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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 17.04.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-04-17
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940417029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894041702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894041702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-04
- Tag1894-04-17
- Monat1894-04
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111,— 100,- »7« I0ZL» 19329 2V,— 118.75 89- 113.59 31,— 75.— 89.90 113,— 119,- 99.50 274,- 179,— 159,— 132.50 315,— 70,- 344.50 35,53 190,— «7.- III,— 64,— 232.— 10S,— 90,— 385- 192,- 195,- 51,50 138.— 130,- 86,- 339,- 56,— 37,75 9350 98,- 35.- 81,2a 80,sa 183,45 318.10 318.80 ii». 158 89 142,— 115 30 78 79 89', 3854 138 136,90 189 40 144 10 98 — 291'. 159,5a 137 40 65,89 136.50 130,3V 132 — 144 — »äitLirieu rse.) 133.80 147.50 137- 121,30 83 67,- 76.10 76,19 87,70 138 50 84,40 197.- II» 99 134,— 159,- 132,- 8459 18370 31959 14185 llei 76,39 mir 715 310« 3969 - 34415 38159 108,25 339,- 198 - 73,70 315,- 103,59 81,13 j 134,99 4963', 9,92', 81,13 1.34>« 133 59 190,- »bglui »Li 5, c»> 537 . »2 — S3I 153'« 272 116'« Bezug-PreiS U h« -auptixpedittoa odrr deu im ktudr- tmtrk uub d«, Vororten errichtete» Au«, mbestekle» ,bge holt: vierteljährlich ^44.ü0, lei jweimoliorr täglicher Znstelluug ins hau- » ü.50. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteljährlich F 6.—. 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Als Hauptredner sür die Jesuiten trat Herr Liebknecht aus, der denn auch, aufrichtiger alt dem Centrum lieb gewesen sein mag, hcrauSsagte, um was es sich im Grunde handelte: um die Beseitigung eines der Schutzwälle, welche in besserer Zeit um das junge Reich errichtet worden sind. Daß der Jurist und Lotksmarm Leuzmann an dem erst vor wenigen Jahren in tem Ambcrger Erbschleicher- und Meineidsproceß gekenn zeichneten Orden kein Febl entdecken kann, verstand sich bei dem Wortführer der Hörigen des Ccntrums von selbst, Biel bemerkcnSwerther als dieses Ja ist das Nein, zu dem Herr Richter sich bemüßigt sah. Es entspringt der Einsicht, daß die protestantische Welt den Beschluß des Reichstages als einen Schlag inS Gesicht empfindet, der bei den nächsten Wahlen nicht verschmerzt sein wird. Diese Einsicht ist hoffentlich auch beim BundeSrath vorhanden. Eigenthümlich muß es freilich berühren, daß der Herr Reichskanzler, der doch dieser Tage gegen den Initiativ antrag des Grafen Kanitz so energisch Stellung nahm, ob gleich die verbündeten Regierungen zu diesem Anträge noch ebensowenig Stellung genommen hatten, wie zu dem Jesuiten- antrage des Centrums, der gestrigen Bcralhung sich fern hielt und daß auch keiner seiner BundesrathScollegen sich veranlaßt sah, die Illusionen dcS UltramontaniSmuS wie die Sorgen der protestantischen Welt zu beseitigen. Aber der .neue Curs" kann sich unmöglich darüber täuschen, daß er sich bei der überwiegenden Mehrheit des deutschen Volkes durch nichts so sehr compromittiren würde, als wenn er den von der jetzigen RcichStagsmehrhcit begonnenen Versuch, Deutschland unter das caudinische Joch des UltramontaniSmuS zu führen, vollenden wollte. Trotz deS glättenden OeleS, das der Jesuitenantrag auf die Wogen des Kampfes in der Ventrumspartci gegossen bat, dauert dieser Kamps in der ultramontanen Presse fort. Ein Tbeil dieser Presse fordert mit der „Deutschen Reichsztg." Herrn Lieber auf, „über den Sinn seines räthselhasten, wohl nur ihm allein verständlichen Dictums von „Fulda und Rom" eine öffentliche Erklärung abzugcbcn. Ein anderer Thoil mit der „Germania" an der Spitze versichert, daß dieCentrumS- sraction bei ihren Abstimmungen in rein politischen und wirth schaftlichen Fragen weder vorder, noch in jüngster Zeit sich von Rücksichten aus den deutschen Episkopal oder den Papst babe leiten lassen und auch in Zukunst dies nickt tbun werde Einem dritten Theile endlich mißfallen diese Versickerungen, die indirect dem Papste und den Bischöfen das Recht zur Einwirkung auf das Centrum in politischen Angelegenheiten bestreiten. So schreibt die „Westsäl. Volköztg.", dasselbe Blatt, an dessen Redacteur Herr Lieber den verhängnißvollen Brief gerichtet hatte, es könne keinen Gefallen an solchen Versicherungen finden, und fährt dann fort: „Tiefer wollen wir heute nicht auf die Frage eingohen. Aber die richtige Art und Weise, eine Rücksichtslosigkeit im Princip aus Papst und Episkopat und für den gewöhnlichen Mann folgerecht auch auf die Geistlichkeit im Allgemeinen vor Europa so zn procla- mireu, ist es nicht. Wir könnten fragen, ob die Herren, welche der- artige Sätze schreiben und verbreite», jene Zeit ganz vergessen haben, i» per das Centruin und die Centrumsblätter durch die Hirtenbriefe unserer hochwürdigsten Herren Bischöse und di« ihnen angethanen Leiden so stark und groß geworden ist." Hier wird also daran festgehalten, daß daS Centrum auch in rein politischen und wirthjchaftlichen Fragen nach „Fulda und Rom" zu blicken habe. Wenn außerhalb Ungarns vielfach die Meinung berrscht, daß den Tbeilnabmekundgcbungen deS Ungar- volle« anläßlich des Todes Ludwig Kossuth'S eine politische Bedeutung bcizumcssen sei, so wird diese von uns mehrfach widerlegte Auffassung von mitten im politische» Leben deS Landes selbst stehenden Persönlichkeiten überein stimmend als völlig unzutreffend bezeichnet. Die Kundgebungen für Kossuth waren an sich ausschließlich privater Natur und kalten mit politischen Erwägungen irgend welcher Art nichts zu schaffen. Die Nation bat in Kossuth weder den Politiker, noch den Agitator, sondern nur den hervorragenden geistigen Factor, einen der größten Männer, den die ungarische Raffe hervorgebracht, der ein Alter von 92 Jahren erreicht und bis in die allerletzten Augenblicke bei seltener GcisteSsrische war, feiern wollen. Die Politik blieb für den ungarischen Patrioten dabei ganz aus dem Spiele. TaS großartige Ge folge beim Lcichenbegängniß wurde auS den dem Kerne des Volkes angchörigcn Gesellschaftskreisen gestellt, welche weder demonstrirtcn noch poiitisirten, sondern nach Schluß der Be- stattungsceremonie in derselben Ordnung, wie sie hinter dem Sarge einhergeschritten waren, den Heimweg cinschlugcn. „Man kan» zugcben" — so schreibt das Organ der aemeinjamen Armee, das Wiener „Armceblatl", in seinem Leitartikel über die jüngsten Vorgänge in Ungarn —, „daß Dank der Haltung der ungariichen Regierung, der ungarischen Behörden, der Pester Porta, menlsmajorität und des besonnenen, maßgebenden Theiles der Be. volkerung wahrend der ganzen Bewegung nirgends ein antidynastvchcr, nirgends ein staatsfeindlicher und nirger.ps ein militairseindlicher Zug bemerkbar wurde." Wenn daS „Armecblatt" an den Vorgängen beim Tode und Leichenbegängnisse Kossuth'S, Vorgänge, bei denen das An sehen und die Empfindungen der höchsten Stelle in der österreichisch-ungarischen Monarchie in erster Linie im Auge behalte» werden müssen, nichts auSzusehe» findet, so ist daS gewiß ein klassisches Zeugniß dafür, daß daran überhaupt nichts auszusetzcn war. Das wird man insbesondere auch im Auslande beachten müssen, soweit letzteres sich durch tendenziöse Berichte zu unrichtigen Schlüssen hat verleiten lasten. Daß mit allen Mitteln der Verhetzung der Versuch gemacht worden ist, die großartige Thcilnahme deS Ungarvolkes bei den Kossutbfeiern zu antiösterrcichischen Demonstrationen auS zubeuten, läßt sich im Hinblick auf die tumultuarischen Vor kommniffc i» Pest am 22. und 2.1, März ja nicht leugnen, ebenso wenig aber, daß eS bei diesem einen, belanglosen Pöbel Exceß, für den die Nation als solche nicht verantwort lich zu machen ist, sein Bewenden gehabt hat und daß mit hin der Versuch, der Kostuthbcwcgung eine politische Wendung zu geben, als vollständig gescheitert betrachtet werden muß. Der Kern der ungarischen Bevölkerung ist der österreichischen Dynastie treu und steht den Agitationen der Unabbängigkeits Partei fern; gerade das ist es, was die Kossuthtagc zur ge schichtlichen Tbatsache erhärtet haben. verschärfter Polizcimaßrrgeln gegen agitatorisch^ AuS- chrcitunzen gesübrt haben, erscheint am Ente die Stunde nickt mehr fern, wo der „Vorwärts" und Tutli >,usnti den Spieß umkehren und den freiheitlichen Einrichtungen Deutsch lands :c. ein Loblied anstimmcn. In der Berner Polizei- Verordnung beißt cs: „Art. 1. Wer während eines Streiks darauf auSgeht, durch Wacheslehen oder sonstwie Arbeiter, Arbeitgeber, Publicum oder Behörde» zu belästigen, oder Arbeiter oder Arbeitgeber a» der Aus übung des Berufes zu verhindern oder durch Drohungen einzu- chüchlern, ist in Arrest z» setzen und mit Gefangenschaft bis zu drei Tage», womit Buße bis zu 200 FrcS, verbunden werden kan», zu bestrafen. Borbehalte» bleibt die Anwendung aiiderer Gesetzes«»» Ichrislen, die durch solche Zuwiderhandlungen bcrükrl werde», sowie die Geltendmachung civilrechtlicher Anjprüchr sür den durch solche Zuwider- bandlungen zugesügte» Schaden, — Art. 2. Tie städtischePotizei- direclion erössntl dem Zuwiderhandelnden eine angemessene Strafe »nd vollzieht dieselbe sofort, insofern er sich unterzieht: ist dieses nicht der Fall, so findet Zuführung an Len Regierungsslotthalter und Hebe» weisung der Acten an denselben zu Händen des Polizeirichters statt, — Art. 3. Landcsireuldc Personen sind nach ausgeslandener Strafe an den Rkgierungsstaltballer zum Zwecke des Heimtrans- Portes, resv. zu polizeiliche,. Ausschassung zu überweisen," In ähnlicher Weise heißt cS m der Züricher Verordnung: „Es ist insbesondere polizeilich einzuschreilen in den Fällen, wo Streikende, statt sich aus das Mittet der Ueberredung und erlaubten Einwirkung zu beschränken, sortarbeitendc Genossen mit Gewalt- thäligkcit bedrohen; ferner wenn Streikende i» gleicher Absicht sich in Werkstätten oder Baustellen eindrängen: wen» sie sonst Handlunge» begehen, welche zu Gewaltthätigketlen, Verkehrs, und Ruhestörungen »ihren könnten oder würden." Die Ministerkrise in Ägypten ist rascher beendet worden, als man vor einigen Tagen annchmen konnte. DaS neue Ministerium, an dessen Spitze Nubar Pascha steht, ist anscheinend auf Grund eines Compromisses zwischen dem Wie lange wird eS noch dauern, bis die Social demo traten die ehedem so hochgcpriesene „freie" Schweiz zu den „reactionairen Polizeistaaten" werfen! Die immer als Muster hingestellten „freiheitlichen Institutionen" der Eidgenossenschaft baden allmählich in Len Augen der Umstürzler fast allen ihren Glanz verloren, und die kürzlich erfolgte An nahme des Aiiarchistengesetzes seitens des Berner Nationalraths hat nun gar dem Faß den Boden ausgcschlagcn. Ja, nachdem die jüngsten Arbeiterstrciks in Zürich und Bern zum Erlaß gkjtändniffe gemacht Pascha ist jetzt 09 Jahre alt und hat seit mehr als dreißig Jahren in Egypten eine hervorragende Rolle gespielt. Die Verhandlungen über den Bau des Suez-Canals und über die Regelung der Stellung Egyptens zur Pforte, sowie die Einführung "der gemischten Gerichte und die Finanzreform find mit Nubar's Namen auf das Engste verknüpft. Schon im vorigen Jahre wollte der Khedive ihn an die Spitze der Regierung stellen, allein der Vertreter Englands erhob dagegen Einspruch, weil die Berufung eines Christen — Nubar stammt aus einer armenischen Familie in Smyrna und ist in der Schweiz und Frankreich erzogen worden — ein bedenkliches Wagniß wäre. Der wabrr Grund deS englischen Widerspruchs war natürlich ein anderer. Der junge Khedive hatte einen Günstling der Eng länder, Mustapba Fehmi, zum Rücktritt gezwungen und versucht, einen Mann seine« Vertrauens und entschiedenen Gegner der englischen Reformen, Fakhri Pascha, an die Spitze der Regierung zu berufen, ohne vorher Lord Cromer befragt zu haben. TaS glaubte die englische Regierung nicht dulden zu dürfen und zwang den Vicckönig, nickt bloS von Fakhri Pascha, sondern überhaupt von einem Mann seiner Wahl, also auch von Nubar Pascha abzuschen. Auf diese Weise kam Riaz Pascha wieder anS Ruder, obgleich derselbe noch zwei Jahre vorher in Folge eines ConflicteS mit den Eng ländern das Ministerpräsidiiii» niedergetegt batte. Riaz ist Alt-Türke, allein die Engländer glaubten sich mit ihm besser verständigen zu können, als mit einem der Vertranten des Khedive. Es heißt nun, daß Lord Cromer zur Berufung Nubar Paschas, gegen dessen Person die Engländer natürlich nichts cinzuwenden haben, seine Zustimmung unter der Bedingung gegeben habe, daß der Khedive an ihn (Lord Cromer) ein A»zeige»Preis die 6 gespaltene Petitzeile 20 Psg. Ne et amen unter dem Redaetton-strich (4«2« jpattenj bO>H, vor den Familieuaachrtchk» (Sgejpalteu) 40 Größere Schriften laut unterem Preit- »erzrichaiß. Tabellarischer and Ziffer»! »tz uoch höherem Tarif. Extra-Beilage,, (gesalzt), aur mit de« Piorgen-Ausgabe, ohne Postbesörderuug 60.—. mit Posidesörderung >4 7V.—. Aanahmeschluß für Auzeizra: Abend-Ausgabe: Vormittag- 10 Uhr. Marge n-AuSgabe: Nachmittag« 4 Uhr. Sonn- und Festtags früh V,S Uhr. Bet den Filiale» uud Annahuiestellra je et« halbe Stunde früher. Anzeige« find stet« an die GxheDitia» zu richten. Drnck und Verlag von E. Bolz io Leipzig. 88. Jahrgang. Schreiben mit dem Ersuchen richte, die Ernennung Nubar Mascha« z»m Ministerpräsidenten trotz der früher geltend gemachten Eiuwentuiigeii gut zu heißen. Ob der khedive sich hierzu verstanden hat. weiß man noch nicht, doch ist der .'roclamirung de« neuen Ministeriums eine mündliche Derab- ccdung vorauSgegangcn. In dem neuen Cabincl sollen Freunde und Gegner England« — Mustapba Fckmi und Fakhri — friedlich nebeneinander sitzen. Ob sich diese Combination bewähren wird? Die Londoner Blätter glauben daran und begrüßen daS neue Cabioet mit lebhafter Befriedigung. indem sie gerade die Thatsache, daß Fakhri Pascha in dasselbe cingetrcten ist, als eine Bürg- ckast dafür betrachten, daß der von England gepflegte „VcrsöhiiungSgeist" seine Macht auch an den ausgesprochenen Gegnern deS britischen Einflusses bewährt habe. Der Khedive babe »ock i» letzter Stunde ecngclenkt und werde künftighin der englischen Controle keinen Widerstand mehr leisten. Wir vermögen diesen Optimismus nicht zu theilcn, die Zusammen koppelung ist doch eine zu unnatürliche und trägt den Keim neuer Zwistigkeiten in sich. Aber auf diese wartet ja Eng land nur, »m url>i ot orki zu beweisen, daß eS so nicht länger sortgebcu könne. Man habe, wird man dann argumcniircn, dem Khedive sogar soweit nachgegeben» daß man einen Fakhri Pascha in daS Cabinet habe eintreten lasse», und dock beharre derselbe aus seinen Sclbstständig- kciiSgelüsteii, folglich müsse der Khedive im Interesse deS Landes abdauken. So oder ähnlich argumentirt man Egypte» schließlich in den großen englischen Colouialsack. Deutsches Reich. * Vrriin, Ui. April. Bei der namentlichen Abstimmung über den Antrag Kanitz stimmten am Sonnabend für denselben: .37 Conservative: Bobtz, Frhr. von Buddenbrock, v. Dallwitz, v Dewitz, Gras zu Dohiia-Schlodicn, Graf Douglas, v. Gcrlack, Geschcr, von der Grocben, v. Gustedt, v. Hammerslciii, Hausse, v. Herder, v. Holleuffer, v. Jagow, Gras Kauiy, v Kleist Retzow, v. Leipziger, Graf zu Limburg-Stirum, Frhr. v. Maltzan Mvlzow, v. Manteuffel, v. Massow, v. Normaun, v. Ploetz, Gras v. Roon, Rolher, Sachße, v. Salisch, Frhr. v. Saurma, Schall. Gras Schwcrin-Locwitz. Steppubn, Strob, v. Viereck, v. Werdeck, Will. v. Winterseld; 6 Antisemiten: Haenichen, I»r. Hahn, Lieber (Meißens Liebermann v. Sonncnbcrg, Werner, Zimmer- mann: 3 Bayerische Bau er nbündler: Bachmeir, Bruckmayer, Hilpert. Gegen den Antrag stimmten von de» Conscrvativen: v. Levetzow, Gras v. Schliefscn Schlieffenbcrg: 30 Mitglieder und Hospitanten der Conscrvativen unk 11 Antisemiten fehlten bei der Abstimmung. Die ablehnende Mebrheit von 139 Stimmen setzte sich zusammen aus 03 Klerikalen, 3l Nationallibcrale», 21 Socialdcmokrate», je 12 von der Freisinnigen Vereinigung und Freisinnigen VollSpartei, 3 Polen und RcichSparteilern, 2 von der Süddeutsche» Volkspartei, 2 Conservativcn, je I Welsen, Dänen und FractionSlosen (Fürst zu Fürstenbcrg). * Berlin, Ui. April. Tic Commission sür das Bürger liche Gesetzbuch bat sich in den letzten Tagen mit der Bcrathnng der Bestimmungen befaßt, welche sich auf die Entziehung der väterliche» Gewalt beziehen, und dabei im Gegensatz zu dem ersten Entwürfe fick dahin aus gesprochen, daß eine Entzieh»»^ auch statthaft sein soll, um eine sittliche Verwahrlosung der Kinder zu ver hindern, also nicht lediglich dann, wenn den Inhaber r vewoker V«-i>4cu»", »U, 4r«i Feuilleton. Medea. Lin bürgerlicher Roman von Wilhelm Wolters. (Nachdruck verboten.» ISj (Fortsetzung.) „Mama!" . . . Anita athmcte tief. „Mama, ich habe Dich niemals in meinem Leben um etwas gebeten, außer vielleicht, als ich noch ein Kind war . . ." „Was soll da« bedeuten?" .Heute ... ich bin kein Kind mehr. . . heute stehe ich Dich an ... ich flehe Dich an, versage mir die eine Bitte nicht, wir müssen fort, rasch fort von hier . . . „WaS ist daS für eine tolle Laune?" .Kein: Laune . . . nicht« hält Dick hier, wir können nach Irland, zu Deinem Onkel nach Kinastown, oder nach der Schweiz oder wohin Du magst, nur fort von hier, morgen ist Cläre Förster « Hochzeit, übermorgcn wollen wir reisen . . ." „Warum denn um Alles aus der Welt? Das ist ja un möglich!" „Nein, cs ist nicht unmöglich, und wenn eS unmöglich ist", fuhr Anita flammend fort, „dann . . . dann stehe ich für nicktSÜ . . . Warum? . . . Laß mich's kurz machen ... ich liebe . . . eine sündige Liebe . . . darum muß ich fort von hier . . ." „Bete zu Gott, Kind, daß er Dir beistebe . . ." „Ich kann nicht beten!" rief Anita wild, „ich kann nicht. Zu spät isl'S zum Beten, zu spät . .. willst Du, daß ich ... daß ich . . . zur Ehebrecherin werde ... so bleib' . . ." „Barmherziger Vater", flüsterte MrS. Maxwell, „verzieh ihr, sie weiß nicht, wa« sie spricht . . . Nun, so wollen wir reisen . . ." „Ich danke Dir." Und rum ersten Male in ihrem Leben Warf sich Anita an die Brust der Mutter. ' „Ts ist gut", sagte diese. Anita trat zurück. Mrs. Maxwell klingelte. Nursey kam. „Sage Miß Herrmann morgen früh, daß wir am Freitag «retten. „Ja . . . bereite Alles vor." Mrs. Maxwell schlief schon lange, und Anita lag fiebernd mit offenen Augen im Bett, Nursey aber wanderte noch immer aus ihrer Kammer nach der Küche und auS der Küche nach ihrer Kammer zurück. Auf dem Tischchen des Vorsaalcs lag Anita s kleiner runder Strobhut. Nursey setzte das Licht auf den Tisch und murmelte einen Fluch, einen wilden, bösen Fluch in den rauhen Gurgcllauten ibreS Volke-, Ihre großen Augen hatten nichts mehr von Milde, nickt- mehr von Wch- mutb, zornig riß ihre braune Hand daS Endchen der bunten Feder aus dem Scidenbande heraus und hielt cs in die Flamme, das eS knisternd ausloderte. Bis zum letzten Stückchen, ob ihr auch die Finger säst brannten. „Eine Pfauenfeder! Und sie wollen mir'S nicht glauben, daß sie Unglück bringt . . XXI Als Martha am anderen Morgen, noch müde von dem gestrigen Spaziergange, später als gewöhnlich ausstand, war Paul schon in die Stadt gegangen, um mit einem Vetter Karl s Zeuge der standesamtlichen Trauung zu sein. Martha kleidete sich langsam an. Da, vor Paul'« Bett schimmert ein kleiner, weißer Fleck. Martha bückt sich. Ein vertrocknetes Rosenblatt. Sonderbar. Wie kommt daS hierher? Es ist Martha, als ob in letzter Zeit irgend einmal von einer weißen Rose die Rede gewesen sei, aber sie kann sich nicht entsinnen, wo und wann. Nun, es ist ja auch einerlei. Sie öffnet da« Fenster, legt da- zusammengerollte Blättchen aus die flache Linke und blast eS lächelnd fort, hinaus in'S Freie. Gut, daß Paul dies nicht gesehen, denkt sie, sonst würde er wieder über meinen Aberglauben schelten. Bei strahlendem Sonnenschein fuhr der kleine HochzeitSzug im offenen Wagen durch die wogenden Felder hinaus nach der Kircke. Karl und Cläre voran, dann Mutter Förster und Tante Lina und die beiden verwittweten Cousinen von Karl« Mutter, die er Tante nannte, im dritten der Vetter Forst assessor, der Soda der einen jener Beiden, und Paul, ihnen gegenüber Martha und Anita. Eine feierliche Steifheit lähmte die Unterhaltung in diesem leyien Wagen trotz Sonne »nd Sonnenglan;. Anita biß fick aus die wunden Lippen, wenn sie Paul s ober Martha « Blick ans sich gerichtet glaubte, und Paul zählte die vorübrrziehrnden Feldsteine am Straßengraben. Nur Martha konnte ein frohe« Läckeln nicht ganz unterdrücken, ihr war so wunderbar leicht zu Sinn, sie wußte selbst nicht warum, aber sie durste eS doch nicht zeige», daS hätte ja Paul gekränkt, stumm blickte ic deshalb zur anderen Seite des Wagens hinaus. Ver geblich beinübte sich der Forstassessor, liebenswürdig zu sei»; es ist der Schmerz der bevorstehenden Trennung, die über ihnen liegt, dachte er und schwieg auch. Nur wenige Zuschauer auS dem Dorfe stände» in dem rosenüberwachscnen Gottesacker; denn eS war Wochentag. Von ihren Freundinnen hatte Cläre Abschied genommen, heute wollte man die kurzen letzten Stunden allein sein. Zwischen den niedergesunkcnen Kreuzen, über alte Gräber- platten schritt man dahin. Drüben, jenseits der Elbe blinkten die Berge — dort war man gestern gewesen ... Anita sah aus den grasbewachsenen Weg nieder. Durch daS goldgelbe Glas bock oben an der Bekrönung der Altarwand, das goldene Auge GotteS, quoll die Sonne herein in daS buntbemalte alte Dorskirchlcin, und die ver blaßten Farben an den Emporenbrüstungen und an der hol; getäfelten Decke, der Einzug in daS gelobte Land, die Männer mit der Weintraube und Jakod'S lange Himmelsleiter und Jcricho'S wankende Mauern und die Posaunen schimmerten freundlich und hell. In einem breiten, warmen Streifen strömte sie auS dem milden Auge Gottes herein, die LebenS- spenLerin, und taufend flimmernde Stäubchen tanzten in ihrem Lichte. Uebcr Gute und Böse scheint sie, dachte Anita. „Seid getreu bis in den Tod!" mahnte des jungen Pastors gütcvolle Stimme, und eS war Paul, als sehe Jener ihn an, gerade ihn, aber er hielt den Kops fest und un beweglich und starrte aus den blitzenden Knopf des Tauf beckens vor ihm. Nur ein kurzer Imbiß wurde im Gasthose drunten ge nommen, unter einem Nußbaum im Garten hinter dem Hause, eben so kurz sollte der Abschied sein. „Wir kommen alle Jahre herüber", sagte Cläre unter Thränen zu den beiden weinenden Alten. „Im schnellsten Schiffe kommen wir, Karl hat'S versprochen." „Ja, da« habe ich» Mütterchen und Tante Lina, und ich werd « halten." Wie ein Rutbenstreich brannte der Abschiedskuß auf Anita « Lippen, sie hätte taut ausschreien mögen, mederknirn vor ihr, ihr die Schuhe küssen und sie um Vergebung flehen, sie, die fi« so um sich selbst betrogen, und doch konnte sie e- nicht. „Aus Wiedersehen am anderen Ufer", sagte Cläre. Anita nickte stumm. „Adieu, Paul, von Dir werden wir Wohl viel kören .. Paul schwieg. Der Boden wankte unter ibm. „Adieu, Martha. Grüße daS Kindl noch einmal." Und die Beiden rollte» davon, lustig knallte die bunt« bebänderte Peitsche, und die Pferde schwenkten die Kopse. Noch ein Wckcn de- Taschentuchs, nu» verschwand der Wagen hinter den Erlen. „Heute Abend sind sie schon in Berlin", sagte Mutter Förster traurig. „Und morgen in Hamburg und übermorgen aus dem Wasser und in acht Tagen drüben", seufzte Tante Lina. „Ja, in acht Tagen drüben", wiederholte Paul. Bald subren die übrigen Wagen dein ersten nach. Karl s Tanten, der Vetter und Anita in dem eine», Frau Förster, Tante Lina, Martba und Paul in dem zweiten. Dann trennten sich auch die Wege dieser. Paul brachte Mutter und Tante »ach HauS und ging zu Fuß mit Martha daS kleine Stück nach der eigenen Woknung zurück. XXII Müde schlich Paul durch die Zimmer, er wußte nicht, WaS beginnen. „WaS wird nun ?" ... Wie zwei Verbrecher batten sic einander gegenüber ge sessen, er und Anita...Wann wird er sic Wiedersehen, wie Wiedersehen? WaS dann ? ... WaS dann ? .. . Und drüben in ihrer Stube sein Weib, da- Weib, das ihn liebt, daS ibm ganz vertraut .. . Und sein Kind dort... Luft. Luft... nein, es ist nickt auszubaltcn zwischen diesen Mauern ... hinaus, Leben, Menschen, Bewegung, diese Ruhe, diese Stille tödtet, macht wahnsinnig ... Vielleicht auch ... trifft er sie ... Die Arbeit kann warten, beute ist kein Arbeitstag. Er nabm den Stoß von Zeitungen und Briefen, die im Kasten staken »nd warf ibn auf keinen Schreibtisch. Nicht- als Drucksachen, ein paar Besprechungen seines letzten Roman- ... was kümmern ihn beute Besprechungen? Laß sie loben, laß sie schimpfen, einerlei . . . Ein Stadtpostbrief . . . Friedrich Remberg . .. eine GeschäftSanprcisnng jedenfalls ... nein, eine Rechnung? . . . Liiderlicke Wirtschaft? Schon zum zweiten Male solch doppelte- Mahnen, nachdem längst bezahlt ist'. Paul öffnete die Thür zur Kiudrrstude. Martha blickt« vou ihr» Stickerei aus.
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