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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.10.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-10-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18941018028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894101802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894101802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-10
- Tag1894-10-18
- Monat1894-10
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Daß in der Thal da« RecktSbewußl- sein de- Bolle«, soweit e« in der Presse zum Ausdruck kommt, durch da« Urtheil der kaiserlichen TiSciplinarkammer verletzt worden ist, gehl au« den Auslassungen der Blätter aller Parteiricklungen hervor. Selbst der in ähnlichen Fällen so zurückhaltende .Hamb. Corr." kann nicht umbin, seine Bedenken gegen da« Urtbeil zu äußern. „Der Proceß Leist", schreibt da« conservalive nnd häufig zu hochofficiösen Kundgebungen benutzte Blatt, „bat einen AuSgang genommen, der vielfach Ucberraschung und Befremden erregen wird. Wir sind überzeugt, daß die Richter nur und allein nach bestem Wissen und Ge wissen ihr Berdict gefällt haben. Aber wir verhehlen nicht, daß unsere Ueberzrogunq eine andere ist, daß wir mit unseren Empfindungen und RcchtSanschauungen in den Berhank- lnngen durchaus auf Seiten Le« Ankläger-, nicht aus Seiten de« Angeschul diäten gestanden sind und auch jetzt »och stehen. Auf die Person de« Herrn Leist kommt e« un« bei der ganzen Angelegenheit sein wenig an; ob ihn eine harte oder eine sehr gelinde Strafe, die in diesem Falle kaum noch überhaupt eine Strafe zu nennen ist, trifft, ist für die Sache gleichgilkig. Aber cb n auf die «ache kommt e« an und hier wird nach unserer Auffassung, selbst bei vollster Berücksichtigung der eigenartigen Umstände in den deutschen Schutzgebieten, durch den Spruch dem in unserem Bolle lebendigen RcchtSbewußtsein nicht genügt. DaS wird sich in den Erörterungen der Presse und im Parlamente wohl zeige». ES ist jetzt durch ein kaiserliche« Richtereolleginm eine Behandlung der Neger sanctionirt, die den Bestrebungen der Civilisation zuwider läuft, und es hat eine — gelinde gesagt — laxe Moral höherer Beamten, die gerade auf exponirten Posten doppelt ihr eigene« Ansehen und die Autorität de« Reiche« zu wahren haben, nur eine sehr milde Sühne gesunden. Go wird die betrübende Angelegenheit, obwohl der Proceß der Form nach beendet ist, in unserem öffentlichen Leben keine guten Nachwirkungen haben." Nach unserer Ansicht hat die kaiserliche Tisciplinarkammer nicht die Behandlung, die Herr Leist den Negern hat angedeiben lassen, sanctiomren wollen; im Gegenthcil. Aber sie bat eine Strasform — Beisetzung Leist'« in ein anderes Amt mit demselben Rang, aber unter Schmälerung von einem Fünftel seine« bisherigen Diensteinkommens — gewählt, für deren Schwere der größte Theil »es deutschen Bolkc« kein Berständniß bat und haben kann. Nur ganz feinfühlige Beamte, wie die Mitglieder de« Di-ciplinargerichtskose«, sehen in einer solchen Strafe eine dem Bergeben glcichkommende Degradation. Aber abaeseben davon, daß Herr Leist selbst einen sebr ge- ringen Grad von Feinsübligkeit bewiesen hat, ist cs sehr fraglich, ob auch nur der größere Theil de« Beamtcnpersonal« in unseren überseeischen Besitzungen da« Feingefühl der Mit glieder de« DiSciplinargerichlShoseS besitzt. Da« deutsche Bolk in seiner Gcsammtheit kann em Gefühl für solche Subtili« täten nicht besitzen und muß mithin da« Unheil beklagen. Wir hoffen daher, daß auch die Vorgesetzte Behörde de« Herrn Leist bei dem Urtheile sich nicht beruhigt, sondern den Weg der Berufung an den Di«ciplinarhof beschreitet. Die „Germania" lädt die „deutschen StaatS- lenkcr" unter Hinweis auf die belgische» Wahlergebnisse ein, sich dem UltramontaniSmuS zu verschreibe». Es ist begreiflich, daß das Blatt sich beeilt, jene Wahlen für seine Zwecke ansznnüyen. denn eS ist sich wobl bewußt, daß Belgien nach Einsübrung des allgemeinen SnmmrecbtS — vor läufig — geblieben ist, was eS vordem war: das Land, an dem der UllraniontaniSmnS seine Unfähigkeit demonstrirt, zu leiste», was er in anderen Ländern für den Fall seiner unbeschränkten Herrschaft verbeißt. In dem seit fünfzehn Iabren klerikal regierten, mit einer Unzabl rein consessivncll geleiteter Schulen gesegneten Belgien werden die socialistischen Mitglieder die Abgeordnetenkammer trotz eines, kaS Gewicht der Arbeilerstimnien sebr erheblich mindernden Wahlrechts mehr als ein Sechstel aller Abgeordneten ansmachen, während in dem auf Grund tcS gleichen SlimmrechtS gewählten deutschen Reichs tag die Soeialdemokraten kaum mehr als den nennten Tbeil der Abgeordneten bilden. Und dabei sind in Deutschland die Arbeiter seit einem Menschenalter auf das Wadlgeschäst ein gerichtet, in Belgien bingegen, wo sie bisher von der Bc- tbätigung dcS wichtigsten Bürgerrechts gänzlich auSzeschlosscn waren, standen sic am 14. October vor elwaS völlig Neuem. Die Kirchlichkeit, wie die „Germania" sic versiebt, bat mithin versagt. Dieses Blatt thut sich viel darauf zu Gute, daß die klerikale Partei ihren Bestand — angeblich — er halten bat, und eS folgert aus dieser — angeblichen — Tbatsachc ans die Widerstandsfähigkeit des UltraniontaniSmiiS gegen den SccialiSmuS. Aber diese Rubmrekigkeil bat man auch bei uns eine Weile gekannt, bi« die Socialdcmokraten in den katbolische» Städten und Industriegegcnden ebenso Fortschritte machten, wie in den evangelische». Schon bei diesen ersten belgischen Wahlen mit ausgedehntem Stimmrecht hat sich eine starke demokratisch-ultramontanc Bewegung bemerkbar gemacht. In MUncheu nnd anderen deutschen Städten hat eS sich gezeigt, in wie kurzer Zeit solche Bäche in den großen social- demokratischen Strom einmüiiden. Begünstigt durch eine der klerikalen Schulpolitik verdankte .größere BildungSlosigkeit der Massen, werden die belgischen Dasbach und FuSangel wvkl noch raschere Arbeit machen, als eS ihre deutschen GesinnungSver- wanbtcn vermochten. Ist selbst durch das angebliche ür- gebniß der Wahlen mit »ichten bewiesen, daß „die katholische Partei die Massen an sich zu fesseln weiß", so zeugt eS noch weniger gegen den Liberalismus in Deutschland. Die „Germania" weiß recht gut, w:r in Belgien geschlagen worden ist: ein sich liberal nennendes LreS Maiichestcr- tkum zusammen mit einer bürgerlich-radikalen Richtung. Ins Dcutschpolitische übersetzt, wäre von einer Niederlage des Deutschsreisinns zu reden; mit diesem aber ist das Eciilrum von jebcr und bis ans den heutigen Tag gut Freund gewesen und will eS bleibe» und darum schildert vic „Germania" nicht, wie eö der Wahrheit entspräche, die dem Rickter'schcn „Liberalismus" entsprechende belgische Richtung als „bankerott", sonder» erklärt den mittelpartei- lichen Grundgedanken für besiegt. Tie belgische» „Doelniiärcn" werden den dentschen Nationalliberale» glcichgesetzt, während man doch sonst auch von klerikaler Seite de» National- liberalismus als die Verkörperung des Opportunismus dar- zustellcn beliebt. Dafür, daß diese jesuitischen Knnstleistungen ihren Zweck verfehlen werden, bürgt außer dem kaiserlichen Tele gramm a» den »ationallibcralen Telcgirtentaz noch eine Reihe anderer Umstände. Die Entrüstung der „Germania" über die Verhandlungen, die zwischen den belgischen Liberalen und Socialisten wegen Wahlbündnisse» gepflogen worden, geben uns mithin gar nichts an, sondern die anlicartell-brüder lichen Zeitgenossen des CrntrumS. Aber cs ist doch überaus schätzenSwertb, waS das leitende CentrumSorgan über Wahlen und Wahlbündnisse mit Tocialdemokratcn vorbringt: „Liberalis mus und Socialdemokratic haben auch bei diesen Wahlen daS Bewußtsein der inneren Verwandtschaft, einer ge meinsame» Weltanscbanung im Gegensatz zu de», posi tiven Ebriistenlbui» bewahrt". Innere Verwandtschaft! „Dank Dir, — Jesuit, daß Du mich dies Wort ge lehrt." DaS Cenlrum bat sich unzählige Male bei Wablen mit der Socialdemokratie verbündet, eine Aufforde rung Windlborst'S an die Parteigenossen in Hana», social- demokraiisch zu wählen, ist den Acten der Geschichte bci- gegeben, i», Wahlkreise HildcSbeim bat die klerikale Parte, erwiesenermaßen einmal socialdcmokratischc Agitatoren be soldet — wenn das Alles, wa« nicht bestritten werden soll, „im Bewußtsein der inneren Verwandtschaft" geschehe» ist, so sink wir ganz bcrubigt über die Wirkung der von der „Germania" an die deutsche» Regierungen gerichteten Warnung, sich durch die anS Wablvcrbandlnngen mit Social- dcniokralen i» Belgien gezogenen „wichtigen Lebren" abhallen zu lassen, „noch einmal muielparteiliche Politik z» treiben." lieber de» tbatsäcklichen Ausfall der Wablen in Belgien lassen sich jetzt bestimmte Ziffern geben. In Brüssel habe» für den Senat die Klerikalen gesiegt; ibre Candidalen babe» eS aus durchschnittlich 89 ONO «timmcn gekracht, während die Liberalen nur 73 000 erhielten. Die 0 SenalSsitze Brüssels sallc» also den Klerikalen zu. DaS Stimmenverbältiuß der Kamiiicrwablen in der Hauptstadt ist folgendes: Klerikale 93000, Liberale Ol 000, Socialisten 4t 000, Blamen 4500. Daher Stick- wabl mit günstigen Aussichten für die Liberalen, deren Sieg von den Socialisten abbängt, ebenso wie m NivcllcS, wo der Mii»ster- präsident i» der Stichwahl siebt, in Tduin, Aid nnd Tournai. llmgekchrt können die Socialisten nur »nt Hilfe der Liberalen siegen in Eharleroi, SoignicS und BervierS. Die Klerikale» aewiiiliiicn 2 Sitze in Ostende, verlieren 4 in Namur, 2 in Philippeville, 2 »> Eharleroi, 2 in Birton und Arlon. Sic verlieren jetzt schon 8 Sitze, aus denen >2 werke», wenn, wie vorauSzuschen, die vorhin erwähnten Stichwablen zu Gunsten der Liberal-Socialisten auSsallen. Hiernach wäre die Zabt der Klerikalen, die in der alten Kamnier 93 betrug, in der neuen Kammer 8l. Die Liberalen gewinnen 5 Sitze in der Provinz Namur nnd 2 in Luxemburg, sie verlieren 2 in Ostende, 6 inS Mo»S, 3 in SoignicS, 0 in Cnarleroi, 3 in BervierS und 4 in Lüttich und wahrscheinlich noch einen Sitz in Lüttich, wo Fröre-Orban mit ungünstigen Aussichten in der Siickwabl siebt. Wenn die günstigen Aussichten der übrigen Stichwahlen in Brüssel, Nivellcs u. s. w. sich verwirklichen, so haben die Liberalen, Dvcirinäre und Fortschrittler zusammen, 2l Sitze verloren; in der letzten Kammer 59, werden sie in der neuen Kammer »nr 33 sein. Die Socialisten baden im ersten Anlauf gewonnen: 1 Sitz in Namur, K in MonS und 4 in Lüttich, znsanimen ll Sitze: sie werden sicher gewinne» 3 Sitze in SoignieS, 8 in Cbarlcrci, wahrscheinlich (wenn die „Frkf. Ztg", der wir diese Ausstellung cntnebmen, nicht zu sebr z» Gunsten der Socialdemokraten rechnet) 4 in BervierS »nd 7 in Lüttich. Sie werden also wahrscheinlich in der ncncn Kammer i»it 33 Abgeordneten auftrcten. DaS Tlininivcrbälliiiß wird dann sein: 8l Klerikale, 38 Liberal- Fortschrittler und 33 Socialisten Die beiden letzteren anti klerikalen Parteien verfügen über 7l gegen 8l klerikale Stimmen, so daß die absolute Mehrheit der Klerikalen (l52:2 — 76) nur 5 Stimmen be trägt. In der alten Kammer betrug die Majorität der Klerikalen 38, ihre absolute Majorität 17. Die herrschende Partei tritt also erheblich geschwächt in die neue Kammer, wozu kommt, daß ibre Führer, der Ministerpräsident De Burlet und Woeste, wahrscheinlich nicht wiedcrgewählt werben. So begreift man die Angst der klerikalen RegierungSorganc vor einer liberal-radical-socialisti- schen Mcbrbeit bei wichtigen Entscheidungen, und zwar um so mehr, als in ihren Reihen eine stanze Anzahl durch und durch demokratisch gesinnte „Cbristlich-Sociate" stehe», am' die nicht immer ein sicherer Verlaß i:st. Bon einem „Sieg der Ullramoiitanen kann also keine ikede mehr sein, sic sind der nächste» Zukunft nickt mehr völlig sicher, geschweige den.! einer sernercn, die sicher den Sturz ihrest Regime« bringen wird. Wir hoben gestern bervor, mit welch ansehnlicher Flotten - inacki England in Lftasien vertrete« ist, auch Frankreich und Rußland können sich sebe» lassen, zumal da ihre Sec strcukräsle in Kurzem durch Nachschul» »och verstärkt werten solle». Wie aber siebt eS, so fragen wir mit der „K. Ztg ", mit leutschlanp! Wobl baden auck> wir fünf Knegeichisse dort unk zwei weitere sind in der Ausrüstung begriffen, werden diese sieben Schiffe aber stark genug sein, um für alle Fälle zu genügen? Ueber die Mangelbastigkcii der drei Schisse des Kreuzer-Geschwader« „Arcona", „Alexandrine" und „Marie" ist bei Gelegenheit dcS brasilianischen Aufstande« schon genug geklagt worden, unk inzwischen sind sic nicht besser geworden. Die beide» Kanonen boote „Wolf" und „Iltis" sind gut für een Schutz der Europäer in den VcrtragSdäse» deS Binnenlandes, wobin d-: größer» Sckisse nicht gelangen köiiiirn, lvmmen aber sonn kaum in Betracht. Da« Adniiralschiss „Irene" und der klein Kreuzer „Eormoran" sind zwar »euere Schisse, aber immcr- d»i nicht genügend stark, den übrigen Schissen al« Rnckdalt zu diene». Hätten wir nur euieit Panzerkreuzer hinaus- ziischickcn, daun stände eS da draußen besser um un«. Die Matiiicverwaltung bar unseres achten« zu lang: gezögert mit der Forderung von P.'tiizerkreuzern, und m:l- Blintbcit geschlagen war die Reichc-tcUZSinehrhelt, die in^dcr vergangene» Tagung den Bau eines solchen ablehnle. Was soll jetzt geschehen, wenn in Oslasicn, vielleicht .»ich in der Telagoabci vder vor Marokko eine größere Macklentsaltung erforderlich wird? Ems unserer Panzerschiffe können wir in Erinaiigcluiig von Panzerkreuzern kaum entbehren, a» modernen Kreuzer» aber sieben nur noch „Kaiserin Augusta", „Prinzeß Wilhelm" und „Gesion" zur Bcrsügung Ad gesebcn davon, daß unter diesen Schiffen keines ist, das den i„ Ostasie» weilenden gepanzerten Schisse» der übrige» Nationen an die Seite gestellt werden kann, so darf fick unjere heimische Flotte doch mich nicht aller Schisse dieser Gattung entblößen. Dir Seetaktik fordert heutzuiag. aus die Zabl der volbandenen Schlachtschiffe eine bestimmle Zahl von schnellen, modernen Kreuzern, ebenso wie zur Zeii der Se.zelschisisabrt die Linienschiffe der Ergänzniig durch schnelle Fregatten bedurften. Ohne Kreuzer wird die Krieg sührung zur Sec gelähmt. La wir bei der augenblict lichen Sachlage im fernen Osten doch mich immer a» die Möglichkeit einer Rückwirkung aus Europa denken müsse», so können wir nicht ander-, al« die Flotte in der Heimalh ihrer Aufgabe gewachsen zu erhalten. Sie darf, da sie sonst Schaden an der KriegSbcreilschast nimm:, weitere Kreuzer nur im äußersten Nothsall abgeben. Diplomatie und Marinelcitung befinden sich dcSbalb in eine. Lage, die alles Geschick erfordern wird, damit wir nicht Dank dem Mißverkältuiß unserer Sccstreitkräfte in Ostasien de.i Kürzeren ziehen. Der Fall setzt unsere Schwäche scharf ins Licht »nd fordert dazu aus, das Versäumte so schnell wie möglich »achzudolcn. Möchte» Marineverwaltung und Reiche - tag daS ibrige dazu tbnn. Möge der Reichstag die Kreuzer, die der nächstjährige Marine-Eia: fordern wird, bewilligen und die Maruicverwaltung den Bau unter Heranziehung der mit Sehnsucht aus Beschäftigung wartende» Privat-Schissban- Industrie so beschleunigen, wie eS nur irgend angeht! '.ii >. i.i SOI FeittUetsir. Der goldene Mittelweg. Roman von Erich Rott. (Fortsetzung.) Nachdruck eirboteii. Indessen auch die Briefe Evchen'S hatten ihr „Aber"; der Aufenthalt in Süd-Italien war immerhin kostspielig; so freigebig sich Winkler auch zu benehmen geglaubt» als er de« jungen Ehegatten Reisetasche mit Banknoten wohl gespickt hatte, so waren sie doch schon lange den Weg aller Banknoten gewandert, lange bevor da« junge, fröhlichem Genießen lebende junge Paar an die Heimreise dachte. Fast jede«mal, wenn so ein kurze« und doch gar inhaltsschweres Brieflein in« Gehöft hincingcflattcrt gekommen war, erbob sich Winkler, ging an seinen Eassenschrank heran und holte au« diesem manche blaue, braune und wohl gar graue Bank note h-rvor. Dann that er da« Bündelchen fein säuberlich in ein Couvert, drückte fünf wuchtige Siegel auf diese» und schrieb die immer gleichlautende Adresse: „An die Frau Baronin Eva von Tdumar, Hockwohlgeboren!" Da« tbat dem Alten ordentlich wohl» wenn er den voll tönenden Nasen in wuchtigen Schriflzügen hinmalen durfte und besonder« bti dem unerläßlich den Schluß bildenden „Hochwohlgcboren* verweilte er regelmäßig eine ganz« Weile und konnte sich an wundersamen Schnörkeln, die sonst gar nicht seiner Art entsprachen, kaum ein Genüge thun. Frau Barbara nahm nur wenig Anthril an den Briefen; sie fand deren auffällige Kürze sogar herzlo». E« kam darüber manchmal zum Streit zwischen den alten Ehrgatten, denn Winkler litt nun einmal nicht, daß irgend Jemand auf sein Herzblatt sckcel herabschaute. Manchmal freilich, wenn er wieder eine hochzifferige Summe der Post anvertraut hatte, glitt wohl auch über sein Gefickt ein Schatten. „Muß doch wobl «in verdammt tbeure« Pflaster sein, die« Italien!" brummte er. „Man sollt'« doch gar nicht für möglich ballen; da» ist »un schon da« Geld für die dritte Ernte, wa- ich ibuen schicke ... ich kann da« ja au-balten, baba, aber . . . aber . . . man könnte manchen Acker dafür kaufen!" »Da« geschieht Dir ganz recht!" sagte Frau Barbara darauf, die überbaupt in der letzten Zeit gar kurz angebunden gegen ihren Gatten war. „Hast Dir ja Dein Prinzeß!« accurat so erzogen . . . nun kann « Dich doch nicht Wunder nehmen, daß sie'« darauf anlcgt, Dir die Batzen abznknöpscn. Sei nur still und sein geduldig, mein guter Aller, da« ist erst der Anfang, da Lars e« Dir noch lang' nicht in den Obren sausen, da« dicke Ende kommt noch nach . . . pass nur aus. wa« da« junge Barönlein Deine Goldfüchse zum Lausen bringen wird!" Solche Worte ärgerten Winkler mehr, als er sich rinzugcstehen wagte, vielleicht weil seine Gattin seinem innersten Fühlen und Denken so schonungslos Ausdruck verlieh Dann sprach er wohl mit der alten LcbenS- gesäbrtin tagelang kein Wort, brummte drinnen unk schalt draußen auf dem Hose, daß da- Echo nur so wach wurde. Kam dann aber wieder ein Brief au« dem sonnigen Süden an da« „liebe, gute Großpapachen" bei dem nicht schon längst wieder weilen zu könne», der Schreiberin größte« Unglück au-mache, dann batle Italien« Sonne neuerdings ihren Widerschein in den faltigen Zügen Winkler'« gesunden, und er schritt unverdrossen wieder an den Gelbschrank, zählte von Neuem ab, couvertirtc, siegelte und malte wieder mit wuchtigen Zügen und seltsamen Schnörkeln sein „Hoch- wohlgcborrn" aus die Adresse. Die Briese, welche in die Walkmühle wanderten, waren ganz anderen Inhalte«; sie atbmeten in jeder Zeile eitel Frohsinn und Glück. Aber die Schreibenden — und e« waren immer beide jungen Ehegatten, die regelmäßig, Jeder für sich, zwei auch drei Briefbogen in Anspruch z» nehmen pflegten, so daß immer doppelte« Porto süe die Briese ver ausgabt werden mußte — begnügten sich nicht mit voll klingenden und roch so inhaltsleeren Phrasen und allgemeinen Au-rufcn de« Entzücken«; nein, da brachte ein jeder neue Brief-Beschreibungen und eingehende Schilderungen in Hülle und Fülle. Die wackeren Müller-eheleute brauchten nunmehr keine Sorge mehr darum zu haben, wie sie die langen Winter-Abende hinbringen sollten; da saß Forschner >m Lehnstuhl neben dem Kachelofen, hatte sich ein kleine« Tischlein an den letzteren gerückt, auf diesen die Lampe gestellt und la« die fast täglich rintrefsenden Briese seiner getreuen rundlichen Ehehälste vor. Darüber kamen sie in« Plaudern, und wenn der Brief zu Ende gelesen war. dann hatten sie noch über dessen Inhalt so viel zu sprechen. sie durchlebten im Geiste so klar und deutlich die Er eignisse, welche an die serriweilendcn Lieben in abwech«- lungSreicher Fülle herantraten, daß gar oft endlich der Daldmüller, aus den Klang der gerade auSscblagenben Ubr horchend, kopfschüttelnd meinte: „Herrgott, Mutter, c« ist schon wieder elf Ukr Nacht« und wir sitzen noch wach bei einander, da« ist ja schon seit Jahr und Tag nimmer vor- ackommcn. Da krochen wir zur Winterszeit doch immer )chon um neun in« Nest!" Au« Erich « Briefen ging hervor, daß er nicht nur de« Vergnügen« halber die bauptsächlichsten Städte de« deulschen Baterlande« besuchte. Wohl versäumte er nicht«, wodurch er sich selbst belehren und seiner jungen Gattin eine Fülle von Anregungen zu bieten vermochte. Tie waren ständige Besucher der Museen, Cvncerte und Theater. Aber fast tagtäglich wußte Erich niedrere Stunden zu erübrigen, in welchen er bald da, bald dort Besuche geschäftlicher Nayir abstattete. Ter junge Mann wußte viel von freundlicher Ausnabme zu berichten; allenthalben batle man ibn ermuthigt, daS in Au«sicht genommene Werk baldigst in Tbätigkcit zu bringen. Schon jetzt konnte er eine bübsche Anzahl von Probebestcllungen verzeichnen, so daß er schließlich einmal an den freundlich darüber schmunzelnden Walbmüller schrieb, daß die Anzahl der erhaltenen Aufträge bereit« eine so stattliche sei, daß die Kosten der gesammten Hochzeitsreise sich schon au« den Provisionen, die ihm eigentlich al- Geschäfts reisenden für die zukünftige Firma zuständen, bestreiten ließen. Al« im Frühjahre die gefiederten Sänger wieder heim- gekehrt waren und ein sonniger Mai in Wald und Feld blumenduftig waltete, da kehrten auch die Neuvermählte» heim — und sie konnten sich vor Entzücken nicht fassen, al» Vater Forschner im Verein mit seiner Ebehälste sie in da« ingwischen fertig gewordene, außen und innen einem Puppen» bäu«chen gleichende Billachen geleitete, in welchem sie künftighin nach den Wünschen der gutmeinenden Pflegceltrrn nur Stunden ungetrübten Glücke« verleben sollten. Gertrud war inzwischen noch liebreizender und entzückender geworden; ihrer früheren jungfräulich yrrbrn Schönbrik hatte sich eine weiche Reifbeit im Au-truck zuarsellt. Die Fülle de« Glück«, welche« ibre Brust beseelte, offenbarte sich »un- mcbr auch in den Zügen der jungen Frau und im Blicke ihrer fruchlschimmernken Augen. Mit unbeschreiblicher Zärt lichkeit ding sie säst immer am Arme de« jungen Gallen; wenn sie aber einmal allein daheim bei den Pßegeetlern weilt«, dann vermochte sie nicht genug zu rühmen, wie gar glücklich Erich sie machte, wie er sie auf den Händen trage und wie sic sich auch keine Stunde de« Glück« mehr ohne den geliebten Mann zu denken vermöge. ES ließ sich in der Tbat kein schöneres und poetischere« Berhältniß denken, als eS sich im Zusammenleben der jungen Ehegatten offenbarte. Derselbe traute, kindlich frobc Ton, welcher zwischen den kleinen Spielgefährte» geherrscht und diese so wundersam aneinander gekettet hatte, waltete nun auch zwischen den beißliebenden Gatten. Tagsüber war Erich freilich wenig in dem schmucken .VäuSchen, dessen Mauern so viel stillverschwiegcne«, brilige» Glück in sich bargen, anzutreffcn; dann halte er drüben ans der Waldmüblc zu thun. Dort war er der Fleißigsten und Unermüdlichsten Einer. Mil voller Energie batte Erich im Verein mit dem Waldmüller sofort nach seiner Rückkehr von der Hochzeitsreise die Errichtung der Fabrikbaulichkeitcn i» Angriff genommen. Unmittelbar an die Winkler gehörige» auSgctebnlcn Ländereien, auf welchen sich die Sägemüblen mit den sie umgebenden riesigen Holzvorrälben erhoben, st»'. daS Grundstück Forschner'- an. Nun wurde in ziemlichem Abstande von der Grenze auf dem Terrain deS WalkmüllcrS rin Gebäude um daS andere errichtet, lauter einstöckige, lang bingcstreckie Häuser au» schmucklosestem Fachwerk, in welchen schon wenige Wochen später ein gar gebeimnißvollc« Leben und Treiben begann. Freilich, rer äußere Anblick, welchen da« junge Unter nehmen bot, war ein gar dürftiger nnd mangelhafter im Vergleiche zu dem im vollen Betriebe befindliche» Sägewerke Winkler «. Aus letzterem waren vielleicht bundert oder noch mcbr Arbeiter beschäftigt. Da begann vom finden Morgen an schon die Säge zu kreischen und die Dampfpseife z» schrillen; schwer rasselnd kamen Locomotiven mit an gebängten leeren Güterwagen auf dem Sondergleise, welche« von dem Babnbose bi« mitten m« Werk südrte, angerolll, Hunderle fleißiger Arme rührten sich dann, um die sauber geschnittenen Bretter auf die Waggon« zu laden. Keuchend und dampfend setzten sich die Maschinen, dir hochgethürmlei, Lasten hinter sich berziebrnd, alsdann wieder rückwärts in Bewegung. Dazwischen erschollen da« Peitschenknallen und die antreidenden Ruse der Fuhrleute, welche in unablässiger Folge die gebirgSabwärt« snbrende Straße bcrabgerollt kamen, einzelne kolossale Baumstämme tran-portirt. die, als dann zu Hunderten threSgleichen gestellt, einem schützenden Damme vergleichbar, sich ring« um di« Scha«,demühle» thürmtrn.
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