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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.04.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-04-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940402021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894040202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894040202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-04
- Tag1894-04-02
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Nrtra-Vetlagrn (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe. ohne Postbesürderung 00—, mit Postbesörderung 70.—. Ännahmeschluß für Äuzei-en: Abend-Ansaabe: Vormittags 10 Ubr. Marge u-Ausgabe: Nachmittag- 4 Uhr. Sonn- und Festtags srüb ','<0 Uhr. Bei den Filialen und Anuahinesiellen l« eine halbe Stunde früher. >«zei,ru sind stets an die vr»e»ttt«A zu richten. Druck und Verlag von E. Polz tu Leipzig. Montag den 2. April 1894. 88. Jahrgang. politische Tagesfchau. * Leipzig. 2. April. Aus dem ganzen deutschen Reiche liegen deute Berichte über die Festlichkeiten vor, die zur Feier dcS t^rbnrtatags des Fül-strn Bismarck veranstaltet worden waren. Aus allen Berichten gehl hervor, daß gestern dieser Tag freudiger und in gebotenerer Stimmung als jemals begangen Worten ist, weil die Nation sich bewußt war, dicomat nicht im Gegensätze zum Kaiser zu stehen, sondern in voller Ueber- einstimmung mit ihm ihrem unvcrlöschlichcn Tanke für den großen Einiger der deutschen Stämme Ausdruck zu gebe». AuS allen Berichten gebt aber auch der dringende Wunsch hervor, daß die vom Kaiser berbeigcführte Aussöhnung über den rein persönlichen Charakter, den sie jetzt noch trägt, hinauöwachsen und zu einer Wiederannäherung des .neuen Curses" an den .alten Curö" führen möge. Daß daS noch nicht geschehen ist, spricht am offensten und entschiedensten daS Organ des Altreichskanzlers, die „Hamb. Nachr."» aus, das in seinem Festartikel rund heraus erklärt: „Es wird nicht an Stimmen fehlen, welche die diesmalige Steige- runq der Fricdrich-ruher Gebnrtstagssrende aus den Besuch des Fürsten Bismarck beim Kaiser in Berlin und dessen Erwiderung zurückiühren. U»S, denen die Hobe Ehre und historische Ausgabe zngesallen ist, die Bismarcl'sche Politik nach der Entlassung des Fürsten publicistisch zu verlrelen, und die wir uns im gewissen Sinne als Las Organ des großen Staatsmannes betrachte» dürfen, uns sieht es nicht an, in der Stimmung des heutigen TageS ein Urtheil über diese Auffassung abzugcbcu; wenn sie aber bis zu einem gewissen Maße berechtigt sei» sollte, so begnügen wir uns, die Entschuldigung der Thatiachc in der menschlichen Natur zu suche» und in Ausfassungen, die gut gemeint sind, aber nicht überall zutrefsen. Ohne Zweifel ist durch bekannte Vorgänge manches aus der Situation beseitigt worden, was von vielen deutschen Patrioten schmerzlich empsunden wurde. Das ist immerhin ein Gewinn: aber politisch hat sich dadurch doch kaum etwas geändert und die Politik des neuen Curses ist dadurch nicht besser geworden. Wohl ist der Fürst durch die kaiserlichen Gnadenbewcise i» eine Lage gebrach! worden, die er seinerseits nicht gut angreisen kann, oklie sich der üblen Nachrede auszusetzen, vaß mit ihm kein Auskommen sei. Aber diese Situation er streckt sich doch nur auf das persönliche Gebiet, nicht aus das Recht deS Fürsten zur freien Meinungsäußerung etwa i.ber dcnCaprivismus, und wir glaube» auch nicht, Laß er der Mann danach ist, sich von der Ausübung dieses Rechtes, das für ihn Pflicht gegen das Vaterland ist, dadurch abbattcn zu lassen, daß man ihm „Uiivcrsühnlichkeil" da vorwirst, wo er lediglich daS Interesse des Landes im Auge hat. Auch aus den letzten Reden des alten Kanzlers klingt nichts hervor, was ans den Entschluß zu einer derartigen Abdicatio» binwiese." Man sicht hieraus, daß Graf Caprivi, der dom Ver- söhnungsacte äußerlich und innerlich ferngeblicben ist, auch den geringsten Borlheil von ibm gehabt hat. Der Kaiser kann mit dem Fürste», der Fürst mit dem Kaiser wieder „auskommcn"; zwischen dem jetzigen Reichskanzler und seinem Vorgänger besteht daS alte Vcrbättniß; und wo die Sym pathien der großen Mehrheit der Nation stehen, lehrt die gestrige Feier. Wird Gras Caprivi diese Lekrc verstehen? Wir wollen cs hoffen; gut Ding will ja Weile haben; und da die beinahe unmöglich erscheinende persönliche Aussöhnung zwischen dem Kaiser und dem Altreichskanzler am Ente doch möglich geworden ist, so braucht man noch nicht daran zu verzwciseln, daß auch die Lenker deS alten und des neuen CurscS schließlich einander sich nähern und mit einander auskommen. Auch in der laufenden Politik der letzten Tage ist der Name des Fürsten Bismarck wieder viel genannt worden, da sich die Discnsston namentlich um eine Verschiebung tu Ser Konstellation Vor nroszr» Politik gedreht hat, die mit der handelspolitischen Annäherung Rußlands an Deutschland eingetreten sein soll. Wir lassen eS dahin gestellt sein, ob cS richtig ist, wenn behauptet wird, daß Fürst BiSmarck niemals einen derartigen Handelsverlrag mir Ruß land abgeschlossen hätte. Wir wollen nur darauf Hinweisen, daß das doctriuäre „Niemals" in seinem Wörtcrbuchc schlte. Mehr Beachtung verdient die namentlich von der russischen Presse ausgehende Unterstellung, daß jetzt Rußland die 'übrcndc Rolle in Europa übernommen habe, eine Unter stellung, der man auch in England beizupslichten scheu,t. So meinte kürzlich der „Standard", daß, wenn Deutschland bei dcmHandclSvertrage mitRußlaiid auch nicht ganz schlecht gcsahren sei, der Zar dock mehr gewonnen habe. Kurz hintereinander hätten sich Frankreich und Deutschland in den Willen deS Zaren gefügt — ein sckmeichclhastcr Beweis für die Stärke der nortischen Macht. Das wäre also der HaupibcwciS sür die angebliche Verschiebung, wodurch Rußland an die erste Stelle gebracht sein soll, die Fürst BiSmarck sür Deutschland gewonnen batte. Natürlich stößt die russische Presse noch ganz anders in die Trompete. Die „Nowoje Wrcmia" er kennt an, daß in Europa jetzt ein anderer Wind webe, als ur Zeit der Begründung des Dreibundes; aber alle Folgen, agt sie, der doppelzüngigen Politik des Fürsten Bismarck seien noch nicht ausgeglichen. Frankreich bade Seva» nicht ver gessen und die Lage auf der Balkanbalbinscl könne unter keinen Umständen von Rußland als endgiltig angesehen werden. Deshalb sei auch an eine Abrüstung nicht zu denken. Zn ähnlicher Weise lassen sich die „Nowosti" aus Das ist aller- tingS eine so starke Ucberbcbung und eine so unpassende Sprache, daß sie um so cigcntbümlicher erscheinen muß, als Zedermann die vollständige Abhängigkeit der russischen Presse von der Regierung kennt. Aber man weiß auch, baß die Regierung die Leine dieser Abhängigkeit bin und wieder ab sichtlich locker läßt. Hier hankell es sich offenbar um eine Beruhigung Frankreichs über die Möglichkeit, daß die Annäherung Rußlands an Deutschland zu weit gehen könnte. Deshalb schiebt die „Now. Wremja" auch der Berliner Regierung die Initiative in der Rußland gefälligen Politik, die zu der Neutralisiruiig des Dreibundes geführt habe, zu, während die Tbalsache unumstößlich festslebl, daß Rußland zuerst in Berlin angefragt hat, ob Deutschland zu Verhandlungen über die Anbahnung eines Handelsvertrages bereit sei. Selbstverständlich schallt das Echo aus Paris nach Peters bürg zurück, denn so wenig Bortheil man auch in Frankreich von der russischen Freundschaft gehabt hat, so null man doch nicht jede Hoffnung fahren lassen. Zn dieser Weise handhabt man jetzt in Petersburg die Zwickmühle zwischen Berlin und Paris, und cS lässt sich nicht leugnen, da»; die russische Diplo- matte darin eine große Geschicklichkeit entwickelt. Sehr weit sind wir aber davon entfernt, ans diesem Grunde einzu gestehen, daß Rußland jetzt zur führenden Macht in Europa geworden sei. Während in Ungar», soweit eS magyarisch ist, die Kund gebungen in Folge des Todes Kossuth'S den Stempel einer wahren nalioiialcn Trauer trugen und in der Landcshaupt stadl sich gestern geradezu zur Ekstase steigerten, ist von dem Allem im nichlmagyarischcn Ungarn, in der Peripherie des Landes, wo die beherrschten Nationalitäten sitze», keine Spur vorhanden. Zm Norden bei den Slowaken» im Süden bei den Serben, im Osten bei den Rumänen und den Sachse» giebt cS keine Trauerkundgebungcn sür Kossulb Za, die Presse der nichlmagyarischen Nationalitäten verurlhcitt entschieden daS Wirken Kossuth'S. Bezeichnend ist cS, wie sich ein serbisches Blatt darüber äußert: Die Nationali täten, sagt cS, und namentlich die Serben werden Kossulh keine Thränc nachwcincn. Mit seinem Namen verbindet sich grauenhaft die Erinnerung an den furchtbaren Bürger krieg vom Zähre 1848—49. Verwüstete Dörfer und Städle, der Ruin ganzer Generationen, der Märtyrerlod so vieler unserer Söhne — all' daS Grauenhafte von l848—49 ver bindet sich bei uns mit dem Namen Kossuth. DaS ganze Wirken Kossuth'S war eine ungeheure Selbsttäuschung. Die Kraft, die er dem magyarischen Stamme zugcmuthet, war eine erkünstelte. Zm Zähre l848 waren die kaiser lichen Festungen, die kaiserlichen Truppen den Magyaren aus- geliefert. Da war cS ein Leichtes, auf dieser Grundlage eine Honvcd-Armee zu schaffen, zumal da diese auch aus den Ratio nalilälen rekrutirt wurde, weil die Staatsgewalt in den Händen der Magnaten war. Die Katastrophe von BilagoS mußte kommen, und Kossulb batte in der Emigration Zeit genug, an die Versöhnung mit den Nationalitäten zu denken. Aber sein Project einer Donaueonsöderation wurde von den Magyaren entschieden verworfen, und als die Magnarcn mit dem Ausgleich mit Oesterreich vom Zabre 1807 zu ihren Rechte» kamen und den Natio nalitäten den Rücken kehrte», wagte eS auch Kossulb nicht mehr, seine Stimme zu Gunsten der Nationalitäten zu erheben, um seine Popularität nicht auss Spiel zu setzen. Die größte Selbsttäuschung Koüuth'S aber bestand i» seiner Ansicht über das Verhältnis; Ungarns zu Oesterreich. Die Nationalitäten in Ungar» uiiumschränkl beherrschen zu wolle» und keinen Rückhalt an Oesterreich zu haben, ist die größte Selbsttäuschung über die nationale Kcast der Magyaren. Die slowakische» Zeilungen bezeichnen Kossuik als den größten Renegaten der Weltgeschichte. Kossulh war rein slowakischcrAbkunst. Biele seiner Anverwandten konnten nicht einmal magyarisch sprechen — und doch war Kossulh ein Feind der Slawen. Nichts vermag mehr den ungeheuren Gegensatz zwischen dem herrschenden Stamm und den be herrschten Nationalitäten in Ungar» zu beleuchte», als eine solche Sprache anläßlich der Kossuthkundzebungcn. Aus daS neugeschaffene russische Ackerbauministerium setzt man in allen intcressirlen Kreisen große Hoffnungen, und cö ist zu wünschen, daß sie sich erfülle» werde» und der darniederlicgenden russischen Landwirtbschaft neue Lebenskraft zugesnhrl wirb. Ueber die Organisation und die Thäligkeit der Centralbekördc dürften einige Andeutungen nicht un erwünscht sei». Hierher gehört vor Allem die Einrichtung bestimmter Institute in den Gouvernements, welche in gewissem Sinne kelegirtc Bestandtbeile dcS Ministeriums aus dem Lande selbst sind. Es werden Gouvernements - Com missionen gegründet werden, die aus Vertretern aller irgend wie mit der Landwirtbschaft sich berührenden BcrusSclassen zusammengesetzt sind. Der Großgrundbesitz und der Klcin- grundbesitz werden ihre Delegirten dort baden, Bauer- gemeinden und auch die Städte, sofern letztere Besitzer von Landgütern sind Als Vorsitzender wird der Gouver neur sungircn, dessen Machtvollkommenheiten hierbei so ausgedehnte sein sollen, daß man vielfach befürchtet, die verschiedenartig zusammengesetzten Gouvernements Commissionen bildeten im Grunde nur ein Dccoralionsstück. Die Hauptarbeit soll eben der die Negierung vertretende Gouverneur besorgen. Zn den einzelnen Kreisen werden dann ähnliche Comitös organisirt, denen ebenfalls ein RegierungS beamter mit großen Amtsbesugnisscn vorstebcn soll. Den lause» den unmittelbare» Verkehr zwischen den Provinzialautorilätcn und dem Ministerium selbst sollen ferner Znspcctorcn und andere Spccialbcamte vermitteln, welche von Petersburg zur Controle in die Gouvernements gesandt werden. Dann i)t noch auf den Bciratb binzuweisc», der in Petersburg beim Ministerium selbst errichtet wird und ans kervorragenten Landwirthcn zusammen gesetzt sein soll. Dieser Bciratb soll die Regierung über alle Bedürfnisse der Latidwlrtbsckast stets auf dem Lausenden er halten und es auch verhindern, daß die Geschäfte gar zu bnrcaukratisch geführt werden. — Wie schon telegraphisch mitgetbcilt, wurde der Gehilfe des Gcncralstabschess, Generallieutcitant Welitschko, zum Milgliede des Kriegs ralhcS ernannt, mithin auf einen Ruheposten gestellt, und durch Gcncrallientenant BcnewSki, GeneralstabSchcs des Militairbczirks Kiew, ersetzt. Der Gehilfe des General stabschefs ist im Kriege stellvertretender Gencralstabs- ches und bat somit gerade in den russischen Verhältnissen die aus großartige Nachschübe von Reservetruppe» beruhen werden, eine äußerst wichtige Stellung, die i» Rußland etwa der eines im Lande zurückbleibenden KricgSministcrs gleicht Wahrscheinlich beruht diese Aenterung ans einer Zntrigue des Oberbefehlshabers in Kiew, General Dragomirow. Der be kannte Panslawistenheld wollte im Generalstab wieder den Einfluß gewinnen, den er einst als Tirector der Generalstabs akadcmie in so hohem Maße besessen, und so brachte er eine ibm besonders ergebene, wen» auch noch nicht auf dem Schlachtfeld, sondern nur am grünen Tisch geschulte Persön lichkeit in diese wichtige Stellung. Die Schwierigkeiten bclr. der bulgarischen Schulen i» Macekonicn sind durch die tclegrapbisch mitgetheiltcn Er klärungcn der Piorlc principiell beigclcgt. Zn den Fae tore», welche die türkische Regierung zu diesem Entgegen komme» veranlaßt haben, darf man auch daS warme Zntcr esse zähle», »>it welchem ein großer Theil der europäische» Presse sich der bulgarischen Beschwerden annahm, sowie die patriotische Bewegung, welche sich der die ausländischen Universitäten besuchenden bulgarischen Studenten chaft bemächtigt hatte »nd sich in Kundgebungen und Protesten Lust machte. linier Anderen batten auch die bulgarischen Ettidcntcn Leipzigs eine Resolution folgenden ZnballS an die bulgarischen Zeitungen versandt: „Die bulgarische» Studenten Leipzigs sind entrüstet und tief erbittert über die ganz ungerechte Bebandlung, welche die türkische Negierung den Bulgaren Makedoniens angcdeihcn läßt, und fordern die bulgarische Regierung auf. die geeigneten Schritte zu tbun und alle Mittel aiizuweiide», ui» den maccdonischcn Landsleuten die ihnen von den Vertrage» garantirtea Rechte zu erwirken." Zn Sofia glaubt man auch zu Witte», daß seitens einiger, Bulgarien freundlich gesinnter Mächte diplomatische Einflüsse am Goldenen Horn geltend gemacbl wurden, um die Pforte zu einem raschen Entschlüsse zu bringen. Schließlich wird man sich am Bosporus auch vor Augen gehalten baden, daß im Fürstcittkum Bulgarien über >'.o «)00 Mobamcdancr wobncii. Zn Sofia cmpsindct man lebhafte Befriedigung über die Wendung, welche die eine Zeit lang so ernst scheinende Frage genommen hat, und hofft, daß diese Befriedigung sich nicht als eine voreilige erweise» wird. Letzteres ist nicht völlig ansgcschlosse». cs bleibt vielmehr nach der principicllen Beilegung des Streits noch abzuwartcn, ob thatsächlich eine bessere Zeit für baS bulgarische Schulwesen anbrecheu wird, und ob die vielfach vorgckommencu Acte der Willkür eine genügende Renicdnr finden werden. Deutsches Reich. l'. II. Verlt», l. April. Die Mißstimmung in der Bürger schaft über die Kinanzwirtbschast im „Rothen Hause" ist eine ganz allgemeine, und wenn beute die Wähler zur Neuwahl der Stadtverordneten ausgerufeii werden mußten, so würde die Versammlung jedenfalls ganz anders als jetzt zusammengesetzt werden. Um nun zu zeigen, daß die städtische» Finanzen „rosig" sind, wie die Herren am StattrathStisch sich mit Vorliebe anszndrücke» pflegen, veröffentlicht der Magistrat eine Uebersicitt über das Kämmereivermögen. Danach betrug das Activvcrmöge» der Stadl am 3l. Mär; 1893 .»lO '»I4LtI .6 gegen 48«» »38 778 am April 1892, cs ist also um 2l 473 432 .6 gewachsen. Die Hauptposten in den Active» sind: Grundbesitz 344 llll3«> .6 gegen 331 118 01«) am l. April 1892, also mehr 12 933 089 .6 Wcrlb der Natural Material Betriebs-Bestände und Vorrätbc 102 099 132.6 gegen 97 722 31, .6 am l. April »892, also mehr 4 370 820: Werth des Mobiliar - ZnventarS, der Bibliotheken, Apparate und Sammlungen 32 708 l80 .6 gegen 3«) 315 0.3.'» .6, also mehr 2 393 174 .6 Die Passiven be trage» insgcsammt 2<i«4K088e» ^ gegen 210 301300.6 am l. April 1892, sind also um 20N9 53l .6 gewachsen. Unter den Passiven stehen natürlich weit oben an die Obligations schulten; sie betrugen 250 393 03«) .6 gegen 230 029 000 .6 Nach der Ailsstcllung dcS Magistrats soll also die Stadl Berlin am 31. März 1893 ein Vermögen von 2l4 033 333-6 gegen ein Vermögen vo» 239 677 412 .6 am 1. April 1892 gehabt haben, also ein Mehr von 1353 920 .6 An der Richtigkeit der Ausstellung ist ja nickt zu zweifeln, aber trotz derselben kann man doch schwerlich von de» rosigen Finanzen der Statt Berlin reden, denn die Grundstücke (RathhauS Feuilleton. Medea. Ein bürgerlicher Roman von Wilhelm Wolters. Nachdruck »crbote». 6j (Fortsetzung.) „Martha!" ries Paul und eilte ihr entgegen. Als Frau Reiche ein paar Minuten später cintrat, sab sie Beide Hand in Hand stehen. „Zck . . . ick . . . weiß gar nicht", stammelte sie, „was ick zu alledem sagen soll... es ist mir so überraschend, so plötzlich gekommen . . ." „Uns auch, Sckwiegermama! Uns auch!" rief Paul und küßte sie ans die Wange. Es klingelte. „DaS wird mein Mann . . ." „Ach. liebste Schwiegermama", schmeichelte Paul, dem cs längst klar geworden, wer hier der Herr im Hause war. „übcrbeben »sie mich der Notbwendigkcit, noch einmal alles zu wiederholen: daß Martda mich liebt, daß ich sic liebe..." „Za, ja", rief Frau Reiche und lies binauS. Ein kleiner, einmal dick gewesener Herr in etwas zu weitem Anzuge, mit dunkelem, an den Enden ergrauendem üotelettcbarle und unstetem, verdrießlichem Blicke trat rin. »Ich bin init allem einverstanden", sagte er, die .Hände wie zum Wasche» in einander reibend. „Meine Frau hat mir siboa Alles gesagt . . . wenn Sic meine Tochter ordentlich bmstellen können, bin ick mit Allem einverstanden ... laß »ur gut sein, Martha", wehrte er ab und trat an'S Fenster. „Ich glaube, ras Essen wartet im Nebenzimmer", wandte sich Paul an Frau Reicke. „Wenn Ihr mir erlaubt, sehe ich Euch zu; ich kann dock jetzt nicht gleich wieder gehen". „Erst müssen wir wobl auf die glückliche Verlobung an stoßen", erwiderte Frau Reiche, „ich habe Max schon in den Keller geschickt." Max, der neunjährige Bruder Martha'S, mit denselben Große» dunklen Lugen wie sie und eia wenig zu kurzen Hosen, brachte eine Flasche und drückte der Mutter den Rest deö Geldes in die Hand, welche» er vom Krämer an der Ecke beim Einkäufe dieses BerlobungswcinS herans- bekommen Kalle. „Hier, Max, mein Bräutigam", sagte Martha. Paul reichte ihm die Hand. „Wir wollen gute Freunde werden." „Wo ist nur meine Brille? Meine Brille!" unterbrach Frau Reiche, die vorher schon unruhig im Zimmer umber- gesucht hatte. „Zch bin so außer aller Fassung . . ." Paul lachte laut aus. „Also eine Brille, die Sie ver legen, haben Sie auch, Sckwiegermama! DaS ist ja köstlich! Bei mir zu Hause findet täglich eine Suche nach solchem Zn- strumcnte statt, nun wird die Verwandtschaft um ein krittes Exemplar vermehrt! Zch bade schon oft gcrathen, diese ewigen Ausreißer an rothseidcncn Bändern um den Hals zn tragen." Frau Reiche Überbörte absichtlich diesen wenig respekt volle» Excurs. Sic fand ihre Brille in der Küche, präscntirle aus einem Kaffeebreltc vier Gläser. Herr Reiche entkorkte mit dem Pfropfcnzieber seines Taschenmessers. Man stieß an, Max durfte auch einen Schluck thun, dann stellte Frau Reiche ihr Glas auf das Album, damit nickt etwa eine der drei Tischdecken einen Nothweinflcck bekommen möchte, und eilte hinaus. „Zch esse nicht mit, ich sehe nur zu", wiederholte Paul, ihr nachrusend. „Es ist Gewärmtes von gestern", entschuldigte sich Frau Reiche austragend. „Wißen Sie, Schwiegermama, was mir gleich zuerst mit am meisten an Marlba gefallen hat?" begann Paul, die feierliche Stille unterbrechend. „Nun?" „Daß sie mir offen und ehrlich eingestanden, die Marlilt sei ibre Lieblingstichtcrin." „Die Marlitt ist deck auch eine sehr vorzügliche Schrift stellerin", erwiderte Frau Reiche augenscheinlich pitirt. (Fortsetzung folgt.) 51! Ellida Silström. Roman von H. Palmö-Payjen. (Fortsetzung.) Nachdruck verdaten. Gerhard von Hochstedt drückte dem jungen Manne väterlich herzlich die dargereichic Hand. „Laß Dich daS nicht mehr kümmern", sagte er, „und willst Du mich recht erfreuen, sc laß Dich oster bei mir blicke». Wir baden unS in letzter Zeit nicht viel gesehen." „Wenn möglich — ja." Werner ging zögernden Schrittes bis zur Thür, wandte sich dort um und sah seinem Onkel nochmals ins Antlitz. „WaS ich sagen wollte —" „Nun, Werner?" „Du bringst wobl Deiner — Deiner Braut meine Grüße." „Zch sehe sie noch heule. Sie ist in die Familie Dclponda zurückgekebrt." Der junge Ossicicr schien auf die entgegnenden Worte kaum zu achten. „Sie hat mir barte, nicht verdiente Vorwürfe gestern Abend gemacht", fuhr er fort. „Du weißt ja jetzt, Onkel, wie das Alles zusammenbing — sag' ihr das noch einmal — und was ich ibr sonst angethan — durch Wort und Haltung — sic wird cS mir um — um Deinetwillen viel leicht verzeihen." „Ganz gewiß." „Nun also — Adieu denn —" Der junge Ossicicr warf, sich ausrasscnd, den Kops in jener ibm eigenen eleganten Weise zurück, wobei sich daS schwarze Haar von der scharf abgegrenzten Stirn verschob, was seinem Gesicht ein etwas verändertes Aussehen gab. Dem Intendanten erschien es wenigstens fremd und anders als sonst, bleich und erregt, er glaubte sogar die immer so better blitzenden braunen Augen des schönen Menschen »mflort, wie von Tkränen verdunkelt zu seben. 00. Capitel. Ganz anders wie Werner brnabm sich Herr v. Bracht seiner Familie gegenüber Ohne jede vorbereitende Schonung, bleich vor Wuth über den sich selbst angell,anen Schimpf, unterrichtete er dieselbe Nackt die zum Tode erschrockene alle Dame von den Geschehnissen des Abends und dem be vorstehenden Duell, und daß der Schlag, der Andere hatte treffen sollen, auf ihn selbst zurückgefalleii war. Den ganzen nächsten Tag, an den, Millwosck und Lowitz als Secundanten der beite» Herren die Angelegenheit ordneten, beschäftigte sich der Gutsherr von ZUcnstein ebne Rücksicht auf seine Tante mit Ziel- und Schießübungen, und bei jedem Schüsse, der dröhnend im naben Birkenhain verhallte, zuckte daS Her; der alten Frau wie getroffen zusammen, und blutige, schreckliche Bitter bewegten roraknend ihr aufgeregte Phantasie den nickt cndcnwolleiidc» Tag, die lange, schlaflos verbrachte Nacht. Mit diesem Neffen, wenn er siel, würde sie ja Alles verlieren, was sie mit dem Lebe», der Welt noch verknüpfte: ohne ib» würde sic eine verlassene, vo» Niemand geliebte Frau sein aus der einsamen Scholle Erbe, von der sie ein» erbarmungslos den Erben vertrieben. Furchtbar rächte sich ibr Hochmut!«. Die Schwäche» ibrcs CbarakterS wurden ibr Schicksal. Selbst das Entsetzlichste konnte nickt ibren starren Sinn, ihr Herz weich mache». Zwar neck lebend, dock tödtlick getroffen, wurde ibr an dem entscheidenden Tage der Neffe zurückgebrackt. Er batte mit Blut die von ibm selbst besteckte Ehre seines Hauses abgewaschen, das war und blieb sein einziges Verdienst »ach einem müßigen, vcr schlemmten Leben. Gab eS sür diesen kleinen Geist vor dem Erlösche» eine Genugthuung, so war eS daS Bewußtsein, den Gegner schwer getroffen zu habe». Werner batte eine schwere Verletzung am Kopse erhalten Sein Leben stand in Frage lange Woche» hindurch Als er »ach langer LeidenSzeil genas »nd wieder ins Leben und in andere Vcrkältnisse «rat, war auS dein leichtfertigen Züngiing ein Mann geworden, der den Wertb der flüchtige» Zeit, die heiligen Pflichten des Daseins ;n begreifen ansiug und daS, was i» ibm Gutes und Kraftvolles lag. zum WachS- thum und zum Blühen zn bringen sich bestrebte («chluß folg» ) l
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