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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.07.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-07-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940713026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894071302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894071302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-07
- Tag1894-07-13
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veP»«»Vr«I, »» t« V»»pt«n>editio« oder de» im Stadt» t«trk »d de» Vororte» errichtete» Aut» «bestellen abaeholt: vierteljährlich^ 4.50, kei >««»liorr täglich«! «»stell»», in- 5.50. Durch di« Polt btjvgen sur Deotlchlaud u»d Oesterreich: viertelläbrlich a . Direkte täglich« -rruzbandiendun, 1», Ausland: monatlich 7.50. «^Uoraen-AuSgab« erscheint täglichV,7 Uhr, »d Abend-AuSgab« «ochentag« 5 Uhr. Ur-artio« u«Z Lrveditiou: Aatz«»»e»,asse 8. «»Irveditio» ist Wochentag« »nun terbroche» ^Sffnet voa srüh 8 bi- Abend« 7 Uhr. Filialen: Ott« Memm » S-rti«. iAIsrrd Hat»), Uuiversität-slrab« 1, La»«« LS,che. Aatharineastr. 1t, pari, und Nönia-platz 7. Abend-Ausgabe. Anzeiger. Lrgan für Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. Rnzeigen-PreiS die 6 gespaltene Petitzeile 20 Psg. Reklamen unter dem Redactionsslrich <1ga« spalten) k>0^, vor den Aarnilirnnachrichlr» (6 gespalten) 40-^. Größere Schritten laut unserem Preis» verzeichniß. Tabellarischer und Zissernsatz nach höherem Taris. Srtra-Vrilagrn (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postdesörderung 00—, mit Postdesörderung 70.—. Ännalsmeschluk für Anzeigen: Abrnd-Tlusgabe: Borinittag« 10 Ubr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Sonn- und Festtag- früh ' ,9 Uhr. Bei den Filialen und Ännatimeslellen ie eine halbe Stunde srüher. Anzeigen sind sleis an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig ^-354. Freitag den 13. Juli 1894. Politische Tagesschau. - Leipzig, 13. Juli. Im August v. I. erschien, wie erinnerlich, der Entwurf deS preußischen Handelsministeriums über die Lrganisation de* Handwerk»; in den einleitenden Bemerkungen war die Oefsentlichkeit zur Kritik aufgesordert und ferner mitgetheilt, daß an dir Provinzialregierungen da- Ersuchen ergangen sei, bis zum 1. Januar 1891 sich gutachtlich zu äußern. TaS llrtheil der Oefsentlichkeit, so weit cS in den Aeußerungen von Innungen und Vereinen, Handels- und Gewerbekammern, praktischen Politikern und Nationalökonomen, schließlich in der Presse zum Ausdruck kam, war bekanntlich vorwiegend ab lehnend. Ueber die Rückäußerungen der Oberpräsidien ist nicht- bekannt geworden, vermuthlrch, weil auch sie dem Ver such nicht allzu viel gute Seiten abgewonnen haben. Bor längerer Zeit nun verlautete, daß in dem preußischen Handels ministerium aus Grund der über den ersten LrganisationS- plan ergangenen Gutachten feste Beschlüsse gefaßt seien. Diese dunkle Andeutung führt folgende Mittheilunz, welche dem »Hamb. Corr." von unterrichteter Seite zugebl. weiter auS: „DaS gesammelt» Material ist allerdings gesichtet und für die Beschlußfassung vorbereitet, diese selbst dürfte aber erst in der nächsten Zeit erfolgen. Daß dabei der Forderung aus Einfüh. rung de- Befähigungsnachweises nicht entsprochen weiden wird, darf allerdings als sicher gellen; denn die Be- denken grundsätzlicher und praktischer Art, die dagegen zu erheben sind, bestehen in voller Stärke trotz der gegentbeiligen Kund- gedungen des in Innungen organisirten Handwerks fort. Dagegen steht noch dahin, ob nicht den Wünschen der Handwerker aus Einführung der Zwangsinnung weiter entgegengekom- men werden kann, als dies bisher für angängig erachtet wurde. Für die Entschließung dürfte auch die Erwägung mit ins Gewicht fallen, daß, wenn eine aus Einführung dcrZwang-innung gerichtete Borlage an den Reichstag gelangen sollte, bei der jetzigen Zusam mensetzung de- letzteren und den von den Vertretern verschiedener Fraktionen auf dem letzten Jnnungsiage abgegebenen Erklärungen mit Sicherheit auf die Einfügung von Bestimmungen zu rechnen ist, die auf die Einführung deS Besädigungs» Nachweises als Voraussetzung für di« Zulassung zur Innung und damit zum selbstständigen Gewerbebetrieb abzicle». Wie dann die weitere Entwickelung der Handwerkerkreise sich gestalten würde, ist mit Gewißheit nicht abzusehen, weil dabei, wie dies bei der verschiedenen Gestaltung gerade der Organisation des Handwerks schon so ost der Fall war, politische Rücksichten leicht den Ausschlag geben könnten. So sind die bezüglichen Be- sümmungen der Gewerbeordnung von 1845 erst im Staatsralh auf Andrängen der Provinzialstände, die Vorschriften der Verordnung von 1849 über die Einführung des Befähigungsnachweises auf Ver langen der Berliner anti-revolutionaire» Handwerker erlassen, und auch die mit 1881 beginnende Gesetzgebung zur Förderung d»S Jnnungswesens ist wenigstens zum Theil durch politische Rücksichten bedingt gewesen. Daß solche auch jetzt zu Gunsten der Forderungen der Handwerker sprechen könnten, wird nicht zu bestreiten sein." Diese osficiöse Auslassung zeichnet sich durch denselben Mangel an Klarheit aus, der allen ossiciöscn Kundgebungen der neueren Zeit anhaftet. Während an der einen Stelle mit größter Bestimmtheit behauptet wird, der Forderung aus Einführung deS Befähigungsnachweise- könne und werde nicht entsprochen werden, wird an der anderen Stelle ziemlich un verblümt angedeutet, der BundeSratb könne auS politischen Gründen sich bewogen fühlen, einem Verlangen des Reichs tag- aus Einführung des BesähiaungSnachweiseS als Voraus setzung für die Zulassung zur Innung nachzugeben. Wenn überhaupt ein Sinn in diesem Widerspruch ift, so kann eS nur der sein, daß die Freunde deS Befähigungsnachweises eS selbst in der Hand haben, den BundeSrath zur Nachgiebigkeit zu nötbigen. Gelingt eS diesen Freunden, eine Mehrheit im Reichstage für ihre Forderung zu gewinnen, so wird der BundeSratb aus politischen Gründen seine sachlichen Bedenken fallen lassen. Jedenfalls wird man eS nach dieser ofsiciösen Kundgebung den Freunden des Befähigungsnachweises nicht verdenken können, wenn sie den Reichstag mit Petitionen be stürmen. Die Mtperzulaffu»» »er Redrmptsriften wird von der bayerischen EentrumSpresse mir großer Genugthuung und mit der Hoffnung begrüßt, daß den Redemptoristen die Jesuiten folgen werden. Ein Theil der preußischen EentrumSblätter ist dagegen sehr unwillig darüber, daß Bayern der Redempto risten halber die Jesuiten im Stiche gelassen bat. Ja, eine- dieser Blätter deutet sogar an, daß die Wiederzulassung der Redemptoristen »och um «inen anderen Preis erkauft worden sei. Die »Kölnische BolkSzeitung" schreibt näm lich: »Soviel ist sicher, kaS Errricyte bat schon Kampf genug gekostet, die nächste parlamentarische Campagne wird darüber voraussichtlich interessante Ent hüllungen bringen." Aus diese Enthüllungen darf man neugierig sein; Herrn vr. Lieber sind sie wahrscheinlich nicht sonderlich angenehm. Inzwischen bemüht sich die „Nordd. Allgem. Ztq.", den BundeSrathSbeschluß als einen aus rein sachlichen Crw'igunzen hervorgezangenen biiizusteUcn, für die Wiedcrzulaffuvg der Rekcmptoristc» da- von der hohen Körpcrfchasl jahrelang unbeachtete DöUiiiger'sche Gutachten als hauptsächlich maßgebend erscheinen zu lassen und die Ver- niuthung, als ob ein HandclSgeschäst nnt dem Centrum beab sichtigt sei. als eine haltlose Unterstellung zurückzuweisen. Gleichwohl kann das osficiöse Blatt nicht umhin, seine Deduk tionen solgeiidcrmaßen zu schließen: „Es ist seiner Zeit in bündigster Form von berufenster Stelle versichert, Laß der Abschluß solcher Geschäfte auf der Basis des äo ut ilr-s nicht im Rahmen der Grundsätze und Gepflogenheiten der Leiter unserer Politik liegt, und man sollte sich daran genügen lassen. Daß eine gerechte und wohlwollende Behandlung entsprechende Gesinnungen aus der Gegenseite hervor- ruft und di» Bereitwilligkeit, die Politik einer sich so bethäligenden Regierung zu unterstützen, steigert, ist eine Thatsache, die einer ganz andere» Rubrik angehört, und eine Wirkung, die sich die verbündeten Regierungen sehr wohl gefallen lassen können." D. h. mit anderen Worten, directe Handelsgeschäfte werden nicht gemacht, wohl aber der Versuch, daö Vertrauen durch wohlwollende Behandlung zu gleicher Behandlung zu bewegen. Im gewöhnliche» Leben nennt man das »die Wurst nach der Speckseite werfen." Wenn die Ankündigung der „Köln. Vclksztg." in Erfüllung geht, so wird man ja in der nächsten Session deS Reichstag- erfahren, ob das ganze Ccntrurn die Wieder Zulassung der Redemptoristen einer Speckseite oder einer Pfeife Tabak für werth erachtet. Wer geglaubt hat, daß die Anarchisten nach den letzten Attentaten eine gewisse Zurückhaltung zeigen würden, bat sich getäuscht; säst scheint es, als wenn das anarchistische Gesindel Lurch sein jetzige- Verhalten beweisen wollte, daß ihm die EntrüstungSstürme der »OrdnungScanaille", wie die »Herren" sich auszudrücken pflegen, ganz glcichgiltiz wäre. Oeffentlichc Bersamiulungen sind wieder anberauml worden und die anarchistischen DiScussionSabende sind stärker besucht wie je. Zu solcher Veranstaltung, die in Berlin jeden Sonnabend stattsindet, wird folgendermaßen eingeladen: „Freunde, Proletarier, um die Lehren des Anarchismus in möglichst weite »reise der Bolksmassen zu trage», erscheint zahlreich und nehmet an den Diskussionen theil. Gerade in der gegenwärtigen Periode .... muß es jedem Genossen geradezu Bedürsniß sein, dem erhabenen Ziele des Anarchismus immer mehr Raum und Ausbreitung zu verschossen." Auch an Geld scheint eS zur Zeit den Anarchisten nicht zu mangeln, im vorigen Monat tJuni) wurde die gesammelte Summe für die in Haft befindlichen Genossen nicht aufgebraucht; es verblieb sogar ein Ueberschuß von 200 Relativ größere Summen kamen im vorigen Monat aus Köln a. Nb., St. Gallen, Danzig, Mann heim, Hanau, Leipzig, Hamburg Jkeberschnß von der Märzseier 120 .<?), Cbemintz. Halle. Gruppe Buffalo <103 »L), Neichenbach (Niederstadt), Elberfeld, London, Guben. In Oesterreich hatten die Anarchisten sogar so viel Geld, daß sie sich ein zweites Organ zuzulegen beschlossen, diese-, die »Freiheit" benamst, ist zwar unterdrückt worden, aber das Hauptorgan „Die Zukunft" erscheint ruhig weiter, wie der »Socialist" in Berlin. DicS Blatt bemerkt zur Er mordung Carnol'S: „Diose mit blasser Kreide aus die Geschichte Frankreich- ge- 'iriebene Null ist nun ausgelöscht ... Unsere Sache ist es, nach Kräften den Boden vorzudereiten für den endliche» Sieg des Anarchismus, die Herrschaslslosigkeit, sowohl in wirthschastlicher, wie aber auch in geistiger Beziehung." Also von Muthlosigkeit der Anarchisten kann keine Rede sein; im Gegentheil. das Gesindel ist dreister als je. Die Opposition der französischen Presse gegen die von dem Ministerium Dupuy vorgelegten Ausnahme gesetze gegen die Anarchisten mindert sich zusehends. Nicht nur der „TempS", der ja die Regierung offenkundig unterstützt, auch ganz unabhängige Blätter von zweifellos republikanischer Gesinnung geben bereits zu bedenken, ob man nicht schon deshalb der Regierung die geforderten große» Voll machten bewilligen solle, nm nachher, wen» ein Mißerfolg begegne, die Veraulwortung ganz und gar aus die Regierung abwalzon zu können. Feilsche man in der Kammer zu viel — so heißt es z. B. im „Matin" —, dann wird später Herr Dupuy, oder wer ihn hernach ersetzt, lächelnd sich mit der Entschuldigung salviren: Ihr habt uns nickt gegeben, waS wir für nöthig hielten, so tragt Ihr die Schuld für die Unterlassung und für die Schwäche. Mittlerweile hat die Commission den RegicrungScntwurf angnommen. Er ist nicht ganz unverändert geblieben, aber die drei von der Commission vorgenommencn Modifikationen berühren den eigentlichen Kern des Gesetzes nicht. Durch die erste wird der Begriff einer Tkat anarchistischer Propaganda genauer umschrieben. Er soll darin bestehen, daß mau, nicht nur öffentlich, sondern auch in private» Bereinigungen und Privat- correspondcnzen, ein anarchistisches Verbrechen gutheißt, oder dazu anstiflet. Ferner soll die Verschickung eines Anarchisten nur erfolgen, wenn er zu mebr als einem Jahre Gesängniß verurtheilt wird, oder bereit- Vorstrafen erlitten bat. so dann soll es bei der Compctenz der Schwurgerichte (statt der Zuchtpolizeigerickte) sein Bewenden habe». Endlich soll daS VeröffentlichungSverbot der Gerichtsverhandlungen sich namentlich auch aus die Thatsachen und Schriftstücke der Vor untersuchung erstrecken. Die allgemeine Meinung geht dahin, daß das Gesetz mit diesen Aentcrungen, die thcils Milderungen, theils Verschärfungen desselben bedeuten, acceptabel sei, und so wird die Regierung wohl ikr Ziel erreichen. Aber wird man sich im Hinblick auf frühere Erfahrungen der Hoffnung bingcben können, Laß dann endlich eine wirksamere Bekämpfung des Anarchismus Platz greifen werde? Im ersten Schreck über das Attentat Vaillant'S nahm die Kammer gegen Ente deS vorigen Jahres gleich vier Vorlagen auf einmal an, welche den Anarchisten cntgegenwirken sollten. Sie blieben ein todter Buchstabe, ein Spott für die sokialdemokratische Hetz- prcsse aller Orten. Die französische Polizei eröffnete ein allgemeines Kesseltreiben auf die Anarchisten, man sperrte eine Unmasse Verdächtiger ein, um sie mit verschwindenden Aus nahmen nachträglich wieder lausen zu lassen. Ergebniß: neben Dutzenden von kleineren Attentaten die von Henry bewirkte Ezplosion im Casö Terminus, endlich die Ermordung des Präsidenten Carnot. In Frankreich ist der erste Eindruck Alle-. Aber er hält nicht Stand, nach kurzer Zeit sind selbst die schwersten Lehren und Erfahrungen vergessen. Wird eS diesmal besser werden? Zu wünschen wäre eS gewiß, denn es ist Gefahr im Verzüge, und der Anarchismus ist es nicht, der zu Kreuze kriecht. WaS Staat und Gesellschaft jetzt zu ibun verabsäumen, wird sich auf das Schwerste au Beiden rächen. Die Nachrichten über die nordamerikanische Streik- bewegun g lauten auch beute günstig. Ter Eisenbahnverkehr ist fast überall wieder im Gange und die PuUinanu'schcn Arbeiter scheinen das ungeheuerlich Frivole ihres Beginnens endlich cinzusehcn, denn, wie ans den heule vorliegenden Drahtnachrichten bervorgekt, dringen sie in den Entrepreneur des Ganzen, DepS, den Generalstreik als osficiell beendigt zu erklären, „da das Ucbel, welches er dem Laude zu fügt, zu groß ist". WaS für Elemente bei dem AuS- sland und den Ausruhrsecucn mitgewirkt haben, erhellt u. A. daraus, daß die für Illinois bestimmte Proklamation dcö Präsidenten auch in tschechischer und polnischer Sprache gedruckt war. Auch Rasse n kämpfe schlossen sich dein Auf stand a». In Scottkalc i» Pennsylvanicu griffen am Dienstag die streikenden Bergleute die nicht zum Gewerkverein gehörigen schwarzen Arbeiter, welche noch in den Gruben beschäftigt waren, an und vertriebe» sie mittels eines Steinhagels von de» Bergwerken. Die Neger sammelten sich darauf und es entstand ein reguläres Gefecht, wobei Revolver und Messer die Waffen waren. Bei den Ausschreitungen spielten nalür lich auch Trümmer der Coxey-Arinecu eine Rolle, doch kann die ganze Cozey-Bewcguug jetzt als abgetban, im Sande verlaufe» bezeichnet werden, den» die kleineren Banden, welche zur Zeit »och ein Dutzend Staaten unsicher machen, haben nicht mehr viel zu bedeuten. In der Korea-Frage scheint eine friedliche Aus gleichung so gut wie ausgeschlossen, da Japan sehr selbst bewußt auftrilt und offenbar auf eine Entscheidung mit den Waffen h,»drängt. Erst stellte eS eine Reibe von Forderungen, welche aus die Reform der inneren Verwaltung Koreas drangen, und als der König sich endlich entschloß, Commissare zur Beratbung dieser Reformen zu ernenne», trat Japan mit der weiteren Bedingung hervor, daß seine Truppen bis zur Durchführung der Reformen in Korea bleiben und volle Aetionsfreibeit haben sollten. Darauf wird der König und wird China sicherlich nickt ein geben. Wägt man die Chaaeen der beiden ConsliclS- mächte ab, so ist trotz der ungeheuren FlächcuauS- dehnung Chinas und seiner kolossalen Bewobnerzabl der Vortheil bei einem Kriege auf Seite Japans. Die chinesische Armee läßt in ihrer Ausrüstung und besonders Ausbildung noch sehr viel zu wünschen übrig, während die japanische Armee in ausgezeichnetem Zustande, gut organisirt unk bc waffnel ist. Nack dem „Daily Telegr." beträgt die Friedensstärke der japanischen Armee loo noo Plan» aller Waffengattungen, die Kriegsstärke 200 090 Mann. Die Soldaten werken durch Cvnscription ausgcbotcn, diene» drei bis vier Jahre und treten dann zur Reserve über. Die Soldaten sind kräftige Leute, vorzügliche Marschierer, gehorsam, klug und tapfer. Die Infanterie ist not einem von einem japanischen Ofsicicr er fundenen Gewehr bewaffnet; mit der Herstellung eines Magazingewehres ist man beschäftigt Tie Reiterei ist mit kleinen, aber sehr ausranernte» Pferden beritten. Tic Artillerie besteht aus Gcbirgsbattcricn mit Krupp'scken Kanonen. Auch die VerpflcgS- und LazarctbcorpS sind gut. Die Japaner besitzen eine Flotte von 33 Schissen und 30 Torpedoboote», daneben noch etwa oo Hankelskamp'cr zu TranSportzwccken. lOOOO Matrosen zählt die Flotte. — Die koreanische Streitmacht kommt gar nickt in Betracht; sie ist im elendesten Zustande, die Infanterie mit Luntengewehren, die Reiterei mit uralten Helmen und Schußwaffen auS- Feuilleton. Die alle gute Zeit. Eine Erzählung aus Niedersachsen von Greg. Samarow. 241 NachkriiS «eibotk». (Fortsetzung.) Während die Beiden noch bei einander saßen, fuhr der Wagen vor und, zum Fenster hinauSblickend, sah der Thierarzt, wie Anna der Gräfin die Hand dot, um ihr beim AuSsteigen behilflich zu sein. Mit Nessinnendem Ernst stand er am Fenster. „Wundersam, wundersam", sagte er vor sich bin, „wie da- Schicksal die Wege der Menschen führt! Wohl ist eS gut, wenn diese Wege sich dem irdischen Blick verbergen und wenn Diejenigen, die sie verfolgen können, zu schweigen wissen. Dock jetzt, sagte er, muß ich hinaus zum Kranken, daS laß' ich mir nickt nehmen, um zu sehen, wie eS mit ihm steht; daS glaube ick nur mir selbst und ich glaube, der Herr Graf wird mir auch noch ebensoviel Glauben schenken wie den gelehrten Herren, unter denen übrigens der Toctor Mendel eine ganz verständige Ausnahme macht." Der Dechant begleitete ihn nicht, er war zu unruhig für das Krankenzimmer und so stieg denn der Thierarzt allein die Treppe hinauf. Die Gräfin hatte sich in ihr Zimmer zurückgezogen, um rin wenig zu ruhen. Anna stand allein neben dem Ofen und wärmte ihre Hände. ES war Zeit, den Umschlag aus der Kopfwunde zu erneuern. Sie blickte tbeilnebmend und wehmüthig nach dem Bette hinüber, auf welchem Hilmar, wie immer, mit ge schlossenen Augen lag. Sein Gesicht war bleicher als sonst und seine durchsichtigen Hände schienen kein warme» Lebe»-- blut mehr in ihren Ädern zu haben. »Nun, wie gehl'S", fragte der Thierarzt, ohne dir Stimme ru dämpfen — er lebrtc ja, daß da- Flüstern in einem Krankenzimmer den Leidenden mehr störe und aufrcge, als ein ehrliche- kräftiges Wort. — »Sie thun mir wahrhaftig leid, mein arme- Fräulein, aber nun müssen Sie schon auShalten, ein Menschenleben ist schon immer etwa» Mühsal wertb und rin junge- Blut, wie Sie, erholt sich bald." »Wa« liegt an mir", sagte Anna, »aber der Baron, ich fürchte, eS wird schlimmer, er ist so blaß und atbmet leiser als sonst." »So, so", sagte der Thierarzt, „nun, das wollen wir sehen." Er setzte sich neben das Kopfende des Bette-, fühlte de» Puls de» Kranken und blickte prüfend in dessen Gesicht. „Gut, gut", sagte er, „viel ruhiger als das letzte Mal und dabei doch nickt ganz kraftlos, und der Alhem ist auch nicht mehr so heiß, als ob er aus einem Backofen hervor- kämc — und wenn Gott will und die Natur aushält, dann kann eS wieder werden." Anna'S Auge» leuchteten in glücklicher Freude aus, dann aber seufzte sie tief auf, und i» ihr Auge trat eine Thräne, die sie schnell und verstohlen wieder trocknete. Sie brachte»,den kühlenden Umschlag und die Arznei. Der Tbicrarzt folgte ihren Bewegungen mit beifälligem Nicken und sagte: „Wie Sie da- so zart und geschickt besorgen, Fräulein Anna, wahrhaftig Sie sind zur Krankenpflegerin geboren, und ich könnte eS kaum so gut macken" — fügte er hinzu, auf seine harten braunen Hände blickend. Unter dem Einfluß de- frischen kühlende» Umschlages athnietc Hilmar lies auf, als ob er ein wohlthätigeS Behagen empfände. Er öffnete langsam die Auge», und als ibm Anna dann vorsichtig die Arznei cinslößie, erlenchletcn sich seine trüben Blicke und nahmen einen wunderbar rührenden Ausdruck von liebevoller Dankbarkeit an. Mit einiger Anstrengung, aber kräftiger doch, als er eS bisher vermocht, nahm er Anna'S Hand und zog sie an seine Lippen. „Tank, tausend Dank, Anna, meine geliebte Anna, mein Herz, ich suhle eS, als ob neues Leben meine Adern zu durckckrömen beginnt — o der böse, der schreckliche Traum muß nun vorüber sein — und nicht«, nichts soll uns mehr trennen! — O, sage mir, daß eS so ist, versprich mir, daß Tu mich niemals verlassen wirst!" Aclle Rölbe flammte in Anna'S Gesicht ans. Eie zog ihre Hand zurück und blickte mit scheuem Schrecken zu dem Tbicrarzl, der in höchstem Erstaunen seine Augen weit öffnete. Hilmar wendete, Anna'S Blicken folgend, sein Haupt seitwärt-, einen Augenblick schien er sich zu besinnen. Tann sagte er mit glücklichem Lächeln: „Bergen, ja ja, eS ist der alle Bergen! Auch er ist da, auch er hat mich nicht verlassen in dieser schrecklichen Zeit, die auf mir lastet wie ein dunkler, kalter Nebel, durch de» nur die lieben Augen meiner Anna wie lickte Hosfnungssterlic zu mir drangen!—Nicht wahr, Bergen", fragte er, mühsai» deS Tbicrarztcs Hand mit seinen zitternden, abgeniagcrten Finger» ergreifend; — „Sic wissen, daß ich liebe, wie mein Vater einst geliebt hat, der die grausame Kraft batte, die Liebe seiner Jugend seinem Stolz zu opfern und der eben so hart ist gegen mich, wie er eö gegen sich selbst war. — Aber ich habe diese Kraft nicht, ich will Sic nickt baben — ich werte all den elenden Stolz und Glanz der Welt meiner Liebe opfern. WaS der Zufall mir gab, — WaS liegt mir daran — ich werde di- Kraft finden, mir mein eigenes Schick sal zu schassen — ich werde genesen, nickt wabr, Bergen, ick werde genesen, ui» zu leben sür mich und meine Liebe!" Das grenzenlose Erstaunen deS TbierarzteS balle sich bei den mühsam mit bobler Slimnic gesprockencn Worten de« Kranken in schmerzvolle Wcbmulb verwandelt „So stehl e» bier?" sagte er kopfschüttelnd, indem er Anna mit einem Blick voll liefen Mitleids ansab, wäbrenk Hilmar erschöpft die Augen wieder schloß und wie schlummernd in die Kissen znrücksank. „Nein", flüsterte Anna, indem sie wie enlsctzt abwehrend di« Hände anSstreckle, „nein, cS ist Fieberwahn, waS auS dem Armen spricht." „Anna, meine Anna", flüsterte Hilmar mit leise ver klingender Stimme, und dann begann er rubig und tief zu alhmcn. Er war wieder eingeschlafen. Die ermattete Natur forderte ihr Recht. „Es ist Wahrheit", sagte der Tbierarzt leise, „so spricht man nicht iin Fieberwahn, und das Fieber ist vorbei. Hüle» Sic sich mein Kind, ibm zu wirersprecken, wenn Ihnen sein Leben lieb ist; jede mächtige Erregung kann die eben wieder aufflackernde Flamme des Lebens sür immer erlösche» lassen." Anna bedeckte das Gesicht »lit de» Händen und weinte leise „Es ist unmöglich", sagte sie, „es kann, cS darf ja nicht sein." „ES muß sei», mein Kmd", sagte der Tbierarzt, „man muß ihm LaS Sprechen verbieten, bis die Kräfte stärker werden, und da»» zeigen Sie sich ibm lieber gar nick», vielleicht hält er dennoch Alle» sür einen Traum. Und weiß eS die Gräfin?" sragle er. „Nein", rief Anna, „Gott sei Tank nicht, o sie würde nicht so lieb und freundlich mil mir sein, wenn sie abnte, daß meine Schuld Leu Sohn dem Vater entfremdet." „Ihre Schuld, armcS Kind? — Ja, ja, die Welt »lackt cS ja zur Schuld, wenn GoltcS Slimnic in den Herzen ras alle ewige Gebot der Liebe erklingen läßt, daS doch die Welt erschaffen hat und die Welt erhält. Leben Cie wobl — Gott stärke »nd erleuchte Sic, aber vor Altem vergessen Sie nicht, daß cs gilt, ein edles und rcickcS Menschenleben zu schonen und zu erhalten, bis cS die Kraft findet, de» Kamps mit den Stürmen des Lebens aiifziinklniicn. Sie sind klug und verständig, wie Sic gut und treu sind, vergessen Sie nicht, was ich Ihne» gesagt!" Er ging schnell hinaus. „Es gebt besser", sagte er zu dem Dechanten, einen Augenblick in dessen Zimmer tretend, „der Baren wird gcsnnk werte», wenn Gott weiter hilft, nur Ruhe ist nötkig, immer Rnbc — inan soll ihn möglichst allein layen, vor Allem tars er nickt sprechen, ich habe gesehen, wie ibn das ansirciigi. Aber", snbr er dann sort, als der Dechant die Hände faltete »nd sei» Auge init dankbarem Blick aufwärts richtete, „nun ick eS auck Zeit, an Ihre Nickte zu denken, sie ick sckwcr erscköpn von der anstrengenden Pflege bei Dag und Nackt, lassen Sie sie ansriiben, der Kranke bedarf jetzt so ängstlickcr Pflege nicht mebr, mir Ruhe »nd immer Ruhe und bald wirk es eine ordentliche Nahrung und ein kräftiger guter Wein weiter besorgen." Er schüttelte dem Dechanten die Hand, stieg in den Wagen und fuhr davon. Noch stand Anna mit thräncndcn Augen an Hilmar s Lager, als die Gräfin ciiitrat. „Sie weinen, mein Kind?" fragte sie erschreckt, — „um GoltcSwilleu, ist etwas Schlimmes geschehen?" „Nein, gnädigste Gräfin", erwiderte Anna, sich gewaltsam fassend, „cs gebt besser, der Baron bat de» Tierarzt erkannt, daS Fieber verschwindet, er ist mir unendlich erschöpft und tars vor Allem nicht sprechen", fügte sie mit ängstlichem Eifer hinzu. „Welche Freude, welche Frende", ries die Gräfin, „o mein Gott ich wußte nickt, wie sebr ich ibn geliebt, und Ihnen", sagte sie, zu Anna berantretent und ihre beiten Hände fassend, „danke ick von Herzen, nie sollen Sie mir wieder eine Fremde sein." Sie drückte Anna an sich und küßte ihre Stirn. „Mein Gott", sagte das zitternde Märchen leise, „wie würde sie die Fremde verwünschen, die ihr daS Herz des SobneS geraubt!" Sie entzog sich fast heftig der Umarmung der Gräfin.
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