Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.08.1894
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-08-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940821014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894082101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894082101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-08
- Tag1894-08-21
- Monat1894-08
- Jahr1894
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
BezugS.Prei- I, L« Hsnptexpedttton oder de» im Etadt- b»zirk und den Vororten erricht«!»» An». gob,stellen abgeholt: vierteljährlich >l 4.S<1 hei zweimaliger täglicher ZastrNuag in« Han« >« 5.50. Durch di« Pos« bezog«» iür Deuljchland und Oesterreich: »i«r,«l,tdrlich ^ll S.—. Direct» tägliche ttrenzbandiendnn, in« Autiand: mono» ich ^il 7.50. Die Morgen-Kusgobe erscheint täglich'/,? Um, dt« Adend-Anlgabe Wochentag« 5 Uhr. Ne-artion und Lrpe-itioa: J«han«eS,affe 8. Li« Expedition ist Wochentag« unanterbrochr» geöffnet vo» früh 8 bi« Abend« 7 Uhr. /Male«: ytt» Klr»«'8 Sarti«. iAlfreh Hahnl, Unidersi»ät«strahe 1, L«nt« Lösche, Katharinen str. 1«, pari, und -SnlgSplatz 7. Moraen-Ausgabe ttmmtrTa-tljlall Anzeiger. Organ för Politik, LocalgeWchte, Handels- und Geschäftsverkehr. Anzeigen-PreiS die 6 gespaltene Pefitzeile 20 Pfg. Reklamen unter dem Redactionistrich <4g«' spalten) 50^, vor den Fannliennachrtchle, (6 gespalten) 40-^. Gröbere Schnsten laut unserem Preis- verzeichniß. Tabellarischer und Ztfferasatz »ach höherem Taris. Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbefördernng ^l 60.—, mit Postbrsörderung 70.—. Annahmrschluß fir Änzeigen: Abend-Aurgab«: Vormittag- 10 Uhr. Morge a-AuSgabe: Nachmittag« «Uhr. Sonn- und Festtag« früh '/,S Uhr. VA den Filialen und Annahmestellen je ein» halbe Stunde früher. Anteile» stad stet« au dir Expedition zu richten. Druck und Verlag von Polj in Leipzig ^°425. Dienstag den 21. August 1894. 88. Jahrgang. Amtliche Bekanntmachungen. Lekanntmilchung. Die Offenhaliung der GütrrabsertigungSstcllcn und vütcr- schuppen der fämmtlichrn Let»itgrr Bahnhöfe findet künftig während der Leipziger Michaeli«, und Ostermessen am erste« und zweiten Mebsonnlage, und zwar für den Versandt und Empfang — ohne jede Unterbrechung — statt. Dagegen werde» die genannten Diensträume am Neujahr-tage stet» geschlossen gehalten, aber am L Januar — der ReujahrSmesse wegen — auch dann für Ausgabe und Abholung unbeschrankt geöffnet sein, wenn dieser Tag aus einen Sonntag fällt. Für die Eilgutabfertigungen haben die gleichen Bestimmungen Giltigkeit, ioweit diese Stellen nicht ohnehin schon an Sonn» und Festtagen für da« Publicum geöffnet sind. Leipzig, den 19. August 1894. Königliche vetriebS-vbertnsheetianen l und N, «tlgleich im Namen der Königlich Preußischen Eisenbahn. Betrieb«ämter Berlin (Berlin-Halle), Halle o. T,, Magdeburg (Wittenbergr-Leipzig) und Weißens«!«. Die städtische Sparcaste velriht Werthpapiere unter günstigen Bedingungen. Leipzig, den 10. Januar 1894. Die Epareaffen-Deputation. Nationaler Nihilismus. Ja der Anerkennung der Gefahren, welche dem Staate und der Gesellschaft von der Socialdemokr atie und dem Anarchismus drohen, begegnen sich Centrum und Demo, kraten mit den übrigen bürgerlichen Parteien. Die anarchi. stischen Gräuelthaten der jüngsten Zeit sind von den Organen dieser Richtungen mit nirgends übertroffener Schürfe als planmäßige Handlungen einer internationalen Berschwö. rung gekennzeichnet und auf die praktische Beden tungSlosigkeit des theoretischen Unterschiede- zwischen Social demokratie und Anarchismus ist von dieser Seite gleichfalls mit unzweideutiger Bestimmtheit hingewiesen worden. Forscht man aber, waS Centrum, Deutschfreisinn und Demokratie gethan haben und zu thua entschlossen sind, um Staat und Gesellschaft gegen deren socialrevolutionaire Feinde stark zu machen, dann fällt, wie die „National liberale Correspondenz" in einem sehr beachten- werthen Artikel hcrvorhebt, der Blick in- Leere. Es wird hier — so führt dieser Artikel weiter aus — nicht an unmkttelbare Abwehrmaßregeln gedacht, wie sie, sei eS in Ausnahmegesetzen, sei eS in der Reform de- ge. meinen Vereins- und Proccßrechtö, vielfach gefordert werden. Solche Vorkehrungen mögen nothwendig oder überflüssig, zweckdienlich oder schädlich sein, jedenfalls sind sie neben sächlich im Vergleich zu der Aufgabe, da- Bestehende in sich selbst widerstandsfähig zu erhalten. Staat und Gesellschaft sind doch nicht, wie es ihren klerikalen und demokratischen Anwälten zu dünken scheint, Abstracta, sondern sehr reale Organismen mit Bedürfnissen, deren Befriedigung nur zu ihrem Schaden verweigert werden kann Der zum Hüter der Gesellschaft bestellte Staat vermag dieser Bestimmung nur gerecht zu werden, wenn er in allen seinen Functionen leistungsfähig bleibt. Dieser Noth Wendigkeit gegenüber erweist sich die Liebe de- Centrum« und de- bürgerlichen RadicaliSmuS zum Staat bei den meisten Gelegenheiten als eine platonische. Der nationale Nihilismus, den diese Parteien an sich beobachten lassen, wenn eS gilt, Existenzbedingungen deö Reiche- zu sichern, richtet sich vielmehr geradezu gegen die Wurzeln de- StaatSwesenS. Die Socialdemokratie, die bei ihrer Maffenbearbeitung klug berechnend der Ausmerzung de« vaterländischen Gedanken« eine Stelle neben, wenn nicht über der Aufreizung gegen die bestehende ökonomische Ord nung rinräumt, weist alle staatSerhaltenden Elemente aus die Pflege nationaler Gesinnung hin. Statt dessen hören wir von den deutschen Demokraten und Ultramontanen Aeuße rungen patriotischen Empfinden«, wie sie unter allen anderen Völkern für selbstverständlich gelten, als ChauviniSmu« an- klag^n, sehen wir Lehrer angefeindet, welche in jugendliche Herzen den Samen eine« kraftvollen Patriotismus senken. Nicht weniger als die Idee de- Staate«, hat seine materielle Existenz unter der nationalen Zurückhaltung der erwähnten politischen Richtungen zu leiden. Wir haben ein Heer, wie die uns einschlicßenden Reiche. Daß wir eS ander« al« zur Bertheidigung gebrauchen würden, ist Nie mande« Befürchtung. Trotzdem wetteifern in Deutschland bürgerliche Parteien mit der Socialdemokratie, diese In stitution als „Militarismus" verhaßt, wo nicht verächtlich zu machen. Und an diesem Treiben bethriligen sich in hervor ragendem Maße die Wortführer und Preßorgane von Be- völkerung«theilen, welche — dir Hand auf- Herz — ein au- reichend starke« Heer um keinen Preis missen möchten, in ihrer Verblendung aber verkennen» daß eine solche Agitation den aufrichtigen Gegnern einer den Zeitansprllchen «nt wärtig, so oft immer da- Centrum und die Demokratie in ihren verschiedenen Spielarten bestimmenden parlamen tarischen Einfluß besaßen, ist dem Staate die hin reichende Nahrung unter nichtigen Vorwänden verweigert worden. Wenn infolgedessen die Eulturaufgaben leiden und sie leiden in der That —, so wird auch hierin den gegen dir Eultur gerichteten revolutionairrn Bestrebungen Vorschub geleistet. Bildet eine Parteipolitik dieser Art an sich eine Lebensgefahr für den Staat, so thut sie e- zwiefach, wenn sie gemeinschaftlich mit der in unversöhnlichen Gegen satz zum Staat getretenen Partei unternommen wird. Der moralische Gewinn bei den in ihren staatlichen Grund anschauungen unsicher gewordenen Elementen fällt noth wendig der absolut nihilistischen Richtung zu. Dieser Er- kenntniß sollte sich keine bürgerliche Partei weiter verschließen wollen. Deutsches Reich. eg. Berlin, 20. August. ES ist unverkennbar, daß jetzt auch drutschfreisinnigen Kreisen, selbstverständlich gegen den Wunsch und Willen des Herrn Richter, die Ueberzeuaung von der Schutzbedürstigkeit des DeutschthumS gegen da- Bor drängen des Polenthum« sich aufdrängt. Preßstimmen und sonstige Informationen lassen darüber keinen Zweifel. Einige Blätter dieser Richtung suchen zwar noch rinlullend zu wirken, doch dürsten sie dies nicht als freisinnige, sondern in ihrer Eigenschaft al- ofsiciöse Organe „unternehmen". Bei dem Verfall des Deutschfreisinn« im Osten können aber die Folgen diese« Umschwungs nicht schwer wiegen, um so weniger, al» die Wirkungen einer leider bei den Conservativen sich bemerkbar machenden Sinnes änderung im entgegengesetzten Sinne ein erdrückende» Gegen gewicht in die Waagschale werfen. Nicht al« ob die Cvn- servativen die Regierung-Maßregeln zu Gunsten de« Polenthum« zu billigen schienen. Sie haben vielmehr deshalb in der letzten Landtagssession den EultnSminister Bosse scharf «»gesagt — ob ausschließlich au« in der Sache gelegenen Beweggründen, ist freilich Gegenstand der Au- rweiflung gebliehen. Indessen die Frage beS polnischen Unterrichts und die Polenpolitik überhaupt tritt heute zurück hinter die Bedeutung der Bevölkerungsbewegung unter den beiden Nationalitäten de- Osten«. So lange nur die natür liche Vermehrung in Frage kommt, ist da» deutsche Element vermöge seiner geistigen und wirthschaftlichen Ueberlegenheit dem etwas fruchtbareren polnischen erfahrungsgemäß mehr al« gewachsen. Ander-, wenn, wie eS jetzt geschieht, die Polen Zuzug au- Rußland erhalten, welcher nicht nur eia polnisches PluS, sondern dazu noch ein deutsches Minu« bewirkt, indem er durch Lohuherabdrückung den deutschen Arbeiter zum Zuge nach dem Westen oder in» Ausland drängt. In dieser Grund» und Cardinalsrage der Zukunft de« DeutschthumS im Osten, welche eng mit dem Latifundien- wesen zusauuuenhLngt, haben die Conservativen ihre frühere Ansicht in da« direkte Gegentheil verkehrt. Als im Januar 1886 der Reichstag sich mit den kurz vorher verfügten Ausweisungen von russischen Polen beschäftigte, da war e-Frhr. v. Hamm er st ein, der Nrdactrur der jetzt gegen polnische Dinge häufig mit einem Scheulcdcr versehenen „Kreuzzeitung", der mit dem nationalliberalen Redner gegenüber der „Mehrheit au« einem Konglomerat von Parteien" im harten Kamps mit Liebknecht die Maßregel der Regierung Namens seiner Fraction al« eine nothwendige vertbeidigte. Er focht damals vergeblich. Die Mehrheit Windthorst-Richter- Grillenberger nahm eine den nationalen VertheidigungSact mißbilligende Resolution Windthorst an, nachdem Herr Bamberger von den Conservativen und Nationalliberalen als von „Cassagnac'schen Janitscharen der Empire" gesprochen und der elsässische FranzöSling Simonis den Tag der Abstimmung als „den „schönsten und berrlichsteu" bezeichnet hatte, den „er seit zwölf Jahren im Reichstag erlebt" habe. Einige Wochen später gelangte im preußischen Abgeordnetenhause eine der Windthorst'schen entgegen gesetzte Resolution Achenbach zur Berathung. Sie war unterzeichnet von fast sämmtlichen Mitgliedern der nach maligen Cartelparteien. Von der konservativen Fraction batten elf Mitglieder die Unterschrift versagt, darunter Frei herr v. Hammerstein und sein College an der „Kreuz- zcitung", 0r. Kropatschek. Freiherr v. Hammerstein erklärte >m Plenum, daß er der Resolution natürlich zustimmen werde, sie aber nicht habe unterzeichnen können, weil die Resolution ihm noch zu eng sei! Und heute? z. Berlin, 20. August. Nach den nunmehr berichtigten Schlußrechnungen hatte der Allgemeine deutsche Schul verein zur Erhaltung de- DeutschthumS im A"«lande mit allen seinen Ortsgruppen und Landes- bez. Proviuzial- verbändcn im Jahre 1893 eine Gesammteinnabme von 12S 574 ^ zu verzeichnen, nämlich 3l 144 Cassenbkstand am Jahresanfang und 94 430 reine Einnahme. Außerdem besaß er noch au» dem Wunderlich'schen Legat 23 750 Die GesammtauSgaben beliefen sich auf 9l 30t -4; davon wurden zu Unterstützungen 62 550 verwandt. Nach Ungarn, Siebenbürgen und Eroatien flössen 5517 nach Galizien und der Bukowina 4625 ^tk, nach Böhmen, Mähren und Schlesien 21 595 nach Kärnten, Kram und Steiermark 3790 -Nl, nach Tirol 18 242 in andere europäische Länder 4417 in außerruropäisck'e Länder 2138 zu Stipendien auf reich-deutschen Universitäten wurde» 3443 -Nl verwandt und zwar haben diese Summe deutsch^ Studenten au» Ungarn und Siebenbürgen in der Höhe von 100 — 250 erhalten. In den fremden von 100 — 250 erhalten. In den Erdtkeilen wurden unterstützt deutsche Gemeinden und Schulen . . ^ ^ - , in Palästina, Chile, Paraguay, Peru, im Caplande und aus sprechenden Armee, den Socialdrmokraten und Anarchisten, I ^n Samoainselu. In Rumänien empfingen 5 deutsche Schulen zu Statten kommt. I 870 ^k, in Sofia di« deutsche Schule >350, im Canton Tessin Eine Schwächung de« Staat.« gegen inner« Feinde liegt ? deutsche Schulen 338 m Italien 3 deutsche Schulen 660. .. .. ^ m Belgien 2 Schulen 420, m Par,« die deutsche Armen- Wetter der vorenthaltnng der gur Befriedigung »z, ,, H,m„gfor« in Finnland die deutsch- Schule der öffentlichen Bedürfnisse und zu solider Wirt b-> goo Deutsche Lehrer in Rußland empfingen 348 In schaft nothwendige» Geldmitteb Nicht nur gegen-1 Südtirol bekam dir deutsch« Gemeinde Luserna an der italienischen Grenze die hohe Gabe von 8000 zum Bau eine- Schulgebäude», da- zugleich den deutsche» Kindergarten aufnebmen soll. In Galizien wurden von den i50 dentschen Colonien, die ,S dort seit tOO Jahren giebt, 32 unterstützt, in Böhmen erhielten 53 Orte an der langgestreckten Sprach grenze und in der Jglauer Sprachinsel recht ansehnliche Spenden. WaS könnte der Allgemeine deutsche Sckulverein zu Berlin leisten, wenn sich die Ortsgruppen- und Mitgliedcr- zahl nur verdoppelte! Berlin, 20. August. In einigen Blättern wird der Versuch gemacht, die bei dem Schlvffergesellen Schaewe von der Polizei gemachten Fur.ve als ganz ungefährlich und be deutungslos hinzustellen und überhaupt die Berliner Anar chisten von dem Verdachte mörderischer Pläne rein zu waschen. So schreibt da» „Berl. Tagebl.", selbst in krimi nalistischen Kreisen greife immer mehr die Anschauung Platz, daß man e« in der Person deö Verhafteten mit einem ordinairen Spitzbuben und Einbrecher" zu thun babe, „der unter dem Mantel de- Anarchismus seinem DiebcShandwerke nachgche". Für diese angebliche Anschauung wird Folgende« angeführt: „In der Wohnung Schaewe'» ist bekanntlich eine ganze Samm lung von Diebeswcrkzeugen ausgesunden worden, die sich im weitaus verwendbarerem Zustande befanden, al» die beiden „Bomben", die nach einzelnen sensationellen Berichten zu anarchistischen verbrechen benutzt werden sollten. Nach der Beschaffenheit diese« Funde« kann e« keinem Zwetsel unterliegen, daß Schaewe, der seit längerer Zeit jeder Arbeit au- dem Wege gegangen war, das einträgliche Metier eine« Einbrecher« ergriffen batte oder zu ergreifen im Begriffe stand. Wenn diesem Umstande bisher fast gar kein Gewicht beigeleat wurde, so beweist das nur, wie trefflich es Schaewe gelungen ist, durch sein anarchistisches Gebühren die Aufmerksamkeit von seiner anderweitigen Thätigkett abzulenken. Er machte sich hierbei nur eine Beobachtung zu Nutzen, die ibm längst aufgestoßen sein mußte. In der letzten Zeit ist eS vielfach Leuten, die verbrechen gegen das Eigenlhum verübt hatten und die früher einfach al« gemeine Diebe und Einbrecher behandelt wurden, gelungen, ihren Thaten einen gewissen „idealen" Anstrich zu geben, indem st« sich Anarchisten nannte». Die bürgerliche Geselljchast ist, zu ihrem Nachtheil«, aus diese schlaue Spitzbubentaktik hineingefallen und erblickt in dem „Expropriateur" eia« neue anarchistische Spielart, einen Mann, der zwar wegen seiner der Gejelljchast feindlichen Thätigkett »u ver> dämmen, aber doch nicht >ntt jenem Maße der Verachtung zu be strafen ist, die man dem gemeinen, profession-mäßigen Einbrecher zu. wendet. Wenn man nun die nach der Verhaftung Schaewe» bekannt gewordenen Thatsachen zusammensaßt, so gewinnt man den Ein druck, daß der Mann geradezu danach gestrebt Hot, für einen Anarchisten geholten zu werden. Di« beiden vielbesprochenen „Bomben", die sich nach genauerer Betrachtung al« ungefüllte Granaten darstellten, prunkten lange Zeit alt Ztmmerschmuck auf dem Kleiderschrank in der Wohnstube, bi« sie endlich von der Wirthin weggeräumt und in einen «asten gelegt Warden, in dem die hauSsuchende Polizei sie vorfaad. Im Ose» lagen die Lhemikalien, die angeblich zur Anfertigung von Spreng material dienen sollten. Schaewe wußte natürlich so gut wie jeder Ander», daß man bei einer Hautsuchung, der er als «in unter polizeilicher Observation stehender „anarchistischer Führer jeden Augenblick ausgesetzt sein konnte, zunächst nach dem oi« Aus bewahrunglort so beliebten Ofen schreiten und mit »tnem Griff sein ganze« revoluiionaire« Arsenal — mit Ausnahme der „Bomben", die wohlverwahrt in einer Kiste unter dem Belte lagen — greifen konnte, aber trotzdem zögerte er nicht, gerade hier sein anarchistisches HanLmerksmaterial unterzubringen, während er sein DiebeShandwerkszeug wohl besser verwahrt haben mag. Den, Einbrecher Schaewe hätte gar kein größerer Gefallen er wiesen werden können, al« daß man in ihm stet« nur den Anarchisten Schaewe erblickt« — einen Mann, Lessen politische Richtung zwar gefährlich ist, der ober nicht mit einem gemeinen Einbrecher aus gleicher Stufe steht. Er will nicht al« Dieb, sondern al» „Expropriateur" behandelt sein. Die Falschmünzer, di« vor wenigen Monaten in derselben „Kamerun - Laube" verhaftet wurden, in welcher Schaewe jetzt mit seinen Genossen seine geheimen Zusammenkünfte abhtelt, waren eben nicht« Anderes, als gemeine Verbrecher, denen man zu viel Ehre anthut, wenn man ihnen irgend welche politische Motive, mit denen sie sich zu decken suchen, zubtlliat." Wenn wirklich dit Berliner Spitzbuben und Einbrecher Ursache zu der Meinung hätten, sie könnten „unter dem Mantel de- Anarchismus" ihr eigentliche« Gewerbe verstecken und gefahrloser auSüben, so wäre die« ein höchst sonderbare« Lob für die Berliner Polizei. Wir bezweifeln daher auch sehr, daß criminalistische Kreise die ihnen vom „Berl. Tagebl." untergeschobene» für die Berliner Polizei so wenig schmeichel hafte Ansicht hege». Die Berliner Spitzbuben und Einbrecher aber halten wir sür zu klug, als daß sie eine ernste Probe daraus machen möchten, ob eS gefährlicher sei, diebischer Ge lüste, oder gefährlicher, anarchistischer Pläne verdächtig zu sein. X. Berlin, 20. August. (Telegramm.) Der Kaiser und die Kaiserin wohnten gestern Vormittag dem Gotte« dienste in der FriedenSkirche bei. Um l2 Uhr Mittags wurde der neuernanntr serbische Gesandte am diesseitigen Hofe, Boghichewitsch, von dem Kaiser in BntrittSaudienz empfangen. Derselbe legte sein Beglaubigungsschreiben in die Hände des Kaiser« nieder und wurde gleich darauf auch von der Kaiserin empfangen. Heute früh unternahmen beide Majestäten einen gemeinsamen Spazierritt in die Um gcbung de« Neuen Palais. Von demselben zurückgekehrt, hörte der Kaiser den Bortrag des Chefs de« Geheimen Civil Cabinet- und darauf die Marinevorlräge. Zur Mittag« tafel, welche um 1>/i Uhr stattsand, waren der Fürst zu Stolberg-Wernigerode und der Botschafter Gras Münster nebst Tochter mit Einladungen beehrt worden. — Am 23. d. M. wird der Kaiser dem Vernehmen nach über die heute rinrückende 5. Division Parade abhalten. L. Berlin, 20. August. (Privattelegramm.) Al ber Kntser und die Kaiserin am Sonnabend Nachmittag nach Station Wildpark von Berlin zurückfuhren, stießen vor dem Bahnhofe PotSbam die Wage» de« Zuge« mit einem heftigen Knalle zusammen. Durch zu starkes Bremsen war die Wagenkuppelunz zerrissen, so daß der Zug in zwei Theile ging. Nachdem der Schaden auS- aebessert war, fuhr der Zug mit geringer Verspätung in den Bahnhof ein. v. vrrltn» 20. August. (Privattelegramm.) Die Bittstellerin, die am vergangenen Sonnabend bei der Parade dem Flügeladjulanten res Kaiser» ein umfangreiches Schrift stück überreichte, ist, wie ein Berichterstatter der „Voss. Ztg." heule meldet, die Frau eine« Kutscher« W, der in der Lranienstraße wohnt. Da« Gesuch der Frau betrifft ihren druder, der im Kaiscr-ffranz-Regiment gedient hat, unt wünscht für ihn eine günstigere Pension oder Anstellung. v. Berlin, 20. August. (Privattelegramm.) Tie „Berliner Börsenztg." will wissen, daß bei der Audic»; Srs Rrtchskanzlrr« brim Kaiser am vergangenen Sonnabend von den etwaigen Consequenzen des 'lapanisch-chinesi- schen Kriege« sür Deutschland und dessen Stellung zu Rußland, England und Frankreich die Rede gewesen sei. Zwischen den Mächten de« Dreibünde« fände dieserhalb ein lebhafter Gedankenaustausch statt. Ferner er warte man vom Kaiser eine Lösung der Frage, betr. die Trennung der Aemtrr des Reichskanzlers und des preußischen Ministerpräsidenten. Auch nach dieser Richtung soll die Audienz die Lösung spruchreif gemacht baden; indessen würde der Kaiser noch den Grasen Eulen« bürg und den Ainanzminister vr. Miquel hören, denen Gras v. Caprivi in manchen Fragen gegensätzlich gegenüberstehe. Berlin, 20. August. (Telegramm.) Die Com mission zur Vorberathung der Maßregeln gegen die vholrra ist heute Vormittag unter dem Vorsitz des TirectorS im ReichSgesundheitSamt vr. Köhler wieder zu- sammengetreten. Unter anderen war zu dieser Conserenz der Oberpräsident von Ostpreußen Gras Stolberg- Wernigerode erschienen. Der Hauptzweck der neue» Sitzung besteht darin, die Commission von dem bisherigen Stande der Verbreitung der Cholera in Kenntniß zu setze» und ihr das eingelausene Material zu unterbreiten. Aus den vorliegenden Berichten ersieht man, daß da« Umsichgreifen der Cholera hauptsächlich den Osten in Mitleidenschaft gezogen hat, aber keineswegs als so bedeutungsvoll sich herausstellt, daß weitgehende Äesorgniß Platz greifen dürfte. Die drohende Gefahr ist wesentlich dadurch abgeschwächt, daß daS NeichS- gesuudbeitSamt bereit« vor dem ersten Zusammentritt der Commission am t. August d. I. die einschneidensten Schritte ergriffen hatte, ui» der Weiterverbreitung der Cholera vor- zubeuaen. Tie Commission schloß bereits am Nachmittag ihre Berathungen. vr. Köhler begiebt sich weiter a»f Urlaub. Ter Vicepräsident Graf zu Stolberg fährt nach Königsberg zurück. 6.U. Berlin, 20. August. (Privattelegramm.) Der zweite Sohn des Fürsten zu Stoll>rril-Wrr»ii>eroi»c. Prinz Her mann, ist aus ein Jahr zum auswärtigen Amte com- mandirt worden. i«2 Berlin, 20. August. (Telegramm.) Verschiedene Blätter halten kürzlich gemeldet, die von der russische» Re- Nterung beabsichtigte Ausbebung der Haltpässe für sttrenz- bewohner sei mil der Einschränkung erfolgt, daß derartige Pässe fortan nur drei Mal im Jahre mit je achttägiger Dauer verabfolgt werden. Nach der ^Norddeutschen Allgei». Zeitung" haben jedoch cingezogene Erkundigungen ergeben, daß von den bisher bestehenden Bestimiuunge» über die Halb pässe nichts geändert worden ist. Vielmehr werden einer Person, gegen die sonst nicht« vorliegt, nach wie vor Halb- pässe ausgestellt, so oft sie cS wünscht. Den Inhaber» von Halbpässcn ist e« gestattet, während deren Giitigkeilödauer beliebig oft die Grenze zu passiren. Berlin, 20. August. (Telegramm.) Die llnsall- Versichrru»as-Abtlletlu»n de« Rcichsvrrsichcriiiiasamts ist in da» neue Dienstgebäude desselben, Königin Augustastraße Nr. 25/27, woselbst sich da- RechnungSburcau bereit« seil etwa Jahresfrist befindet, verlegt worden. In de» nächsten Tagen wird auch die Abtheilung für JnvaliditätS- und Altersversicherung dahin Ubcrsiedeln, so daß alsdann sämmtliche Abtheilungen de« ReichSversicheruiigSamlS in dem ^ausc Königin Augustastraße 25 27 vereinigt sein werden. ne von einigen Blättern gebrachte Nachricht, da« Rcichs- versicherunqSamt werde auck) im Besitze des Hause» Wilhelms platz 2 bleiben, ist irrig. Diese« HauS wird vom Reichs- Schatzamt und dem NeichS-Marineamt übernommen werden. It. Berlin, 20. August. (Privattelegramm.) Tie Nordd. Allg. Ztg." veröffentlicht heute eine Zuschrift des Geheimen CommissionSralhö Pindter, worin dieser die ihm von einem Berichterstatter de« New-Wrker „Sun" in deu Mund gelegten Aeußerungen als lächerliche, grobe Ungereimtheiten bezeichnet und die Meinung ausspricht, ein wirksamer Schutz gegen journalistische Fructificirung der Person sei nicht gegeben; der Angegriffene müsse der Presse und dem Publicum überlassen, WaS sie glaube» können und wollen. Dieser Lage gegenüber werde er, wie seil jeher, auch künftig alle persönlichen Anzapfungen unberück sichtigt lassen. ch Berlin, 28. August. (Telegramm.) Zur Aufrecht- erhaltung des Btcrverrnsa sollen am Freitag wieder dreißig Volksversammlungen abgehalten werden. — ES ist vorgeschriebe», daß Gerichtsasses sorcn, welche die Erlangung vom AmtSrichterstellen erstreben, um jede einzelne Stelle beim Justizminister schriftlich nach- zusuchrn haben, sobald sie vacant wird. Derjenige Assessor, welcher sich für eine vacante Stelle nicht gemeldet bat, wird al- Bewerber auch nicht berücksichtigt, mag er im Tienstaltcr seinen Colleaen auch voranstehe», denn eS wird angenommen, daß er aus die Stelle nicht reflectirt. Durch diese Vor schrift kann cS kommen — und eS kommt ost vor —, daß zu AmtSrickterstelleu im Dienstalter jüngere GerichlS- assessoren früher gelangen als ältere. Es wird deshalb, wie das „Berliner Tageblatt" erfährt, beabsichtigt, diese Borschrift vom >. April kommenden Jahre- ab zu mori- ficiren, indem von diesem Zcitpuncte an streng nach dem Dienstalter die Ernennungen in AmtSrichterstellen vor sich gehen sollen, so daß eine Bewerbung gänzlich wegsällt. Lcbnt ein Gerichtsassessor die ihm zuqcdachte Stelle als AmISrichter ab, so wird er gezwungen sein, eine Zeit lang zu warten, bi» seine Ernennung für eine neue Stelle wieder in Frage kommt. Wie lange dieser Zeitraum zu be messen ist, darüber sollen noch Erwägungen im Zuge sein. Durch VaS Berfabren wird auck, die jetzt vorhandene Fluth von schriftlichen Anträgen ui» Bcrleilmng von AintSrichter- stellen aushören, deren Sichtung und Erledigung einen ver tragenden Rath im Justizministerium fast allein bescbäftiqt.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite