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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.04.1894
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-04-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940424016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894042401
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894042401
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-04
- Tag1894-04-24
- Monat1894-04
- Jahr1894
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tloueii. o « s. 8 tttell U.rk l. ,V »0. »0 ,v. 8 tU«K n»«e »o »v :k »o »L »Q »0. . »v ««« t. »I«A .«. u»ro Bez-gS-Preis M >« Hanptexpchttloa oder de» im Stadt« Hmtri »ad den Vororten errichtete» La»« Astete« abaeholt: vierteljährlich M «oeimaltoer tügllcher Znftellnng tu« Ventil b-vü. Dnrch di« Post bezogen für re-rfchl-ad »ad Oesterreich: vierresiadrlick -I 8—. Direct« tägliche Krenzoansjendeiig vumaütch ^ 7^0. Morgen-Ausgabe. Di« M»rg»n-L»<gabr erscheint täglich V,? Uhr. dt» «bmdchlntgabe Wochentag« b Uhr. Lü«tt-« «u- Lrveditiou: Lstztnuustgaß« 8. ttt» «««»'« vnrti». (Nlfrrst -<ch»1tz Uuiversitüt-jtraß« Ö SM»» Asche. ich p^z RG>lg«»i«H 7» Wgcr TaMatt Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- and Geschäftsverkehr. AazeigeN'PreiS die 6 gespaltene Petitzeile SO Pf-. Nrclomea »ater dem Nedactionsftrich («>» fpolte») bO--> vor den Famtliennachrlchd» (6g,jpalt»»j 40^. Größer, Schriften laut uuf«r«a PrniS- »«zeichniß. TaoeLarijcher und tzissttustch »ach höhere« Tarif. Srtra-Beilagen (geklzt), »»r mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesördenrng a« öo.—» mit Postbeforderung 7V.—. Aanahmeschlnh fnr Anzrigra: Nbend-Batgabe: Vormittag« 10 Uhr. Morgen-AuSgab«: Nachmittag« «Uhr. Sonn- and Festtag« früh '/,9 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestelle» je ei« halb« Stund« früher. Anzeige« find stet» a» di« Egstedtti<» zu ri cht eu. Drnck und Verlag von L. Polz i» Leipzig. Dienstag den 2t. April 18S4. 88. Jahrgang. Amtliche Bekanntmachungen. Bekanntmachung. Di» die<jihrig« Ostermesfe endet mit dem 28. April. A» diesem Lage sind dir Buden and Stände auf den Plätzen der tuaerrn Stadt bis 4 Uhr Nachmittag« vollständig zu räumen, toührrud der» Entfernung bi« spätesten« 8 Uhr Morgen» de« 29. April stattzufinden hat. Di« «es dem AuguftuSplatze und ans den öffentlich» Wegen »nd Plätze» der Barftadt befindlichen Bub» und Stände sind vi< Abend« 8 Uhr de« 28. April zu räumen and in der Zeit »om 29. April bi« mit 2. Mai, jedoch lediglich während der kt»den vc» S Uhr Marge,« bi» 7 Uhr Abend«, abzubrechen nud wegzllschafien. Bor dem 29. April darf mit de« Lboruch« der Bude» und Stände auf dem AugustuSplatz« nicht begonnen werden. Dagegen ist e« gestattet, Bude, und Stände aus dem Roßplatzr, velche vor Beendigung der Mess« leer werde», früher abzubrkchcu und weazuschasfen, sofern nicht dadurch Störuug de« Berkehr« oder Brnachtheillguog de« Geschäft« in den stehenbleibendea Bud» herbei geführt wich. ES bleibt «nch diesmal nachgelassen, di« Schaubuden aus dem König«., Roß- und Fleischerplatz«, sowie diejenigen Stände daselbst, «» Welchen nnr LehroS«ittet fetlgestate» werden» noch am 29. April geöffnet zu halt». Die Schaubuden, sofern sie auf Schwellen errichtet, iugleich» dir Corrouffel« und Zelt« find bis Abend« 11 Uhr de« 1. Mat die Buden aber, rücksichtlich der» da» Eingraben vou Säul» und Streb» gestattet und eine längere Frist zuin Abbruch« nicht besonder« ertheilt worden ist, bis längsten- den b. Mai Abend« 8 Uhr abzubrechea und von den Plätzen zu entferne». Zuwiderhandlungen gegen diese Vorschriften, für deren Befolgung neben de» Staudiuhabern und Schaustellern auch die betreffende» Bauhandiverkrr oder Bauunternehmer verantwortlich sind, werde» mit Geldstrafe bi» zu lüO oder entsprechender Haft geahndet werden. Uebriaea« haben Säumige auch die Obrigkeit« Wege» »» ver fügend« Beseitigung der Buden zu gewärtigen. Leipzig, am 18. April 1894. „ Der Rath »er Stadt Seist»»«. H. 3886. l>r. Georgt. Stahl. Ausschreibung. «e»ba» «rassl-Museu» t« Lrtst»,, betr. Die Herstellung und Anlieferung der Glasrrarbeite» Loos I für ha« Grasfi-Museum soll vergeben werden. Di« Arbeit-Verzeichnisse und speciellea vedinguna» kSun» bei unserer Hochbau-Verwaltung Rathhau« 2. Obergeschoß Zimmer Nr. b gegen Porto- und bestellgeldfreie Eiusendung von I ^tl 50 -L. welche auch in Briefmarke» erlegt werden können, bezogen oder kostenlos riugesehen werden. Nähere Auskunft über Ausführung rc. wird im Baubureaa de« Grasfi-Museum« an der Kramcrstraße ertheilt, woselbst auch Probe- seuster »ur Ansicht ausgestellt sind. Di« Sagebote si»d versiegelt u»d mtt der Aufschrift: „Grasfi- Museum, Herstellung der Glaserarbeiten Loo« I betr." bi« zum 4. Mai d. I. Vormittag« 10 Uhr im Rathhau« 2. Obergeschoß Zimmer Rr. b pvrtosrei eiuzurrichrn. Der Rath behält sich die «»«wähl uater den Bewerber», die Theiluug der Arbeit »ud die Ablehnung sämmlltcher Angebot« vor. Leipzig, am 23. April 1894. I». 1884. Der «ath ster Stadt Leistgt«. vr. Georgt. Mr. Gesucht wird die am 12. Februar 1971 in Eutritzsch geborene Dieastmaad Gel«« ledig« kaffe, welch« zur Fürsorge für ihr Kind auzuhalte» ist. Leipzig, den 21. April 1894. Ter Nath der Stadt Le^zig, Lekanutmachuug. Der vuterzetchnete Börseavorstand giebt hierdurch bekannt, dafi außer dea in der Anzeige, belr. A»«gabe von 160 Mtllloaen Mark 3"', Deutsche Reicht-Anlrihe, genannten fünf hiesigen officiellea Zeichnung«sttll»n auch die sämmtltchev kdrtaru Baake« «u» vaukter» de« Platze» in der Lag« sind, Zeichnungen auf die heute zur öffentlichen Subskription gelangende S*/, MelvI»»- »r»l«llw« sstesensret «ntgegenzunehmen. Leipzig, de» 24. April 1894. Der vdrseudarftand» l Lbtheilang. AsrLtticker Lerirksverein IHpriß-Ktallt. vlnuta«, äea 84. 4prll 18S4, Lbeock» < vtzr lm Saale äar «rate» VNrgereedule. VwUvaarekiiitiiTi !. Xoc-kmalU« ^dstmunuu« Uder Lie von äer Versamlnlunzr am 15. ilLrr e deaedl^Ene XbLnäeruu« ck« 8. 4k äer Statuten (ck. «pecielle Livlaäuax). II. lo-eweiosedaktlieder 8itroo« mit äomkerirli»- rereioo I-ejpri«-l,»nä. Der oea« Vertra« r«:ireke» Ouaaea- arrtsa uoä OrtalrräuLeaca»«. vr. Llelaa«. Vom preußischen Louservatismus. A. L. IV», 790», 94. Arweu-Uwt, Adth. Hentfchel. ^ Hr Gesucht wird der om 27. September I8ö7 in Vroßwig geborene Hand arbeiter Heinrich WUtzel» Schuadel, »elcher zur Fürsorge für jetue Familie anzuhaltea ist. Leipzig, den 20. April 1894. Der Math der Stadt Leistitg, Urmenawt, Lbttz. U. X. L. Il, I. I8b0. He»tschel. Matthe«. Diebstahls - Sekanntmachung. Bestahlt» wurden laut hier erstatteter Anzeige: 1) «tu« ftlderu« Tulinder-Nrwautairutzr mit Secuud«, Nr. 4432, «taaekrttzelten Buchstaben ZL. L." im Juuero uud au- hiugeudrr Ntaelkette mit Compaß, am 19. d. M.; 2) «tue Msterue Nrmantairutzr mit Goldrand «ud Secuad«, inwendig „1.. 0. 3ckutre, 1892 ' gravirt, mit sogen, silberner Schlanieukrtt« «it Schlangenkops uud gelber Mün»e, am lb. d. M.; 3) »,» Paar galdeur khrriugc mtt Glöckchen, schwarzer Emaille »ad Seeperl«, am 14. d. M; 4) ein Gattzaischer Hastalrnder vom Jahre 1894 mit violettem Letueuetuband, ein Taschcuduch der gräfliche» Häuser vom Jahr« 1894, mit olivsorbigem Letnenetnbaad, vom 8. bi« 14. d. M.; b) eine schwarze Harn - Sstieldafe mtt bchlüsselauszua. eine arldstaltrte Sstteldase mit einem Bilde, «in altdeutscher Triuk- Mt« «lt Musikwerk, eine Ziehharmonika, groß, doppelreihig, und eine silderue Ttzltnder-Nemoutoirnhr mtt Goldrand, von End« Februar bi4 Anfang d. M.l H ei» Sommkrüderzteher. bellbraua, mit braunem Futter «d Perlmutterknövse«, om 22 d. M.; 7) «tue Partie Ramschwaare, al«: Nonnalhemden, Tricot- strümpfe, seihen« Handschuhe, Socken, Taschentücher rc., vom 21. di« 22. d. « : 8) et» Balr« dlauer Kattun, weiggestreist, 8 ü« schwer, mit h», ZRche» 7. 8. 2lh vom b. bi« 6. d M.: H ein« Studrathstr mit blinden Fensterscheiben, ca. 2 m hoch »ad 1 w breit, von Mttt« März di« Mitte d. M.; 1V) et» Rover — blae, IV, starker Rahmenbau —, mit Fabrik- mmnarr SV tu der Emallllruna de« Steuerrohr»«, einer ledrr aeftttertr» Vremfe, Peter« Union-Poeumatic-Relsen und einer haud- »rette« stark eingedrücktra Stelle am obere» Rohmeurohr», am »8. d. M. Etwaige Wahrurdmuugeu über den Verblieb der gestohlene» Uamastilad« oder über den Thaler siud »«gesäumt dei unserer Tnmwui Ablheiluug »ur Auzeig« zu drtuqen. Lewsttz. am 2». April 1894 Da« Pakt»»»»«« »er Stad» ketst»t«. vretfchuetder. Ml. Vie städtische Lparcaffe auter günstigen Bedingung»» 1V. Januar 1894. Dir SstarruGeu-De-utatto» -t>. In den Rückblicken aus die verflossene Rrich«tagssession, die für die wenigsten Fractionen Erfreuliche« gebracht und eine Stärkung ihre« Zusammenhalte« bewirkt hat, beschäftigt sich in seltener Uebereinstimmung fast Alle«, wa« recht« und link« von den Nationalliberalen steht, mit diesen und ihrem angeblichen Siechthum. Besonder« thut sich darin die Konservative preußische Presse hervor, welche die national- liberale Partei nicht nur al« eine schwerkranke, sondern al« eine dem sicheren Tode geweihte Patientin hinstellt. Den Grund für diese schlimme Diagnose mästen dir Abstimmung über den russischen Handelsvertrag und der angeblich bevor ^ stehende Rücktritt de« Herrn von Bennigsen von der politischen Thätiakeit liefern, E« ist wahr, daß dir national, liberale Partei sich bei der Abstimmung über den Handels I vertrag gespalten hat, aber sie befand sich ja nicht allein in dieser Lage, sondern in der Gesellschaft de« Centrum« und der Freiconservativeu. Und wie hätte sie es eiarntlich den Eonservativen recht machen sollen? Die, .Kreuzzeituna* hatte ja schon wochenlang vor der ent scheidenden Abstimmung Tag für Tag Diejenigen al« wort brüchig und ehrlos bezeichnet, die trotz de- rem Bunde der Landwirtbe vor den Wahlen gegebenen Versprechens für den Vertrag stimmen würden. Wenn nun diejenigen National liberalen, die ein solche« Versprechen gegeben halten, e« inne- aehalteu haben, so sollte diese Haltung doch nur die vollste Auerkrnnuag, nicht aber den Spott der Eonservativen finden. Dazu ist om so weniger Veranlassung, al« die Conservalivrn gar keinen Grund haben, auf die vor den Wahlen von dem nach und nach immer mehr mit der conservaliven Partei identisch gewordenen Bund der Laudwirthe auSgeübte Pression stolz zu sein; denn der Bund hat keinen Anstand genommen, einen solchen Druck au-zuüben, wo e« sich um eine hohe nationale Frage, um die Ausreckterbaltung der Wehrkraft de« Deutschen Reiche- handelte. Wer handelte in dem Falle wohl patriotischer? Der „Bund", der in einem solchen Augen blicke lediglich an seine Interessen dachte, oder die national- liberalen Candidaten, die einem unbequemen Drucke nach gaben, um nur da« Zustandekommen der HeereSvorlagc zu sichern? Und da« ist r«, wa« die Eonservativen über die nicht gestblostene Abstimmung der nationalliberalen Partei beruhigen darf: in alle» nationalen Fragen wird die Partei so fest Zusammenhalten, wie sie e« stet« gethan bat. Da« ist der feste Kitt, der die Partei Zusammenhalt, und darum gerade ist die Partei eine eminent staatserhaltende. C« mußte deshalb wahrlich erheiternd wirken, wenn auf dem conservaliven Parteitage für Mecklenburg der Herr Landrentmeister v. Lertzen- Koklow die Nationalliberalen höchst geschmackvoll die „staatS- erweichendc Partei" genannt hat, die sich immer wieder von der Linken umgarnen lasse. E« läßt sich kaum eine gründlichere Verkehrung der Thatsachen denken Hat eine Partei unermüd licher und selbstloser auf da« Zusammenhalten der ftaatS- erhaltenden Parteien bingearbeitet, al« die Nationalliberalen? Uud gerade der rechte Flügel der Eonservativen, zu dem wir wohl, ohne ihnen zu uahe zu treten, die Herren au- Mecklen burg rechnen können, hat vom ersten Augenblicke an, wo da« Eartel bestand, dagegen geeifert, und e« endlich dahin gekrackt, daß die carlelfreundlichen Elemente in der conservativr»Partei wenigsten» in Preußen vollständig lahmgrlegt worden sind. In Folge dessen stehen in dem führenden deutschen Staate die Nationalliberalen nicht mehr in dem sreuntschastlichen Berhältniß zu deu Eonservativen, wie von 1887 bi« l890, aber sie denken trotzdem nicht daran, „sich von der Linken umgarnen zu lassen". Gerade Herr von Bennigsen hat bei der ersten Lesung de- russischen Handel« vertrage« mit vollkommener Deutlichkeit daraus bin gewiesen, daß die Mehrheit, die sich für diese» Vertrag zusammengefunden hatte, unmöglich zusammenhalten tonnte. Wenn trotzdem jetzt die „Kreuzzeitung" sich so stellt, al« ob die Nationalliberalen aus die BundeSgenoffenschast der Socialdemokraten rechneten und sie deshalb hofirlen, so ist da« einfach lächerlich. Di« Nativaalliberalen suchen keine Bunde-genoffen, sondern gehen in jedem Falle mit Denen zusammen, vie mit ihnen vereint die Maßnahmen treffen wollen, die sie »um Besten de« Vatrrlanve« für geeignet halten. Dieser Grsicht«punct ist allein für sie bestimmend, und wir zweifeln nicht daran, daß trotz aller demagogische» Agitation von recht» und link« ein erheblicher Tbril de« deutschen Volke« di« uneigennützige Haltung der national liberalen Partei anerkennen und uaterstützen wird Daran wird sich auch nicht« ändern, wenn Herr v Bennigsen wirklich einmal vom politischen Leben zurück getreten sein wir», wa« vorläufig noch nichl m seiner Absicht liegt. Seia Weggang wird von der Partei schwer empsunven werden, aber sie wird darum nicht, wie di« .^kreuzzeitunz" zu glauben scheint, „führerlos" sein Sir wir» e« um vc«- willen nicht sei», «e»l di« nalionalliberalen Wäblcr nur solche Männer i» de» Reich«tag zu wählen pflegen, vie selbstständig genug sind, um der „Führerschaft" nicht zu bedürfen. Herr v. Bennigsen hat nie daran ßedacht, die Partei „führen" zu wollen, sondern der Rath diese« ausgezeichneten Mannes ist gern gehört und, wenn möglich, auch berücksichtigt worden. Seinen Rath aber wird er der Partei auch dann nicht fehlen lassen, wenn er dem Parlamente nicht angehört. Die preußischen kon servativen also gehen in ihrer zarten Sorge um die national liberale Partei zu weit. Sie kommen un« dabei so vor. wie der Lord in dem Stücke .Sie ist wahnsinnig",der wegen des geistigen Befinden« seiner Gattin einen berühmten Irrenarzt conlul- tirt. Bei der Eonsnltation entdeckt der Arzt, daß der Lord selbst geiste-krank ist. Auch die preußischen Eonservativen scheinen gar nicht daran zu denken, in welch' einer bedenklichen Situation ne sich befinden. Die verhältnißmäßigea Erfolge bei den Reich-tagSwablen und bei der Wabl znm preußischen Landtage erfüllen sie niit einer unglaublichen Siege«sicherheit, die selbst durch den Echec bei den Handelsverträgen nicht erschüttert worden ist. Ein Beispiel für da« Hochgefühl der Agrarier ist ein Satz au« der Rede de« schon genannten Herrn von Oertzen auf dem Partei tage in Gnestrow: .Die conservative Partei ist wieder jugend- frisch. Sie ist die Vertreterin aller realen und idealen Güter de« deutschen Volke«." Wa« dir Jugendfrische der preußischen Eon- servativrn anlangt, so hat sie sich in letzter Zeit nur durch die Lungrnkrafl agrarischer Redner und die alierdiug« sehr „jugendlichen" Streiche einiger Mitglieder de« Bunde« der Landwirtbe bei der letzten Galcizusammenkunft in Berlin documentirt. Zu den realen Gittern der Nation rechnen wir auch dir durch die productive Thätigkrit von Hantel und Industrie gewonnenen Werthc, für welche die cooservativr Partei bekanntlich nur eine sehr beschränkte Sympatdie hat. Zu den idealen Gütern de« deutschen Volke« gehört wohl aber vor allen Dingen die nationale Gesinnung. Einen Mangel daran hat den Nationalliberalen noch Niemand vorwerfen können, wohl aber lassen e« die KreuneitungS- Conservativen an der Betbätigung ihrer nationalen Gesinnung dann fehlen, wenn ihre Interessen damit in Widerspruch geralbcn. Wir erinnern daran, daß preußische Eonservativ« e« waren, die in Wcstpreußen in einer Stichwahl dem pol> nischcn Candidaten gegen einen Freiconservativen zum Siege verholsea haben, blo«, weil der polnische Kandidat au' agrarischem Boden stand. Wir erinnern scrner daran, da in letzter Zeit preußische Conservative wiederholt die Wieder Herstellung des Deutschen Reiche« bedauert haben, weil darauf angeblich die Goldwährung und dir niedrigeren Getreidepreise znrückzusübren seien. Sehr wenig national ist auch di« grund- ätzliche Opposition, die sie gegenwärtig in Preußen zu machen belieben und die nur dazu dient, die ohnehin herrschende Ver wirrung zu vergrößern. Sir spielen ein gewagte- Spiel, die Jung Conservaliven, und wir glauben wohl, daß sie e« verlieren werden. Sie werden sich 'zwischen zwei Stühle setzen: aus der einen Seite müssen sie durch ihre Haltung die Unterstützung der Negierung verlieren, aus der anderen Seite wird die Unzufri'edenbett, die sic beim Volke, ins besondere bei der Ackcrbal» treibenden Bevölkerung erregen nicht ihnen zu Gute kommen, sondern noch rücksichtsloseren Agitatoren. Die Wahlen in Neustettin und Fricdeberg- ArnSwalde sollten sic darüber belehren, wem sie da« Lager bereiten. Aber sie wollen eben nicht« lernen. Nun, daS ist ihre Sache. Wenn sie aber die Anmaßung haben, mit ver ächtlichen Redensarten über die Nationalliberalen hinwcg- zugehen, dann ist e« doch an der Zeit, ihnen einmal den Spiegel vorzuhalten. E« ist kein Zweifel: bei der inneren Verwirrung, die durch da«Verhalten ver Iung-Eonservativen in der nächsten Zeit eintreten muß, werden auch dir National- liberalen zunächst wenigsten« zu leiden haben, aber kraft der inneren Notbwendigkeit sür da« Bestehen dieser Partei werden sie auch aus diesen Wirrnissen siegreich hcrvorgebeu. Wie aber der Kampf für die Iung-Eonservativen au«gehen wird, da« ist doch recht fraglich. Deutsches Reich. »s Berlin, 23. April. Nachdem die Eonservativen im Reichstage unter gewaltigem Webrklagen „da» bittere Brod der Minorität" gegessen, fallen sie im preußischen Abgcordnetcnhause über den Kuchen der Majorität mit wabrem Heißhunger her. E« ist die seltenste und verletzendste Form der AuSnützung de« numerischen Ucbergewichte«, die sie in der Commission für die „Bcrathung" de« Kirchen- gesetzcS gewählt: die Gegner bleiben ohne Antwort, und zwar Gegner, welche nicht etwa völlig verneinend gegen- übersiehe«, sondern sich um des kirchlichen Frieden« und einer national brauchbaren Parteiconstellatio« willen zu sehr weitgehenden Zugeständnissen an den cvn- scrvativcn Standpunct schweren Herzen« entschlossen baden. Und wenn e« noch eine rein conservative Mehrheit wäre, die dem gemäßigtliberalen Mitstreiter au« der Zeit der Kämpfe um die Reichsgründung und Reichsbefestigung den Fuß auf den Nacken setzt! Aber die Mehrbeit kominl erst zu Stande, indeni sich die Eonservativen von dem katholischen Eentrum unterstützen lassen, derselben Partei, die soeben die Reick»- finanzresorm zu Falle gebracht und mit der. nur ihr möglichen Durchdringung LeS russischen Handelsvertrag« nach con- servativer Darstellung, .socialdemokratischssüdisch frrisinnigr Politik" gemacht hat Derselben Partei auch, deren Führer in einem unbewachten Augenblick verratbrn, daß sie ibren Standpunct z» den deutschen Angelegenheiten nach römischen Direktiven zu wählen habe. Und gerade die Organisation der evangelischen Kirche lassen sich die Conservaliven von dieser Partei bescheren, in der Urberzeuqung natürlich, daß „Fulda und Rom" an, besten wissen werden, wa« der Schöpfung Lulber« frommt Aber nach einer anderen Seite ist au« der Vorlegung de« Kirchengesetze- noch Merkwürdigere» sestzustellen Wir haben ,m preußischen Abzeordnetrnhause die Lage vor »»«, dir vor zwei Jahren die Gefahr de« Zedlitz schen Schulgesetze« beraufbesckworen hal, da« Berhältniß der Regierung zu de» beiden Berliner Parlamenten aber ist ein andere- geworden Gras Eaprivi mußte 1892 aushörrn, preußischer Minister präsident zu sein, weil rr sich sür da» Schulgesetz zu stark «ngagirl halt«. Ter deutsche Reichskanzler konnte nicht in einer Stellung verbleiben, in der er die Liberalen de« ganzen Reiche« belau«gesorten batte Heute bat Preußen einen Ministerpräsidente», der keine Verpflichtung, ja formell nicht einmal den Beruf hat — Graf Euleudur- ist nicht Mit zlird de- BundeSrathe« — Rücksicht auf die Stellung Preußen» im Reiche zu nehmen. Und im Reiche amtirr ein Kanzler, der gänzlich der materiellen Berechtigung und der persönlichen Eignung ermangelt, eine preußische Politik zu verhindern, die dem Interesse de« ReichSgcdanken« znwider läuft. Der zur willkommenen Neutralität ver urtbeilte Graf Eaprivi kann nur wünschen, daß jetzt in Preußen eine Action gelinge, die sich in derselben Richtung bewegte, wie jene, dir ihm vor zwei Jahren durch die „atheistischen" Nationalliberalen vereitelt worden ist. Ob denjenigen Gemäßigtliberalen. welche seitdem die Summe aller politischen Weisheit in der Unterstützung dieser Persön lichkeit gefunden haben, nunmehr Zweifel an der Richtigkeit ihre« Verhalten« ausstrigcn, wissen wir nicht; aber da« erkennt man, daß der durch nicht« zu beugende Widerstand gegen den Kanzler de« Kaiser« die Eonservativen nicht gehindert bat, ihre weitestgehenden Wünsche durch den Minister de« König« von Preußen der Erfüllung nahe gebracht zu sehe». Die „Nordd. Allg. Zty." beschuldigte vorgestern die conservativr Partei der „einseitigen und voreingenommenen Verfolgung egoistischer Ziele" — ei» Tadel, der sehr hart klingt, aber nicht ernst ge meint sein kann, denn al« „Zuchtruthe" für Liese Egoisten ist Herr — Bosse bestellt, lind obschon die Darreichung de« Zuckerbrote« sie nicht weickcr macht, obwobl sie vielmehr ihre Opposition auf einem drlicaten — dem Grafen Eaprivi durchaus glcichgilligen — Gebiete mit gesteigerter Entschieden beit fortsetzcn — bleibt die Geneigtheit, eine der principicll einschneidendsten Forderungen der Eonservativen zu erfüllen. Der Eifer ist in die Ecke gestellt, um dir Festigkeit belohnt zu sehen. Discitel 6. II. Berlin, 23 April. Etwa IVO Mann dürften sich auf dem internationalen Bergarbeiter-Kongreß zusammensinden. Unter Führung de« bekannten UnterhauS- mitgliede« Pickard kommen 22 Engländer. Frankreich ent sendet 4—5 Delegirte, Belgien >0—12, Oesterreich 2. den Rest stellen die deutschen Bergleute. Die Spesen für die selben sind außerordentlich gering bemessen, lov sind für einen Delegirten auSqeworfen. Die Führer der Bergleute, Böiger, Hüninghau«, Bunte und Sckroeter, lassen keinen Tag vorübergeben, an dem sie nickt in Versammlungen die Wahl von neuen Delegirten dnrchdrückcn. Sckroeter bat sich übrigens nach der Provinz Sachsen begeben, um auck hier Stimmung sür den Kongreß zu machen. Ebenso viele Sorgen wie ver Kongreß macht den Führern ihre konsumverein«- Anaelrgenheit. E« siebt damit wirklich nickt rosig avS In Böckum in der Tonhalle bat die 4. Generalversammlung de« EonsumvcreinS rkeinisck-westfLlischer Bergleute „Glück aus" getagt. Da« frühere Vorstandsmitglied Brodam Grlsen- kirchen, ein rühriger Agitator, wurde nicht wiederaewädlt, ein Reingewinn nicht vertheilt; und der jetzige Vorstand (Wvrdelmann-Wattenscheid, Schwinvt-Gelsenlirchen. Gath- mann-Gelsenkircheu) bat ein de- und wehinülhigc« Pronun- ciamento erlassen, in den» e« heißt: „Bedenkt den Schaden, den jeder einzelne Genosse bei einer eventuellen Liquidation hat, bedenkt die Haftsumme Zeigt also denen die Thür, die euch zu einer seldstverderbenten Opposition einigen oistischen Personen zu Liebe drängen wollen." — Herr abor würde sagen: „Das läßt lief blicken." U Berlin, 23. April. Der BundcSrath bat in seiner letzten Sitzung den Beschluß des Reichstag« zu einer Petition, betreffend die Abänderung de« Invalidität«- und Alt er «Versicherung «setze», dem Reichskanzler überwiesen E« handelt sich dabei um eine Frage von allgemeiner ve deutung. Um eine Altersrente zu erlangen, ist bekanntlich während der Wartezeit der Nachweis einer versicheruagS- pslichtigcn Beschäftigung von l-tl Wochen während der dem Inkrafttreten de« InvalivitätS- und Altersversicherung« gcsetze« voraufgegangeneii drei Jahre, also der Iabrr 1887 bis 189», ersorverlich. Vinn ist e< vorgekonime», daß 70 Jahre alt gewordene Bauarbeiter, die ihr ganzes Leben hindurch be schäftigt gewesen sind, gerade für diese drei Jahre die er forderliche Wocheuzadl nicht Nachweisen konnten. Sieniiißten mit ihren Ansprüchen auf Altersrente nachdem Gesetze zurückgewiesen werden. E« ist keine Frage, daß diese Vorkommnisse bei der de vorstehende» Revision de« Invalidität«- und AlterSversichernngs- gesrtze« werden in Erwägung gezogen werden, jedoch ist es nichl sicher, ob die Angelegenheit eine Erledigung im Sinne der Versicherten finden wird, weil die in Aolge der Ukbergaiia«besti»»uiungen an sich schon nickt unerheblich be lasteten Versicherungsanstalten damit eine neue Belastung er fahren würden. Man darf nämUch nicht vergessen, daß damit eine weitere Mehrbelastung rer Arbeiter geschaffen würde, sür welche da« Gesetz in erster Reibe bestimmt ist, nämlich der regelmäßig beitragenden Arbeiter Es dürfte sich übrigen« auck für die hier in Betracht kommenden Arbeiter dann, wenn sie in Folge ibrc« Hobe» Alter« erwerb«»nsLhig werden sollten, vielleicht leichter die Invalidenrente erwerbe» lassen. Bei der Invalidenrente fordert da« Gesetz während der UebergangSzeit einen Nachweis der Beschäftigung während der letzten fünf Iabre vor Eintritt der Erwerb« unsähigkeit. Und da ließe sich durch freiwillige Bei bringung von Marken für solche P.'»che» nach dem Inkraft treten de« Gesetze«, in denen eine versicheriing-pflichtige Be schäftigung nicht stattgefunden bat, leicht nachhelfen Ieden- sall» dürfte dis zur Entscheidiing der Angelegenheit sür diejenigen Bauarbeiter, welche über 70 Jahre alt sind, eine Altersrente nicht erlangen tonnen und erwerb- unfähig werden, auf diesem Wege eine Rente «her zu erreichen sein. li Berit». 23 April. (Telegramm.) Die „Bosfische Zeitung" bört aus sonst gut »nterrichteten Osficierlkreisrn: ,rür den Mai ständen üderau« inhlrrtche Brr4»tzer»»Gen tm ksfieter«<»rp« bevor. Allein 3» Generale batten idr Ab schiedsgesuch ringerricht, z. B. vom ». Eorp« der comman dirende General, ein Division-commanveur und zwei «tzer drei Brigadecommandeure, vom I Armercorp« beide Diviflons- commandeure. Auch unter den StadSvfficirren soll der Ab gang stark sei» (?). V. B«rlt», 23. April (Telegramm ) In der heutigen Sitzung de« B»»Pr»r«1tze« wurde der von dem Abgeordneten Schröder >m Reichstage eingrbrackle Entwurf eine« Gesetze«, betr. dir Abänderung de« allgemeinen deutschen Handrl«- grsttzduche« dem »u«schusse für Handel und Verkehr n»d
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