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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 14.12.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-12-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18941214024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894121402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894121402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-12
- Tag1894-12-14
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Immerhin würde es eine Wohltdat sein, wenn dieser Anlauf überhaupt daS Vorzeichen einer ge drängteren und beschleunigteren GeschästSdehandlung sein sollte. Es ließe sich ebensoviel erreichen und würde jedenfalls dem allgemeinen Wunsche aus eine Abkürrung der Zessionen entgcgenkommcn, wenn das Uebermaß der Redesucht eingeschränkt würde. Die Bänke des Reichstags sind übrigens bereit« sehr erheblich gelichtet. WaS die nächsten geschäft lichen Anordnungen betrifft, so schlug gestern der Prä sident vor, heute als ersten Gegenstand die Umsturzvorlage aus die Tagesordnung zu letzen. Graf Hompesch widersprach aber im Namen des EentrumS, und es wurden der dring liche Antrag der Bolksparteien über die Priorität der Initiativanträge und die beiden Interpellationen über die Zucker st euer und die Handwerker kammern aus die Tagesordnung gesetzt. Diese Gegen stände werden wohl dir heutige und die morgige Sitzung in Anspruch nehmen, und wahrscheinlich wirb dann die Umsturzvorlage vor Weihnachten nicht mehr zur Ver handlung kommen. Der Fall Liebknecht steht noch nicht auf der Tagesordnung. Die GcschäftsordnungScommission bat bekanntlich gestern mit neun gegen vier conservative Stimmen beschlossen, den Antrag aus Ltrasverfolgung nicht zu genehmigen; über die Grunde, welche die Mehrheit der Commission bei ihrem Botum leiteten, giebt der an anderer Stelle mitgctdeilte ausführliche CommissionS- bericht Aufschluß. Ueber die Frage einer Verschärfung der Disciplinargewalt des Präsidenten in Bc- rathung zu treten, dielt sich die Geschäst-ordnung-cvmmission nicht für kompetent. Voraussichtlich wird eine Anregung in dieser Richtung aus der Mitte des Reichstags erfolgen. Daß irgend eine Abwehr gegen die Wiederkehr ähnlicher Vorgänge wie bei dem Kaiserhoch geschaffen werden muß, ist ziemlich übereinstimmende Ansicht de« ganzen Hauses. Ebenso einstimmig, mit Ausnahme der Conservative», ist aber auch d«r Reichstag, daß der Antrag de« StaatSanwaltS »ach dem bestehenden Recht und einer alten Praxis nicht anoehmdar sei. Hoffentlich gelingt eS, einen befriedigenden Ausweg au» dieser unerquicklichen Lage zu finden. Nachdem der Reichskanzler den Entschluß der Regierung, den Waarenverkaus der Cvnsumvercine an Richtmttgtteder aus gesetzlichem Wege zu beseitigen, kundgegebcn hat, entsteht die Frage, wie in dieser Angelegenheit vorgegangen werden soll. Fürst Hohenlohe sprach von „dem" Gesetzentwurf, welcher deu Verkauf an Nichtmilgliedcr verbiete. Ein solcher ist aber von der Regierung nickt vorgelegt und in der Thronrede auch nicht angekündigt worden. Dagegen liegt ein von den Nalionalliberalcn einge- brachter Entwurf vor, welcher die Materie erschöpfend behandelt. Erschöpfend, denn er verbietet nicht nur die Waarrnabgabe der Cousumvereine an Nichtmitglieder, sondern stellt auch die Leiter einer Consumanstall unter Strafe, welche an Personen, die nicht zu Denjenigen gehören, von denen die Anstalt begründet worden ist, Waaren gegen Entgelt abgeben. Dadurch soll, wie der Abgeordnete vr. Hammacher in der vorigen Tagung bemerkte, die Form der Consumvereinigungen getroffen werden, die sich für da« Handelsgcwcrbe und das Handwerk als besonders gefährlich erweist. Ein in der Session 1893/94 eingebrachter CentrumSantrag. der sich auch sonst als unbrauchbar erwieS, hatte nur die Waareuabgabe von Cousumvereinen an Nickt- mitgliedcr mit Strafe bedrobt. (.Verboten" ist dieser Ge schäftsbetrieb schon im GenosscnsckastSgesetz; nur daß dem Verbote keine Strafbestimmung zur Seite stebt, weSbalb eS natürlich unwirksam ist.) Die Nationalliberaten vr. Ham macker und Osann erweiterten unter Andern! den An trag dahin, daß auch den Mitgliedern von Consumvereinen verboten werbe, vom Verein entnommene Waaren an Nichlmitglictcr gegen Bezahlung abzuzcben, sowie daß die Consumvercinc, auch wenn sic nur an Mitglieder abgeben, in Bezug ans das Schankwcsen und den Ver trieb von Branntwein den allgemeinen gesetzlichen Be stimmungen unterliegen, daß diese Letzteren also zum Betrieb einer Sckankwirtbsckast und zum Kleinverkauf von Branntwein behördlicher Conecssivn bedürfen. In Orten, wo die Ertheilung der Cvncession von dem Nackweis eines Bedürfnisses abhängig gcmackt ist, würbe demnach auch vor Errichtung von Sckankwirtbschaftc» durch Consumvereine die Bedürsnißsrage aufgeworfen werten müssen Die eingangs er wähnte wichtige Neuerung indem nationalliberalcn Antrag gebt dabin, daß tieEigenthümer, Vorstände, Verkäufer oder Mitglieder von Eonsumanstalten, welche die erweiterten Vorschriften des GenossenschaslSgesetzc« übertreten, denselben Strafen ausgesrtzt werden, welche die Vorstände, Verkäufer oder Mitglieder von Consumvereinen bei Uebcrtretung des genannten Gesetzes treffen sollen. Die Verfasser keS Initiativ - Entwurfs, vr. Hammacher und vr Osann, haben sich um die juristische Binsenweisdeit, daß jene Anstalten keine Genossenschaften sind, berechtigter Weise nicht gekümmert. Der Officierverein, daS Bramtenwaarenbaus und zahlreiche Fabrikconsumanstaltcn (Waarenbezugsbäuser, welche von Arbeitgebern für ihre Arbeiter gegründet sind) machen dem Ladengeschäft auch bei Abgabe an Nichtzngebörige vielfach eine schärfere und immer eine noch weniger berechtigte Concurrenz, als die eingetragenen Genossenschaften. Ueber bie geradezu verheerende Wirk samkeit der GeschästSunternebmungen der Osficiere und Beamten braucht kein Wort mehr verloren zu werden, und WaS die Fabrikconsumanstalten anlangt, so ist ihr Uebcrgreifen über den Kreis der Arbeiter der Fabriken, für die sie erricktct sind, nicht minder schädlich und ver werflich. Es ist sehr dankcnSwertb, daß der Reickskanzler eingeräumt hat, eine unrichtige Praxis babe „daS Genossen- sckastSwesen auS dem ihm zugewieseneu Rahme» berauStrcien lassen". Die Anerkennung besäße aber kaum den halben Werth, wenn sie hinsichtlich der Eonsumanstalten versagt werden sollte. Im Interesse einer rasckcn und umfassenden Hebung der bervorgetrctenen Mißstände würde eS sich empfehlen, wenn die Regierung die nationall,beralen Anträge, wenn nicht adop- tircn, so doch einer eigenen Vorlage zu Grunde legen würde. Die Mehrbeit im Reichstage ist ihr in diesem Falle sicher Die Conservative». welckc noch im vorigen Jahre einen Redner für den Officierverein und daS Beamtenwaarenbaus inü Treffen führten, dürfen nicht mehr wagen, die Rücksicht auf den Mittelstand den — noch dazu nur vermeintlichen — Inter essen ihnen gesellschaftlich nahestehender Kreise hintanzusetzen. In England entwickelt sich betreffs der «rmenischrn Frage eine säst fieberhafte Thätigkeit, denn man boffl die Pforte zu wcrthvollcn Zugeständnissen zu bewege». Zunäckst bandelt es sich sreitick nur darum, durck eine unparteiische Untersuchung im Einzelnen scstzustellen, was im Vilajet BilliS eigentlick vorgegangen ist. Nack der Auffassung de« Londoner CabinetS soll dabei natürlichem britisckerVertreter die Haupt rolle spielen. Diese Adsickt suckle die Pforte dadurch zu durchkreuzen, daß sie deu Präsidenten der Bcr. Staaten von Amerika dazu brachte, die Tbeilnabme des amerikanischen ConsulS in SiwaS, Herrn vr. Iewetls, an der Untersuchung zu gestatten. Damit war aber wiederum England nickt zu frieden, und da der Amerikaner nack dem Wunsche seiner Regierung nickt bloS den Sitzungen der türkisckcn Commission beiwohne», sondern auch von dieser »nabkängig Bericht er statten sollte, so machten sich bei der Pforte Bedenken geltend, denn die Coinmission hat gar nickt den Auftrag, bie Misse tbalen türkischer Beamten und Soldaten aufzuteckc», sondern sie soll nur das Räuberwesen unterslickc». Dann wurde vorgescklagcn, wie cs scheint von englischer Seite, baß die Constiln j» Erzerum a» der Untersuchung bcr Metzelei im Gebiete von Sassun tbeilnekmen sollen. Da eS in Erzerum augenblicklich nur Consnln Englands, Rußlands und Frank reichs giebt, so Kälten die Armenier und die übrige Well sogleich eine» Begriff von dem neuen Dreibunde erkalten. Auch diesen schönen Plan will nun die Pforte zu nichtc macken, indem sie alle Unterzeichner beS Berliner Vertrages auf fordert, Vertreter zu ernennen. Dabei soll sie, wie ei» Bericht erstatter des „Standard" behauptet, vo» der, natürlich nickt ausgesprochenen Voraussetzung auSgebcn, daß die eine ober die andere Großmacht ibre Mitwirkung versagen und so jede gemeinsanie Action unmöglich machen werde. Sie bat auch insofern ganz richtig gerechnet, alSDcu tschland bereits erklärt bat, an der armenischen Frage kein Interesse zu baden, und zweifellos verschieden: andere Großmächte sich aus denselben Standpuncl stellen werden, aber es dürfte Frankreich unk nach anfänglichem Zögern auch Rußland mit England Hand in Hand gehen, wodurch ein« energische Action, welche die Pforte um jeden Preis vereiteln möchte, gesichert wäre, wenn nickt der verdächtigeUebcreifer, der englischerseitS inderSacke an denTag gelegt wird, die beiden genannten Mächte nicht noch zu guterletzt kopfscheu macht. Es ist ein geradezu bedenkliches Spiel, das die protestantischen Dissenters in London mit den armenischen Greuelberichten treiben. Sympathieversamm- lungen sind angezcigt »nd werden abgcbalten, und Beschlüsse werben gefaßt, welche die sofortige militairiscke Besetzung Armenien- und die Hinrichtung Zekki Paschas verlangen, und die Regierung giebt dieser Bewegung mit Freuden nach. Es sollen ja keineswegs die armenischen Greuel geleugnet werden, nur verlangt eS schon die internationale Billigkeit, daß man jenseits des CanatS dem Türken nicht schon jetzt den Proceß mache. Aber man kann dort eben die Zeit nickt erwarten, bis man dein Sultan einen Lappen vom Leibe gerissen hat. Ihren Vormarsch auf Mukben scheine» die Japaner vor läufig eingestellt zu haben, aber dafür sind sic auf anderen Puncten te« Kriegsschauplatzes um so geschäftiger. Namentlich sind eS ibre Absichten aus Peking, welche den Chinesen zu schaffen macken. Wen» die Nachricht von der angeblich erfolgten Ausschiffung zweier japanischen Divisionen bei Schau - Hai - Kwa» sich bestätigte, wäre die Even tualität eines Vvlstoßc« gegen die Hauptstadt Chinas freilich in eine für die Söbne de« Himmlischen Reichs sekr bedenkliche Nähe gerückt, obwohl auch dann nock lange kein Grund vorläge, die Partie sür die Vertheidiger Peking« ver loren zu geben. Alles kommt nunmehr darauf an, was der sogenannte „Resormprinz" Kung und der viel genannte Vice- könig Li-Huna-Tschang in den seit Ausbruch des Krieges verflossenen Monaten für die Deckung der Hauptstadt zu wirken vermocht baden. Berichte aus ckincsitchen Ouellen wußten einmal über das ankere zu versichern, daß Li-Hung- Tsckang seine Elitctruppen für den Schutz Pekings aufgespart habe, und daß er in Gemeinschaft mit dem Prinzen Kung die Abwehrmaßregeln in so umfassender Weise organisirt bezw. reorganisirt habe, daß es den Japanern mit ihren verfügbaren Kräften einfach ein Ding der Unmöglichkeit sei, der Metropole im Ernst gefährlich zu werden. Soweit wäre alles in Ordnung, nur scheint man chinesischerseitS einen Um- übcrseben oder geflissentlich jgnorirt zu haben, auf den Japan seinen Angriffsplan gegen die feindliche Haupt sladk wesentlich mit basirt. Tiefer Umstand ist die Revo lulion im eigenen Lande. Der Chinese ist nicht Patriot im üblichen Sinne des Wortes. Selbst die höheren Stänke sink weit davon entfernt» sich mit der jetzigen Dniiaslic und dem verrotteten Mandarineothum solidarisch zu fühlen. Angesebcne chinesische Kaufteute haben Europäern gegenüber offen ihre Zufriedenheit mit den Erfolgen der Japaner geäußert, weil sic dieselbe» für bas einzige wirksame Mittel kalten, Cbuia au« seiner tausenbjäbrigen politischen Erstarrung auszurütleln unk mit unwiderstehlicher Gewalt in die Bahnen der modernen Culrurentwickelung hinciiizudrängcn. Ohne tiefgreifende llmgestaltung des alten Schlendrians wird eS also in Cbina nicht abgchen. In der Mandschurei hat der Ausrubr schon offen daS Haupt erhoben, in anderen Provinzen gäbrt es gewaltig, und als Mittel- punct revolutionärer Machenschaften gilt, nächst Tientsin, die Hauptstadt Peking selbst Privatbricfe dort lebender Europäer constatiren übereinstimmend, daß die in China weit verbreiteten geheimen Gesellschaften überall mobil gemacht haben und nur da« Erscheinen japanischer Truppen auf dem Boden des eigentliche» Cbina erwarten, um loSzuschlagen. Das bedenklichste für das herrschende Regime sei, daß die Soldaten und Osficiere selber säst ausnahmslos Mitglieder von Gcdeimbünden seien und mehr nach den Weisungen ihrer gckcime» Oberen, als nack denen ihrer dienstlichen Vorgesetzten hören Zahlreiche Niederlagen der Chinesen seien mehr auf diesen Sachverhalt, als aus Unfähigkeit oder Feigheit zurückzusührcn. Deutsches Reich. I.. Leipzig, 11. Decemdcr. Vor dem 2. Strafsenate des Reichsgerichts kam heute die Revision des Fr ei Herrn von Thüngen Roßbach zur Verhandlung, der vom Land gcrichtc 1 in Berlin am 31. Mai d. I. wegen Beleidigung des ehemaligen Reichskanzler« Grafen von Caprivi zu ».«»<> . E Geldstrafe verurlbcill worden ist. Bestritten wurde insbesondere die Zuständigkeit des Berliner Gerichtshofes. Herr ReichSanwall Gatli beantragte die Verwerfung des Rechtsmittels» u. A. deshalb, weil der Einwand der Uuzu ständigkeit nicht rechtzeitig erhoben worben sei. (DaS Unheil des Reichsgerichts war bis zum Schluffe der Redaction noch nickt gefällt. Red. d. „L. T-") * Berlin, 13. December. In den Berliner Handels- und Börsen-Zeirungen, die dem crwäbntcn, Aussehen erregenden Aussall der Wahlen zum Acltesten Collegium der Berlin erKausmannsck afl längere Betrachtungen widmen, wird angeführt, daß die Zahl der wahlberechtigten Kauslcute 25>»o bis 3«nu> betragen habe, sodaß die abgegebenen 24»" Stimmen jedenfalls eine außergewöhnlich starke Wahl- bctbcilizung darstellen. Gelangt in dieser Wablbelheiliguug und in dem Wahlergebnis) die Ansicht der Börse über die Börsen-Neuorknung, insbesondere über daS Register sür Zeitgeschäfte zum ziffernmäßigen Ausdruck, so lassen die anqe- sübrtcn Ziffer» aber auch deutlich erkennen, wie verhältnißmähig gering die Zahl der Berliner Kauslcute ist, die allein das Recht haben, die mit amtlichen Verrichtungen betraute und durch Gesetz oder landesherrliche Bestimmung begründete HandelS- törperschasl der Rcichsbauptstadt, die zugleich die größte Industrie- und Handelsstadt Deutschlands ist, zu wählen Der weitaus größte Tkeil der Berliner Großgcwerbelreiben den und Kauslcute ist also nicht wahlberechtigt zur Handels kammer, denn da in Köln z. B. 180» Wähler sür die Handels- Lein Erbe. 2) Eine Familiengeschichte. Von M. von Buch. Nachdruck vcrdol«». (Fortsetzung.) Da War einmal in Wellstädt, der kleinen Kreisstadt, Markt abgchalten worden, und als die Herren das Geschäft liche erledigt, hatten sie sich vollzählig zu einem Glase Wein niedergelassen; doch das Glas ward ausgetrunken und schnell mehrten sich die Flaschen. Zuletzt kam da« Gespräch auf die Familie Iaßnitz in Bergern. „Der Alte bat daS Gut dem Sohn überlasten, der sich verheirathet hat", sagte Brandow, ein älterer, lebenslustiger Junggeselle. „Wie lst'S, hat er die schöne Charlotte mit übernommen, oder heißt eS: Husaren heraus?" In Well städt stand nämlich eine Schwadron Husaren. „DaS Mädel hat erNärt, sie heirathe nur einen Husaren." „Thorheit", meinte Hollbracht aufhorchend, „das hat sie nicht gesagt." „Warum nicht, bester Freund?" fragte Brandow. „Ihr. Vater war Osficier, auch sie verleugnet nicht die Vorliebe sür« Militair. Uns Anderen ist von ihr der Korb gewiß." „Ich glaube nicht, daß sie diese Behauptung ausgestellt bat", beharrte Hollbracht und ließ sich eine neue Flasche bringen. „Wissen Sie wa«, Hollbracht, wollen wir die schöne Charlotte zum Gegenstand einer Wette machen? Ich nehme einen Soldaten sür sie in Anspruch, Sie widersprechen, gut, die Sache wird sich ja wohl höchsten« in ein paar Jährchen entscheiden, und wir können dann ihre Verlobung mit einer Bowle feiern, die der Verlierer aufzubringen bat." Hollbracht batte nickt- dagegen, und ob nun hiermit sein Widerspruchsgeist gereizt, oder ob sein Interesse geweckt worden war, kurzum, als schon in einigeu Monaten Baron Brandow die Bowle zum besten gab, batte er nicht allein die Wette glänzend gewonnen, sondern er selbst war der glückliche Bräutigam des schönsten Mädchen« der ganzen Gegend. Bon dieser Einleitung ihrer Hochzeit ahnte indes Charlotte nicht«, al« sie jetzt vor sich hinträumte. Sie hätte eigentlich i» Küche und Keller hantirro sollen, doch sie war noch so «üdr vo» gestern» dem Tauftagr ihre« Climen«. Wie hübsch und großartig war gestern die Feier gewesen, — Frau Wei land hatte gemeint, von Gerhard s Taufe sei nicht halb so viel hcrgemacht worden, — und mit welch klugen, verständigen Augen der kleine Kerl gestern um sich geschaut, als wisse er, daß er die Hauptperson sei. Da klang aus der Treppe ein fester, energischer Schritt, daß war ihr Mann, und sie ging ihm lächelnd entgegen und legte ihm beide Hände auf die Schultern. „Du hast Dich noch gar nicht einmal nach unserem Jungen umgcsehen." „O doch, ganz früh, Ihr habt noch beite geschlafen", sagte er, nabm sie ,n den Arm und küßte sie, und sie fühlte, daß sie glücklich und zufrieden sei. „Weißt Du, Charlotte, daß ich beut noch verreisen muß ?" sagte er, indem er sich ihr gegenüber setzte und ihre Hand ergriff. „Ich erhielt soeben die Nachricht, daß mein Schwager, der einzige Bruder meiner Frau, gestorben ist." Sir sprach einige theilncbmente Worte, doch er fiel ihr in die Rede. „Laß nur, Kind, er war ein unglücklicher ge lähmter Mensch, der Tod ist ihm eine Erlösung!" „Ter Aermste!" sagte sie mitleidig, und er stimmte ihr bei. „Zu bedauern war er allerdings, da er den größten Tbcil seine» Lebens auf dem Fabrstubl zügebracht hat. Vor Jahren ist mit ihm irgend ein Unsinn vorgekommen, er hat sich in ein schönes, lebenslustiges Mädchen verliebt und sic sich wohl auch in ihn. Möglich, daß sie dachte, eS könne besser mit ibm werden, aber schließlich hat sie sich doch mit einem anderen getröstet." Fast empört fuhr sie aus: „Das Kälte sie nicht gedurft, wenn sie den armen Mann wirklich liebte." „Kind, was siebst Du mich so an?" unterbrach er sie. „ES war da« beste, wa« da« Mädchen lbun konnte. Berken konnte ihr ja doch nicht« sein. Selbst die Verwaltung von Berkenhausen, so heißt da« Familienbesiytbum, leitete er nickt selbst, sondern sie wurde von zwei Curatoren geführt. Damit war jedoch der Bock zum Gärtner gemacht; sie sorgten nur sür sich und ihre Taschen, da» übrige kümmerte sie nicht. Meine Frau war Mitbesitzerin von Berkenhausen, d. h. zu gleich mit dem Namen ihre- Bruder« war auch der ihre auf da« Gut eingetragen worden, obgleich sie, unabhängig von seinen Verlusten oder etwaigen Mebrerträgen nur jährlich eine bestimmte Summe au«gezahlt erhielt. Natürlich war ihr jedoch die Wirtbsckaft auf dem Besiythum, da« ihr früher ober später vollständig zusallen mußte, ein Dorn im Auge, und darum hat sie in ihrem Testament mich zu ihrem Erbe» er»a»nt." „Dich?" fragte die junge Frau erstaunt. „Nun ja, um Berkenhausen so bald wie möglich von de» Curatoren zu befreien, die andernfalls bis zu Gerhard s Großjährigkeit dort weiter regiert hätten", erwiderte Holl bracht. „Ich verstehe", meinte die junge Frau, die den Aus einandersetzungen aufmerksam folgte, „laut Bestimmung Deiner ersten Frau kannst Du jetzt dort sogleich als Herr austreten." „Ja, und ein schöne- Gesicht werken die Pfleger meines Schwagers dazu machen", lachte Hollbracht kurz auf. indem er sich mit der Hand über die Stirn strich. „Das ist der ganze Spaß an der Sacke. DaS Testament ist ungewöhn lich, und genug Schwierigkeiten werten entstehen." „DaS thut mir so leid, — Deinetwegen", bedauerte die junge Frau. „Darf ich Dich nicht aus ein ooer zwei Tage begleiten? Ich möchte Dir so gerne etwa« sein", setzte sie schüchtern hinzu. „Clemens ist gut aufgehoben." Er lachte hell aus, belustigt; ibr war cs fast beleidigend. „Ack Kind, die Sachen werben sich Wohl noch ertragen lassen, bleib nur hier. WaS willst Du bei der Traucrseier sür den Dir wildfremden Menschen ? Dazu tanzen in Berken- Hausen Ratten und Mäuse in den Fremdenzimmern herum, denke Dir, Mäuse, die Dir so schrecklich sind." Nun lachte sie dock. „Aber bin ich denn ein Kind, sollen mich Mäuse abbalten, Dir eine gute Frau zu sein?" Aber er stand schon an der Wiege und blickte nachdenklich in dir großen, schwarzen Augen de- Kindes, da« soeben er wacht war. „ES sind Deine Augen. Charlotte", sagte er, „und sic sind cs doch wieder nicht. DaS kleine dumme Geschöpf", und er küßte sei» Söbnlein herzhaft ab. Herr von Hollbracht traf Reisevorbereitungcn; die ju«ge Frau war allem. Sie batte ein Pastellbild vor sich hik- grstellt, da« sie aufmerksam betrachtete. ES war da« Portrait deS Schwager« ihre« Manne», welches der ersten Frau von Hollbracht gebort und das sie in piötzlich erwachtem Interesse hergebolt und in ibr Zimmer gestellt hatte. Die seinen Züge de« noch jugendlichen Mannes waren gleichsam geadelt durch den Ausdruck von Leid und Ergebung, der daraus sprach und der so unendlich wohltbuenv berührte. Sie wandte da« Bild bin und brr, da erkannte sie auf seiner Rückwand eine Inschrist. Haldverwischt waren die Worte, die Tinte verblaßt, aber ihr Interesse war ge weckt. und so versuchte sie die Schrift zu entziffern E» war »siikscligc Arbeit, doch endlich batte» ihre scharfen Augen die Aufgabe gelöst. Sie hatte Buchstaben neben Buchstaben auf einen Bogen zusammengestellt, und ohne zu stocken las sie jetzt vom Papier die Worte: Die Liebe schöpft die Seligkeit Au« der Diese de« rinnenden Stromes der Zeit, Sie tragt sie hinein in die trübe Well, Ein jeder sein reichlich Mast erhält. Nur wenigen wird Glück und Heil Aus ienein Wundertrank zu Theil, Die meisten milchen ihm ün Nu Die eig'nen Leidenschaften zu. So wird getrübt er. wird er schal, Und statt der Freude bringt er Ouat. Die Liebe aber ist voll Huld, Eie ahndet nicht der Menichen Schuld, Und ewig sie schöpft die Seligkeit Au« der Diese des rinnenden Stromes der Zeit. WaS ist das? dachte sie verwundert. Konnte der kränk liche, leidende Mann, dem daS Weh aus den Augen blickte, so von Seligkeit sprechen? Hatte er die Worte dort rin gekritzelt, kalten sie etwa Bezug aus die LicbcScpisote, den „Unsinn", vo» dem ibr Mann erzählte? Da stand Frau Weiland neben ihr, ein Bund Schlüssel in der Hank. Sie batte das Silberzeug, daS gestern dem Taustag zu Ehren aus der Tafel geprunkt, fortgeräumt »nd wollte der jungen Frau die Scklüffel zu den Kästen über geben. Cbarlotte süblte sich etwa- beschämt, das Beschließen deS Silbers war die Sache der Hausfrau, da« wußte sie, und sie ärgerte sich, daß sie ibre Pflicht versäumt. „Ich kackte, ick wollte die gnädige Frau nickt stören", meinte Frau Weiland. „Tic Stücke baden den reckten Platz erhalten, ick kenne ja jede«, babe ich sie doch in großen Kisten vergraben damals, als die Russen und Franzosen in« Land kamen. Ja, wa« bat man erlebt in jenen Tagen! Wir in unserer Herzensangst flüchteten alle in den Walv, denn wa« jetzt bobeS Holz ist, da« war damals dickte Schonung, und in dem undurchdringlichen Dickicht steckten wir, bis die letzte Pelzmütze verschwand." Ja, als die Russen und Franzosen in- Land kamen! DaS war die große Episode in Frau Weiland'S Leben, auf bie sie, nack Art alter Leute, immer wieder zurückkam. Einer neuen Variation jedoch beugte Cdarlotte vor. Sie hielt ihr' das Bild bin: „Den armen Herrn von Berken haben Sie doch auch noch gekannt?"
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