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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.11.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-11-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18941112021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894111202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894111202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-11
- Tag1894-11-12
- Monat1894-11
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Scd«II- L»dU»a « 8«dl»>» l»dmü» d a<ni> n>' von »r aorckil ö ^.ala tt Vo«r- tzr»5«»»or m ao w »ton, von I'oioorüll, aas <t»r Kosse» »e»oi»n-, rndne» r»a» » »r»- von tdm4«o- «, -8Ior- « Imttd. «- 0»ed ittiUmio, i l-ooäoa, o»»wd«r: >nt- amd »«» tn »r»- »oa »alvmtoa. I»M-V»rd, UI- iwkd » .oix Be-ugSPret- D> tzW od«r d»> t» Etadt« tuirt »»d d«u Vororte» «rrtcktete» »»«» gaLeslelle,abgeholt: vierteljLbrlich^4^0, iei »wei»alig« tLglicher Z»ftella»g iv« Ha»« -t« b^L Durch di« Post bezöge» für Deutichlaud «d Oesterreich: viertel,tbrlich >l 6.—. Direct» täglich« SreajbandienLtM- i»< Luslavd: monaUich >l ?.bO. Di« Morg»»-Bu«gab« erscheint täglich '/,7 Nh^ die Abeud-Aalgab« Wochentag» b Uhr. Nk-«kttov und (krvedittoa: J»ha»»e«g»sse 8. Die Erpedition ist Wochentag« »»»nterbrvche» geäffaet voa früh 8 bi« Abend« 7 Uhr. Filiale«: Ltt« Mr»«'« Larli». (Alfred HahttX Univers»tät«strahe 1, Laut« L»fch«. <athartn«»str. 14, vart. und «ä»ig«vlah 7. Abend-Ausgabe. WpMcrIagMaü Anzeiger. Organ för Politik, Localgrschichte, Handels- and Geschäftsverkehr. Anzrige»'Vrei- die «gespaltene Petitzell« »0 Pi» Reklame» unter demRedactio»«srrich <4ga- jpaltr») bv^> vor de» Familieaaachrichte» (8 gespalten) 40 Grlhere Gchristen laut uaserem Prri«» Verzeichnis,. Tabellarischer und Ztssrrasatz »ach höherem Tarif. Extra-vrilagrn (gesalzt), uur »eit der Dlorgen-Aulgade, ohne Postbeiördernug >l 8V.—, mit Postdesördernng >l TO.—. Annahmeschluß für Anzeige«: Abend-Ausgab«: vormittag« 10 Uhr. Viorge »-Au«gabe: Rachmittag« 4 Uhr. Sonn- und Festtag« früh '/,!> Uhr. Bei de» Filialen und Annahmestellen je et»» halb« Stund« srüher. Anzeige« find stet« au die Exgedttta» zu richte». Druck »uv Verlag von L. Polz ta Leipzig 579. Montag den 12. November 1894. 88. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig, 12. November. Urber die Entlassung de« Grafen Vaprivt wird uns aus Berlin geschrieben: »DaS Rache- und Klagegeschrei der Toggrnburger des gestürzten Kanzlers dauert fort, verdient und findet aber geringe Beachtung. Um so ernster sind die Bedenken zu nehmen, die von Politikern deren (Lrwägungcn patriotische GesichtSpuncte nicht fern bleiben und die der Kanzlerwechsel mit Genugthuung erfüllen kann, über eine Reihe von Vorgängen der letzten Zeit geäußert werden. Die Art z. B., wie die Ministerien der Landwirthschast und der Justiz erledigt wurden und ibre Wiederbesctzung cinge- leitet worden ist, erregt gerechtes Befremden. Nicht minder die Behandlung weiterer Veränderungen im Ministerium, die ganz zweifellos im Werke sind. Sich über diese Dinge zu äußern, ist das Recht und die Pslickt der Presse, gerade weil die Verantwortung dafür nicht beim Reichskanzler und Minincr- präüdenien gesucht werden kann. Indessen erstrecken sich die KlaHn überAcle plötzli cher Eingebung auch auf den Punct, der in der jüngsten Geschichte den wichtigsten bildet, und wo sie ganz und Aar unbegründet sind. Dem Radikalismus uno UltramontaniSmus mag cS willkommen sein, aus den Erleb nissen der Herren v. Heyden und v. Schelling den BewriS abzuleiten, daß eS dem Grafen Eaprivi .genau ebenso" wie diesen Ministern ergangen sein müsse, nationalgesinnte Blätter werden mit Genuglbuung erkennen, daß sic irrten, wenn sie ähnliche Andeutungen machte» und insbesondere die Errichtung einer badischen Gesandtschaft in München aus den Eindruck zurücksllbrten, den die Entlassung de« Reichs kanzlers hervorgebracht haben soll. Wenn der kaiserliche Entschluß, sich vom Grafen Caprioi zu trenne», in der letzten Octoderwoche überraschend gekommen ist,so erklärt sich die« daraus, daß dem Monarchen in jenen Tagen von seinem Kanzler eine Ueberraschung bereitet worben ist, die den Unter richteten — und zu diesen gehören selbstverständlich die Bundes regierungen — al« ein mehr als ausreichender Beweggrund der Entlassung erscheinen muß. Es handelte sich nicht um den Artikel der .Köln. Ztg ", wohl aber um ein Vorgehen, daS mit dem Psychologischen jener Preßlcistung große Aebn lichkeit aufwies und vor ihr den fatalen Vorzug besaß, jeden Zweifel an der Person des Haftbaren von vornherein auS;u schließen. Graf Eaprivi'S am 2.1. Oktober eingercichteS EutlassungSgcsuch hatte in einer Anklage gegen den Minister-Präsidenten Grafen Eulenburg gegipfelt, der beschuldigt wurde, trotz der vorauSgcgangencn sachlichen und persönlichen Verständigung — auch eine solche war auf Wunsch deö Kaisers erfolgt — durch die Einführung der Abordnung des ostpreußischcn Buntes der Landwirthe einen Act der Treulosigkeit verübt zu haben. Der Kaiser begab sich zum Reichskanzler, um ibm Zweierlei zu versichern. Einmal, daß der Ministerpräsident die Audienz der Land wirthc keineswegs insccnirt und mit seiner Anwesenbeil bei dem Empfang der Abordnung einem kaiserlichen Befehl entsprochen habe, sodann, daß der Verlaus der Audienz, weit entfernt, sich gegen den Grafen Caprivi zu kebren, vielmehr dem Zweck der Milderung der agrarischen Opposition, die sich doch vor Allem gegen die Person des Reichskanzlers ge richtet hatte, gedient bade. Zur Bekräftigung, daß die Audienz vom 20. Oktober keine Spitze gegen den Grafen Eaprioi gerichtet habe, versicherte der Monarch diesen seines Vertrauens; um aber Mißveutungcn auch auf der anderen Seite auszuschließen, befahl er, dem Grasen Eule »bürg Kennlniß von dem ganzen Inhalt der Unter redung zu geben. Hier setzte die Diplomatie ein, die auch die festeste Stellung eines Reichskanzler« und preußischen General« vernichten mußte. Graf Caprivi führte den Befehl des Kaiser« und Königs in der Beschränkung au«, daß der Ministerpräsident von nichts Weiterem Kennlniß erhielt, als von dem — Wortlaut des EntlassungS- gesuwes des Reichskanzler« und der kaiserlichen VcrtrauenSkundgebung für diesen. Da Gras Eaprivi in dem Gesuch sich energischer Ausdrücke gegen den Grasen Eulenburz bedient batte, so mußte der Ministerpräsident, dem die Mittelglieder der Kette verborgen geblieben waren, sich in Ungnade gefallen wähnen und seinerseits die Einreichung eines Entlassuiig-gesucheS für geboten erachten. Der Kaiser war inzwischen »ach Liebenberg gereist, er beschied nichtSadnend dorthin den Grasen Eulenburg. dessen Verwunderung über die gnädige Berufung der Entrüstung des Monarchen über die »langelbastc Jnsormalio» seines Ministerpräsidenten Play machte. Der Artikel der .Köln. Ztg ", über den allerdings Aufklärungen vom Grasen Eaprioi gefordert wurden, war zur Orieiuirung de» Kaisers nicht mebr nötbig. Am andern Tage erfolgte im Schlosse die Abmeldung de« Reichskanzler«. — TicS der Verlaus, der wobl nicht für geeignet erachtet werden wird, bei keutichcn Fürsten ein Befremden über diesen Ent schluß des Kaiser» wachzurufen. Der „Fall GSring" giebt den .Hamb. Nachr." Beran- lafsung, in einem Leitartikel da« ReichSbeamtenrecht zu erörtern. Der Artikct kommt zu solgendem Ergebniß: „Man vergegenwärtige sich die Situation: Es findet ein Wechsel des Reichskanzlers statt, der politischer Narur ist und den Bruch mit dem biSberigen Systeme bedeutet. Der neue Reichskanzler bat nickt nur den Wunsch, sondrrn die Pflicht, diejenigen Stellen im Reichsdienste, bei denen nach den Motiven zum RcichSbeamiengesetze .eine sortdauernde Uebereinstimmung in priiicipiellen Ansichten mit der leitenden Autorität nolhwentig ist", so zu besetzen, daß er auf ibre überzcugungStreuc Unterstützung unbedingt rechnen kann. Dann wiv ersetzt sich einer seiner Beamten als Vertreter der Ansichten de« srübercn Kanzlers; er erklärt unter Be- rusung auf da« Beaintciigesetz nicht von seinem Posten weichen, also der Politik de» neuen Kanzlers Schwierig keilen bereiten und zu diesem Bcbuse die Gerichte anrufcn zu wollen. Wohin sollte e« dann führen, wenn die Gerichte in der Lage wären, dem neuen Reichs kanzler zu befehlen, er müsse den Beamten behalten, da er einmal Inhaber deS betreffenden Pollens sei und gegen seinen Willen nicht von demselben entfernt werden könne. Es gekört die vollkommene Verschrobenheit fortschritt licher Anschauungen dazu, um ein solches Vergeben für möglich zu baiten; um einiger Paragraphen des RcickSbeaniten- gesetze« willen soll »ach fortschrittlicher Auffassung der Gang der ganzen Neichömaschinerie in Frage gestellt werden können! Aber freilich Herr Gering ist fanatischer Freihändler und intimer Freund deS Grasen Caprivi; da« genügt für die freisinnige Presse, ibm zu Liebe vor den unsinnigsten Theorien nicht zurückzuschrecken. Es ist ganz selbstverständlich, daß der Chef der Reichskanzlei nur ein Mann sein kann, der mit den Ansichten des Reichskanzlers und dessen Intentionen vollkommen ü b e r e i n st i m m t, aus den sich der leitende Staats mann durchaus verlassen kann. Zu welchen Zustänken würden wir gelange», wenn ei» Beamter in der Unigeduiig des Kanzlers, der dessen Verkehr mit den einzelnen Ressorts des ReichSdiensteS vermittelt und Vortrag über die täglichen amtlichen Eingänge, Gesuche u.s. w. zu ballen bat, nicht daS Ver trauen des Kanzlers besäße und diesem trotzdem aus Grund eines Paragraphen deS ReichSbeamtengesetzeS aufgciiöibig« werden könnte? Wir glauben, daß c« augerbalb der s>c>- sinnigen Kreise im deutschen Reiche nicht viele Leute geben wird, welche diese GesichtSpuncte der Beurtheilung der Afsaire Göring auS den Augen verlieren; ob Herr Gönng selbst zu ibueu gekört, wissen wie nicht. Hoffentlich erfolgt in der Angetegenbeit bald eine amtliche Entscheidung, welche alle Zweifel beseitigt; im Interesse der reich-dienstlichen Autorität wäre eS dringend zu wünschen." In sebr treffender Weise sagt daS Organ de« ttaltrnischen Ministerpräsidenten, die .Risorma", in der Angelegen heit der istrianischen Sprachcnsrage sowohl der öster reichischen Regierung als auch den italienischen Jrrrdentisten, welche Capital auS den Vorgängen in Pirano und einigen anderen istrischen Städten zu schlagen suchen, die Wahr heit, intei» sie schreibt: ,.AlS Jialiener und al« Verbündete Oesterreich» hätten wir ge- wünsch!, Satz kein Anlaß zu der gegenwäiiigen Erregunq der Be völkerung Istrien« gegeben worden wäre. Al- Verdündele sind wir der Ansicht, daß in einem Reiche, da- ein Gemisch verschiedener Völker darstellt, die RegierungSklugdeit darin besieht, olle be rechtigten -onderinteressen der einzelnen Rissen zu achten, soweit die« mit dem höheren StoatSinteresse verltäglich ist, damit unter ihnen die Eintracht herrsche, die die notdwendige Bedingung der Ruhe und Kraft ist. Wir würden diese Klugheit gern rühmend anerkennen, weii die Ruhe und Stärke de« diochbar- reiche« eine Gewahr de« Friedens und auch für un« von Vortheil ist. Als Italiener können wir nicht vergehen, daß die i8iü unter österreichische Herrichast gekommene Bevölkerung Istrien« noch unsere Sprache und zugleich von italienischen RuhmeSthaten der Republik Venedig redet. Wegen dieser Erinnerungen, die auch die Zeit nicht au« den Herzen der Völker zu tilgen vermag, wäre et u»S viel wertd, wenn die Istrianer auch unter der österreichischen Herrschaft e« gut hätten und nicht im friedlichen Besitze ihrer Sprache und ihrer Uederlieserungen gestört würden. Wir glauben der össent lichen Empsindung in Italien Ausdruck zu geben, wenn wir den Wunsch äußern, daß die gerechten Forderungen der istrianischen Bevölkerung durch da« Wiener Cadinet besriedigt werden. Dagegen können wir u»S wahrhaftig den seilsamen Aus- iührungen ewiger unserer College» und gewisser VeriammlungS- redner nicht anschließen, die das Einschreiien der italienischen Regierung fordern und von den Ungelegenbeiten, die un« der Dreibund verursacht, sowie von der Nutzlosigkeit der beträcht lichen Militairauiwendungen reden. Einschreiten? So sehr uns Italienern auch die Sache der istriichen Bewegung am Herzen liegt — welcher Staatsmann könnte auch uur daran denken, deswegen der österreichlichen Regierung Vorstellungen zu machen? Wer de« greift nicht, daß morgen Oesterreich sich für ermächtigt halten würde, sich in unser« inneren Angelegenheiten «inzumischen, beispielsweise j sich mit den vaticanischen Ansprüchen ans Rom zu beschäftigen? Und würde vielleicht ohne den Dreibund Oesterreich sich weniger frei und selbstständig innerhalb seines Gebiete« erachten? Oder meint man, wir könnte» Oesterreich mit Krieg überziehen, weil e« nicht die ge bührende Achtung für die italienische Bevölkerung hat? Wir wollen b>er beiläufig diesen neuen Beweis der Unbilligkeit derjenigen ver zeichne», die die Regierung grundsätzlich bekämpfen. Heute wollen sie eine häusliche Politik und eine Armee aus dem Papier, morgen verlangen sie, daß die Politik mehr al- kühn und da« Heer bereit lei, gegen eine Militoirmacht ersten Ranges zu marjchiren. Etwa« mehr Folgerichtigkeit konnte nichts schaden." Die politische Rechenkunst der Engländer ist gegenwärtig, wo eS für die Speculation allerlei zu ibun giebt, besonders ge schäftig. Der Thronwechsel i» Rußland und die schwere Niederlage des chinesische» Reiches sind zwei Potenzen, die in die Bilanz der politischen Wechselstube in Dowmiig- Street nolbwcndig eingestellt werden müssen, die richtig in Pfund uno Shilling zu beweriheu vorerst aber noch schwierig ist. Jmnicrbin versuchen die leitenden Staatsmänner in Groß britannien so geschickt wie nur möglich, den Cues ihrer Politik in die Höhe zu treiben. Ein elastisches Beispiel dasür bietet die am Freitag gebastene Rede des Premierministers beim Guildbail» Bankett, in welcher er sich bekanntlich über die Lahe auSsübriich verbreitete. AuS der mitgclheisten tele graphischen Skizze dieser Rede ist deulich zu erkennen, wohin die betriebsame und geschäft-gewandte Politik deS britischen HandeiSgeiste« zielt. Die Verbeugung vor dem jungen Zaren und die schwärmerischen Rückblicke auf den Krimkrieg zeugen dafür, wie beflissen man da« eigentliche Gesicht der englischen GeschäsiSpoiirik verbüllt. Denn wirkliche Slreitpuncte erheb licher und weittragender Natur liegen eigentlich nur gegen über Rußland und Frankreich vor der englischen Staat« ieitung. Wenn ma» aber Lord Roscdery hört, so scheint ein vollkommener An-gleich der britischen und russischen Interessensphäre in Asien eine Kleinigkeit, und von Frank reich wird gesprochen, als stände man noch Schulter an Schulter und es gäbe kein Egvptrn, keine Congofragr und kein Madagaskar oder Siam. Der Optimismus, mit dem der leitende englische Staatsmann in seiner Ansprache kokettirl, ist freilich, wie die „B. N. N." richtig betonen, nur eine ganz dünne Oberschicht, unter der doch wobl manche ernste Be- sorzniß verbüllt liegt. Denn der patbetische Schluß der Rede, in welchem versickert wird, dir Regierung werde nie mals eine Schädigung der Edrc — will sagen de« GewinneS — de« Staate- zulassen, klingt doch nicht ganz so melo dramatisch wie die vorhergegangenen FreundschastSbetheuc- ruligen. Vo» der durch den Premier bebaupteten Bereit willigkeit Rußland«, gegenüber der ostasiatischen Verwickelung mit England Hand in Hand zu geben, weiß zur Zeit noch Niemand etwa« und Frankreich wird auch in dieser Frage obne Zweifel mit Rußland stehen. Der Lockruf, den Lord Rosebery bicr nach der Newa auSsckickt, wird übrigen- bezeichnender Weise auch von Herrn Gladstone unterstützt. In den „Daily NewS" bemükl sich ein anonymer „Diplomat", biiiter dem iiia» de» greise» Führer der Liberalen wittert, aus die Zweckmäßigkeit eines möglichst guten Einvernehmens >»it Rußland hinzuweisen und die englische Nation zu überzeuge», daß „der Dreibund gan^ Europa an de» Rand des BankeroilS gebracht habe". Woher der anonyme Diplomat seine Wissenschaft hat, „daß dir russischen Staatsmänner nur daraus warten, daß England ihnen die Hand enlgegeustrccke", verräth er freilich nicht. Er wird für seine Verschwiegeiikeit schon seine Gründe baden. Die Rede de-Premiers wird übrigens in der englischen Presse nicht ohne Bedenken ausgenommen. So führt der „Standard" in einer Betrachtung der Acußerungen des Premiers auS, die Ankündigung eine- völligen Einverständnisse- der britischen und russischen Politik in Ostasien werbe in Berlin ebenso wenig wie in Paris angenehm berühren. Jedenfalls beweist der Vorgang wieder einmal, wie eigensüchtig unsere „Vettern- schasl" den politischen Handel zu treiben stickt. Es ist nur gut, daß die natürliche Schwerkraft der tbatsächlichen Inter essen sich schließlich immer stärker erweist als alle buchmäßigen Reckcnkünste; die russische Politik wird so klar und ziclbewußt geleitet, daß alle schönen Rede» sie nicht auS der Bahn zu locken vermögen. Tic Verhandlungen, welche bereits seit mehreren Wochen zwischen der rgypttsche» Regierung und der diplomatischen Vertretung Englands geführt werben und die Einsübrung von Ac»derungen in der Organisation de« Mini steriums des Innern sowie der Polizeiverwaltung zum Gegenstände ballen, haben endlich zu eincrEinigung geführt. Das erzielte Arrangement beruht aus zwei Projeele», von denen eine» von der englischen Vertretung, das andere vom Minister präsidenten Nubar Pascha auSgcarbeitct worden ist. Jede- der beiden Projectc ist gewissermaßen als die Ergänzung des ander» zu betrachte». Da- Projccl der Engländer bestand darin, daS Ministerium des Innern, das einzige, welche- bisher de» englischen Einfluß von sich serngehallcn hat, in ibre Machtspbärc zu rücken, dasjenige der Aegypter in der Ab schaffung de» Gciieral-JnspeclorateS der Polizei, welches voll ständig englisch war unk, ohne einer Conlrolc auSgesrtzl zu Ferritt-tsn. Der Tag der Vergeltung. «i Bon A. K. Green. (Fortsetzung.) Nachteil« tkrdotnl. Jack fand keine Antwort auf die Zweifel, welche ihn be stürmten. Im Begriff, zu Stanhope zurückzukehren, traf er im Vorsaal den Hausknecht, der jene Briese am Morgen auf die Post getragen batte. Durch wenige geschickte Fragen er fuhr er, was er wissen wollte. Peter hatte die Adressen nickt gelesen, auS dem einfachen Grunde, weil er überhaupt Ge schriebene« nicht lesen konnte. — Sollte vielleicht Herr Wbitc hieran gedacht haben, als er ibm und nicht Felix den Aus trag gab, die Briefe zu besorgen ? Auf Stanbvpe's ängstliche Fragen, mit denen er den Freund empfing, konnte dieser ihm keine tröstliche Antwort geben. „Ich habe nichts gefunden, was Deine Zweifel bestätigt", sagte er, „aber eS ist, als hätte Deine Furcht auch mich an- gesleckt, ich kan» ein gewisses, unbestimmte» Gefühl von Sorge und Angst nicht mehr loS werden." Stanbope seufzte und versank in trübe- Sinnen, auS dem ihn jedoch ein Klopsen an der Thür ausschreckte. Ein Kammermädchen brachte die Botschaft, daß Frau Wbite den jungen Herrn sobald wie »lögtich zu sprechen wünsche, da sie ibm etwa« Wichtige« zu sagen habe. Stanbope erwiderte rubig, er stehe sogleich zu Diensten. Kaum aber war da« Mädchen fort, so wandte er sich in heftiger GemütkSbewegung an seinen Freund. „Hilf mir, Jack", flehte er, „ich weiß nicht, wa« ich thun soll. Ich kann ihr die Bitte nickt abschlagen und bin doch außer Stande, sie zu sehen — wenigsten« nicht allein. Willst Du mit mir kommen?" „Ich? Wo Lenkst Du hin? Es würde sehr zudringlich erscheinen, wollte ich unaufgesordert —" Jack bemühte sich vergeben«, seiner Stimme die nölbige Festigkeit zu geben. „Du begleitest mich al- mein Freund." „Unmöglich." „Aber weshalb nicht?" „Habe ich mich denn getauscht, Stanhope?" rief Jack, hkich »«r Erregung. „Ich glaubte» Du kennst mein Ge- heimniß und dies sei der Grund Deiner Befürchtungen in Betrcff Deines BatcrS. Ich habe versucht, mich zu be zwingen und Dir zu Helsen, so gut es in meinen Kräften stand. Aber mehr zu thun vermag ich nicht. Ich kann nicht mit Dir gehen, denn — niuß ich cs auSsprccken — ick liebe Fra» White — schon seit lange — noch ehe Dein Barer mit ihr bekannt wurde." „Du - Jack!" Hast Tu wirklich keine Ahnung davon gehabt? DaS batte ich nickt für möglich gebalicn; eS gelang mir so schleck«, meine Gesüble zu verbergen. Sobald Dein Vater «in Mit bewerber wurde, mußte ich mich freilich zurückziebc». Auch jetzt bätte ich schweigen sollen, aber dies Trauerspiel bat mir alle Selbstbeherrschung geraubt, und sogar um Deinet willen —" „Sprich nicht weiter", unterbrach ihn Stanbope, „ich werbe allein geben." Sein Ton klang gezwungen, und der seltsame Ausdruck seines Gesichts hätte dem Freunde wohl auffallen müssen, aber Jack lagen jetzt andere Dinge am Herzen. „Was ich Dir eben gesagt habe, wird unserer Freund schaft keinen Eintrag tbun — nicht wahr, Stanbope?" ries er heftig bewegt. „Glaube mir, ich werde nie vergessen, daß sie Deine« BalerS Wittwe ist." Der Andere reichte ihm stumm die Hand, vermied jedoch, seinem Blicke zu begegnen. „Denke nicht mehr daran, Jack", sagte er bastig, „wir sind Be»Le in eine stürmische See gerathen und müssen un- al- wackere Schwimmer erweisen." In dem Zimmer de- unteren Stocke-, daS Stanbope be trat, waren die Fenster dickt verdangen, nur der matte Schein des Feuer« im Kamin erbell'e da« Dunkel, und gespensterhast starrten ihm die reichen Möbel und Kunstgegenstände von allen Seiten entgegen. Die- Gemach, für ihn geheiligt durch die Erinnerung an seine verstorbene Mutter, erschien ibm fremdartig, als bätte er e« nie zuvor gesehen; auch der süße Blumendust» der e« durchzog, betäubte seine Sinne. .^Tausend Dank, daß Sie gekommen sind", sagte jrtzd eine leise Stimme; „ich bätte Sie nickt bemüht, wenn ick nickt dringend wünschte. Sie etwa« zu fragen, ehe Mama wieder hier ist; ich erwarte sie jeden Augenblick." Stanbope trat aus die Wittwe seine« Vater« zu, deren Gestalt er nur in schaitenbaften Umrissen, in die Kiffen de« Sopba« zuriickgelebnt, sehen konnte. ,E« ist so dunkel hier", sagte er; „soll ich nicht da« Ga« anzünden lassen?" „O, nur kein Lickt", rief sie mit einer Geberdc des Ent setzens, „eS würde mich umbringen. Mir ist, als sollte ich mich in finsterer Nacht verbergen". „Gnädige Frau" — wie kalt und hart seine Stimme klang, er erschrak selbst davor — „sie babcn mich etwas fragen wollen", subr er sansler fort, „wahrscheinlich in Betreff der Begräbnißse.rrlichkcit. Bille, sagen Sic, was Ihre Wünsche sind, ich werde mich bemühen, sic »ach besten Kräften zu erfüllen." Er vernabm wohl da« leise Rauschen ihres Gewändes, aber keine Antwort. „Ich kann verstehen, daß es Ihnen nickt leicht fällt, Worte zu finden", begann er von Neuem, „wir haben einen so plötzlichen, so furchtbar schweren Verlust erlitten —" Erschreckt hielt er innc; sie war aufgesprungen und stand dicht vor ihm. „Zünden Sie daS GaS an", bat sie, „ich muß Ihnen i»ö Antlitz seben. Ihre Stimme klingt so fremd, so seltsam. Ist denn auch Ihnen der Gedanke gekommen, daß er auf irgend eine Weise erfabren bat —" „Still — nicht weiter —" ries Stanbope in strengerem Ton, als er vielleicht selbst wußte. „Lassen wir weder Zweifel noch Befürchtungen taut werden. Die Geschworenen haben erkannt, daß cS sich um einen unglücklichen Zufall handelt. Verhüte der Himmel —" Ihm war die Kehle wie zugeschnürt vor innerer Belegung. „O. wäre eS nur ein unglücklicher Zufall gewesen!" stammelte sie in gebrochenen Laute». „Eie sollen wissen, was mich quält — ich ertrage das Entsetzliche nicht länger: Er war völlig verändert während der Trauung, bei der Gratulation, bei unserer Ankunft hier im Hause. Wie sebr er sich auch bemühte, liebenswürdig, rücksichtsvoll und besorgt für mich zu erscheinen, ich konnte mich keinen Augenblick darüber täuschen. Aber wie halte ich renken oder annehmen können, daß er —" .Halt", unterbrach er sie kur», „dieser Augenblick ist grauenvoll genug auch obne künstliche« Dunkel." Al- er da« Ga« rnizünvet hatte, senkte die junge Frau wie geblendet daS Haupt. „E« ist schrecklich", murmelte sie, „frei zu sein und doch ganz ohne Hoffnung für die Zukunft." Er hätte ihr sein Mitgefühl au«sprechen mögen, aber e» war, al- ob Geisterbände ihm Schweigen zuwinkten. Sie sah schön au» in diesem Augenblick schmerzlicher Erregung, dir ihren sonst so stolzen Zuzen den Au«druck echt weib licher Sanstmutb verlieh und sie schüchtern und zaghaft er- scheincii ließ, lieber den kostbaren Reiseanzug batte sie einen langen schwarze» Sbawl geworfen, von dem ihr bleiche« Ge sicht und die aschblonden Locken wunderbar abstachen, was ihre» Reiz noch erhöhte. „Sic hätten mir Ihre Befürchtungen verschweigen sollen", sagte er langsam und mit Anstrengung. „Ein wirklicher Grund für dieselbe» liegt nicht vor, und durch unsere Aussprache wird der Kummer völlig unerträglich für uns Beide." „Aber ich kann nicht stumm bleiben und da- Entsetzen in meinem Innern verschließen. Reden Sie mit mir, Stanbope, lassen Sie mich nicht ganz allein mit meiner Furcht, meiner Reue. Sie sind der Einzige, der mir Kelsen kann, kein anderer Mensch würde verstehen —" Er schüttelte abweisend den Kops. „Ao, Sie begehren mein Vertrauen nicht", rief sie, „und wünschen nicht, mich anzubörcn. So wissen Sie also mit Bestimmtheit, daß er erfahren hat — wa« ich ibm ewig verbergen wollte — daß die« ihn zum Selbstmord «rieb an seinem Hochzeitstag, fast noch am Fuß des Trau altar-?" „Ich weiß nur eines", erwiderte er. „Ein grausame« Geschick hat mir den Vater geraubt und Ihnen den Gatten. Forschen wir nicht weiter, denn Alle«, wa« wir entdecken könnten, würde uns nur noch elender machen." Verzweifelnd rang sie die weißen Hände. „So ist eS denn wahr", stöhnte sic, „wirklich wahr. Der Pistolenschuß wird mir ewig in den Obren gellen, ich werde den Anblick deS BluleS niemals vergessen können." Aus seiner Stirn lagerten sich strenge Falten, und er sah sie zun, ersten Mal mit prüfenden Blicken an. „Vielleicht baden Sic recht", sagte er, „daß eS ein ver geblicher Versuch sein würde, einen Schleier über die Ver gangenheit zu breiten und den Schein gelten zu taffen statt der Wadrbcit. Wir können beide keine Ruhe finden, so lange jener grauenhafte Zweifel an unser» Herzen nagt. Hoffen wir, daß e« un« geling«, ibn zu besiegen, indem wir ihn tapfer angreifen. Mutb brauchen wir freilich dazu — und den besitze» Sie ja, nicht wahr,"' Sie nickte ziistimmend, aber ihr niedergeschlagener Blick, ihre ängstliche Gederde bezeugten da« Gegentheil. (Fortsetzung solgt^
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