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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.12.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-12-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18941218029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894121802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894121802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-12
- Tag1894-12-18
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Man kann es der Socialtemokralie nicht sehr verargen, daß sie durch Feststellung der Beschluß Unfähigkeit daS Ende herbeifübrtc; denn wäre die er forderliche Anzahl von Abgeordneten dagewese», so hätte» sie von ihrem Rechte, Beschlüsse zu fasten, wahrscheinlich auch keinen anderen Gebrauch gemacht, als sich zu vertagen. Schon am Sonnabend wäre die Unterbrechung der Sitzungen bis nach den Festtagen ausgesprochen worden, wenn nickt mehr als 198 Abgeordnete den Ferienurlaub sich selbst bewilligt hätten. Der Reichstag ist eben nicht über ten vorletzten Sonntag vor Weihnachten zusanliiieiizukalken. wen» bas Fest in die erste Hälfte der folgende» Wocke fällt. Der Präsident v. Levetzow, der dies auS Erfahrung weiß, wirb deshalb wohl seiner sichtlichen Verstimmung über daS gestrige AuSeinaiibergehen Herr werden und der Andeutung, daß er sich mit RücklrittSgedanke» trage, leine Entschließung folgen lasten. Die Lage war in diesem Zahre allerdings insofern eine andere als sonst, als nach dem Kanzlerwcchsel der auf den 15. November — also ungefähr den herkömmlichen Termin — angesetzte Zusammentritt um drei Wochen hinausgcschoben worden war, woturck der erste Tagungsabschnitt kürzer als jemals geworben ist. Aber an diesem Sachverhalt ist der Reichstag »»schuldig. Höchstens könnte man fragen, was die am 27. October gebildete neue Regierung veranlassen konnte, die Eröffnung so lange zu verzögern, nachdem der Etat rechtzeitig festgestellt worden war »nd hochofnciöser Versicherung zufolge auf die zeiklicke Bevor zugung der Umsturzvorlage kein Gewicht gelegt worden ist. Wie die Dinge einmal liegen, ist die Vertagung turckaiis erwünscht, denn das Zerreißen der Hauplerörierung des Ent wurfs in zwei weit von einander liegende Theile hätte ter Sachlichkeit, soweit sie bei dieser ersten Lesung überhaupt erwartet werden bars, Abbruch thun müssen. An eine um- sasscnde, etwa viertägige Beratblliig in dieser Wocke war nicht zu denken. Bedauerlich bleibt, vatz Herr Nieberding in die Lage versetzt wurde, seine» Vortrag neuiizobn Tage vor dem eigentlichen Beginn der Debatte balle» zu »niste». Im klebrigen hat der Reichstag während seines elstägigen Beisammenseins, in daS mehr Sitzungen als die sieben ab gehaltenen füglich nicht fallen konnten, ziemlich viel Arbeit geleistet. Der Etat ist m die Eommissivn verwiesen, der »Fall Liebknecht" erledigt und die Interpellation wegen ter Zuckerprämie Gegenstand einer Debatte geworben, die man nicht unfruchtbar wird nennen wollen. Tie lickit- rolle Darlegung der Ursachen der kriliscken Lage des Rüben baueS und der Zuckersabrikation durch die Anlragsstcller Paasche und Friedberg, der nichts als Redensarlen ent gegengesetzt werden konnten, wird nicht verfehlen, im Lande ten Eindruck zu verstärken, daß hier ein großes volkswirlh- schastlickes Interesse auf dem Spiele steht. Daneben waren die Aeußerungeu des Grafen Posadowsty für die Beruhigung ter Lanbwirthschaft ebenso wicktig, wie die Reden der Herren Richter und l>r. Meyer, die daSMaiickesterthiim in seiner ganzen Ohnmacht, um nicht zu sagen Gespenfterhastigkeit, zeigten. Tie nalion (illiberale Partei hingegen, über deren „Vcr- wesungSvroceß" der volkspartciliche Führer ein Jahr hindurch lagtägtich Bulletins in seiner Zeitung ausgab, bat sich in dieser Sache in voller Frische gezeigt, wie nicht minder in der Etatsdebatte — was selbst Gegner anerkennen — ihr Redner allein dem Ernste der politischen Lage sich gewachsen zeigte, sonne m der Verhaudlung über den Fall Liebknecht, welcher der nationalliberale Führer Inhalt und Richtung gab. Ein großer Thcil der Presse, darunter nichl nur die social- bemvkraliscke und rakicale, batte aus dem staalSanwaltschast- lichen Antrag auf Strasversolgung einen Knäuel um die socialdemokralischc Herausforderung zurechtgemachl, daß diese säst ganz verschwunden war. Herrv. Bennigsen enltleidete, ohne in der Versasiungssrage von der Anschauung der Mehr heit abznweicken, den Eittstebuiigsgrund des Tagesstreites sckonungslos seiner Hülle; er legte mil Worten, die von den Vertretern des Umsturzes wie Geißelhiehe empfunden wurden, daS Wesen der Socialbemokralie bloß unb vermochte die Mehrheit — entgegen ihrem früheren Vorhaben — zu einem Beschlüsse, der einer materiellen Verurlbeilung der social- deniokratischen Ausschreitung gleichkam. Dem »ationalliberalen Führer gelang cS, was schon lauge zu den Uumöglickkeiten des parlamentarischen Lebens gerechnet wurde: er riß eine große gegnerische Partei mil sich fort. Würde der Reickslag die Abweisung des staalSanwaltschaftlicken Antrags nackt, ohne gleichzeitige Annahme des nationalliberale» Antrags auf Verschärfung der Discipliiiargcwalt teö ParlamenlS, beschlossen haben, so erschiene die social- demokratiscke Fractio» beute Vielen als das, wozu die Radi kalen sie gern gemacht Hallen: als die Führerin tes Reichs tages und der Nation in einer Freiheitssrage. So aber hat sie als eine von der großen Mehrheit der Volksvertretung Verurlheilte den Saal verlassen. Nach dem schändlichen Vor gang beS 0. December schrieb ihr Organ» ter erste Tag im neuen Hause habe der Socialrcmolralie gehört. Dieser frechen Prahlerei mit einer Schainlosigteil hat Herr v. Ben nigsen ein Ende gemacht Mil gutem Rechte aber darf die nationalliberale Pariei sagen, baß sie trotz ihrer geringen Stärke während des erste» Scssloiisahschnittes >m bleibenden Heim des Reichstages an der Spitze ter Verhandlungen ge standen dal. Die „Kreuzzeitung" kündigt unter den bei diesem Blatte üblichen Rnwürfen auf Herrn v. Bennigsen nach Schluß der Tagung den Voiistict zwischen der Regierung n»d tem Reichstage wegen des ablehnenden Peschlnsses an, mit tem der Reichstag den staatSanwaltschasilichcii Antrag aus Geiiehmigung der sofortige» strafrecht lichen Verfolgung des Abgeordneten Liebknecht beantwortet hat. „Das Nein vom 15. December" — so pralamirt daS großsprecherische Blatt—„bedeutet nichts als eine Ouittung; derKampj ist uicltt zu Ende, er beginnt, und wie solche Kämpfe ausgehen, oder sagen wir zum mindcilen auSgehen können, ras mag bei Sybel nackgelesen werben." Nun, bei »Cybel stehl z» lesen, baß ein Bismarck, »m Deutschland umzugestallen und um der Wehrhastigleik Preußens Wille» einen Conflict mit ter Volksvertretung hcrbeigesührt bat. Unter den Hintermännern der „Kreuzzeillliig", die jetzt den Kamps ankündigt, hcsindel sich kein Mann, dem ein Sybcl künftiger Tage mehr als fünf Zeile» widmen wirb. Damil allein und von allen anderen fehlenden Vergleichungspuncten abgesehen, erledigt sich die Failfaroiinare der „Kreuzzeitung". WaS der böse Geist Italiens, Giolitti, der während seiner zweijährigen Tbäligkcit als Ministerpräsident daS Land rer Revolution und dem wirtbschaftliche» Ruin nahegcfübrt halte, erreichen wollte, hat er zum Tbeil erreicht: die Kamnier ist nicht bloö vertagt, ihre Auslösung ist im Princip be schlossen, an Neuwahlen ist vor Anfang April nicht zu beuten, und bis dahin bleibt die Durchführung des größten Thcilcs der dringenden, finanziellen, wirlhschastlicke» und politischen Reformen siispendirt, deren unverzügliche Erledigung die Thron rede den Mitgliedern des Parlaments soeben erst in e»i- eringtlchkn Worten an bas Herz gelegt halte. Nur Crispi'S energischer Hand konnte es gelingen, zu retten, was nach Gio- lilli'S unheilvollem Regime »och zu retten war. DaS patriotische Werk, in dem Augenblick, als ihm die Krone aufgesetzt werden sollte, ist plötzlich zum Stillstand gekomnicn, und Giolitti's Hoffnung gebt dabin, baß, wenn eS wieder ausgenommen wird, der Len Schlußstein nicht einfügen wird, der mit Riesenkraft ten Grund dazu gelegt bat. Ob Giolitti richtig speeulirl bat, muß sich erst zeigen, wenn gerichtlich festgestellt ist, ob und waS von den ein entsetzliches Attentat aus kie Ebre Erispi'S bedeutenden Tocumenten als stichhaltig sich erweist. Bis dabin erfordert cs die Gerechtigkeit, mit seinem endgiltigen Urtheil zurückzuhalten. WaS man zugebcii muß, ist lediglich daS Eine, daß der Schein gegen rcn schwcrverbächligtcn ersten Staatsmann Italiens ist, denn es hält hart, zu glauben, daß alle jene Documente gefälscht sind; trotz des energischen Protestes Erispi'S, der die Giolitti'schen Schriftstücke als gemeine Fallen und Lügen bezcickniele, votirlen nicht weniger als 179 Deputirtc für die sofortige Vcr.tthuiig der ominöse» Publicalion, welche dann nur ans 2l Stunden vertagt wurde, und, was vielleicht das Ausfallendste ist, bas Eabinet hat sich, wie verschiebensach im Widerspruch mit einer Mittheilung des „B. T." ge meldet wird, mit EriSpi nicht solidarisch erklärt »nd denkt nicht daran, zu demissioniren. Auf der anderen Seile aber sprickt für EriSpi, daß dieser sowobl wie seine Frau sofort gerichtliche Klage gegen Giolitti angestrengt babe», und es er scheint auch undenkbar, daß ker Mann von tem über jeden Zweifel erhabene» Patriotismus, wenn er sich thatsächlich schuldig fühlte, die Stirn baden sollte, dem König seine völlige Unschuld zu versichern und an der Spitze der Ge schäfte zu bleiben, anstatt, wie die französischen Panama- Helke» cS tbaten, mit der Motiviruiig abzutreten, sie rönnten, ungehindert von amtlichen Rücksichtnahmen, als Privatleute vor Gericht besser ibrc Ehre wahren. Außer dem hat Giolitti selbst erklärt, die Briefe verkienlen nur in sofern Vertrauen, als sic durch Thaljachen bestätigt werben. Im Zusammenhang mit der von Tanlongo abgegebene» Er klärung. im Gefängniß babe man ihn zu Allein bereit ge sunden, er habe geschrieben, was man von ihm verlangte, ober unterzeichnet, was ihm vorgelegt würbe, ist jene Aus sage Gwlitti'S geeignet, den Werlh der Veröffentlichung stark herabzusctze». Aber, wie gesagt, wenn auch unser Vertrauen zu Erispi'ü Eharakter zu fest ist, als baß eö ein Giolitti so fort ins Wanke» zu bringen vermöchte, so müssen wir doch das Urtkeil der berufenen Richter abwarten. Was die Aus lösung des ParlamcittS betrifft, so wird dieselbe nur von den oppositionellen Blättern als ein widerrechtlicher Gewalt act bezeichnet, zu dem die Regierung sich aus Furcht vor ter Erörterung ter Docnmenlc ciilschlossen habe; im Allgemeine» wird tic Maßregel von der öffentlichen Meinung günstig aus genommen, da man sich sagt, baß der von Neuem aufge- fiachelie Fanalismns der zum Kamps bis auf- Messer ent schlossenen Minorität auch nicht eine ruhige Sitzung ermög lichen und die Staalsmaschine einfach z»m Stillstand bringen würde. Für den bevorstehenden Waylkamps wird cs von entscheidender Bedeutung sein, wenn cs gelingt, in dein Proceß Erispi contra Giolitti raS Unheil balbestmöglich zu sällcn. Die seit dem 4. d. M. in Bern tagende schweizerische Bundesversammlung hal schon mehrere Beweise ihrer Actioiislust gegeben. Bcbeulsani ist besonders der Beschluß des Nationalralbs, welcher die buntesräthliche Vorlage betreffend die Aufstellung einer neuen eidgenössischen Truppen- ordiiuiig ablchiite. Der Nationalrath wünschte, daß der Biiiitcsrath stall dieses Entwurfs eine weilergebcnde Vorlage ausar keile, die zur vollständigen Ccntrali- sativ» des MilitairwesenS führe. Dieser Beschluß wurde mit Zweidrittel-Mebrheit gefaßt, da viele Ultra montane niit der Majorität stimmten. Freilich dürfte dieser certtralistische Aufschwung auf einem Gebiete, aus dem die Schweizer Ultramoutanen bisher noch eine sehr föderalistische Haltung einnahmen, nicht ohne einen bösen Hintergedanken sein. Man dürfte dabei den Zweck verfolgen, durch sorcirtc Eentralisatio» die noch immer zabkreichen Föderalisten kopfscheu zu mache» und damit eine Rcaclio» gegen jede in ceiilralist,scher Richtung sich bewegende Mililair- Reorganisation heraufzubeschwören. — Auf sicherer Basis dürste dagegen ker neue Anlauf zur Errichtung einer eidgenössischen Unfall- und Krankenver sicherung beruhen, der soeben von der rabical-denio- kralischc» Fraction der Bilndesversammkulig beschlossen worden ist. Vorarbeiten zu tem neuen Institut sind schon seit Jahre» in umsassciidstcr Weise voin Nationalrath Dr. Forrcr im Auftrag des Bunkesrathes uiiternoinmcil worden, sodaß den eidgenössischen Räthen ein reiches und gediegenes Material zur grünblichcn Prüfung der wichtigen Materie vorliegt, lieber die Rathsamkeit de» in Frage stehenden Instituts ist man nun nachgerade i» allen Parieilagern einig, aber weniger einig ist man über tic Art der Beschaffung der nöthigen, sehr beveulen- den siiializicUeii Mittel. Man denkt an die Einführung neuer Monopole, vorab beS Tabalmonopols, das aber, in der Presse »nd in der Biinbesversammluiig kaum zur Sprache gekrackt, sofort eine heftige Opposition in den tabakbauenden Gegenden erregt hat. Unter diesen Umständen würde man die secks Millionen, welche der Beutezug jedes Jahr der BundeScasje abzaps'cil sollte, »m so schmerzlicher vermißt haben, und der ehrlichere, patriotischere Tbeil unter den Bcutczüglern mag beute Gott danken, daß ihr Anlauf gegen die eidgenössische Zclleassc nicht geglückt ist. lieber den neuerlichen Sieg der Japaner bei Fcng- H»ailg-Tsckicng liegen jetzt folgende nähere Mittbeilungc» vor: Die Besatzung von Feng-Huang-Tschcng setzte sich am Donnerstag in Bewegung, um den vorgeschobenen japanischen Posten bei Aid-Mail-Sban zu verstärten. Die gcsammtc Streitmacht belief sich auf l lO»> Man» mit 0 Geschützen unter dem Eommandv des Obersten Tvuioyasu. Freitag, bei Tages anbruch wurde ei» Angriff auf den linken Flügel der Chinesen ge macht. Die Ebmese» occnpirten ein günstigeSTerrain und fochten besser als die übrigen bis jetzt in der Mandschurei angetroffcncu Truppe». Der Kampf war ein beißer; schließlich wich der linke Flügel der Chinesen dem hartnäckige» Angriffe dcr Japaner. Dadurch entstand Consusion im Ccntrum. Fort gesetztes scharfes Feuer der Japaner verhinderte die Wiekcrsormirting der chinesischen Stellung. Ein daraus fvlgcnter criicutcr Angriff trieb die Chinesen z» ungeord netem Rückzuge. Sic flohen ui der Richtung nach Tfi-Ma> Tsie, von der japanischen Cavallerie verfolgt. Die Japaner erbeuteten daS chinesische Lager, enthaltend 4 Geschütze, viele Gewehre, Lanze» und andere Waffen. Der Verlust der Chinesen beläuft sich auf 25» Todte und Verwundete, der dcr Japaner aus l»0. Tic Letzteren machlc» :t» Gefangene. Die chinesische Sireilmacht belief sich aus 4»»» Kcrntruppcn. Dies erklärt die von den Chinesen bei dieser Gelegenheit bewiesene größere Tapferkeit »uv bas von deiisclbcn »och während des Rück zuges aufrecht erhaltene Feuer. Die Brigade des Generals ^achimis niarschirt in südlicher Richtung, um den Chinesen die Flucht abzuschneidcii. Eine baldige Erneuerung tes Ge fechtes ist sicher. Die Japaner sind überzeugt, ihren ge wonnenen Boden Hallen zu können und setzen trotz des grimmigen Winkers die mililairischcu Operationen, deren Ziel die Einnahme Pekings ist, mit großer Energie fort; die dritte Armee, von der bisher nichts ver lautet hatte, ist, wie gemeldet wurde, in Hieroshima jetzt Fruilletsi,. Sein Erbe. bj Eine Familiengeschichte. Von M. von Buch. Nachr»ick vcrtotiu. (Fortsetzung.) Am letzten Sonntag im August wurde in Walddorf, einem allen Brauche gemäß, daß Erntefest gefeiert, und so sollte es auch in diesem Jabre gehalten werden. Die großartigsten Vorbereitungen wurden getroffen, denn cS mußte natürlich der schönen Ernte wegen mit aiißergewöhiilicker Prackt ge feiert werden, und nickt nur Gesinde und Arbeiter bildeten die Theilnehmer dcS Festes, sondern die gesamnttcn Herr schaften dcr Umgegend. Der Hof war mit Guirlanden und Ehrenpforten auf- geputzt. Im Scheunenflur wurden die Plätze für die Musikanten hergerichlet. währenv auf dem Platz, aus de», getanzt werden sollte, Dielen gelegt und laubbetränztc Masten eingerammt wurden. Endlich kam der ersehnte Sonntag. Am Vormittag zog alles in die geschmückte Kirche, aber kaum waren die Lrgel- klänge verrauscht, als fröhliche Tanzweisen ertönten- die Musikanten zogen auf den Hof, und das eigentliche Fest für die Leute begann mit einem herzstärkenden Schmause i» den Gesindekanttiier». Einige Stunden später rollten Wagen auf Wagen aus die Rampe, sie führten die Gäste dcr Herr schaft herbei, meist Gutsbesitzer mit ihren Damen, die ge summten Ofsicicre aus Wellstäbt und die Spitzen dcr dortigen Behörden. Die lange Reihe dcr Geladenen eröstncten Herr und Frau von Schwechten mit ihrem Neffen Eugen, der inzwischen schon oft in Walddorf eingekehrt war. Ter alle Herr von Schwechten, ein übergroßer und über- schlanker Herr, erschien nur dann in größerer Gesellschaft, wenn Frau Sophie seine Gegenwart für geboten hielt, b. b. wenn sie cs für unumgänglich nötbig erachtete, daß sid Jemand in den Saal leite. Diesmal hätte freilich Eugen die Sache besorgen könne», aber die energische Frau erklärte, eine solche Zumulbung dürfe sic Wohl an ihre» alten Man», doch nicht an ten jungen Neffe» stellen, und so batte Herr von Schwechten seufzend seine Pfeife fortgestellt und die zu diesem Zweck wohlverwahrten Handschuhe hervorgtsucbl. Derartig« Feste waren ihm stet« ein Greuel, aber da die meisten Menschen sie als Vergnügen auffasse», wagte er nicht, seine wahre Meinung laut werden zu lassen, sondern trug ein verbissenes Lächeln zur Schau, was bei Unbefangene» leicht die Meinung erweckte, er litte an Zahnschmerzen, die er sich nicht merke» lassen wollte. Fra» von Hellbracht ini weißen Spitzenkleide, roihc Mohiihlülbcn im Haar und an dcr Brust, fah heute lieb licher de»» je aus. Die Erregung batte die meist etwas bleichen Wange» rosig angehaucht, und die dunkle» Auge» strahlte», als sie an der Seite des stattlichen Gatten lächelnd die Gäste empfing und schlagfertig aus die Scherzworte ent ging. tic heute in der Luft zu liegen schiene». Hottbracht, der von alle» Seiten ihr Lob singen Körle, Kob stolz bas Haupt in kein Bewußtsein ihres Besitzes. Auch Sophie war entzückt von dem Holken Iugeiibreize ihrer Schwägerin, und während sie ihr freundlich zunickte sagte sic unwillkürlich: „Kann es wobt etwas Schöneres geben?" Eugen, der an ihrer Seite stand und kein Auge von dcr jungen Frau verwandte, schüttelte langsam de» Kops. „Für mich wenigstens nicht", dachte er, aber diese Antwort lag nur in seinen Augen. Fra» Sophie halte seine Blicke nicht bemerkt; etwas un gnädig rührte sir seine» Arm. „Mein Gott, Eugen, Du könntest sie wirklich etwas mehr bewundern. So ein Eisbcrz wie Tu bist, ist mir auch im Lebe» nickt vorgekominen." Behaglich nahm sie >» einer Sofaecke Platz; Eugen setzte sich »eben sie. „Hast Tu schon mit Cbarlotte gesprochen?" inqnirirte sic. „Nein, wie sollte ich?" Er wies auf das Gedränge. „Ich kann nicht zu ihr gelangen, Frau von Hqjlbracht ist förmlich von einer Mauer umgeben." „An meiner Seite machte Dir freilich keiner den Rang streitig", lachte Frau Sophie. „Und Du willst eS auch nicht versuchen?" „Ich bin sehr schön bei Dir aiisgehohcn, Tante Sophie." „Nun freilich, Eugen, der Geschmack ilt verschieden, und waS mich anbelangt, so kann ich mich nur darüber freuen", »eckte sie. Aber als ibre scherzenden Worte nicht einmal durch ei» Lächeln erwidert wurden, ärgerte sie sich >>n Stillen wieder über de» „Eisberg". Charlotte batte auf -vollbracht'- Wunsch eingewilligt, sich von Branden, zu Tisch führen zu taffen, obwohl ihr seine besonderen Frcunte, eben jener Baron »nk Herr von Wcllniy aus Teeberg. wenig sympathisch waren. Heute streck, gönnte sie ihnen ihr freundlichstes Lächeln und ließ geduldig die uralte» Anekdote» Uber sich ergeben, die ibre Nachbar» schon seit zeb» Jahre» unermüdlich zum Beste» gaben. Als gegen Tchluß des Mables die Stimmung immer heilerer wurde, ertönte plötzlich Musik vor de» Fenster». „Dcr Enttckraiiz nahl", hieß cs, und ein allgemeiner Ausbruch entstand. Selbst Gerhard, der bisher seine Aiismerksainkcit gleichmäßig zwischen den Küche» und süßen Speisen getbeilt, rutschte vom Stuhl und trat au dcr Seite der Elter» auf die Rampe. Gesinde »nd Arbeiter hatten sich auf dem Platze vor dem Hanse versammelt. Sie überragte ker riesige, von bmiten Bändern »nd Rauschgold iimslaltcrle Erntekranz, ton ei» hübsches Laiidmätchen aus einem Rechen rortnig. Ter Kranzträgerin fiel die Ehre zu, de» üblichen Ernte- spruch auszusagc». Wir wünschen dem .Herrn einen gvldne» Tisch, An allen vier Ecke» ein' goldncn Fisch. Es war ein »»enblich langes Gedicht, in welchem dem Herr» »nd der gnädigen Frau alles Mögliche und Unniögliche gewünscht wurde. Auch der kleinen Junker wurde nicht ver gesse», ihnen wurde vom Geschicke eine Braut erfleht, ein Wunsch, dcr allerdings im Hinblick aus ihr jugendliches Atter etwas verfrüht erscheinen mußte. Gerhard jedoch nahm ihn mit versckßttntcm Lackeln huldvoll entgegen. Dann ging es hinaus ans den Tanzplatz. Heute war jeder SlaiiteSuiitcrschied ausgcbobeu, Herr unk Knecht, Dame und Magd, alles tricv und lachte zwanglos durcheinander. .Herr von Hollbracht absowirte seufzend die Pflichttänze, dock Charlotte gab sich mit unbefangener Fröhlichkeit tem Vergnügen hi» Ta stank plötzlich Tckwechten vor ter jugendliche» Gestalt im weißen Kleide, da- schwarze und das blaue Augeupaar tauchten tief ineinander. „Gnätige Frau, baben Sie noch einen Tanz für mich übrig? Oder bin ick unbescheiten, sind Sie ermürel?" „O, nur rin wenig, aber warum sind Sie nicht srüher gekommen?" lackte Cbarlotte. Dan» umschlang er sie, und sie flogen dabin in dem Wirbel. Sic paßten beide vortrefflich zu einander. Seine Ichlaute Gestalt stand im Gleichmaß ;» rer zierlichen Figur der jungen Frau, die scherzend bemrrlte, ,hr Mann sei eigentlich viel zu groß für sie. Lächelnd sckauie Sophie den beiten zu, während sie ihren Mann heranwintle. „Weißt Du noch, Alterchen, wie wir beide zum erstenmal auf dem Erntefest getanzt? Du bauest Dir eine funkelnagel neue Uniform machen lassen, erzähltest Du nachher, und ich batte ein weißes .Kleid an und trug Kornblumen dazu. Ich verlor sie aber, »nd Du meintest, cS schade nichts, denn meine Augen seien viel blauer »nd schöner, als die Blumen. Ach, und wie rolh ich wurde!" „So blaue Augen hattest Du ja gar nicht", meinte dcr Herr Major. „Aber Du sagtest eS dock damals. Weißt Du es denn gar nicht mebr?" Herr von Schwechten wollte sich seiner Frau zu Gefallen gern darauf besinnen; er gi»H im Geiste seine ganze Vc> lobiingsgeschichtc durch, doch wirklich, da- Complttncnt »ul den .Kornblumen kakle er vollständig vergessen. Noch immer flog das junge Paar unermüdlich dahin. Eugens Pulse klopften, und die Welt um ihn versank, cr fühlte nur das reizende, junge Weib im Arm, ihr Haar streifte ihn, und er lrank iurcii Alhem. Und plötzlich ergriff ib» ein wahnsinniges Gefühl. O, nur einmal diese Lippen küssen, die halbgeöffnet kie weißen Zähnchcn bervorblitzeu ließen, nur einmal ten Mund aus tic wundervollen Augen pressen, die harmlos vor ihm aujschautcn. Es müßle Selig keil sein, solch Weib z» besitzen, und er wollte sie besitzen; er, der noch nie geliebt batte, liebte sie wahnsinnig, leidenschaft lich. Aber nur einen Augenblick dauerte dcr Rausch. Das Paradies seiner Liebe versank, und der Engel mit dem seurigeil Schwerte stand davor, und es gellte ibm in den Obren: Du sollst nickt begehren Deines Nächsten Weib! Tottciiblcich hielt cr plötzlich mitten auf dem Platz i»»e und gab sic frei. „Ein reizende- Fest, Cbarlotte!" Elisabeth von Jößnitz, die Frau ihres Vetters, eine fast ilberschtanke, zarte Blondine, trat an Cbarlotte beran unk zog den Arm der jungen Fra» durch den ibre». Indem sie langsam mit ihr aus- »»d abschritt, bemerkte sie: „Weißt Du, der junge Schmeckten ist dock ein sonder barer Mensch. Es war fast unhöflich, wie er so von Dir sortstürzle, Niemand weiß, warum?" „Vielleicht überfiel ik» ein Schwindel", entschuldigte Cbarlotte. „Möglich, aber wunderlich war eS. NebrigenS soll er ein Streber sein, und die Vorgesetzten prophezeien ibm eine gule Carriere. Nun, mein Geschmack ist der steife Mensch nicht. — WaS ich sagen wollte, Tein Clemens ist allerliebst geworden.
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