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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.08.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-08-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940816020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894081602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894081602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-08
- Tag1894-08-16
- Monat1894-08
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Iov3-I-o<- ä»ak»«3» I»r Omoo- Vez«g».Prets t» d« H«»pt»rpedittoa oder den Im Stad», beiirk n»d dea Vororten errichteten An», --destellen abgeholt: viec«eI,ädr>ichX4„'>0. bet jweimaliger täglicher Zustellung inS haut X 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschlaad und Oesterreich: viertkl>öbrlich X k.—. Direkte tägliche Kreuzbar,dieuvung ia< Ausland: monatlich X 7.50. DieMorgen-Äu-gabe erscheint täglich'/,? Uqr. di« Sbend-Autgabe Wochentag- 5 Uhr. Lrdartion und Erpeditioa: AahanncSgasse 8. Mi»Expedition ist Wochentag» ununterbrochea geöffnet voa früh 8 bis Abends 7 Uhr. Filialen: vtt» «le»»'« korti«. (Alfred Haha), Universitätsstrabe I, Lauts Lösche, tatharioeastr. I», pari, und tköniq-platz 7. Albend-Ausgabe. Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- «nd Geschäftsverkehr. AnzeigenPrel» die «gespaltene Petitzeile 20 Psg. Reklamen unter demRedactiontslrich l4g»> spalten) 50vor den Famitteauachrichie, (8 gespalten) 40 Gröbere Schriften laut unserem Preis- perzeichniß. Tabellarischer und Ziffernsatz nach höherem Taris. «xtra-vrilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Au-gabe. ohne Postbeförderung X 60.—, mit Postbesörderuag Xi 70.—. Ännahmeschluß für Änzr-igen: Abend-Ausgabe: Vormittag- 10 Uhr. Morgen-A usgabe: Nachmittags 4 Uhr. Sonn- und Festtags früh '/,9 Uhr. V«i den Filialen und Annahmestellen je eia« halbe Stunde srüher. Uvzrt-e« sind stets an die Gxpc-tttoii zu richten. Druck und Verlag von E. Potz in Leipzig 417. Donnerstag den 16. August 1894. 88. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig. 16 August. An der politisch stillen Zeit, in der wir uns befinden, kann eS nicht Wunder nehmen, wen» die ossiciös angckündigte Abänderung des preuftischeu VrrcinSgcscttcs noch immer Anlaß zu neuen Betrachtungen giebt. Sic haben wenigstens tas (Ante, neue ofsiciöse Auslastungen zu provociren. Eine solche liegt heute in der „Nordd. Allgem. Ztg." vor, in der daS Folgende auSgesührt wird: Gegen den Gedanken, bas preußische Verein-gcsetz abzuändern, ist eiagewaadt, daß man mit einem solche» Vorgehen, wenn auch nicht gegen den Buchstaben, so doch gegen den Geist der Reichsverfassung verstoße, nach deren Art. 4, Nr. 16, die Lestimmuagen über die Press« und da- Bereinswesen der Beaus- sichtigung und Gesetzgebung deS Reiches unterliegen. Es wird zugegeben, daß, so lange das Reich von seiner Besugniß leinen Gebrauch mache, die Gesetzgebung der Einzelstaaten un behindert sei, sich der Sache zu bemüchljgen. Der Fall liege aber »nLerS, wenn mit Neuregelungen Le- VereinswesenS in Preußen „ia der kaum verhüllten Absicht" eingesetzt werde, „Beschränkungen, die bei der Zusammensetzung deS Reichstags wenig Aussicht haben, in diesem angenommen zu werden, durch den preußischen Landtag genehmigen zu lassen", von dem man mehr Entgegenkommen er warte. Ein neues Verein-gcsetz könne in gleich kurzer Zeit für den Reichstag wie für den Landtag au-gcorbeitet werden, und wenn man das Bedürsniß empfinde, eine Neuerung zu tresse», solle man den Reichstag nicht umgehen. Man handle sonst gegen den Geist des Gesetzes. Wir könne» diese Beweissührung nicht alS stichhaltig anerkennea. Steht es, wie nicht bestritten wird und nicht bestritten werden kann, in dem Belieben des Reiches, von der ihm in der Reichsversassung überwiesene» Besugniß Gebrauch zu machen oder nicht, so sind auch die Gründe, aus denen es sich für die eine oder sür die andere Alternative entscheidet, seine Sache. Es mag sein, Laß ein Bercinsgesetz in einer Gestalt, die den Beifall der Mehrheit des preußischen Landtages findet, vom Reichstag abgclehnt werden würde. Aber sür die Gesetzgebung im Reiche ist der Reichstag nur der eine Factor; und wenn der andere Factor, der Bunbesralh, sein Recht, das Bereinswesen vonReichsgesek wegen zu regeln, gleichviel aus welchen Gründen, ruhen lassen will, so ist, solange dieser Einschluß andanert, die Angelegenheit von vornherein erledigt. Gerade aber wenn man von der Ablehnung durch den Reichstag überzeugt ist, liegt auf der Hand, daß der aus der Berufung aus die Reichsversassung geschöpfte Einwand irgend eine sachliche Bedeutung nicht beanspruchen kann. Tenn dieses negative Ergebniß aus dem Boden der Reichsgejetz- aebuaa würde doch in aller Fonn einen Zustand Herstellen, der Len Eiuzelstaatea volle Freiheit des selbstständigen Vorgehens eröffnet." Es ergiebt sich hieraus zunächst, daß die preußische Regierung in der Thal die Absicht hegt, mit einer Vorlage wegen Abänderung des preußischen BereinsgcsctzeS vor den Landtag zu treten, während der Bundcsrath Bedenken trägt, dem Reichstage Vorschläge wegen einer einheitlichen gesetzlichen Regelung des Vereinswesens zu machen. Wie die preußische Vorlage auSsällt, wird man abwarten müssen. Der Reichstag aber wird die Verpflichtung haben, den BundeSrath darauf aufmerksam zu machen, daß die Reichsvcr- safsung den gesetzgebenden Factoren des Reiches nicht nur die Besugniß zur rcichSgesetziichen Regelung des VcreinS- wescns ertheiit, sondern ihnen auch die Pflicht zu einer solchen Regelung auferlczt. Nur der Zeitpunct zur Er- süllung dieser Pflicht liegt im Belieben der gesetzgebenden Factoren. Thut nun eine Einzelregiernna emen Schritt, der möglicherweise dem Reiche die Erfüllung jener Pflicht unmöglich macht, oder doch erschwert, so hat das Reich infolge seines BeaussichtigungsrcchtcS Einspruch gegen diesen Schritt zu erheben. Das wird, wie gesagt, im Reichs- läge zvr Sprache kommen muffen. Bei dieser Gelegenheit wird man dann hoffentlich auch erfahren, auf welcher Seite im Bundcsrathe eine Abneigung gegen die von der ReichS- verfaffung in Aussicht genommene rcichSgesrtzlichc Regelung des VercinSwesens herrscht. Herr Eugen Richter setzt der Forderung von Partei genossen, den Proniainmeiitwnrs für die frctfinnigc Volks- Partei zu veröffentlichen, eisiges Schweigen entgegen. Dafür macht er heute bekannt, wie man am bequemsten und billigsten aus Pommern nach Eisenach gelangt, allwo be kanntlich daS Festspiel des volk-parteilichen DelcgirtentaacS über die Bretter gebt. Der Vorgang ist charakteristisch: „Kommt nur, daS klebrige besorge ich." Und Herr Richter wird es besorgen. Nicht nur, weil die Delegation derart geregelt worden ist, daß eine starke Mameluken- Mehrheit außer Frage stebt, sondern auch wegen der beillos schwachen Position seiner Gegner in der Partei. Die Losung dieser Leute lautet bekanntlich: „Social- polilik". Siebt man sich aber die verschiedenen Programm- Vorschläge, die von ihnen auSgezangen sind, näher au, so findet man weder Klarbcit, noch ehrliches Wollen. ES ist Wäblerfang, was diese socialen Programme, deren Ver wirklichung man ja nicht befürchten zu müssen glaubt, im Auge haben, nicht das Gemeinwohl und daSWohl bestimmter Elasscn. Daher auch der socialpolitischc Radicali-muS dieser Stocknianchcstermänncr von gestern. Die Spekulation auf die Industrie- und Handarbeiter ist einfach thöricht. Wenn für die freisinnige Volk-Partei überhaupt noch irgendwo Wähler zu werben sind, so wird die Nichter'sche Agitation sich immer noch wirkungsvoller erweisen, als diese Hrogramin Komödie. Dieser Tage ist wieder ein Berliner BezirkSverein mit einem socialen Reltu»gsplan sür den Deutschsreisinn hcrvorgctreteu. Er enthält, und das kennzeichnet ihn, die Forderung, die großen Betriebe „zu socialen Musteranstalten zu gestalten, so daß sie den berechtigten socialpolitischc» Anforderungen ent sprechen". Welche Anforderungen die Ouirilen der Rosen- tbaler Vorstadt sür berechtigt halten, verschweigen sie klüglich. Man gebt wohl nicht fehl, wen» man die sociale Beflissenheit der freisinnigen Berliner Bezirksvereine aus die Sorge, auch das Stadtregiment zu verlieren, zurücksührt. Diese Ur sache ist ihrem Ursprung nach keine rein politische. Die Versammlung der Inhaber griechischer Werthe, die, wie bereits telegraphisch gemeldet, vorgestern iu London tagte, hat keineswegs im Gegensätze zu den deutschen und den französischen Gläubigern im Sinne einer einseitigen Nachgiebigkeit Beschlüsse gefaßt. Vielmehr wurde von mehreren Rednern das Verhalten der griechischen Regierung als unehrenhaft bezeichnet, wie denn auch später die Berathung auf unbestimmte Zeit vertagt wurde. Da die deutschen und französischen Delegirten der Versammlung bei wohnten. forderte der Secretair des deutschen Comitös die englischen Gläubiger Griechenlands auf, sich dem Ultimatum vom 16. Juli anzuschlicßen. Wenn der Vorsitzende der Versammlung mitthcilte, der englische Gesandte in Athen habe die Ansicht ausgesprochen, daß man nicht mehr fordern solle, als die griechische Regierung gegenwärtig zuzugestehen bereit sei, so muß eine solche Auffassung, wie die „Nat.-Ztg." betont, sehr seltsam erscheinen. Die griechische Regierung könnte hiernach erklären, daß sie gegenwärtig nur ein Minimum zuzugestehen bereit sei. Worauf es ankommt, ist vielmehr, ob Griechenland im Hinblick auf seine finanziellen und wirthschaftlichen Verhältnisse nicht im Stande ist, wesentlich mehr zu bewilligen. Eompetente Beurthciler stimmen nun darin überein, daß dies in der That der Fall sei, und es ist Erfreulich, daß auch ein Theil der englischen Gläubiger sich dieser Auffassung anscheinend anschlicßt. Hatten die der griechischen Regierung nahestehenden Organe nicht ebne einen gewissen Hohn darauf kinzewiesen, daß ein isolirteS Vergeben Deutschlands keinen weiteren Einfluß auSübcn würde, so muß man sich nunmehr in Athen überzeugen, daß nicht bloS Frankreich in dieser Angelegenheit mit Deutschland gemeinschaftliche Sache macht, sondern auch ein beträchtlicher Tbeil der englischen Gläubiger nickt gewillt ist, sich den Prätentionen Griechenlands zu fügen, was jedenfalls aus der von dem deutschen Schutz- comite angeregten nochmaligen Berathung, welche in Brü'-el stattsindc» soll, zu noch deutlicherem Ausdruck g >. n dürfte, wenn man sich klar macht, daß von der griechischen Regierung statt der zugesichertcn 5 Proc. im Jahre 1894 nur l,6 Proc., im Jahre 1900 nur l,7 Proc. und erst nach zwanzig Jahren 2 Proc. an ZinSgeuuß, also so gut wie nichts geboten werden; zum Schaken der Besitzer und lediglich zum Vortbeil des seine Obligationen zurückcrwcrbcnden Staates müßte demgemäß der EourS lange Jahre auf sebr tiefem Niveau bleiben, und Herr TrikupiS oder seine gleich gesinnten Nachfolger würden natürlich mit dem Zinse auch den Coursstand unter starkem Druck halten» selbst wenn die Finanzen deS Staates sich erheblich gebessert hätten. Nun bat auch Vascrio, der Mörder deS Präsidenten der franzififchen Republik, seine Blutthat mit dem Tode gebüßt: heute Morgen in aller Frühe legte die Guillotine daS Haupt deS sich heftig Sträubenden in den Sand. Auf eine Appellation, sowie aus ein Gnadengesuch hatte er ver zichtet, sie wären auch beide vergeblich gewesen. Die letzten Worte deS beschränkten und verblendeten Werkzeugs der eigentlichen, hinter den Couliffcn arbeitenden Intelli genzen der anarchistischen „Weltanschauung" waren: „Muth, Kameraden, es lebe der Anarchismus!" Daß der Nach folger Vaillant's und Emile Henry'S mit diesem Appell sich die Rache für seine „Hinmordung" gesichert hat, unterliegt leider keinem Zweifel; denn, weit entfernt, daß daö neue französische Anarchistcngesetz den Muth der Umstürzler geknickt hätte, erheben sie frecher denn sonst das Haupt, weil sie wissen, daß diese an sich schon nicht besonders scharfe Waffe wegen der Rücksichtnahme der Regierung aus den Radikalismus in einer Weise gehankhabt werden dürste, die ihnen immer noch gestattet, dumme Bauernjungen und verlotterte Subjecte, die mit dem Leben bereits abge schlossen haben, zu neuen SchreaenSthaten zu „begeistern". So lange Die nicht erbarmungslos getroffen werden, die daö Feuer unter der Asche immer von Neuem schüren, darf man sich eben nicht Wunder», wen» cS i» kurzen Zwischenräumen immer wieder als Flamme hervorschlägt. Die dieser Tage erst entdeckte anarchistische Verschwörung gegen CriSpi ist dafür der beste Beweis. DaS Schlimmste aber ist, daß die krankhafte, sentimentale Anthcilnabme der französischen, spcciell der Pariser Bevölkerung an Allem, was Anarchist und Anarchismus heißt, einer ebenso gefährlichen Gleichgiltigkeit Platz zu machen beginnt. Es ist geradezu erstaunlich, zu sehen, wie wenig sich Paris sür den letzten Anarchistcnproccß interessirt hat. Kaum eine einzige Zeitung wird ei» paar Hundert Exemplare mehr abgesetzt baden, als an gewöhnlichen Tagen. Jeder halbwegs rassinirte Raubmord wird mit weit mehr Neugierde verfolgt, wird weit passionirter commcnlirt. Der ganze Anarchistcnrummel dauert den Parisern schon viel zu lange, und die Thaten der Anarchisten wirken nur noch sensationell ihrer Opfer, nicht mehr ihrer Thäter Wege». Diese Gleichgiltigkeit wird durch die nothwcndige und nach anderer Richtung hin sehr heilsame Bestimmung deS Anarchisten- gcsetzeS, welche den Blättern die Berichterstattung über anarchistische Procesie verbietet, noch um ein Bedeutendes gesteigert werden, ein Umstand, der nur wieder dem An archismus zu Gute kommen kann. DaS ist kein hoffnungsvoller Ausblick in die Zukunft! Die neuesten aus Japan von Ende Juni vorliegenden bricslichcn Berichte bestätigen, daß die inneren Zustände des Kaiserreichs in der That dazu beigetragen haben, die Regierung des Mikado zu bestimmen, um der inneren Schwierigkeiten Herr z» werden, den KricgSpsad zu betreten. Als daö Ministerium des Grafen Ito am ,90. December vorige» IahrcS die Auslösung der Deputirtcnkammcr decre- tiren ließ, da hatte man in Regierungskreisen gehofft, daß Nenwablen eine ministerielle Majorität ergebe» würden. Diese Hoffnung wurde jedoch durch die Wahlen vom l. März, durch welche 12 l Radicale, l.90 Oppositionelle und 46 Unabhängige in die Kammer gelangten, vereitelt. Nach dem nämlich am l5. Mai das Parlament durch eine Bot schaft deS Mikado eröffnet worden war, und Gras Ito daS Ergänzungs-Budget vorlcgte,^ beschloß die Kammer am 31. Mai mit 153 gegen 139 Stimmen, den von den regie rungsfreundlichen Radikalen beantragten Adrcßentwurf ab- zulehncii und den Entwurf der Oppositionellen (der sich namentlich gegen die den Fremden günstige Politik der Regie rung ansspricht) anzunehmcn. Zwei Tage später verkündete Gras Ito der Kammer, daß der Mikado die in der Adresse cnlballcnen Ansichten nicht acceptircn könne, und daß die selbe daher unbeantwortet bleiben werde. Gleichzeitig sprach Ito neuerdings die Auslösung aus, so daß das japanische Volk unter dessen Regierung nun zum fünften Mal zu Neu wahlen wird schreiten müsse». Unter solchen Umständen ist die Nachricht, daß China 2«»nO Man» »ach Korea geschickt hat, den Machthabern in Tokio sehr zu gelegener Zeit gekommen, indem sic nun den Forderungen der öffentlichen Meinung entsprechen »nv die Provocation Cbmas mit der Abscndiing von 6000 Mann »ach Korea beantworten konnten. Die öffentliche Ansmerksamkeil war damit auf eine aus wärtige Frage gelenkt und dem Ministerium die Möglichkeit geboten, seine sinkende Popularität durch einen äußeren Erfolg zu hebe». — Was die Angehörigen auswärtiger Nationen in den beiten kriegführenden Staaten betrifft, so hat die englische Regierung bei ihrer Erklärung, in dem chinesisch-japanische» Kriege neutral zu bleiben, anch ihren Unterthane» verboten, in die Dienste einer der kriegführenden Mächte zu treten oder daselbst zu bleiben. Auch Deutsche sind sowobl in der Landarmcc, wie in der Marine beider Staaten lhätig, und es liegt deshalb nahe, die Frage zu beantworten, ob die Neutralität Deutschlands es der ReichS- regicrung zur Pflicht macht, dieselbe Aufforderung an ihre in chinesischen oder japanischen Diensten befindlichen Unterthane» zu richten. Wir glauben, schreibt die „K. Ztg.", nicht, daß dies erforderlich ist; die neutrale Stellung eines Staates macht cS demselben allerdings zur Pflickt, Alles zu vermeiden, was den einen und andern der kriegführenden Staaten begünstigen könnte, er darf es also nicht dulden, wenn in seinem Gebiete Werbungen für eine der Streit mächte stattsindc» oder seine Untertbanen schaarcnweisc zu den Fahnen einer der kriegführenden Mächte eilen. Hin gegen erfordert die Neutralität nicht, daß er seine Unler- thanen, welche schon vor Ausbruch des Krieges in einer der beiden Armeen dienten, zurückberuft; cs mag Fälle geben, in welchen auch dies geboten ist, beispielsweise wenn die Untertbanen eines Staates in Tausenden in einer der beide» Armeen dienen, für die Regel läßt sich eine solche Maßregel als eine durch daS Völkerrecht gebotene Pflicht eines neutralen Staates nicht betrachten. Wenn England cs sür angemessen bält, die chinesische Armee durch Zurückocrusung der englischen Officicre zu schwächen, so wird eS dazu durch Feuilletsn. Sein Weib. Roman frei nach dem Englischen von Emil Bernfeld. Nachdruck verboten. (Fortsetzung.) „DaS Fräulein ist ja fremd hier, Roger!" siel Mrs. Fogg belehrend ein. „Wie kan» sie denn die Geschichten kennen! Der Sam Brown thut ja den Mund nie auf und seine Frau spricht auch nicht gern davon von wegen dem Sam seinen Gram!" „Bitte erzählen Sie mir!" wiederholte Jane dringend. „Wer wurde ermordet?" „Nun", meinte Roger, mit dem Daumen über seine Schulter hinwegzeigend, womit er die Richtung nach Old Hall ankeuten wollte: „Der alte Herr war'S ja selber — der alte Mr Thrale!" „Wie — ist es möglich —" ries Jane erbleichend auS: „Der alte Mr. Thrale ist ermordet worden?" „Ja, ja, ermordet, dem Himmel sei 'S geklagt!" bestätigte MrS. Fogg mit bedauerndem Kopfnicken. Er, sür den ich so lange gewaschen habe, wie ich das Waschen betreibe! Sie sandcn ihn morgens todt in seinem Arbeitszimmer, auf seinem Stuhl sitzend, mit dem Kopf und den Armen auf seinem Schreibtisch liegen in seinem Blut! 's war gerade just an dem nämlichen Morgen, wo wir unseren Tommy regulär verloren zu haben glaubten. Er war die ganze Nacht außerin Hause gewesen —" „Bon wem wurde der alte Herr ermordet? Wer war der Thäter?" „Darüber gab eS damals viel Verhör und Fragen und Zeugenaussagen — aber es ist nichts ausgekommcn!" „Hegte man gegen Jemand Verdacht?" „Tu sichst dock. Marv, daS Fräulein ist fremd hier!" er mahnte jetzt Mr. Roger seinerseits. „So wird sie doch nickt au- dem Tinge klug! Erzähle ihr doch die Geschickte ordentlich!" MrS. erstattete sehr lebhaft und ausführlich einen eingehen den Bericht über die damaligen Geschehnisse auf Old Hall nebst einigen nicht dazu gehörigen Weitläufigkeiten, sekunbirt von ihrem Gatten mit dessen Lazwischcngcschobenen Ergänz ungen, wodurch Miß Jane Brown allmählig ein ziemlich klare- Bild von dem gewann, was man über die Sache wußte, und zugleich von der bemerkenswerthen historischen Thatsache unterrichtet wurde, daß man an jenem denkwürdigen Tage Tommy, als man ihn nach langem Suchen endlich irgendwo aufstöberte in der Umgegend, zuerst durckgeprügelt und ihm daun » conto der halben Krone, in deren Besitz man ihn merkwürdigerweise fand, für einen Penny die Blcchflöte gekauft, auf welcher er seitdem Musik lernte. „Und hegte man gegen Niemand Verdacht wegen der Mordthat?" fragte Jane noch einmal. „Je nun, man dachte aus einen Fremden, einen gewissen Rawlinson. Aber der Mann war ein Fremder, den Keiner von den Leuten von Old Hall kannte ; man wußte nicht, wohin er gegangen war, nachdem er das HauS verlassen, und er ist nicht auszufinden gewesen. Zudem sagten wieder Andere, er könne cs gar nicht gewesen sein, denn er war vor Aller Augen fortgegangen. Und wie hätte er denn in das ver schlossene Haus wieder hiueinkommen sollen?" „Und so blieb der Mord unaufgeklärt?" „Ja!" Roger kratzte sich nachdenklich hinter dem Ohr und am Kinn. „Manche Leute meinen — aber die Leute reden ja viel!" „Was reden sie?" „Sie meinen, Mr. Everett, der Anwalt von dem seligen alten Herrn, hätte den Sohn, den jetzigen Squire Thrale, den jungen Herrn, in Verdacht!" „Wie - den jungen Herrn —?" fuhr Jane betroffen zurück. „Mr. Falconer Thrale, ganz recht! Aber ich glaube es nicht, wir alle glauben cs nicht. Die Leute schwatzen ja viel, um Klatscherei zu machen. Sie sagen, Mr. Everett habe ihn darum verhindert, eine große Reise zu macken, um ihm hier besser auf die Finger sehen zu können. Aber ich höre nach so etwas gar nicht hin." „Man sollte im Gegentheil darauf hinhören, um solchem bösen Gerede begegnen zu können!" bemerkte Jane entrüstet. „Erzähle überhaupt nicht solches Zeug nach in unserem ehrlichen Hause!" fuhr MrS. Fogg voll Unwillen aus. „In unserem Hause, wo man so lange sür Old Hall gewaschen und die schöne Kundschaft gehabt hat! Und mit der Familie ist man seit Großvater her bekannt! Schon mein Großvater seliger, der Schuhmacher war, hat für Mr. Falconer'S Großmutter gearbeitet und schönes Geld bei ihr verdient. So eine noble und reiche Familie!" „Ja Wohl, ja, Miß, eine reiche Squire-Familie!" bestätigte Roger belehrend. „Sie wissen das nicht so, Miß, Sie sind sremd hier!" „Ganz recht, ja, — ich wußte von dem allen nichts. Ich will weitergehen, Mrs. Fogg. Bitte, hier — ein Bischen Kuchen für die Kleinen zu ihrem Thee!" „Ach, tausend Dank! Nein, was Sie freundlich sind, meine liebe Miß Brown! Sie und Miß Annette, Sie Beide paffen so recht zusammen!" „Miß Annette!" sagte Jane mit einem melancholischen Lächeln. „Ich weiß nicht, wer Miß Annette ist. In der That, ich bin recht fremd hier, wo ich — wo ich jetzt zu Hause sein sollte!" * , >1» H Einige Tage später machte Jane die Wahrnehmung, daß sich ihre Wirthin, Mrs. Brown, in größerer Geschäftigkeit als sonst und offenbar in lebhafter Aufregung befand, die sie zu verhehlen suchte. Sic war von einer etwas gesuchten, eifrigen Geschwätzigkeit, wenn der stumme Sam zugegen war, und zeigte eine verstohlene Unruhe oder Besorgniß, wenn sie sich nicht ini Bereich seiner Augen wußte. Ihrer stillen Abgeschlossenheit und Zurückhaltung getreu, machte Jane keinen Versuch, in das Geheimniß der guten Frau zu dringen, und schien von dem aufgeregten Wesen der- selbennichtS zu bemerken;abervonihremtbeilnebmendenGen>ülh geleitet, half sie ihr freundlich und bereitwillig in der Wirlh- schaft und erwies ihr mannigfache kleine Aufmerksamkeiten, die in MrS. Brown s gutem Herzen den lebhaftesten Wider hall fanden. „Wie gut Sie sind!" rief die wackere Wirthin tief auf- seuszend aus, als am Vormittage Jane in Gemeinschaft mit ihr geschäftig das Wohngemack ordnete und von Staub reinigte. „Und wie still und ruhig Sie das alles machen können in all dem Trubel! Mein Herz geht nur immer so: puck, Puck, Puck! und mir wird immer erst ein bischen freund lich vor Augen, wenn ich Sie ansehe!" „Trubel? Welchen Trubel?" fragte Jane harmlos. „Ach, ich meine nur wegen deS Herrenhauses Old Hall!" Jane blickte auf. „Trubel in O!d Hall?" sagte sie. „Was giebt eS dort?" „Großreinmachen! DaS HcrrcnbauS muß in Stand gesetzt werden. Der junge Herr kommt her." Jane wendete sich bastig ab und beschäftigte sich eingehend mit dem Abstäubcn eines Stuhles. „Kommt er bald ?" fragte sie nach einigen Augenblicken mit halblauter Stimme, an scheinend sehr in ihre Arbeit vertieft. „Ich Weiß eS nickt", cntgegnete Mrs. Brown. „Ach, ich habe ja solche Angst wegen meines Sam! Wegen seiner Gesundhc.t! ES wirb ihn ausrcgcn, und er ist so seltsam, so wunderlich." Jane schwieg. Sic begriff nicht, was Samuel Brown bei der Rückkcbr seines Herrn ausrcgen könne, daß man so gar für seine Gesundheit fürchte; aber, die Wahrheit zu sagen, beschäftigte dieser Umstand ihre Gedanken so wenig, daß sie danach keine weitere Frage tbat. Am Nachmittag jedoch, als MrS. Brown in der Küche mit dem Abspülcn dcö Mittags- geschirrcS beschäftigt war, das Jane, neben ihr stehend, mit einem Tuch trocknete, bemerkte ihr das junyc Mädchen plötzlich, sie wünsche Wohl, Old Hall noch einmal naher in Besichtigung zu nebmen, und beabsichtige, heute dorthin zu gehen. „Hm — nun ja — warum nicht!" entgcgnetc MrS. Brown ein bischen gedehnt. „Sie scheinen Bedenken zu hegen? Meinen Sie, daß ich wegen deS Trubels dort nicht hingehen soll?" „Je nun — offen gestanden — cS ist wegen der vielen Arbeit, die jetzt dort ist. Ich bätte sie dort lieber bei der Mrs. Clarke gesehen, als bei dem Mr. Simpson. Mr. Simpson, daß ich eS Ihnen nur sage, ist nun einmal nicht mein Ge schmack — und die arme MrS. Clarke bat wirklich jetzt alle Hände voll zu thu». Sie weiß sich vor Arbeit nicht zu lassen. Sehen Sie, die »öthige Hilfe fehlt ihr, sie bat ja gar keine Leute. Und was sic aus dem Dorf bekommen kann, ist da nicht viel zu brauchen, daS weiß mit den Dingen dort nicht umzugehen. Ta sollte ich beinahe meinen — Sic thäten besser, den Besuch ein anderes Mal zu machen." Jane trocknete die nächsten Gcschirrstückc in tiefem Schwei fen ab. Die Farbe in ihrem Gesicht ging und kam, ihre Hand zitterte ein wenig. „In der Tbat, ich hätte MrS. Clarke gern gesehen", sagte sie plötzlich. „Meinen Sie wirklich, daß sie so beschäftigt ist?" „Meiner Treu, sic kann es allein kaum schaffen." Wieder schwieg Jane einige Augenblicke. Tann Hub sie zögernd an: „MrS. Brown, ich möchte MrS. Clarke gern helfen." „Wie — ?' sagte MrS. Brown erstaunt. „Sie wissen, ich babc viel freie Zeit, und ich bin an'S Arbeiten gewöhnt. Ich war nicht immcr in so günstiger Vermögenslage gewesen wie jetzt, ich bin von meiner Tante in sehr einfachen Verhältnissen auserzogen worden. Ich könnte ganz gut MrS. Clarke Beistand leisten, und — und eS würde mich freuen, ihr damit einen Dienst zu erweisen."
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