Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 27.11.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-11-27
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18941127028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894112702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894112702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-11
- Tag1894-11-27
- Monat1894-11
- Jahr1894
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
v»-««s.Pret» Gl de» chnntztexpedttto» oder de» t» vtad«- tzeulrl »nd de» Vororten errichteten A«S- -abestell«» «b-eholt: vterteljLhrltch^ll.üO, d«t »wet»ati«r täglich« ZnfteUu»» in« Hau« -äl bchL Durch di« Post bezoßeo für Deulschlanb »ud Oesterreich: vierxlitdrtich 6.—. Dirrctr täglich« Areuzbandiendnag in« Lullaud: nwuatlich ?chg. Di» Morgru-Nu-gab« «rfchrint täglich '/,7Uhe; di» Aveud-Aurgad« Wochentag« 5 Uhr. Nrdiittto, »«> Lrpe-itt«»: Z»tznnne««ass« 8. DlelMditi»» ist Noch«,lag« »„niterbrochen >E»«t von früh 8 dt« Abend» 7 Uhr. Filiale«: Lee» Me»»'« vnrtt«. (Alfred -atz»^ Uuiversltütsstrod« 1, L»ni« Lösch«. Wichartuenftr. II. pari. u»d EvniqSvlatz 7. Abend-Ausgabe. Anzeiger. Organ fSr Politik, Localgeschichte, Handels- and Geschäftsverkehr. Ll»zeige»-Prets dir «gespalrme Petitzeile iv Pfß. Reklame» unter dem RedactionSftrisch (««»- spalte») bv-g, vor d«a FamUteonachrichten (Sgespaiteu) «0^. ch rohere Schristea laut uufrrrm Prri«- Uertetchuiß. Tabellarischer und ^iffernsatz aach HSHernn Tarif Ertra-Beilage» (g«salzi>, ,ur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbejorderung ^ti 60.—, mit Postdesärderung 70.—. ^nnahmeschlnk für ^n)ei,e»: Rbeud-RuSqad«: vormittag« 70 Uhr. Vorg»»-Lu«gade: Nachmittag« 1UI»r. Sonn- aud Festtag« früh '/»8 Uhr. Bit d«a Filiale» uud »unadmestalleu je «t», Halde Stand« früher. A»iei>r« find stet« «» di« Gchpedtti»» 1» richte». Druck und Verlag uo» E. Pol» iu Leivtlg KVK. DienStag den 27. November 1894. 88. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig. 27. November. Ein tiefer Schmerz ist heute dem größten und verdienst vollsten aller deutschen Zeitgenosten und mit ihm der ganzen deutschen Nation, soweit sie nicht aus Parteibaß jedes Mit gefühls sich entäußert hat, bereitet worden! Heute srüb um 5 Uhr ist die Anrsttn vi-marS in Barzin gestorben. Damit ist eine Ehe gelöst worden, die in jeder Hinsicht als ein Muster bezeichnet werden kann. Wenn die Verblichene auch nicht die treue Gattin unseres großen Staatsmannes gewesen wäre, so würde sie doch auch einen ehrenden Nachruf verdienen als deutsche Hausfrau, als Vorbild einer liebenden, aufopferungsvollen Gattin. Und da- >st ja auch so rin echt deutscher Zug im Leben BiSmarckS, daß er in Freud und Leid stets seiner Frau gedachte, daß er mit ihr in ein- verwachsen war und sie zu der Vertrauten seiner Gedanken machte. Und vaS ist auch wieder ein echt deutscher srauenbafler Zug in ihrem Charakter, daß sie immer nur das Weib war an der Seite ihre« großen Mannes, daß sie nie und nimmer versuchte, sich in die Politik zu mischen, sondern ibr fern blieb und so ihrem Gatten die Zuflucht des Hause- offen hielt, wenn er an gegriffen und abgearbeitet Erholung suchte. Zu Hause fand er sie. Das wußte BiSmarck wobl zu würdigen. .Der Befehl meine- Herrn endet am Salon meiner Frau." DaS war da- stolze Wort, da- er am 15. März 1890 dem Kaiser sagte. Die Verstorbene war eine geborene Putlkamer und ge boren am ll. April 1824. Am 28. Juli 1847 schloß sie mit Otto von Bismarck die Ehe, der eine Tochter, die Gräfin Rantzau, und zwei Söhne entsprossen. Als sie damals dem einfachen Edelmann die Hand zum Bunde reichte, ahnte sie gewiß nicht, daß sie an der Seite diese- Mannes aus die höchsten Höben der Menschheit steigen würde, sic ahnte gewiß nicht, daß sie als die gefeierte Gattin dcS größten deutschen Staats mannes eine der ersten Frauen Deutschland- sein würbe. Die beiden Gatten waren wie für einander geschaffen. Welche tiefen Einblicke in das traute Familienleben gebe» mcht die Briefe BiSmarck S, die er in früheren Jahren so bäufig nach Hause schrieb uud in denen sich sein Innere- so ganz offenbart, in denen er uns menschlich so nabe tritt. In den Briefen auS Frankfurt, wo er als Gesandter beim Bundestag weilte, ist er der heitere geistreiche Plauderer, in den Briefen auS Petersburg tritt schon »ihr der Diplomat hervor, aber alle diese Briefe athmen die Sehnsucht nach dem Heim, die zärtliche Liebe zu feiner Johanna. Und wie treu bat sie ihn behütet! Wir wissen nicht, was in so mancher Stunde vor oder nach großen Ent scheidungen, die folgenschwer für die ganze Welt waren, zwischen den beiden Gatten gesprochen worden ist» aber auS dem Charakter der Beide» geht hervor, daß sie gewiß manch ernste- Wort geredet, daß die Verblichene in liebender Ver ehrung ihren Gatten manche- Mal beruhigt und besänftigt hat, wenn sein Lerz unruhig klopfte und die Hand im Zorn geballt war. Und wenn dann das böse Leiden kam, ba den großen Recken so schwer befiel, wenn er sich unter den Schmerzen de- Ischias wand, dann ist sie es gewesen, die an seinem Bette saß, ihm Trost zusprach und seine Schmerzen zu lindern suchte. Vielleicht tbat sie manchmal zu viel ve« Gut«, vielleicht suchte sie auch, wenn die Künste des Arzte- nicht mehr reichten, die Mittel auS dem großen Arznei- schatz« de- Volke- an'uwenden. Aber wenn ihr Gatte darüber in gutmütbiger Weise scherzte, so wußte er doch ihre Handlungsweise zu würdigen, entsprang sie doch uur der reinen, wabren Liebe der Frau, die alle- thut und nicht- unversucht läßt, um ihrem Manne dienlich zu sein. Viele kamen nach FrievrichSrub. Dort liegt tief versteckt im WaldeSdunkel, an einem kleinen Wasser, da einfache Landhaus, da- in den letzten Jabren dem großen Reichskanzler vorzugsweise zum Aufenthalt diente. Dort schaltete sic als lhäligc Hausfrau. Mit liebevoller Strenge wachte sic darüber, daß „ibn" nickt- anfeckte, daß er nicht zu sebr durch Besuche angestrengt wurde, daß er genau nach den Vorschriften de- ArzleS handelte, und willig unterwarf sich der große Mann diesem weiblichen Regiment. Dort in Fricdrichöruh auf der rinsachen weißen Terrasse wird er ibr oft i» die treuen Augen geblickt haben und so mögen sie oft Hand in Hand gesessen baden, um den Strom der Erinnerungen an sich vorüber ziehen zu lasten. Da mag immer wieder da- Gefühl de» reinen Glückes über >b» gekommen sein, daß er gerade sie unter den Töchtern de- Lande- aussuchte und zu seiner Gemahlin machte; da mag er oftmals ihre Hand gevrückt uud rur für die Liebe getankt baden, die sie ihm tatd fünfzig Jabre unwandelbar entgcgrngebracht hatte. Scincin Herzen >>t jetzt da- bitterste Leid bereitet worden, bitterer als Alle-, was die Welt an ibm gethan. Nun wird auch er nach jener ewigen Ruhe sich sehnen, in die ihm die treue Gcsäbrti» vorausgegangcn ist. Und da» ist e», wa nnt der tiejslen Wehmulh alle seine dankbaren Verehrer erfüllt. Die „Nordd. Allg. Ztg." meldet« bekanntlich dieser Tage, daß dem Reichstage zunächst nur die sogenannte Umsturz vorlage zugcben werke, der Etat erst später und gleichzeitig mit der Tabakstruervorlage. Darüber war die Presse der negativen Parteien heftig entrüstet; ja sie erblickte in dieser Disposition eine förmliche Herausforderung de- Reichstag». Um so größeren Jubel wird e- bei diesen Parteien erregen, daß beute die „Nordd. Allgem. Ztg." jene Meldung al» eine irrige bezeichnet und hinzusügt, man habe allen Grund, anzunedmen, daß man an maßgebender Stelle nach wie vor (?) gesonnen sei, an der bisherigen Praxi» festzuballen und dem Reichstage beim SessionSbeginn sämuitlichc bi» dahin fertige Vorlagen, also namentlich den Etat, sogleich zu überweisen. Wenn diese „Berichtigung" nicvt die Vermuthung nabe legte, der neue Reichskanzler weiche der Opposition, so hätte man nickt gerade Ursache, sich zu entrüsten. Auch wenn dem Reichstage vor Wrid- nachten nur die Umsturzvorlage zugezangen wäre, so hätte doch kein Mensch die Opposition zwingen können, diesen Ent wurf „reinlich" und sachlich zu bebandeln und nicht alle- Mögliche in die Debatte zu zieben, um die Durchberatbung der Vorlage zu verzögern. Die Mebrbeit Licber-Bcbel-Lieb- kncckt bat nun einmal schleckte parlamentarische Sitten, da» kann nach ihrem Verbalten zur Steuerreform nicht bestritten werden. ES ist also nicht wahrscheinlich, daß sie durch die formelle Be schränkung der Verhandlungen auf «ine einzige Materie zur sachlichen Behandlung sich veranlaßt aeseven hätte. Vor Allem, darüber darf man sich keiner Täuschung bingeben, würde schon die Nichleinbringung de» EtarS zum Borwand für langwierige Reden gedient haben. Und der Etat selbst, sowie nicht minder die Tabaksabrikatsteuer würden in die Be- ratbung der Umsturzvorlage hineingezogcn worden sein. Wer hätte eS verhindern können, dag Herr Bebel „nach gewiesen" hätte, der rigenilicke Vorkämpfer de- Um stürze- sei der „Militarismus", wie er im HrereSelat al« „schrecklicher Moloch" bervortrete, und wenn Herr Richter „dargelban" bätte, der einzige revvlutionircnde Factor seien die indirekten Steuern und „Umsturzgescye" müsse man nicht gegen die Socialvcmokratie, sondern gegen die Herren Miguel und v. Riedel machen? DaS Centrum seinerseits läßt soeben verkünden, e« werde „seine ganze Macht rücksichtslos auSnutzen", um die Aushebung der „noch bestehenden kirchenseindlichea Gesetze" zu erzwingen. DaS ist wegen de- Jesuitengesetze» nickt einmal eine rein preußische „Angelegenheit", und wenn auch, o kann man die klerikalen Agitatoren nicht abhaltcn, wen» >r bei der Beratbunz der Umsturzvorlage auSsübren, die- ei die Hauplsachc in einem Kampfe für Religion, Sitte und Ordnung. Auch die ZwangSinuung und der BesäbigungS uachweis würden kaum verfehlt baden, al- „Kernpunclc" aus der Bilksiäche zu erscheinen, obwohl eine Handwcrkervorlagc ür diese Tagung gar nicht in Aussicht siebt. Was kann da >ir Zurückstellung bestimmt erwarteter, beziehungsweise ver- ass»i,gSmä»ig gebotener Entwürfe bi- nach Weihnachten viel nützen? Man muß de» Reichstag eben consumiren, wir er ist, oder suchen, einen anderen zu bekommen. UebrigenS taffen sich auch geschäftliche Gesichtspunkte für eine gleichzeilige Einbringung aller beim Zusammentritt dc- ReichstageS fertigen Vorlagen geltend machen. Der Reich-tag tritt diesmal viel später zusammen, als gewöhnlich, und an einer möglichst frühzeitigen Fertigstellung re- Etat» ist außer den Finanzministern der Emzelstaaten auch eine Reihe von öffentlichen Verwaltungen iniercssirt. Man ersieht hieraus, daß auch für die jetzige Absicht der Regierung sich gewichtige Gründe geltend machen lasten. Auffällig bleibt es gleichwohl, daß die Osficiösen noch gestern aus da» Entschiedenste die Beschränkung der dieSjäbrigrn ReickStagSverbandtungen auf die Umsturzvorlage versochten. Eine kleine Ueberraschung bat also Fürst Hohenlohe den deutschen Wählern schon bereitet. Ob andere folgen, muß abgewartet werden. Daß er die Absicht babe, mit einer programmatischen Erklärung vor den Reichstag zu treten, ist nach dem „Hamb. Corr." kcineSwcg- sichcr; auch da» sei noch fraglich, ob die Thronrede über die brennenden Tagessragen mit der rr«vü»schten Präcision sich au-sprechen werde. Daß eS mit der ringeriffenen Entartung in der Se- schiftsbchandlun« «es Reichstag- so wir biSder nicht weiter geben kann, gesteben jetzt auch ultramontane Blätter zu. So schreibt die „Schles. VolkSztg.": „Die bedauerliche Er scheinung, daß da- Parlament von den Initiativanträgen und den Petitionen nur einen kleinen Tbeil erledigt und so die entsprechenden vcrsaffung-mäßigcn Reckte im großen Umfange illusorisch werden läßt, wird überhaupt nicht durch neue Paragraphen sich beseitigen laste», sonder» uur durch ein« bessere Ausnutzung der Zeit von Anfang der Session an. E» wäre eine Menge kostbare Zeit zu gewinnen, wenn bei der ersten, allgemeinen Be sprechung eines Entwurfs sich die Redner kürzer fassen wollten. Gegen Ende der Session, wenn in weuigen Tagen noch ein großer Nest aufgearbeitet werden muß, wissen sich die Redner schon knapp zu fasten; wenn man von Anfang an nur kalb so viel Eifer und Kunst in der Kürze vcS Ausdrucks anwenden wollte, so brauchte nicht so viel Wichtige» in den riesigen Schlußpapierkorb zu wandern." DaS klerikale Blatt empfiehlt da- Verfahren de» Reichstag» bei der Behandlung de» JesuitenantragS, wo sämnttliche Fraktionen sich aus ganz kurze Erklärungen be schränkten. „Die sormulirte FractionSrrklärung in der ersten Lesung verdiente überhaupt mehr in Anwendung zu kommen. Mit der Einschränkung der Brochüren- Beredsamkcit würde auch die Frequenz de- Reichstage» sich besser gestalten; denn die Sitzungen, in denen nur geredet und nickt- beschlossen wird, verführen zur Abwesen heit". Wir können diesen Ausführungen im Allgemeinen nur bristimmen, wenn wir auch mit der Behandlung de» JesuitenantragS zufrieden zu sein keine Ursache baden. Im Ganzen ist da» Volk der langen, ermüdenden und unfrucht baren Reden, bei denen doch nicht» Praktische- berauS- kommt, herzlich müde. Es will rasche Entscheidungen sehen, kein tagelange« Gewäsch mehr hören. Hoffentlich Hilst da» Centrum auch thatsächlich mit» Vits« Miß tände zu beseitigen, und r» könnte sich dann wenigstens bei den geschäftlichen Dispositionen eine geschloffene Mehrheit de- Reichstags bilden. Da- ist keine Parteisache uud würde nur zur Kräftigung de- geschwundene» Ansehen« unseres Parlamentarismus beitragen. Tie Toulauser Wahlfälsch««,,e«, welche gestern zur stras gerichtlichen Verbandlung gelangen sollten, bilde« einen nichi uniutercssanlcn, aber den in Frankreich politisch tonangebendcu Parteien augenblicklich kochst unliebsamen Beitrag zur Cha rakterisirung der unter den Auspicien der Republik Geltung habenden öffentlichen Moral. Seit Jahr und Tag ist bei den Wahlen de« Toulouser Bezirk» unter den Auge» und, wie man allgemein sich überzeugt hält, mit Vor- wisscn der oberen Verwaltungsbehörden von den uatür- lich böchst radikal und volkssrrundlich gesinnte» Leitern de» WahlapparatS saus nens darauf lo-gesälscht worden Unbequeme Wähler, d. h. solche, vou denen die Macher sich der Abgabe monarchistischer oder imperialistischer Stimmzettel verjaden, wurden aus den Wahllisten einfach gestrichen vezn ihre Namen durch die Namen fingirter Periönlickkeiten ersetz! längst Verstorbene wurden, sofern sie zu der radikalen Partei gekört batten, in den Listen weiter geführt, ebenso radikale Wähler, die auS Toulouse verzogen waren oder denen ihr Wahlrecht durch strasgerichtlichcS Unheil aderkannl war, Wahlprotokolle und Wahlmanvate wurden ge fälscht — kurz eS handelt sich bei dem gestern er öffneten Scanval- und SeiisativnSproccß um einen ganzen Rattenkönig von zu höherem Ruhme der radikalen Partei vorgenonlineiien korrupten Wahlmanövern. Ter ganz Schwindel hätte »och wer weiß wie lange sortdauern könne», wenn nicht ein seines Dienstes, höchst unkluger Weise,, wie man vom Slankpunclc de- in Rede siebende» System- aus sagen muß, entlassener städtischer Beamter, ehemaliger Vor sitzender reS städtische» WablbureauS, der Citoyen MaScaras, aus Rache sich zu Enthüllungen entschlossen hätte. Da der Tenunciant behauptete, er habe nur ans Weisung seiner direkten Vorgesepic» gebandelt, so konnte die Be Hörde nicht umhin, eine Untersuchung anzuordnen. Dieselbe wurde benutzt, um möglichst viele in den «candal vrrwickckic höher stehende Persönlichkeiten außer Verfolgung zu setze», indem mau ihren Handlungen die charakteristischen Merkmale de« Verbrechen« der Fälschung adsprach; anderen Delikten wurde die RecktSwobltdal der Verjährung zugebilligt. so daß schließlich nur der Dcuuncianl selber und ein paar Schreiber wegen der begangenen Wahlfälschungen sich zu verantworten haben, also Persönlichkeiten von so untergeoroneter Stellung, daß es von vornherein klar ist, wie wenig bei ihnen davon die Rede sein kann, aus eigene Faust sich aus ein so gefährliches Terrain gewagt zu haben. Der Toulouser WahlsätschungSproeeß er scheint daher minder intcressanr wegen der Personen, die darin austreten, als wegen der anderen, vor denen er Halt macht, aber deren Namen im Verlaus der Verhandlungen wobl mehr at- einmal zur Sprache gekrackt werden dürsten. Br» in die allerletzten Tage war man übrigen- in Toulouse non- keineswegs sicher, dag der Proceß überbaupt zum angekündigien Termin eröffnet, bezw. daß er, wenn eröffnet, in einem Teno, ordnungsmäßig zu Ente gesüdrt werden müßte. Man spra>.' davon, daß eine Vertagung desselben beschlossene Sache sc:, angeblich um der Justiz Zeit zu genädren. sich die eigeni ticken Schuldigen näder anznsrben, in Wahrheit, um ihn der Vergessenheit anheim fallen zu lassen. Der ebemalige italienisch« Ministerpräsident Gio- litti ist, wie schon gemeldet, als Zeuge vor den Unter suchung-rickier geladen worden, um über die Unterschlagung wichtiger Papiere im Baaca Romana-Proceß vcr- Feuilleton« Der Tag der Vergeltung. 18) Bon A. K. <8ree». Nachdruck «ertotni. (Fortsetzung.) Dir Fahrt nach dem ClubhauS wurde schweigend zurück- geleat; beide Männer waren vollauf mit ihren eigenen Ge danken und Plänen beschäftigt. Erst unmittelbar vor dem Hallen de» Wagen- nahm Stanhope da» Wort. „Hätten Sie etwa- dagegen einzuwenden", sagte er, „wenn mein Freund, Jack Hollister, unserer Unterhaltung beiwohnte, oder würde die Anwesenheit eine« Dritten Sie weniger geneigt mache«, sich offen auSzusprcchen?" „Wenn Sie Zuhörer zu haben wünschen", lautete die gelassene Antwort, „so ist da« Ihr« Sach«. Ich würde Ihnen sedoch ratben, da» Gespräch lieber unter vier Auge» abzu machen. Meiner Ueberzeugung nach sollten dergleichen Dinge so wenig wie möglich an die Oeffentlichkrit gelangen." Stanhope schwankte einen Augenblick, ob er diesem Ratbe Gebör geben oder seinem eigenen Gefühl folge» solle. Er beschloß, einen Mittelweg zu wählen. „Gut, lassen Sie un» die Unterhaltung allein beginnen", versetzte er; „ich behalte mir jedoch vor, meinen Freund herbeizurnfen, sobald mir seine Gegenwart wünschen-werth erscheint." „Wie Sie wollen", erwiderte Deering gleichmüthig. Äm Elubhau» angelangt, ließ sich Stanhope ein Privat zimmer auweisen und beauftragte den Diener zugleich, Herrn Hollister» der sich im Lesesaal befand, zu bitten, in da« Neben gemach zu kommen, da er ihn noch vor dem Fortgehen zu sprechen wünsche. Da« Zimmer, welche« er nun in Derrina « Begleitung betrat» war reich möblirt. Gerade der Thür gegenüber hin« ein hoher Pfeilrrspiearl, der ihr Bild in ganzer Größe znruckwars; Stanbope « Mienen verriethcn seine innere Er regung, da« Gesicht de« Obersten war ungewöhnlich blaß. S>e standen einander jetzt Auge in Auge gegenüber. »Sie haben weinen Vater am Morgen seine« Tode« ge sehen, Herr Oberst", begann Stanhope, jede Einleitung ver- schMähend» „und zwar allein in seinem Studierzimmer; gewiß habe» See einig« Wort« «il ihn, gewechselt." „Ganz recht; wir batten «in kurze« Gespräch." „Ich befinde mich in einer seltsamen Lage, Oberst Deering! Ihnen — einem Fremden gegenüber — bin ich gezwungen, mein wichtigste« Gehrimniß zu entbüllen, da- mir nicht über die Lippen lammen sollte. Es betrifft meine» Vaters Tod. Die Welt, die öffentliche Meinung, unsere Freunde, sind der Ueberzeugung, daß die Pistole zufällig loSgegange» ist; aber, wir, das heißt seine Frau und ich, fürchten, mein Vater babe sich selbst erschaffen, um eine« geheimen Kummer« willen, ober aus irgend einer andern bi« setzt unaufgeklärten Ursache Hierüber suche ick mir Licht zu verschaffen." „Ick werde Ihr Geheimniß bewahren", versetzte Deering, „doch begreife ich nicht, warum Cie r» mir anvertraurn. Daß Ibr Vater durch mich in einem so kritischen Augenblick in den Besitz der Waffe gelangt ist, lastet mir schon schwer genug aus der Seele." „Sie willen nicht, um was e- sich für mich handelt. Mein ganze« LebenSglück bängt davon ab, ob sich ermitteln läßt, in weicher GemülbSversaffung mein Vater an jenem verhängnißvollen Morgen war. Fiel der Schuß nicht mit Vorbevacht oder fiel er au» einem Beweggrund» der zu Ihrer Person in keinerlei Beziehung steht, daun bin ich berechtigt, meinem Herzen zu folgen und die Gattin hrimzufübren, welche die Vorsehung sür mich bestimmt zu haben scheint Sind Sie dagegen aus irgend welche Weise in jene Angelegen heit verwickelt, dann ist dieselbe sür mich noch von tausend Rätbselu umbüllt. Ich müßte mich scheuen, einen entscheidenden Schritt zu »bun, dessen Folgen unberechenbar wären, sowobl sür mich selbst al« für da« unschuldige Mädchen, da» ick liebe." „Ihre Behauptungen sind mir unverständlich", entargnete der Oberst schroff und abwehrend. „Wa« veranlaßt Sie denn zu glauben, daß ich irgend welchen Einfluß auf Ihre« Vater« Gemüth-stimmung an jenem Morgen gehabt habe?" „Ich rede nicht ohne guten Grund. Wir wissen, daß Sie etwa um zehn Uhr bei meinem Vater waren. Vorder erschien er beiter, glücklich und leben«sreudig, wie sich da« an seinem Hochzeit«tag nicht ander« erwartrn ließ. Al« ich ibn wiedersah und zu ibm in den Wagen stieg, fand ich ihn blaß, schweigsam und höchst niedergeschlagen. Wa« ist wohl natürlicher, al« anzunehmen, daß Ihr Besuch etwa« mit dieser Wandlung zu thun hat — einen andern hat er nicht em- psangen." Der Oberst war unruhig auf und ah gegangen, jetzt blieb er Stanhope gegenüber siebe» und blickte ihn lange und forschend an. al« wolle er de« junge» Manne« ganze« Sein und Wesen ergründen, sammt der Zukunft, die vor ihm lag. „Sie batten nicht unrecht, die« in Betracht zu zieben", äußern er endlich in bedächtigem Ton, „doch werden Sie weitere Nachsuckungen anstelle» müssen, um die Ursache zu finden, die Ihren Vater, einen so bedeutenden Mann, in den Tod getrieben hat, wie Sie argmöbnen. Wa« mich betrifft, so batte ich nur den Zweck, ibm mein Geschenk zu überbringen, und die wenigen Worte, die wir dabei wechselten, waren nicht« als die Begrüßung zwischen zwei alten Kameraden." „Wirklich — nicht» andere«. Herr Oberst?" Deering « Selbstbeherrschung war nicht leicht zu erschüttern, doch fühlte er, daß ihm die Rothe in die Wangen stieg. „Sie zweifeln an der Wabrbril meiner Rede, Herr White? — Entweder, Sie haben triftige Gründe dazu, oder Sie sind nicht der Ehrenmann, sür de» ich Sie hielt." Statt der Antwort schritt Stanbope nach dem andern Ende de» Zimmer- und klopfte an die Wand. „Ich wünsche, baß mein Freund bei unserm ferneren Gespräch zugegen ist", sagte er» seine Aufregung gewaltsam bezwingend. Al« gleich darauf Jack Hollister'« schlanke, vornehme Ge stalt in der Thüröffnung erschien, wartete Sianbop« in seiner Ungeduld, da« Gespräch wieder auszunrbmen, de« Freunde« Fragen gar nicht ab. „Schenke mir Deine Aufmerksamkeit, Jack", begann er stürmisch. „Oberst Deering verlangt zu wissen, warum ich bei meiner Ansicht beharre, daß er genauere Au«kuast über meine« Vater« letzte LrbenSstunden zu geben vermag, aber nicht dazu geneigt ist. Ich möchte, daß Du als Zeuge zugegen bist, wenn ich hierauf Antwort ertheile. Willst Du « r dm Gefallen lhun?" Jack sah die Reckengestalt de« Fremden, da« Gesicht mit den Blatternarben und wußte, wen er vor sich hatte. Deering'« flüchtiger und herablassender Ton brwie« dagegen, daß er den modisch gekleideten jungen Herrn für zu un» bedeutrnd hielt, um ihn seiner Beachtung zu würdigen. Dieser Umstand war sehr günstig für Jack, denn er erlnchtrrl« ihm dir Rolle, di« er zu spielen gedachte. „Ich stehe gern zu Diensten", sagt« rr in aleichgültig schläfrigem loa und streckte sich behaglich in d«a bequemsten Lebnsiudl au«. „Sage dem Herrn nur, wa« Du ihm mitzu- theilen hast." Stanbope kannte seinen Freund und ließ ihn gewähren. Er wandt« sich nun dem Oberste» wieder z». „Ich «irderbole die Behauptung", saatr «r» „baß Sie »«in«« Vater euu Mittheilnag gemach» Hab«, müssen, die ihm plötzlich alle Lebenslust und Freude raubte, wenn nickr vielleicht schon Ihr bloßer Anblick in ibm eine furchtbare Erinnerung wach gerufen hat, die im Stande war, eine» Mann darnieder zu schmettern, den weder Schmerz noch Enttäuschung je zu bezwingen vermochte. Die erschütternd die Wirkung Ihrer Unterredung war, beweist schon der Um stand, daß mein Vater unmittelbar darauf seine letzten Vcr sügungcn traf. Auch scheint Ihre Gegenwart häufig Schrecke» zu verbreiten. Ich kenne einen andern Mann, dem vor einer Begegnung mit Ihnen so sehr graut, daß er in seiner Angst au« dem Hause entflohen ist, um nie mehr dahui zurückrukebren." „Sie sind wirklich gut unterrichtet", erwiderte Deering mit bedeutsamem Lächeln. „Fast scheint e» mir. Sie wissen ebenso viel von meinen Angelegenheiten, al- ich schon längn von den Ihrigen weiß." „Durchaus nicht. Ich weiß nicht- Nähere» über S e Aber Tboma» Dalton kenne ich. WeSbalb verfolgen Sie ihn uud warum brachten Sie meinem Vater an seinem Hock zeitSmorgen eine Pistole »um Geschenk t Der Oberst schien aus jeden Angriff vorbereitet. „Die beiden Menschen, die Sie da in einem Athen« neunen", sagte rr, „haben nicht« mit einander gemein." „Und doch bestand eine Ähnlichkeit zwischen iboen: ich erinnere an die seltsame Narbe aus der Fläche der linken Hand. Sie behaupten, ein früherer Kamerad meine- Vaters gewesen zu sein. Waren Sie nicht auch ein Kamerad vo» Thoma« Dalton?" Bei dieser Frage fuhr der Oberst sichtlich zusammen, aus seiner Stirn lagerten sich düstere Falten, und der drohende Blick seiner Augen schien Stanhope warnend zuzurufrn, rr solle nicht weitrr forschen. ,^Da« steht in keinerlei Beziehung zu der Sach«, welche wir besprechen", rutgeanrte er. „Samuel White ist wdt und die Vergangenheit sollt« füglich mit ihm begraben werden. Dran aber Tw, sei» Sohn, mich drängen. Ihnen Virsrlbe wider meinen Willen zu offenbaren, so bin ich bereit, Rede und Antwort zu stehen, soweit di« Sache ihn betrifft. Uebrr mein Verhältniß zu Tboma- Dalton babe» Sit jedoch kein Recht, Auskunft von mir zu verlangen." „Sei r« drum. Mir scheint, wir werden schon genug Traurige« zu hören bekommen, wenn da« Gebrimuiß Ihrer frühere» veziehnngra zu meinem Vater rutdüll» wird. E« «uß sich n« Ereignisse handeln, di« fast dreißig Iah« chk
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite