn vorbei, dier, dort, allerwärt» spukt cS von diesen feenhaften Gestalten. Was vom Zuschauer raum so außerordentlich poetisch und lieblich auSsckaut, das entbehrt in dem vom Vorbang verhüllten Raum jeglichen poetischen Reizes. Hier giebt'S noch bis zum letzten Augenblick etwas zu thun, zu klopfen, zu hämmern an der Versenkung, am Flugwerk etwas nackzuseyen, dazwischen wird raisonnirt und gewettert. Schauspieler, die schlecht mcmorirt baben, wandern, ibre Rollen in der Hand, gestikulirend zwischen den Couliffen auf und ab, vereinzelte Tänzerinnen üben in irgend einem Versteck noch rastlos eine schwierig au-zufUhrcnde Figur, in der sie sich nickt recht sicher sükle», andere lugen am Vor hang durch die Gucklöcher in den Zuscbauerraum, der ganz allmählich sich zu füllen beginnt. Treten sie einmal bei Seite, so ist auch gleich wieder der Platz besetz!, es giebt eben keinen interessanteren Slandpunct aus der Bühne sür die Künsllcr- ichaar, als diesen LugauS. Erst wenn der durchdringende Ton der Glocke des Jnspicienten erschallt, stiebt Alles auseinander. In einem Nu ist die Bübne leer. Ein jeder begicbt sich auf seinen Posten. AuS dem Zuschauerraui» hervor schallen die Klänge der Ouvertüre, welche dem Ausstattungsstücke voran gebt. „Wie ist Dir zu Muthc, Aelskling?" fragt in der bell erleuchtete» Garderobe der ersten Tänzerin die alle Sonfleuse ängstlichen ToneS daS vor ihr siebende Mädchen Ellida ist von einer Wolke cremefarbigen Seideniülls umhüll«, Tbeerosen schmücken ihr Haar, Arme und Hals sind mit schlangelisörmig gestaltetem, bcrnsteinbesetztem Geschmeide umringclt. Sie hat Murre die Hand gereicht und treibt sie an, in Len Zuschauer- raum zu geben, damit sie von der Ausführung doch auch etwas zu scben bekäme. „WaS ist mir an dem ganzen Stück, an der ganzen Ge sellschaft gelegen, nicht so viel" — Murre schnippt mit ten Finger» — „nur Dich will ich sehen, Lämmchen." Immer noch zögert die Alle. „Aelskling, wie ist Dir zu Mulbe?" fragte sic noch einmal. „Nickis bange", .betheucrte Ellida zum bundertsten Male; „ick hoffe und vertraue." Sic nickte der Alten ermutbigend zu, gerade, als sei eS deren Sache, vorS Publicum zu treten. Plötzlich mußte sie laut lacken. „Murre, alte Murre, Du machst ein Gesicht zum Todt- lacben, sorgenschwer und betrübt, als ginge e- mit mir zu Ende. Du bist mal wieder die alte Henne und ich das muntere Entlein auf dem Wasser. Laß mich um's Himmels willen nur schwimmen, ick gebe nickt unter." Und Ellida greift mit ihren wunderschönen Armen und den seinen Händen in die Luft, abmt die Scknvimmbewegunz nach und Lrebl sich dabei im Kreise herum. Tann bleibt sie sieben, denn die Murre bat die Tbür ersaßt, um hinauszugehen. Sie winkt ihr grüßend und lächelnd zu. „Ich sckau' nach Dir hinauf — wo sitzest Du denn, meine gute Murre? Dritter Rang, vierte Loge von rechts — gut, dorthin schaue ick, wenn man mir Beifall klatscht, denn dort klopft mir da« treueste, beste Herz, da» ich aus der Welt besive." Und so scheiden die Beiden. Die Alte bezieht sich hinauf, und gleich darauf verläßt auch Ellida ibr Zimmer. „Bin ich ängstlich?" fragte sie sich selbst, denn eine beengende Un behaglichlcit bemächtigte sick plötzlich ihrer, als sie langsam an den sie aligaffenden, hier und da sic auch ansprechenden Genossinnen durchschreitet, um in die gegenüberliegende Eoulissc zu kommen. Dort ist der Standplatz. Noch srcilicb tönt die Ouvertüre, dann erst beginnt das Vorspiel, und hiernach cm Kat sie zu erscheinen. Zinntors gesellt sich sofort zu ibr. Rechnet sie seine Grobheit ab, so ist er ibr kein unangcnebmcr Mann. Es liegt in seinem Ton ostnialS etwas Fürsorgliches, Wohl wollendes, säst Väterliches, sie kann darüber seine Schroffheiten vergesse». Jetzt betrachtet er sie eben so kritisirend wie die Anderen. Sic liest ganz genau in seinen Auge», waS er denkt. Etwas Gutes ist cS nickt. Spricht er es nickt ans, um sic nicht ängstlich und verstimmt zu machen? Wahrscheinlich Sie sinket daS ltug und richtig, den» eben in dieser Stunde möchte sic nichts Tadelndes kören. Vielleicht gebt seine Mißbilligung auch aus kleinlichen Empsiiikunge» hervor. Ihre vielgcichniälitcn schwedischen Tanzkleider mochten ihn an die Nachgiedigtcil des Intendanten jeincrzcit und somit an die eigene Niederlage erinnern. Ter Fall erregte damals viel Ausscbcn, nnd trotz Zinndors'S Verstimmung wurde ibr plötzlich init ganz besonderer Höflichkeit, ja mit einem gewissen Respeet begegnet Zinutorf selbst batte kein Wort mebr darüber verloren. Aber waS er jetzt Lackte, Da-, wie gesagt, errieib sie. Wen» er dock mir schwiege. Sie ist zu einem Wortgefecht nicht aufgelegt. 'Aber er sckwicg nicht. „Fräulein Silström, ich möchte Sie aus etwas noch auf merksam machen", beginnt er, und zwar in ciner aiitcren, als ihm sonst eigenen -Sprechweise, die Worte fallen langsam und widerstrebend von de» Lippen „Das Publicum kennt Sie noch nickt, und es ist sonderbar, wie es bei einer Anfängerin, statt gleich die Leistungen ins Auge zu saisen und denselben gebührende Aufmerksamkeit zuzuwente», erst a» den Aeußerlich- keilen hängen bleibt und über Nebensächlichkeiten die Haupt sache vergißt. TaS ist immer so gewesen und wird auch so bleiben." „Mag daS Publicum die- tbun", entgegnete Ellida ruhig, doch fragend zu dem Sprechenden aiisblickeiid, sic vergißt ja, woraus seine Worte zielen. „Nun gut, also daran babe» Sie selbst schon gedacht und sick vielleicht auch schon mit dem Gekanlen vertraut gemacht, daß Sie möglicherweise nicht so sebr gefallen, wie wir eS doch Alle wünschen. In diesem Falle erschrecken Sie nicht bei
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