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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.08.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-08-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940815029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894081502
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894081502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-08
- Tag1894-08-15
- Monat1894-08
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A.: „Wer erinnert sich nicht, wie unter Kaiser Wilhelm I. dieser in Frankreich als der einzige und letzte Hort des Friedens geschildert wurde, wie nach seinem Tode Kaiser Friedrich und endlich selbst Fürst Bismarck dieselbe Rolle zugetheilt wurde, wie Wilhelm II. in den ersten Jahren seiner Regierung geschmäht, verleumdet und ver- dächtigt wurde, bis sich dann unter dem zwingenden Druck der Thatsachen selbst in Frankreich die Ueberzeugung Bahn brach, daß auch er entschlossen sei, di« friedliche Politik weiter zu führen. Es Ledurste einer langen Kette ursächlich zusammenhängender Ereignisse, in deren Strahipunct als fester Pol Kaiser Wilhelm stand, um dieser Ueberzeugung zum Siege zu verhelfen, und wenn heute eine Aenderung des Verhältnisses in die Erscheinung tritt, so ist das thatsächlich das Werk unseres Kaiser-, eine nicht zu unterschätzende Errungen- schast de» neuen Curses. Kaiser Wilhelm beries die Franzosen znr Mitarbeit an der Arbeiterschutz-Conferenz nach Berlin, seine Haltung bei den schmählichen Vorgängen während des Aufent- Halts der Kaiserin Friedrich in Paris entkräfteten das Mißtrauen, daß er nach der Handhabe suche, um den Krieg vom Zaun zu brechen, sein Beileidstelegramm beim Tode Carnot's ging zum Herzen, weil cS einem allgemein mensch. lichen Gefühl zuerst Worte gab, und die Begnadigung der in' Glatz gefangenen französischen Ossiciere begeisterte, weil sie in überraschender Hochherzigkeit und seinem Tact de» richtigen Augenblick fand, die wahren Gefühle Deutschlands Frankreich gegenüber offen zu bekunde». Bei allen diesen Vorgängen hat der Kaiser dem deutschen Nationalempfinden Ausdruck verliehen, und diesem Bewußtsein hat sich Frankreich nicht verschließen können. Nu» hat Kaiser Wilhelm dieser Kette ein neues Glied angefügt: er, der Enkel und Sohn der Sieger von 1870, hat der Kaiserin Eugeuie, der Witt»»« des Besiegten, in England einen Besuch abgestaltet. Er hat daraus gehalten, der vom Schicksal tiefgebeugten Frau die Erinnerung an eine ihr schmerzliche Bei- gangenheit möglichst abzuschwächen, er ging zu ihr als Vertreter eines neuen Geschlechts, LaS nicht nach kriegerischen Lorbeer» strebt, er ersparte ihr den Anblick der Uniform des Sieger» und kam als Enkel der Königin von England, al» englischer Lfsicier, als Mensch. Der an sich nicht aus dem Rahmen der üblichen Gesellschasls- formen hcrauSragend« Vorgang gewinnt durch die Verhältnisse eine besondere politische Bedeutung, und wir hoffen, daß diese Be- deutung in Frankreich richtig erkannt, daß sie weder übertrieben, noch unterschätzt werde. Durch die begleitenden Umstände hat der Kaiser den Verdacht, daß cs sich bei dem Besuche um eine Kund- gebung gegen die Republik handle, von vornherein ausgeschlossen, er bat aber andererseits wohl daran gethan, diese» Schritt, zu dem ihn ein menschlicher Bcdllrsniß trieb, nicht etwa in über triebener Schonung der republikanischen Empfindlichkeit zu unter- lassen." Zweifellos hat unser Kaiser alles, was nur irgend in seinen Kräften stand, getban, den Groll unserer französischen Nachbarn zu mildern. Ob ihm aber mehr gelungen ist, als eine Milderung des Grolles, den Frankreich gegen seine Person hegte, ist eine Frage, die wir mit Zuversicht nicht zu bejahen vermögen. Mit welchem Ingrimm die chauvinistische Leidenschaft der Franzosen bei jeder Gelegen' beit in die alte Weise zurückfällt, zeigt eine Aeußerung dcS Pa-iser Blattes „Nation". Kürzlich hatte an einem Bogescn- passe eine kameradschaftliche Begegnung deutscher und franzö- sicher Grenzsoldaten stattgcfundcn. Dieser Vorgang ver anlaßt nun in dem genannten Pariser Blatte folgenden Wuthausbruch: „Diese Soldaten (die französischen), welche mit solcher Gleich- giltigkeit die alten Ueberlieserungen des Hasse- und der Rache mit Füßen treten, diese Soldaten, welche vergessen haben, wa- Vater landsliebe ist, verdienen mitleidslose Strafe. Man jag« sie aus den Besatzungen der Ostgrenze weg; sie sind unwürdig, ferner Massen zu tragen und die Grenze u vertheid igen. Es sind keine Franzosen mehr. Der riegSminister muß auf unsere ArmeecorpS, welche dem Feinde gegenüber stehen, ein scharfes Auge haben. Wenn eine Säuberung von Nöthen ist, so ergreif« man sofort die entsprechenden Maßregeln, damit es am Tage der Gefahr nur Franzosen giebt, Patrioten, die bereit sind, den Boden Frankreichs zu vertheidigen." Solche Aeußcrungen sind sehr bcmerkenswerth, weil sie geeignet sind, vor Illusionen zu schützen, denen man bei uns im politischen Leben noch immer zugänglicher ist, als unseren realen Interessen ersprießlich erscheint. „Jüdisch-nationale Studenten" an der Prager Universität haben an die Gymnasialabiturienten ihres Glaubens einep Auf ruf gerichtet, in dem zur Pflege des jüdischen Nationalgedankens — im Gegensätze zum deutsche» beziehungsweise slawischen — und zum Eintritt in den jüdisch-nalionaien Studcntcnvcrein „Maccabaca" aufgcsordert wird. Der erste Grundsatz dieses Vereins lautet: „Die Juden waren und bleiben ein Volk für sich, vermöge ihrer Abstammung, ihrer Geschichte, ihres Denkens und Empfindens." Der Ausruf schließt: „So ergeht an Euch, Collegen,derRuf,in dicReihen derjüdisch-nationalenStudenten- schast zu treten, Hand in Hand, umschlungen vom nationalen Bande, zum Heile und Ruhme unseres geliebten Volkes." Dieser Ausbruch eines unbegrenzten Raffen-SemitiSmuS, von dem nur zu verwundern ist, daß er sich in das deutsche statt in das hebräische Sprachgewand kleidet, würde uns weiter nichts angehen, wenn er nicht die Behauptung ent hielte, daß sich auch „in Berlin, Heidelberg u. s. w." Vereine wie die „Maccabaca" gebildet hätten. Uns war bisher nur bekannt, daß sich an einigen Universitäten Studentenverbindungen befinden, die ausschließlich Juden zu ihren Mitgliedern zählen. Diese sind thatsächlich jüdische Verbindungen, lehnen es aber ab, sich in ihren Bestrebungen grundsätzlich von der deutschen Studentenschaft zu unter scheiden. Sie entsprangen im Gegcntheil dem Dedürfniß nach studentischem Zusammenschluß, das bei der auf den Hochschulen herrschenden antisemitischen Strömung aus andere Weise selten befriedigt werden kann. Daß im deutschen Reiche auch jüdisch-nationale Verbindungen von der Art der „Maccabaea" bestehen, vermögen wir zunächst nicht zu glauben. Die Thcilnahme an Bestrebungen, welche auf deutschem Boden die Hebung dcS jüdischen Nationalbewnßtseins und den Ruhm dcS jüdischen Volkes zu», Ziele haben, würde selbstverständlich den Verzicht auf den Anspruch der vollberechtigten deutschen Staatsangehörigkeit bedeuten. Solchen Tendenzen sind nicht einmal die socialdemokratischen zu vergleichen, da die Social demokratie international ist, während daS Prager Studcntcn- programm die Frcmdnationalität inNationalstaaten proclamirt. DerAufruf der„Maccabaea" führt in seinen logischen Consequen- en nicht etwa zur Duldung einesFremdenrechles für die Juden, andern zu der Forderung eines solchen von jüdischer Seite. Wenn nicht etwa vorausgesetzt wird, die Juden seien natür lich privilegirt, so liegt in dem Aufruf Verzicht auf alle politischen Rechte, selbstverständlich auch aus das Recht, öffentliche Aemter zu bekleiden. Solche Gelüste dürften bei jüdischen Studenten an reichSdcutschen Hochschulen doch wohl nicht vorhanden sein. Die kirchenpolitische Lage in Baden gestaltet sich immer ernster, und eS scheint zweifellos, daß dort schwere Kämpfe bevorstehen. Der Erzbischof Roos hat bekanntlich den Pfarrer Wacker, den rücksichtslosen Führer des badischen CcntrumS, anläßlich deS 25 jährigen Priesterjubiläums, das derselbe vergangene Woche mit Anderen feierte, zum „Geistlichen Rath" ernannt, eine AuSzeichnug, wie sie kaum zuvor einem Priester in Baden in so verhältniß- mäßig jungen Jahren verliehen worden ist. Der Weih bischof Knecht gab Wacker die Auszeichnung persönlich kunv» und bei einer am Freitag in Frciburg statt gehabten Nachfeier erklärten sowohl Domcapitular Bchrle als Wacker selbst, daß die Ehrung dem politischen Führer Wacker gelte und die Eurie damit ihr Einverständ- niß mit der Wackcr'schcn CcntrumSpolitik bekunoc. Wenn man sich vergegenwärtigt, welche Blülbcn der UllramontaniS- mus in den letzten Wochen in Baden getrieben hat, so kann diese Bevorzugung nickt anders betrachtet werden, denn als die Ankündigung des schärfsten und rücksichtslosesten Kampfes auf kirchenpolitischem Gebiet. Um so bedauerlicher ist cS, daß die badische Regierung und die wenn auch schwache Mehrheit beider Kammern den CentrumSantrag auf Beseitigung des Missionsgesetzes angenommen haben. Die Auszeichnung des CcnlrumSführrrS, die dieser selbst für eine „überwältigende" erklär:, ist nicht nur eine Ancr kennung für den unter seiner Führung erzielten parlamen tarischen Erfolg, sondern auch »ine Stärkung WackerS und seiner Politik, klug berechnet auf die nächsten Wahlen. WackerS Mandat ist keineswegs sicher und auch sonst sind die 3l neu zu besetzenden Mandate zum überwiegenden Theil aussichts reich für die Liberalen. Nun soll die erzbischöfliche Autorität die Chancen des CcntrumS bessern und eS möglichst erschweren, daß die Liberalen die ihnen knapp entrissene Kammermehrheit wieder erlangen. Für die badischen Nationalliberalen erzieht sich hieraus eine Mahnung zu ernster Arbeit. Um der Stimmen dev englischen Arbeiter willen hat bekanntlich Lord Rosebery sich auf das Experiment des acht stündigen Arbeitstags eingelassen und ihn — mit welch' definitivem Erfolg, läßt sich noch nicht sagen — in den Staatswcrkstättcn eingcführt. Gegenwärtig beschäftigt die Anwendung der so verkürzten Arbeitszeit aus den Berawerks- betricb daS englische Unterhaus. In der vorgestrigen Sitzung wurde riu Amendement angenommen, durch welche» die Dauer deS Gesetzes aus 5 Jahre beschränkt wird. Darauf wurde in die Erörterung dcS Amendements Thomas ein- getretcn, nach welchem daS Gesetz für jede Grafschaft nur Anwendung findet, wenn es von der Mehrheit der Gruben arbeiter der Grafschaft angenommen wird. Dieses Amende ment fand gestern, wie uns der Draht meldet, mit 112 gegen 107 Stimmen Annabme. Man sicht hieraus, daß die Socialstrategcn dcS Unterhauses dock einige Bedenken tragen, sich blindlings auf daS Terrain einer so problematischen Neuerung zu begeben, sondern sich vorsichtig eine, vielleicht auch mehrere RückzugSlinicn offen halten. In der That haben praktische Versuche, welche von mehreren großen englischen Industrie-EtablisicmenIS seit sechs, acht Monaten und länger mit der achtstündigen Arbeitszeit gemacht wurden, nur tbeilweise befriedigende Resultate gezeitigt und jedenfalls das Eine außer Zweifel gestellt, daß die Sache nicht schablonenmäßig behandelt »nd entschieden werden kann. Auch Gladstonc schrieb über den Achtstundentag kürzlich an den Abg. ThomaS: „ES ist mir klar, daß. wenn die Bergleute die Achlstunden-Bill mit ungefährer Einstimmig keit verlangen, sie ein moralisches Anrecht daraus haben. Aber über daS moralische Recht, sie einer bedeutenden Minder heit aufzudrängen, bin ich mir höchst zweifelhaft, und ich de- fürchte nur, daß cS praktisch schwieriger halten wird, diese Minderheit zu überwinden, als sich manche der Für sprecher der Bill einbilden." Unter diesen Umständen hat die Bill keine Aussicht, in der Fassung dcS Antragstellers Noby durchzugehen, weshalb er dieselbe wahrscheinlich zurück- iehen wird. — Daß daS Oberhaus die irische Pächter- ill mit großer Mehrheit verwerfen würde, wie uns eben falls durch den Draht gemeldet wird, war vou vornherein klar. Aus den bezüglichen Oberhausverhandlungen ist nur die charaktervolle Aeußerung Lord SaliSbury'S hervor- zuheben, da« Oberhaus habe lediglich seine Pflicht zu thun, ohne Rücksicht darauf, ob eS dadurch seine Existenz ver längere oder nicht, eine Aeußerung, aus der übrigens hervor- gcbt, daß man den von der Regierung offen und unter der Hand unterstützten Kampf der Liberalen und Radikalen aller Schattirungen gegen das Oberhaus inmitten dieser Körper schaft selbst ernst genug nimmt. Aus dem jetzt beginnenden norwegischen Wahlkampf hat sich eine ziemlich große Anzahl bisheriger Parlamentarier zurückgezogen, besonders auch auf der „moderaten" Seite, was aus die stärkere Zuspitzung der Gegensätze hindeutet. Die Art dcö dortigen Wahlkampfes kann allerdings gerade gemäßigtere Politiker adstoßen, doch scheint nach den letzten erheblichen Mißerfolgen der Linken die Stimmung derselben ziemlich gedrückt zu sein. Das Programm der Conser- vativen für die bevorstehenden Wahlen lautet: „Wir wollen ein freies und selbstständiges Königreich Norwegen, vereinigt mit Schwede». Wir wollen eine volle Gleichstellung in der Union, einen gemeinsamen Minister des Aeuffern. norwegisch oder schwedisch und constitutionell verantwortlich für beide Länder. Wir wollen ferner eine friedliche Verhandlung mit Schweden und wir wollen nicht, daß die Consnlatsache zum Streit zwischen den Lander» angewendet werden soll. Uebrigcns ist unser Programm: Unterstützung und Förderung des Ackerbaues und anderer GewerdS- zweigc: ein zeitgemäßes Arbeilergejetz mit Regeln über Ersatz in Unsüllen; Arbeit für eine glückliche Lösung der Frage wegen Ver- sorgung der Alten und Erwerb-untüchtigen; eine verständige Er- jparniß in der Staatsverwaltung: Abschaffung der direkten Steuer; Bekämpfung des TrnnkübclS durch Gesetzgebung und Besteuerung; Stimmrecht für abwesende Seeleute; Wahle» »ach Berhällnih- zahlcn; begrenzte Stvrlhingbdiälcii und Recht für de» König, das Storthing allemal anszulösen." Eine solche Lösung des unseligen Streites würde jeden falls auch den billig denkenden Schweden genehm sei». DaS Recht zur Auslösung des Storlhings bedeutet eine nothwcndige Stär kung der Macht deS Königs, der bisher dieses Recht nicht hatte und nur einem SlortdingSbcschluffe in zwei auseinander- fvlgcndcn dreijährigen SlorthingSperioden jcdeSmal die Ge nehmigung versagen kann. Wird aber in der darauffolgenden Periode wieder derselbe Beschluß gefaßt, so wird er Gesetz auck gegen daS Veto des Königs. Es ist Aussicht vorhanden, daß der Ausfall der Wahlen eS ermöglichen wird, diesen unhaltbaren Zustand zu beseitigen. Der Krieg i» Oftasien zeigt abwechselnd Phasen von zunehmender und abnehmender Intensität. Einem mit Nach druck unternommenen offensiven Stoße folgt wieder eine kurze Frist der Abspannung, gleich als ob dem Ebaraktcr und Temperament der Ostasiaten eine gleichmäßige Kraftan strengung widerstrebte. Zur Zeit hat eö den Anschein, als ob China allen Kämpfen zur See geflissentlich ailSwichc und sich der japanischen Flotte gegenüber streng aus die Ver- tbeidigung beschränkte, wie eS auch bei Port Arthur der Fall war, wo die Wohl nur rccognoScircnde japanische Flotte von der Hasenartillerie unsanft begrüßt wurde. China hat an den erlittenen Fehlschläacn aus offenem Meere vorerst genug und conceiitrirt dafür seine Streitmacht auf dem Fcstlandc. Chinesische Truppen in größerer Zahl sind auf dem An märsche gegen Korea durch die Mandschurei. Bis diese Bewegungen zum Ziele, d. h. zur Versammlung eines ge nügend starken Feldheeres in oder bei Söul führen, dürfte indcß noch geraume Zeit verfließen, da die Marschstraßen durch ziemlich unwirthliche und schwer passirbare Gegenden führen, und eine geregelte Truppenverpslcgung von Inten dantur wegen in China ein unbekannte« Ding ist. Die Feirrllet»«. u> Sei» Weib. Roman frei nach dem Englische» von Emil Bernfeld. Nachdruck verboten. (Fortsetzung.) „Wie? machte Mr. Simpson, ein lebhaftes Erstaunen heuchelnd. „Sie haben die reizende Besitzung noch nicht ge- srhen? Der Tausend! DaS Han- wenigstens müßten Sie doch einmal in Augenschein nehmen. In den Parkanlagen und den Gärten ist jetzt, zur Winterszeit, nicht viel zu sehen — aber daS Haus! Ein wahres Schloß! Und eS ist auch eigentlich ein Schloß — ein veritableS Schloß aus dem Mittelalter, jedenfalls etwa« aus jener früheren Zeit! So interessant, so merkwürdig, und dabei so stattlich und schön — wahrhaftig, cS ist schcnSwerth! Wollen Sic cS nicht einmal besuchen, Miß?" „Ich — ich soll dorthin geben . . ." fragte sie verwirrt. „Weshalb nicht? Wenn Sie mit mir kommen wollen, würde es mich freuen. Sie im Hause umher zu führen und'es Ihnen zu zeige». Es wäre eine Abwechslung für Sie, Miß, eine kleine Zerstreuung. Und Sie haben nichts zu fürchten. Ich bin der Verwalter dcS HauseS und habe das Recht, es Fremden zu zeigen, die eS zu sehen wünschen." Jane Brown war einen Schritt in daS Häuschen zurück- aetreten, Mr. Simpson stumm die Bahn srcigebend, ihr zu folgen, und stand dort im Schatten der offenstchenden Thür, der ihr Gesicht in Halbdunkel hüllte, schwer athmcnd, beide Hände fest um den Theil der Bouquet- gepreßt, anscheinend im Kampf mit sich selbst, wie Mr. Simpson hätte bemerken müssen, wenn ihn daS schützende Halbdunkel, in daS sie sich mrückgezogen und ihr abgewendcter Kopf nicht in seiner Beobachtung gehemmt hätte. „Die schönen alterthümlichen Zimmer, die prächtigen, alten Möbel, die Silbersachen in den Schränken — wahr haftig. Miß, man kann seine Freud« daran haben!" sagte Mr. Cimpson weiter. „Da- Porzellan — lauter so waS auS (ihina und Japan und Sachsen und Frankreich darunter.... Die Haushälterin Mr«. Clarke meint, 'S steckt 'n ganze» Kapital darin, an dem Unsereins genug hätte! Und die Gc- «älde, die Familienbilder —" „Familirobilder!" uateebrach sie ihn hastig. »Ich — ich bin Freundin von Gemälden. Ich möchte — ich möchte das Haus Wohl sehen, wenn ich eS ohne — ohne Jemand zu stören, thun könnte." „Warum nicht. Miß? Ich biete cS Ihnen ja an! Und im Hause ist Niemand, den es stören könnte." „Der — der Besitzer ist nicht hier, nicht wahr — bestimmt nicht? Ich hörte, daß er — daß er — in nächster Zeit er wartet wird —" „Ja. Er soll Herkommen. Ich weiß nicht, wann. Aber er ist nicht hier." „Nicht hier! Aber doch Wohl — von der Familie — ich mein — verzeihen Sie die Frage, ich kenne die Verhältnisse nicht — hat der Besitzer nicht Familienmitglieder, Ver wandte — ?" „Keinen Menschen! Nichts, das ihm nahe genug stände, um hier zu sein. Da» HauS steht leer." „Nichts, da« ihm nahe genug stände, um hier zu sein!" wiederholte sie leise mit einem tiefem Athemzuge. „Das HauS steht leer! — In der That — eS würde — cS würde mich inter- essiren, das HauS zu sehen", fuhr sie zu Simpson fort, „ich mache von Ihrer Güte Gebrauch. Wenn Sie einen Moment verzeihen wollen, meine Toilette ist sogleich gemacht." Sie nahm ihren Mantel und Hut und verließ mit Mr. Simpson das HauS. Beide schritten aus dem Weg durchs Dorf dahio, der Besitzung von Old Hall zu, Mr. Simpson aus dem Gange seine Begleiterin freundlich - geschwätzig von allen möglichen Dingen von localem Interesse unterhaltend, Jane, zur sehr geringen Befriedigung Mr. Simpson -, schweig sam oder, wo eine Erwiderung von ihrer Seite umumgänglich war, diese nur in wenigen allgemeinen Worten gebend. AlS sie die Besitzung erreichten, wo daS Herrenhaus in seiner vollen, alterthümlichen Schönheit mit seinen schnee überdeckten Gärten und den schneebelasteten Bäumen deS weiten Parke- hinter dem Hause vor ihnen lag, machte Mr. Simpson halt und sagte wohlgefällig: „Ist'S nicht hübsch hier, Miß Brown? Ist- nicht ein schöner Play?" „Ein schöner Platz!" wiederholt« sieleise, träumerisch, und blickte gedankenverloren, mit eigenthümlich bewegtem Ausdruck in den großen dunkelblauen Augen, auf die Sceoe hin! „Ein schöner — schöner Platz!" „Hab' ich'-Ihnen nicht gesagt?" triumphirte Mr. Simp son. „Nun kommen Sie mit mir, Miß, und Sie sollen erst einmal das Innere sehen!" Sie betraten da- HauS nicht durch da- Hauptthor, da- verschloffen und verriegelt war, sondern durch eine Sciten- psorte, zu der Mr. Simpson den Schlüffe! bei sich führte. War Jane Brown furchtsam, oder hatte sie der kurze Weg ermüdet, oder fühlte sic sich unwohl — was geschah ihr? Sie wankte einen Augenblick, als sie sich nach dem Durchschreiten der Thür den ersten Moment unter dem Dache von Old Hall befand, und lehnte sich, mit dem Wcitcrgchen innchaltcnd, an das Geländer einiger emporsührender Stufen, als bedürfe >e einer Stütze. „Fehlt Ihnen etwa- — sind Sie nicht Wohl?" fragte Simpson verblüfft. „Es ist nichts — nichts! Eine leichte Schwindelanwand lung, wie ich sie öfter habe — im Moment vorüber! Ich fühle mich schon wieder wohl!" „Vielleicht ein Glas Wasser — einen Tropfen Wein —?" „Nein — nichts — ich danke Ihnen, eS ist schon vorüber! — Bitte zeigen Sie mir Old Hall." Der Gang durch das Haus begann. Welche Gefühle auch Jane Brown bewegen mochten, sie wußte dieselben in ihrer Brust verborgen zu halten und blieb verschlossen. Schweigend folgte sie ihrem Führer durch die Gemächer, bei seinem rühmenden Hervorheben der alterthümlichen Architektur, der cichengeschnitzten alten Möbel und all der anderen Herrlich keiten stumm verharrend, ihre Augen gedankenvoll umher- schweifcnd oder sinnend vor sich iwS Leere blickend — man wußte kaum, ob sie ihren Cicerone gehört. „Silberhumprn — Beutestück aus dem dreißigjährigen Krieg, den ein Borfahr der Familie mitmachtc", erklärte Mr. Simpson, geschäftig in dem großen hallenartigen Speise zimmer. „Prächtige- Theeservice in Meißener Porzellan, Ge- tchcnk einer Großtante dcS gestorbenen König- von Sachsen an den Urgroßvater dcS gestorbenen Mr. Thrale — soll gegen KON Pfund Sterling werth sein. — Medaillon-Porträt Karl'» III., Präsent dieses Monarchen an einen der Vorfahren Mr. Thrale'S für genoffene Gastfreundschaft bei einem Iagd- besuche. — Helm deS Lord Calltorn, eine- puritanischen Edelmanne«, den rin Squire Thrale durch einen geheimen Eingang in das alte Schloß vor seinen Verfolgern gerettet und hier verborgen haben soll, bis er auf dem geheimen Wege weiter fliehen konnte. — Porträts von Vorfahren de- gestorbenen Mr. Thrahl« seit dem 18. Jahrhundert. Hier zuerst der . . . Jane Brown unterbrach die Erklärung mit einer gewissen Ungeduld, die mit ihrer Borlieb« für alte Familienbilder ein wenig kontrastirte. „Giebt eS keine Porträts von den — von den »eueren Familienmitgliedern?" fragte sie. „Porträts von dem gestorbenen Mr. Thrale und seiner Gattin fehlen. Der gestorbene Mr. Thrale ließ sich nicht malen und das Bild seiner Gattin, der gestorbenen Mißtrcß, befindet sich nicht mehr hier. Der jetzige Besitzer, ihr Sohn, hat es mit sich genommen!" Jane Brown stockte einen Augenblick, eine Frage schien auf ihren Lippen zu schweben. Sie überlegte einen Moment. Dann erhob sic sich hastig von ihrem Sitz, auf dem sie sich niedergelassen, und sagte: „Ich danke Ihnen. — Bitte, lassen Sie u»ö wcitcrgchen." Einge andere Gemächer folgten. In einem derselben lagen auf einem Mitteltische Zeitungen und Tagesjournale ausgcbreitet. Jane trat näher und warf einen Blick darauf — sie waren von einem und einem halben Jahr alten Datum. Mr. Simpson deutete aus eine Thür am Ende des Ge machs, vor der eine schwere Portiöre herabhina. „DaS dort", sagte er, seine Stimme gencimnißvoll dämpfend, „ist da« Arbeitszimmer deS gestorbenen Mr. Thrale. Es steht und liegt noch Alles darin so, wie man eS bei seinem Tode ge funden." Mr. Simpson beobachtete seine Begleiterin dabei mit verstohlener Aufmerksamkeit. „Darf man eS sehen?" fragte Jane arglos. „Gewiß, wenn Sie wünschen —" „Mr. Simpson!" schallte in diesem Augenblick eine Frauen stimme von dem nahen Zwischenflur: „Mr. Simpson, sind Sie da?" „Hier bin ich, MrS. Clarke! WaS giebt'S!" anwortete der Gerufene, einige Schritte aus die osfcnstehende Thür zu tretend. „Ein Bote von Mr. Everett ist da im Sprechzimmer." „Ah! Lassen Sie ihn warten, ich komme sogleich!" Mr. Simpson wendete sich zu Jane zurück. „Entschuldigen Sie, Miß Brown", sagte er eilig. „Eine kurze, dringende Ab haltung. Verzeihen Sie einen Moment, ich stehe bald wieder zu Diensten!" Er eilte hinaus, die Thür hinter sich offen lassend. Alleingcblieben, richtete sich Jane Brown einen Augenblick hoch, stell empor und schaute leuchtenden Auge- um sich. Dann scustte sie tief aus, ließ den Kopf sinken und vergrub da» Gesicht in beiden Händen. Schweralhmend, bewegungslos stand sie so einige Secunden. Dann raffte sie sich aus, ließ die Hände fallen mit traurigem Kopfschütteln und zeigte
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