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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.04.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-04-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940424026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894042402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894042402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-04
- Tag1894-04-24
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Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Sonn- und Festtags früh '/,9 Uhr. Lei den Filialen und Annabmcsicllea z« ein« Halde Stunde früher. Rnzergro find stets an die Ertzrtttta» zu richten. Druck und Verlag von E. Polz tn Leipzig. Miile,: kn« Klemm'» Lorli«. (Alfred H«h»Zb ltniverfitütsstrafie I, Sani« L»s»e. Knthorinenstr. 14, Part, «ad KsnigSplatz T. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- «nd Geschäftsverkehr. A-M. Dienstag "--u 24. April 1894. 88. Jahrgang. politische Tagesschau. * Leipzig. 24. April. Im Leitartikel des heutigen MorgenblatteS haben wir aus die Schroffheit hingewicsen, mit welcher die preußischen Führer der drutschroiiscrvativr» ReichStagSsraction den Nationalliberalen sich gezenüberslcllen. Ein recht ccla- lanleS Beispiel dieser Schroffheit liefert die Rede, welche der Atz. v. Manteussel gelegentlich der Interpellation Förste: m der letzten Sitzung keö Reichstags gehalten hat und die, wie es gegen das Ende einer langen und inhaltreichen Ver handlung nur natürlich war. in den Leitungen sehr unvollständig wiedcrgegeben worden ist. Ramcntlich für die Stelle, welche sich gegen Herrn v. Bennigsen und die nationalliberale Partei wandte, trifft dies zu. Herr v. Manteussel ist inteß zur Zeit der Führer der preußischen Conservativcn, und die fragliche Rede war keine Eingebung eines augenblicklichen Assects, sondern sie war mit sorgfältiger Ueberlegung vor derere,, um die Niederlage des Antrags Kanitz ausrugleiche», zum Mindesten für dieselbe Revanche zu nehmen. Wir halten deshalb sür angebracht, aus ihr Folgendes nach dem nun mehr vorliegenden amtlichen stenographischen Bericht wieder zugeben : „Dann bat der Herr Abg. v. Bennigsen uns auch daraus hin- gewiesen, daß wir doch an Le» Nebeneinnahmea in der Landwirth- schaff und aus den gesteigerten Preisen aus derselben nicht ganz unerheblichen Mehrgewinn batten, wie früher. Er hat sogar aus Eier Bezug genoinnicn. (Große Heiterkeit.) Ja, meine Herren, wenn die Landwirlhschast von den Eier» leben soll, dann glaube ich, wäre sie bereits am Rande de« Verderbens angekommen. Mag der Verbrauch an Eiern in der nationalliberalen Partei bei den vielen Eiertänzen, die sic auszusühren hat, auch noch so groß sein (grob« Heiterkeit), jo glaube ich doch, daß die Eier, die die nationalliberale Partei zu Wege bringen wird, ziemlich unfruchtbar sein werden, »ach- dem ihr der Hahn abhanden gekommen ist." (stürmische Heiterkeit.) Das ist die Sprache deS heutigen Führers der preußischen Cvnservativen! Man hat früher den Socialdemokratcn vorzeworsen, daß sie an der Verrohung deS Tones im Reichstage schuld seien; aber wie eS den Jung- konservativen Vorbehalten geblieben ist, in dem Antrag Kanitz kie praktischen Forderungen der Socialdemokratie an die Gesetzgebung zu übertrumpfen, so hat ihre derzeitige Leitung auch in der Hinabdrückung LeS geistigen Niveaus des Reichstags ihre Vorläufer von der äußersten Linken noch übertroffen. Da der Redner inmitten der großen Unruhe auf der anderen Seite deS Hauses sehr schwer oder garnicht verständlich war, so kann die „Heiterkeit", die »ach dem Zeugmß des amtlichen Berichts bei dem ebenso aeist- ichc geschmacklosen Knallefscct sogar einen stürmischen Charakter aiinabm. nur unter den näheren Freunden eeS Herrn v. Maiitcusscl gewaltet haben, es sei denn, daß das Eentrui» sich als tertiun gauckoun daran bcthciligt hat. Darin in der That liegt, über die allgemeine Frage deS parlamentarischen Anstandes hinaus, die besondere politische Bedeutung dieses Vorstoßes, daß er mit Absicht daraus aus ging, wenigstens in Preußen den letzten Rest des frühere» srcund- lchastlichcn Verhältnisses zwischen der cvnservativen und der nationallibcralen Partei z» beseitigen. Von Herrn v. Man- teuffel und seine» engeren Freunden war eine andere Antwort aus die scharfe Vorhaltung ihrer Verirrungen, welche ihnen Herr von Bennigsen auö Älulaß des Antrags Kanitz hatte an gedeihen lassen, nicht zu erwarten. ES fragt sich aber, wie lange die groß« Zahl besonnener und hochgebildeter con- servativcr Männer in Preußen sich eine Führung noch gefallen lassen will, deren geistiges Rüstzeug durch die erwähnte Aus lassung bezeichnet wird. In andere» deutschen Staaten haben die Eonservativcn schon längst bewiesen, daß sie von den jungconservativcu preußischen Führern nichts lernen mögen. Die Tocialvemokraten haben ihren nächsten Parteitag von Nürnberg nach Frankfurt a. M. verlegt. Ueber- raschen kann das nickt, denn als vor einer Reihe von Monaten der Nürnberger Magistrat die Frauen auS Volks versammlungen hinauSwics, da schlugen die Agitatoren im Unlerrock Lärm in der socialdemokratischcn Presse und erklärten, daß unter diesen Umständen die Abhaltung deS ocialdemokratischcn Parteitages in Nürnberg gefährdet sei. lim sich darüber Gewißheit zu schaffen, wandten sich die Genossen Oertel, Muscat und Eitzingcr an den Nürn berger Magistrat. Dieser hat den Herren in einem schrift lichen Bescheide mitgetbeilt, daß er die Zulassung der Frauen ru dem Parteitage nicht dulden werbe. Darauf bat die socialdemokratische Parteileitung die Verlegung deS Partei tages nach Frankfurt a. M. beschlossen Nach «iiden mußten die Herren diesmal gehen, denn bereits aus dem Parteitag in Köln glänzte Süddeutschland durch Abwesenheit; nicht nur kie hervorragendsten Führer von Vollmar und Grillenberger fehlten, sondern auch di" kleinen Geister blieben fern. Ter Zwiespalt zwischen Vollmar und Liebknecht ist ja äußerlich beigelegt, aber im Stillen glimmt er weiter, das zeigten die kleineren süddeutschen Führer, die alle aus Vollmar'S Seite stehen, eben dadurch, daß sic nicht nach Köln kamen. Der Verlaus deS Kölner Parteitages, besonders die Art, in welcher Herr Bebel die Gewerk schaftSsragc behandelte, hat sie noch mehr ver stimmt. Auf dem Frankfurter Parteitage wird diese Frage noch viel mehr als in Köln die Debatte beherrschen; in un gezählten Zusammenkünften der Vertrauensmänner rc. ist betont worden, daß einen Ehrenposten in der Partei nur Derjenige erhalten könne, der Mitglied einer gewerkschaftlichen Organisation sei. Sollte Herr Bebel nochmals so von oben herab die Gewerkschaften und ihre Forderungen behandeln, dann dürfte ihm in Frankfurt a/M. anders gedient werden, als eS seiner Zeit in Köln durch den Abg. Lcgien-Kiel geschah. Anläßlich der Seligsprechung der sraujäfische« Nationalheldin Ieanne d'Arc hat der Erzbischos von Paris an. Sonntag in der Notre - Dame - Kirche einen feier lichen Dankgottesdienst abgehalten. Ob die Anwesenheit deS Generals Saussier, deS KricgSministerS Mercier und de« österreichisch - ungarischen Botschafter- bei der Feier «men osficiellen Eharaktcr getragen hat, wird nicht berichtet, dar aber bezweifelt werden, wurde doch sogar den Reserveosficicren verboten, dem Gottesdienst in Uniform beizuwohnen. Tbatsachc ist, daß, den ersten Nachrichten entgegen, der russische Bot schafter sich fern gehalten hat. Die Reserve, welche sich Herr v. Mohrenheim bei dieser Gelegenheit glaubte aus- crlegen zu müssen, wird in Paris um so peinlicher berühren, als sic nur ein neuer Beweis dafür ist, daß eS Rußland nicht einsällt, die Geschäfte der rcvanchedurstigcn französischen Ehauvinisten zu betreiben, und aus eine solche chauvinistische Kundgebung lief die ganze Feier hinaus. Die „VöritS", eines der schwärzesten klerikalen Blätter, schlägt diese Saite folgendermaßen an: „Endlich scheint Frankreich der Ekel anzuwandcln wegen des SeelenzustandeS, in den der Despotismus der methodistischen Pro testanten und der Freimaurer es versenkt haben, endlich empfindet es ein mächtiges Bedürfnis», sein« edelmüthigen Bestrebungen vor «hier Heiligen niederzulegen, vor einer Patriotin, deren Gedanken ein Beispiel für alle Franzoienherzen und deren Verehrung unserem Vaterland« ein sicherer Schutz ist: Johanna d'Arc. Wenn man stark ist, darf man glauben, und die französische Armee glaubt an die Jungfrau von Orleans, sie glaubt an die heilige Lothringerin, die ihr theures Frankreich so heiß liebte. Ihr Fest muß daher vor Allem eia Fest des Heere- sein, in allen Garnisonen Frankreichs, in allen seinen Colonien, aus allen militairischen Gebäuden muß zu derselben Stunde feierlich di« französische Flagge wehen, und in dieser erhabenen Stunde werden sich Millionen Herze» in heiligem und stolzem Gebet zu der Befreierin des Gebiets erhebe», zu der himmlischen Sendbott», die uns eines Tages von dein Joch des Ausländers, von dem Eindringling aus unser» Bode» befreite, zu ihr, deren Geist unsere Schritte i» den Schlachten der Zukunst führen wird." Deshalb ist. wie dasselbe Blatt mittbeilt, auch bei dein Feste in der Notre-Dame „die Trauer des Vaterlandes" nickt vergessen worden: „DaS erste Pseilerquadrat des große» Schiffes ist den Abwesenden gewidmet, der linke Bogen tragt daS Wappen Lothringens, der rechte daS deS Elsaß, beite chwarz unislort. Die Ausschmückung des Chors besteht haupt- ächlick a»S französischen Fabnenbündcln; man konnte »nsern alten Ruhm nicht nahe genug an unser» neuen Rubin und an unfern noch neuern Kummer Heranrücken.... Ter Sckmuck der Kirche wirb, wie man siebt, das christliche Frankreick mit seiner Freude und seinen Schmerzen, mit seiner glorreichen Vergangenheit voll patriotischer Hoffnung verbildlichen." Schade nur, daß in diesen übcrströmenden Kelck voll patriotischer Hoffnung Herr von Mohrenheim einen so bitteren Tropfen der Enttäuschung hat fallen lassen. — WaS die Jungfrau von Orleans betrifft, so hat der päpstliche Stuhl ihre Heiligsprechung schon im 15. Jahr hundert, nach Revision ihres PcocesseS, und vor etwa zwanzig Jahren, als der streitige Bischof Dupanloup nochmals daraus antrug, wiederum abgelehnt. Die inneren Motive, die Leo xlll. im Gegensatz zu seinen Vorgängern bestimmt haben, der so lange Zurückgcsctzien endlich den Eintritt in die Schaar der „«seligen" zu gestatten, entziehen sich der Kcnntniß der „Protestanten und Freimaurer", aber man wird nicht sehlgehen, wenn man den Entschluß der Curie dem von der französischen Regierung kürzlich proclamirtcn „neuen Geiste" der Versöhnung mit Rom zuschreibt. Ob man sich freilich im Vatican nicht zu weitgehenden Hoffnungen hin- aegcben hat? Der „neueste Geist", der augenblicklich in Frankreich eine sehr energische Sprache gegen den renitenten KleruS spricht, mag in Rom doch recht eigenthümlich an- muthen. DaS italienische Ministerium hat in den letzten drei Tagen mehrere entscheidende Erfolge davongctragen, welche die Nothwendigkeit einer Kammcrauflösung in weitere Ferne rücken, ja eine solche als unwahrscheinlich erscheinen lassen. Am Sonnabend verwars die Kammer in namentlicher Ab stimmung mit 277 gegen 53 Stimmen eine von Cavolotti und 20 Genossen der äußersten Linken eingebrachte Tages ordnung. welche weitere Abstriche am Militairvoranschlag verlangte, und gestern nahm nicht nur die Subcommission des Budgetausschusses für den HeereS- und Marine-Etat den der Regierung i» allen wesentlichen Punctcn rustimuienden Bericht des Deputirten PaiS an, sondern cs erklärte sich auch die Dcputirtenkammer mit 260 gegen 5« Stimme» gegen den radicalcn Antrag Valli, die Beratbung der Finanz maßregeln bereits aus die heutige Tagesordnung zu setze», sprach sich vielmehr mit großer Majorität sür den Antrag CriSpi'S auS, erst das Budget zu erledigen und danach an die Beratbung deS FinanzprogrammcS bcran- zutrctcn. Mit diesem Antrag verfolgte CiSpi zweifellos folgende sehr geschickte Taktik: Nimmt die Kammer die Ab striche am Kriegsvoranschlag vor. dann belädt sie sich mit dem Schein unzureichenden Verständnisses sür Würde und Machtstellung der Nation und gicbt dem Cabinet eine gefährliche Wahllosung in die Hand ; genehmigt sie den Voranschlag,widcrsctzt sich aber dem Finanzprogramm. bann muß die Nation den Ein druck empsangen, daß ibre gegenwärtige Vertretung launenhast, unklar i», Denken, unfähig, die Tragweite ihrer Beschlüsse z» erwäge», von kleinlichem Parteigcist erfüllt ist, und auch da« wäre sür Neuwahlen eine üble Empscblung. Nachdem die Kammer nun einmal den Antrag CriSpi angenommen, wird sie schwerlich noch geneigt sein, der Regierung beim Budget und FiiianzprcHrainin ernstliche Schwierigkeiten zu machen. Die Deputirten fürchten. wie einzelne unvorsichtige Aeußcrungen verratben haben, eine Kammerauslösung, weil sie voranssebcn, daß die grogc Masse der Wählerschaft die Regierung nickt i»> Sticke lassen wird. Darf man eS noch als ein gewichtiges Moment bezeichnen, daß bei der Abstimmung über den Antrag Valli die beiden ehemaligen Minister Rudin!, von der Rechte», und Gn-Iit'i, von der Linken, aus Seite des CabinclS standen, so ckiv pst Aipccten der CriSpi'schcu Reformation augenblicklich günstiger denn je. Der Senat der Bereinig»:» Staate» von Nordamerika bat cs abgclcbnt, mit den Führern der „Armee der Arbeitslosen" in Unterhandlung zu treten und Senator Hawlcy von Connecticut bestritt die Behauptung seine« College» Allen», daß die Coxeniten da« Recht hätten, die Galerien deS Senats und des Repräsentantenhauses zu be- eyen, um dem Congrcß ihre Beschwerden vorzulegcn. Solche Aeußcrungen seien anarchistisch. Wie dem auch sein mag, aus irgend eine Weise wird die nordamerikanischc VolkS- repräscntan; sich mit der Sache der Arbeitslosen zu befassen und durch gerechte »nd weise Maßnahme» die Quellen der Bewegung zu verstopfen suchen müsse». Dieselbe »nun:, cinen immer bedrohlicheren Ekarakler au. Die F!,o:cr der unterwegs auch durch den Anschluß Neu gieriger fortwährend anschwcllendc» Hausen verhandeln auf rem Marsche niit den Staatsbehörden und Eiscnbabnacsell- sehaslen, welche letztere tbeilweisc den Betrieb eingestellt habeu oder vielmehr die Züge nicht mebr bis zu den Lagern der „Armee" nach Westen geben laste», nm die Banden nicht betörter» zu niüssen wie von Macht zu Macht. Ter Eisen bahnbetrieb in NcdraSca ist »eck nichl wieder eröffnet, die Bürger von Omaha unk dein diese:» am Missouri gegenüber liegenden Council BlussS in Iowa haben jedoch Vorkehrungen getroffen, um die Arbeitslosen in Karren nach Des MoincS (Iowa) zu schaffen. In Omaha läuteten die Kirchcnglocken, als cui Tbeil der „Armee" z» Fuß ostwärts abzog Eine andere Abtbeilung von Arbeilsloscn samnieli sich in Chicago Ein New-Ljorkcr Bericht vom 20. April besagt: „Einer der Führer der Eoxeyilen am Missouri erklärte, sic würden den hatbe» Staat verwüslcu, wenn die Eiienbahnen sie nicht be fördern sollten. Die Milwaukee- und Aock-Jstand-Eisenbahn läßt keine Züge mehr »ach Westen fahre». I» Evuncil BtussS Inm- pathisirte» die Bürger mit den CoxeN'ten, natürlich »ur scheinbar, um sie toS zu werden. Die Coxeniten verlangten die Eisenbahn- directoren zu spreche». Man sagte ihnen, Laß sie nicht in der Stadt wären. Andere Banden sammeln sich in Eochran (Indiana) und in Casey iJlliiwiS). Der Ltadtrath von Tee- MoincS i» Iowa hat Geld sür die Beköstigung der unliebsamen Ankömmlinge bewilligt, damit sie schleunigst aus der Stadt kommen. 500 Evxelstten belegten gestern in Bulle einen Gnterzug inil Beschlag. Ter Sheriss aber ließ die Locvinvtive losknppeln. I» Folge dessen bleibt die Bande tn Butte. In Brighton, a» der Union Poesie Eisenbahn, liegen 136 Coxeniten krank. Sie weigern sich, zu marschire». Von Helena sind heule wieder 500 Man» ausgcbrochen." Die Bewegung gewinnt an Gefährlichkeit, da gleichzeitig wie gemeldet wurde, ein großer Kohlen ar beit er aus stanv in den Vereinigten Staaten ausgcbrochen ist, dem sich bereits 15,0 000 Mann angcschlosscn haben. Deutsches Reich. I>r. I. Berlin, 23. April. Wie wir vernehme», sind auS Anlaß der Ergebnisse der jüngsten Criminalslatistik, aus welcher sür das Iakr l>02 ein abermaliges Steigen des jugend lichen VerbreckertbumS, d. h. der wegen Verbrechen oder Vergehe» gegen RcickSgcsctzc bestrafte» Personen zwischen >2 und I«) Iabren, von >2 210 auf I«, td«,, mithin »m rund lo Proc. sich ergeben Hai, »n Rcicksamt des Innern Ermitle- LeuiUetsii. Die neue Lehre. Eine Erzählung au« dem sächsische» Ltedendärgen zur Zeit der Aesormatton 3f Bon Siegfried Moltke-Raimund. N-chtruck »ertöte». (Fortsetzung.) Anna blickte ihm voll in's Gesicht: „Ei, ich dachte, nur in Euren düsteren Kirchen- und Klvstermauern überkomme Euch die Andacht." „Jungfer Anna, man kann beten an jedem Ort, denn Gott ist allgegenwärtig. Aber wo die Heiligkeit der Kirche un« anwehet, da wird unsere Andacht ein rein christlich Empfinden und nicht den erregten Sinnen der die Natur Lnstaunenten Menschenkinder entsprungen." „Ihr betet vor dem Bilde der Mutter deS Heiland-, Erhard, vor ihm schöpfet Ihr Mutb und Kraft zu brünstigem Gebete, eS begeistert und erbauet Euch. Ihr schmückt Eure Altäre mit Bildern und buntem Flitter. Ihr neigt Euch vor riesen Erzeugnissen menschlichen Könnens wie vor dem Allgegen wärtigen selbst. Also: sind'« nicht die Sinne, die erregten, die Euch aus die Knie beugen?" „Ihr versteht da« nicht, Jungfer. Ihr seid der neuen Lehre verfallen . . ." „Und deshalb haßt Ihr mich?" Erhard errötbete: „Nein!" hauckte er, und im heiligen Feuereifer fuhr er erregt fort: „Aber sie hält Eure Seele »nd Sinne mit den Klauen de« Teufels." „Haltet Ihr mich für unwürdig der Gnade Gotte«, Bruder Erhard?" Erhard sah erschrocken auf. Hatte er sie nicht mit ver flucht unter ihren Glaubensgenossen? Und da er nun in die sanften Augen de» Mädchen», die im reinen Glanze der Unschuld strahlten, blickte, da senkte er, wie im Bewußtsein eine« großen Unrechte-, vor dieser reinen Seele seine Augen, e« überfiel ihn jene« Zittern, da« ihn gestern gequält vor dem Altäre und in seiner Zelle. »Rem, Anna!" Er hauchte di« Worte. »Ihr seid rem wie daS Licht der keuschen Sonne dort drüben, Gott und alle guten Menschen lieben Euch." „Und also soll ich unter den Krallen deS Teufel« leben?" Es lag ein wehmüthiger Ton in dieser ihrer Frage. Erhard war verwirrt, er wollte antworten, doch da er ein paffend Wort am nölhigsten brauchte, fand er cs nicht. „Der Abt . . ." .„Kann warten, Erhard. Nein Ihr müßt bleiben, und Euren trüben Blick gebt dort den letzten Sonnenstrahlen mit. — Kommt, ich weiß etwa-, ich will Euch etwas holen und zeigen. Hier nehmt und haltet daS Kind derweilen, ich bin schnell zurück." Und ehe er c« verhindern konnte, hatte sie ihm das Mädchen auf den Arm gedrückt und lief davon. Das kleine Wesen schlug vertraulich seine Aermchen um den Hals des Mönches. Der stand und wagte sich nicht zu rühren unter der herzigen Last. ES war gar ein eigen Bild: dieses blühende junge Pflänzchen der Menschheit auf der Kutte, der heiligen, ernsten, dem Svmbol der Weltabgeschiedenheit. Sein Blick streifte ängstlich hinüber nach dem -Hause, ob sie nickt zurückkame. Seltsame Empfindungen durchwogten seine Brust, «ein Auge fiel auf daS blühende Gcsichtchen und, selbst wobl kaum wissend, waS er that, drückte er da» Köpfchen an seine Wange und küßte dann da« Kind. Doch schnell überkam ihn die Angst, man möge ihn in dieser Situation gewahren, ihm war, er müsse fliehen, weit, weit fort. We-Halb? Da« wagte er sich nicht zu gestehen. „Schaut, wie lieb da« Kind ist, Erhard. Ihr müßt ein guter Mensch sein, denn mein herzig Nichtchen ist gar scheu und schreit und strampelt in den Armen eine« Fremden. Doch seht nur, da« Kind fühlt sich sicher unter dem Schutze der Kirche." Ackatsächlick» schien eS, al« wolle das Kind nur ungern von dem Arme de« Mönche« zurück zur Anuatant l Diese nahm eS und setzte sich auf einen Sessel, den sie dicht an die Oefsnung rückte. „Seht die« Gebetbüchel, Erhard. Biel heilig und srommc« Gerev ist darin und der Duft de« Weihrauch- scheint mich au« seinen alten beschriebenen Pergamentblättern anzuwehen. Die« Buch war einmal ein selten Stück, und meiner gott seligen Urtante, die eS schrieb, bat « manch' Schwcißtröpflein gekostet. „Ich Hab « gelesen von Anfang bi« »um End' und die Geduld bewundert, mit der e« geschaffen. Und da ich die letzte» Seiten la-, da staunte ich und meinen Augen wollte ick nicht trauen, denn ich fand, nach Euren Begriffen, Erhard, viel sündige Lieder, sündig» weil sie die innige Liebe eine« unglücklichen Menschenherzens klagten, dreifach sündig, weil sic in einem heiligen Buche standen. Al« ich'« zum ersten Male la«, gehörte ich Eurer Kirche noch an und ick habe mich fleißig bekreuzigt und bescklvsien, da« gottlose Buch einer unsrommcn Frau zu verbrennen. Doch ich weiß nicht welcher, kurz ein Zufall hat daS Büchlein gerettet, und da ich eS — ebenfalls wieder durch Zufall — Wiedersand, Hab ich ander« gedacht, denn ich hatte mittlerweile durch die „neue Lehre" erkannt, daß auch die Liebe des menschlichen Herzen- zum -Herzen ein göttlich Gut sei, daß Liebe eS sei, die auch auS den heiligen, frommen Worten der ersten Seiten meines Buches spreche, daß irdische Liebe cs sei, die de» Weg zum Reiche der himmlischen ewigen Liebe bahne, daß jeder Gottes dienst Liebe bedeute, Liebe sei daS unermeßliche Weltall, Liebe da« Leben, Liebe selbst der Tod, der unS ins ewige Freuden reich führen soll, ja Liebe ist der Mensch! Oder steht ge schrieben: Meidet Euch, denn so Ibr liebet, werdet Ihr nicht theilhastig der ewigen Seligkeit? Nein Erhard, fragt unseren lieben HonteruS, er wird Euch sagen, WaS geschrieben stehet: Liebet Euch untereinander! Nein, nicht bekreuzigt Euch, Bruder Erhard!" Sie hielt ihn bei der Hand. „Lest in dem Buche, nehmt eS mit Euch warum wollt Ihr mir Eure Hand entziehen? — Nein, Erhard, nicht Zufall war«, daß ich dies Buch behielt und heute ge rade hier Hab', da Ihr mir begegnet, nicht Zufall, sondern Schickung von Gott! Lest eS, vielleicht bringen sie Segen auch für Euch, diese sündigen, weltlichen Lieder." „Jungfer, eS kann, e« darf nicht sein, bedenkt " „Ich bitt Euch, Erhard, von Herzen." Sie bat so innig und ihre Hand hielt die seine fester. Di« reinste, herrlichste Unschuld strahlte auS ihren ruhigen Augen ihn besiegend an. Auf seiner edlen hohen Stirn perlte r« silbern, er zögerte — dann griff er fest und schnell nach dem Buche, wie einer, der eine Neffe! mit ge waltigem Griffe packt, »m sich nicht zu verbrennen. „Ich dank' Euch, Bruder Erhard, dank Euch auch sür Euer gestrig' Gebet vor dem Altar." Er sab sie verwundert an. „Ja, ja, hvchwürdiger Herr", lächelte sie. „Ich weiß, daß Ihr für mich gebetet, weil ich weiß, daß Bruder Erhard sein Wort hält. Nicht wahr, Erhard» auch diesmal haltet Ihr Wort, den» Ihr versprecht mir doch, da» Buch nicht ungclescn wicdcrzubringen? Und selbst bringt Ihr eS, nicht? Nun? Mir zu Liebe!" „Ja", flüsterte er, dann barg er daS Buck in seiner Kutte und mit flüchtigem: „Die Heiligen seien mit Euch!" eilte er davon. Anna stand an dem Fenster, daS Kind schlummernd im Arm. Sic blickte ik»i »ach, bi« die Tunkclbeit ihn verbarg. Eine Tbräne der Dankbarkeit wischte sic sich mit dem Hand rücken aus dem Auge und wandte sich zum Hanse. Es war ein lauschiger Platz, mitten drinnen im Grünen verborgen, sür zwei Franc» so recht znm Plaudern geschaffen. Uno die darinnen saßen, in diesem Dm't von Blütben und Pflanzen, batten c« sich bei der Slickereiarbeit recht bequem gemacht, »nd wenn sic pausirtcn, ließen sie sich die ersten Kirschen, kie das Jahr gezeitigt, wobl schmecken. Die eine war die alle ehrwürdige Mutter des HouieruS, des LcdcrcrS Graß Wittib. Ibre Haare waren schnccwciß und lugten unter dem dunkelgeslicklcn Häubchen bcrvvr, die ernsten blauen Augen entbehrte» durchaus nickt des jugendliche» Glanzes, freundlich und liebevoll erschien jeder Zug des runzeligen Gesichte». Und wie stink sich die faltigen Hände bei der Arbeit rübrten. „Der IobanneS will über Land morgen in aller Frühe. Er arbeitet und schafft und ist glücklich darinnen, trotz aller Sorgen und Unannehmlichkeiten Ich muß mit der Tasche fertig werden,vielGeschreibscl will crmilnebnien. — DcnkcDir.Anna, man hat ihm wieder arge Schmäbbriefc gesandt. Aber der Han« ist gar ein wackerer, fester Mann. Laß sie, Mutter- lieb, bat er mir gesagt, die Wabrbeit muß dennoch siegen!" „Und sie wird cs gewiß, Mutier Graßin! Wie stolz müßt Ihr wohl sein aus solch einen Sohn, den so viel gute Menschen lieben und verehren!" „Ach Anna", seufzte die Matrone, „stolz wobl, aber oft schnürt mir die Angst um ibn schier die Keble zusammen und die allen Beine zittern gar sehr, wenn ich Lärm von der Gasse vernehme, weil ick denke, seine Feinte werden kommen und ihm nach dem Leben stellen. Wie ost Hab ich ibm gesagt und ibn gebeten, er soll gl-nibcn »nd bandeln, waS und wie er sür richtig und rechtschaffen bält und nicht sich in Gefahr begeben dadurch, daß er öffentlich redet und predigt. Dann siebt er mich groß an und eS klingt so weh» müthig, so vorwurfsvoll, wenn er sagt: Mutterlieb!? Ist
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