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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.06.1894
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-06-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940618015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894061801
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894061801
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-06
- Tag1894-06-18
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ll» I«,- l«» »1« 1AZU «Li lvLso , il»- VezugS-PreiS E tz« H«ptexpedition oder de» im Ltadt» tz«ir1 mld de» Vororlen errichteten Au«. stelle» ,»,e»,lt: vl^teljädrltch ^l«ckOz »ei zwrmiatiaer töglicher gustell»»- in« h«4 SchO. Durch di« Post bezogen für D«»tschl-ud »nd Oesterreich: viertel,Shrlich -I L—. Direet« ttglich» Dre»^emdi«nd«n, i« AillaLd: monatlich 7.50. Die Viorgen-Lvlgabe »richetnt tägllch V«? Uhr, die Al»e»tz->u«-ab« Wocheot»^« L Uhr. lredartto« rmd LrprRtia»: J»tz«»»«4««sse 8. Dst lrvedtllo« ist Wochentag« »»«nterstroch» «, ftsth « bi« «i»»d« 7 Udr. Filiale« vtt» Me««'» Lorii«. Mlfrest Hast»)» llniversttüttstrai» 1, LMt» Lösche. Miherinenstr. 14» »art. »nd KS»ia<vl«tz st. Morgen-Ausgabe. 'tWMClMblalt Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- nnd Geschäftsverkehr. Anzeigen-Prei- dle 6 gespaltene Petitzeile 26 Pfg. Nrclamea unter dem Rrdaction-strich l4g»> spalte») bO^t, vor den Yamilieanachrichtr» <6 gespalten) 40-4. Größere Echristrn laut anserem P«iS- »«teichaiv. Tabellarischer und Jifferojatz »ach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gesalzt), aar mit de» Morgen-Ausgabe, ohne PostbesSrdernng 60.—, mit Poslbestrderung 70.—. ^naahmeschluß für Anzeigen: Abend»Au-gabe: vormittags 10 Uhr. Morgen -Ausgabe: Nachmittag« 4 Uhr. Sonn- und Festtag« früh '/,0 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je «in» halb« Stund« früher. N»»ei>e« sind stet« an di« Expedition zu richte». Druck und Verlag von L. Pol» ku Leipzig. Montag den 18. Juni 1894. 88. Jahrgang. 183.- »77.— 170.7» 1LS.- 110- 2I4»0 70.- »4».- 7,.- Sd.»o 87^- 138.- 1»3,- I0S — 67.- »»8.S0 108,- so.— »ro.— »7.- ss.— V4- sL.ro 3»7-, 167.20 112« mro 77.LV so-, »83>, «1 I3i.IS 137- I8L.I0 13S.10 07 »0 286', ISU.- 128.50 »1L0 128 20 iis.ro 123.— 151.50 tsa —. 13t.« 13010 1»^0 ILS« 123.70 V7.S0 os.io «1.33 V.S7 127 7» 213L0 316 00 U «7t.»0 6ruat. 15». ro-, 13'^ SS 38 rs 23'« el>«a 26-, -cbtrolt 10S-I, IS 2800- «3.7» OL.— »31 — «eo 8S - »rsso 2V.I6-, v>. 22 68 IV. wit 3» -ertk« r» r 8p»m«e >>> »3» t »31 >r >ri>, >o »77 > IV1 Bestellungen auf Reiseabonnements nimmt entgegen und führt für jede beliebige Zeitdauer aus äle Lxpeclltloii äes iLtzlprlser l'LKtzdlLttvs, Johannisgasse 8. Amtliche Bekanntmachungen. Lekanutmachung. Wegen ASphaltirung wird die Eeorgenftratze i» ihrer Ausdehnung von der Schützen- bis zur Wintergartenstraße v«m SO. dieses Monat» ab «s die Dauer der Arbeiien für allen Fährverkehr gesderrt. Leipzig, am IS. Juni 1864. Der Math der Ltadt Leipzig. IX. 6577. vr. Ge arg 1. Maneck. Wegen Reinigung der Räume de« Leihhauses und der Spar- cafse werden dies« am Montag, den SS. Juni 18V4» für den Geschäftsverkehr geschloffen lein. Leipzig, den lg. Juni 1864. De« Math» Deputation für Lethhan» und Sparkasse. Politische Tagesschau. - Leipzig, 17. Juni. Da in Berlin der von der Tocialdemokratie gegen da» Vrauerei-Ecwerbe geführte Kampf, statt nachzulassen, einen immer heiligeren und immer weitere Kreise berührenden und bedrohenden Charakter annimmt, s» mehren sich auch die Erörterungen der Presse über die Frage, mit welchen gesetz lichen Mitteln der Wiederkehr ähnlicher Borgänge vorgebeugt werden könne. Darüber ist man so ziemlich einig, daß dir dieser Tage in Erinnerung gebrachte Fassung, welche dir ver bündeten Regierungen in dem Entwürfe der letzten großen Gewerbeordnungsnovelle dem tz. 153 der Gewerbeordnung geben wollten, nicht hinreichen würde, dem Terroris mus der Socialdemokratie Schranken zu setzen, da in dieser Fassung nur solche Verrufserklärungen, durch welche Arbeitgeber zur Entlassung von Arbeitern bestimmt oder an . der Annahme von Arbeitern gehindert werden sollen, nicht aber solche, durch welche Arbeitgeber an der Entlassung von Arbeitern gehindert werden sollen, mit Strafe bedroht werden. Es tauchen daher neue Vorschläge auf, die an gesetzliche Be stimmungen anderer Staaten sich anlehnen. Diejenigen, welche die Anregung geben, die Anstifter der BoycotlS im Wege des CivilverfahrenS zum Schadenersatz anzuhalten, übergehen wir, da, wie wir schon kürzlich betonten, in den meisten Fällen bei den Boycottern nicht viel zu holen ist und die civilrechtliche Sühne auch nicht dcrS Wesen der Sache trifft. Weit geeigneter erscheint uns der Vorschlag, den die .Hamb. Nachr." in einem Artikel machen, der zwar die im Jahre 1891 erfolgte Ablehnung deS damals vorgcschla- genen §. 153 beklagt, aber auch darauf binweist, daß die Annabme dieses Paragraphen die rechtliche Lage des gegenwärtigen Berliner BoycotlS nicht verändern würde. „Wir haben" — so heißt eS in dem Artikel — „den da maligen Regierungsvorschlag zu tz. 153 auf» Entschiedenste befürwortet, seine Ablehnung bitter getadelt, und sind noch beute von seiner dringenden Nothwenvigkeit überzeugt. Aber ibn mit der heutigen Boycottfraqe verquicken, heißt die TazeSwirren und eine zweckmäßige Ergänzung der Ge setzgebung erschweren, wenn nicht gar verhindern Was bei dem gegenwärtigen Berliner Vorgänge am meisten das Interesse in Anspruch nimmt, daS ist nicht der Kampf, welchen die Socialdemokratie gegen die bo»cottirten Brauereien führt, sondern eS ist der Terro rismus. mit welchem sic Dritte zu nöihigen versucht, sie in diesem Kampfe zu unterstützen. Ein Specialverbot deS Boycott- als wirthschaftlicheS Kampfmittel würde starke Bedenken gegen sich haben. Wenn aber einer der kämpfen den Tbeile sich herauSnimmt, sich die Hilfe voll ständig Unbetheiligter erzwingen zu wollen so ist der Staat den also Bedrohten seinen Recht« schuh schuldig. In dieser Weise verhält eS sich gegen wattig in Berlin mit den zahlreichen Gastwirthcn. Budikern v. s. w., welche von de» Socialdcmokratcn ebenfalls mit dem Boycott bedroht werden. Ist dies gestattet, so ist nicht einrusehen, warum die Socialdemokratie nicht auch jeden Anderen, der da» Bier der boycottirten Brauereien verzehrt, in einer ihr wirksam erscheinenden Weise bedrohen dürfte. Leider aber versagt hier unsere Gesetzgebung. Nicht so die englische. AuS ihr würde hier folgende Bestimmung zutrefien: ..Wer in der Absicht, ein« «nderr Person zur Begehung oder Unterlassung einer Handlung zu nöihigen, welche di« fragliche Person zu begehen oder zu unterlassen »in gesetzt che« Recht hat, unrecht- witziger Weise und ohne dazu gesetzlich ermächtigt zu sei», eine solche Perlon einschüchtert oder deren Vermögen beschädigt, wird besiraii" Hoffentlich Hort man bald einmal, daß in Regierung- Krisen rin gesetzgeberische« Vorgebea in dieser Richtung ,nS Auge gefaßt wird!" Vorläufig verlautet allerdings noch nicht« darüber, daß von einer der verbündeten Regierungen eine Anregung zu einem abermaligen versuche gesetzgeberischen Vorgehen« auSgegangr» sei. In Anknüpfung an die Mißerfolge der freisinnigen HsllSpnrtei bei den jüngsten Ersatzwahlen zu», Reichstag welche nur die große Niederlage der Partei in den all gemeinen Wahlen de- vorigen HahreS fortsryen, gehen jetzt dnrch dir freisinnige Presse allerlei bittere Auseinander setzungen mit der Parteileitung, insbesondere mit de» -roßen Heerverdrrber Eugen Richter, und Selbst betrachtungen, die manches treffende und offenherzige Wort enthalten. Mit Ausnahme de« engsten Kreises der officiellen Parteileitung, der jeden Zweifel an einer Unfehlbarkeit »iederznschreien sucht, durckzicbt allgemein die freisinnigen Betrachtungen die Erkeniitniß. daß eS so nicht weiter geben kan», daß eine gründ liche innere Umkehr und Umgestaltung nothwendig ist, wenn der Liberalismus in seiner fortgeschrittenen Richtung nicht jeden Einfluß auf das politische Leben verlieren und mehr und mehr sein Ansehen im Bürgerthuin cinbüßen soll. Frei lich werden in diesen Betrachtungen und Kritiken selbst Zweifel geäußert, ob eine Reform, welche die entschiedenere Richtung de» Liberalismus wieder in die Höbe bringe» könnte, setzt noch möglich sei. Rcaction in der verschiedensten Art auf der einen, Socialdeniokratic ans der andern Seile haben, da» kann sich Niemand mebr verhehlen, den bürger lichen Liberalismus stark in dir Klemme gebracht, und da« allgemeine gleiche Wahlrecht, das allen extremen AgitalionS- parteien förderlich ist, wird dieser Entwicklung immer mehr Vorschub leisten. Die freisinnigen Nefornibetrachlnngen geben vorzugsweise von der Erkeniitniß au», daß die bisherige voll- ländige Negation gegenüber den socialpolitischcn Fragen, die jetzt wie keine anderen die Zeit beherrschen, nicht mehr auf recht erhallen werde» könne. Aber über allgemeine Rede wendungen ist man dabei noch nicht binweggekomliien, und überall klingt der Zweifel heraus, ob gerade iu diesem Puucl die freisinnige Partei noch fähig zu einer Reform und zu posi tivem Schaffen sei. Das überlebte „nianchcsterliche" Princip, welches jede Einmischung de« Staate» in die socialen und wirthschaftlichen Verhältnisse für iiliwirtsain und schädlich er klärt, steckt der Partei zu tief in den Knochen, als daß sie ernstlich davon ablassen könnte. Und das ist eS auch picht allein, was daS freisinnige Lager inimer verödeler gemacht bat. Auch auf fast allen aiweren Gebieten dcö öffentlichen Lebens hat die Partei seit Jahrzehnten eine vollständig vcriieiiicnde, ab weisende Politik verfolgt. Nirgend- hat sie Vcrständiiiß und Interesse für volkSbcwegende Fragen oder die Lösung nvth- wcndiger Staatöaufgaben gezeigt. Bei allen großen natio nalen Anliegen bat sie versagt, der Reform unseres HeereS- wesrnS hat sie sich stet» widersetzl, jedem Versuch, Reich und Staat aus vernünstige „ud balllarc finanzielle Grundlagen zu stellen, hat sie Widerstand gelristel, den Eintritt Deutsch lands in die Reihe der Eoloniaiiiiächtc hat sie mit Haß und "ohn bekämpft, die Landwirtbschasl bat sie sich ans ewige eiten zum Feind gemacht. DaS Alle» ist durch ein neues Programm nicht wieder gut zu machen. Die Bewegungen, welche der Vertrag vuglanVS mit der Regierung de» ikongostaates vom >2. Mai hervorgerufe» bat, geben nach zwei Richtungen. Während in Europa unter den Regierungen zu London, Paris, Berlin und Brüssel ein MeinunaS Au-tausch statlfindet, ist im innere» Afrika am Ubangi-Mbomu eine Art Kriegsschauplatz vorhanden, au welche», sich kampfbereite Truppen Frankreichs und dcö CongostaateS gegenüberstehen. Von Pari» wie von Brüssel aus kommen Nachrichten, au- denen bcrvorgeht, daß das Bcrhältniß zwischen den beiderseitigen Stationen und deren Insassen ein gespannte- sei. Unter solchen Umständen ist eS nicht unmöglich, daß ein Zufall zu einem bewaffneten und blutigenZusammenftoße führt. Dennoch hegt man an allen mebr oder weniger betheiligten Stellen die Hoffnung, daß eS zum Ausbruch von Kämpfen dort nicht komme» werte. Wenn auch der Congostaat dort viel größere Truppenmengen beisammen hat, al- die Franzosen, so gilt eS in den maß gebenden Kreisen doch für ausgeschlossen, daß man es in Brüssel bis zu einem offenen Kampfe kommen lasten werde. Ei» solcher bewaffneter Conflict würde alle friedliche» Verhandlungen abschiiciten und mit der Neutralität deS CongostaateS auch diejenige Belgien» bedrohen. Die fran zösische Regierung setzt allerdings ihre Vorbereitungen fort, um ihre Streitkräfte in jenem Gebiete so zu verstärken, daß sie ihre Pläne wohl auch mit Gewalt durchführe» könnte. Der Colonialminister hat, nachdem ihm von beiden Kaniincrn die geforderten l,8 Millionen bewilligt worden sind, sogleich verschiedene Maßnahmen getroffen, um daS ausgestellte Programm möglichst schnell zur Ausführung zu bringe». Zunächst kommt der Transport der Expedition Monteil aus dem Congo und dem Ubangi in Frage, darum hat der Colonialministcr zwei Danipsschaluppen mit Doppelschraube» aus Aluminium bei einer Privat-Schisfbau-GcseUschast i» Bestellung gegeben mit der Bedingung, daß sie in möglichst kurzer Zeit hergestellt werden. Alle diese Vorbereitungen tragen einen sehr kriegerischen Charakter, doch wird eS noch geraume Zeit dauern, ehe dir Expedition Monttil mit allem Zubehör beisammen und dann weiter am Ubangi angelangt ist; darüber wird der Rest de- JakreS vergangen sein Vieles spricht für die Ansicht, daß Frankreich solche öffentlich betriebene Anstrengungen hauptsächlich dc-balb macht, um einen Druck auf Brüssel aiiSzuübcn und so die mit England eingelcitcten Verhandlungen der Art zu unterstützen, daß ihm der erhoffte Landstrich um so eher znsällt. Tiefste Emvörung hat da- ruchlose Attentat aus de» italienischen Ministerpräsidenten CriSpi, über daS wir gestern ausführliche telegraphische Meldungen brachten, nicht nur im Lluirinal, aus dem Monte Cittorio und in der italienischen Bevölkerung, sondern weit über die Grenzen Italien«, namentlich in dem verbündeten Deutschland und Oesterreich-Ungarn hervorgerufen, und überall thcilt inan den Ablcheu sämmtlicher römischer Blätter aller Parteifarben über die verbrecherische Tbat, wie die innige Theilnabuie deS König-, der, wie der Kronprinz, den durch die Vorsehung seinem Lande glücklich erhaltenen, gegenwärtig unersetzlichen Staatsmann wiederholt bewegt küßte. Wenn >l,»i König Humbcrt da» hochehrente Zcugmß aii-stellte, die Schmerzen, welche CriSpi erleide, seien die Früchte seiner großen Beweise von Aufopferung, so batte er damit da« richtige Wort über die Motive gefunden, welche dem Anarchisten Paolo Lega den Revolver in die Hand drückten. Al- nach dem uniul-mlichen Sturze des Ministerium- Giolitti die öffentliche Meinung Italien« und die Wahl de« König« FranceSco CriSpi als den einzigen Retter in der Noth bezeichnet«», zögerte er keinen Augenblick, die fast über eine« Menschen Kräfte gehende Mission, daS ganze italienische StaatSwesen von Grund auS zu resormiren, das Land vordem finanziellen Ruin zu bewahren und als Vor bedingung aller Reformen dc>i Feue> bi a»d der anarchistischen Be wegung zu ersticke», der in Sicilien, Massa Carrara »nd ander wärts aus dem Festland z» Hellen Flammen emporgeschlage» war und die Fundaiiiciite des italienischen Nationalstaates zu verzehren drohte, z» übcrncbnicn. CriSpi bat damals in treuer Pflichterfüllung, ohne daraus zu achten, daß er sich dieSympathic» einer große», auch i» der Dcp»tirtc»kami»cr zahlreich ver tretenen VevölkerungSclasse entfremdete, mit der ihm eigenen Energie fest zugegriffen und der anarchistischen Hydra die Häupter abgeschlagen. Er bat »anieiitlich den sccialistischcn Abgeordneten De Felice. die Seele der ganzen Bewegung, dem Kriegsgericht überliefert »nd auf Jahre hinaus »»schäd lich gemacht. DaS konnte ihm die social-aiiarchisti-'chc Propa ganda nicht vergessen, und darum sandte sie den Mordbuhen Paolo Le-za wider ihn auS. Die Kugel hat ihr Ziel verfehlt, ja eS dürfte sich bald zeigen, daß der Geist, der BöseS wollte, daS Gute geschaffen hat: die großartige» Sympathickundgebuiige», mit denen CriSpi geradezu überschüttet worden ist, werden, wie sie von einer tiefgehenden Begeisterung für den gegenwärtig größten Staatsmann Italien- zeuge», gewiß dazu beitragen, daß kleinliche Ausstellungen einer mißvergnügten Opposition an seinem durchgreifenden Reformwerke von der Tages ordnung. die sie bisher ausschließlich beherrscht, verschwinden, nachdem Paolo Lega Italien zum Bewußtsein gebracht hat, waS eS ohne CriSpi wäre. Die Aussichten auf Annahme deS deutsch-spanischeu Handelsvertrages seiten- der Madrider Corte» innerhalb der deutscherseits bezeichnten Fristgrcnzc, d. h vor Schluß der lausenden Kammertagung, sind bi» jetzt noch keineswegs günstig. In den dem Bcrtraac freundlich gesinnten politischen und gewerblichen Kreisen jenseits der Pvrcnäen hat eS, wie Madrider SiluationSbcrichte erkennen lassen, ei»iycri»aßen be fremdet, daß der Ministerpräsident Sa gast a sich seine» College» vom auswärtigen Ressort, M o r e t, welcher mit großeinNachkruck für Annahme der Handelsverträge im Allgemeinen und des Vertrages mit Deutschland inSdesvndere, in der Kammer ein- gelreten war, ja a»S der Annabme de- letzleren gleichsam ein CabkiictSfrage machte, gegenüber der nörgelnden Opposition der Contervativcn nicht kräftiger annabm. Sagasta bebandclt die Eonscrvativen mit einrr Rücksicht, welche in der ganzen Madrider Presse mit Ausnahme von zwei oder drei ministeriellen Organen dahin gedeutet wird, baß er eS nicht wagt, sich wegen deS deutsche» Handelsvertrages mit den Conservaliven zu Über werfen, d h. mit anderen Worten, daß weder der Handels vertrag mit Deutschland, »och irgend ein anderer Handels vertrag vor Eintritt der ParlamentSfrrien erledigt werden dürfte. Unter diesen Umständen ist e« nur kiatürlich, wenn die Stellung deS Ministers Mvret, der so entschieden für Verabschiedung deS deutsch-spanischen Handelsvertrages ein- gctretcn ist, als erschüttert gilt und sei» baldiges Ausscheiden auö dem Eabinet Sagasta erwartet wird, ja wahrscheinlich bereits erfolgt ist. Bezüglich Marokkos bat zwar, wie schon gemeldet wurde, nach Millheilungen de« UnterstaatSsecretairS Grey in der FreitagSsitz»ng deS englischen Unterhauses ein Meinungs austausch zwischen allen europäischen in Marokko inter- essirtcn Machten stattgefunden, wobei der allgemeine Wunsch zum Ausdruck kam, in Ucbercinstimmung zu bandeln, um den Status <,uo aufrecht zu erhalten. Allein schon der Zusatz, eS sei »och nicht beschlossen, den neue» Sultan formell anzurrkennc», zeigt, welche Garantie für einen friedlichen AliStrag der marokkanischen Angelegenheit der Ausdruck dieses Wunsches bietet. Spanien allerdings al- meist bc- theiligte Macht, die an- einer Regelung der Verhältnisse auf dem Wege diplomatischer Verhandlungen mit anderen Mächten kaum einen Gewinn ziehen dürste, möchte sobald als möglich die Erbfvlgefrage erledigt und den Vorhang fallen gelassen wissen, allein Italien, Frankreich und England ballen die Gelegenheit eines Thronwechsels doch für eine zu günstige, vielleicht sobald nicht wieder- kchrende Gelegenheit, ein Stück de» für alle drei Hlcich wichtigen Marokko in die Tasche zu stecken. Ofstciösc Stimmen aus Rom, Pari- nnd London lassen denn auch erkennen, daß man erst einmal die Dinge sich „entwickeln" lassen will, ehe man zur gemeinsamen Anerkennung Abd-nl» Aziz' schreitet, d. h. man will Zeit zu einer genügend im posanten Machtentfaltung vor und in Marokko gewinnen, um gegebenenfalls eingreifen zu können. Dieser Fall kan» sehr leicht einlreten, da eS mindesten» noch ungewiß ist, ob der neue Sultan im Innern deS Landes, wo der Thronprälcu- dent Tidi Muley Mohammed von der zweite» Residenz Mar- rakesch aus die Stämme südlich vom Atlas zu sanatisnen sucht, so ohne Weiteres, d. b. ohne Blutvergießen und Verletzung von Interessen europäischer Colonisten Anerkennung findet. Wenn nicht Alles trügt, spiegelt der Nalh deS früheren fran zösischen Gesandten in Marokko, Ordega, Frankreich und Spanien sollte» versuchen, dort ein Condominiiii» zu bilden, die Absichten Frankreichs wieder, nnv in Madrid scheint nian, wenn eS nun einmal ohne Einmischung der Mächte nicht abgeben sollte, sich mit diesem Gedanke» befreunden zu wollen, da, wie Ordega sich äußert, „Spanien weiß, daß Frankreich Marokko nicht aniiectiren, aber auch England an der Besitzergreifung von Tanger verhindern will", und England wäre in der Thal em gefährlicherer Nachbar für Spanien als Frankreich. Tie auslauchcnde Eventualität einer Verständigung zwischen Madrid und Paris und die Thalsache, Laß ein starke- sranzösischc- Geschwader nach Marokko abgegangcn ist, bat denn schon zur Folge gehabt, daß England einen Theil seiner Mittcl- meersiotte, früher als beabsichtigt war, nach Gibraltar beordert bat, aber auch Italien wird nicht verfehlen, dein Beispiel England» zu folgen, denn wie EriSpi'S „Nisorma" erkennen läßt, bat nian im Ouirinal nickt Lust, wie seiner Zeit bei der Besetzung Egypten» durch England, den müßigen Zuschauer zu spielen. Es ist also noch Alle- in Fluß und die Gesabr ernster Conflicte bat eher zu- al« abgenommen. Was Deutschland anlangt, so plaidiren heute die „Berl. Neuesten Nachr." lebhaft dafür, daß Deutschland ini Hinblick aus seine »laroklanischcn Interesse» und seine Großmachtstellnng nicht bleS ein einzelne- Schiss, sondern ein volles Geschwader nach Marokko enljendcn solle. Der Reichskanzler ist, so führt daS Berliner Blatt auS, kein Freund vo» der Verwendung unserer Flotte im übcrleeischen poli- titchcn Dienst. Er hat sich al« Ehef der Admiralität daran ge- wüinit, alle derartigen Entsendungen vom Gesichtspunkte des ge- slvrlen Aiobtlinachungsplaiies der Marine auS zu betrachten, und erachtet eS als «in Gebot der Vorsicht, unsere Kricgsschisse immer möglichst vollzählig in erreichbarer Nah« zu behalte». Ressortmäßig kann eine derartige Besorgniß gerechtfertigt sei», obwohl z. B. die Entsendung eine- Geschwaders nach Chile, welche bekanntlich im Gegensatz zu einer vom Herrn Reichskanzler im Reichstage gehaltenen Rede erfolgte, vo» Zeiten der Marine-Ressorts mit größter Befriedigung begrüßt wurde und nicht nur für die Deutschen in Chile und die dortigen Europäer überhaupt, sonder» auch für daS Ansehen des deutschen Reiches recht nützlich gewesen ist, was auch Gras Eaprivt nachträglich anerkannt hat. Gegenwärtig kreuzt die Manöverflotte in zwei Harke» Geschwadern zwischen der englischen und der norwegischen Küste, eS würde nur der Verladung von Munition bedürfen, um eiueu Theil dieser Schiffe dorthin zu senden, wo «ine angemessene Vertretung der deutsche» Flagge nicht fehlen darf, wenn Deutschland nicht seine Großmachistellung aufgeben will. Wir haben seinerzeit berichtet, daß daS vom Kaiser von Rusttaii» sanctionirtc revidirtr Strafgesetzbuch für Finnland im Großfürsteiirhuine große Bestürzung hervor- geruscn hatte. Es entstanden darüber Kämpfe im sinnländi- sche» Landtage, die jedoch den von den Finnländern ge wünschten Ersolg nicht hcrbeisühren konnten. Nunmedr hat der sinnläudische Landtag eine durch ihren politischen ManneS- inulh bemerkenSwerlhc Adresse an den Zaren gerichtet, welche ans den Eid Kaiser Alexander'» I. aus Wahrung der sinnländischcn Verfassung und aus die Nothwenvigkeit ver fassungsmäßiger Zustände im Großsürslentbume hinweist. Wir citiren auS dem Schriftstück folgende Stelle: AlS Eure Majestät die Ausarbeitung einer Entwürfe» zur Codificalion der Grundgesetze Finnlands -.mpsahl, wurde e- aus gesprochen, daß di« geltenden Grnndgesetzc dadurch nur eine deut lichere Form erhalten sollte», ohne irgend welche Aenderung des Inhalte» derselben zu erleiden Nun siick aber später Vorschläge gemacht worden, welche, die Versprechungen mißachtend, die vom Kaiser Alexander I. und seinen Nachfolgern Finnland gegeben worden sind, die Aushebung der poli tische» Tielluiig und der Versassung involr-iren, welche Finnland seit 1806 jiigeslch.crr wa>cii. Das rd!e R.itilog. s.ilü Eurer Majestät bietet dem fiiiiilsMeil Volke eine >"ara»lre dusur, daß solche Vor schläge die Giitheißnng Eurer M'ajesiät »immer finden werde»; ober schon ibre bloße Existenz bat überall im Lande große Unruhe und große Mißstimmung bervorgerusen, und das Bott srbiit sich nach dem Tage, wo ihm jede Ursache zur Be-sorgntß geiiommen werden wird. Das sinnische Volk hofft deshitb, daß die von Eurer Majeüät unlängst ausgesprochenen Gesinnungen, daß die Liechte Finnlands ungeschmälert bleiben sollen, dazu führen werden, daß ohne Mitwirkung des finnläiidischen Landtage» keine Aenderung bestehender Gesetze vorgenommeii, kein neue« Gesetz gegeben weiden wird. Die fortschreitende Russisicirung bcS Schulwesens in den Ostseeprovinzcn bat die eigenthümliche und wenig erniuthigcndc Erscheinung gezeitigt, daß der Schulbesuch in den Gymnasien in ausfallender Weise zu sinken beginnt. In Folge dessen hat man sich genötbigt geiehcn, in einigen, sonst sebr besuchten Gymnasien mehrere Parallclclasscn eingcben zu lassen. Dadurch werden auch mehrere Lekrcrstellcn vacant. Natürlich sind eS einige der wenigen noch übrig gebliebenen Deutschen, die um ihr Amt kommen, wodurch die Oualilät der Anstalten natürlich keine bessere wird. Wo man dagegen die Deutschen nicht entbehren kann, weiß man sie zu finden. Bekanntlich waren die in das letzte Attentat gegen den Zaren verwickelten Eisenbabnbeainlen der Linie Orel-Witebsk lauter Stockrussen und Griechisch-Orthodoxe, nicht ein Deutscher be fand sich unter ihnen. Wenn man jetzt in Riga begonnen bat, nach deutschen Beamten für diese Strecke sich uinzuscbcn, so mag daS seinen Grund in jener deschäniendcn Beobacktung baden. Bor gar nickt langer Zeit wurden kort alle Beamte, die nur im Berdacht standen, deutscher Herkunft zu sein, entlassen. Deutsches Reich. ^ Berlin, 17. Juni. Ob die in der vorigen LandtagS- session abgclcbiite Eanalvorlage (Tortinnnd-Nbein) in der nächsten Tagung wieder cingcbrackt werden wird, lässt ssch beute mit Sicherheit »och nicht sagen, cö gilt aber nicht ür wahrscheinlich. Die Borlagc müsslc, trenn sie bessere AnSsichlen ans Annabme bade» sollte, auf wcsentlick vcr änderten Grundlage» eingel-racht werde», insbesondere müssten sich die Näckslbekhciligtcu zu grösseren Beiträgen versieben, damit die Staatskasse gegen allzu grosse Belastungen gesickert wäre. Auch in techniscker Bczicbung wird daS Prvjcct wobl »ock einmal einer gründlichen Prüfung unterzogen werden müssen. Sonst ist bei der in der vorigen Session zu Tage getretenen ska: leu Abneigung im Abgeordnctcnbause aus eine» besseren Erfolg nickt zu bosicu. DaS verursackt aber Schwierigkeiten und erfordert längere Zeit. Dauernd aufgegcbc» wird der weitere Ausbau des deutschen EanalnctzcS ans keinen Fall; dafür bürgt die llcbcrzciigiing aller leitenden Kreise von der Not!- Wendigkeit einer Erweiterung unseres VcrkebrS aus Wasser straßen. Aber daß die grosse» Prrjcctc, die im Plaue er lege», durch taS ablebnente Botin» deS AbgeordnctcnbauteS eine» Aufschub erlitten haben, ist leider nicht in Abrede zu stellen. Auch in Bezug aus die Lösung solcher wirthsckaftlickcr Aufgaben kann man nur hoffen, dass eS bald gelingt, eine günstigere Finanzlage zu schaffen. * Berlin, 17. Juni. AuS der inhaltlich schon skizzirten Rede de- Herzogs Ernst Günther von Schleswig- Holstein sei noch Einige» ausführlicher niitgell-cilt. Ter Herzog sagte u. A.: „Von der grossen Krise, unter welcher heute der Grundbesitz unv datier auch der Avel leitet, denn derselbe basirl doch auf kein Grundbesitz, sinket sich lucr (bei der Abclsgenossenschaft. Red.) keine Spur. Der Nolbscbrci der Landwirtbschasl, die gewissermaßen unser Aller Näbr mutier ist, löitt aber in allen unseren Herzen wieder, und Keiner kann wohl lebhafter dies empsindc» als ick selber, der in einem Tbeile Deutschlands wobnt, wo er den unglücklichen Zustand täglich vor Augen bat. Wir stehen vor der Even tualität, daß vielleicht ein Drittel diese« ererbten Grund besitzes in ankere Hände übergeben wirk. Ilnd wenn nun dieses Drittel wirklich stürzt unk nickt zu ballen ist, wie viele Hunderte, die ohne eigenes Verschulden in da- Unglück gcratben sind, werten sich dann Fürsorge suchend an die Miltlbätigkeit
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