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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.11.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-11-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18941110028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894111002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894111002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-11
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Grührrr Schristea lant unserem Preis- »erzeichnth. Tabellartscher und Aisierniatz nach höherem Tarif. Innahmeschluß für Anzeige«: Abend-Ansgab«: Bormlttagl 10 Uhr. Margen-Autgab«: Nachmittag» 4 Mir. Sonn- «ad Festtag» früh '/,9 Uhr. vei de» Filialen and «nnabmesielle» je «kn» halb« Stunde srüher. klnzrtgc» find stet» a» dt« Expeditten zu richte«. vrnck »nd Verlag von L Pol» in Leipzig 88. Jahrgang. Zur geMigcn Beachtung. Unsere Expedition ist morgen Sonntag, den 11. November, Bormittags nur bis Uhr geöffnet. Lxpeältlon ü«8 I^vlprlxer l'LKvblLttvs. Politische Tagesschau. * Lelpzig. lv. November. Eine Neuordnung de» hnndelSpolittschcn vcrhältnificS »wischen Drntschlnn» nn» de» vereint»»«« Staaten »an Amerika wird immer nothwendiger. Bekanntlich bat Deutsch land mit dieser Republik einen eigentlichen Handelsvertrag nie mals abgeschlossen, sondern e« besteht nur ein fünfzig Jabre alte» Abkommen über die Meistbegünstigung, dessen RechiSgiliig- keit sebr zweifelhaft ist, da c» ursprünglich nur von Preußen ab geschlossen und daun gelegentlich ohne Befragung des Reichstags durch eine Erklärung de- BundesrathS aus da« Reich übertragen wurde. Jedenfalls läßt sich diese» Abkommen alle Tage kündigen. Das Schutzzollsystem ist in neuester Zeit in Amerika immer mehr verstärkt worden, so daß unsere wichtigsten AuSfubrwaaren den Wett bewerb kaum mehr au-halien können. Dazu kommen spitz- fiudige und unbillige Auslegungen de« Abkommen«, wie bei der Zuckereinfuhr. Dafür überschwemmt un« Amerika mit landwirthschaftlichrn Producten, verseuchtem Bich und wertblosem Fleisch. E« ist auch ziemlich einerlei, ob die Demokraten oder die Republikaner am Ruder sind; Billigkeit im Handelsverkehr mit Europa kennen sie beide nicht, so lange man e« sich gefallen laßt. Andere Länder haben für dir Herabsetzung der deutschen Getreivezölle wenigsten« einige industrielle Zugeständnisse gemacht. Amerika hat sie schmunzelnd umsonst i« die Tasche gesteckt. Da« Land ist nachgerade zu" Schmarotzer von ganz Europa und namentlich von Deutschland aeivordea. E« ist wirtlich an der Zeit, daß hier eiomal ernstlich dazwischen gefahren wird. Bei der im Vorjahre vorgcschlageneu Reich«finau,ref»r« bildete die Sicherung eine« festen Antheil« an den Erträgen der Reichssteuern für die Bundesstaaten ohne Zweifel eia wichtige« Glied. Der Plan entsprach durchaus de» finanzpolitischen Zielen, welche bei den Erweiterungen de« ReichSsleuersystcm« von 1879 und 1387, insbesondere auch mit der Claus«! Franckenstein, verfolgt wurden, und fand seine volle Berechtigung darin, daß die Bundesstaaten über wiegend im Vertrauen auf diesen ihnen zugesickerten Antheil an den ReichSeiuoahmea theil« dauernde Mehrausgaben, theil« Verminderungen ihrer eigenen Einnabnicn durch Aushebung besonder« drückender Steuern beschlossen hatten. So wichtig diese Seite der Sache aber auch ist, so steht sie doch an grundsätzlicher und praktischer Bedeutung weil hinter dem anderen Grundgedanken jene- ReformplaneS zurück, eine feste Abgrenzung zwischen den Reichs- und den StaatSfinanzeu dahin zu treffen, daß aus die Bundes staaten in Form von Matriknlarumlagen niemals in größerer Höhe für Ausgaben deS Reich« zurückgegrifsen werden darf, als ihnen Urberweisungen vom Reiche zufließen, etwaige Mehrbedürsoifse de» Reichs vielmehr durch Ver mehrung seiner eigenen Einnabmc gedeckt werden müssen. Erst mit der Durchführung dieses Grundgedanken- steht das Reich finanziell ganz aus eigene» Füßen. Tie Mög lichkeit, den Reich-gedanken durch Belastung der Emzel- slaalen für Reich-zwecke unpopulär zu machen, fällt fort, und die sinanziclle Verantwortlichkeit kommt überall durch die Notbwendigkeit, selbst für Deckung unge deckter Mehrausgaben sorgen zu müssen, z»i» vollen Be wußtsein. Für die BundeSstaaie» aber fällt die zur Zeit sür die Ordnung ibrer Finanzen so verbänznißvolle Möglich keit fort, für Reich-Zwecke in vorher nicht mit Sicherheit berechenbarer Höhe aus eigenen Mitteln Zuschüsse zahlen zu müssen. So lange diese Möglichkeit in der Weise wie jetzt besteht, fehlt eö den Bundesstaaten an einer der ersten Vor aussetzungen einer sicheren und geordneten Finanzivirlhschast. Scho» gegen Schluß der vorigen parlamentarischen Eampagne ist daher wiederholt diese feste Abgrenzung der Reich« sinanzen von den StaatSfinanzen als der Kcrnpunct de- vorjährigen FinanzplancS bezeichnet worden, an dem im Inreressc sowoiil de« Reich» wie der Bundesstaaten uiibedingr sestzedaltcn werden müßte, selbst wenn unter der Ungunn der parlamentarische» Verhältnisse zur Zeit auf den Ge danken einer festen NeichSdotation verzichlet werden müßte. In diesem Sinne ist cs zu verstehen, wenn in der Presse auSgeführt wird, daß die Aenderung der Tabaksteuer für fick allein zur Herstellung eine» befriedigenden Finanz- zustanbeS nicht ausreiche. Dazu gehört neben der noth- wendigen Ergänzung der Reich-einnahmen aber auch die dauernde Ordnung deS Verhältnisse« der Reich-- zu den Landesfinanzcn auf der Grundlage beiderseitiger Selbst ständigkeit. Di« Berufung deS Freiberrn »«« bammrrsteiu-Lortrn zum preußischen LandwirthschaftSMtnister ist, wie in einem Tbeilc der Auslage des Mo^genblatteS schon geinelker wurde und wie beule von der .Nat.-Ztg." bestätigt wird, bereit» erfolgt. Freiherr von Hammerste», bat gestern Abend, nach dem er im Lause de» Tages verschiedenen Ministern, dar unter dem Herrn von Boelucher, Besuche abgestallet, Berlin wieder verlassen und sich nach Hannover zurückbcgebcn. Der neue Minister, einer der nicht sebr zahlreichen Großgrund besitzer der Provinz Hannover, ist 67 Jabre alt. Er nahm nach der Annexion Hannovers, eine ablehnende Haltung dem preußischen Staate gegenüber ei«, oh»e sich mdeß erheblich an der welsischen Agitation zu betheiligcn. Allmählich söbule er sich mit den vollendeten Thatsachen au«, wurde Landrath und, als Herr von Bennigsen l888 zum Obcrpräsidenten ernannt wurde, vom Provinzial-Landtag zu dessen Nachfolger al« LandeSdirectvr von Hannover gewählt. Er verdankte diese Wahl nicht am wenigsten dem Ansehen, da« er sich unter der ländlichen Bevölkerung der Provinz durch seine Wirk samkeit in« Interesse der Landwirthschast erworben hatte; auch außerhalb Hannover« war er einer der Vertrauens männer der Landwirlbr geworden, wie seine Wahl zum Vor sitzenden de» deutschen LandwirthschastSratbe« und zum Vice- präsidenten deS LandcsLkonomie-CoUegiumö beweist. In diesen Stellungen, nameiitlich in der elfteren, hat er an zahlreichen Beschlüssen und Kundgebungen agrarischer Art maßgebenden Antheil gehabt, auch an solchen, die sich entschieden gegen die Handelsverträge richtete». Die letzteren sind nunmehr einc That- fache, die Herr von Hammerstein jetzt ebenso wird aneit.nncn müssen, wie s. Z. die Annexion Hannover»; und andererseits liegt die Berufung eine« Vertrauensmannes der Landwirtbe zur Leitung desjenigen Ministerium«, welches ihre Interessen wakrnrbmen soll» gewissermaßen in der Situation, zu deren Voraussetzungen ebenso wie der Verzicht aus die agrar- demagogifchen Agitationen deS Bundes der Landwirthr, auch die Bereitwilligkeit der Regierung und der positiven Parteien gehört, die möglichen Mittel gegen die BedrLngniß der Land- wirtbichast anzuweiiden. Es fragt sich aber, ob dieser Lage der Dinge nicht eine Persönlichkeit besser entsprechen würde, die bei den agrarischen Kiindgebungen der letzten Jabre weniger belbeiligt war, als Herr von Hammerstein — ob gleich wir mit der „Nat.-Ztz" keineswegs sür auSzemacht ballen, baß Herr von Hammerstcin-Loxtcn, der coiiservaliv, aber nick» allpreußisch-conservativ, Agrarier, aber nicht aus den LandcStbeilcn östlich der Elbe ist, den bisherigen Leitern de) Bundes der Landwirtbe als Minister ganz besonder« willkommen ist, gleichviel, was sie hierüber sagen werden. Mit dem Kaiser ist Herr von Hammerstein vor einigen Jabre» in eine zeitweilige nähere Beziehung getreten, al« der hannoversche LandeSkirector während der Verhandlungen über die Aufhebung der Beschlagnahme deS welsischen Ver mögen- mit Erfolg im Interesse beS Herzog» von Cumberland wirkte. Daß der künftige LantwirtbschaslSininister nicht sür die Durchführung aller Beschlüsse eintreten kann, die der Land- mirtdschaslSratb in den letzten Jahren gefaßt bat, auch nicht für alle mit Ausnahme der durch die Handelsverträge thal- sächlich erledigten, darüber wird Herr v. Hammerstein wobl im Klare» §cin; e« fragt sich, wie weit dieselben sein Minister-Programm sind, und ob das Staats- ministe rin m ein derart beschaffene- Programm eines LandwirlbschastSministcrS zu dem seinige» machen kann. Wenn in irgend einer Angelegenheit Einigkeit de- StaalS- niinislerium- die Vorbedingung der Verhütung baldiger neuer Krisen ist. so ist es der Fall hinsichtlich der Frage, was zur Förderung der Landwirthschast gescheben kann und was andererseilS, obgleich eS unter diesem Titel verlangt wird, au-geschlosie» bleiben muß. Alle Parteien Belgiens sind durch den Beschluß des letzten unter dem Vorsitze de- König« abgedaltenen Ministrr- ralbs, die am lll. November beginnende ParlamentS- session sondern durch eine Thronrede, nicht durch eine königliche Botschaft zu eröffnen, in sehr unliebsamer Weise überrascht worden. Dir osficios« Presse begründet diese» allen parlamentarischen Gepflogenheiten zuwider lausenden Beschluß damit, daß eine Thronrede eine lang wierige Adrcßdcdatte erfordere, die de« dem ohnehin sehr überladenen Arbeit-Programm der Kammer besser unter bliebe. Niemand glaubt jedoch erstlich, daß die« der wahre Grund sei, vielmehr ist mau überzeugt, daß die Besorgniß vor socialistischen Kundgebungen — der Ruf: „ES lebe der König!' wäre vielleicht durch den Gegrn- rus: „ES lebe die Republik!' u. f. w. beantwortet worden — der wahre Grund sür da» Unterbleiben der Thronrede ist. Allgemein ist man auch im ultramontancn Lager der Ansicht, daß die Regierung mit der Absage der Thronrede einen Kehler begangen hat, indem sie den Socialremokraten eine Bedeutung beilegte, die sie trotz ibreS riesigen Anwachsen« beute doch noch nickt besitzen. Wenn da« socialdemokratische Organ „Le Pcuple' beute die Regierung wegen ihrer Socialisten- furcht verhöhnt, so bat Niemand daran Schuld, all da- Ministerium de Burlet, da» auch hier wieder einen bedauerlichen Mangel an politischer Klugheit an den Tag gelegt bat. Ueberbaupt zeigt sich schon jetzt überall ein sehr bedenkliche« Rücksichlnedmen auf die Socialisten. So hat da« Hennegau'schc Gericht die Verbandlungen deS Schwurgericht», da« am 12. k. M. den Socialistensübrer Defuisscaux wegen der Theilnahme an einem socialistischen Eom- plolte aburtbeilen sollte» bi» nach dem Schlüsse der nächsten Kammersesflon vertagt. Am Hofe hat man sich dafür ent schieden. die socialistiichen Deputirten. wie alle anderen Depu- tirlen. zu den Hossestcn einzuladen. Sollten die Socialisten diese Einladungen abwcisen, so will der König bei andere» Gelegenheiten die Führer der neuen Partei kennen zu lernen »cheii. Daß die königliche Botschaft den Forderungen der Socialdemokratie entgcgenkommen wird, ist bekannt. Sie wird u. a. solgcnte Gesetze ankündigen: Arbeilervrrsicherung.PensioaS- cassc für die Arbeiter, Festsetzung de» Arbeitstage« aus höchsten- 8 Stunden in den Minen und Steiabrüchen, obligatorische Sonntagsruhe in allen staatlichen Verwaltungen, Corpo- ralionSrechte sür die Fach- und Arbeitersyndikale, um die Arbeit und da« Capital auf gleichen Fuß zu stellen. Und der Führer der in Brüssel neu gewählten klerikalen Depu- lirten, Advokat Theodor, erklärt, daß die katbolische Partei, wofern sic nicht zusammenbrechen und der .unwiderstehlichen' socialistischen Bewegung erliegen will, rnrschlofien in die demokratische» Bahnen einschwenkea müsse. Die Reckte werde gesetzlich den Mindestlohn, die Maximal- arbeitszeit, die Sorge für die Veteranen und Invaliden der Arbeit im Sinne der berechtigten Arbcilcr- sorderungen und unter Mitwirkung der Syndikate feststellen. Dazu breite« Stimmrecht sür die Gemeindcwablrn, verhält- »ißmäßige Vertretung für alle Wahlen, „um allen Gefahren Vorbeugen zu können." Kurz die leilenken Kreise schwimmen im voller, socialistischen Fahrwasser zum Jubel der Socialisten, deren Organe nicht mit Unrecht bervorheben, daß schon die ersolgtc Wabl von Socialisten die Bonrzcolsie zu so großen Zligestäntnissen bewogen hat. Faßt man alle diese Erschei nungen zusammen, so darf man wohl von einem völligen Umschwung in der inneren Politik des Lande« reden. Die überseeische Politik FrankrrtchS, welche sich al« ihr nächstes OpcrationSsclb die Insel Madagaskar erkoren hat, bildet einen natürlichen Gegensatz zu den analogen Be strebungen Großbritanniens. England hat Lea Grund seiner Weltmacht zu einer Zeit gelegt, als da« französische Köiiigtt»»» de» Hoyepunct seiner Kraft längst überschritten dauc Es bewies sich »nfabig, die eigenen Eroberungen in Amerika und Indien gegen den gewaltigen AuS- breitungSlricb des anglo-iächsischeii BolkStbumeS zu behaupten. Seine Waffcnehrc braanc bas monarchische Frankreich au« den langwierigen Kämpfen, die e« im l8. Jahrhundert mit England um die führende Weltmachtrolle bestand, zwar nngejchmälerl h«>m, aber den Vortritt aus dem Welltheater piufjle es den verhaßten Nachbarn und Concurrcinea preiS- gebeu. Republik und erste« Kaiserreich hatten mit ihren con- tinentalrn KnrgSasfairen viel zu viel zu thun, als daß sie a» eine Wiedergewinnung de« an England verloren gegangenen überseeischen Terrain» hätten denken können. Den Grund zu einem neuen französischen Colonialreich legte erst die Expedition »ach Algier. Mit dem Moment, wo Frankreich aus afrikanischcm Boden festen Fuß jaßte, wurde Afrika dauernd, ansang» in geringerem, später in wachsendem Maße, in die Combmation der europäischen Politik hineiligezogen, und e» scheint, al- ob die interessanteste Phase der afrikanischen Colonialgrschichte erst noch brvorstäobe. Auch im Stillen Lcean und in Ostasicn ist Frankreich nicht müßig geblieben. Ueberall trifft der Blick de- politischen Beobachter« aus den bald ver borgenen, bald offen zu Tage liegenden Interessenwettstreit England« und Frankreich«. England, dessen Anziehungskraft auf seine amerikanischen und australischen Besitzungen zu sehends schwächer wird, welche« in Indien sich nur mittel« Wassengewall zu behaupten vermag, hat sich Afrika als Basis eine- neuen CvlonialreichS auSerseben, wo eS sich für ander weitig c,„tretende Verluste schadlos halten und alle anderen Mitbewerber zur Bedeutungslosigkeit berabdrücken möchte. Frankreich an seinem Theil ist nun nicht gesonnen, England nach Willkür schalten zu lassen. Seine Pläne mit Madagaskar Fer»!lletsii. Der Tag der Vergeltung »1 Bon «. «. Green. Na-ermk »irboim. (Fortsetzung.) „Samuel White ist todt', lautete die kurze, verhängniß- volle Antwort. „Erschossen, al« er gerade mit feiner jungen Frau die Hochzeitsreise autreten wollte. Hier in der Kirche sind sie heute Morgen getraut worden." Ll« hätte ihn selbst di« tödtliche Kugel getroffen, sank der junge Manu bei dieser unerwarteten SchrcckenSkunde wie vernichtet in de» Wagen zurück. Dann raffte er sich zu sammen und blickte die Straße hinunter; er sah ein dichte« Gedränge vor dem großen Eckhau- und zweifelte nicht länger an der Wahrheit der UnglückSnachricht. Schaudernd barg er sein Gesicht einen Augenblick in den Händen, dann rief er de« Kutscher ungeduldig zu, er solle rasch weiter fahren bi« in die Nähr de« Hause«. Der Wagen raffelte über da« Pflaster, hielt aber schon nach wenigen Minuten still. Al« Jack Hollister, erzürnt über den Aufschub, hinausblickte, näherte sich ihm ein Polizeidirnrr. „Sie tbun am besten, wieder umzukrhreu", sagte er, es Werden dort im Hause keine Gäste eingelassen, Herr White ist erschossen worden." „Ja. aber ich bin ei» vertranter Freund der Familie. Herr White — ich meine de» Sohn — wird miH zu sprechen wünschen. Hier sind fünf Dollar«, wenn Sir mir helfen, m« Han« zu gelangen." Er sprang eilig an« dem Wagen. Der Polizist betrachtete den jungen Mann mit raschem Blick und wandte sich dann nach der Menge hin. „E« wird schwer halten", sagte er, „aber ich will e« versuchen." Einige Minuten spater batte er die fünf Dollar« in der Tasche, und Hollister stand im Hausstur von White'« Wohnung Ein Detektiv trat ibm entgegen. »Mas suchen Sie yier^- „3ch bin ei« Freund der Familie und wünsche Herrn Stanbope Wbite zu sprechen. Hier ist meine Karte." Der Drtrctiv winktr einen alten Diener herbei, der in der Nähe wartete. „Glanbe, Ti«, daß Herr White für irgend Jemand zn fpreche» ist?" „Für diesen Herrn gewiß", versetzte der Diener und öffnete Hollister die Thür zum Empfangszimmer. ES herrschte Halbdunkel in dem Gemach, die Fensterläden waren geschloffen und ein starker Blumcnduft durchzog den Raum. Der junge Mann, der nich' nur äußere weltmännische Gewandtheit, sondern auch ein leicht erregbares Gefühl besaß, zögerte beklommen an der Schwelle. Der Gedanke, wie bald yier Todtenkränze die Stelle der HochzcitSsträuße einnebmcn würden, überwältigte ihn. Unter den anwesenden Personen befand sich auch Doctor Forseth, der Hausarzt der Familie. Kaum hatte Hollister'« Blick ihn erspäht, al« er auf ihn zu eilte und neben ibm Platz uabm. „Was sagen Sie zu der furchtbaren Begebenheit?" ries er. „Herr White erschossen und von wem? — E« ist sür mich ein entsetzliches Räthsel." „Für alle klebrigen auch", versetzte der Doctor. „Wbite war in sein Schlafzimmer gegangen, um, wie Jedermann dachte, sich zur Abreise zu rüsten. Plötzlich hörte man einen Pistolenschuß; als die junge Frau au« dem Wohnzimmer und Stanhovc die Treppe deruntergecilt kam. fanden sie ihn am Boden liegend, neben ihm die noch rauchende Waffe." „Er bat also selbst Hand an sich gelegt. Ich glaubte —" .Still! — E« muß ein unalückiiHer Zufall gewesen sein. Wahrscheinlich hat er die Pistole in den Rtlscsack stecken wollen und sie hat sich unversehens entladen. Der Schuß ist ihm durch« Herz gedrungen. Welch entsetzlich schnelles Lude einer glänzenden rausbahn.' .Und — dir junge Frau?' .Sie ist natürlich wie zerschmettert. Ein so herrlicher Mann! Aber der Verlust, den da« Vaterland erleidet, ist am meisten zu beklagen. Wbite würde noch zu den höchsten Remtern berufen wo» den sein.' Hollister stand aus. .Wo^jst Stanbope?' fragte er mit unruhiger Miene. .Ich dachte, er würde mich sehen wollen.' .Er will wahrscheinlich lieber allein bleiben. Ich bin schon vor anderthalb Stunden gekommen, gleich nachdem da« Unglück geschehen war, und seitdem bat noch Niemand hiaauf- grheu dürfen, anßer Frau Hastiug«. Der Schmerz ist jetzt noch zu groß, und man mag nicht zudringlich erscheinen.' Ader Jack hatte sich nicht aeirrt; er brauchte nicht lange zu warten, bi« dir Botschaft kam, Stanhop« wünsche seinen Freund zu spreche». So stie« er denn leise die Treppe binaus, an deren Geländer noch dir festlichen Blumengewinde prangten. Im Begriff, dem voranschreitrndr» Diener in da« obere Stockwerk zn folgen, stand Hollister plötzlich still; »i« Thür gegenüber war ausgcgangen und eine Dame in mittleren Jahren, noch reich gekleidet von der Hochzeit her, erschien auf der Schwelle. „Nimm Dich zusammen, liebe- Kind', sagte sie im Ton mütterlicher Ermahnung. .Ich komme wieder, sobald ich Deinen Vater gesprochen babc. Du darfst nicht allein bleiben in einer so schrrcklichr» Zeit." Auf diese Worte, welche offenbar der jungen Frau galten, die so plötzlich zur Wittwe geworden, kam eine leise ge murmelte Antwort aus dem Zimmer, dann wurde die Thür geschloffen. Die Mutter rauschte die Treppe hinunter in ihrem kostbaren Seidenkleid, ohne Hollister zu bemerken. Er war beiseite getreten und vermied, sie anzureden, obwohl er sie gut kannte. Io deftiger Erregung blickte er noch einmal nach jener Zimmerthvr und stieg dann weiter die Treppe hinaus. Als er bei Stanhope eintrat, begrüßte ihn dieser mit warmem Händedruck. „Jetzt weiß ich, nach wem ich mich gesehnt habe', sagte er. „nach Dir, Jack " Der Freund versuchte einige Worte des Beileid» zu stammeln, aber die Stimme versagte ihm. In Stanhope'« Wesen lag etwa« ihm Fremde«, da« sich weder durch den furchtbaren Schrecken noch die Trauer um den Vater erkläre» ließ. So schwieg Jack denn und «artete, was Stanhope ihm mittheilen werde. Stanhope Wbite hatte erfüllt, wa« er al« Knabe ver sprach. Seine hohe Gestalt, seine männlich schönen Züge konnte man nicht ohne Bewunderung betrachten, aber großer noch war da« Vertrauen, va« er Jedem auf den ersten Blick riaflößle, denn sein anziehendes Aeußere war der Spiegel einer edlen, aufrichtigen, bochherzigen Seele. Den Männern gefiel sein offener Charakter, den Frauen seine ritterliche Eyrerbirluna, den Kindern sein fröhliche« Lachen und sein kameradschaftlicher Verkehr. So war er von Jugend auf der Liebling Aller gewesen, und nur der klugen Leitung seiner verstorbenen Mutter halte er e« zu danken, daß da» all gemeine Lob ihn nickt eitet und selbstsüchtig gemacht hatte. Jetzt war Stanhop« fünfundzwanzig Jahr« alt, durch iaaern Werth und äußere Vorzüge «»«gezeichnet und von stet« heiterer Äemüthsart. Kein Wunder, daß er Jack Hollister an diesem vrrhäagniß- vollen Tage fremdartig erschien. Noch nie hatte er de« Freunde« Stirn umwötkt gesehen, auch die dunkeln Linien »« Mund und Augen veränderten kein Aussehen, und dann dir Rubelosiakeit »a seine« ganzen Wesen — was hatte sie zu bedeuten? t Hollister befand sich in so unerträglicher Spannung, daß eS schon eine Erlösung für ihn war» al« Stanhope endlich zu reden begann, obgleich ihm DaS, wa« er sagie, ganz nn« erwartet kam. .Du bist Rechtsanwalt, Jack, und haß einen scharfe» Blick und ein richtige- Unheil in geschäftlichen Dingen. Ich habe einen Auftrag sür Dich, fall- Do geneigt bist, mir bei- zu,leben. Willst Du e» thun? E« erfordert Vorsicht und Selbstbeherrschung. Du übst sie leicht, während mich die Er schütterung so übermannt hat, daß ich mir selbst nicht za Helsen vermag." „Hier bin ich. wenn Du mich brauchst", erwiderte Jack bereitwillig, obgleich ihm innerlich nicht ganz wobl dabei zu Mntbe war, da er sich nicht verstellen konnte, wa« sei» Freund im Schilde führe. Stanbope athmete erleichtert ans, dann verschloß er die Thür und nahm Hollister gegenüber auf dem Divan Play, wo sie in glückliche» Tagen so manche behagliche Stunde rauchend und plaudernd verbracht hatten. .Jack', begann er mit großem Ernst, „der Tod ist nicht da« Schlimmste, was diese« HauS birgt." In des Freundes Antlitz trat eine flammende Röthe, er gerietb völlig außer Fassung Ifcicht möglich", stammelte er, „sie kann doch nicht " Stanhope umfaßte seine Hand mit eisernem Griff. .Ich meine", sagte er nachdrücklich, .daß mich rin furcht barer Zweifel quält. War eS ein unglücklicher Zufall, der meinem Vater da« Leben raubte, — ober nicht? Um Gewißheit hierüber zu erlangen, würbe ick niit Freude» di« Millionen hinzrbcn, die mir zugesallea sind — ja mein eigene« Leben " In heftiger Bestürzung starrte Jack den Freund an. „Ich versiebe Dich nicht", murmelte er entsetzt; „ick glaubte doch, Tein Vater liebe Fräulein Hastings — wie kommst Du darauf, daß r« kein Zufall gewesen ist?" „DaS kann ick Dir nicht sagen, Jack. Gerade deshalb bitte ich so dringend um Deine Hilfe. Nur Du allein kannst mir beistehrn; denn jeder Andere würde nach meinen Gründe» fragen." Jack sprang aus, seine innere Erregung schien zu wachsen, doch nahm er nach kurzem Besinnen seinen Plan wieder ei». „Sage mir, was ich tbun kann, und ich will mich nach best«» Kräften demühen", r,rf er. „Geh' in da« Zimmer. Sieh ihn an. Laß Dir nicht« entgehen. Denk«. Du seiest ich selbst und ziehe Deine Tchlüff«. /
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