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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 14.03.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-03-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940314024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894031402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894031402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-03
- Tag1894-03-14
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Tic von den Gegnern gestern gestellte» Anträge bezweckten nichts Anderes, als daS VerlragSwerk -um Scheitern zu bringen, daß solche Versuche und ihre Begründung den Gegensatz zwischen den parlamentarischen Freunden und den Gegnern res Vertrags einerseits und den Letzteren und den verbündeten Negierungen andererseits noch verschärfen muß, liegt aus der Hand. Zn der That tritt auf allen Seiten eine Reizbarkeit zu Tage, die eine gedeihliche Fortführung der Arbeiten »ach den Osterferien kaum erwarten läßt. Zum lleberslnß baden auch die Berathnngen der Eommission des preußischen Abgeordnetenhauses über den Gesetzentwurf, betreffend die Errichtung von LanSwirtftschastskaminer», zu einem günstigen Ergebnisse nicht geführt. Ter Verlauf und daS Ergebniß der Verhandlungen läßt sich im Allgemeinen rahm kennzeichnen, daß die Eonscrva tive» und das Een t rum entschieden gegen eine fakultative Gestaltung der Kammern sind und eine obligatorische Durchführung rer Organisation für die ganze Monarchie wünschen. DaS Zustandekommen des Gesetzes im Plenum ist trotz der in der Eommission erzielten Mehrheit sehr zweifelhaft, »veil, wie es beißt, die klerikalen EommissionSmitglieder die Ansichten der Mehrheit des Ecntrums nicht vertreten. Aus national- liberaler und sreiconscrvativer Seite hält man eine s'andwirtkschastskammcr nach der Vorlage für die Provinz Posen nicht für gangbar, weil dort die Mehrheit eine .olnische werden würde. Ans eine Ausnahmestellung dieser Provinz wollte aber die Mehrheit der Eommission nicht eingehen. Die nationalliberalen Mitglieder der Eom- mission haben sich sodann gegen die Einführung des sebr ^»iplicirteu Hzahlvcrjahreus ausgesprochen und einstimmig die Ansicht vertreten, baß man die Wahlen durch die Kreistage erfolgen lassen solle. Die Mehrheit hat dies adzelebnl, weil dann auch Ricktlandwirthc bei der Wahl Mitwirken würden. TaS Ecntrnm hat natürlich seine be sonderen Gründe für daS Wadlverfahrcn, wie die Mehrheit der Eommission es ausgestaltct hat. Mit Erfolg ist es gelungen, die Unterverbändc aus dem Gesetz zu streichen, um rie freien Vereine der einzelnen Kreise und Verbände zu er halten. Im Ganzen aber ist, lvie gesagt, die Aussicht für das Zustandekommen des Gesetzes zweifelhaft und damit auch die Hoffnung, daß wenigstens in den agrarischen Kreisen Preußens eine beruhigtere und zu positivem Mitwirken an rer Gesetzgebung geneigtere Stimmung Platz greifen werde. Die ossiciösc Erklärung, daß die verbündeten Regierungen auf der Turchbcrathung aller ihrer Steuer»»» lagen und des Neichssinanzgesetzes beharren, begegnet bei der jetzigen parla mentarischen Lage selbst in solchen Kreisen, die de» Grund- züzen der geplanten Rcichsstcuerrcsorm im Wesentlichen zu- slimmcn, Bedenken. So schreibt die sreiconscrvativc „Post": „Zweifelhaft ist es, ob eine Beschlußfassung des Reichstages in der laufenden Session im Interesse eines positiven Ergebnisses liegen würde. Ter Reichstag hat mit de» Handelsverträgen eine schwere Ausgabe erledigt. Tie Wogen der Erregung sind wiederholt und namentlich bei der Verhandlung über de» deutsch - russischen vandelsvcrtrag ungewöhnlich hoch gegangen. Ter Rückschlag tann nicht ausbleiben. Es ist daher nicht wahrscheinlich, daß der Reichstag in der laufenden Session noch das Maß von Spannkraft besitzen wird, welches nothwcndig ist, um eine so große Ausgabe ihrer Bedeutung entsprechend zu behandeln. Neigung, sich in die Sache zu vertiefen, dürste schwerlich vor- Hände» sei», die Gefahr vielmehr vorliege», daß Stimmung dafür eintritt, die Cache wenigstens zunächst einfach bei Seite zu schieben. Es kommt hinzu. daß »ach einer zwar kurzen, aber kamps- und inhaltrcichcn Soniniersejsion die jetzige Tagung schon vier Monate dauert und auch, ohne mehr zu erledigen al-Z die Aenderung der Börsen- und Lotiericslcuer, sicher noch bis zum Mai Lauer» wird, mithin, falls an eine gründliche Turchberathung der Vorlagen in der Commission und imPlenum herangegange» werden soll, die Tagung eine das Maß der Kräfte übersteigende Tauer gewinnen müßte. Endlich kommt in Betracht, daß der Etat sür 1894 95 künstlich so zu gestutzt ist, daß ein erheblicher Theil des DeckungS- bedarfs verschleiert wird. Tic Herabsetzung von über 22 Millionen Mark an Matricularumlagcn rührt bekanntlich in der Hauptsache davon her, daß die Einnahmen auf die Gefahr eines Rechnungs- deficits unter Durchbrechung der bisher sestgehaltcnen Regeln herausgesetzt, manche Ausgaben aus die Zukunft verschoben worden sind. Die Wirkung dieser Scheinmanöver wird in der nächsten Session erkennbar sein. Tie Wahrschein lichkeit spricht dafür, daß sie in einer Vermehrung des DeckungSbedarss bestehen wird. Da, wie die Dinge liegen, in der lauleuden Session auch schwerlich von Lein Druckmittel eines Zuschlags zu der Eiukoinmeusicuer in Preußen Gebrauch gemacht werde» kann, sprechen somit triftige Gründe sür die Annadnie, daß die Aussichten sür ein positives Ergebniß wesentlich günstiger sein werden, wenn die Beschlußsassung über die ginanzresorin und die noch in der Commission nicht durchberathencn Steuervorlagen erst in der nächsten Session erfolgt." Das Gewicht dieser Gründe läßt sich nicht verkennen. Andererseits muß aber hervorgehoben werden, daß die Einzel staaten turck die Verschiebung einer Entscheidung in eine sebr mißliche Lage kommen und bei der Ausstellung ibres nächst jährigen Etats vor ein unlösbares Räthsel sich gestellt sehen würden. Zn ihrem Interesse wird daher wohl der Versuch gemacht werden müssen, die Steuerreform- sragc noch in der laufenden ReichSkagSsession zu lösen. Daß der Versuch mißglücken werde, scheint freilich gerade die Sleuercommission des Reichstags am wenigsten zu'bezweiseln. Nach dem, waS über die Krise in Holland noch bekannt geworden ist, scheint die Schuld an dem Scheitern der Wablresorm nicht die Volksvertretung, sondern Minister präsident Tak selbst zu treffe». Hätte derselbe vor der Ab stimmung über den Zusatzantrag de MyieS auch nur mit einem Worte erklärt, daß derselbe sür die Re gierung unannehmbar sei, so hätte de MuicS, wie er bei der Begründung desselben auch ausdrücklich ver sichert hatte, seinen Zusatzantrag zurückgezogen; dies hat der Minister aber nicht gethan, sondern er hat es „nicht sür räthlich gefunden", denselben anzunebmen. Noch unbegreiflicher wird das Verhalten des Ministers, wenn sich die von zwei angcsebenen und in der Regel sehr gut unterrichteten Blättern, dem „Vaderland" in Haag und der „Nieuwc Rotterdamschc Eourant", gebrachte Nachricht be stätigen sollte, daß die übrigen Minister, die sämmtlich bei der Abstimmung zugegen waren, erst wenige Minuten vor der letzteren von der Absicht Tafts, den ganzen Gesetzentwurf znrückzuzichcn, unterrichtet worden seien. Daß dem wirklich so ist, gehl daraus hervor, daß Tak seine Erklärung nicht im Namen der Regierung abgab, sondern in der ersten Person sprach, so daß also der Abbruch der weiteren Ver handlungen lediglich als ein persönlicher, nur aus dem Willen des Redners bervorgegangcncr Act zu betrachten ist. Nachträglich möge noch das Stimmenverhältniß der einzelnen Parteien erwähnt werden. Für den Zusatzantrag, also sür eine Art Wohnungscensuö und somit sür eine weitere Be schränkung des allgemeinen Wahlrechts, haben gestimmt die Ultramontanen, der rechte Flügel der Anlirevolutionaircn und 22 Liberale, gegen denselben .99 Liberale und kl Anti revolutionaire. Trotz mehrsachcr Ministersitzungcn scheint über die Lösung der Krise »och kein definitiver Beschluß gefaßt zu sein, inan weiß immer »och nicht, ob taS Ministerium dcmcssionirt, oder ob die Kammer ausgelöst wird. DaS neue spanischr Ministerium scheint, wie wir schon hcrvorbobcn, im Wesentlichen in den Bahnen deö bis herige» wandeln zu wollen, was schon in der Tbatsacbc seinen Ausdruck sinket, daß Sagasta wieder an die Spitze des EabinetS, des siebenten wobl, daS er gebildet bat, getreten ist, und wichtige Posten eine Neubesetzung nicht erfahren haben. Nur insofern dürfte ein »euer Eurs eingeschlagcn werde», als zwar a» de» hervorragendsten Projectc» des abgetretenen Finanziuinisterö Gamazo zur endgiltigen Erzielung besserer sinanzicllcr Verhältnisse sestgcbaltc», daß aber im klebrigen etwas minder schroff, als cS Gamazo that. vorgegangcn werten soll. Entgegen seinen Intentionen wird das Mini sterium sein Hauptaugenmerk aus den Versuch richten, die Handelsverträge zum Abschluß zu bringen, einen Eompromiß mit Navarra, den selbst Sagasta bis vor Kurzem noch gänzlich abgeneigt war, herbeizusühren und die Eisenbahngesellschasten zu versöhnlicherer Haltung zu bewegen. Wie ungeheuer schwierig die Ausgabe des Finanzniinistcrs ist, gebt schon daraus hervor, daß mehrere vorzügliche Finanzpolitiker, an die sich Sagasta wandte, für die ihnen zngcdachte Ebre gedankt haben. Niemand wollte sich die Gegnerschaft des überlegene» Gamazo znziehcn, bis endlich der bisherige Direktor der Tabakcompagnic, AmoS Salvador, ein Ver wandter und Freund Gamazo'S, sich dazu entschloß, die heikle Ausgabe zu übernehmen. Ob es dem Lande zum Heile gereichen wird, wenn statt des energischen und entschiedenen Gamazo wieder Sagasta mit seiner Ver schleppung«- und Vertuschungspolilik der Spiritus rc-ewr des EabinetS wird, darüber darf man sich begründeten Zweifeln hingebcn. DaS Ausland hatte zu Gamazo daS Vertrauen, daß er eS verstehen würde, eine Gr suntung der spanischen Finanzen anzubahnen, und insofern muß man seinen Abtritt bedauern, wenn man cs auch anderer seits begrüßen darf, daß mit ihm der Widerstand gegen de» Abschluß wichtiger Handelsverträge, auch mit Deutschland, in den Hintergrund getreten ist. — Die übrigen Veränderungen im Eabinct sind von geringerem Belang. In der Adrcßdebatte zur englische» Thronrede hat eS sich sofort gezeigt, daß man sich in der Beurtkcilnng Rosebery'S nicht getäuscht batte, wenn inan annahiu, daß er zwar formell daS New Eastlcr Programm seines Vor gängers zu dem seinen gemacht hat, daß er aber nicht Willens »st, es thatsächlich in allen Punetcn und ohne jede Modisication zu rcalisircn, sonst hätte der Kanzler des Schatz amts Harcourt gestern dem von Labouch,re im Unter haus eingcbrachlen Amcndcment, welches verlangt, daß Personen, die nicht mittelst einer Wahl ins Parlament gekommen sind, die Annahme von Vorlagen Verbindern könne», nicht nnt dem Argument entgegen treten dürfen, cs müsse der Regierung überlassen bleiben, die Methode und die Art der Lösung einer so ernsten Frage vorzuschlagen. Jedenfalls ist diese erste Probe auf die wirklichen Absichten de« neuen EabinetS so ausgefallen, daß die radiealen Stürmer und Dränger aus eine baldige Verwirklichung ihrer gegen die Eristenz der Lordkamincr gerichteten Pjäne nicht rechne» könne». Tie Abstimmung, welche für das Amendement Labouchöre'ö nur eine Majorität von zwei Stimmen ergab — wenn nicht ein großer Theil der Eonscrvativcn abwesend gewesen wäre. so hätte daS Ämendcment unbedingt fallen müssen — muß den Iren und den Radiealen auch darüber die Auge» geöffnet haben, daß selbst im Unterhaus eine Majorität sür das „Weg mit den LortS!" so leicht nicht zu haben ist Zu maßvolle» Re formen der PcerSkanimer wirk eS ja über kurz oder lang einmal lomnicn, zu einer Abschaffung nicht, kenn der politisch so gut geschulte Engländer hält an dem lies in sein Herz geschriebenen Glaubenssatz vorläufig noch fest, daß cS nicht zwecklos ist, ein eonstilutionclleS Mittel zu besitzen, daö die Volks Vertretung zwar nicht illusorisch inachcn, aber sic vor radiealen Uebereilungcn zu bewahren vermag. — Auch was die irische Frage aubelangt, wirk Roscbcry allem Anschein nach eine Politik verfolgen. die nicht Alles auf einen Wurf setzt und schließlich auch zu Eompromissc» geneigt ist. Er bat den Uniouistcii ein wichtige-, den Kern der Frage berührendes Zugeständniß gemacht, indem er Lord Salisburys Aeußerung zuslimmtc, daß England alS das Hauptglied des Vereinigten Königreichs von der Gerechtigkeit von Homerule überzeugt sein müsse, che diese« vom ReichSparla- mcnl den Iren gewährt werden dürfe. Bleibt er diesem Worte treu, tann muß er darauf verzichten, die Homerulevorlage gegen die Mehrheit der englischen Volksvertreter durch eine englisch- irische Parlaniciitömehrbcit Gesetzeskraft erlangen zu lassen. Ob freilich der irisch-radicale Auhaug beS neuen Premierministers sich mit Versprechungen »nd Wechsel» aus die Zukunft zu frieden gebe» wird, ist eine andere Frage, deren Beant wortnug durch die Tbatsachen nicht lange auf sich warten lassen wird. — Ter aus die auswärtige Politik Großbritanniens bezügliche PassuS der Thronrede kouinit über allgemeine Redewendungen kaum hinaus; doch darf als feststehend angenommen werdendaß auch fernerhin daS Foreign Office eine Politik der slrielesleii Zurückhaltung befolgen wird, um sür Englands Interesse» auS allen Eonstellalionc» den größtmöglichen Vortbeil cittzubciinsen. Diese bekannten Sontcrinteressen Englands weisen letzteres un Mitlclmecre aus Pflege der italienischen Frcundschast, in Asien aus eine Parallelacticn mit Rußland hin. Nack, den jetzt vorliegenden amtlichen Nachrichten muß die hrnsilinnischc Revolution, wenigstens ru der Haupt stadt de« Landes, wohl als beendet angesehen wSddcn: Admiral da Gauia hat sich aus ein portugiesisches Schiff geflüchtet und Pcftolo »littheilcn lassen, daß er bereit sei, jich zu ergeben. Ein Kamps zwischen den beiderseitige» Flotten wird, schwerlich zu Gunsten dcrInsurgcnlcn entschieden werden, denn sic haben insdcn letzten Woche» in der Bai von Rio de Janeiro schwere llngliicks- sällc erlitten, »idem zwei ihrer Schiffe angeraiiut und in den Grund gebohrt wnrtcn. während die Flotte Peipolo'S durch die in Nordamerika und anderwärts zusammcngckausten Schiffe, die endlich vor Rio cingctroffe» sind, eine bedeutende Verstärkung erhalten hat. Für die Aufständischen hing säst Alles davon ab, ob die Insurgenten im Süden, auS den Staaten Rio Grande do Sul, Santa Eatharina und Sao Paulo rechtzeitig genug keranrückcn könnte», um einen Angriff gegen Rio de Janeiro von der Landscitc zu unternehmen, noch che den Aufständischen aus den Schisse» Munition, Lebensmittel und Streitkrästc auögingcn. Bei den riesigen Entfernungen und schwierigen Verkehrsmitteln war eS nicht möglich, diesen Plan zur Ausführung zu bringe», und so muß Peiroto als Sieger aus den, Kampsc bervorgcbcn, der seil dem 6. September 189.9 Handel und Wandel gelähmt und das Land in seiner Ent wickelung um Jahre zurückgebrachl bat. Zu kricgSgcschichtlich iiilcrcssanlcn T Haien in cs nicht gekommen, nur zu einer kaum jemals dagcwcsencn Muiiilionsvcrgeudung, so daß in Europa allmählich daS Interesse an den Vorgängen in Fenilletsn. Ellida Silström. 37> Roman von H. PalmS-Paysen. Na-kruik »erdeten. (Fortsetzung.) „TaS klingt wirklich romantisch", meinte die Sonsidia. „Ist auch romantisch. Wo »indct man einen KioSk, wie den weinigen mitten im Walte ?" „Einen Kiosk nennen Sic cc» Bau?" „Nicht ganz zutreffend, aber jedes Ting will einen Namen haben." „Ob aber", bemerkte die Sonsidia, wieder aus den Zweck der Unterredung zurückkLMinend, „Ihr kleiner Schützling mit mir durch Wajt und Haide nach einem so gchcimnißvoUen, vielleicht gar unheimlichen Ort fahre» wirk, bleibt die Frage, er erscheint mir gar nicht sehr lenksam." „Desto größer wird Ihr Verdienst nachher sein, tbcucre Earola." „Sie sind ein ganz schlimmer Gesell", lächelt die Sonsidia sehr kokett. ..Wieso'?" „Man kann Ihnen nichts abschlagcn, das ist's." „Tie vortrefflichste Eigenschaft, die ich besitze, daS ist sicher, wenn sie sich auch bei der kleinen Silström bewährt." „Wir wollen sehen —trinken Sie endlich Ihr unberührtes Glas leer. Ter Baron ist ein Wcinkenner — Eie diirfcn's wagen." „Tann aus Ihr Wohl, meine Verehrte." „Nicht doch", die Sonsidia lächelte schelmisch kokett, „auf daS Wohl des neuen Sternes am Kunstbinimel — richtiger und besser »och: auf das Wohl — Ihres Lieblings." Und sic stießen an und tranken auf das Wohl Ellida Silström'S. 46. Eapitel. Christabend! Es ist ein eigenes Gefühl, zu wissen, in diesem Augenblick freuen und erfreuen sich viel Tausende von Menschen, und an Dich denkt Keiner! Du bist allein und 'Tu kannst Keinen erfreuen! DaS ist Ellida s Empsinden. Sic steht vor dem dunklen Fenster ihrer Wohnung und blickt auf daS lebhafte Treiben draußen. Da< läuft und rennt und flüchtet dort durcheinander. Ein Jeder hat sein besonderes Ziel vor Augen, irgend ein Streben, ein Hoffen, ein Wünschen, weshalb sich die Füße be flügeln, und in 'den kochausragciiden Häusern hüben und drüben herrscht daS gleiche geschäftige Leben und Treibe». Die Kaufläden sind noch alle glänzend erhellt, hier und da schlüpft noch ein Kauflustiger hinein, um im letzten Augenblicke noch eine vergessene Gabe zu erstehen und dann schnell wieder davon zu eile», zu Fuß oder in dem draußen harrende» Wagen. Es herrscht grimmige Kälte draußen. Wer fragt heute danach. Froftblumen sind an den zahllose» Fenstern der schönen mit Stuckatur verzicrtcn"7Häuscr Keule nur vereinzelt sichtbar. Tie Räume sind ineisl alle durchwärmt, cS ist ja Ekristabend, Bcscheerung. Hier und da wird - schon hell hinter den großen Spiegelscheiben, auch hoch oben in manch' einer Mansarde. Nicht überall sind die Vorhänge so dicht eschlossen, das nicht einmal das Auge durch einen Spalt indurchlugen und den Ebristbaum zu erschauen vermag mit seinem Schmuck und blitzenden Lichtern. Wie viel Freute und Familiensinn überall! Ellida muß aus Alles Verzicht leisten. Sie ist eine Waise und eine Fremde im deutschen Lande. Sie beiindcn sich ganz allein im Zimmer. Murre hat unten im Erdgeschoß, »aä, dem Hose hinaus, eine brave, wohlwollende, kinbergesegnclc Schneidersamilie kennen gelernt, die haben die Alte, die sich ihnen schon mehrmals hat nützlich inachcn können, zu sich ge beteten, und cS ist Ellida schon recht, am heiligen Ekristabend mit ihren Gedanken allein sein zu dürfen, ihre innere Ver einsamung kann die alte Murre, so gut sie es mit ihr meint, trotz aller Treue und Fürsorge ja nimmer verstehen und beben. Ellida schämt sich auck nicht, daß dies Gefühl ihr beute Tbränen gegeben bat, die freilich auch der Erinnerung gelte» an so manch' stillen, glücklichen Christabend in der fernen Hcimatb, an die tbeuren Verstorbenen. Tiefe Thränc» aber versiegen bald, denn sie bat in ihrem Köpfchen ebenso viel Vernunft wie Herz. Und wenn dies zu Worte gekommen ist, so setzt jene die Rede fort. WaS sagt aber die neuerdings in ihr angeseindete Vernunft? Wie sucht sie die natürlichen Schmerzen zu paralysiren ? Es kommt pedantisch heraus, wenn man solch leises, im Herzen treibendes GesühlSkenken in Worte zusammensaßt. Aber bei ihr ist'S nun einmal so: sie klärt sich gern ihr Denken in Worte und hält Zwiesprache mit sich — eben weil eS sür sie nur daS eigene «elbst, kein anderes Wesen giebt, in dessen Seele sie ergießen kann, was sic denkt und leidet. In dieser Zeit, wo sic von außen in ihrem eigensten Wesen so snrchtbar angegriffen worden ist, fühlte sic sich immer zur Selbstkritik hingcwiesc», und die auS tausend herben Schmerzen deS vergangenen Jahres erwachsene NöUngung zu einer Gefühls- und Gecankeiianalysc zwingt sie gleichsam zur Buchführung ihrer Gedanken. Es ist da»» freilich nur das nackte Resumv von vielen zusammen wirkenden zarten, intimen Gefühlen eines weichen Herzens und eines ehrlich, durchsckcnden Verstandes: alles Schmerzliche, was Du da auszäblsd, hast Du jeden Tag und jede Stunde sürderh»« weiter zu ertragen. ES ist die Begleiterin des AUeiiistchens! .... Ellida hat sich die gegenüberliegenden Häuser dieser Straße bisher nur flüchtig angesehen, deute aber so ausmcrksam, als wären alle jene Fenster Blätter aus einem großen, bunten Bilderbuche, in dem ihre Augen Umschau dielten. Tort, wo ein Schleier Las Bild verhängt, malt sich ikre geschäftige Phantasie daS Gemälde auS. Oben in der tagbellen Mansarde wird natürlich ärmlichen, aber vielleicht ganz glücklichen Kindern bescheert, weiterhin in dem »>att erhellten Stübchen mochte ein armer Schreiber oder eine fleißige Näherin wohnen, ebenso einsam vielleicht wie sie. ohne Ehristbaum. ohne Gabe. Gegen über in der dritten Etage kann sie deutlich die obere Hälfte des bereits angezündcten TanncnbaumcS sehen, drei Fenster erstrahlen im grellen Lichte. Tort jubeln vielleicht die Kinder einer kleinen Bcamtcufamilie um den WeibnachtSbaum; überall wird es bell in den erste» »nd zweiten Stockwerken, rechts und links, unten und oben, und dort, wo cS noch dunkel bleibt, in jenem vornehmen Hause ibr gegenüber, das sich durch ei» großes Portal und einen Balcon von de» anderen unter scheidet, kann ebenfalls jeden Augenblick freundliches LickN ausglänzen, Ikvrl mag eine reiche Familie wobnen, die nur später als andere die Bcschcerungcn sür Groß und Klein eröffnet. Unwillkürlich hasteten Ellida'« Blicke an diesem dunklen Stockwerk, um zu erschauen, Wan» jener erwartete lichte Auge» blick eintreten wird. Als dies geschickt, als der erste flackcrcnde Lichtschein hinter den zunächstliegcnben Fenstern sichtbar wirk, bemerkt sie von ihrem dunklen Zimmer au« deutlich emo» älteren Mann, vielleicht einen Diener, der eine große Astrallampe anzUndet, die mitten im Zimmer über einen Tisch hängt. Sie vermag von ihrem höher liegenden Fenster aus sogar Bücher und Papiere auf den, Tische zu unterscheiden. Gleich daraus erhellen sich noch drei andere Fenster dieses Stockwerkes, ein Tannenbaum aber ist nirgends zu entdecken. Nun werden hier und dort Vorhänge geschlossen, gleich auch wolü die de« letzten Fensters, dann vermag sie Nichts mehr zn sehen — doch nein, mitten in der Bewegung, der GeschäsUgte hat den Arm bereit« auSgestrcckt, um die Schnur zu ergreifen, hält er inne und tritt i»S Zimmer zurück Ellida bemerkt plötzlich noch eine zweite männliche Gestalt. Beide scheinen miteinander zu sprechen, dann weicht der E> stcre auS ihrem Gesichtskreis, und sic bemerkt nur eine Person im Zimmer. Es wird der Bewohner, der.Hcrr deS Hauses sei». Ellida sieht, wie er in dem großen Gemache aus und nieder schreitet unk die Hände hinter dem Rücken verschlungen hält, daun verdunkelt sich plötzlich das Fenster und scharf gegen den bellen Hintergrund abgczcichnct tritt klar und erkennbar die Gestalt vor daS Auge. Ellida glaubt wieder eine Fata Morgana zu schauen, wenn cS nicht ein Traum ist, der ihre Sinne umfängt. Daß dort drüben der Intendant deS TbcaterS wobnl, Herr v Hochstedt, der Freund des ProscssorS, er, um dessen Person sich in letzter Zeit alle ihre Gedanken ranken, der Mann, der ibr Sck>en und Angst, Furcht und Beben einslößt, unk trotz allerem ei» Wonne und Glückseligkeit obne Gleichen, das erscheint ihr unglaublich! Er. der Mächtige, Vornehme, der Gütige und doch so Grau same, der Gefürchtete und doch so Geliebte, sic wird brennend rold bei diesem Gcständniß — er sollte dort wokncn, und sie, Ellida Silström, die arme, unbedeutende Tänzerin, in seiner unmittelbaren Näkc — räumtich so nabe, das; sic sich hätten erkenne» und begrüßen können, legte sich Nicht daS Dunkel des Abends zwischen hüben und drüben. Sie drückt ihre kleine, weiche Hand gegen die Augen, indem sic sich in ihr eigenes dunllcS Zimnicr zurückwcudcl, uni ihren Blick für die Helle zu schärfen, denn eS »t ihr, als blende sie WcibnackitSglanz, als wäre das Christkind plötzlich mit Gaben erschienen, zu reich, zu verschwenderisch, um glauben zn können, das Alles sei ibr zu eigen geworden. TaS erregte Mädchen blickte wieder hinüber und dann nicht wieder fort. Sie verscheucht inißgiinstigc Zweifel, sic will — sei cs darum — glücklich sein durch Einbildungen, sic will jene Gestalt drüben anseben für diejenige, die sic zn schauen sich wünscht. Sie will sich beut' am Christabend dies Geschenk eines glücklichen Traumes gönnen, der bis in die Nack» bineinwährt» den» da« Licht leuchtet drüben noch viele Stnnten. Ob er eS ist oder ein Anderer, jedenfalls ein einsamer Mann. Christabend wie sie feiert er nicht — nicht einmal in Träumen. Er ist vom Fenster fortgetreten — aus und »icdergewandcrt — lange Zeit siebt ihr Auge ihn am Tische sitze», mit Büchern oder Papieren beschäftigt — er hat dem Fenster den Rücken ewcndkt, vielleicht hätte sonst das Lampenlicht ibr daö traum- aste Rätkscl gelöst. Sonderbar, wie manchmal die Gedanken kreisen, Ellida
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