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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.10.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-10-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18941026026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894102602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894102602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-10
- Tag1894-10-26
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In Berlin sind jetzt die Mitglieder des vundesrath» in ganz ungewöhnlicher Vollzählichkeit versammelt; die lei tend en Staatsmänner aller Bundesstaaten — Preußen ausgenommen, dessen Ministerpräsident dem BundeSrathe nicht angcbört — sind dort eingelrosscn, um über gesetz geberische Maßregeln zur Bekämpfung der Umsturz- bestrebungen und andere wichtige Fragen der Reichsgesetz- gebung die entscheidenden Beschlüsse zu fassen. Wie lange die Berathungen dauern werken, lagt sich nicht einmal vrr- muthen, aber jedenfalls wird eine einzige Sitzung nicht auSreichen, um die Ansichten z» klären. Tasür ist schon durch die Differenzen gesorgt, die im preußi schen StaatSministerium zwischen dem Minister Präsidenten und dem Minister des Auswärtigen (Graf Eaprivi) zu Tage getreten sind. Ter von de» Officiösen verbreiteten Mär von der Einigkeit im Schoße des preußischen Ministeriums hat der dem Reichölauzler- palaiS nahe stehende OfsiciosuS der „Köln. Ztg." ein jähc- Ende bereitet. Freilich hat er dabei verschwiegen, daß der Herr Reichskanzler, bevor er für sein „Aktionsprogramm" die Zustimmung de« Kaisers erlangte, dieses Programm nicht unwesentlich verschärft und dem des preußischen Ministerpräsidenten nicht unwesentlich angenähert halte. Denn da- geht au- den letzten Auslassungen der „Nordd. Allgem. Ztg." (die RcichSregierung werde daS Bor- geschlagene mit Einsetzung der ganzen straft „aus jede Gefahr hin" burchzusetzeu suchen) mit voller Klarheit bervor. Diese Auslassung erfolgte unmittelbar nach der Unterredung, die der Kaiser mit dem Grafen Eaprivi gehabt bat, und ist als Resultat derselben zu betrachten. Immerhin kann eine völlige Uebereinstimuiunz zwischen dem Reichs kanzler und dem Grafen zu Eulenburg nicht erzielt worden sein, sonst würden die dem Elfteren nahe stehenden Federn gegen den Letzteren eine andere Sprache führen und nicht die Frage aufwerfen, ob Graf Eulenburg ans seinem Posten verbleiben könne. Trotz der Abwesenheit des Grasen Eulen burg von den Berathungen wirb seine Ansicht in dem Stadium der Borbepatbungeu vertrete» werden, denn erst bei der entscheidenden Abstimmung wird die Gcsammtheit der jedem Bundesstaate zukommenden Stimmen einheitlich abgegeben. Schon dadurch also ist für Gegensätze gesorgt. Welche Richtung — die gemäßigtere oder die schärfere — schließlich siegt, ist noch fraglich, obgleich Graf Eaprivi für die seinizc die Zustimmung des Kaisers erlangt hat. Tenn da der Kaiser als solcher kein Initiativrecht und nicht einmal ei» Betorecht in Sachen der ReichS- ssesetzgebung hat, so ist seine persönliche Ansicht für die BundeSrathSmitglieder nicht maßgebend. Allerdings ist anzunebmen, daß die Mehrzabl der deutschen Bundes- staaten die BerhaltungStinic wählt, die der König von Preußen eingeschlagen wissen will. Mit der Entscheidung über diese BcrhaltungSlinic wird auch die Entscheidung darüber erfolgen müssen, ob Gras Eulenburg in seinem Amte verbleiben kann. In peinlicher Lage befindet er sich schon jetzt. Trotz seiner leitenden Stellung in Preußen muß er sehe», daß nicht seine Ansicht, sondern die de- Minister- de- Auswärtigen die Billigung de- Königs findet. Und kann er auch in dieser Lage einen Trost darin finden, daß der Minister des Auswärtigen sein ursprünglich recht dürf tiges ActionSprogranim rem Eulenburg'schen hat annäbern müsse», so muß er doch alS Nichtmitglied deS BundeSrathS darauf verzichten, in den wichtigen Beralhung des Bunde-» ralbs seine Ansicht persönlich zu vertreten. Es tritt gerade in diesem Falle wieder so recht zu Tage, welch mißliches und auf die Tauer unhaltbares Ding der „TualiSmuS", die Tren nung der Aeniter des Reichskanzlers und de- preußischen Ministerpräsitenlen, ist. Aus die Stellung der Mittel- Parteien zu den Borlagen, die daS Resultat der Bc- ralhungen sein werden, haben Pcrsonaljragen natürlich keinen Einfluß. Fükrt Graf Eaprivi im Gegensatz zum Grasen Eulenburg. oder dieser im Gegensätze zu jenem, die Fahne in dem Kampfe gegen die Umsturzbestrebungen: in jedem Falle werden die Mlltelparteien Liefe Vorlagen st r e n g fachlich prüfen und ihre Haltung lediglich von dem Erfolge abhängig machen, den die Vorlagen in diesem Kampfe ver sprechen. Sie können dies um so getroster, je zuversichtlicher auS der Annäherung de« Eaprivi'schcn AcuonSprogrammS an da« de- Kaiser- der Schluß gezogen werden kann, daß die Stütze diese-Programm« nicht bei einer klerikal-consrr- vativcn Eoaiilion gesucht werden soll. In einer ofsiciöseu Berliner Eorrespondcnz de- „Hamb. Eorr." wird die- folgendermaßen ausgesprochen: „Die Üönig«brrger Rede des Nasser« . . . hatte nicht entfernt die Absicht, eine oder di« andere derjenigen Parteien, deren Mit- Wirkung in diesem Reichstage nun einmal unenidebrlich ist, in den Hintergrund zu drangen oder für die Mitwirkung der einen Partei einen Preis zu zahlen, der einer anderen da« Zu« sainm.ngehen mit der Regierung unmöglich machen würde: e« sollen eben alle Wohlgesinnten sich der Führung der Regierung unterordnen. Daß der Kaiser bei dieser Sachlage nicht in der Lage war, die Adresse der osip reu bischen Mit glieder de- Bunde« der Landwirth«, die für die früheren Ausschreitungen in dem jetzt beendeten Kampfe um die Handel«- Verträge Verzeihung in Anspruch nimmt, zurückzuweisen, weil die Verfasser der Adresse über die Mittel und Wege zun, Kamps gegen die Umsturzbestrebungen ihre besondere Ansicht haben, liegt aus der Hand- Die auf die Adresse rrtheilte Antwort hat ohnehin klargeflell«, bah der Kaiser nicht gesonnen ist, dir Wege der Tivoli-llonservativen eiuzuschlagen." Heber die deutsch-englischen Beziehungen spricht sich „Romaje Wremja" in sehr verständiger und meist zutreffender Weise aus. Diese Beziehungen, so führt das russische Blatt auS, seien in ein neues Stadium getreten, weil man in England mit der Haltung Deutschland- in vrr Eolonialpolitik sehr unzufrieden fei. Der Umstand, daß Deutschland und Frankreich in der Eongosrage solidarisch vergingen, habe England zum Nachgebcn gezwungen , in der Frage von der durch England angercgten Einmischung der Großmächte in den japanisch chinesischen Streit habe Deutschlands ablebncndc Haltung eine sehr wichtige Rolle gespielt; mit dem Vertrag zwischen Por tugal und der TranSvaal-Republik sympathisire Deutschland zum Acrzcr der Engländer, und als eS gar ein kleine- Geschwader in die Dclagoa Bai entsandte, war in der eng lischen Presse kein Hallen mehr. Man beschuldigte Dil- beim II. persönlicher Feindschaft gegen die von seiner Groß mutter beherrschte Nation; man legte die Verleibling deS L>rde»S der Ehrenlegion a» den deutsche» Mililair- agenten in Paris als einen weiteren Schritt der An näherung zwischen Deutschland und Frankreich au»; man griff daS „barbarische" und „unsittliche" VerwallungS- systcm kcr Tentschen in ihren Eolonien an; man be hauptete. das deutsche Reich werde von einer gefährlichen inneren Krisis zerfressen Neu sei, meint da» PeierSdurger Blatt, a» all diesen AuSsällen natürlich nicht«. Publicum und Presse seien in England längst schon gcwöbnt, ihre Wulh an fremden Regierungen auszulassen, sobald diese cS wagen, ibr« Politik nicht mit den Plänen und gebeimen Absichten England- in Einklang zu bringen. Jedoch könne eS nur als große Taktlosigkeit betrachtet werten, wenn man die Persönlichkeit Wilhelm- II. hineinziebe in die Frage der Politik, welche die deutsche Regierung offenbar in Süd-Afrika versclgen will. Der junge deutsche Kaiser gehöre gerade nicht zu de» Geduldiasten. und durch persönliche Angriffe lasse sich schwer eine England erwünschte Aeiiderung in jener Politik erzielen. Auch da- Gerede von einer „inneren Krisis" könne ihm schwerlich gefallen, noch der Vorwurf der „Unsittlichkcit" und „Barbarei , der gegen die Verwaltung-beamten in den deutschen Eolonien erbebe» worden, insbesondere, wenn solche Vorwürfe in der Presse eine» Lande« laut werden, da- sich bei der Verwaltung der eigenen Eolonien niemals viel um Sittlichkeit und Civilisatio» gekümmert babe. Anstatt Wilhelm H. irre zu machen, könnten die Ausfälle der englischen Presse nur seine der britischen Regierung so unangenehme Stimmung verstärken. In Wahrheit ernte aber England jetzt nur, was c- selbst gesäet babe. Vei den Dingen, die sich jetzt im fernen Osten »nd in Südafrika zulragcn, habe cS doch schon gar zu offenherzig seine üble Neigung verralhe». Fremde die Kastanien aus dem Feuer holen zu lassen, und dabei ganz übersehen, daß die Zeiten mittlerweile andere geworden, und daß aus dein Boden der Eolonialpolitik seine Interessen im vollsten Widerspruche sieben zu den Interessen der übrigen Großmächte, die nicht geneigt sind, ein einfaches Werkzeug in den Händen England« zu sein, und auS dieser ihrer Unlust auch gar kein Hehl machen. E» sei gar nicht zu verwundern, daß auf dem japanisch-chinesischen Kriegsschauplatz, wie in Süd- und Miltelasrika eine solche Unlust in gleicher Weise und gleichzeitig Rußland, Deutschland und Frankreich zeigen. Die Interesse» jedes einzelnen dieser drei Staaten erwiesen sich in diesem Fall ganz entgegengesetzt den Plänen der britischen Regierung, und da« grnüge zu einer parallelen Handlungsweise ihrerseits in übereinstimmendem Sinn. AuS den Berichten über die «rankhrtt he» Aaren ist so viel zu entnehmen, daß eS den Aerztcn gelungen ist, durch wiederholte Punclationen der angeschwollenen Extremitäten vorübergehende Erleichterungen zu schaffen und daß die NahrungSausnabme eine befriedigende ist So dürfte eS möglich sein, da« Leben deS Kaiser« noch bi« zur Taufe und der Vermählung der künftigen Zarin zu verlängern. Daß beide Acte noch nicht vollzogen sind, hat zu der Nachricht Veranlassung gegeben, Prinzessin Alix weigere sich beharrlich, ihren bisherigen Glauben nach dem vorschriftsmäßigen «nodalen RiluS zu verfluchen. Wie indessen glaubwürdig de richtet wurde, bat man schon vor der verhängnißvollen Wendung i» der Krankbei» deS Kaiser- darauf verzichtet, der charakter- vollen protestantischen Prinzessin derartige- anzusinnen, ja eS wird versichert, daß die Taufe überhaupt beim UebertriN von einem christlichen Bekenntniß zum orthodoxen Glauben gar nicht wiekcrbolt werde und nur die Ablegung de« neuen Bekenntnisses ob»e die sogenannte Verfluchung verlangt werde Sicher bandelt r- sich nur um einen Aufschub von wenigen Tagen, den man nach der anstrengenden Reise der Prinzessin, nach den Erschütterungen der letzten Zeit und namentlich beim Wiedersehen am Sterbelager Alexander- Hl. sowie bei dem bedenklichen Zustand der Kaiserin um so cbcr ich gönnen zu können glaubt, al- die Aerzte anscheinend mit einer unmittelbar bevorstehenden Katastrophe nicht mehr zu rechnen scheinen. Wir glauben übrigen« nicht, daß eS beabsichtigt ist, die Vermählung in Gegenwart de- KaiscrS vorziinebmen; ein solcher Act würde voraussichtlich den Kranken derartig erregen, daß man daS Allerschlimmstc während der heiligen Hantlnnz selbst befürchten und, wenn eS einlräle, sich hinterdcr te»i Vorwu,s machen inüßle.dicKatastropbcbeschleunigl zu babe». — WaS die T hro» so l g c o rd n un g betrifft, so dürsten folgende Angaben von Inlercssc sein: Nach dem Fainiliengejky Kaiser Pauls a»S dem Jahre 1797 ist der russische Kaiserlkro» erblich im Kaiserkause nach dem Erst geburt-rechte und der Liucarfolge mit dem Vorzüge de- inäiiiilichen Geschlecht« »nd der männlichen Linien vor den weibliche». Mitglieder deS Kaiserhauses und in Folge dessen erbberechtigt sind nur diejenige», weiche auS einer recht mäßigen ebenbürtigen Ebe absiamiiicn, deren Eingebung von dem damals regierenden Kaiser genebmigt wurde. Nack, dem Tode de- regierende» Kaisers besteigt der Tbronsolger den Tbron sinn si»«', und die gesammle kaiserliche Machlbesugniß gebt ohne Weitere« ans >b» über. Dem Volke wird die Thron besteigung durch ein Manifest verkündet. Diese- Manifest wird dem Senat zur Verösscnllichung übersendet und das selbe dem Senat und dein Synod im SitzungSsaalc de» ersteren, in welchem ein kaiserlicher Tbro» errichtet wird, vorgelese». Nack, der Verlesung de- Manifestes verfügt der Senat dessen Verösscnllichung und die Eidesleistung sämmt sicher inännlichen Untertbanen vom zwölften Iabre an, woraus der Senat und der Synod den Treueid leisten. An dem selben Tage leisten auch die Mitglieder de- Kaiserhauses, die Minister, die Rcichsbehörten und die Truppen der Garde, die Behörden und Beamten den Eid der Treue. Der Eid wird niündlich geleistet. Die Krönung findet in Moskau in Gegenwart der höchsten Neichsdcamlen, Be Hörden und der Abgesandten der Provinzen, auch Polens und Finland«, de- Atel«, der Bürger und Bauern statt. Vor der Krönung spricht der Zar da« nicänische Gla»be»«beken»tniß, um seiner Zugehörigkeit zur russischen Kirche Ausdruck zu verleiben, woraus er sich die Krone auffetzt, den Purpnrmantcl umbängt, da» Schwert umgürtct und Scepier und Reichsapfel rrgrcijl, um zu docu- menliren, daß seine Macht ibin vo» Niemandem übertrage» sei. Ter Kaiser und der Thronfolger können eine Ehe nur 37) Fruillrtsn. Der goldene Mittelweg. Roman von Erich Roll. Tii-druL verbot«». (Schluß.) Die Reihen blanker Goldfüchse Halle er schon auf- gczählt gesehen; sie schmolzen nun in der FeuerSglutb — unv auch die schönen bunten Banknoten mit ihren gewichtig großen Ziffern — Alles war dabin; da- Ansehen »nd der Stolz, den er besaß, und die Hoffnung auf künftigen Glanz, auf künftige Herrlichkeit. . . Alle» fraßen die Flammen, sein Lebensmark sogen sie auS, und er war machtlos, nicht» al- ohnmächtige Wutb, die ihn schüttelte, war ihm gegeben. Keiner fand sich, der rettete, wa» noch zu retten war! Dazwischen hinein beulte nock, immer die Sturmglocke, Schlag um Schlag, da» klang wie Grabgeläute, und drüben über den Bergen gaben die Nachbardörser die Töne weiter. Die Menschen rings im weiten Boßrn summten und die Feuer- garben zischte» und fauchten, und immer böhcr und glühender stieg die FeuerSbrunst zum taghell erleuchteten Himmelsbogen empor. Da plötzlich fühlte Winkler sich beim Arme gefaßt. „Laßt mich, laßt mich!" brüllte er auf, „Alle- verloren! Ich mag nicht zurück! Mag » mich auch verzehren, daS Feuer, cS hat mir Alles genommen!" „Mein Weib, mein liebe- junge« Weib!" schrie da plötzlich eine Stimme neben ihm, und er fuhr endlich, wie au- einem bangen Traum zur rauhen Wirklichkeit auf und er starrte in da» entsetzlich verzerrte Gesicht de- jungen Baron«. „WaS giebt'S, WaS?" lallte Winkler. „DaS Feuer hat unser Hau- ergriffen!" stöhnte Felix auf, „eS ist von einem Flammenmeer umloht — dir Leute sagen, eS sei vergeblich, »och Jemand zu retten!" „WaS? Wie?" murmelte Lebrechl Winkler, während seine Stimme nur mühsam über seine Lippen dringen wollte, „die Eva, mein Herzenskind, sic ist in Gefahr?" Doch da wartete er nicht die Antwort ab. Die Todes angst verlieh ibm neue Kräfte, er sckinellte zur Seite und eilte in weitem Bogen um die Feuerstätte herum, um nach der mit dem Rücke» sich eng an den Lagerplatz anlchnenden Billa zu gelangen. „Entsetzlich . . . entsetzlich!" murmelte er dann plötzlich und mußte sich daun aus den selbst wie trunken schwankenden Felix stützen, um nur nicht umzusinken. Seine Augen erblickten da» kaum umgangene Flammenmeer wieder; eS batte sich, von dem lebhaft angesachten Wind begünstigt, über die an dieser Stelle nur schmalen Reihen der LebrnSbäumr binweg aus die prunkvolle Billa geworfen und diese schon mit feurig züngeln dem Flammenstrang umschlossen. Alle- drängte den Unglücklichen nach. Man schrie durch einander, bleiche« Entsetzen hatte Jeden erfaßt. Obgleich schlotternd an allen Glieder», raunt« «S Einer de« Loderen u, daß in der stolzen Billa drinnen noch die junge, kranke zrau liege, seige verlassen von der Dienerschaft, die kopsloS bei dem ersten Feuerrufe in alle vier Winde zerstoben war. Da plötzlich ging ein Aufschrei durch die Menge, Alle- deutele nach dem Erker de» Oberstockes; da hielt aber auch schon ein Jeglicher den Athem an und starrte und blickte wie gebannt. . . „Eva. mein Weib, mein Liebling!" schrie Felix auf, dem Umsinkcn nahe, denn eben batte er hinter den Fensterscheiben, die goldigroth von den züngelnden Flammen erleuchtet waren, die Gestalt seine» jungen Weide- mit flehend gerungenen Händen zu erblicken geglaubt „Meine Eva . . . IcsscS, sie ist verloren!" schrie Winkler. Aber nur einen Augenblick hindurch blieb er faffungSlo- steben, dann reckte er sich auch schon auf. „Leitern herbei!" schrie er mit starker Stimme, „mag Alle» zu Grund sonst geh n ... da» arme Weib muß gerettet werden!" Von Lippe zu Lippe pflanzte sich der Rus fort, die Feuer wehr war längst mit ihren Geräthschasten herbeigekommen, aber auch an dieser Stelle drohte da- übermächtige Element allen ihren Lemübungen zähen Widerstand zu leisten. Je mehr Waffergarben gegen da- gleichzeitig von allen Seiten brennende Hau- geschleudert wurden, desto gewaltiger lobten die Flammen empor. Tie Unglückliche im Oberstock de» Hauses schien verloren zu sein! Endlich waren Leitern hcrbeiaeschafst. Winkler selbst faßte an, er schleppte die Leitern mit heran. Man lehnte sie gegen den zum Glück rorspriugeoden und dadurch einen guten Stützpunkt bildenden Erker, der nicht sofort von den Flammen ebenfalls ergriffen werden mochte; ein muthiger Mann klomm unter dem athemlosen Schweigen der Menge empor, aber er mußte wieder zurück, denn eine Stichflamme hatte seine Kleider versengt und ihm Verletzungen an den Händen bei gebracht. Mit jeder Secunde wuchs die Gefahr; nur noch wenige Minuten mochten verstreichen, dann hatten die unab lässig wachsenden Flammen unfehlbar auch die Leiter ergriffen und verzehrt. Verschiedene wollten den jungen Baron zurückhaltcn» der sich nun wie rasend auf die Leiter stürzte. Es sei offenbar Selbstmord, sich in da» Flammenmeer zu stürzen, hieß e«. DaS Feuer, überall gesräßig Nahrung findend, breitete sich immer weiter au», da hals kein Dämmen, kein Dagegen stemmen, eS trat aiS triumphirrnder Sieger auf. Felix hatte die Leiter erreicht, die erste, zweite, dritte Sprosse strebte er empor, da betäubte auch ihn der Rauch und er brach mit einem Webeschrei zusammen, eben noch rechtzeitig von einigen ihm zur Hilfe eilenden Männern Wickler sah «S mit Entsetzen, daß alle Bemühungen ver geblich blieben; mit irrem, wahnwitzig aufleuchtendrm Blicke schaute er sich um, dann wandte er sich mit zusammeugefalteteo Händen an dir Zunächststehrodea — .Rettet, rettet mein EverlI Hort Ihr? . . .", gellte er ans. „Ich will Euch zulieb thnn. Alle«, WaS Ihr nur wollt ... Aber rettet da« arme jung« Weib I" Die Umstehenden suchten ihm durch Gesten zu verstehen zu geben, daß er Unmögliche» verlange. Man spraw aus ib» ein; aber mit weitgeöffnelen Lippen und blödem Ausdruck im Gesicht körte der Bauer vcrständnißloS auf sie. „Mein H.'b und Gut, ich geb' e« Euch", barmte er wieber. .Tausend Mark einem Jeden . . . zehntausend . . . wa» sag' ich, Alle-, WaS ich noch besitze . . . rettet mein Enkelkind!" Nur ein dumpfe- Gemurmel der Menge antwortete ibm. Haghast blieben Alle thatlo« sieben. Ta kam ein wahnwitziger «Lchrei über seine Lippen. Er nahm die letzte Kraft zusammen unv taumelte von Neuem nach der Leiter. In diesem Augenblicke suhlte er sich aber auch schon bei seite geschoben. Ein bleiche- Männerantlitz, mit unbeugsamem, festem Entschluß in den vom lodernden Flammenmeer hell- erlcuckteten Zügen erschien neben ihm. „Erich . . . Erich . . murmelte Winkler, der sick nicht Rechenschaft darüber gab, wie der Verstoßene plötzlich an seiner Seite aufkauchte. Er faßte mit beiden Händen den Arm de- Enkels. „Deine Schwester ist«, die Eva. dort oben ... die ist verloren . . . rette Du sie und ich will Dir auf meinen Knien Alle« abbitten, WaS ich Dir je in meinem Leben angcthan!" „Gott wird mit mir sein!" flüsterte der junge Mann mit zuckenden Lippen, der aus de« Alten Rede kaum gekört hatte; dabei schaute er sich hastig um. Mit starker Stimme gebot er den verdutzt Dastehenden, ihm einen nassen Sack um die Schultern zu legen. Einen zweiten nahm er in die Hand, dann war er auch schon die Sprossen der Leiter empor, »n nächsten Augenblick verschwand er den Blicken der Nach schauenden. Die feucrdurchglühten Rauchwolken wirbelten hoch auf. Die kostbaren Model im unteren Stock de- Hause» boten dem yierigen Elemente willkommene Nahrung, da« Polsterwcrk gab, indem eS ankohlte. einen widrigen, stinkenden Rauch von sich und ein zäher, dicker, schwärzlicher Qualm wirbelte immer siegreicher empor. Nun hörte man da» Klirren von Fensterscheiben. Tie bange, athemlose Spannung, welche aus der zuschauenden Menge gleich einem Banne lag, wucb« immer mehr. Einzelne AuSruse wurden laut, dir sich von Lippe ru Lippe fort pflanzten. — ,Er lebt noch... er lebt!" hieß eS. Man konnte noch immer nicht daran g'auben, daß da» tollkühne Unterfangen von Erfolg gekrönt werden konnte; aber dock wollte sich wieder leise Hoffnung allenthalben regen. Lcbrecht Winkler stand in der vordersten Reihe mit weit- zurückgebogenrm Kopse, die Lände gegen den Himmel gefaltet, und se.ne lautlosen Lippen schienen zu beten. Wieder verstricken banae Secuoden, dann wurde ein krachendes, donnerartig aoschwelleudeS Geräusch hörbar — ein Theil de« Hause« war emgrstürzt, aum sah die Mauern schwanken. Ein hundcrtstimmiger Ausschrei wurde in der Menge laut. „Es ist zu spät!" schrie Felix aus, während unsagbarer Jammer seinen Körper schüttelte. .Mein Herzblatt ist verloren . . Herrgott, schlag' «ich zu Boden in Deinem Zorn . . aber lass' sie leben!" murmelte Winkler, wie wahnsinnig sich geberdend. Tann herrschte wicter durch Sccundcn lautlose- Schweigen. Ein kurzes, prasselnde- Krachen machte wieder ei» jede« Herz erzittern Neue Todtenstille folgte; in diesem Augen blicke krack Winkler in die Knie nieder, er rauste sich sei» Haar und streckte dann wieder die gefaltete» Hände zum Himmel empor. „Herrgott im Himmel!" stöbnte er aus. „Vor Dir liege ich im Staube! . . . vernickle mich, laß mich zu», Bettler werden, mach, daß ick elender sei wie der Aermüe im Dorf ... ich will mich ohne Murren unter Deinen Willen beugen . . . nur laß sie leben, die meines Herzen- Sonne ist . . . ich kann ja nimmer ohne die Eva leben!" Seine Stimme brach; mit irrem Blicke streifte er den nächtigen Horizont. Tann plötzlich ging ein hall-erstickter Schrei durch die Menge man faßte sich bei den Armen und deutete nach dem zuweilen durch den dichtwirbelnden Rauch durchscheinenden Erker, an dem eine dunkle Gestalt sichtbar wurde. „Er kommt ... er hat sie im Arm .. Hurrab .. Hurrah!" schrie c- von allen Seiten. Durch den wirbelnden, stickigen Nauck sah man nun wirklich Erich, der eine weibliche Gestalt, innig an sich ge- schlungen, sorgsam die Leiter hinuntertrug. Sprosse um Sprosse schritt er schwankend und, wie es schien, der Lust beraubt, binunter. Jetzt wieder schrien Einzelne ans. Die noch stehenden Gebäudemauern waren von Neuem i»S Schwanken gekommen; auch die Leiter begann zu zittern, in ibrei» oberen Theil hatten sie schon die Flammen ersaßt, dir gierig an ihr herunterzüngelten. Eine gräßliche Angst durcdbebte die Zuschauer; sollte im letzten Augenblick noch da» Rettungswerk mißlingen? . . . Da schnellten aber auch schon Zahlreiche vor, die Gefahr nicht achtend , sie ließen sich von den Flammen versengen und hielten die Hände dem Herunterstcizenden entgegen. Es war auch die höchste Zeit gewesen — bewußtlos brach Erich in diesem Augenblicke auf der untersten Leitersprosse zusammen. AuS seinen Armen nahm man dem Ohnmächtigen die ebenfalls bewußtlose junge Frau, die niit verzweiflung-voll zusauiiiiengelczlc» Hände» ein liebliche» Kind eng an die Brust gedrückt hatte. DaS RettungSwerk war geglückt. Man schasste den Retter und die Geretteten au» dem Flammeiidcreich, und dann ging ein zitternde» Weinen durch die Reiben der Weiber, die sich berbeigedrängt hatten, um der armen jungen Fra» beizustehrn, und ein befriedigte» Murmeln durch der Männer Reiben. Wie von Sinnen aber lag Winkler neben seiner Enkel tochter ans den Knien, er rief sie mit de» zärtlichsten Namen, weinte und schluchzte »a einem Athem, er beschwor sie, die Augen zu öffnen, zu neuem Leben zu erwachen. Ein Mao» faßte ihn plötzlich von rückwärts bei de» Schulter». »Muth, Bürgermeister, e« wird noch gehen . . . di« Feuerwehr von den Nachbardörser» ist angerückl . . . fi
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