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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.10.1894
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-10-08
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18941008018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894100801
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894100801
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-10
- Tag1894-10-08
- Monat1894-10
- Jahr1894
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Großer» Cchrisle» laut mrieran PraiS» aerzerchui« Tabellarischer and Ztssernsatz »ach höher«» Tarts- Extra-Bella,e« (gefalzt). »,r «i» de. Morgen-Aasg ab«. ohne Posttxstrdemmg 6(1.—, mit Postdrsördernug ^4 M.—. Jinnahmschlaß str L^eiß»; Abe»d-A»«gab«: vormittag« « Uhr. Morgen-Au-gab«: Siachmittag» 4 lltze. Sonn- and Festtag« früh Uhr. V«t den Filialen and Annahmestelle» je «ia» halb« Staad« früh«. stad stet« «» di» Eomsttti»» za acht«». Druck »ad Verlag von E. Uolz i» Leipzig ^-514. Montag den 8. Oktober 1894. Amtliche Bekanntmachungen. Steinbruchs-Verpachtung. Der in Kltngaer Flur — ia der Nähe von Naunhof bei Grimma — gelegene fiskalische Steinbrach mit dem dabei befind liche» Hause und Ackerland« soll Montag, den 15. Oktober dsS. 2«., vormittags 1V Uhr ia der Expedition der mttunterzeichnetea Bauverwalterei, Bahnhos- ftraße 17. 2 Treppen unler den daselbst einzusehenden Bedingungen aus die 6 Jahre 1895 bi« mit 1900 an deu Meistbietenden ver pachtet werben. Leipzig, am 3. Oktober 1891. Königliche Straßen- und Wasserbau-Inspektion. Königliche Vauvermalterei. politische Tagesschau. * Leipzig, 7. Oktober. Dem .Hamb. Corr", dem man bekanntlich Beziehungen zu dem aus HubertuSstock wieder in Berlin einzctrofsencn Grafen Eaprivi zuschreibt, wird aus der RcickSbaupl- »aLt telegraphisch gemeldet, daß die Beratbungen de« preu ßischen Staatsministeriums über Maßregeln gcgrn »ie Umfturzdestreduugrn .aus Grund der vorliegen den Entwürfe- voraussichtlich gegen Ende der neuen Woche beginnen. Man wird aus dieser Meldung wohl schließen dürfen, daß die „vorliegenden Entwürfe" in ihren Grund- ziigen nicht uur die Zustimmung de« Grasen Eaprivi, sondern auch die Billigung de« Kaiser« ge sunden haben, und daß e« sich jetzt nur noch um die Be- rathung von Einzelheiten handelt. Hoffentlich nimmt diese Berardung einen raschen Verlauf, so daß die Entwürfe schon in nächster Zeit veröffentlicht werden können und der Presse der OrdnungSparteicn Gelegenheit bieten, sich mit ernsteren und nützlicheren Dingen als Partei- gezänk und Verdächtigungen zu beschäftigen. Daß und warum diese Verdächtigungen besonders gegen die Natioualliberalen sich gerichtet haben, ist bereit« in unserem gestrigen Leitartikel k'argeleat worden. ES kann aber nichts schaden, auch «ine süddeutsche Stimme — den .Schwab. Merk.- — aiizusühren, die den Zweck dieser allgemeinen Hetze folgendermaßen beleuchtet: „In Ermangelung positiver Borgange auf dem Gebiete der innere» Politik blüht in der Presse da« Parteigezünk und die Partei- intriaue mehr a!S ie. Ueberaus bezeichnend ist in letzterer Beziehung die Au-deutung eine« Trinkspruch«, der aus dem Begrüßungs- abend de» nationalliberalen DelrgirteutageS in Frankfurt ausgebracht wordcu ist. Rein fachlich genommen, könnte man sogen, eine bester« Anerkennung Uetze sich für diesen Delegirtentag gar nicht Lenke», at« die, datz man, um mit der Hoffnung aus einigen Erfolg etwa« ourfktzen zu können, zu bedeutunqSIoien Nebendingen greisen mutz, und so würde unter gewöhnlichen Umständen kaum Jemand sich ernstlich um diese Art von Kritik kümmern. Im vorliegenden Falle ist dieselbe indeh zu lehrreich, als datz man sie außer Acht lasten dürste. Auf dein erwähnten BegrützungSconimer« in Frankfurt war allgemein der Al>g. v. Bennigsen erwartet worden. Zahlreichen Anträgen gegenüber hat dann der Abg. Hammacher für zweck mäßig gehalten, die politischen Gründe darzulegen, welche den hervorragendsten Führer der aationalliderale« Partei bestimmten, dem Delegirtentag« sera zu bleiben. L« verdient alle An- erkennung, daß er ihn nicht mit Gesundheitsrücksichten ent- schuldigte, sondern osten erklärte, datz Bennigsen in dieser kritischen Zeit durch Theilnahme an einer politische» Partriver- sammlung leicht in Conslict mit seinen amtlichen Pflichte» al« Lberpräsibent gerathe» tonnte. Niemand wird de-halb Bennigsen der Furcht vor dem Verlust seine« Amte- beschuldigen. Wie weit er von solcher Furcht entfernt ist, hat er durch seinen unvergeßlichen Weckruf bei Gelegenheit de« Zedlitz'schen Schnlgesetzentwurs« be- wiesen. Jetzt aber tag für ihn keine Veranlassung vor, au« der durch sein hohes StaalSamt ihm auserleglen Zurückhaltung heraus- zutreten. und wenn dem so war, so wäre seine Aniveienheit in Frankfurt für di« Eutschlietzungen deS Telcgirtentages eher ein Heinmiiitz, als eine Förderung gewesen. Bei ruhiger Ueberlegulig müsse da» Jeder begreife». Herr Hammacher hat aber geglaubt, noch ein klebriges thun zu müssen, indem er du« treue Festhalten Bennigsen « a» der nasionallibeiale» Partei versicherte und die Hoffnung aussprach, datz es demselben noch brschieden sein möge, in dieser ernsten Zeit dem Vaterland« die höchsten Dienste zu erwesten. Ob in diesem Zusammenhang« da- Wort „Retter de« Vaterlandes" wirklich ge- fallen, oder ob es von der Phantasie eines Berichterstatter- hinzu- gesügt ist — wer kann daraus bei einer nach Mitternacht ge haltenen Eominer-rede überhaupt Gewicht legen! Aber die demo- kratische, die klerikal« und die conservattve Preises, all« drei machen au- dieser Aeußerung eine Haupt- und Staat«, oction, indem sie in derselben nicht» Geringere- finden, al- den endlich rund herau» erhobenen Anspruch der Nationalliberalen aus den Reich-ka nzlerposten. Di« radikalen und die ultramon- tanea Blätter hatten ja längst entdeckt, datz die von den National- liberalen erhoben« Forderung schärferer Abwehrmittel gegen die llmsturzgesahr lediglich den Sturz de- Grasen Eaprivi de- zwecke, und sie jubeln nunmehr über die glänzende Bestätigung. Zu ihnen gesellt sich in rührender Einmülhigkeit die „Kreuzzeituug'. Sie all» sind aufs Aeutzerste bemüht, beim Kaiser die Vorstellung zu erzwingen, alt ob di« NationaUiberalen sich anmatzten, ihm Herrn v. Bennigsen at« Reich-kanzler aufzudrS »gen. Freisinnige und Ultramontane hoffen durch diese- Manöver eine etwaig« ernste Gesahr von dem Haupt« Eaprivi« abzuwenden. Die ,,Kreuzzeituug", welche Leu Grasen Eaprivi lieber heute al- morgen beseitigt sähe, treiben natürlich andere Wünscht, Ihr ist da» Tete- gramm de« Kaiser- an den nationalliberalen Dele- girtentag in die Glieder gefahren. Seit Wochen hatte sie im Verein mit der Germania" an di« Adresse de« Kaisers die Belehrung gerichtet, datz dir Nationalliberalen in dem Kamvie gegen dir Umsturzgesadr schlechierdings nicht zu gebrauchen, vielmehr ebenso wie die Socialdemokraten zu bekämpfen seien. Nun mutz sie sehen, datz alle ihre Deklamationen bald von der heillosen Gottlosigkeit, bald von der politischen Vedeutungllosigkrit der Nationalliberalen an der Stelle, auf die sie berechnet waren, gar keinen Eindruck gemacht haben. Daran» erklärt e« sich, daß sie da- demokratisch-klenkale Manöver nicht nur mitmowt, sondern durch besondere Giltigkeit allen Anderen voranleuchtet. Hört man dielen ganzen Lhoru», so sollte man meinen, e« gebe für das deutsche Reich zue Zeit kein» andere Aufgabe, al« die Vernichtung der Nationalliberalen. Di« Spekulation aus deu Kaiser dürft« sich aber als falsch erweisen." Dir von mehreren Blättern gemeldet wird, bat den nun mehr i« ReichSamt« de« Innern zum Abschluß gelauzteo Beratbungen der Consercnz zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbe« ein Entwurf zu Grunde gelegen, welcher von dem Geh. Regierunz-rath Hauß auSgeardeitet worden ist. Herr Hauß hat sich über die Bekämpfung de- unlauteren Wettbewerbe- schon einmal im Reichstage und zwar bei der Beralhung de« bekannten Antrages Roeren zum Gesetzentwurf über den Schutz von Waarendezeichnungen geäußert, und cS dürfte wobt von Interesse sein, an seine damaligen Darstellungen materieller Natur gerade jetzt zu erinnern. Er führte rn der ReichStagSsitzung vom 16. April 1894 Folgende« au«: „Drr Antrag Roeren greift ans dem weiten Gebiet« aller der Fälle, die der unlauter« Wettbewerb umsatzt, einzelne heran-, um sie dem Strafgesetz zu unterstellen, wädrend andere, und nach meiner Ueberzeugung nicht minder wichtige Mißbräuche voll«« unberührt bleiben. Man theilt in der Literatur, namentlich de- französischen Recht», diejenigen Fälle, die man al- unlauteren Wettbewerb bezeichnet, in drei Gruppen. Die eine Grupp« be zieht sich auf die täuschend» Anmaßung besonderer Vor züge für die einzelne,, Maaren: da- sind diejenigen Fälle, die der Antrag Roeren sitzt zu treffen beabsichtigt. Eine weitere und recht bedeutsame Gruppe umsatzt solche Mißbräuche, welche die Aneignung von Geschäftsbeziebungen eine« Anderen zum Gegenstände haben. Ich erinnere daran, datz ein Schutz gegen den Verrat- von Fabrik- und Geschäst-geheiinnissen schon seit langer Zeit in einzelnenZweigen der Industrie aufs Lebhafteste gewünicht worden ist. Nach dieser Richtung haben bereit» Erhebungen statt- gesunden, die bei dem großen Widerstreit der Meinungen zu einem positiven Ergebnitz nicht führen konnten. Aber dieies wichtige Gebiet wird, wenn man generell der eoucurrevc« >lSlo>»I« e»t- gegentritt, nicht ausgeichicüen bleiben dürfen, wie «» in dem Anträge Roeren der Fall ist. Die dritte Gruppe bezieht sich aus solche unlauteren Geichäillpraktltrn, welche daraus be rechnet sind, den Eoacurrraten zu discrrditiren, seine Waaren schlecht zu machen und deren Absatz zu ver- hindern. Auch Lies, Fälle werden nicht unberücksichtigt bleiben dürfen. Unter diesen Umständen wäre e< willkürlich, nach dem Vorschlag« Roeren «ine bestimmt« Grupp« von Fullen herauszu- gresten, gleichartige andere, sür Len Verkehr nicht minder schädliche Mitzbräuche aber außer Bersolgung zu setzen. Tie ganze Ange- legenheii wird somit nicht im Rahmen des Woarenjchutzgesttzts, sondern in einem besondere» Gesetze zur Erledigung gebracht werden müssen." Um die Vorarbeit für diese« Gesetz hat r« sich in der Consrrenz gehandelt. Man dürste wohl in der Annahme nicht fehlgehen, daß die Grundlagen für die Berathungen der Eonferenz mit dem oben dargelegten Programm einige Aebnlichkeit gehabt haben werden. TaS ungarische Magnatenbaus hat mit 122 gegen 96 Stimmeu dciijenigci, Ab'chuilt de« Gesetzentwurfs über die freie Religionsübung abgelehnt, der die Freigebung der Eoiifessionslosigteit enthält, und daraus den ganzen Gesetzentwurf in dritter Lesung. ES trat dabei der merk würdige Fall ein, daß Liberale und Klerikale gleichzeitig die Vorlage in der dritten Lesung verwarfen. Dies kam so: Da keine Aussicht war. Laß der ursprüngliche Paragraph über die ConscssionSlosigkeit angenommen werde, beantragte der liberale Gras Aladar Andrassy die Weglassung Le gan,en Abschnitts, der über die Eoiifessionslosizkcit handelt. Als dieser Antrag mit l22 gegen 96 Stimmen angenommen wurde, kehrten sich die Liberalen gegen den ganzen Gesetzentwurf. — Die Abstimmung des MagnatenhauseS bedeutet sür Ungarn eine neue KrisiS. Bekanntlich wurde für die Gesetzentwürfe über die Eivilehe, die Religion der Kinder und die Eivil- matrikel ein sogenanntes „Junktim" fcstgestcUl, dem zufolge diese Gesetze nur gleichzeitig der Krone zur Genehmigung vorzulezcn sind. Wenn die Klerikalen nun eine dieser Vor lagen zu Fall bringen, so hindern sie auch die Eanction der Eivilehe. In Folge dessen werden sie jetzt alle ihre Kräfte ausschließlich darauf richten, selbst jene Vorlage zu Falle zu bringen, obwohl der Theil, der von der Religion der Kinder handelt, ein Zugeständnis an die Klerikale» ist. Die Führer der libernlenPartei, Koloman TiSza, Szell, Wekerle und alle Minister, sind entschlossen, die Kirche» Vorlagen mit der EonfessionSlosigkeit und den, Ueberlritt zum Judcnihum durchzufübrcn und den Streit mit dem Magnaten hau- auszunehmen. Der Ministerpräsident hat ausdrücklich erklärt, daß da« ganze Eabinet mit dem vom EultuSministcr entwickelten Standpunct solidarisch sei. Tic Negierung wird also die Vorlage unverändert zum zweiten Male im Magnatcn- hause einbrinze». Lehnt diese- die streitigen Fragen wiederum ab, so ist eine Lösung nur durch einen PairSsckub oder durch eine Herabsetzung des CensuS für das Magiiatenbaus möglich, welche letztere den Siebenbürger Magnaten den Eintritt in daS Magnatenhau« gestatte» würde. Jeden falls wird jetzt der Kampf auf der ganzen Linie wieder ent brennen, wahrscheinlich weit heftiger als im letzten Sommer. DaS llntcrhau« wirb ebensowenig Zugeständnisse mache» wie da« Eabinet, daS mit den kirchcnpolitischen Vorlagen steht und fällt. Daß di« spanischen Klerikalen die Eröffnung einer protestantischen Kirche in Madrid und die Weibe eines angli kanischen Bischof» ebendaselbst zum Anlaß genommen babcn. um ihre brutale Unduldsamkeit vor aller Welt zu offenbaren, ist von uns schon berichtet worden. Die Angelegen heit soll demnächst auch von den verbündeten Kleri kalen und Eonscrvativen in den EorteS vermittelst einer Interpellation zur Sprache gebracht werden, natürlich in der Erwartung, daß eS bei dieser Gelegenheit gelingen werde. daS liberale Eabinet Sagasta zu stürzen. Vorder bat ein beachtrnSwcrther Zwischenfall sich zugetragen. Unter denProtesten nämlich, die gegen die Weibe des anglikanischen Bischof- veröffentlicht worden sind, erwähnt die conservative „Epoca" mit besondererGenugthuung auch den deS pä östlichen Nuntiu«. In der Tbat hat der päpstliche Nuntius Serasni dir Keckheit besessen, in eine innere Angelegenkeit Spanien« sich einzumischen, während er doch wissen nnißle, daß die Vorgänge in der protestantischen Kirche zu Madrid mit Wissen und Willen der spanischen Regierung sich ab spielten. Der Nuntiu« begnügt sich aber nicht einmal mit einem Pretest für seine Person, sondern stachelt alle spanischen Prälaten zum Widerspruch gegen da» „Sakrileg- aus. da- „soeben in drr Hauptstadt de« katholischen Spanien verübt worden ist". Die spanisch« Regierung bat ungesäumt die gebührende Antwort aus diese« brrau-sorderndr Vorgehen de» Nuntiu« rrtheilt: sie fordert, wie telegraphisch gemeldet wird, die Abberufung de« päpstlichen Nuntiu«. Und damit ver langt sie nicht«, al« ihr gute« Reckt. Zu den mannigfachen Sorgen England«, die sich an die Schlagworte Madagaskar und Korea knüpfen, koinint eine weitere hinzu, deren AuSgang-punct der Au-stand der Hafenarbeiter in Port Said bildet. Schon vor etlichen Monaten war Port Said, der Schlüssel de- Suez- can a ls, der Schauplatz eine- großen AuSstandeS, der damal- von den Kohlenträgern in« Werk gesetzt wurde. Es kam zu argen Ausschreitungen, und die Situation spitzte sich derart zu, daß die BcseblSbadcr der beiden vor Port Said ankernden eng lischen Kriegsschiffe bereil« Vorkehrungen zur Ausschiffung einer »roheren Truppenmacht trafen. Man zögerte nnt dieser Naßregel nur darum möglichst lange, weil bekannt geworden war, daß der Commandeur eine« gleichfalls vor Port Said ankernden französischen Kriegsschiffs von seiner Regierung den Auftrag erhalten batte, >>» Falle der Landung einer größeren britischen Truppenabtbeilung unverzüglich ebenfalls Soldaten an- Land zu setzen und nickt zu dulde», daß die Engländer auf eigene Faust Ordnung schafften. Nock recht zeitig gelang rS dem Gouverneur de- SnezcanalS, Mohamed Mäher Pascha, den AuSstand friedlich bcizulegen. Mvdamed Mäher Pascha ist ein erbitterter Feind der Engländer; er geht, wie so ziemlich alle Gegner Englands in Egypten, von der Voraussetzung aus, die Engländer würden eine Arbeiter- Emeute in Port Said als willkommenen Anlaß benutzen, dort Truppen auSzuschiffen und in dem ihnen gehörende» Hotel de- Hollandais untcrzubringen, und tbrilt wohl auch den Verdacht, daß die Streiks in Port Said britische Mache sind. Unter diesem GcsichtSpunct gewinnt die von der eng lischcn „Egyptian Gazette- an die große Glocke gedängie angebliche Absicht der — unter französischen Einflüssen siedenden — Eanalgesellschast, ihren Schutz gegen die aus ständigen Baggerarbeiter den Franzosen anzuvertraucn, ernste Bedeutung. Bestellt diese Absicht wirklich und erfolgt lhatsächlich eine Landung französischer Truppen in Port Said, dann ist, wir die „Bert. N. N." mit vollem Reckt betonen, die Gesahr eine« britisch-französischen Eonjlict« und der jähen Ausrvllung der ganzen egyptiscken Frage in unmittelbare Nähe gerückt. Aber auch wenn die Meldung de« englisch-egyptischen Blattes nur eine Erfindung zu dem Zwecke ist, einen Vorwand für ein niilitairische« Engreisen Englands in Port Said zu schaffe», ist die Situation dcdenklick genug. In diesem Falle würde der französische Schifssconimandant ver- muthlich sofort auch Truppen an- Land schicken; aber e« ist sehr fraglich, ob sich England eine unerbetene Eovpcration der Franzosen in Port Said gefallen taffen würde, nachdem Frankreich seiner Zeit die ihm angebolene Eooperation am Nil abgclcbnt bat. Tic Ueberzeugung, daß ein Zusammenstoß mit Frankreich aus die Dauer doch unvermeidlich ist, beherrscht seil einiger Zeit weite Kreise der britischen Nation; die- bat sich erst in diesen Tagen wieder, als die plötzliche Einderusung de- EabinelSrathS nach Downing Street erfolgte, ausS Deutlichste gezeigt. DaS liberale Eabinet konnte in der Siamsragc zurückzuweicken wagen, cs tonnte in der Niger- und in der Eongosragc Nachgiebigkeit zeigen, wenn eS sich aber ui» Egypten handelt, dars e« keine Schwäche offenbaren, soll e« nicht von einem Sturm nationaler Er bitterung binweggefegt werden. Vielleicht gelingt e- auch jetzt der Energie und Klugheit Mohamed Mäher Paschas, deni AuSstande i» Port Said ein Ziel zu setzen; — versagt diesmal sein Könne», dann kann der Name der Eanalstatt leicht eine» verhängnißschweren Klang in der Wellgesiyichle gewinnen. Deutsches Reich. k Berlin, 7. October. Bei den bevorstehenden Nach wahlen treten rigeiithümliche Erscheinungen bei den Eonservativrn hervor. J»i RcichStagSwahlkrciS Oster- burg-Stendal tritt ei» Eandidat des Bunde« der Land- wirtde auf, der mit Unterstützung de« LandratbS sich heftig gegen die Negierung de« „neuen EurseS" mit ihrem mangelhafte» Verslänbiiiß für die Bedürfnisse dcr Landwirthschaft ereifert. Im LandtagSwahlkrciS Elbi»g-Ma rien b urg stehen sich zwei conservative Eandidaten gegenüber, ein Mitglied deS Bunde- der Lanbwirtbc, Gutsbesitzer Birkner, und ein RcgierungS- beamter, VcrwaltungögerichtSdirector Döbring. Gegen re» Letzteren wird seine Abhängigkeit von der Regierung geltend gemacht, die ihn hindere, offen und entschieden die wünsche seiner Wähler zum Ausdruck zu bringen. WaS soll denn bei solcher Gesinnung aus dem Ebor der Landräthe im Abgeordnetenhaus« werden? — Trotz einzelner Vor kommnisse wird man wobl allgemein de» Eindruck empfangen, daß die agrarische Bewegung neuerdings sich etwa« beruhigt habe. Wir möchten daran« nicht den Schluß ziehen, daß die Lage der Landwirtdschaft sich erheb lich gebessert hat, obwohl für viele Gegenden die diesjährige Getreideernte befriedigend war, die Besorgnisse vor einer übermäßigen Ueberflulouiig mit ausländischem Korn sich nicht in dem befürchteten Maße erfüllt haben, auch die Aushebung de- Identitätsnachweises wobltliätig gewirkt hat. Die Agitation läßt aber offenbar hauptsächlich darum nach, weil sich auch den leidenschaftlichen Förderern dieser Strömung mehr und mehr dir Ueberzeugung ausdrängt, daß durchgreifende Abbilse durch dir Gesetzgebung und durch staatliche Mittel praktisch unau«sllbrbar ist. WaS bisher in dieser Hinsicht vorgeschlagen Worten, wird die entgrgenstebenten Schwierigkeiten nicht überwinden können. Tie bevorstehende Reich-tag«session wird mit agrarischen Agitationen, sofern sie nicht gewalt sam bei den Haaren berbeigezogen werden, Wohl ganz rerichcnt bleiben. Wa« die preußische Landtagssession betrifft, so wird man abwarten müssen, ob dir demnächst in Wirksamkeit tretenden LandwirtbschastSkammern brauch bare Vorschläge liefern werten. Ihre Ausgabe soll bekannt lich zunächst in einer Beratbung über landwirtbschastliche Erbrechts-, Eredil- und VerschuIdungSverbällnisse bestellen. BiSder ist man in diesen Fragen über nebelhafte und ver schwommene Ideen, denen sich die größten praktischen Schwierigkeiten enlgegenstcllen werden, nicht binauSgekommen. Man wird abwarten müssen» ob ,« zu gereisten Vorschlägen sür di« Gesetzgebung kommt. 88. Jahrgang. * Berlin, 7. October. Die .Freisinnige Zeitung" scheint e« für ihren besonder« Beruf zu halten, deu Fürsten Bismarck durch allerlei Entstellungen und Verdrehungen al« den eigentlichen Urheber und Veranlasser -er Rößler'schen Broschüre gelten zu taffen. Heute schreibt sie: „Die Broschüre von Konstautl» Rößler bekundet so recht, datz die BiSmorck'sch« Politik am Ende ihrer Weisheit angekommen ist. Konstantin Rötzler war als langjähriger Leiter des PeetzbureauS recht etgenttich der Bannerträger dieser Politik. Sein BorslelliingsoerniSgen und sein Gedankenkreis hatte sich im Lause der Zeit voll und ganz mit den Anschauungen sein»« Herr» und Meisters identificirt. Derselbe Konstantin Rößler aber weitz jetzt nicht» Anderes mehr vorzuschlagen. al« sür drei Jahre dem Bundesratd die Diktatur ia der Gesetzgebung zu übertragen." Die „Freisinnige Zeitung- übersieht dabei, wie ihr die „Berl. N. N.- Vorhalte», vollständig, daß Herr Rößler bis in den Frühling dieses Jahre« hinein seine Functionen auch unter der jetzigen Staatsleitung fortgesetzt hat und daß daher seine Arbeit doch wahrscheinlich an die in den letzten Jabren gewonnenen Eindrücke ankaüpst. Herr Euae» Richter muß wobl diesen Artikel seine- Blatte« nicht grlesr» haben, denn wir ballen ihn eigentlich sür zu klug, all» daß er den Fürste» BiSmarck niil der Idee einer Uedertragung der Diktatur an den Bniidcsratb unter bcntigcn Verhältnissen einverstanden erachten könnte. Wenn Herr Richter glaubt, seine eigene Bedeutung uur auf einer systematischen Verkleinerung de« Fürsten Bismarck ausbaucn zu können, wird er weiter von einem Mißerfolge zum andern schreiten. Fürst BiSmarck bat in seinen Reden während der letzten vier Jadrr nickt« eindringlicher empfohlen, als da« Festhalten an der ReichSverfassung Wenn Herr Richter sich die Müde nehmen will, diese Reden noch einmal nachzulcscn, wird er finden, daß die Bismarck'sche Politik wobl noch nicht „am Ende ihrer Weisheit angekommen" ist und daß sie zu dem Rößlcr'schen Vorschlag in denkbarstem Gegensätze steht. — Ter Fürst zu Schwarzburg Rudolstadt gedenkt heute Abend aus Ruvolstadt hier rinzutrcssen. — Der „Post" zufolge wird sich l»rr Ministerpräsident Gras Lulenburg in den nächsten Tagen »ach Hnbertu-stock begeben. — Der Handelsminisier Freiherr von Berlepsch ist »achter Neumark abgereist. — Hr. Valtentin ist von der Astrolabe-Eompagnlr unter sehr günstigen Bedingungen sür ihre australischen Be sitzungen im deutsche» Theite von Vtrn-Guinea engagirt worden und soll i» Stephan«»« die Functionen eine- höheren Verwaltung«, beamten, des Stellvertreter« de« Grnkralhevvlluiüchtigleu, über nehmen. — Ter Asrikare,sende G. A. Krause, der seit zwei Jahren sür verschollen galt, ist, wir der „Schw. Merk." au« Akufe am Volta erfahrt, aus den Factoreie» der Firma tthevalier öl tto. im Inner» drr Avldküste (Weslasrika) eingetrosfr». — Wie der „Köln. Ztg." von hier gemeldet wird, schweben zwischen England, Deutschland und den übrigen Mächten zur Zeit Unterhandlungen über gemein same Maßregeln zum Schutze ihrer Unterlbanen in Ehina. Sie lassen ein baldige« Einverständniß in dieser Richtung erwarten. — AuS Süddeutschland gebt der „Franks. Ztg." folgende Mitthrilung zu: „In dem neuerlichen Meinungs austausch unter den Regierungen über die Frage politischer gesetzgeberischer Maßregeln in letzter Zeit ist wiederum zur Sprache gekommen, ob der Weg eine» An nahme-Gesetzes gegen die Anarchie zu deschrriten sei. ES machten sich auch Meinungen zu Gunsten eine- solchen Wege« geltend, aber man darf als sebr wabrscheinlick an- nehmen, daß der Weg nicht begangen wird. Unler den gemeinrechtlichen (^esryeS-iiKrschärsungen ist u. A. auch eine Abänderung de» tz UtO de« Reichsstrafgeseyduche- in Aus sicht genommen. Ter Paragraph lautet: „Wer in einer den öffentlichen Frieden gefährdenden Weise verschiedene Elaffen der Bevölkerung zu Gcwalttbätigkeiten gegen einander öffentlich ausreizt, wird mit Geldstrafe bis zu 600 oder mit Gesängniß bis z» 2 Jabren bestraft." Hier sollen die gesperrte» Worte „zu Gewalltbäligkeitcn" entfernt werden." — Der Minister der Unterrichts- re. Angelegenheiten hat den königlichen Regierungen und Provinzial-schuleoUegien den Lehrplan siir de» katholischen RcligionSunter richt an höheren Mädchenschulen zugehcn lassen. Bei der Zuserligung deS Lehrplanes an die Directoren der in Betracht kommenden Anstalten soll ausdrücklich daraus hin- gewiescn werden, daß er nach Vereinbarung mit dem Episkopate Preußen- erlassen worden ist. — Im „Reichsherold" deS Herrn Ilr. Böckel ist zu lesen: „Wie die Einigkeit der Antisemiten anSsicht, da von gicbl eS jetzt merkwürdige Proben: Vor uns liegt ein Eircular. unterzeichnet von den Reich«tag-abgeordnetc» Hirsckcl und Köhler. I» diesem Eircular heißt cS wört lich: „Wir fordern Sie auf, den Berliner „Reichs-Herold", welchen Sie seither bezogen, nicht wieder zu bestellen.- Das schreiben die Herren, welche dem „Reichs-Herold- chrr poli tische Existenz verdanken!- Wer die Verhältnisse kennt, kann Herrn I>r. Böckel die Gefühle, die ihn gegen seine beiden ehemaligen „Freunde- erfüllen, ungefähr nachsnhlen. * Au« Schlesien, 8. October. Gegen den Redacteur der socialdemokratischen „Volkswacht- in BreSlau, Schcb«, ist wegen eine« Artikels über den Antonicnbütter Krawall vom Fürstbischof vr. Ko pp Strafantrag wegen Be leidigung de« oberschlcsischen Kleru« gestellt worden. Derselbe Artikel hat dem Genannten außerdem noch Anklagen wegen Beleidigung der Gendarmerie und wegen Aufreizung zum Elaffenhaß zugrzogen. Im Verlause de« letzten halben JadreS sink gegen öcheb« Geldstrafen von über 2000 verhängt worden. * Bruttzen t. Oßerschl., 6. October. Da« Schwur- aericht verurtbeilte wegen de« Antonienbütten- Kra walle«: Retzlik zu 2, Modzik, Maluschek und Nickel zu je l>». Polatzek zu l>«, Sckmottemeyer, Jatta, Jung. Bartochek, Schwarz und RoSzczvk zu je l Jahr Gesängniß, Frau Jung und Kalisch zu je !» Monaten, Prukop, Sowada, Wiencek, Waletzki, Frau .Piontek, Wawotzriy, Ezawlik und Pasion zu je 1 Monat Gesängniß. St Angeklagte wurden sreigrsprocken. * Wlesb«drn, 6. October Der „Rhein. Corr." schreibt: „Durch zablreiche au«wärtige Blätter gebt di» Nachricht, daß sich wegen einer schweren Insubordination» deren st»
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