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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 27.08.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-08-27
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940827023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894082702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894082702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-08
- Tag1894-08-27
- Monat1894-08
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Vez«ss-lpreiD W >« Hauptetzp^iftoa od« de» tm Stadt. 3?rkl«» »«geholt: vtrrteljährlich^l4.üih «ft poftmaltg« fttzftcher A»ft«ll»«g «I D«rch dte Post brDgca »r I«lchhlaod mck Oesterreich: viert,nützrlich -t S>—. Direct» täglich« ^kujbaodiendung tu« >»«i»»d: «ouatltck ^tz 7^0. Dt,vr»eg»»M»«g«b««rsch»i»»tSgllch '/,7Uyr, dt» Lbr»d-U»tg«be Noch«, tagt 5 Uhr. ReLtirtto« Lrpe-itioa: 8. Abends7 UHQ** Fitislea: vtt» OK««'« G-rtt». (Alfred UuiderstMtst«ße 1, LZsi» Lßfche, Onlhmtnenst«. 14» hart, and Ktnigtvktz R. Abend-Ausgabe. KWMr.TWMü Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschüftsverkehr. Änzetgen-Vreis die 6 gespaltene Petttzeile 20 Reelome» unter dem RedactionLjirich (4g», ipaltea) bO^> vor den Famil>ena«chrichte» (6 gespalten) 40 >4- KrShere Schriften lant unter», Prrit- ver-eichutb. Labellarischer und giffvmsa» ooch höherem Toris. Extra-Beilagen (gesalzt), nnr mit de. Morgen - Äutgabe , ohne Postdefürdernng >4 60.—, mit Postbesördrrung 70.—. ^nnnhmeschluß für It«yri-e»: Abead-Autgabe: BormittagS 10 llhr.' Margen-AuSgab«: Nachmittag« 4 Uhr. Sonn- und Festtags früh '/F Uhr. Vei den Filialen und Annahmestelle» je ela» halb« Stnnd« früher. Anzeiiea find stets an die Erhedttion zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig ^437. Montag den 27. August 1894. 88. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig, 27. August. Je nachdrücklicher in allen Theil» de« Reiches die Forderung erhoben wird, daß nicht nur der anarchiftischr« Propaganda gesetzliche Schranken gesetzt werden, sondern auch cken sorial- Hc«»lra1tsche«r Nährmüttern deS Anarchismus dir Ausübung ihres Ammen-GewrrbeS thunlichst erschwert werde, um so mehr bemüht sich die Socialdrmokratic, rin« Grundverschieden« heit, wo nicht einen Gegensatz zwischen sich und dem Anarchismus darzuthuu. Soweit die Doctria und da« Blatt Papier, daS sie »hr Programm neuut, io Betracht kommt', ist diese Be mühung gänzlich überflüssig. Nirmaud behauptet eine Ueber- einstimmung der Lehre von Marx uod Krapolkin, der Gesell- schaftSaussassuug» von Bebel und RecluS. Aber die Ver schiedenheit hat für den Staat, der sich erhalten und seine Angehörigen vor Gewaltthaten der Feiode der bestehenden Ord nung schützen will, einen geringen uod unter Umständen gar keinen praktischen Werth. Denn beide Richtungen streben als Endziel die Revolution an, ihre Jünger stad keineswegs so scharf geschieden, wie ihr« Gesellschaftsphilosophie. Die Socialdemokratie bildet für Tausend« nur eine Durchgangs- station auf dem Wege zum Anarchismus, und die social demokratisch« AufwieglungSmcthodr ist erfahrungsgemäß ge eignet. den Drang nach anarchistischen That» zu erwecken. Socialdewokratie und Anarchismus ist zweierlei, Socialdemo kraten und Anarchisten schieben sich ineinander. Es wäre überflüssig, auf diese alte Wahrnehmung uochmalS hinzu weisen, wenn sie nicht zufällig jetzt Bestätigung von einer Seite fände, welche die praktische Zusammengehörigkeit beider social-revolutionärer Parteien als „Bourgeoisie-Lüge" zu be zeichnen pflegt. Wie nämlich ein Mitarbeiter der „Münch Allgemeinen Zeitung" hervorhebt, ist das Crntralorgan der deutschen Svcialdcmokralir unvorsichtig genug, einem Aufsatz über die sich eben vollziehende Spaltung der social- demokratischen Partei in Holland Raum zu geben, der die Schwierigkeit, weuu nicht Unmöglichkeit einer klaren Scheidung zwischen Sociaiisten und Anarchisten darthut. Nack Fest stellung der Thatsache, daß der „Socialdemokratischc Bund", der die Organisation der holländischen Social-Revolutionäre bildet, in seiner Mehrheit anarchistisch gesinnt ist, schildert der „vorwärts" die großen Schwierigkeiten, dir den ver suchen der sorialdewokatischen Mitglieder de« Bunde«, sich von den anarchistischen Kampfgenossen zu trenne«, ent- gegenstauden. Auch jetzt sind diese Schwierigkeiten nicht völlig Überwunden, die Bildung einer socialdemokratisch» Partei ist zunächst erst in Aussicht genommen; aber auch nur so weit zu kommen, war dermaßen mühselig, daß der holländische Gewährsmann deS „Vorwärts" seine Erzählung mit dem ErleichtcrungSseufzer „Gott sei Dank!" beginnt. Mao steht also hier vor der Thatsache, daß der theoretisch« Gegen satz und die Meinungsverschiedenheiten über die Taktik jahre lang nicht einmal di« Bereinigung von Socialdemolratrn und Anarchist» in einer und derselben Organisation zu verhindern vermochten. Und zur Beeinflussung von Socialdemokraten durch Anarchist» im Sinn« der Propaganda der Thal bedarf cS gar nicht der gemeinsamen Organisation. Der Anarchismus in dem gemeinsamen Bunde ist keineswegs rin abgeblaßter, denn nicht etwa ironisch, sondern mit dem Bewußtsein, in dem Ton« eine« Mannes, der eine ihn nothwendig tunkende Angabe Wahrt, versichert der Berichterstatter des „Vorwärts", er wisse bestimmt, daß man^luf einem kürzlich abgehaltencn geheimen Congrcß des Bundes „durchaus keine Dynamit- oder Dolchattrntat« geplant habe". Wir lassen dahingestellt, ob daS Ausscheiden der Socialdemokrat» aus dem ihren Namen tragenden, überwiegend anarchistischen Bonde jetzt nicht ausschließlich deshalb energischer betrieben wird» weil ein gerichtliches Urtbeil den „Socialdcmokratischen Bund" für «inen verbotenen Verein erklärt hat; jedenfalls geht aus dieser socialdemokratisch» Darstellung mit Sicherheit hervor, daß auf Anarchist» und Socialdemokratm in Holland bis in die jüngste Vergangenheit daS Wort Anwendung find» durfte: „Vereinigt sind sie, nicht zu trennen." Was will dem gegenüber dre theoretische „Uuversöhulicbkeit" der Dogmen beider Richtungen besagen! Unter der Ueberschrift „R«tton«ler Rthtl»«uS" »heilten wir kürzlich eine Ausführung der „Nationalliberalen Corre- spondenz" mit, in der darauf hingowies» wurde, daß eS nicht genüge, Abwehrmaßregeln gegen die soeialrcvolutionär» Feinde von Staat und Gesellschaft zu fordern, sondern daß cS vor Allem Pflicht der bürgerlichen Parteien und ihrer Presse sei, da« Bestehende in sich selbst widerstandsfähig zu erhallen und jenem Nihilismus »tgegenzutreten, der mit Ueberhebung und Nörgelsucht alles Bestehende be krittelt und jedem Vorschlag zur Erhaltung und zum Ausbau dieses Bestehenden sich widersetzt. Zu den Ausflüssen diese« Nihilismus gehört auch eine sich immer mehr auSbreitende Militairkritik, die ihre vornehmste Aufgabe darin zu erkennen glaubt, unsere einzig dastehend» Siege von 1870/71 nachträglich herabznsetz» und wie ein unverdiente« Glück hinzustrll». Es ,st zwar, wie der „ReichSb." bemerkt, rin alter Satz, daß, wo die Könige bau», auch die Kärrner zu thun Hab» wollen, aber hier wird an die Ehrenkrone der Nation mit überhebender Hand gegriffen und deshalb ist eS in der That eine Pflicht der Oeffentlichkeit, derartig» unberufenen Händen rechtzeitig etwa« auf die Finger zu klopfen. Ein bekannter Heißsporn auf diesem Gebiete ist der Militair- schriststellcr K. Bleib treu, den sein ausschweifender Eultu« Napoleon« I. glücklich dazu geführt hat, die deutschen Helden wie Moltke in immer schieferer Verkleinerung zu be trachten. Gerade jetzt, wo die Erinnerung an die August- ficge 1370 daS Volk wieder begeistert, widmet er im „Neuen Kurs" mehrere Aufsätze dem versuche, zu beweisen, daß unsere Strategen von 1866 und l870/7l ihr» Ruf nicht verdient und daß unsere Oberleitung eine höchst mittelmäßige gewesen sei. Der Triumph unserer Waffen sei »ur unserer Uebrrzahh der ungeschickten Führung der Gegner, „unberechenbar«»" Zqfall», wie Sedan einer gewesen, zuzu- schrciben. Die Grundlage für diese Behauptung» sind »atürlstü lediglich u, rem subjertivrn Glaubenssatz» zu suchen, die sich v«r Stratege Bleibtr» für seine Privatarbeit zurecht- gcschneidert hat und die vielleicht Manchen durch ihre Naivetät ergötzen, den Svcialrevolutionär» aber willkommenes Material für ihre Zwecke liefern. Auf ähnlicher Grundlage bewegt sich Professor P flu gk-Hartung in einem Artikel der „Voss. Ztg." Über die Schlacht bei Mar« la Tour. In demselben finden sich folgende Sätze: „Bazaine ahnte nicht, konnte nicht die verblüffende Keckheit der Preußen ahnen, mit ganz ungenügenden Mitteln über ihn herzu- stillen; z» solch einem Fehler hielt er sie nicht fähig, dafür dachte er viel zn hoch vom feindlich» Genrralstabe. Er rechnete auf einen wohlaogelegten Plan, besorgt« ein zweite- Königgrätz: ihn vorn« packen und seitwärts schlagen. Wäre Bazaine weniger vorsichtig gewesen, hätte er dreist zugrgriffen» eigentlich nnr genommen, was er in der Hand hielt, io hätte di« Schlacht für Deutschland verhängnihvokl werden könne», ja werd» müssen ... Deutscherseits war die Schlacht bei MarS la Tour rin schwerer Fehler, weil sir von Recht- wegen gnadenlos verloren gehen mußte; den» man durste nicht rechnen, daß eingebtldet« Gefahren den Feind am Handeln verhinderten. Da dies aber geschah, so wurde die st r« stoisch verdiente Niederlage zum taktischen Siege." Welchen Zweck der Herr Professor mit einer solchen „Kritik" verfolgt, ist ihm vielleicht selbst nicht klar. Jeden falls aber darf er auf Dank und Anerkennung nur bei I Solchen rechnen» die mit dem Stolz auf unser Heer und seine glorreichen Errungenschaften auch den Entschluß, an diesen Errungenschaften nicht rütteln zu lassen, inS Wanken bringen möchten. DaS franzöftsche Comitö der Inhaber griechischer Staats pap irre hat an seine Auftraggeber einen Bericht versandt, welcher als Grundlage für eine aus den beutigen 27. August einberufenc Versammlung der französischen Obli- gationSinhaber dienen soll. Ter Bericht, welcher eine Ueber- sicht über die bisherigen Borgängc bietet, schließt wie folgt: Ebenso wenig wie das deutsche Somit«, welches in der energischsten Weise gegen »in Arrangement aus dieseu Grundlagen (dem letzten Angebote de- Eobinets Trikupis) vrotrstirt hat. haben wir dem englischen Comitö aus dem von diesem eingeschlagenen Wege folge» können. Di« Generalversammlung der englischen BonbolderS hat «S übrigen- abgelehnt, über das von dem Londoner Somit« vor- elegte Project abzustimmen. Indem wir dieses leider negative kesultot unserer Anstrengungen zu Ihrer Kenntnis) bringen, haben wir daS Bewußtsein, diese mühseligen Berhandlungen mit aller mit Ihren Interessen verträglichen Mäßigung geführt z» haben. Wir haben die Ueberzeugung, daß Sie verweigert hätten, über die der (griechischen) Regierung (in Gestalt deS von den drei geeinigten ComitSS gestellten Ultimatums» zugestandenen Coucessionen hinaus- jugehrn, mithin durch di« Zustimmung der Gläubiger ein Arrange ment gut zu heißen, welches sich kaum von den willkürlichen und gewaltsamen, von der griechischen Regierung ergriffenen Maßregeln unterscheidet, und so Ihr« Rechte gegen illusorische oder unzureichende Versprechungen auszugeben. Wir verzichten indessen nicht darauf, unsere ganze THLtigkeit und unsere Energie zur Bcrtheidigung Ihrer Rechte auszubieten. Wir beabsichtigen, zu diesem Zwecke die wohl wollende Unterstützung uuseres Minister- der aus- wärtigen Augelegeuheiteu anzurusen, tvelcher, wie wir hoffen, es uicht abschlagen wird, zu Ihren Gunsten seinen hohen Einfluß geltend zu machen, der immer bereit ist, sich überall da zu bethällgen, wo die legittmeu und wichtigen Interessen unserer Landsleute im Au-Iande in Gefahr sind. Ehe daS Comitö sich an den Minister deS Auswärtigen Wendet, sucht eS die Autorisation der Gläubiger nach, welche heute zweifelsohne erfolg» wird. Im Londoner Hydeparl ist gestern da« große Massen meeting gegen das englische Oberbaus in Scene ge gangen, es sind Reden gehalten worden, von denen natürlich nur ein verschwindender Bruchtheil der 100 OVV Manifestant» etwas gehört hat, und schließlich fand, wie vorauszusehen, eine Resolution Annahme, welche dir Regierung wegen ihrer schwankenden Haltung tadelt und den Wähle» empfiehlt, keinem Abgeordneten ihre Stimme zu geben, der sich nicht für völlige Abschaffung deS Oberhauses verpflichtet. Der Erfolg dieser Demonstration dürfte die Beschleunigung einer Reform des Oberhauses — nicht seiner Abschaffung — damit zugleich aber rin weiterer Anstoß zur Zersetzung der liberalen Partei und so zu einer völligen Um gestaltung des englischen Parlamentarismus überhaupt sein. DaS Oberhaus ist anerkanntermaßen reform- bedürstig, selbst Lord Salisbury, der Führer der Oppo sition, hat sich wiederholt in diesem Sinne ausgesprochen, wenn er auch eine Absckwächung der verfassungsmäßigen Rechte des Hause- aufs Energischste bekämpft und auf dem Gebiete der Budgetbcwilligung sogar eine Ausdehnung seiner Befugnisse beansprucht. Weiter geht Lord Roscbery, der es peinlich empfindet, daß ihm als Mitglied des Oberhauses der Zutritt in das Unterhaus verschränkt ist und daß er daher die Führung der Unterhaus- Majorität anderen Händen überlassen muß. Er wünscht zunächst eine Aenderung derart, daß auch OberbauS-Mit- aliedern die Wahl in das andere Hauö ermöglicht wird; ferner will er da« bisherige unbeschränkte Vetorecht des Ober hauses so modificiren, daß eine vom Unterhause zum zweiten Male votirte Bill ohne Weiteres Gesetz wird. Dagegen fordern bekanntlich die Radical» in Gemeinschaft mit den Iren die vollständige Beseitigung des Oberhauses als deS anderen Factors der Gesetzgebung. Da bereit« die lliechte rer Krone säst vollständig illusorisch gemacht sind, würde die Ausmerzung dcö Oberhauses nickt« andrreS bedeut» als die unumschränkt» Herrschaft de« Unterhauses oder vielmehr der Majorität desselben, eine Willkürherrschaft wie die de« Con vents in der ersten französischen Revolution. Da nun die Radikalen ebensowenig, wie die Iren auf ein Compromiß einqeben können, wen» sie ihr Programm nicht vollständig aufgebrn wollen, daS Ministerium und seine Anhängerschaft aber auf der anderen Seite unmöglich über die Forderung maßvoller Reformen hinauSgche» kann, wird eine Einigung nie zu erzielen sein, weshalb der Zerfall der liberal» Regierungsmehrheit eben nur eine Frage der Zeit ist. Wenn die briefliche Nachricht auS Chemulpo, welche den großen Sieg der Chinesen über die Japaner bei Pjöng- ian bestätigen sollte, das gerade Gcgentbeil zur Folge hat, so kommt daö daher, daß die Erfinder derselben doch etwas gar zu stark aufgetragen haben. Daß 1000 ,Rnter eine Infantcriemasse von 600» Mann auf dem Marsch durch einen überraschenden Stoß in die Colonnc zersprengen können, läßt sich an und für sich nicht bestreiten, nur gehört dazu eine recht tüchtige Cavallerie unter kraftvoller Führung. Blücher ver mochte 181.7 auf dem Rückzug i» Schlesien gegen Rapolcon'SVor- hut bei Hayna» einen solche» Ucderfatl durchzusühren. Nun ist aber nach übereinstimmende», Unheil aller Sachkenner die chinesische Reiterei alles andere als ein Ideal ihrer Waffe. Daß sie gegen 6000 der gulgeschultcn und bewaffneten Japaner mit lOOO Man» eine Attacke reiten könnte, die de» feind lichen Hcerthcil zersprengt und einen Verlust von einem Fünftel seiner Stärke hcidringt. ist nicht reckt zu glauben, ein solches Bravourstück trauen selbst die woblwoUendst» Kritiker der jämmerlichen chinesischen Reiterei nicht zu. Un- bcdingte» Glaube» dagegen verdient der lctzie Theil der brieflich» Meldung, daß die chinesische Cavallerie daS Land durchziebt und bereits an 100 Nachzügler enthauptet hat. Zu einer anderen Aufgabe, atö bas Land plündernd und brandschatzend zu durchziehen und friedliche koreanische Landlcutc zu enthaupten, dürste die chuiesische Cavallerie sich Wohl kaum eignen, denn daß die Nachzügler japanische Soldaten gewesen sind, ist nach Allem, was man über die DsSeiplin und di« Tapferkeit der japanische» Truppen ver nimmt, kaum anzunehmcn. Deutsches Reich. * Leipzig, 27. August. Von dem Vorstand deS con- servativen Vereins zu Leipzig werde» wir um den Abdruck folgender Erklärung erstickt: „Am Ende des vorigen Jahres erließ der konservative Landcsvcrcin des Königreichs Sachsen eine in den weitesten Kreise» dcö ganzen Landes, wie unserer Stadt beifällig ausgenommen- Erklärung, welche aus die immer mehr hervortretendc Auflehnung der Socialdeinokratic und deS Anarchismus gegen staatliche Autorität, Recht und Gesetz hinwics und ein energisches Einschreiten der Staatsgewalt Wider die llmstnrzmächte forderte. Seitdem hat eine Reihe von Ereignissen, zum Theil der aller- erschreckendsten Art, immer handgreiflicher gezeigt, mit welchen Gefahre» die bürgerliche Ordnung durch die Hetzereien eines radi- calcn TemagogenthuinS und die Entseffelung der großen Massen bedroht ist. Durch Höfe, Werkstätten und Fabriken geht die Klage deS betriebsamen BürgcrthuniS über die Zuchtlosigkeit der verwirrten Geister; ganze Dörfer und Städte leiden 211 Lein Weid. Roman frei »ach dem Englischen von Emil Bernfeld. R.chdruN »erboten. (Fortsetzung.) Wieder zögerte der Doctor einen Augenblick und überlegte. Wenn man annahm, daß dieses Mädchen aus kluger Er wägung handelte und mit Thrale insgeheim verbündet war, so ließ sich ihre Art und Weise, ihr die Fühlhörner auS- s,reckendes Fragen und selbst ihr Erscheinen hier in seinem Hanse im Moment erklär». Sie wünschte in Erfahrung zu bringen, wa« man hier wußte, entweder zu ihrer eigen» Orieatirung. oder um Thrale zn warn». Auf alle Fälle schien e« ihm dir beste Politik, sie mit seinem Dissen einzuschüchtern, und er beschloß, sie, soweit «S hierzu nothig, ihren Zweck er- reichen zu lass». „Ah, von Beweisen sprechen Sie!" rirs er au«. „Gut denn; wenn wir doch daraus kommen wollen, so vernehmen Sie, daß ich Beweis genug iu Hand» habe, um Falconer Thrale morgen aus« Schaffst zu bringen!" Für einen Moment wurde eS im Zimmer Nacht vor Jane'« Augen» und die Arbeit, die sie in Händen hielt, ent schwand ihren Blick». Aber auf dem Gipfel der Verpflichtung zum Handeln, im kritischen Moment der Situation aus bloßer Schwäche sich selbst zu versagen, lag uicht in Iane'S muthigem Charakter. Gewaltsam errang sie ihre Fassung wieder. „Sie warnen mich vor Mr. Thrale", sagte sie. sobald sie fühlte, daß sir sich auf ihre Stimme verlass» dürfe, „und ebne Zweifel thun Sit gut daran, wenn Sie irgend etwa« über ihn wissen, da« die« gerechtfertigt erscheinen läßt. Aber wie soll ich urtheil», wenn mir selbst da« unbekannt ist, wa« Sie gegen ihn ausstellen? Lassen Sie mich wissen» welch» Beweis für seine Schuld Sie zu haben glaub», damit mein eigene« Urtheil sprechen kann." Ihm selbst unbewußt wuchs da« Gefühl de« Respekte«, da» ihm da« junge Mädchen einflößte, mit jedem Wort, da« sie sprach. Er begann zu fühlen, daß sie vielleicht eine ernstere, gefährlichere Rivalin für Annette sei, als er geglaubt. Er «ntzte sie Nar sehen lassen bezüglich seine« Gebrim- »isse« üb« Thrale — halb« Maßregel» grg» eine solche Gegnerin konnten zu schwach sein. Wenn sie DaS, was sie erfuhr, an Thrale verrieth, so verschlug die« nicht«, da dieser eS bereit« wußte; andererseits aber mochte sie — würde sie vermulhlich — durch DaS, was sie vernahm, in Schrecken genug versetzt werden, um sich endqiltig von Thrale hinweg- gcscheucht zu fühl» und jeden Geschmack an dieser LiebeS- affaire zu verlier». De» DoctorS Antwort war vorsichtig abgewogen, bestimmt, Schrecken einzuflöß», ohne zunächst schon Alles zu sagen. „Wenn Sie wieder als bescheidene Dienerin auf Old Hall beschäftigt werden und in den Zimmern dort arbeiten, falls Sie überbaupt so unverständig sein sollten, die» noch einmal zu thun", flüsterte er geheimnißvoll, „so suchen Sie Gelegenheit, Falconer TbralrS Besteck mit anatomischen Instrument» zu sehen. Oefin» Sie r« und überzeugen Sie sich durch d» Augenschein, ob nicht eine« der Instrumente fehlt l" „Es fehlt rin solches?" fragte Jan« in athemloser Spannung. „Ein langes, spitzes, dolchäbnlicheS, wie man aus der leeren Vertiefung, die für dasselbe bestimmt war, ersieht!" bestätigte der Doctor. „Em langes, spitze«, dolchähnliche« Instrument!" wieder holte Jane gespannt. „Der Ermordete wurde nach Be- schastrnheit der Wunde mit einem solch» aetödtet, wie ich gehört. Aber wa« folgern Sir daraus? Die Wunde kann auch mit jedem anderen spitzen Instrument zugefügt sein, und daß in einem anatomisch» Besteck rin solche» Messer fehlt, beweist doch nicht, daß mit diesem Mess« di« That verübt wurde?" „Wie aber, wenn diese» selbe spitze, dolchähnliche Messer, da- an seinem Platz in Thrale'« anatomischem Besteck fehlt — kenntlich als sein Eigentbum, durch den in die Klinge ringravirten Namen, den Thrale'« sämmtliche Instrumente tragen — wie nun, wenn e« mit dem Blute de» Todt» besteckt bei dem Körper de« Ermordete» gefunden worden wäre?" — „Bei dem Körper gesund» — ?" „Nehmen wir an — ich sag« nicht, daß e« so sei — nehmen wir e« einmal an!" Jane »abm ihre ganze Selbstbeherrschung zusammen. Ihr Mutb und ihre Besonnenbcit wuchs» mit der Gefahr, die sie vor ihr» Augen heraufsteig» sah. „Nehmen wir e« an, gut!" sagt« st« entschlossen. „Aber sollte die« in der That eia Beweis sei»? Ei« Messer kann verlor» geh», «S kann seinem Besitzer entwendet werden, kann von anderen Händen benutzt worden sein. Sollte daS als Beweis genügen?" Den Doctor ärgerte Iane'S Scharfsinn, die damit in der That den schwachen Punct seines Angriffs berührte. Er durste da« nicht gelt» lassen. „Es genügt", bethcuerte er, „in Verbindung mit den übrigen Umstanden, die hinzukominen und eS vervollständigen. Thralc'S Anwesenheit an, Abend der That auf Old Hall, daS schlechte VerhLltniß. in dem er zu seinem Vater stand, sein heftiger Streit mit demselben wenige Stunden vor der That, und so weiter! Ein Indicien- bewei«, sage ich Ihnen, junge Dame, der sich Masche für Masche zusammengesetzt zum engen Netz, in dem der Schuldige gefangen wird, und Silbe für Silbe aneinanderreibt zum verdammenden Urtheil im Munde der Justiz, die our Schwarz von Weiß zu unterscheiden vefficht!" Jane war keineswegs bereit, daS gelten zu lassen, aber sie verkannte die Gefahr nicht, die in Newbott'S Geheimniß lag. Sie wußte in der Wirrniß ihrer Angst kaum, ob sie sich von dem Gehörten erleichtert oder neu beschwert suhlen sollte. Newbott'S Wissen von der Sache war ein aiidere- al« dasjenige Sam's, wie sie gesehen, und eS schien, daß der Doctor weder von Diesem, noch von Dem, wa« Everett oder Simpson auSzusühr» haben mochten, Kenntniß besaß, da er e« sonst, in seinem offenbar» Bestreben, s»ne Macht so groß als möglich darzustell», sicherlich mit angeführt haben würde. Es schien mithin ein Zusammenwirken der vier Personen bisher uicht obzuwalt». Inzwischen war ihr aber auck noch immer unklar, welche Zwecke der Doctor verfolge, noch begriff sie, welches Interesse er an ihrem eigenen Fern bleiben von Old Hall nehmen könne und weshalb er über baupt seine Schritte argen sie gerichtet hatte. Die kostbare Zeit der Abwesenheit Annetten« verstrich, und wenn in dieser Hinsicht noch irgend etwas in Erfahrung zu bringen war, konnte eS nur auf dem Wege der rinWch», dirccten Frage stellung geschehen, d» sie biSber verfolgt hatte. „Als ich Sie auf der Straße von Old Hall traf", Hub sie mit einem Gefühl verwegener Entschlossenheit an, „sprachen Sie heftige Worte zu mir, als ob ich, ein schlichte«, harm loses junges Mädchen, zwischen Sie und Ihre Pläne getreten sei oder treten könne. Ich versteh« nicht, waS Sir im Auge hatten, und kann mich nicht hüten. Ihnen darin hinderlich zn sein, wenn Sie mir nicht sagen, in welchrr Weise ich, eine all' diesen Dingen vollkommen fernstehende Fremd«, überhaupt bei irgend einem Ihr« Plan« sollt« iu Betracht komm» kouaru." „Ich sagte Ihnen, daß wir ein anderes Mal darüber spreche» würden", meinte der Doctor ausweichend. „Aber eö ist jetzt ein anderes Mal", beharrte Jane, „und inzwischen könnte cs geschehen, daß ich auS reiner Unkunde gerade Das thue, was ich vermeiden soll, wenn Sie mich unaufgeklärt lassen." Der Doctor. der sich der Logik dieser Worte nicht ent ziehen konnte, fllkltc sich in die Enge getrieben. Zudem be gann ihn die Spannung, in der ihn die Reizmittel bisher erhalt», die er heule Morgen z» sich genommen, zu ver lassen, und er damit allmählich wieder hinfällig, mißlaunig und der geistigen Anstrengung dieser Situation überdrüssig zu werden. „Gut denn", sagte er ärgerlich, „wenn Sie e« durchaus hören wollen. Es ist dies! Ich will nicht, daß Thrale sich verheirathe oder auch nur verlobe, verstehen Sie wohl ? Es würde ihm von meiner Seite schlecht gehen, sage ich, wenn er sich verheirathrte oder auch nur durch ein Ehe versprechen bände, höre» Sie? DaS ist'S, wa« ich ver meiden will, und darin sollen Sie mir nicht in den Weg kommen!" Jane ließ die Arbeit, ans die sie bisher fast ständig nieder- qeblickt, um ihre Fassung besser bewahren zn können, in den Ächooß sinken und richtete gedankenvoll den Kops empor. Sie sab nickt auf den Doctor hin, aber ihr Gefickt war ihm voll ständig zugcwendet und ihm entging nicht die Blasse dieses Ant litzes, neck der starre, verstörte Blick in ihren halbgeschloffenen Augen. Er hatte eine derartige Wirkung deS Mitgetheilten auf sie erwartet, aber es verwunderte und reizte ihn, daß ihre bleichen Züge immerhin mehr den Ausdruck der ver schlossen» Ruhr als der Erregtheit zeigten. Er wartete ungeduldig aus ihre nächsten Worte, und endlich sagte sie langsam fragend: „Glauben Sie an Mr. Thralc'S Schuld» Doctor Newbott?" „Ich bin überzeugt von ihr und werde sie beweisen!" rief der Doctor bitzig. Jane blickte langsam empor und richtete die Augen voll und fest aus ihn. „Und dennoch", sagte sie, „fahr» Sie fort, in seinem Hause freundschaftlich zn verkehren und unterlass» sogar uicht, Ihre Tochter dorlbin zu führ»?" Der Doclor, der sich zum zweiten Mal geschlagen sah, verlor alle Selbstbeherrschung. (Fortsetzung folgt.)
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