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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.11.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-11-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18941124024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894112402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894112402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-11
- Tag1894-11-24
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Tabellarischer und Ztfserisiatz aach höherem Taris. Extr«-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung SO.—, mit Postbeförderung ?0.—. Anaahmeschlub für Anzeige«: Lbead-AuSgab«: vormittag» 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags «Uhr. Sonn- und Festtags früh '/,S Uhr. Bei dea Filiale» uad Annahmestelle» je eia« halb« Stand« früher, sind stet« aa die ExPeditia» zu richten. Drack and Verlag von E. Polz in Leipzig ^-««1 » Sonnabend den 24. November 1894. - 88. Jahrgang. Zur gefälligen Beachtung. Unsere Expedition ist morgen Sonntag, den 25. November, Vormittags nur bis V-V Uhr geöffnet. Lxpeillllon äes L.e1pr1xer l'axedtattes. Politische Tagesschau. * Leipzig, 24. November. Einer der wundesten Puncte de« Systems de-Grasen Eaprivi — wenn überhaupt von einem System bei ikm die Rede sein kann — war die Rolle, die der «sftciosen Presse zugetheilt von il>r usurpirt wurde. Im Anfänge, als Graf Eaprivi noch Reichskanzler und preußischer Ministerpräsident zugleich war, hatte eigentlich nur er selbst Ursache, mit den Leistungen der Officiösen unzufrieden zu sein, denn sic wurden kaum sichtbar und brachten der Regierung nicht den geringsten Bortbeil. Al« aber ver zweite Reichskanzler das preußische Ministcrpräsidium abgegeben hatte, trat die ojfi- ciöse Presse in um so lebhaftere Aclion, die freilich den In spiratoren nicht viel nützlicher war, dafür aber in der „auf zuklärenden" öffentlichen Meinung eine Verwirrung anrichtete, die ebne Gleichen ist in der preußischen und deutschen Geschichte. E« ist nicht nöthig, aus diesen Unfug ausführlicher einzu- gehe»: seine Nachwirkung macht sich noch jetzt bemerkbar und macht das Verlangen nach einer Reform de« officiösrn Preßwesens im Reiche und in Preußen zu einem säst all gemeinen. Nur jene dunklen Existenzen, die von einem Minister zu Verdächtigungen anderer sich gebrauchen ließen oder mit Informationen sich brüsteten, die sie aus den eigenen Fingern gesogen hatten, «heilen dieses Verlangen nicht. Um so größer ist die Fülle von Vorschlägen, die von der unabhängigen Presse dem Fürsten Hohenlohe für die ersehnte Reform gemacht werden. Ob er mit diesen Vorschlägen viel anzufangcn wißen wird, ist freilich fraglich, weil die unab- bängigc Presse in die officiöse Praxis viel zu wenig eingeweiyt ist. um Narslellci, zu könne», was zu beseitige» ist. Eine» iiuuierbin beachtenöwertben Vorschlag finden wir in der Münchener „Allgcm. Zlg", die sich am Schluffe eines längeren Artikels folgendermaßen äußert: „Nach den Tagen von Königsberg und ihren bekannten oder auch noch unbelannten Conjequenzen geht das ja nun nicht weiter fo fort; es ist aber nicht zu erwarten, daß man nunmehr mit einem Male die bisherigen besten Freunde vor Len Kops stoßen, aus dem Hause weise» »nd die bisher Geächteten herzlich wtlllomme» heißen wollte. Und es wäre gewiß verkehrt, wen» man über- Haupt gar kein« Presse mehr zu machen erklären oder sich höchstens aus Len „Reichs-Anzeiger" und da« pseudo-osfiriüseste aller Weltblätter, die „Köln. Ztg", beschränken wollte. Im Gcgentheil: man empfange so viel Preßvertreter, als sich immer melden, um Jusormcmonen zu erhalle», aber man gebe ihnen dann auch Jnsormalionen und benutze sie nicht, wie bisher vielfach geschehen, in einem Sinne, der die Stellung der Presse herabwnrdigt und den Nutzen, den eine Regierung au« ihrem Bundniß mit der Presse zieht, jedenfalls zu einem verschwindend kleinen macht, wenn das Ansehen der Re- gierung nicht geradezu geschädigt wird. Und man gebe über- bnuvt ollen Ministerien und allen Reichsämtern den Verkehr mit der Presse ebenso frei, wie den mit den Paria- mentaricrn. Aber man sorge auch dafür, daß in weil höherem Maße, al« die« jetzt der Fall ist. die Vortragenden Räthe der Minister auch wirklich wissen, wa» ta den Zeitungen steht, und ihre Bekanntschaft mit der Presse nicht daraus beschränken, daß sie bei der Fahrt zum Bureau das den höheren und niederen Klatsch cultivirende „Kleine Journal" lesen und dann geleaentlich einmal einen Blick auf die aus dem „Schneiderbureau , wie BiSmarck das Lejedureau deS Ministeriums LeS Innern nannte, slan,menden Zeitungsau-ichnilte werfen. Der verstorben« Moltke verlangte von den Mitgliedern deS Generalstabes, daß sie ohne Ausnahme bi» zu einer ge- wlsien Stunde des Tage» Kenntniß genommen hätten von dem In- halt der wichtigsten Tageszeitungen und Journale, die tm Lese zimmer de- Großen GeralslabeS auSliegen. Man bat niemals gehört, daß die Befolgung dieses Verlangen» aus da« strategische Berständniß der GeneralstabSosficiere nachtheilig gewirkt habe. Die Mebrzaht unserer Geheimrüthe aber befürchtet noch heute Schaden zu nehmen am Geiste, wenn sie sich mit der Presse anders be- lchäiugt. als in der oben angedeuleten Weile." Jedenfalls wird schon viel erreicht werden, wenn mit dem Monopol, das einigen Zeitungen auf den Bezng authentischer Nachr'chtcn eingeraumt worden ist, gebrochen wird und die Vermittler dieser Nachrichten, die Vortragenden Räthe, etwas mehr Berständniß für die Presse und ibr« Ausgabe gewinnen. Aber das reicht unserS Erachten» noch nicht aus. Jedenfalls werden durch mündliche Informationen jene Mißverständ nisse nicht ausgeschlossen, die häufig noch mehr Verwirrung anrichlen, als absichtliche Irreführungen. Und wenn allen Ministerien und Reichsämtern der Verkehr mit der Presse sreigegebcn wird, so bleiben auch jenen Treibereien, von denen man in der jüngsten Vergangenheit Zeuge geworden ist, Tbür und Thor geöffnet. Beiden Uebetständen könnte begegnet werden durch die Herausgabe einer officiösen Correspondenz, die unter der Aufsicht deS ReichS- kanzlerS und preußischen Ministerpräsidenten steht und allen Blätter», die dies wünschen, gegen eine mäßige Vergütung zugänglich gemacht wird. Wurde an die Be nutzung dieser Correspondenz die Bedingung geknüpft, daß stets die Quelle anzugeben wäre, so würde genügendes Licht über den Ursprung und Zweck der officiösen Kundgebungen verbreitet, Quertreibereien zwischen den einzelnen Ministerien würden ausgeschlossen und allen Blättern bliebe daS Recht, nach ibrer UeberzeugungStellung zu diesen Kundgebungen zu nehmen. Nur die aus die auswärtigen Angelegenheiten bezüglichen ReqierungSkundgebungcn würden unter Umständen ander» behandelt werten müssen. Auf alle Fälle liegen die Dinge so, daß sowohl der Reichstag, wie der preußische Landtag mit ver Frage einer Reform des officiösen Prcß- weseiis sich beschäftigen und mit aller Entschiedenheit daraus dringen müssen, daß nicht nur eine solche Reform schleunigst in die Wege geleitet, sondern auch bei dieser Gelegenheit alle die bitteren Erfahrungen zu Rathe gezogen werben, die Regierungen und Volk während der Acra Eaprivi haben machen müssen. Die „Freisinnige Zeitung" bespricht den Mißstand, daß die im Reichstag c ingeb rächten Initiativanträge in der großen Mcbrzahl regelmäßig unerledigt bleiben. Das Streben, die Priorität zu erlangen, habe einen wahren Wcltlaiif in der Einbringung oft ganz überstürzter und unüberlegter Anträge herbeigesührt; in der vorigen Session seien schon am Eröffnungstage nicht weniger als einundzwanzig solcher Anträge eingebracht worden, und dabei siebe herkömmlich für diesen Zweck nur ein Tag in der Woche zur Verfügung. Gegen diese Uebclstände verlangt das Blatt des Herrn Richter einen Zusatz zur Geschäftsordnung folgenden Inhalt«: „Alle Anträge, welche innerhalb der ersten vierzehn Tage der Session cinacbracht werden, gelten als gleichzeitig eingebrachl. lieber die Priorität unter denselben entscheidet das LooS" Dieser Vorschlag würde die Frage wohl auch nicht in würdiger und zweckmäßiger Weise regeln. Dir „National- leitung" schlägt statt Lessen vor, man solle den Fraktionen nach Maßgabe ihrer Stärke den Anspruch aus die „Schwerinstage" rutheiien, sowohl waS die Reihenfolge, als was die Zahl der Anträge, aus deren Verhandlung jede Fraction Anspruch haben würde, betrisst. DaS ist ein praktischer Vorschlag, der Billigkeit und Gerechtigkeit, der sicher einige Abhilfe eines unbestreitbaren UebelstandeS schaffen würde. Da« Wichtigste aber scheint uns zu sein, daß der Reichstag, durch die Er- sabrungen belebrt, aus diesem Gebiet sich selbst Beschränkungen auferlegt. DaS Einbringen von Initiativanträgen hat einen Umfang angenommen, der dies ganze wichtige parlamentarische Recht entartet und wertbloS zu machen droht. Es ist säst nur noch ein Werkzeug der Agitation nach Außen; man will den Wählern seinen Eifer und guten Willen zeigen. Einen praktischen Zweck kann eS ja gar nicht mehr haben, dutzend weise Anträge rinzubrinzen, von denen Jedermann vorder weiß, daß nur der allerklcinste Tbcil zur Beralbung kommt. Dabei sind eS fast auSnabmSloS immer dieselben alten Ladenhüter, und wenn ja einmal einer zur Beratbung kommt, hört man nur immer wieder dasselbe Gerede. Soll dem an und für sich so wichtigen Recht der Initiativ anträge wie auch den Petitionen wieder mehr Inhalt und Werth verlieben werken, so müßt« zunächst eine Sclbstbeschränkung auf solche Anträge stattfinden, die einen praktischen Zweck verfolgen, und sodann müßte mehr Zeit zur Beschäftigung mit diesen Gegenständen geschaffen werde». DaS kann nur durch eine raschere, ausS Z,el loSgebende Behandlung der sonstigen Borlagen unter Vermeidung aller unnützen breiten und nicht zur Sache gehörigen Abschweifung:,, geschehen. Wenn aber freilich Herr Richter, wie er neulich in seinem Blatt ankündigte, allein für die EtatSberaihung ununterbrochen die Zeit von Neujahr vi» Ostern in Anspruch nimmt, dann wirb freilich zu anderen und nützlicheren Geschäften nicht» übrig bletbcn. Ja Oesterreich ist die Wahlreformfrage, an deren glücklicher Erledigung die Existenz de» CoalttionSministerium» hängt, in ein kritisches Stadium getreten. Der Stand der Dinge, wie er sich aus den zahllosen Eonserenzen, VrrirauenS- männer-Versammlungen uad Vorstandsderaihungen ergiebt, ist zur Stunde folgender: Gras Hohenwart, der heule eia«", größeren Einfluß aus die innere Politik übt» denn je, bat seinen ersten söveralistisch gefärbten Reformvorschlag, der neben einem allgemeinen direkten Wablrccht auch wieder die Wahl eines TheilcS der Reichörarbs-Abgeord- neten aus den Landtagen beantragte» fallen lassen. Da für schlägt er bei voller Ausrcchlcrhaltung des bis- berigen WahlmoduS die Schaffung eigener Arbeiter- scctionen bei den Handelskammern vor. Diese Ardciter- scctionen, in welche die in den Kranken- und Unfall- versicherungScasse» eingetragenen industriellen Arbeiter allein einzureihcn wären, Kälten 23 Mandate für den ReichSralh zu besetzen. Dieser Vorschlag erfreut sich vorläufig nur der Gunst der Regierung, die ihre >m März dieses Iabres veröffentlichte» Grundsätze über die Bildung einer neuen, fünften, Wablcurie für alle Steuerträger uuter dem bisherigen WablcensuS von 5 sl. für die industriellen Arbeiter, sowie für Nichtstcuerzabler, bei Nachweis eines bestimmten Btlbungs-Eensus, vorläufig nicht in den Vordergrund der DiScussivn gestellt bat. Man behauptet, Fürst Windischgrätz sei eS, der als Minister präsident seinen vollen Einfluß für die Annahme deS Antrags Hohenwart geltend macht, während alle Vertrauensmänner der vereinigten deutschen Linken, sowie die zu den Eonserenzen bcigezogenen Mitglieder deS Polenclubs, ja selbst die zu Ratbe gezogenen Mitglieder deS Herrenhauses, den Standpunct vertreten, daß der Hohcnwart'sche Antrag unzureichend und Feirrlleton. Der Tag der Vergeltung. 14j . Bon A. K. Green. RaLtruit »erbet«». (Fortsetzung.) „Ja, einen Schlag", wiederholte Huse, ohne den Kopf zu wenden. Der Andere richtete sich hock auf; die breite Brust, der starke Gliederbau sprachen von unbezwungener männ licher Kraft. „Ein Schlag von dem kleinen Ding da", sagte er verächtlich, „würde mir kaum so viel schaden wie ein Mückenstich" „Möglich, aber doch sage ich: kommen Sie ihm nickt zu nahe!" Huse war ausgestanden; den Blick scheu zum Boden gewendet, schritt er an seinem Besucher vorbei, nahm rasch den Riemen von der magneto-elektrischen Maschine und trug ibn nach dem Vorhang hin, der Dalton'S Erfindung verhüllte. Sein Gesicht war asckbleich, wildes Entsetzen malle sich in seinen Zügen, die Augen drohten aus ihren Höhlen zu treten. Er zitterte wie im Fieber, während er den Riemen auf die neue Maschine legte. Dem Andern entging de» GalvanopIastikerS Aufregung völlig. Er war dicht an seine Seite getreten. „WaS haden Sie denn da für ein Ding?" fragte er neugierig. „Eine neue Erfindung, eine Art dynamo - elektrische Maschine", lautete die kurze Erwiderung. Dann nahm Huse seinen Platz am Polirrad wieder ein. scheinbar nur mit seiner Arbeit beschäftigt. Dennoch lauschte er mit verbaltenem Atbem aus jeden Ton, der von drüben an sein Ohr schlug, und namenloses Grauen erfüllte seine Seele. Der Fremde betrachtete die unbekannte Maschine mit augenscheinlichem Interesse, sah die rasende Schnelligkeit ihrer Bewegung und bctastete prüfend bald den. bald jenen Tbril. „Ich bin nicht bewandert genug in diesen Dingen, versiebe zu wenig davon. Wa- mag zum Beispiel der Zweck der Messingknöpfe sein?" — Wa« für ein seltsamer Ton war da»? Stefan Huse hatte ihn auSgrstoßen. — e- klang, al« wolle er ersticken. Dachte er, der unwillkommene Eindring- liag, de» «r offeabar kannte uad fürchtete, werde beide Knöpse zugleich berühren und durch die Kraft de- Strom» lodt zu Boden geschmettert werden? Konnte er ibn nicht warnen vor der grausen Gefahr, weil ihm vor Schrecken die Stimme versagte oder — wollte er eS nickt? Wünschte er. daS Verhängniy möcktc jenen ereilen, oder schauderte er roch zurück vor der fürchterlichen Entscheidung? Seine Spannung sollte nicht von langer Dauer sein. Mit einem kurzen sorglosen Lacken gab der Andere seine Beobachtung aus, näherte sich Huse von hinten und berührte seine Schulter. „Entschuldigen Sie", sagte er, als Jener zusammcnsuhr, „ick habe einen Auftrag für Sie." Der Galvanoplasliker hielt in der Arbeit inne, schüttelte den Kopf und murmelt: ziemlich unverständlich, er habe schon mebr Aufträge, als er auSzusühren vermöchte und könne nickt« Neues Übernehmen. „ES hantelt sich nickt gerade um eine Bestellung", fubr jener fort, „doch würden Sie ein gute« Stück Geld dabei verdienen. Ich suche nämlich nach der Gelegenheit zu einer Unterredung mit Tbomas Dalton, in dessen Zimmer Sie jetzt wohnen, wie Sie wissen." „DaS gebt mich nichts an", entgegnete Huse, wieder eifrig weiter arbeitend. „O doch", erwiderte jener. „Der Mann ist plötzlich ver schwunden —" „Ick weiß", fiel ibm Huse ins Wort, „ich habe ja hier all seinen Plunder noch stehen." „Eben deshalb wollte ich mit Ihnen sprechen." Wie ein schmeichelnd der Ton seiner Stimme klang und wie hock seine gewaltige Gestalt den kleineren Mann überragte! „Wenn Dalton nicht tobt ist — und ich glaube, er ist noch am Leben — so wird er eine» schönen Tage- hierher kommen, um seine Sachen zu holen. Wahrscheinlich ganz im Geheimen, so daß außer Ihnen Niemand etwa» davon erfährt. Sollte bie der Fall sein —" Er zog eine Banknote heran-, um sie Huse einzuhändigen. Als dieser jedoch keine Miene machte da» Geld anzunebmrn, fuhr der Fremde unbeirrt fort: „Dalton ist eia früherer Kamerad von mir; dock hat er kein reckte» Glück gehabt in der Welt; nun läßt e» mir keine Ruhe, bi« ich ibm eine alte Schuld abgezablt bade, die mich seit lange drückt. Sie könnten mir dabei helfen, wenn Sie mir Nachricht geben wollten — sagen wir telegraphisch — sobald er sich hier einstellt." „Sie «ollen ihm ein Leid antbnn", murmelte der andere, „sonst würden Sir mir kein Geld aodietea." „Wie kommen Sie auf den Gedanken? Ich sage Ihne» ja, daß wir Kameraden waren und ick meine alte Schuld bezahlen will. DaS Geld können Sie ruhig nehmen — ich habe keinen Mangel daran." Stefan Huse legte die Banknote bin und nahm seine Arbeit wieder aus. „Ich werde Ihnen tclcgraphiren", murmelte er. „Sic thun mir einen Gefallen", sagte Jener mit herab lassendem Lächeln. „Nur ein Wort und an diese Adresse. Dalton selbst wird eS Ihnen Dank wissen, wenn die Be gegnung zu Stande kommt, ohne daß er vorher darum weiß. Nickt wahr, wir verstehen »nS?" Statt der Antwort steckte Huse die Banknote in die Tasche und legte die Karte, welche Jener ihm reichte, aus den Fenstersims. Da er nun eifrig weiter arbeitete, ohne sich noch nach dem Fremden umzusehen, lachte dieser kurz auf, wie belustigt über den sonderbaren Kauz. „Also, ich verlasse mich auf Sie", wiederholte er und schickte sich zum Fort gehen an. Bald darauf hörte Huse erst die Zimmertbllr, dann die HauStbür geben. Kaum wußte er sich sicher vor seinem Feinde, so sprang er auf, ein wilde» Feuer glllbtr in seinen Blicken, er zog die Banknote heraus, zerknitterte sie in den Händen und riß sie in Stücke, die er in den Kcbrichikastcn schleuderte, welcher im Winkel stand. Mühsam schleppte er sich dann zu Dalton'S Maschine hin und entfernte den Riemen wieder. „Also nickt heute!" murmelte er, „wird eS denn morgen geschehen? Und wenn eS kommt — wird man e« Mord nennen oder —" DaS Wort erstarb ihm aiff der Lippe. Die furchtbare Erregung der letzten halben Stunde hatte seine Kräfte er schöpft, er sank bewußtlos zu Boden. AlS er wieder zu sich kam, war die Dämmerung bereits bereingebrochen. Er «rat an da» Fenster, um eS zu öffnen und frische Luft zu schöpfen; da fiel sein Blick auf die Karte, die ihm der Fremde gegeben. Beim letzten Abendschein la» er den Namen, der darauf gedruckt stand: „Oberst Robert veenng. Rrevoort-RLNS " Zwölfte» Eapitel. Kehren wir nunmehr zu Mary zurück, die wir verließen, al« sie eben in ihre» Vater» früherer Wobnung Zuflucht gesucht und gesunken hotte. Mir klopkradem Herze» stand sie lausche»» da, bald hoffend, bald sürchteod» daß Slaobope bedenklich erscheine. Man wendet wohl mit vollem Rechte gegen ihn ein, daß er durch Berleidung de» Wahlrecht» blo» an die bereit- organisirtcn industriellen Arbeiter die sofortige Organ, ation der nicht im industriellen Betriebe in Verwendung -ebenden Arbeiter zur Folge haben werde, um auch für sich da« Wahlrecht zu erwerben; daß hierin überdies eine Un gerechtigkeit läge, den industriellen Arbeitern allein da» Wahlrecht zu erthcilen, wenn man e» selbst den Personen vorenthält, die eine Steuer, wenn auch unter der Höhe de- bestehenden Wahl- censuS, zahlen. Endlich verwirft man die in dem Hobenwart'- schen Anträge vorgeschlagcue Bildung von Arbeitersrctionen bei de» Handelskammern, weil die Schaffung dieser Institution da« Geschrei um Trennung der Handels- und Gewerbekamiiicr» vermehren würve, da die Kleingewerbtrcibenden längst schon für diese Loslrrnnung agitiren. Von allen Seilen empfiehlt man die Bildung einer neuen Curie mit einem breiten Wahl recht für die llcinen Steuerträger aller Kategorien und für die Arbeiterkreifc, wobei freilich die Zahl der Vieser Curie zu- zucrkenncaden Mandate eine bedeutend bökcre werden müßte. Man nimmt für dieselbe vorläufig die Ziffer von 43 in Aus sicht. Wie die Dinge stehen, wird sich die Regierung nun über einen positiven Vorlchlag klar werden müssen, da die Parteien sich in allen stattgchabten Eonserenzen bisher nicht geeinigt haben. Man fürchtet, die Regierung könnte, falls sie an dem Antrag Hohenwart srsthält, die coalirtcn Parteien vor da« Dilemma stellen, entweder diesen Vorschlag zu acceptiren oder ganz auf eine Wahlrrsorm zu verzichten. Die Wahlrcforn: bewegung ist aber zu wett vorgeschritten, al« daß die Abgeordneten sich beute mit der bloßen Negation befriedigt erachten könnten. Es könnte daher leicht zu einem Conflict zwischen der Regierung und der Eoalition kommen. Der Regierung wirft man vor. daß ibr jede Energie und die richtige Führung sedlr. Fürst Windischgrätz fühlt nicht di'e Kraft in sich, einer Opposition sich entgegen zu stelle» und man meint, daß er bei einem ernsten parlamen tarischen Angriff aus da« Eabinet nicht Stand halte», sondern eher von seinem Posten weichen würde. Daher die Vesorgnisse, mit denen man dem Abschluß der Wablrcsorm Eonserenzen entgcgensieht. Die Eoalition, die obnckin aus nickt zu scstcr Basis rubt, konnte bei dem Streite um die Wahlrrsorm arg zu Schaden kommen. Die Erdbcbrucalamität in Lüüitalten bildet eiuc schwere Heimsuchung für Staat und Volk Italien-, welche in edlem Wetteifer aus da« wirthschaftliche Leistungsvermögen der Nation alle Opfer übernahmen, die für erforderlich er achtet werden, um Italien seine Stellung im Ratbe der Mächte zu erhalten, und nun Millionen über Millionen werben auswenden müssen, um die Wunden zu heile», welche ein verderbliche« Elcmeittarereigniß dem Lande gc schlagen. Ohnehin gehören Ealabrien »nd Sicilicn, wo die Bodenerschtttleruiigen am schlimmsten gcwnthct haben, zu de» wirtbschastlich am wenigste» günstig entivickeltcu Thcilcii deS Königreiches, und cS wird der größten Anstrengungen de dürfen, um. da noch obendrein der Winter vor der Tbür stebt, dem Eintritt eines wirklichen NolhstantcS der Massen wirksam vorzubcugcn. Soweit die von der Apennincn balbinsel vorliegenden SttuatlonSbrrichtc erkennen lasse», regt sich denn auch schon, unter Vorantritt des KönigS bause», überall der Geist privater Hilfswilligkeit, und die Liebesgaben zum Besten der Opfer der Erdbebenkatastrophen beginnen in reichen, Maße zu fließen. Unter dem Eindrücke deS WaltcnS übcrinächtigcr Naturkräfte sind die im Vcr- bältniß zu den durchlebten erschütternden Momenten doch nnr kleinliche» politischen und wirtdschaftlichcn Gegensätze weit in den Hinlcrgriind getreten. Der vor gewissenlosen Dolks- vcrhetzern in eine vollständig schiefe Auffassung vom den Weg zu ibr finden möchte. Sie hörte, wie er draußen die Klingel zog, wie er den Verwalter von seinem Bcgcdr unterrichtete; dann kehrte Letzterer zurück und die HauStbür schloß fick wieder. „Jetzt", dachte sic, „wird der Wagen sortsadrcn", allein sie vernahm kein Räkergcrassel, so scharf sie auch horchte. Mit einem tiesen Seufzer wandte sie sich hierauf dem fremden GcwerbSmann zu, der sie eingelassen balle. Sie betrachtete seine gebeugte Gestalt, da« dünne, graue Haar, da» ibm über die tief gefurchte Stirne fiel, die gebräunten und mit Narben bedeckten Hände, welche jetzt eifrig de schästigt waren, einen polirtcn Gegenstand in Seidcnpapier zu wickeln. Mehrere Secunden lang schwiegen Beite und kein Laut unterbrach die Stille draußen und drinnen. Plötzlich klickte der alte Mann empor, faßte sic sest ins Auge und flüsterte zärtlich: „Mary!" Mit dem Ruf: „Vater, mein Vater!" warf sie sich ibm in die Arme, und er kielt sie lange und innig umschlungen. Als sie sich endlich auS der Umarmung löste, waren ihre Wangen thränenseuckt. Sie betrachtete den Greis, der vor ihr stand, mit verwunderten Blicken. „ES ist mir ein Räthsell" ries sie. „Bist Du eS denn, der das Geschäft hier in der Werkstatt betreibt? Du bist mein Pater und doch so verändert, ick würde Dich nun und nimmermehr erkannt haben» hättest Tn mich nicht beim Namen gerufen." „Gott sei gedankt dafür!" murmelte cr heftig bewegt. „Aber sage mir", fuhr er fort, als ihre Augen wieder un willkürlich nach dem Fenster schweiften, „vor wem bist Du eigentlich geflohen ?" „Vor Slandope White", stammelte sie. „Er liebt mich, aber ich kann ihm nicht angeboren. Ick weiß nicht, was au« mir geworden wäre, hallest Du Dich meiner nicht an genommen. Aber wie hast Tu Dich nur so verwandeln können? Dein braune» Haar —" Er errötbete vor seinem eigenen Kinde — cS war eia schmerzliche- Gefühl. „Ich habe ei gefärbt, um mich ua- kenntlich zu machen." „Ader auch Dein Gesicht ist so ganz ander», so danket und sonderbar. Du hast Deine Augenbrauen verloren." „Nein. Marv. ich habe die Haare einzeln au«gerisien." „Unmöglich, Vater." „Wa« «Hut der Mensch nicht, wenn sein Leben bedroht ist?* .^Drohl Dir Gefahr von jenem pockennarbigen Manne?
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