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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 17.05.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-05-17
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940517020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894051702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894051702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-05
- Tag1894-05-17
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Taöeltarilcher und Zffserusatz nach höherem Tarif. irrtra-veilagen (gesalzt), nur reit der Morgen-Ausgoöe, ohne Postbesüiderung M—, mit Posldesorderung 70.—. Annahmeschlnß für Anzeichen: Abend-Ausgabe: Bormittag« 10 Uhr. Piorgen-Ausgabe: Nachmittag« 1 Uhr. Sonn- und Festtag« sriib '/,S llhr. Vei den Filialen und Annabmeslelleu >e eia« balde Stunde früher. Anzeige» sind stet« au die Gr«e-itt«» za richten. Druck und Verlag von E. Polz i» Leipzig. Donnerstag den 17. Mai 1894 88. Jahrgang. Politische Tages schau. * Leipzig. >7. Mai. Wie schon gemeldet, hat der König von Württemberg »m Pfingstsonntag einer Deputation der württembergischc» Lynodalversammlungen gegenüber, die eine Petition um Ab gabe der würltembcrgischen Stimme im BundcSratbc gegen die Aufhebung de« Verbot« der Zulassung des Frillitenorvens überreichte, die hochbedeutsame Erklärung abgegeben, daß »ach seiner Ucberzcugung die Zustimmung deS Bundesraths m den Beschlüssen des Reichstags betreffs der Zulassung dieses Ordens nicht zu erwarten sei; diese ablehnende Haltung te- BundeSraths entspreche seiner persönlichen Anschauung, sowie derjenigen seiner Regierung. Dieser Erklärung gegen über erscheint cS geradezu unbegreiflich, warum der Bundes ratb, der bekanntlich bereits am 19. April den am I«. April rom Reichstage gefaßten Beschluß den zuständigen Ausschüssen überwiesen hat, so wenig sich beeilt, eine Entscheidung hcrbci- zusühren, die im Wunsche deö Königs von Württemberg und seiner Regierung liegt. Die „Hamb. Nachr." können sich, wie auS einem Artikel hervorgckt, auS dem wir bereit« in der heutigen Morgenausgabe einige Stellen mitgcthcill daben, diese Verzögerung nur durch die Annahme erklären, k»ß die preußische Regierung eine Beschleunigung dieser Ent scheidung nicht wünsche. Und aus alle Fälle hätte mau aus kiese Entscheidung nicht zu warten gebraucht, wenn Preußen sie baldigst hätte Herbeisuhren wollen. Warum LaS nicht ge schehen ist, bleibt freilich ein Rätksel, denn eS kann keinem Zweifel unterliegen, daß die Verzögerung das Eentrum mit swlzen Hoffnungen erfüllt und es veranlaßt, den Preis für stine Mitwirkung an der Reichösinanzresorm recht koch zn bemessen. Mit vollem Rechte sagen darüber die „Hamb. Nachrichten": „Es ist kein Zweifel, daß die zweideutige Haltung der Centrmn«. iidner gegenüber der künftigen Wiederausnahme des Finanzreforin- raues nur daraus abzielte, ihm freie Hand vorzubehalten, um im Ebenen Augenblicke je nachdem den Wünschen der Regierung «gegen zu kommen, oder dieselben zu bekämpfen. Die lebhafte, m erbitterte Art, wie die von Berlin aus geleitete klerikale kresse neuerdings den Gedanken einer Vermehrung der ngenea Einnahmen des Reiche« verwirft» erscheint nur als die iolgerichtige Fortsetzung des Spiel«; je ungederdiger sich die „össeuttiche Meinung" deS Eentrum« gegen jede Nach, »iebigkrit auSspricht, einen um so höheren Preis kann die Abgeordnetenschaft desselben von der Regierung fordern. Wer di« in Frage kommenden rein sachlichen Momente ruhig erwägt, muß eS allerdings geradezu für unmöglich hal'e», daß die verbündeten Regierungen eine» Preis in Gestalt der Aus- debung des JesuisengesetzeS zu zahlen sich entschließen könnte». Ganz abgesehen von der schweren Gefährdung deS öffentlichen Friedens, welche mil der bloßen Anwesenheit de« Jesuitenordens in einem paritätischen Lande verknüpft ist. würde die Annahme des Jesuitenantragcs durch den Bunde«rath «inen Triumph der Antragsteller be- deuten, welcher die ganze Reichspolitik weit inehr, als es leider ichon seit Jahren der Fall ist, dem maßgebenden Einflüsse des Centrums unterwerfen müßte. Aber man hat in den letzten Jahren so manche Ueberraschung erleben müssen, daß nian es dem Publicum nicht verdenken kann, wenn es sich durch den Hinweis auf theoretische Unmöglichkeiten nicht mehr beruhigen läßt. Man sollte daher in dem vorliegenden Pnncte einer weitere» Ausbreitung des aus leimenden Mißtrauens durch eine rasche Verwerfung des sraglichen Reichstagsbrschlusse« zuvorkommen, und zwar um so »her, als cs sich dabei nicht allein um die Beschwich tigung der protestantischen Bevölkerung, sondern auch um «ine Klärung der öffentlichen Discussion über die Finanz, resorm handeln würde. ES ist nämlich sehr zweifelhaft, ob die klerikale Presse auch dann, wenn ihr di« Aussicht aus die Durchsetzung des Jesuitenantrages im Bundes- rathe abgeschnitten wäre, die Bekämpfung derFinanz. resorm noch mit derselbe» Entschiedenheit sortzusetzcn ür rüthlich halten würde." Nachdem der König von Württemberg über den Jesuiten antrag gesprochen — wahrsckeinlichcrweise nicht nur zur Vcrubigung der württembergiscken Protestanten, sondern auch !»r Abkühlung der ullraiiwulaucn KampseSkitze gegen die Rcichssinanzrcsorm —, wird ja wobl Preuße» als Präsidial macht die bundcSräthlichc Entscheidung beschleunigen, obnc daß auch »och das AbgeortneteiibauS durck eine Anfrage einen Anstoß zu gebe» braucht. Aber cS ist dem Ansehen dieser Macht nicht förderlich, wenn sie in einer nicht nur für Len kculschen Protestantismus, sondern auch für das Schicksal der RcickSsiiianzrcforul so wichtigen Angelegenheit sich schieben und stoßen läßt. Aus dem internationale» Vergarbeiter-Eongreß geht eS fast so stürmisch her, wie aus einem — FrietcnSeongrcß. Die intcrnalionale Glcichbeit und Brüderlichkeit scheint nnr für das gläubige soeialistische Volk da zu sein, die Hohen priester wachen eifersüchtig aus die ihnen zukommenden Ebren, wie das bei dem gestrigen Rangstreit bei der Bildung des Präsidiums zu Tage getreten ist. An der Heftigkeit deS Zusammenstoßes zwischen den Engländern und den Deutschen balle freilich auch ein sachlicher Gegensatz Anthell. DaS sanfte Bciseilesckicben des Herrn Singer durch die Engländer und deren nackdrücklicke Betonung des Wunsches, den Arbeitern zu helfen, nicht aber social- demokratische Propaganda zu treiben, hat die Berliner Hcchmögcndcil in gewaltigen Zorn versetzt. Schon der „Vorwärts" koimlc in seiner gestrigen Ausgabe seinen GemüthSzusiand nicht verberge», und in der Versammlung machlen sich die deutschen Mameluken Luft, indem sie den Engländer Wilson mit dem Prädieat „konservativen Mucker" beehrten. Nock, weniger glimpflich wurde mit dem Deutschen Wallstein nmaegangcn, der Namens der ober- schlesischen Bergleute entschieden gegen die Verbindung poli tischer und materieller Interessen protcstirt und sein Ein verständnis; mit den Engländern erklärt batte. Das Auslreten dieses Mannes war allerdings eine recht unbcguemc Er innerung an die Thalsache, daß die socialdemokratische» Delcgirtc» einen nur sehr kleinen Bruchlheil der deutschen Bergarbeiter repräsentircn. Von den Banketreden, welche die französische» Minister Spnller uud.Raunal letzter Tage gedalten haben, ist von hervorstechender politischer Bedeutung nur die des Ministers deS Innern, i» welcher derselbe als Gast der Lyoner Municipalität mit Anspielung aus den jüngsten schutz- zöllncrischcn Feldzug sagte, er hosse auf die Zukunft deS FreihandelSsystemS, die Handelsbeziehungen Frankreichs zu allen Tbeilcn der Welt müßte» einen größeren Aufschwung nehmen. Wenn mail bedenkt, daß, wie Pariser Blätter versichern. Frankreich noch immer unler dem Zeichen des crtrcmcn Mctine'schc» Protektionismus steht, daß die Mehrheit der Kammer dem Vater des französischen Schutzzoll systems treue Gefolgschaft leistet, und daS Ministerium selbst mit Rücksicht auf diese Sachlage kürzlich lieber eine Abkühlung der freundschaftlichen Beziehungen Rußland in Kauf nahm, als daß cS auch nur einen >stein in der Schutzzoll- mauer zu lockern gewagt hätte, kann man nicht anders als die Aeußerung Raynal'S als in hohem Grade auffallend und sensationell bezeichnen. Zwar daß im Sckooße der Regierung von jeder eine sreibändlerischc Strömung vor handen war, baden wir des Ocfteren »achdrücklichsl betont, und erst vor Kurzem konnten wir die Tbalsache verzeichnen, daß bei einem Banket der Pariser Handelskammer weder der Eonseilpräsitent noch der HandclSminister Marty cS für geboten erachteten, die von dem HaiirelSkammer Präsidenten ausgesprochene Hoffnung aus eine baldige Wendung in der Zollpolitik der Regierung zu entkräften, daß sie cs viclmcbr an Versprechungen, wenn auch nur unbeslimmler Art, nicht fehlen ließen, allein von diese» Redensarten bis zu der prägnanten programmatischen ^»oncr Aciißeniiig Ramial'S war doch »och ein sehr weiter Schrill. Will man nichl annchmk», daß, wie mehrmals angckiiudigl wurde, der Minister des Innere» demnächst „fallen" werke, und daß er deshalb die Gclegcnbcit ergriffen habe, über deu Tijsereiizpunct zwischen seine» Anschauungen und denen seiner Eollcgcii Klarbeit zu schaffe», so muß man aus eine» völligen Umschwung in der Stellung deS Ministeriums zur Zollpolitik schließen. Dann aber müsste das Eabinet Pericr zu der Ueberzcugung gekommen sein, daß die srei- bäiidleriicheu Ideen sich bereits so weiter Kreise der Wäblersckaft bcmächtigl haben. daß eS deS Schutzes der bisher sebr zahlreichen Gefolgschaft MelincS glaubt cnlralhcn zu könne». Dafür scheinen allerdings verschiedene Anzeichen zu sprechen, und erst gestern wieder wurde, einer unS vorliegenden Drablmcldung zufolge, in Paris ein Verein zur Wi ederank» üpfiing von Hanke lS- be ziel, ii» gen mit der Schweiz begründet, welchem eine ganze Reihe von Handels- und SyndicatSkammern sofort beitratcn. Morgen findet die conslituirende Versammlung stall, und daS „Äourn. deS Döb." ermalmt die sranzösischcn Exporteure, sich den zwischen Deutschland und Spanien bestehenden Zollkrieg zu Nutze zu machen, um daS verlorene Terrain wieder zu erobern. Jedenfalls geht man nichl fehl mit der Annahme, daß die Hoffnung des Ministers deS Innen« aus den Sieg der FrcibandelSlekre srükcr in Er füllung geben dürste, als man bisher erwartet balle, mag nun daS Ministerium Perier oder welches sonst die Führung im Kampfe gegen den MeiiniSmuS übernehmen. Daß die konservative Partei in Spanten klug daran getha» bat, der liberale» Regierung gerade auf dem Gebiete der HandclSvcrtragSpolitik, insbesondere soweit Deutschland in Betracht kommt, ernste Schwirigkeilen in den Weg zu legen, darf nach den Verhandlungen des Senats über den deutsch-spanischen Vertrag wohl bezweifelt werden, denn bei denselben hat es sich herauSgestciit, daß EanovaS, der ehemalige konservative Ministerpräsident, s. Zt. nahe daran war, mil Frankreich ein festes Vertragsverhäitniß lediglich aus Grund der gegenseitigen Meistbegünstigung e««ugebc>l, was nicht« Anderes bedeutet hätte, »tS sich Feautz reich mit gebundenen Händen aiiSzuliefern, ohne irgend eine Erleichterung der spanischen Einfuhr nach Frankreich zu erlange». Denn war erst Frankreich im sicheren Besitze der Meistbegünstigung, so musste Spanien entweder sich von den meisten übrigen europäischen Staaten wirthschastlich isolircn oder Frankreich alle den letzteren gemachten Zu geständnisse ohne Gegenleistung in den Schoos werfen. Die Eonservativen hätten jedenfalls besser gcthan, ihrer Tactik den Schein zu wahren, als hätten sic der liberalen Regie rung gegenüber die einheimische Industrie zu schützen, und wären vorthcilhaster berathen gewesen, wenn sie sich ein anderes Feld ausgesucht hätten, auf welchem sie daS liberale Eabinet aus dem Sattel heben wollen: auf dem Gebiet der Handelspolitik habe» sie kein gutes Gewissen. Eö ist zu hoffe», daß diese Enthüllungen allen schwankenden Eiemcnten der Regierungspartei die Augen darüber öffnen werden, daß die von den Eonservativen behauptete Schädigung der spanischen Industrie lediglich ei» Vorwand ist. um das längst ersehnte Ziel zu erreichen: Sturz des Ministeriums Sagasta. AuS den russischen Ostseeprovinzen bringt die Nowoje Wremja" die Meldung, daß nach einer vom Departement für fremde Confessionen auSgearbeileten »eiicii GesktzeSvorlagc die gu l Sbe rrlichen Patronate über die evangelische» Kirchen in den Ostseeprovinzcn ausgehoben werden sollen. Die Ernennung der Prediger oll aus Vorschlag der Gcneraisupcrintendcnten in Zukunft durch das Departement für fremde Eonsessionen direct er folge». Tie Bureaukratic teS griechisch-orthodoxen Staats- wclcnS wird also in der evangelischen Kirche der Oslscc- provinzcii küilftigbü, nicht nur ein Bestätigung--, son der» ei» förmliches EriicnniliigSrecht auSüben, und die Abhängigkeit deS Protestantismus, der schon gegenwärtig bei jedem neuen Kirchenbau ans die Laune des russischen Bisckofs angewiesen ist, wird dadurch vollständig. Die mit StaatS- länkereic» auSgeslatlelen sogenannten „Kronsprediger", die in Livland »iid .Kurland über ein Drittel der gesammten Geist lichkeit Hilde», in Estland aber gar nicht vertreten sind, waren schon früher i» eine gebundenere Stellung vcr- etzt. In welcher Weise die Regierung sich mit den gutS- kcrrlichcn Patrone», die alle i» Frage kommenden Pastorate gegründet und auSgestattct haben und auf ihr Er- neinilliigSreckit wobt zu Gunsten der Gcmcindcn, aber gewiß nicht zu Gunsten der russische» Bureaukratic verzichten wollen, recktlick auseinander setzen wird, erscheint vorläufig rälhsclbast. Soviel aber läßt auch dieses „gesetzliche" Vorgehen gegen die evaiigeiischc Kirche wieder erteiinc», daß diejenigen einem unbegrüiidelc» Optimismus huldigen, welche den Anbruch einer besseren Zeit für die nichtortbodoxe» EonfessionSkirchen im Zarenreiche schon gekommen glaube». Noch hat der Oder- proeurcur des heiligen SnnorS, der berüchtigte PobjedonoS- zew. daS Ohr Alexanders III., und was die evangelische Kirche von ih», zu gewärtigen hat, weiß man ja leider zur Genüge! Wenn die jüngste» Vorfälle in Britisch-Andir», daS Be schmieren der Mangobäume in Behar und die Mititairrevotte i» Agra, auch nicht die weittragende Bedeutung baden sollte», die ihnen von Kennern Indiens zugeschrieben wird, so muß ma» sie immerbi» als bedeutsame äußere Symptome jenes nationalen Siechthums ansebe», ans das an dieser Stelle wiederholt bingedeulct wurde, ein Sicchthnin, welches die jüngst veröffentlichten amtlichen Blaubücher über Indien eher verheimlicht als auS der Welt geschafft baden. DaS erste von den Plaubüchern soll Zeugniß ablegen von dem uwraUjcheu «a» ««teriellen Fortschritt, de« Indien unter der englischen Regierung gemacht bat, während der zweite amtlichc Bericht, über die Streitigkeiten zwischen Hindus und Muba- medancrn, den Beweis liefern soll, daß die englische Rc- aieruug zwischen den hadernden Religionen in Indien das Amt eines gerechten Schiedsrichters verwaltet. Tkatsäckstich wird der unparteiische Beobachter durch diese Blaubüchcr in der Ueberzcugung bestärkt, daß das Grundübel. an welchem Indien siecht, die endlose und immer weiter um sich greifende Ausbeulung, um nicht zu sagen AuSplünde- rund deS indischen Volkes zu Gunsten der anglo indischen Bureaukratic ist, welche, den Ernst der Finanzlage mißachtend, ihr Möglichstes tbut, um die Eingeborene» von der Tbest nähme an der Verwaltung scruzubalten Sebr zutreffend bemerkt in dieser Hinsicht der Londoner Eorrespondcnl der »ürks. Ztg ": Was Indien nöthig hat, ist größere Sparsamkeit in der Ver- Wallung, welche mehr als bisher der Fall ist, den Eingeborenen selbst sollte auSgehändigt werde». In der Thal wird der schlimme Zustand der indische» Finanzen von Sachverständige» als die größt« Gefahr angeieke», welche die Sicherheit und Beständigkeit der eng lischen Herrschaft in Indien bedroht. Trotz jeiner ungeheuren Ausdehnung ist Indien übervölkert: ans dem Nationalcongreß in Lahor« wurde die Tbatsache betont, daß von den Ein wohnern Indiens 50 Millionen fortwährend am Hungertuch Feitillotsir. 2m feindlichen Leben. kk> Roman von I. Schwabe. iSiachdriick »erbeien.) (Fortsetzung.) Die sogenante Remise war ein großer virrcckiczer Raum der schon vor seiner Benutzung als Rose'S ArbeilSsaal, zu einer mechanischen Werkstätte avancirt war und deshalb einen gedielten Fußboden und große Helle Fenster hatte und sich im Winter ganz gut beizen lassen würde. Hier konnten 15—29 junge Mädchen sitzen an Tischen oder an Stickrahmen. öS saßen auch bereits sebr viele La und wo die eigene Arbeit noch nicht auSreichte, da Halle sie immer noch einen Borratb an« fremden, auswärtigen Geschäften und lohnte sie auch schlecht diese fremde Arbeit, so lernten die Leute doch arbeiten dabei, lernten sich überhaupt an eine regelrechte Beschäftigung gewöhnen. Und daS war auch schon ein Gewinn. Auch die Kinder beschäftigte Rose mit und für diese, welche in der freien Zeit völlig verwabrlosten, wurde die Arbeit eine wahre Wohlthat. Daß ihrem zarten Körper nickt zu riet zugemutbet werde, daß ihnen genügend Zeit zum Spiel unter guter Aussicht blieb, auch dafür hatte Rose ernsthaft gesorgt und ihre Eläre stand ibr treulich darin bei. DaS stille Mädcken hing voll unendlicher Dankbarkeit an ibrer Netterin, Rose konnte sich unbedingt auf sie verlassen und sie nahm bald als besondere Vorsteherin der ArbeitSstube einen hervorragenden Platz in Rose'S kleinem Reich ein. Herr Doctor Franz Berger aber kam eine- Tage« wirklich, sich diese- kleine, selbstgeschaffene Reich aiiznsebeii. Er kam »» einem Vormittag sammt seiner Gattin, er war sehr höflich, sehr liebenswürdig und sagte von Zeit zu Zeit zu seiner Krau: „Sieh, liebste Louise, wie hübsch! — Betrachte Dir doch diese reizenden Blumen, liebste Louise!" Die liebste Louise »teressirte sich im Grunde sebr wenig für da« Alles, bestellte sich aber doch rin paar elegante Sopbakisscn und rmpfabl sich »>t der Miene einer Fürstin, welche eine von ihr gegründete ToblihätigkeitSanstalt besucht hat. Und Erwin ? O, Erwin — er war ganz eifersüchtig sch chr» Wirkungskreis. Sr fürchtete ernstlich, er «erde künftig erst in zweiter Linie kommen. Ein Weib solle nur in seiner Liebe leben und die ganze Welt nur mit den Augen des Geliebten ansehcn. Gegen das Schreiben balle er nichlS einzuwenden gehabt — würde nicht ihre Liebe in allen Gedichten, in allen Geschichten den Gruntton bilden? Würde er seine Rose und deren eigenstes Wesen nicht in all ihren Bildern wiedersindcn? Ader auf den Boden dieses geschäftigen Lebens vermochte er ibr nicht zu folgen, er fürchtete, daß sie sich ihm entfremde, ihr Herz ganz in ihren Unternehmungen aufgehen lasse, und wen» er daran denke, sie zu sich zu rufen — — werde sie ihm vicllcickt einen Buchhalterpostei, in ihrem inzwischen inS Riesenhafte angewachsenen Geschäft anbicten, da sic sich nicht werde entschließen können, ihre blühende Schöpfung zu verlassen. „Nein, mein süßer Liebling, da« wird nicht geschehen", schrieb ihm Rose herzlich. „Wo Du hingcbst, da will ich auch hingehen, wo Du bleibst, da bleibe ick, a»ch. Unk habe ich Alle- erst am Schnürchen, so will ich schon dafür sorgen, daß mich jederzeit eine andere ersetzen kann. Ich wüßte auch wohl schon Jemand dafür, aber wie lange schon hörte ich nickt« mehr von ihr!" Wie im Fluge ging ihr so die Zeit dahin, oha« Sehnsucht, in segenspendrnker Thätigkeit. Der Herbst stand vor der Thür, sie bemerkte e< kaum. Schon blühten im Gärleden die bunten Astern und die wenigen hochstämmigen Rosen sammelten ihre Kräfte zur letzten Sommerberrlichkeit — würde er noch kommen, ehe der Winter seinen Einzug hielt? „Ich komme, mein Herz"j, schrieb er ihr; „ick war sehr fleißig und ich komme bald!" Wann? — Wann? 18. Herr Eckardt saß dabeim in seinem hockst behaglich au« gestatteten Zimmer und lachte. Er hielt einen Brief in der Hand, ein offenes Kästchen stand neben ihm und er lachte, er lachte so spöttisch, so höhnisch und dann so übermüthiz sicgeSgewiß dazu. „Also doch!" murmelte er halblaut. „Und aus so weiter Ferne! Was wobl Frau Baronin dazu sagen wird, wenn ich ibr dies Abenteuer erzähle? Pikant, a>i> Ehre! — Und ein Andenken an die totte Freundin — eS ist gut, daß sie endlich todt ist, die arme Freundin, die sie immer al« Puppe verschiebt. Es ist eigentlich bodenlos albern und wenn sic nicht ein so verteufelt hübsche« Mädchen wäre, würde ich mir die Müde wahrhaftig nicht machen! — Aber, weiß der Kukuk, ich sah noch keine schöner« als fiel FamoS war sie damals bei der alten Excellenz in dem weißen, idealen Ge wände — sic hatte immer so etwas Ideales an sich!" „Romantische Verrücktheit", nannte cS die Baronin; sie hat immer so kräftige Ausdrücke die kleine Baronin. Und etwa« romantisch verrückt ist ohne Frage diese Geschichte niit dem goldenen Herzchen der verstorbenen Freundin, na, ich nehme cS. wie eS gemeint ist und hänge das Herzchen als anbctendeS Herzchen der schönen Rose an die Uhr — cS wird sich ganz hübsch da ausnchmcii! Es ist z»»i Glück eckt, die Perle auch nicht schlecht, und wenn sie sich etwa mit der Perle selber bat vergleichen wollen — man könnte eS sich wirklich noch überlegen, ob cs nicht dock vielleicht der Müde wertb wäre, die Perle auS den« Straßbcrqcr Sande auSzubuddeln! — Straßberg — wo liegt das Hest? Ein bischen weit, beinahe eine Tagereise — berübmte Kupfer bergwerke dieses Herrn von Berger, vormals TboniaS Krause — h»>! — Zuvor aber muß ick, eS der kleine» Baronin erzählen und dem gestrengen Herrn Hauptmann. Er schien doch auch ein wenig für die seltene Perle zu sck'wäriiicii und Frau Baronin begann bereits eifersüchtig z» werben — datier der rasche Bruch. An die auSgesprcngte Geslbickle von der Blamage in der Kunstausstellung glaube ick, »iebt, das war zu kindisch. Eine Verkäuferin in einem anständigen Geschäft ist doch kein ausgelesenes Zigeuncrmäkck'en! — — — — Uebermorge» ist Gastspiel in B. Ich babe mit der Rück kehr Zeit bi« z»m nächsten Tage. Tie beiden werden Augen macken» wenn sie daS Herzchen bier baumeln sebcn und ich ihnen erzähle, wie ich dazu kam " Und er hielt Miezchens Herzchen vorsichtig zwischen zwei Fingerspitzen an dem kleinen Ring, an dem eS hing, und ließ cS lustig hi» und her schaukeln. Machte sie wirklich so große Augen? Sie lackte ihn zu nächst gründlich auS, die kleine Baronin, da er ihr die Ge schichte erzählte, sie glaubte >dm einfach nickit. Und Frau Melanie freute sim, daß eS endlich einmal etwas zu lachen gab. — E» war so langweilig wieder, seit Rose fort war, so bodenlos langweilig! Auch der Hauptmann kam viel seltener als sonst »nd dann Ikat er immer so gcheiinnißvoll, und eS lag dock soviel stille« Glück in seinen Augen, und dabei war er so zart rücksichtsvoll und doch so kühl verschlossen — was hatte er nur? Soll er endlich — endlich —! Frau Melanie dachte schon längst nicht mebr an ihre alten und modernen weisen Heiden, man fand sie oft zerstreut, entbehrte ihren Witz und sie Lachte nur» wird er endlich komme», endlich, endlich ihr sagen — ? Sein Roman war doch fertig — man sagte, er sei brillant — ibr batte er ibn noch nickt gcbrackt, aber er batte ihr »c schrieben, daß er ibn frei macke, ganz frei — nun brauchte er sich nickt- mebr von seiner Frau schenken zu lassen! Run konnte er komme» — warum nur kam er nicht? DaS Geld — cS hatte ja Zeit — er war ja trotzdem frei — ob er beule oder morgen kam. Wen» nur er selbst kommen wollte! So grübelte und grübelte die schöne Frau — seil Tagen schon. Sie ging nickt ans — er mußte ja kommen! Aber nur der edle Sänger kam mit seiner lustigen Mär — cS war mir eine Ertötung, das; sic lacken konnte. „Wieder dieses Mädcken! Es ist wirklick zum Lacken! Sie war etwas verrückt unk batte eine wunderbar bohc Meinung von sick, aber daß sic Ihnen goldene Herzchen schickt — das, mciil lieber Freund, das glaube ich Ilmen nicht." „Aber Ich werde Ilmen ihre Handschrift zeigen — sie kennen doch ikre Handschrisl?" „Nickt sehr genau; nur flüchtig — sie bat mir nie ge schrieben." „Aber Herr von Hochbeim?" „Herr von .Hochhcim", fuhr die Baronin aus, „wie koinmcn Sie daraus? Meinen Sie, daß Herr von Hochbeim und die Müller —" „Ich weiß gar nickt-, meine Gnädigste", tackte nun der Sänger, mit Mübe einen leisen Spott über ihre Erregung unterdrückend. „Ich dachte nur — ick meinte bemerkt z» baben — daß sie auch mit ihm kolctlire; und dann spielte sie sich koch auch als Schriftstellerin aus — wobt nur »m Frau Baronin in »icklS iiachzusicben — und ick börle dock, einmal in Gesellschaft erzäklen, daß Herr von Hochbeim einige Geschichkchen, oder Gckichtchcn der Müller in irgend einem Blatte »ntcrgcbrack'l — »linkcstens muß er da ihre Handschrift kennen!" „Ja — so — daran kackte ich längst nickt mehr"» sagte die Baronin leise gähnend. „Nun, mir ist eS gleich, ob die Müller Ihnen goldene Herzchen schickt oder nicht. Schreiben Sie ibr eine nette DankcSepistel und sie wird wahrscheinlich höchlichst beglückt sein „Meinen Sie? Nun, ich dachte eigentlich, noch einmal den Versuch zu machen, sie der Bühne zu gewinnen." „Meinetwegen — was geht mich das Mädchen an! Macken Sie eine Komödiantin aus ibr, sie hat viel Talent dazu, machen Sie sie zu Ihrer Geliebten — Ihrer Frau, wenn Sic wollen, mir ist t» wahrhaftig glrichgiltig!" Und wieder gähnte sie
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