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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.08.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-08-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940818023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894081802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894081802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-08
- Tag1894-08-18
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Heute er sehen wir aus der „Nat.-Ztg.", die ihre Angaben auf Mit- theilnngca eines ans polizeilichen Quellen schöpfenden Bericht erstatters stützt, daß die Entdeckungen der Berliner Polizei noch weiter gehen. Es heißt nämlich in dem genannten Blatte: „Ferner sollen bet einem Mechaniker F. in der Langenstraße Schrift stücke entdeckt worden sein, die dartdun, daß die hiesigen Anar chisten in engster Verbindung mit den i» Frankreich lebenden Genossen stehen. Die hiesigen Anarchisten sollen aus einem von einer Wittwe W. gepachtete», in der Nähe des Central Viehhofes gelegenen Gelände ihre geheimen Zusammenkünfte abge halten haben. Im Uebrigen deuten behördliche Vorsichtsmaßregeln darauf hin, daß die Polizei auch von der beabsichtigten Ver wendnng des Sprengstoffes unterrichtet ist". Und der Telegraph meldet uns aus der Rcichshauptstadt: In der Wohnung des verhafteten Anarchisten Scheine wurde, im Ofen verborgen, ein Fläschchen mit Chemikalien zur Be reitung von Zündstoffen entdeckt. Ferner schreibt unS unser Berliner 6. II.-Eorrespondent „Berlin wurde heute durch die Sensationsmeldung überrascht' daß bei hiesigen Anarchisten gefültte Bomben aufgesunden worden sein sollen und daß ferner die hiesigen Anarchisten einen lebhaften Verkehr mit den französischen unterhalten hätten. Letztere Meldung kommt wenigstens uns nicht überraschend, denn die hiesigen Anarchisten haben wiederholt aus Frankreich Geld empfangen und umgekehrt ist solches aus Deutschland nach der Seine gegangen; aber die Nachricht von der Auffindung der Bomben wird auch Densenigen die Augen öffnen, welche die anarchistische Be- wegurig in Deutschland nicht ganz ernst zu nehmen pflegte». Hat denn nicht Deutschland den Anarchisten ReinSdorss gehabt, der das scheußliche Niederwalddenkmal - Attentat vorbereitete? Hat es nicht einen Lieske gegeben, der den Poltzeirath Rumpf ermordete? Und nun gehe man, wie wir, in die anarchistischen Versamm- lungen und sehe sich die verbissenen, fanatisirte» Gesellen an, die Ravachol, Reinsdorff rc. als Märtyrer preise» und die sich bei boycottfreiem Bier die Hälse wund schreien, wenn ein Hoch a» die anarchistische Bewegung erklingt. Diese ist weiter ge- diehen als man glaubt. Zwar ist der Rciseapostel Bender in Halle a. S. hinter Schloß und Riegel gebracht, aber Andere sind an seine Stelle getreten. In Mannheim ist der socialdemokratische Discutirclub „Vorwärts" in das anarchistische Lager übergegangen, iu Altona in der Friedrichbaderstraße 9 soll an diesem Sonntag eia anarchistischer Lese- und Discutirclub ge gründet werden; immer neue Städte werden mit solchen „beglückt" so auch das wenig industrielle Karlsruhe. Weniger in öffentlichen Versammlungen, als gerade in diesen Clubs, deren wir ja auch in Berlin und namentlich in der Umgegend besitzen, wird der anarchi- stische Samen gestreut, der Haß groß gezogen und das Bomben werfen verherrlicht. Ein Wunder ist es also nicht, daß sich auch in Berlin „Genossen" gefunden habe», die sich für „große und Herr- liche Thalen" Lurch Anfertigung vo» Bomben vorbereitc». Hoffentlich i l cs der Polizei gelungen, das ganze Nest auszunehmen." Und während die Berliner Polizei solche Entdeckungen macht, auf die man längst gefaßt sein mußte, erörtert die officiöse Presse in aller Seelenruhe, was zu geschehen habe, um bei Wahlen die socialdemokratischen Bäume nicht in den Himmel wachsen zu lassen oder in Versammlungen die Hörerschaft der socialdemokratischen Redner zu be- chränken! Als ob nicht der zwingendste Anlaß vorläge, den aus Tbaten sinnenden Bewunderern RavacholS die Wege zum Ziele zu verrammeln und die Mittel zur Auö- ührung ihrer Pläne aus den Händen zu winden! Woraus diese Lauheit zurückzusübren, ob sie eine der vielen beklagenS- werthen Folgen eines Mangels an Fühlung und Ueberein- timmung zwischen dem leitenden deutschen Staatsmanne und der Regierung des „führenden" EinzelstaateS ist: wer könnte das bei der Unklarheil, die über dieses Berhällniß gerade von osficiösen Federn gebreitet wird, mit Sicherbcil be haupten? Jedenfalls aber sind die Entdeckungen der Berliner Polizei eine ernste Mahnung an Alle, deren Pflicht der Schutz des Reiches und seines Oberhauptes ist, endlich über die akademischen Erörterungen, über Revision der Preß- und VereinSgesetzzcbung hinauszugehen und auf wirksame Maß regeln zu denken, durch welche der Zuzug fremder Anarchisten thunlichst verhütet, die Verbindung der internationalen Bande durchschnitten, ihre Beaufsichtigung erleichtert und die Gelegenheit, sich Mittel zur Ausführung ihrer grauenhaften Pläne zu verschaffen, möglichst erschwert wird. Die Anarchistciipolittk itznglands wird vorerst keinerlei Acnderung crsahren. Lord ASguith hält die bezüglichen in England geltenden gesetzlichen Bestimmungen für mindestens ebenso wirksam, wie die irgendeines anderen Landes. Man kann nur wünschen, daß sic sich wirksamer erweisen, denn bei dem jetzigen bochfluthartigen Andrang der aus ihren Fest landsschlupfwinkeln durch die in verschiedenen Staaten er lassenen strengen Gesetze aufgescheuchten Mordgesellcn nach dem gastfreien britischen Boden würde es um die Sicher heit Europas bedenklich bestellt sei», wenn England ebenso wie vordem als Asyl sür alle mit gewaltsamen Umsturzplänen sich tragenden anarchistischen Verbrecher diente. Indessen kann doch nicht geleugnet werken, daß die Uebcrwachung der nach Hunderten i» England eintrcffcnden Festlandsanarchistc» an die englische Polizei Anforderungen stellt, denen sic auf die Tauer kaum gewachsen sein dürfte. Schon jetzt ist ihr Dienst ein äußerst beschwerlicher, da sie die Ueberwactmng der Häsen und des ganzen Reiseverkehrs der Anarchisten auf englischem Bode» wahrzunchmcn, aber kein Recht hat, ihre Hand auf Verdächtige zu legen, solange diese nicht durch eigenes Verschulden ihre Arrctirung rechtfertigen. Es unterliegt keinem Zweifel, daß, wenn Lord Salisbury'S Fremdenbill beute cingebracht würde, ihre Aufnahme seitens der öffentlichen Meinung wie seitens dcS Unterhauses eine sympathischere sein dürfte, als neulich, wo sie ziemlich summarisch ml acta gelegt wurde. Daß sie wiederkomme» und schließlich doch zur Annahme gelangen wird, dafür werden die Anarchisten schon selber sorgen. Zu bedauern bleibt nur, daß man dann gezwungen sein wird, daS Aus nahmegesetz ans Leichen und Trümmern zu errichten. Cohen, ebenfalls srcigcsprochcn worden seien. In Wirklichkeit ist aber deren Angelegenheit gar nicht zur Verhand lung gelangt. ES wurde de» Geschworenen keine Frage vor- geleat, welche sic betrifft, weil der GerichlSbvf sich Vor behalt, im Laufe seiner dreimonatigen Session ob»e Hinzuziebung der Geschworenen über daS Schicksal der füns Flüchtlinge z» entscheide». So geschah cS im Falle Meuniers, der im Proccssc von Francis »nd Bricon nicht erschienen war und demgemäß in onutumac iam zum Tote vcrnrtheilt wurde, obiic daß sich die Geschworenen über ibn ausgesprochen hatten. Gerade so werken auch die fünf Flüchtlinge ver- urlheilt werde», und zwar, wie das in solchen Fällen üblich ist, zum Maximum der Strafe. — Mittlerweile kommen beunruhigende Nachrichten ans Verne t-teS BainS, in der Nähe der spanischen Grenze, wo der fran zösische Ministerpräsident Dupuy sich zur Erholung aufhält. Es ist Thatsache, daß vo» Barcelona aus ein Dynamit-Attentat aus den Präsidenten geplant worden war, daö aber noch rechtzeitig verliintert werden konnte, da die spanische Polizei die französische Regierung von dem Vor haben der Anarchisten in Kenntnis; gesetzt batte. Gleichzeitig wurde auch ein in Frankreich geplantes Complvt gegen Dupuy entdeckt; zwei Anarchisten sollten sich nach Vernel-leS-BainS begeben haben, um ibn zu ermorden. Wie in diesem Zusammenhänge die Nackrichten von der Erkrankung Dupuy'S auszusaffen sind, ist »och zweifelhaft. Die eine Version berichtet von einer Nierencrkrankung, die andere weiß zu versichern, die Krankbeit sei nur vor- gescbützt, damit der Minister seine von Mördern umlauerte Wohnung nicht zu verlasse» brauche, und einer dritten Versio» zu Folge sei Weber daö eine noch das andere richtig, sondern Dupuy sei vergiftet worden. Ganz von der Hand zu weisen ist die letztere Meldung nicht, denn eine plötzliche schwere Nierencrkrankung will bei der strotzende» Ge sundheit des Ministerpräsidenten nicht recht glaublich erscheinen, ebensowenig daß die Polizei denselben vermocht habe, unter dem Vorwände einer Erkrankung seine Wohnung nicht zu verlassen, denn Furcht kennt Dupuy bekanntlich nicht, und außerdem konnten ja, da die Polizei gewarnt war, alle möglichen SicherbcitSmaßregeln getroffen werden. Jedenfalls ist die Krankheit eine so brsorgnißerrcgende, daß, wie schon im Morgenblatt gemeldet wurde, stündlich Bulletins aus gegeben werden. Man wird Wohl bald erfahren, ob die Anarchisten zu den Waffen des Dynamits und des Dolches auch die noch gefährlichere des Gislcs hinzugcsügl haben. In Frankreich hatte man vielfach geglaubt, daß die sün üchtigen Angeklagten im Anarchisten-Proccß der Dreißig, 'aul RecluS, Constant Martin, Duprat, Ponget und Alexandre Eine arge Verlegenheit für daS öftrrrrichischr Coa- litionSministcrium Windischgrätz bildet die Frage deS Gymnasiums in Cilli. Die nationale Eroberung der rings von einer slowenischen Landbevölkerung umgebenen denlschcn Stadt Cilli steht unter den Bestrebungen der steirischen Slowenen obenan. In der Aera Taasfc ist aus den deutschen Cbarakter der Stadt mancher An griff, und nicht immer erfolglos, unternommen worden. Äm meisten ist cS nun den Slowenen darum zu thun, daß in Cilli eine slowenische Mittelschule errichtet werde, da sic sich hiervon einen starken slowenischen Zuzug in die deutsche Stadt versprechen. Sie fordern deshalb, daß ent weder eaS deutsche Gymnasium in Cilli durch slowenische Parallelclasscn vergrößert, oder daß ein selbstständiges slowenisches Gymnasium in Cilli errichtet werde. Da die vereinigte deutsche Linke hiergegen entschiedenen Ein spruch erhob, während andererseits die Slowenen mit dem Austritt aus dem Hohenwartclub drohten, falls ibre Forderung unerfüllt bliebe, sann UntcrrichtSministcr Madeyöki auf ein AuSkunslSmittcl. Nach Mittheilungen klerikaler Blätter besteht dasselbe darin, daß außer der Wiederbcrstcllulig des vom UntcrrichtSministcr Gautsch ausgehobeucn slowenischen Gymnasiums in Kramburg »och ein slowenisches llntergyiunasium i» einer slowenisch».n Stadt üdfteiermarkS errichtet werden soll. Dcmgegenüttcr theilk nun daS Organ der steirischen Slowenen mit, das; die lowenischcn Abgeordneten aus der Errichtung deS Gymna siums in Cilli bestehe», und daß diese Forderung vom ganzen Hobenwartclub unterstützt werde. Wenn dem so ist, darf mau auf den AuSgang dieses bisher hinter den parlamentarischen Coulissen geführten StreileS ge staunt sein. Einstweilen lassen jedoch die klerikalen Aus lassungen cber verniuthen, daß die Klerikalen, die den Kern deS Hokcnwartclubö bilden, den Slowenen das Ein gehen auf das Ccmpromiß des Untcrrichtsministers anrathcn werden. Bleiben die Slowenen unnachgiebig, so k.inn, falls äc in der Tbat im Besitz von Zusicherungen dc:S ganzen Clubs sind, die anscheinend wenig bedeutsame Cillier Frage noch eine große politische Wichtigkeit erlangen und zu einem Prüfstein sür die Dauerhaftigkeit der dreigliederigen Coa- litionömcbrheit werden. Die Deutschen SteierrnarkS sind entschlossen, ihren nationalen Besitzstand bis auf« Aeußerste zu vertbeidigen, denn sie wissen, daß die Einführung anders sprachiger Parallclclaffen zur Folge baben würde, daß zunächst der Dircctor der Anstalt beider Landessprachen mächtig sein müßte, daß nach allen mit der Errichtung utraguistischer Mittelschulen gemachten Erfahrungen der Lehrkörper der Anstalt bald ganz sein deutsches Gepräge verlieren und ebenso, langsam aber sicher, die deutschen Frequentanten der Schule sich verlieren würden. Mit den slowenischen Lebrcrn würde» neue Wähler und wohl auch Wühler in die Stadt ziehen, welche bei den Wahlen in die Gcmeindcvertrelung, die beule noch ganz deutsch, dem Aus gange derselben ganz andere Resultate zu geben vermöchten. Mil dem Friede» wäre eS kann vorbei. Diese Argumen tation der deutschen Abwehr gilt natürlich auch für die Er richtung einer selbstständigen slowenischen Anstalt in der reiv deutschen Stadt. Für die durch den Abschluß dcS französisch-ccngo- staatliche» GrenzregulirungSvertrage« geschaffene Situation iu stciitralasrtka ist es bezeichnend, das; mau in Pari« es als einen Hauptvorzug des getroffenen Abkommens ansicht, daß eü eine Art Gegenstück zu dem famosen englisch congostaatlichen Pachtverträge vom 12. Mai k. I. bilde. Seit dem Bckanntwerdcii jenes Vertrage« bat sich in Frankreich ein verstärktes Mißtrauen in die britische Afrikapolitik festgesetzt, welche alle Wege, auch die krummen, nicht ver schmähe, um zu ihren« Ziele, der englischen Suprematie in Afrika, zn gelangen. Dazu wollte sie eine dirccte, binrcichcndcn BcweaungSraum bietende Verbindung zwischen dem britische» Südafrika und dem Nilbccken quer durch die Seen- rcgioncn des CentriimS baben, und wäre der Pacht vertrag mit dem Congostaate unwidersprochen geblieben, so würden jetzt alle übrigen in der Colonisirung des schwarze» WclttbeilS initthätigcn Nationen das "Nachsehen haben. Frankreich ist wie Deutschland auf dem Posten ge wesen, und der englisch congostaatlichc Pachtvertrag bildet bloS noch eine historische Erinnerung. Um so mehr beglück wünscht die öffentliche Meinung Frankreichs den Minister Hanoteaux wegen seiner erfolgreichen Behandlung des sran- zösisch-congostaatlichcn Vertragswertes, als des naiurgemäßcu Hilfsmittels zur Paralysirung dcS cnglisch-congostaallichcn Ver trages, dessen Conscguenzcn den Keim internationaler Ver wickelungen aus afrikanischem Boden in sich bargen. DaS entschiedene und feste Auftreten Frankreichs hat außerdem 14, Feuilleton. Sein Weib. Roman frei nach dem Englischen von Emil Bernseld. Nachdruck verboten. (Fortsetzung.) „Jufam!" brauste Falconer auf. „Infam, dem harmlosen, freundschaftlichen Gebühren eines unschuldigen, reinen jungen Mädchens einem einstigen Gespielen gegenüber eine solche Deutung zu geben! Und Mr. Evcrelt bat cS nicht verschmäht, einem elenden Dorsgeschwätz sein Ohr zu leihen?" „Noch einmal Verzeihung. Ich sprach nicht von dem Ge schwätz des Dorfes. Als ich die Sache bedauernd in Er wägung zog, wurde sie mir von einer Seite erwähnt, der ich mehr Bedeutung zumessen mußte." „Bon wem ?" „Dr. Newbott. Bon Dr. Newbott, der mir bei Ihres VatcrS Tode und Ihrem — damals vermeintlichen — Antritt der Erbschaft davon erzählte und mir seine darauf bezllg lichen Pläne und Wünsche mittheille — ohne daß ich, wie Sie wissen, ihn ausklären durste." „Der Doctor ist ein Narr — wenn er nicht ein elender Wicht ist! Miß Annette ist mir nie mehr gewesen, als eine licve Jugendfreundin, noch ick ihr mehr als ein einstiger Gespiele! Lasten wir das Thema fallen! — Was liegt Weiler vor?" „Ich bin bereit» Ihnen die Rechnungen und Papiere der Besitzung zu übergeben." „Erledigen Sie dies mit meinem Anwalt Mr. Owen Markham in London." „So beabsichtigen Sie nicht bier zu bleiben?" „Ich werde eine größere wissenschaftliche Expedition an- treten, sobald meine Angelegenheiten hier geordnet sind." „Sie kennen meinen Rath, von diesem Plan lieber ab zustehen." „Sie kennen meinen Entschluß, von den Gründen, die Sie mir anführten. meine Bewegungen nicht hemmen zu lasten." Der Anwalt verbeugte sich stumm und rüstete sich zum Ausbruch. „Verwünscht, wenn eS nicht gelingt, ihn zuriick- »uballen!" murmelte er ärgerlich vor sich hin, als er einige Minuten später in den Wagen stieg, um nach der Station zu fahren. „Es ist nötbigcr als je, ein wachsames Auge auf chu zu Hakxu und — ihn nicht aus Arme« Weite zu lassen!" Falconer mußte in den nächsten Tagen seiner Anwesenheit aus Old Hall leider die Wahrnebmung machen, daß die blutige Affaire von vor anderthalb Jabren weder vergessen noch die Stimmung gegen ihn eine günstigere geworden war — im Gegenthcil schien sein Wiedererscheinen hier die dunklen Ge rüchte, die bier und da über ihn aufgetaucht waren, neu belebt und die Scheu vor ihm und seinem Hause erst recht wieder in Erscheinung gerufen zu baben. Nicht nur bei den Leuten im Dorse, mit denen er in Berübrung kam, machte er diese Erfahrung, sondern auch bei den Bessersituirtcn der Umgegend, den Besitzern der umliegenden Güter und Landsitze, in denen er früher verkehrt. Wenige seiner alten Bekannten waren cs, die nicht vermieden, mit ihm zusammeiizutresse», und er sah sich mehr als frei von jenem eifrigen Hcrbcidrängcn zu seinem Verkehr, daS einem Manne, der durch seine Erb schaft plötzlich zu reichem Besitz gelangt ist und überdies für einen unverheiralhetcn Mann gelten mußte, von der klugen Welt entgegengetragen zu werden pflegt. In stummer Entrüstung kielt Falconer der Situation Stand nnd lehnte sich trotzig gegen sic auf. Ursprünglich nur gekommen, um nach dem Stande der Besitzung zu sehen, fühlte er sich jetzt aus stolzer Opposition veranlaßt, seinen Aufenthalt zu verlängern, hier zu weilen, so lange, bis er gezeigt, baß, wenn er gebe, er nickt gehe, weil man ihn ver bannt. Jane Brown hatte er in diesen Tagen häufig wieder gesehen — in flüchtigen Begegnungen nnd flüchtigen Gesprächen nur — aber die Anwesenheit dieses jungen Mädchens übte einen cigcnthümlich sänftigenden, mildernden Einfluß auf seinen Groll, seine düstere Stimmung, und jene Begegnungen mit ihr würven in Wahrheit weniger häufig gewesen sein, wenn er dieselben nicht, bald unbewußt, bei >cder Gelegenheit, die sich ihm bot, gesucht, mit der bescheidenen, still und emsig waltenden jungen Dienerin so gern einige Worte gewechselt hatte. Dem freundlicheren Licht» daS ihre Erscheinung in seine Stimmung warf, war eS vielleicht zu danken, daß er sich entschloß, zuerst zu milderen Mitteln seinen zurückhaltenden Freunden gegenüber zu greisen, bevor er ihnen trotzig den Fehdehandschuh hinwrrse, und er gab Ordre an MrS. Clarke zu einem Diner, daS er zu geben beabsichtige und zu welchem die Einladungen an die Gaste ergangen seien. Als die geschäftige Haushälterin, schon ganz erfüllt von dem Gedanken an all die Dinge, die zu erledigen seien, in das Dienerzimmcr zu ihrer treue» Gehilfin Jane zurückkehrle, theilte sie dieser stolz und erfreut die wichtige Neuigkeit mit, aufgeregt vor Freude über die Thatsache, endlich einmal wieder ei» echtes, rechtes BcsuchSdincr nach so langer Zeit auf Old Hall zu baben, und zählte stolz die Liste der Gäste her, die geladen seien: eine Reihe von reichen Landsitzinhabcrn aus der Umgegend, guten Bekannten Mr. Thralc'S — und ein Freund desselben, Mr. Markham aus London, ein ganz charmanter junger Herr, der einige Tage bier bleiben werde — und vor allen I)r. Newbott mit seiner Tochter, der wunderlieben, herzigen Miß Annette. „Und, unter u»S gesagt, Miß Brown", fuhr sie geschwätzig und vertrauensvoll fort: „ich hoffe ganz, daS wird der Anfang zu besseren Dingen sein, die nun kommen werden! Sie müssen wissen, die beiden Leutchen, der junge Herr »nd Miß Annette, sind einander gut! Sind einander schon immer gut gewesen, und daß die Beiden einmal ei» Paar werden würben und ein Paar werden wollten, wußte man ja längst! Nun, da die beiden Liebsten wieder Zusammenkommen und der junge Herr frei ist, zu thun, was ibm beliebt, und eine Frau so recht nach seiner Herzenswabl zu ncbmcii. nun wird'S ja auch wohl vor sich geben, denke icb. Gott gieb'S nur recht bald! Dem alten Old Hall thut eine Hausfrau noth!" ES war. als sei Jane Brown bei den Worten der guten Frau erbleicht, aber schweigend börte sie deren Bemerkungen an. Nur nach einem Weilchen fragte sie die HauSbältenn, wie Miß Annette Newbott wohl aussehe und waS sür eine junge Dame sie sei. „Sie ist daS bllbschste, beste, reizendste junge Mädchen in der ganzen Grafschaft, so wakr ich lebe!" versickerte MrS. Clarke eilig, schon in voller Arbeit mit den Vorbereitungen zu ihrem Arrangement. „Und wie sür unfern jungen Herrn geschaffen. So reckt die Frau, wie er sie braucht! Und nun, liebste Miß Brown, tbun Sie mir den einzigsten Ge fallen und gehen Sie in den Keller, nach unserem Vorralh vo» Eingemachtem zu sehen. Und in die Gcschirrkammcr, ob die Gläser und Caraffcn in Ordnung sind. Geflügel muß ich auch noch haben. Und gutes Gewürz auS der Apotheke in der Stadt. Ich weiß mich vor Arbeit nicht zu fassen, mir brennt der Kopf! Ach Gott, stehen Sic mir doch bloS in der Zeit vor diesem Diner bei!" XIV. Ein Theil der Gäste, denen Falconer « Einladung zuaing, lehnte unter Entschuldigungen ab; der größte Theil von iynen nahm an — von einem Gcjühl der Neugier getrieben, welches die anderen Empfindungen übcrwog, durch die sic sich sonst würden zurückhalten lassen. Im Hause Dr. Ncwbott's wurde die Einladung mit großer Befriedigung ausgenommen, wenn auch von Vater und Tochter aus sehr verschiedenen Gründen. Mit heitererem Gesicht, als er seit Langem gezeigt, trat vr. Newbott in daS Zimmer seiner Tochter »nb überreichte ihr das eingegangene schreiben. Ein leises Errötben schlich, als sie den Inhalt laS, über Annette s hübsche Züge, und auch ihr Antlitz, das daheim den Ausdruck teö stillen Kummers und der »sorgen nicht barg, den sie der Außenwelt gegenüber zu verhehlen bemüht war, klärte sich freudig auf. Ihr Vater, dessen spähendem scharfen Auge Beides nicht entging, deutete cS nach seiner Weise. „Eine Einladung von Falconer!" sagte Annette, ihm den Brief zurückgebend. „Es freut mich, das; er sich der Gesellig keit wieder zuwcndet. Wirst Du lnngchen, Vater?" „Gewiß, mein Kind. Der Sohn meines langjährigen alten Palienten! Wir dürfen ibn bei seinem Bestrebe», nach Ablauf der Traucrzeit in die Gesellschaft zurückzukchrcn, nicht allein lasten. Wir sind eS Thrale schuldig." „So wünschtest Du, daß ick auch hingehe?" „Natürlich, natürlich, Kind! Dein Jugendfreund — wie dürstest Du seklcn!" lächelte Newbott mit cigcnthümlichcr Begebung. „Ich fürchte, der Frobsinn der Gesellschaft wird in meiner Stimmung schwer aus mich drücken. Die Gesellschaft wird eine sehr lebhafte werden. Hat Falconer »icb: hat cr nicht seine Londoner Freunde dazu cingeladen?" „Nur Mr. Markham, wie icb von der HauSbältcrin gehört, die mir schon die ganze Liste der Gäste bcrgezählt. Die Bekanntschaft der Umgegend und Owen Markham auS London, Tu kennst ibn ja. Er ist lange nickt bier gewesen und ich habe ihn nicht entbehrt. Ein armer Schlucker, den man in den Kauf nehmen muß wegen dieses Tbrale'S. Aber Stimmung hin, Stimmung der. Mädchen, Du darfst nicht fehlen Thrale würde sich beleidigt fühlen!" „Ich werde Dich begleiten, Vater." Das Acußerc Vr. Newbott'S war in der Zeit, wo wir ibn nicht gesehen, ein noch leidenderes, kränklicheres geworden. Einem scharfblickenden oder sachkundigen Auge bälte eS nicht enlgeben können, daß neben dem Ausdruck verbaltcncr Leidenschaftlichkeit, die wie ein geheimes Feuer unter der Asche glimmte, und einem Zuge angstvoller Sorge, die ihre Furchen um Mund und Augen gegraben > ein Verfall der Kräfte, in
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