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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.11.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-11-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18941102020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894110202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894110202
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- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
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m «Ar A» «» Stadt. «c«te» enichtrteu Au«. jgeholt: viertrljichrlich^l4L0, täglich« Zustellung in» Durch dir Post bezogen für «d Oesterreich: vierteliibrlut, Direct« tLgliche Krenzbondiendung ^ ^ Lu-laud: monaUich ^ ? b0. / Abend-Ausgabe. Ledicliou »«tz LrpedMo«: Satz»»»-«««»« 8- /ilialea: «tt» Me»«'« Larli«. (Alfred Ha hu), ^ UniversitLt-stratze 1, Loni» L»f«e. laHariucaftr. 11, Part. u»d König-Platz 7. LMM Tagtblick Anzeiger. Lrgan für Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. Sluzeigen-AretA dk S gespaltene Petitzeile K> Pftz. Neclame» »ater Am RrdacttonSstrich (Igo, fpntte») SO-C- vor dea FomMeaunchrichk» (6 gespalte») 40-L- SrSger« Schriften laut unserem Preis» »erzeichnih. Tabellarischer uud Merksatz nach höherem Tarif. Gplr«-vrilagcn (gesalzt), nur mit der Morgen-A»«a°de. ohne Postbesördernag » M —, mit Postbesördernag ^ 70.—. ^»nah«eschl>8 für Iinzeige»: >b«»d.Av»gab«: Vormittag« 10 Uhr Äiorg«n-Au-gad«: Nachmittag« 4Uhr. Sonn- and Festtag« früh '/,S Uhr. Bei dea FUialea und Annahmestellen je ei»« halb« Stand« früh«. Anzeige» find stet« an dt« Ggtzedttt»» za richte». Druck nah Verlag vo» E. Pol» t» Leipzig 5«l. Freitag den 2. November 1894. 88. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig, 2. November. Da- furchtbare Leiden vou dem gestern Nachmittag Kaiser Alexander III. »au Rußland durch den Tod erlist worden ist, hatte schon längst auf einen solchen Ausgang vor bereitet. Und doch wirkt die Todesnachricht erschütternd, weil sie einerseits die Hilflosigkeit irdischer Mackl gegenüber dem Vernichter alles Erdenlebens auf das Eindringlichstezur ' Erkenntniß bringt und weil andererseits die durch den Trauerfall geschaffene politische Lage, vorläufig wenigstens, rer Brurtheilung des großen Pnblicums sich entzieht. Es ist in den letzten Wochen oft genug in den Blättern des Zn- und Auslandes hervorgeboben worden, welches Gewicht die Persönlich keit de» dahiazeschicdenen Herrschers in die Waage der Geschicke Europas, ja der Welt geworfen. Man hat es in all den Kreisen, ^ die es mit der Sache des Friedens und der gesellschasl- .icheu Ordnung ehrlich meinen, dem Verstorbenen zum hoben, »leibenden Verdienste angercchnet, daß er, schlichten, geraten, ^ehrlichen Wesen», für die dunklen Machenschaften politischer Ränkeschmiede nicht zu haben war und den Kriegskreibrreicn, mochten sir nun innerbalb Rußlands oder außerhalb ihren Sitz haben, niemals bestimmenden Einfluß aus seine selbst- herrlichen Entschließungen gestattete. Diese Anerkennung wird de« Berstorbenen insbesondere auch in Deutschland bereitwilligst gezollt, wo man sich nickt verhehlte, daß die engen Beziehungen, welche beide Nachbarreiche zu Lebzeiten Kaiser Alexander s ll. verbanden, unter der Regierung seines Nachfolgers eine entgegengesetzte Richtung einruschlagen schienen, bis der Abschluß des deutsch russische» HaadelSvertrage- einen grundsätzlichen Um schwung einleitete. B«i dem gänzlichen Mangel fester An baltSpuucte dafür, wie die politische Entwicklung an der Newa nach dem RegierungSantrktt Kaiser Nico lau»' II. sich gestalten werde, müssen Hoffnungen und Wünsche deren Stelle ausfüllen. Wie diese Hoffnungen und Wünsche be schaffen sein müssen, lehrt ein Blick auf die internationale Lage. Diese hat, soweit e« sich um Erhaltung, bezw. um behüt samt, den Faden der Kontinuität festhaltendc Fortentwickelung bandelt, zu einer wesentlichen Voraussetzung den Bestand einer s.sten, sÜr Ordnung im Inner», für Frieden nach Außen sorgenden russischen Regierung. Daß cS Deutschland» Schuld nicht sein würde, wenn die Hoffnung, Rußland möge den schwere» Schicksalsschlag ohne ernstere Nachwehen überstehen, unerfüllt bliebe, bedarf keiner ausdrücklichen Bersichcrung. Die herzliche Theilnahme, welche Kaiser Wilhelm, die deutschen Fürsten und das deutsche Volk den lcidensvollcn Vorgänge» in der russischen Kaiserfamilic widmeten und zu widmen sortfahrcn, die Vermählung einer deutschen Prinzessin mit dem jetzt regierenden russischen Herrscher und endlich, um auch das politische Moment nickt zu vergessen, die noch in den letzten Lebenslagen de» dahiizaeschiedcnen Monarchen bewirkte Auf hebung des Verbotes der Lombardirung russischer Werthe, sind cbensoviele und gewichtige Bürgschaften de» überall in . Deutschland genährten Wunsches, die kommende Gestattung der russischen Dinge möge zur vollen Wiederherstellung der guten frcundnachbarlichci, Beziehungen der beiden Reiche führen, welche sich in kritischen Tagen schon so manche« Mal zu beiderseitigem Nutze» und Frommen bewährt haben! Wer sich etwa der Hoffnung hingegeben haben sollte, daß nach der fo lange vorbereiteten, so plötzlich cingelrctcncn und so rasch gelosten Ne»ter««g»krtst» nicht nur ein Stillstand in dem Parteikampfe, der eine wesentliche Folge der schleichenden Krisis war, eintreten, sondern auch eine An näherung der gemeinsam von der Nmsturzbewegung bedrohten Parteien sich aubahnea werde, sieht sich bitter enttäuscht. Wenigstens in der Presse dieser Parteien — wenige Aus nahmen abgercmnet — wird fortgekämpft. Auf die von na- tionalliberaten und freies nservativen Blättern geäußerte» Wünsche und Mahnungen, c» möge sich nunmcbr ei» Zusamiileiiswluß der gemäßigten Elemente zu gemein samem Wirken, namentlich in Sachen der Bekämpfung der Soeialdcmotralie, vollziehen, antworten die führenden Organe der d eutsch - c o n s e r v a t i v e n Partei mit einer schroffen Absage. „Eine Cartelpolilik". so schreibt der conservalivc „Reichsbote", „wie sie die mittelpartcilichen Organe verfolgen, die allen Maßnahmen die innere Kraft, die Zeugungsfäbigkeit neuer Verhältnisse nimmt, machen wir nicht mit." Insbesondere leugnet die „Krcuz-Ztg.", daß in der Haltung der Agrarier eine Aenderung eintreten könne: „Nach Personen und Programmen fragen sie schon längst nicht mehr, sondern nur nach Tbaten. Diese Thatcn aber müssen doch erst kommen." Die agrarische „Tageszeitung" predigt eine energische Agitation, zu Kleinmuth sei jetzt keine Veranlassung mehr. Die „Eorrespondenz des Bundes der Laiidmirlhe" hoff», aus dem Personenwechsel Werve auch ein Systcinwcchsel eintreten, und schließt seine Aussübrunz mit den Worten: „Wir warnen davor, die hoffenden Herzen zu enttäuschen!" WaS die Herzen der Agrarier hoffen, das baden ihre Blätter in den letzten Tagen deutlich gesagt: Reformen der Spiritus- und Zuckerstcuer, Steigerung der Gctreidcpreise ü Ia Antrag Gras Kanitz, Audienz des Vor standes dcS „Bundes der Landwirtbe" beim Kaiser. Daß unter diesen Umständen die „Nordd. Allgem. Ztg." klug und im Sinne des Fürsten Hohenlohe handle, wen» sie den conscrvativen Agrariern den Wertb ibrer Partei für die gedeihliche innere Entwicklung besonders vorsührl uud dadurch da» obnebiu schon hochgespannte Selbst gefühl noch mehr steigert, glauben wir verneinen zu müssen. Die Entscheidung — darin stimmen wir mit der „Krcuzztg." überein — in dem einen oder anderen Sinne werden die Handlungen der Regierung geben. Um so mehr ist zu wünschen, das Fürst Hohenlohe gleich bei seinem ersten Auf treten im Reichstage und bei seinen ersten Vorlagen jene glückliche Hand erkcnarn läßt, die er schon oft bewiesen hat und vou der eS ganz wesentlich abbängt, ob die Parteiführer fürchten müssen, von ihren Anhängern verlassen zu werden, wenn sie dem Streben de» Fürsten nach Sammlung aller staaterhaltenden Kräfte aus engherzigem ParteicgoiSmuS »ntgegenwirken. Der Astrtaner AmtSschilderstrctt kann heute in der Hauptsache als beigelcgt betrachtet werden; er hat nicht zu der befürchteten Krise in der Eoalition geführt, aber eS hat nicht viel daran gefehlt. Das Versprechen, daß der Auftrag zur Anbringung doppelsprackigcr AmtStaseln in Istrien werde zurückgezogen und der frühere Zustand einfach werde wicdcr- bergestellt werden, bat die Regierung allerdings den italieniichcn Abgeordneten aus Istrien nicht gegeben. Allein eS ist in Aussicht gestellt worden, daß die AmtStafclverordnunz wenigstens ihres allgemeinen Charakters werde entkleidet werden. Die Regierung bcbält sich vor, bezüglich der Orte, in denen zweisprachige Tafeln noch nickt angebracht sind, die Entscheidung mit Berücksich tigung jedes einzelnen Falles zu treffen, was wohl so viel bedeutet, daß in den rein oder überwiegend italienischen Städten die alten italienischen Amlsschilder aus ibrem Platze bleiben werden, nur in Pirano, wo die Regierung befürchtet, daß Nachgiebigkeit als Schwäche gedeutet werben könnte, weil dort die Bevölkerung mit Gewalt zu erzwingen versucht hatte, was die Regierung in parlamentarischer Verhandlung den anderen Städten freiwillig gewährte, soll zur Wahrung der staatliche» Autorität daS doppelsprachige AmtSsck ilv am Bezirksgerichte angebracht werden. Die beiden italienischen Abgeordneten aus Istrien, Bartoli uud Rizzi, werden vermuthlich in Folge dieser für Pirano ge machten Ausnahme au» dem Eoronini-Club anStreten, viel leicht sogar ihre Mandate niedcrlegen; in Pirano selbst wird wahrscheinlich noch durch längere Zeit die StaatSaulorität der militairischen Unterstützung nicht entbehren können; aber die Hoffnung wenigstens ist begründet, daß die italienische Be völkerung in Iltrien sich mit dieser Entscheidung, welche im Wesentlichen ihrem Wunsche Rechnung trägt, zufrieden geben werke, und in jedem Falle ist der Abfall des Coronini-Elubs von der Coalition und dessen vollständige Auflösung, die schon bcinabc beschlossen waren, nicht »lehr zu befürchten. Das aber bat der Verlauf des Streites aus eine sehr em pfindliche Art gezeigt, daß eine Regierung, welche sich die Erkaltung de» nationalen Frieden« ausdrücklich zum Ziel gesetzt hat. auch vor der geringfügigsten Verletzung LcS nationalen «latus quo sich hüten sollte, zumal in Öeslerreich mit seinen eigenartigen Bevölkerungsverhältniffen. Ueberall hat die Nachricht vom Tode des Zaren innige eilnabme und Bewegung erweckt. Auch in Frank reich k Aus den Pariser Boulevards bat allerdings die TodeS- künde „ungeheure Aufregung" hcrvorgcrufen; daß diese aber weit weniger der Ausdruck aufrichtigen, rein menschlichen Mit empfindens, als der Bcsorgniß um die Gestaltung der Zukunft war, dafür spricht der lakonische Zusatz deS Telegraphen: „Trotz der Todesnachricht fingen die Tbcaler ruhig an zu spielen." Dieses geradezu scandalöse Vor> kommniß laßt tief blicken und wird in Petersburg nicht un beachtet bleiben, ebenso wenig wie daS deutsche Gegenstück: die Abbestellung der Hubertusjagd durch Kaiser Wilhelm beim Eintreffen der letztcnschlimmcn Nachrichten aus Livadia vom Vormittag de» l. November. Ein wie seines Ge fühl man in den politischen Kreisen Petersburg» für derartige Dinge hat. und wie offen man sich dort darüber au-spricht, haben wir ja erst vor wenigen Tagen gelegentlich der Auf hebung des deutschen AnleiheverbolS für russische Werthe und der Ausnutzung der Krankheit de» Zaren seitens der Pariser Börse zu niedrigen SpeculationSzweckcn gesehen. Es verlohnt ',«ch l, rr, nachzutragen, welche Betrachtungen der „Grashdanin" an diese in ihrem ausfallenden Gegensatz so ungemein drastisch wirkenden politischen Ereignisse knüpfte. Da» in der Zaren- iamilie gern gelesene Blatt des mitunter recht sreimüthigen Fürsten MestschcrSkv schrieb u. A.: „Unzweiselhast ist Eins, nämlich daß Kaiser Wilhelm immer mehr und klarer zu zeige» bestrebt ist, welchen Werth er guten Beziehungen zu Rußland und der Verehrung unseres Kaisers beimißt. Und darüber kann man sich ohne Zweifel freuen, da diese Liebe zu unserem Kaiser ans dem Bersländniß jür seine großen Eeeleneige». schallen beruht. Kaiser Wilhelm lasst jetzt keine Gelegenheit vorüber, gehen, seiner Belehrung sür unsere» Kaiser Ausdruck zu geben, und oll« diese Kundgebungen trage» den Stempel de« Herzeastactes. Als Professor Leyden zum zweiten Male die Reise zu unserem Kaiser ontrat, sagte Wilhelm II. zu ihm: „Losten Sie Alle bier liegen und reisen Sie; ich erlheile Ihnen unbeschränkten Urlaub: bleiben Sie beim Kaiser, bis er selbst Ihnen gestattet, heimzureiseu." Wahrend bei dem Fürbitle^ÄotteSdiensl sür unseren Kaiser in der russischen Kirche zu Pari«, der in Gegenwart unseres BolichasterL slaltsand, die dortigen Herren Minister zu erscheiuen eS sür zu umständlich hielten, und btos einige von ihnen irgend welche Vertreter sandten, wohnte in Berlin dem in der dortigen Botlchastskirche aus gleichem Butaß veranstalteten Gottesdienst Kaiser Wilhelm persönlich bei, mit allen Prinzen seines HaujeS und mit allen Vertretern der Regierung und deS Heeres; täg lich erhält der Kaiser Nachrichten über die Gesundheit unseres hohen verehrten Kranken, und als er vor drei Tagen eine Depesche von Professor Leyden darüber erhielt, daß dieser in dem Zustande des Kaiser» eine gewisse Wendung zum Bester« constatiren könne, da fuhr Wilhelm II. sreudestrahlend zu unserem Botschafter, dem Grafen Schuwalow uud indem er ihm die gute Nachricht mittheilte, bat er ihn, hierüber sofort dem Minister des Auswärtigen ia St. Petersburg zu leiegraphireu. Ich taste mich au keine psychische Analyse dieser Thatsachen eia. aber man trägt >e in unserer an Enttäuschungen io reichen Zeit mit Vergnüge» in die Chronik de- Tagesleben« ein." Auch un« fällt es nicht bei, weitgehend« Hoffnungen aus den Stimmungswechsel io Petersburg zu setzen — noch hat ja Zar Nicolan« nicht gesprochen — aber auch wir tragen denselben mit Vergnügen in die Cbronik de- Tage- ein in der Hoffnung, daß gerade die Vorkommnisse beim Hinscheiden Alexander« III. nicht so leicht au« dem Gebächtniß der Russen verschwinden werden. Ein Tag sagt e< dem ändert» ... Zur spanischen MinisterkrisiS wird un» heute tele- grapb'sch gemeldel: In einer gestern zwischen Sagasta und Gamazo stattgehabten Conscreuz wurde völlige Verständigung erzielt über da« Pro gramm hinsichtlich der Zolltarife, Marokko-, der Colonial- reformen und des Budget«. Man glaubt, da- Labinet wird am 3. d. M. gebildet werden können. Gamazo, oder an seiner Eti!>e Maura, wird in da« Cabinet eintreten. Das wäre eine Bestätigung der Nachricht spanischer Blätter, daß Sagasta sich von der schutzzöllnerischen Obrrströmung habe sortreißen lassen, uud eS kann kaum noch einem Zweifel unterliegen daß ein so gefärbtes Ministerium an» Ruder kommen wird, in welchem sür den sreihäntlerischen Minister des Aeußern, Morct. kein Platz mehr wäre. Ebensowenig kann jetzt noch ein Zweifel darüber walten, daß die Krisis ibrcn AnSzanzSpunet im Zollkrieg mit Deutschland hat. Wenn nun der schutzzöllnerische frühere Finanzminister Gamazo oder sein GesinnungSgcnoste Maura in da» neue Ministerium Sagasta rintritt und einen maßgebenden, durch die Gegnerschaft Morels nicht mehr gebemmten Einfluß darin gewinnt, so ist die Wahrscheinlichkeit groß, baß die Handelsverträge mit Italien. Belgien, Oester reich Ungarn, Rußland, England und die Verlängerung de« Abkommens mit Frankreich ebenso in die Brücke geben, wie der Handelsvertrag mil Deutschland. AlSdaun würde Spanien bändel-politisch vollkommen vereinsamt sei», denn fall» die von Moret vertretenen politischen Elemente in dem neuen Cabinct keinen Platz finden, dürften sich, wie schon gestern hervorgeboben wurde, auch bezüglich de» Abschlüsse» neuer Handelsverträge Schwierigkeiten ergeben. Die Beendigung der Krisis wird bestimmt morgen erwartet. Immer aussichtsloser gestaltet sich sür China die Kriegs lage in Lftafte«. Uebe»all, wo Chinesen und Japaner einander feindlich begegnen, werden crstere io die Flucht ge trieben, wenn sic nicht schon vorher, von bleicher Furcht ergriffen, da« Feld räumen. Wenn selbst die comniandirende» Generale, wie der Fall der Herren ?)et> und Web darthut, wegen Scklafsbeit und Fcigbcit kriegsgerichtlich cassirt werde» müssen, so rechtfertigt diese Tbatsache die schlimmsten Vorstellungen, die man nur immer von den Zuständen in den tieferen militairischen Regionen hegen mag. Tie am Aal» slusse mit Hilfe europäischer Ingenieure bergcslcllten Be jcstigungen erwiesen sich aiS eine wcggeworsenc Arbeit und Mühe, weil sie von ihren Verlheidigcrn beim ersten Anblick deS berannabenden Feinde« in panikartiger Flucht geräumt wurden. Die chinesischen Lsficiere baden keinerlei moralischen Einfluß aus ihre Leute, wobt jedenfalls, weil sie selber nicht sonderlich mehr taugen. E» wäre möglich, daß die Be satzung von Port Arthur etwa« mehr für Rettung der chinesischen Waffenehre »hüte, als daS im freien Felde operirenve Heer. Denn Port Arthur, auf allen Seiten von den japanischen Belagerern eng ccrnirt, bietet keinerlei Möglichkeit rcS Entrinnen«. Die Erstürmung Port Arthurs dürste sich demnach zu der blutigsten Asfaire in dem bisherigen Verlause de» ostasiatischeu Krieges gestalten. »1 ^erlittet»«. Monsieur Xaver. . Eine altmodische Liebesgeschichte von Moritz v. Reicheubach. Raddruck »rrbotk». (Fortsetzung.) Er ueigle sich plötzlich dicht zu ihr. .Lstenu Sie wirklich Theil an meinem Geschick nehmen", Lagt« er, „so gebieten Sie mir, die« Hau» zu verlassen und — Sie zu stieben!" Elisabeth erblaßte bis in die Lippen. Auch sic süblte in diesem Augenblick, daß eS nur ein Entweder-Oder für sie beide gab — Trennung oder Vereinigung. Die lustig« FrcundschaslSbrücke, welche sie über den trennenden Abgrund batte bauen wollen, fiel in Trümmer. Elisabeth sank auf die Buok am Fuß der Eiche, Xaver warf sich, von seinem Gefühl hingerissen, vor ihr auf den Waldbodeu. „Elisabeth", rief er, „o vergicb mir» aber ich kann nicht ander» l Ich Hab Dich ja geliebt vom ersten Augenblick an, als ich Dich sah — und nur um so mehr geliebt, weil ich wußte, daß Du miglltcklich bist. Uud nun stoße mich vou Dir — die Welt ist groß, ich werde ooch Raum darin finden — aber an Deiner Seite hinlcbeu und schweigen — d«s kann ich nicht länger." Elisabeth oergte sich zu chm. Ihre Augen standen voll Throne». .-iaver", flüsterte sie. Ihre Lippen fanden, ihre Arme amschltmzen sich — Eadbch riß Elisabeth sich los. ,O wein Gott", ries sie, „wie werde ich nun da« Leben ertragen ozne Dich?" ,Obne uich? Wir trennen no» nicht mehr, Geliebte." „Doch, doch, e« muß ja sein — Du mußt sort —" „Za, gewiß, aber mit Dir." Etisabetb schüttelte den Kops. „dein, Xaver, e» war ei» kurzer Traum de» Glücke«, und venu w eine Süude war. so werde ich sie durch die lauge, trostlos» Wirklichkeit büßen, die chm folgt." „Elitzbeth", schrie er aus, .da« ist ja unmöglich, Du kamst Ad darfst nicht bei diese« Mann« bleiben, der Diner «Astrdi, ist —' „Still, Xaver, er ist kleinlich und schwach, aber er verdient nicht» daß ich seinen Namen mit Schmach bedecke, indem ich ihn heimlich an der Seite eines andern ManneS verlasse." „Du hast ihn aber schon einmal verlassen." „Ja, damals batte er mir eine bestimmte Veranlassung dazu gegeben, ich war jung und unüberlegt und — cS war kein anderer Mann dabei im Spiele." „Und weil diesmal Dein Herr spricht, mußt Du ihm nicht um so mehr folgen? Wenn Tu mich liebst, wie kannst Du eS über Dich gewinneu, hier zu bleiben?" ,O Xaver, wenn Du mich liebst, wie kannst Du so in mich dringen, etwa» zu thun, daS ich für Unrecht halte?" „Unrecht? Kann man Liebe gebieten oder verwehren?" „Aber meine Pflicht —" „Du bist nickt die Matter seiner Kinder — eine ge meinschaftliche Pflicht verbindet euch nicht — weshalb willst Du also bleiben?" Schluchzend warf sie sich au Xaver'S Brust, aber unter Thräneo sagte sie doch fest und unerschütterlich: „Wir müssen uns trennen, wir müssen!" Plötzlich ließ Xaver ihre Gestalt, die er umfaßt hielt, lo». Stimmen und Schritte näherten sich dem Platz. „Um Gottes willen, jetzt darf man un» hier nicht treffen!" rief Elisabeth erschreckt. „Und warum nicht?" rief Xaver, ihre Hand fester fastend. „Ich will cS ibm selbst sagen, daß wir un» lieben, und baß er Dir entsagen muß!" „Nein, oeia, wenn Du mich liebst, Xaver, so laß mich jetzt allein." „Du willst e». Mu denn Deinetwegen, so leb' wohl!" .Ilaver!" — Er war schon ia der hrrriabrechendea Dämmerung verschwunden, und von der anderen Seite nähert« sich der Graf mit seinen Hofchargen dem Platz. „Ich habe ihn hierher reiten sehen, gräfliche Gnaden können sich darauf verlassen", sagte der Forstmeister, während er an der Seite seine» Herrn hiaschritt. „Und ich bade Ihre Gnaden dje Frau Gräfin dieselbe Richtung eiaschlagea sehen", fügte 'der Hofmeister bin,». „ES fällt schon dem ganzen Hofpersonal auf. daß dir Frau Gräfin sich niemals von Hochvero Kammerjuagfer begleiten lasse», wenn Sie Ibre einsamen Promenaden macken." Der Gras hüstelte und suchte so schnell als möglich vor wärt« zu komme». Jetzt trat ihnen Elisabeth entgegen. Ihr Gesicht lenchtet« geisterhaft bleich in der fahlen Abend dämmerung, aber sie trug daS Haupt stolz erhoben wie eine Königin. Die beiden Hofchargcn verneigten sich bis zur Erde. „Sie werden sich eine Migräne bolen", begann der Graf in ärgerlichem Tone, „warum gehen Sie zu so später Stunde im Walde spazieren?" Elisabeth blickte ihn stolz au. „Der Tag ist mir zu heiß zum Gehe»", sagte sie, „darum wähle ich den Abend." „Sie haben den Stallmeister Xaver Wohl nicht gesprochen — ich höre, daß der sich auch zu so später Stunde rm Walde Herumtreiben soll." Elisabeth'» Lippen zuckten. „Ich habe ibn allerdings gesprochen", sagte sie mit mühsam behaupteter Ruhe, „er kam, um Ihnen Nachrichten von den Coloaisten zu bringen. Die Leute sind fleißig und haben sich gut eingerichtet, ich habe cS übernommen, seinen Auftrag auszurichten." „So, hm, bm", und undeutliche Worte vor sich hin- niurmelod, ging der Graf dem Lustschloß wieder zu, während Elisabeth mühsam ihre ThrLnen zurückdrängte, uud die beiden ^ ^ ^ >— — lichen Hofchargen in höchster Selbstzufriedenheit dem gräf- Paare folgten. IV. E« war Nacht. Die Fenster des Holzschlößchen» waren dunkel, nur au« der Bodenluke, hinter welcher die „Gemächer" der Meister de» Forste» und Hose» lagen, schimmerte noch ein schwacher Licktglanz. Aber >eyt plötzlich wurde noch eine Kcrre im Zimmer des Grasen sichtbar. Seine Gnaden schlupften aus der Thür und schlichen leise den Eorridor eutlaog, in der einen Hand die Kerze tragend, mit der anderen den türkischen seidenen Schlasrock möglichst fest um seine Taille wickelnd. Bor der Zimmertbür der Gräfin blieb der nächtliche Wanderer sieben, lauschte einige Augenblicke, zum Schlüsselloch herabgebückt, und al« drinnen alle« still blieb, drehte er leise, ganz leise deu Schlüssel herum und steckte ibn in seine Tasche. Darauf murmelte er etwa« von „Vorsicht" und „TeufrlSspuk" und begab sich, befriedigt schmunzelnd, zurück nach seinem Zimmer. Dort trat rr »och einmal an da» Fenster, maß dir ziemlich ansehnliche Entfernung vom Erdboden mit den Augen, dachte an die künstliche KelSpartie unter dem Fenster der Gräfin und meinte beruhigt: .Hinausklettern oder hinauSspringrn kann man da nickt so lttchl, und dir Leiter habe tch einschließeu lassen. So waren wir sür- Erst« vor eine« Rendezvou- sicher. Im klebrigen sollte mir » auf einen kleinen Skandal nicht an- kommen, da» gäbe ein gutes Paroli für meinen Herrn Schwiegervater." Und damit löschten Seine Gnaden da» Licht aut und begaben sich zur Rübe. Hinter der Dacktuke aber blieb e« immer noch bell. Da lagen die beiden Meister auf ihren Betten, rauchten ibre Pseiscn und sprachen manches kluge Wort. Und al- ihre WciShert immer tiefer wurde, da wurden ihre Worte immer langsamer. Sie stellten die Pseifeo auf die Seite, der Forstmeister war überzeugt, daß der Hofmeister da- Licht auslöschen würde, und dieser glaubte dasselbe von seinem Kameraden, und zuletzt führten die Beiden ein muntere» Schnarchduett auf, zu dem da» Licht ganz lustig brannte und sich ordentlich daraus zu freuen schien, daß eS nun bald die hübsche Papiermanschetle erreicht daben würde, welche Mademoiselle Nanctte, die Kammerzofe, darum gefaltet hatte als Beweis ihrer Freundschaft sür den Herr» Forstmeister. Und wirklich, wenn Mademoiselle ebenso gut Feuer sing wie ibre Lichtmansckette, so konnte der Forstmeister sich gratuliren. Nach der Lichtmanschette kam ein Stoß Papier daran, der in der Näbc auf dem Tisch lag, dann folgte der Rock de» Herrn Forstmeister», endlich der Tisch. DaS Licht; da« au« der Bodeuluke strahlte, wurde sehr bell, aber draußen war Niemand, der eS bemerken konnte, und die beiden Schläfer driuuen schienen dadurch nicht im Mindesten gestört zu werden. Plötzlich träumte der Hofmeister, daß seine Pseise doch gar zu toll qualmte, man konnte kaum atbmen dabei — der Traum wurde so lebhaft, daß rr davon erwachte und sich die Augen rieb, denn er glaubte zuerst» er träume weiter. Im selben Augenblick sprang aber auch der Forstmeistr» aus seinem Belt, und die beiden College» stürzten einander mit dem entsetzten Rufe: „Feuer, Feuer!" ia dir Arme. Sie waren aber beide raisonadlr Menschen, die nickt leicht ihre Geistesgegenwart verloren, und so dachte der Forstmeister sofort an einen kleinen Vorrath von Pulver, der ia der Neben- kammer lag und vor allen Dingen in Sicherheit gebracht werden mußte, und der Hofmeister rief händeringend: .Wenn eS herauskommt, daß da» Feuer in unserer Stube ausgebrochen ist, so zagt man un» mil Schimpf und Schande davon!' Und rr spähte ia Todesangst in allen Ecken nach de« Dafferkrua umber und stieß dabei diesen letzten Retter u«, dessen Inhalt auch kaum außgrreicht hätte, da» in wenig«.
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