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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.12.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-12-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18941206026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894120602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894120602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-12
- Tag1894-12-06
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Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vieneljahrlich » 6.—. Dkect» tägliche Dreuzbandlendung i»s Ausland: monatlich 7.kO. DK Morges-Lutgabr erscheint täglich'/,7 Uhr, dk Abend-Autgab« Wochentag- S Uhr. Nrd«ctto» >»- Lnrr^itiou: A»tz«n»e«,»ffe 8. DK Lroeditioa ist Wochentag» onunterbroche» ,r»ff»et »v» früh 8 bi- Abend» 7 Uhr. Filialen: Vit, «e»«'» r,rtt«. («Isred Hahn), Universität-strabe l, Laut« Lösche, Kathariaensk. 1«, pari, und König-Platz 7. Abend-Ausgabe. UnpMr.TagMalt Anzeiger. VW» für Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. «n-eigeaPre» >kr 8 gespaltene Petitzeile SO Veclame» unter demRedaction-stttch (4gM spalknl SO^, vor den Aamilieanachrichte» («gespalten) SO^tz. chröhere Schriften laut unserem Dtri«» »erzeichnih. Tadellartschrr uud Ztssemrsatz nach höherem Turts. Ertr«-Veil«gen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe , ohne Postdes-rdernn» SS —, mit Postbesorderung 70.—. ^mi»h«rschl»h fiir Rtyri-e»: Abrnd-Au-gab<: Vormittags 10 Mr. Margen-Ansgabe: N-chmUtag« 4 Uhr. Sonn- und Festtags früh '/,S Uhr Vel den Filialen und Annahmestellen je eine dalbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Ertzetzitisn zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig ^«23. Donnerstag den 6. Dccembcr 1894. 88. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig. 6- Tecember. G« wird nicht an Leuten fehlen, welche Ueberraschung iiber die Thronrede heucheln; die ersten Anläufe zu diesem Beginnen finden sich schon in einigen Berliner Adrndblättern. Natürlich ist damit nicht die „Enttäuschung" gemeint, welche freisinnigen Zeitungen der „trockene, geschäftsmäßige" Ton der kaiserlichen Kundgebung angeblich bereitet hat. DaS Fehlen alle« Pathos m den Thronreden ist alte preußische und deutsche Ueberlieferung, und iiberdie« läßt die Erwähnung de« neuen Hause« der Volksvertretung zum Beginn der Rede, wenn man sie nicht mit den Obren des künstlerischen Schöpfer« des Baues hört, ebenso wenig Wärme vermissen, wie der 2lppell an die Einigkeit, mit dem der Kaiser geschlossen hat. ÄaS man beanstandet und wahrscheinlich zu einem kleinen ZcitungSsturm ans die neue Regierung benutzen wird. daS ist der Verzicht auf die besondere Hervorhebung der mißlichen Lage der Landwirthschaft und des gewerblichen Mittel st an vrS. Die Thronrede spricht aber von den, „ernsten und schwierigen Kamps de- Daseins für einzelne Gruppen", und daß unter diesen der bäuerliche und der bürgerliche Mittelstand begriffen wird» zeigt die Ankündigung der Vorlagen über den unlauteren Wettbewerb und die Börsenreform, welchr, wie die erster«» im Interesse vorncbmlich auch des Mittelstande« zesordert worden ist. Den Ackerbau ausdrücklich zu erwähnen, batte die Thronrede keine Veranlassung; die Fürsorge für ihn gehört in die Landtage, wenn anders man nicht davor zurückschreckt, grundstürzcnde Aenderungcn des Wirtschafts lebens, wie sie etwa die Verstaatlichung oder die Eontingentirung der Getreideeinfuhr bedeuten würde, vor zunehmen. Daß die Regierungen sich nicht in solche Abenteuer einlaffen würden, dessen bedurfte eS keiner ausdrücklichen Versicherung, und dir Anlündigung des Gegen- lhcilS bat selbst in dxr Leitung deS Bundes der Landwirthe Niemand ernstlich erwartet. Der gewerbliche Mittelstand aller dings hat Grund zur Verwunderung, und zwar darüber, daß da« dringend verlangte, von der bayerischen Regierung schon vor mrhr als zwei Jahren beim BundeSrathe beantragte und officio« wieder holt verheißene Gesetz über die Beschneidung der Auswüchse de- Gewerbebetriebes im Umherzichen in der Thronrede nicht genannt, dem Reichstage also wobl nicht zugrdacht ist. Daß die Organisation des Handwerk« vertagt werden würde, war hingegen bekannt. Wenn die Vorlage zur Ver stärkung de« Schutzes der Staatsordnung an der Spitze der angekündigten Entwürfe steht, so entspricht dies durchaus der Eonstruction der Thronrede, die sich auf einer Erörterung der socialen und. wirthschastlichen Aufgaben al« der „vör- nehmsten" de- Staates ausbaut und deshalb die Störung dieser socialen Friedensarbeiten dnrck die socialrevolutionäre Volk-verhctzung hintangehalten wissen will. Das Streben, daS Gefühl der Zufriedenheit und der Zusammengehörigkeit im Volke zu erhallen, bat in der Thal die Eindämmung einer ans Erregung von Elassenhaß hinwirkcnden Propaganda zur unerläßlichen Voraussetzung. Daß die vorhandenen gesetzlichen Mittel dazu nicht ansrcichcn, lehrt jeder Blick in ein socialdemokratisches Blatt, jeder Besuch einer Vcrsamm uing dieser Partei. Indem die Thronrede die Bekämpfung der Störer der Arbeit für die schwächeren Elasten der Ge sellschaft 7>lS den Zweck der vorgeschlagenen Strafvorschriste» bezeichnet, stellt sie sich durchaus aus den Boden der Bot schaft vom 17. November 1881, wobei ihre Worte »der die socialen Aufgaben des Staate« durch den Umstand, daß die Entwickelung seit jener kaiserlichen LillenSkundgrbung auch andere Bevölkerung-gruppen als die Arbeiter im engeren Sinne, und manche gebieterischer als diese, auf staatliche Berücksichtigung ihrer Interessen anweist, nur noch an Gewicht gewinnen. Der Inhalt der „Umsturzvorlage", wie er merkwürdigerweise in einem demo kratischen Blatte zuerst bekannt geworden ist, wird sorglich zu prüfen sein. Die wichtigste Aenderung, die Erweiterung Pe tz. 13« de« ReichSstrasgesetzbuch», war bereits im Jahre 1876 von der Regierung beantragt. Die jetzt vorgrschlaarne Fassung unterscheidet sich zwar dadurch, daß sie den Schutz gegen sriedcngesäbrdende und beschimpfende Angriffe außer den Einrichtungen der Familie, der Ehe und des Eigen- lhumS auch der Religion und der Monarchie angedeihen läßt. Die dringende Aufforderung der Thronrede, die Finanz lage deS Reiches und der Einzelstaaten durch die Genehmi gung einer einträglicheren Form der Tabakbcsteuerung zu er möglichen, erhält einen weiteren Nachdruck durch die Ertlärung, daß die Regierungen auf die im Vorjahre geforderten Mehr überweisungen an die Einzelstaaten verzichten; diese sollen nur vor Erböbung der Matricularbeilräge über die Beträge der Uekerwrisungen binau« brwabrt bleiben. Der Berzicht be deutet einerseit« ein Entgegenkommen gegenüber dein Reichs tag, andererseits eine starke Mahnung an die Abgeord neten, die rinzelstaatlichen Easse» nicht weiterhin über mäßigen Ansprüchen seitens deS Reiches ausznsetzen, denn waS daS Reich an indirccten Steuern zu wenig auf bringt, dafür haben die aus direcle Steuern angewiesenen Bundesstaaten einzusteben. Tic Rechenkünste von Leuten ohne Verantwortungsgefühl würden »nr z» bald an den Thatsachrn zu Schanden, werden und dann würden eS den Parteiführern auch die Ergebensten im Lande nicht Dank wissen, wenn sie zu baarcn Leistungen gezwungen wären, während die Tcibaksabrikatsteucr den Beitrag zu den Kosten der HeereSverstärkung in da- Belieben des Einzelnen stellt. Die „Nat.-Ztg." findet eS befremdlich, daß gestern in den Einleitung-Worten der Tbronrede der Kaiser die Abgeordneten „im Namen feiner hohen Verbündeten" be willkommnet hat. DaS genannte Blatt weist aus den Artikel 12 der Verfassung (.dem Kaiser steht eS zu, den BimdeSrath und den Reichstag zu berufen, zu eröffnen, zu vertagen und zu schließen") hin, glaubt annebmen zu dürfen, daß in früheren Thronreden daS ausschließlich dem Kaiser zustehrnde Eröffnung-recht immer zum Ausdruck gekommen sei, und spricht den Wunsch a»S, daß eS in Zu kunft vermieden werden möge, durch Redewendungen bei seirrliclien Gelegenheiten unrichtige staatsrechtliche Vorstellungen hcrvorzurufen. Nun ist eS allerdings richtig, daß die Be rufung und die Eröffnung des Reichstag« ausschließliche« Recht de« Kaiser« sind; nach Art. 1«! der Reich-Verfassung werden sogar die Beschlüsse des BimdeSrath« nur im Namen des Kaiser« an den BundeSrath gebracht. Aber da die RcichSgesetzgebring nach Art. 5 durch den BimdeSrath uud den Reichstag auSzeübt wird und der BimdeSrath nach Art. N aus Vertretern der Mitglieder des Bunde« (den BnndeS- sürsten) besteht, so ist eS eigentlich selbstverständlich, daß der Kaiser den Reichstag nicht nur im eigenen Namen, sondern auch in dem seiner hoben Verbündeten begrüßt. Wenn er die Begrüßung von der Eröffnung trennte und die letztere, um ja eine Verdunkelung seines Rechte« zu vermeiden, nur im eigenen Namen vollzöge, so wäre dagegen nicht« einzuwenden; aber eine solche Trennung würde noch befremdlicher er scheinen, al« wenn der Kaiser Eröffnung und Begrüßung verbindet und Beides im Namen der verbündeten Fürsten vollzieht. Der „alte EnrS", aus den dir „National-Zeitnng" fick zu berufen scheint, hat in einer solchen Verbindung anczenscheinüch auch niemals etwa« Bedenk liche« lmd die kaiserlichen Reckte Verdunkelndes gefunden; fand er eS dock nicht einmal bedentlich, daß der Reichstag im Namen der verbündete» Regierungen „eröffnet" wurde, wie da« am 23. November 188« geschah. Damals rröffncte StaatSsecrctair v. Boellickcr den Reichstag im Austrage de« Kaisers mit einer Rede, die wörtlich begann: „Se. Majestät der Kaiser haben mich beaustragt, den Reichstag im Namen der verbündeten Regie rungen zu eröffnen." Am 3. Mär; 1887 cröffnete er den Reichstag mit einer Rede, deren erster Sah lautete: „Se. Majestät der Kaiser haben mir den Auftrag zu erlheilen geruht, den nengewählten Reichstag in Allerhüchst- ihrem und der verbündeten Regierungen Namen willkommen zu heißen." Nack diesen Vorgängen, die leincSwcgS zu einer Ver dunkelung oder gar Verminderung der kaiserlichen Rechte geführt haben, inüssei, wir eS bedauern, daß der Versuch gemackt wird, die EingangSsormel der gestrigen Thronrede zu bemäkeln und den Anschein z» erwecken, als habe sich bei ihrer Feststellung cm ungerechtfertigter und mit dem Geiste der Verfassung unverträglicher Einfluß ciiizelslaatlichcr Empfindclci geltend gemacht. Die r»gl>sch-s»a»',»fische» Beziehungen sind in der Theorie besser als in der Praxis. Zn beide» Seilen dcS Eanals gefällt man sich in Speculationeii darüber, welche Wohltbat sür die Welt ein aufrichtiges Zusammengehen der Wcstmächte bedeuten würde — aber keiner von beide» Theilen zeigt sich geneigt, auch nur au' den geringsten Bruchthcil seiner Aspirationen zu verzichten und dadurch dem andern ein Unterpfand seiner Gutgläubigkeit zu geben. Vielmehr zeigt die PrariS, daß, wo immer englische uud französische Interessen concurrircn, sie alsbald in einen feindlichen Gegensatz zu einander treten. DaS kann man eben jetzt in Egüptcn beobachten, wo England zwar politisch den Franzosen den Rang abgelaufc» bat, letztere aber wirtbschaftlich ihren Einfluß soweit intact erhalten haben, daß sic, wenn sic wollen, jedem materiellen Fortschritt deS NillandcS die erdentlichsten Schwierig keiten in den Weg zn legen vermögen. Von dieser seiner Macht»olllomme»heir hat Frankreich, seitdem e- durch eigene Schuld sei» EondominalSrcchl eingebüßt bat, den ausgiebigste» Gebrauch — die Engländer nennen eS Mißbrauch — geinacht. Auch jetzt, wo die egyptische Regierung im Einverständnis; mit ihren englischen Rath- gchtin den pekuniär arg bedrängten Fellachen durch Grnnd- ftenererläffe unter die Arme greifen möchlc, waS »in so eher geschehen könnte, als daS egyptische Budget jahraus, jahrein mit lleberschüssen arbeitet, ist Frankreich für diese Maßregel nicht zn haben, auS keinem anderen Grunde, als weil eö unter teincn Umständen die Hand zu einer Stärkung der moralischen Stellung Großbritannien« »u Nillande bieten will. Ticse Handlungsweise Frankreichs wird von den Engländern mit den schärfsten TatelSworlen belegt, in Paris aber suhlt man sich darob keineswegs gekränkt, sondern freut sich eher, au« der englischen Gereiztheit folgern zn dürfen, daß der französische Einfluß in Egypten den Engländern ein Pfahl im Fleische ist. Kein Wunder, daß Job» Bull ans Mittel »nd Wege sinnt, Gleiche« mit Gleichem zn vergelten. DaS englische Liebäugeln mit Madagaskar bat, seitdem zum ersten Mal die fran zösische Flagge auf madagassischem Boden gehißt wurde, nicht ansgehört, und wird namentlich jetzt, wo der Bruch zwischen Frankreich »nd der Hovarcgicrnng Tbatsacke geworden, mit der größten Ungcnirthcit fortgesetzt. In Antananarivo ^ hätte man eS mit den Franzosen schwerlich soweit konimcn lassen, wenn man nicht aui England al« geheimen Bundes genossen zählte, »nd englische Politiker baben, wenn sie fick auck wvblweiolich buten, den Franzosen Anlaß zu aeten mäßig begründeten Reclamationcn zu geben, dock auch niemals die unter der Hand genährten Hoffnungen der Hovarrgiernng irgendwie entkräftet. In London und Paris weiß man, was man von einander zu balten bat. Die westmächtliche Entente gehört zu de» tüblo-, ooilvoiuw*, die wodl im Halbdunkel ibr Dasein friste», aber einer gründlichen Prüfling nicht Stand halten. Nicht nur an die amerikanischen Bischöfe wird Leo XIII. eine Eneyklika richten, sondern auch an die Bischöfe der anglieanischen Kirche in Großbritaunir» Man erwartet in Rom de» Besuch des Eardinalerzbischcss von Westminster. Msgr. Baughan soll bekanntlich für jene Encytlika zn Rathc gezogen werden, in der die Anhänger der anglieanischen .Kirche zur Rückkehr unter die Herrschaft »--S „heiligen StnblcS" ausacsordert werden. Voraussichtlich rd der Erzbischof von Westminster dein Papst von der Veröffentlichung einer solchen Eneyklika abrathen oder wenigstens eine Hinausschiebung befürworten. DaS unumwundene Hervorlrctcn der römischen Absichten und Hoffnungen könnte die seit »ichrcren Jahrzehnten bemerkbare pusryitische, katholikensrcundliche Bewegung in der englischen Hochkirchc aushallen. Wenn man sich in Rom übrigen« aus die znnchiiiendc Katbolisirung Englands beruft, so ist das unrichtig. In dein englischen Hochadcl ist diese Rückkehr allerdings eine Art von Modesache, aber in den breitere» Volksschichten ist die Bewegung vollständig zum Stillstand gekommen und sogar hier und da in das Gegentheil um-' geschlagen. In dieser englischen Action de« Vatiean« scheinen übrigens mehrere uneontrolirharc Factorcn mit- zuspiclen. Eben der Eaitüialerzbischof Vaughan hat neuer tings an den Pariser NuntinS Ferrata eine Beschwerde darüber gerichtet, daß die AngUeaner sich vielfach für Katholiken auSgcben und a>S solche auch behandelt würden: nun stimmten sie zwar in der Lehre sehr viel mit dem römischen KatholieiSmuS überein, hätten aber die Unter ordnung nnler daS Papstthmn nicht und seien deshalb leine rechten Katholiken. Hoffentlich bleibt von Seiten der berufenen Vertreter der anglicanifchcn Kirche die Antwort aus die päpsi lichc Eneyklika, sobald sie erschienen ist, nicht au« und tlärk de» weitblickenden Politiker aus dem Stublc Petri darüber auf, daß er fick irrt, wenn er glaubt, der Gedanke der Ver einigung aller disfeutirendcu Glaubensbekenntnisse mit der rönnschcn Kirche, d. h. ihre Rückkehr zuin KathoticiSmuS, sei in England auf fruchtbaren Boden gefallen, und daß es eine dreiste — Hyperbel ist, wenn römifchcrseit« bchauvlel wird, eS ginge» dem Vatiean „fast unausgesetzt" von Mitglieder» der anglieanischen Kirckc Schreiben z», in welchen sich der „lebhafte Wunsch" nach einer Vereinigung der genannte» Kirche mit der »ömisch-katholische», oder doch nach einer An Näherung zwischen denselben tundgebe. In der Botschaft Elcveland's an den Eongres; der Vereinigten Staate» von Amerika sind einige Aeußc rnngen von speeicllem Interesse für Deutschland. Ter deutsche Einspruch gegen die Belegung vcn Präm icnzuckc r mit einen! Differentialzoll von ein Zehntel Gent, der fick ans den Handelsvertrag Preußens mit der Union vom Jahre >828 stützte, hat nämlich seine Wirkung insofern nicht rer fehlt, als Herr Eleveland dem Eongreß die Aufhebung der an gescchlencn Tarisbcstimmung cinpsieblt. Unmöglich ist e- nickt, daß der Eongreß in die Aushebung willigt, da ticse im Lande gewünscht wird, und andernfalls Deutsch land in der Lage wäre, mit empfindlichen Repressalien ^«rsilletsir. Llarchen's Mitgift. 4j Erzählung von Paul Blumenreich. Äachrruck »krbotki» (Fortsetzung.) Eine Anweisung auf die Deutsche Bank in der Tasche, verließ Loren; da« Bureau des Notar«. Welch sonderbare Lage! Da hatte er nun jene Summe in Händen, »ach deren Belitz er sich geschut, wie ein Ertrinkender nach irgend einem testen Puncle — zehntausend Mark konnte er in der nächsten Viertelstunde flüssig machen, konnte noch heute jene LieferungS- caution erlegen und in wenigen Tagen an die Arbeit gehen — konnte sich ein neue« Glück begründen . . . Aber die „gesetz lichen Bestimmungen" standen zwischen ihm und einem neuen Lebensabschnitt. Vergeben-, sich zu sagen, daß er ja nicht zuletzt um seiaer Kinder willen die Hand auSstreckle nach dem Gelte, zu dessen Hüter ibn ein böbnische« Geschick gemacht. Auch daß er au» tiefinnerster llcberzeuyung an den Erfolg glaubte, änderte nicht«. Er, den einst ein Reebt-bruck» ans seiner Bahn geschleudert batte, er empfand etwa« wie Grauen bei dem Gedanken, seine Zukunft aus so schwankendem Boden zu er bauen. Aber er hatte auch kein Recht mehr, die« Leben ab- zuschütteln, daS ihm eben wieder eine seiner wunderlichen Launen gezeigt hatte Kaum zwei Stunden nach jenem widerwärtigen Auftritt, den ibm seine Tochter Lydia bereitet, war er im Stande, seiner zweiten Tochter zn sagen: Deine Zukunft ist, soweit dies durch eine Mitgift möglich, gesichert. Und ibm, Lorenz, blieb nun eigentlich keine andere Pflicht mebr, als die Erziebung Erwin -, eine Aufgabe, die feine Kräfte gewiß nickt überstieg, und der er sich nun nicht mebr enlzieben durfte. WaS seinen beiden älteren Kindern ein blinder Zufall in den Sckooß geworscn — sür den Jüngsten mußte er eS erkämpfe», da- war er dem Andenken an Jene sil'uldig, die gewissermaßen noch auS einer andern Welt her für ihre Töchter eingctreten war. Und merkwürdig, die Erinnerung an seine Frau führte ibm RudolsinenS Bild vor Augen, das einen Augenblick in ten Hintergrund gedrängt worden war. Rudolsinc! Es schnitt ihm in die Seele, sie auszclen ,« müssen. Aber — sie batte ja eigentlich ibn anszcgeben — sie wollte nickt die Armlitl' mit ibm theilen Und da- erweckte Plötzlich seinen Stolz, sein Ehrgefühl. Nein, er wollte keinen Schritt weiter thun, um sic zu gewinnen. Er hatte ihr nickt«, aar nicht« zu bieten — er hatte kein Recht aus sie, lein Recht mehr auf da« Glück ... " So gab er seine Absicht, vor Allem Rndolsinc zn benach richtigen, auf und wandte sich nach Hause. Schweren Schrittes nun wieder — gar nicht wie Einer, der eine frohe Botschaft bringt. Es war 2 Uhr geworden; Klärchen war gewiß längst wieder fort, hatte Erwin ein Stückchen begleitet auf seinem Weg zur Schule. So würde er, Lorenz, Muße finden, Ru- dolfinen schriftlich einen Plan darzulcgen, der il»n nun al ter rechte erschien. Sie, Rndolsinc, sollte die Kinder zn sich nehmen. Klara batte an den Zinsen ibreS EapitalS säst genug zum Leben, konnte im Hause noch eine Kleinigkeit dazu verdienen. Und für Erwin wollte er eine mäßige Pension aufbringen, nachdem er hier den Haushalt anfgegeben und sich irgendwo auswärts einen Arbeitsplatz geschaffen batte. DaS war ein gründliches, ein schmerzliche« Verzichten — auck ein Selbstmord, aber dock keine schimpfliche Flucht. Gesenkten Hauptes durchschritt er die Küche und — Rndolsinc flog ibm an die Brust. Sie batte bier gewartet, bier, wohin sie gekommen war, nm in Armntb mit ibm zu leben, und wo sic nun Theil haben wollte auck an einer besseren Wendung seines Geschicks. Und wie der Nebel vor der Sonne, schwanden alle seine düsteren Gedanken vor dem klaren und warmen Blicke RudolfitienS. „Sri'n Sie »leinen Kindern eine Mutter", schloß er, nachdem er ihr Alle« erzählt »nd sein Vorhaben entwickelt batte! „Klärchen ist versorgt und Erwin bedarf mütterlicher Liebe, dir Sie ihm geben können. Uebertragen Sie auf ihn, was Sie vielleicht sur mich empfinden, Rudolsinc!" „Ja, mein lieber Freund, vollkommen einverstanden! Nur mit dem einen Unterschiede, daß auch ich noch nickt verzichten will ans Glück und Liebe — jetzt weniger als je, Lorenz!" Er sah sie fraget«» an, ängstlich und hoffnungsvoll zu gleich. Aber die energische Frau ließ ibn nickt lange im Zweifel. „Ich bi» hierher gekommen, um — nicht wieder scrt- zuzchen, eS wäre denn. Sie wollten mich nickt mehr!" Außer fick, seiner selbst nicht mehr mächtig, stürzte er vor ibr nieder. „Rudolsine!" „Höre mich an, Lorenz. Nickt um nnS Beide handelt eS sich mehr, die wir nnS auch in Ar»»ith gesunden bätten. Ader Deinen Kinder» bist Du schuldig, daß Tn für sie iin Notbfall anck gegen das Gesetz Dick vcrgcbst! Denn Tn irrst, wenn Du meinst. Klärchen sei versorgt. Diese Mitgift, die ibr da vom Himmel siel — jeder "Augenblick kann sie ihr wieder nehmen. Eine »»glückliche Wabl, ein leichtfertiger Mann, und sic ist ärmer als je zuvor! WaS Tn ihr schuldig bist, ist jene bessere Mitgift, die sic davor schützt, zn werten wie Lydia — zu Grunde z» gebe», wie Lvdia eS wird. Und dazu bedarf sic nickt nur einer mütterlichen Beschützerin, sondern einer wirtliche» Mutter, eines Heim«, in dein sic nicht zu Gaste ist. Sei stark, Lorenz, über»»,»» Tu mit dem Gelte Deiner Tochter jene Lieferung — baue nnS ein Heim, »nd ich will Tir bclfe», nickt »nr zurückerringen, was Tu jetzt ausö Spiel setzest — »ein, auch jene wcrtbvollerc Mitgift sür Klara will ich Zusammentragen, jenen inneren Fond«, der ihr nie mebr verloren geben kann! Und sic gingen gemeinsam, Klärcben'S Mitgift zu erbeben. Seit einem Jahre war Lorenz wieder verheiratbet. Lang samer, als er voranSgeseben, wickelten sich die Geschäfte ab, die er mit dem Gelte Klärckcn'S unternommen batte. Nock aber war weder vom Vorinnndschaft-gcrichl eine Anfrage an ihn ergangen, noch wußte Klara um ibre Erbschaft. Sie mochte glauben, der neue Hausstand sei an- den Ersparnissen RudolsinenS errichtet Worten. Freilich, die Furcht vor der Entdeckung lag wie ein »iinklcr Schatten auf Lorenz' Seele. Aber er durfte sich sagen, daß er alle seine Kräfte cüisctzle, unc einen eigentlichen Verlust sür seine Techter zu verhindern. Man lebte außerordentlich bescheiden, verbrauchte wirklich nur, WaS Loren; erwarb, »nd wußte auch davon »och zn erübrigen. So lange »ein Kläger da war, kalte man auch den Richter nickt zu fürchten. Wenn aber das Entsetzliche geschähe und man Loren; ausforder» winde, Rechcnfchaft abzulegen, dann würde eine Realisirung der schwebenden Unternehmungen von AmlS wegen erfolgen, Klara « Vermögen würde durchaiiS unverkinzl herauSzuziehen sein niid Lorenz — nun. er würde seine Strafe aus sich nehmen. Man sah einem solchen AuSzange gefaßt und tapfer entgegen. Mit einer Rudolsinc »eben sich ließ sich anck daS ertragen. Um so leichter, als i», Uebrigen kaum ein Hauch da« neue Glück trübte. Geradezu reizend halte sich das Vcrhältniß zwischen Rueolsine und ihrer Tochter gestaltet. Sie waren noch immer „Frrmitinnen" — nein, sie waren eS erst jetzt geworden. WaS diese Mutter für das junge Mädchen empfand, war eine Mischung von aufrichtiger Dankbarkeit und Schuld bcwußlscin. Sie allein, Klara, war die, wenn auch n» schuldige Urheberin von RudolsinenS spätem Glück: ihr galt Alle«, waS sie an dankerfüllten Gebeten zum Himmel sandte. Wo sie ihr einen Wunsch von den Augen al'lescn, wo sic ihr eine Freude machen konnte, vergaß sie beinabe, daß Klärckc» ihr »lindcstcnS ebenso viel zu danken hatte, als sie jener. Heule wollte Klara zur Spareasse geben, um Geld ei» znzal'len. Rndolsinc war dringend beschäftigt lind Klärchen Halle vorgeschlagc». allein zu gehen. „Warum nickt? Du kannst auck allein geben!" hatte Frau Rndolsinc »ach einigem Zögern zu Klara gesagt. Alle» ding-, da« Kind wurde sehr sorgfältig behütet, durfte anck nicht mehr Blume» machen «obgleich man« noch immer notu wendig brauchte). Denn Rudolsinc batte sich vorgenommcu, in dem biSber dock arg vernachlässigten Wesen die bessere, edlere Weiblichkeit hcranzuziebc». Aber, warum sollte Klara nicht allein »ach dem Bureau der Sparcassc geben? Rudolsinc legte nämlich jede Woche irgend eine Klciniglcit für Klara in die Sparcassc. Sic war ja sehr lnapp gestellt , aber etwas ließ sich immer noch ersparen, wenn anck nur eine ganze Kleinigkeit. Denn Klärchen, die nun zur Häuslich kcit herangebildet wurde und nickt zum Erwerb, mußte, wenn schon keine Mitgift, so doch eine kleine "Aussteuer baben. So wurde jeden Sonnabend etwas erübrigt, das man sofort in die Svarcasse trug. Und Klärchen gin^; mit dem Marktkörbcken, woran eine bübschc, rvthe Woll-Troddcl baumelte. Darin »nie,scheite sich Klara auch äußerlich von einem Dienstmädchen, hatte Frali^ Rudolsinc gemeint. Schon seit jenem Tage, da Rudolsine zum ersten Maie ihre» Fuß über die Schwelle der ärmlichen, vernachlässigten Wohnung Bauer S gesetzt, durste Klara nicht mehr in die Fabrik gehe», sic arbeitete nur noch zu Hause llnd al« e>st da« neue Heim bergericktet war — Bauer batte inzwischen eine größere Werkstatt gemiclbcl »nd reichlich "Aufträge ge funden — da begann snr Klärchen eine Art re» Lehrzeit: die Mutter führte sie mit sanfter Festigkeit in die Pflichten der Haushaltung ein. Nie hätte das unter günstigeren Umständen geschehen können; Stück für Stück trug man den neuen HauSratb zn sammen, mit weiser Sparsamkeit einerseits und doch immer geleitet von Rntolfinen« auSgeivrockenem Schönheitssinn.
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