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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.01.1893
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-01-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930126017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893012601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893012601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-01
- Tag1893-01-26
- Monat1893-01
- Jahr1893
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VezrrgS.Prei- tz, der --u»texp,dttioa oder den im Stadt, bezirk uud den Vororten errichteten Au», eavestellen abgeholt: viertel,echrlich 4.50, bei zweimaliger täglicher Zustellung in» vanS ^l 5.50. Durch die Post bezogen für leutschland und Oesterreich: viertel,okrlich -l 6.—. Directe tägliche Kreuzbandjendung ins Lolland. monatlich 8.—. kt« Morgen-AnSgabe erscheint täglich Uhr, di» Lbend-AuSgabe Wochenlag« 5 Uhr. Nedartion vnd ErpeLition: AohannrSgaffe 8. rie Lnxdttioa ist Wochentags ununterbrochen ,öffnet von früh 8 bi» Abend» 7 Uhr. Filiale»: ttt» »le«« a e-rtim. «Alfred Sahn). Universitättstrab» 1, Louis Lüsche, r-thariuenstr. 1». pari, und KönigSplatz 7. Morgen-Ausgabe. Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. Auzeigeu-Prei- Die 6 gespaltene Petitzeile LO Pfg. Reklamen unter dem RedactionSstrich <4 ge- spalten) 50-^, vor den Famlliennachrichtea (k gespalten) 40^. Sräßere Schriften laut unirrem Preis« verzrichniß. Tabellarischer und Ziffern,«- »och höherem Taris. Extra-Beilagen (gesalzt), nor mit der Morgen-Ausgabe, ohne Dostbesörderung SO.—, mit Postbesördrrung 70.—. Ännahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Lormittag» 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag» 4Uhr. Sonn- und Festtags früh V,9 Uhr. Bet den Filialen und Annahmestelle» je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz ia Leipzig. Donnerstag den 26. Januar 1893. 87. Jahrgang. Amtliche Bekanntmachungen. Nuhholz-Auction. Freitag» den 27. Januar d. As., sollen von Vormittag- ? Ubr an die ans dem Mttlelwaldschlaae in Abih. 17» des »»nnewttzrr Forstrevier» ausbereiteie» Nutzstückc, alS: ca. 8V Euben- Klötze von 20—120 cm Mitlcnsl. u. 2— 8 m Länge, . 14 Weißbuche»- - - 26— 42 - » 3— 4 » - , 6 Ahorn« » LO— 31 - » -L-7 . » » 43 Elchen» » 17— 58 - » -4-8 - - 24 Rllslern» » LO- 58 » - - 4—13,5 - - . 21 Erlen- » - 18— 31 . .4—7 - , SKasiuuien- - L3— 25 - . 3— 5 » . 1 Kiekern- Klotz » 20 - » -5 » » . 1 Fichten- - 18 » .10 . - . 1 Alpen» » » L2 - » »6 . D . l Apselbamn- - - 30 . . 2.5 sowie . II Li che»-, LS Eschen-, 4 Rüstern- uud 3 Ahorn-Lchirrhölzer, ferner: 13 Ftchten-Aüststangrn und 65 Stchten-Ltangen VI., VII und VIII. Elaste, riiler den im Termine öffentlich aushangenlea Bedingungen und der übliche» Anzahlung an Ort und Stelle melslbietend verkauft werden. Zuiammrnkunst: aus dem Holzschlag» hinter dcm Pflauj- ,««ra im Etrettholze b»i Connewitz. i Leipzig. n» IS. Januar 1883. De» Math» Aorftdepntattoi». Lekanutmachung. Di« Ersteh« der Hölzer ia dem städtischen Forstreviere Vurgau werde» hierdurch zur ungesäumten Absuhre ausgefordert, widrtgen- sall» uach de» Licttationsbedingungea verfahren werden müßte. Leipzig, am 24. Januar 1883 Lea RathS Forftdcp»ia>,a:i. Königliches Gymnasium. Zar Fei« de« Geburtstage» Sr. Majestät de» Kaiser« soll Freüag. den 27. Januar, 10 Uhr »in Actu» adgehalteu werden, für den Herr vr. Strllver dt« Festrede übernommen hat. Zu geneigt« rbetlaahme »a dies« Fei« l»d«t im Rameu de» Lehrercollegtum» .rgebeus: ei, Leipzig, um 25. Juuuar 1883. vr. Ltolurrck Llakter, Rector. Realgymnasium. 8« Theiluahm,»» d« Feier de« Geburtstage» Gr. Majestät »e« »atsrr« a« 27. d. «. früh 1» Uhr beehr» ich «ich im Rameu de« Lehr«-Collegium« ergebenst eia- zulade». Di« Festrede hat Herr Oberlehr« vr. Sedrvtor übernommen. Leipzig, de» 24. Januar 1883. vr. E. L. Lvtteksr, Rector. Ricolai-Gymnasium. Zur Fei« de« Geburtstag« Sr. Maj. de» Kaiser« findet -reitag. de» 27. Aauuar, Vormittags 10 Uhr «in feierlicher ilctu» Mt, bet dem Herr Professor vr. Törtng di« Festrede Hallen wird. Zu geneigter Lhettaahnr« daran beehr« ich mich hier- durch ergebeust einzuladen. Leipzig, Lö. Januar I8S3. vr. Otto Karmmel. Thomasschule. Zur Feier des Gebiirtvtagea Sr. Majestät vr« Kaiser« rndei Freitag, Ve» 27. Januar. Boriniting» 11 Uhr eia Schulaclus statt, zu dem ich hierdurch ergebenst einlade. Leipzig, den 25. Januar 1883. vr. ckunnumuu. I. Realschule. Zur Feier der Geburtstages 2». Majestät de« deutschen Kaiser« wird Freilag, den 27. Januar, Vormittags 8 Uhr ein Schulaclus slattsinde». Tie hohen Behörde», die Angehörigen unserer Schüler, sowie alle Gönner und Freunde der Schul» ladet zu Lies« Feier im Namen de» Lehrercollcgiums ganz ergebenst »in Vr. I'. ?k»In, Direktor. HI. Realschule (pesialoMrasit). Zur Feier des Geburtstages Cr. Majestät des deulschen Kaiser» findet In der III. Realschule am Freitag, den 27. -«., Vor mittag« 8 Uhr ein Fcstactu« stall. Zu demselben beehrt sich im Namen de» Lehrercollcgiums ergebenst einzuladen Leipzig, am 25. Januar 18st3. k. I'laolier. Ovtloutliolw Ilumleldilolnünstult. lioe am kreitaz-, 6-» 27 äanunr, Vorwittax» 10 vdr im 8»nle äor Anstalt aintltii.llcnllen betör <I»>» (lehnet»!»«,»» 8r. .Kn^euUlt «len «leutnelivu Kninei» beehrt »ieh im d>niueo >Ies I-ehrer-OoUez-iuimi eruebiUtnr eioruluäe» lurl iVollruu», Oirector. Mittägliche Rersorgung armerächulknaben gegen Vergütung. n.n. Eine auf dcm Gebiete der socialen Fürsorge für Kinder wichtige Neuerung vollzieht sich gegenwärtig in Bremen, wo man im verflossenen Jabre eine Speisung armer Schulknaben gegen Entschädigung eingefühct hat. Die Anregung dazu ist von dem durch die Errichtung von Knabenhorlcn bekannten Oberlehrer Redderse» in Bremen ausgegangen, welcher zunächst die von bedrängten Arbeiter familien besonder» stark bevölkerte westliche Borstadt Bremens ins Auge gefaßt hatte. Die Auffassung und Vorarbeit deß BeraiistalterS ist am besten auS dcm Ausruf ersichtlich, wo-' durch die Neuerung ins Leben gerufen wurde. Derselbe lautet im Wesentlichen folgendermaßen: „Gemeinnützig gesinnte Männer und Frauen aus der westlichen Vorstadt wollen dafür Sorge tragen, daß die armen Schulkunden, welche während der schulfreien Mittags stunden ebne Obdach und Aufsicht sind und kein regelmäßiges MlttagSessen erhalten, in einem paffend gelegenen Locale Aufnahme finden und gespeist werden. ES handelt sich dabei zumeist um die Kinder bedürftiger Wiltwe» und ver lassener Frauen, welche TagS über in fremden Häusern oder in Fabriken dem Erwerbe nachgehen und deshalb, wenn auch mit schwerem Herzen, ibrc Knaben sich selbst überlasse», also mebr oder weniger dem Slraßenlebe» preis geben müssen. Gerade diese Knaben — die Mädchen finde» schon eher bei Verwandten oder Nachbaröleuten ein leid liche» Unterkommen — verdienen eine besondere Beachtung. In Folge des großen Mangels an leiblicher Pflege bleiben sie krastloS und unentwickelt, und Loch sollen sie später, oft schon in den letzten Schuljahren beginnend, durch ihrer Hände Arbeit sich selbst ihr Brod erwerben. Lisch bedenklicher siebt cS um ihre sittliche Entwickelung. Bei dem zügellosen Uinhertreiben und zudem meist von Hunger und Kalle geplagt, sind sic aus Schritt und Tritt Len schwersten Versuchungen ausgcsetzt, und gesellt sich dann noch ei» in bösen Streichen schon erfahrener Kamerad zu ihnen, so ist der Weg zu allerlei Unfug, zu Betrügerei und Dieberei nicht mehr weit ab, und selbst vo» HauS a»S besser geartete Knabe» gebe» in solcher Gesellschaft >» der Reget verloren. Dagegen kann der beste Uiuerricht und dir treueste Erziehung der Lehrer und Prediger, auch eine noch wachsamere und strengere Polizei allein nicht helfen, eS ist vielmehr ein Ersatz für Dasjenige zu beschaffen, wa« leider das elterliche HauS diese» armen Kindern versage» muß, nämlich Obdach, Aussicht und Mit- tagSIest. Eine solche der drohende» Verwahrlosung »och rechtzeitig vorbeugende Fürsorge kann natürlich der eigent liche» Armenpflege nicht zngciiiutbcl werde». DaS ist viel mehr eine Ausgabe für die werklbätige Liebe, die sich der Arme», Verlassene» und Hnngernden aniiiiniiit, für daS natürliche Mitgefühl mit den bedrängten Wiltwe», welche meist in ihre» heranwachscildc» Söhne» die einzige Freude und Stütze ibre« Alter« erblicke», aber auch für alle bürgerlichen Kreise, welche bei dem Wohlergehen de« engere» oder weiteren GeineindeverbandeS imeressirt sind, namentlich zu einer Zeit, in weicher man von der zunehmenden und gefahrdrohenden Verwilderung der Jugend leider zu viel in sehe» und zu hören bekommt. ES wird nun beabsichtigt, für die Winlcrmonale die wohl am meisten gefährdeten Knaben au« den letzten Schuljahren während der Mittags stunden im Knabenheimzebäude an der Nordstraße z» ver sammeln und ihnen dicr unter regelmäßiger Beaufsichtigung ein warmes Ammer und ein a»S der Volksküche zu ent nehmendes kräftiges Essen zu gewähren, auch sür einige Lesebücher und llnterbaitungSspiele zu sorgen und ihnen ei« ruhiges Plätzchen rum Arbeiten sur die Schule und de» Predigcrunterricht anzuweisen. Natürlich werden nur solche Knaben Ausnahme sinden, welche sich nach sorgfältiger Prüfung der brzeichncten Fürsorge wirklich bedürftig erweisen. Damit aber die Angehörigen diese Ver anstaltung nickt als eine Armensache anfeke» und ihnen daS Bewußtsein ihrer eignen Verpflichtung und Verantwortlichkeit nicht abkanten kommt, sollen sic ein Wochengeld von 60 .Z vlzahle». Zum Schluffe erlaube ich mir »och die Bemerkung, daß dir geplante Fürsorge nur at« ein Versuch angesehen werden darf und daß eS von den Erfahrungen dieses Winter« ab hängig gemacht werden muß, ob und wie dir Arbeit später fortgcführt und vielleicht auch auf andere Stadttheile anSgedebnt » werden verdient Dann wird e« auch Zeit sein, zu unter- nchen, wie etwa für diesen neuen Zweig der Kinderpflege bei einem der schon vorhandenen WohlthätigkcitSvereine cm »aturgciiiäßcr Anschluß zu gewinnen ist." Dieser Ausruf batte den erwarteten Erfolg, daß schon in den nächsten Tagen bei dcm Cvmit» gegen tooo ^ cin- ginge». Seit acht Wochen besteht nun die neue Ver anstaltung und bewährt sich ans« Beste. ES haben bis jetzt 3» Knaben, welche ini letzten oder vorletzten Schuljahre steken und meist in den späteren NachmiltagSstunden »ach Schluß der Schule als Ausläufer oder dergleichen schon einen kleinen Verdienst haben, Aufnahme gesunden. Natür lich werden die Verbältnisse der angemeldeten Knaben au Grund des auSgesülltc» Anmcldebogen« genau geprüft, in der Regel durch Besuch im elterlichen Hause und, wenn eS nötbig erscheint, auck, durch Nachfrage bei dem be treffenden Lehrer und Prediger. Die beide» für die speciclle Leitung gewonnenen Lekrer wachen abwechselnd darüber, daß die Hausordnung, welche Anstand und gute Sitte, auch ei» kurze« Tischgebet vorschreibt, innegehalten wird, daß die Knaben nach einer bestimmten Reihenfolge sich beim Essen bedienen, das Herrichten und Abräumen de« MittagStische« besorgen und beim Reinigen des gelammten Essgeschirr- der Hanswärtcrin behilflich sind, im klebrigen aber ibrc Mußezeit in einer gewissen Ungezwungenheit mit Lesen, Spielen oder Arbeiten auSsüllen. Die Knabe» kommen gern und die Lehrer wollen schon einige Aufbesserung i» leidlicher wie sittlicher Hinsicht wabrncbmcn; jedenfalls sehe» die Jungen immer sehr zufrieden und auf >kre Weise dankbar z» Denen auf, welche sic zur Essenszeit in ihrem behaglichen Afnl besuchen. Die Eltern werden ernstlich angebalten, am Montag da« Wochengeld z» bezahlen-, Frei stellen sind nicht Vorbauten, wobt aber suchen die Anstalten lin Nothfalle Jemanden dabin willig zu machen, daß er sich eine- ganz mittellosen Jungen persönlich annimnit und sür ihn da« Wochengeld bezahlt. lieber den weiteren Verlaus dieser Veranstaltung, die sich offenbar von einer bloßen Speisung armer .Kinder in Volks küchen rc. nicht unwesentlich unterscheidet, soll später berichtet werden. Deutsches Reich. r». Prrli», 25. Januar. Endlich! Bei dcm Zusammentritt deS preußischen Landtags und später tcS Reichstags würde von uns die bestimmte Erwartung ausgesprochen, die natioiialliberaleii Abgeordneten in beiden Parlamenten würden der Regierung ibrc Sünden verrücken und insbesondere dem Herrn Grasen Eaprivi jeden Zweifel bcncbincn, daß der Pessimismus, über den er sic» wiederholt beklagt bat, vor Allem auf ihn als Krankheitserreger zurückivcisl. Nicht nur foilltor in ro, so schrieben wir damals, sondern auch tnrtitor in moclo wolle das denlsche Volk seine Vertrauens männer anftrclen scbc» Die Hoffnung ist zum Schaden deS Landes und der Partei bisher nicht in Erfüllung gegangen. Herr v. Bennigsen freilich sprach in der ersten Lesung der Militairvorlagc von den „großen und kleinen Fehler»", welche die Regierung gemacht. Auf eine dctaillirle Begründung dieses Unheils ko»»te der Parteiführer bei jener Gelegenheit sich nicht einlassen, da die vorliegende hochwichtige Angelegenheit eine eingehende sachliche Erörterung heischte. Der Reichs kanzler machte sich das zu Nutze unk, wie gewöhnlich, von seiner Fähigkeit, unangenehme Wahrheiten zu überhören, Ge brauch. Speeiellcii Verballungen gegenüber wäre Schweigen uiimöglich gewesen, aber die EtatSdebaltc, also die herkömm liche Gelegenheit, Regicru»gö»iaßrcacl» einer Kritik zu unter- ziehen, ließ der liationatliberale Redner fast gänzlich im- genügt verstreichen. Bei der Neigung dcS neue» EurseS, sich iLelbsiläuschungen hinzugebc», konnte ibin die schärfere Sprache der Partcipreise allinälig mit Recht als DaS er scheinen, als was er sie zu betrachten sich den Anschein gab, nämlich als Nörgelei. Hierin Kaden nn» die sreiinülbigcn Männer vom deutschen Rhein Wandet geschasst. Aus ibre Beschlüsse bczicbt sich unser „Endlich!", denn nach einer Aus- Feuilleton. At. Petersburger Lebensbilder. Kon I. Norden. NaLdruck verboten. Wir haben — abgesen von den Lebensmitteln — keinen ribtigen WeihnachtSmarkt, wir ihn der Städter in Deutsch land und Frankreich kennt, Berliner und Pariser obenan. Nicht, als ob an der Newa der allgemeine und der häus liche WoblthätigkeitSstan und die Schenklust geringer wären in den Tagen deS tannenduftenden und kerzenstrahlenden WeibnachtSfestcS, de« ewig alten und doch ewig jungen, das uns selbst auch immer wieder verjüngt, deckt gleich Schnee unser Haupt und leuchtet auch unser Auge minder bell im Glanze dcS Lichterbaume». Nein — deS Klima« Misöre natürlich ist'S, die da- hier verbietet. Ich wollte 'mal den Berliner oder Pariser bei 25« L. unter Null Wcihnacht-markt ballen und besuchen sehen I Wie so Viele» auf dem Gebiete de- öffentlichen Lebens hier sich hinter feste Mauern und in den Schutz des wär menden Ofen- begiebt, so auch der WeihuachlSmarkt. Unter den risengerippten Hallen auf dem Heumarktplatz und auf anderen Plätzen, da giebt'S wohl vor dcm Fest eine besonders reichliche Zufuhr von Gänsen. Ferkeln, Wild und Fischen, ron Aepfcln und Nüssen für die WeibnacbtStafel, aber Fest- ge'chenkr finden wir weder dort, noch sonst wo auf Markt plätzen, sondern nur unter Dach und Fach, im Gostinji Dinot, im Mrrien-Hof, in den Läden und Buden und vor Allem auch aus den WoblthätigkeitSbazarrn, dir zahlreich schon vierzehn laze vor Weiynachtrn veranstaltet werden von allerlei Genossenschaften, Schulverwaltungen u. s. w. in öffentlichen und Privaten Sälen. Lotterien und WeihnachlSbäunie, ricsen- arcß und bunt hrrauSgrputzt, fehlen da nie, und Musik und Buffet» giebL» mitunter auch. Manche dieser Bazare sinden in geschloffenen Kreisen statt, namentlich di« iu den aristokratischen Hotel»; Jahrmärkte der Eitelkeit und der Renommage, Orte deS Stelldichein«. Ebe- i«lietzunz«börsen, Arena» für Courschneider find sie oft. und be unterscheiden sich hierin durch nicht! von ähnlichen Ver anstaltungen de« Westens. Aber sie bringen wenigsten- Geld em sür di« Annen, diese Vergnügungen der großen Welt» »a« bei ihnen doch nicht immer der Fall. Bon anderer Art sind die Weihnacht-Märkte, die im mßen Duma-Saal abaehaltr« werden: dort aiebt - nur ein fache Waare, vielfach Arbeit der städtische» Gewerbeschulen, und den UnterstUtzuugScaffrn auch de« städtischen Schulwesen- kommt der Ertrag diese« Bazar« »u Gut«, der vom großen Publicum eifrig besucht »ird. Auch manche Gymnasien und andere größere Lehranstalten richten einen solchen WeibnachtSmarkt an« — immer natür lich zu wohlthätigen Zwecken. Dann aiebt'» noch andere Märkte unter dem Aushänge schild von Ausstellungen, wo die Exponenten daS Geld e,n- stccken, theilwcise oder ganz. Meisten« wird freilich dieser Zweck auch von vornherein eingestanden. Zwei solcher N»«stellnngen fanden in diesem Jahre zum ersten Male statt und batten einen hübschen Erfolg, über den man sich freuen muß, weil da« Unternehmen in beiden Fällen sehr sympathisch ist. * * * Dem Kunstgewerbe, specicll der kunstgewerblichen Frauen arbeit, und der Hausindustrie gelten sic. Im letzten Herbst hat sich bier ein neuer Franenvcrcin aufgclhan, der den Zweck verfolgt, für die Frauenarbeit „solche Bedingungen z» schaffen, daß sie in Bezug a»s Geschmack, Schönheit und Güte vollkommener würde und mebr Absatz fände; die Ursachen zu beseitigen, die diese Arbeit rntwertben; die Arbeiterinnen im Kampfe mit der Notb zu unterstützen und ihnen ihren Beruf überhaupt zu erleichtern." So heißt cS in Len Statuten des Vereins, und die Alisgabe, die er sich gestellt, ist, wie man steht, sehr groß und schwer, aber gewiß nicht unlösbar. An der Spige der Sache steht als Patronin die kunstsinnige und miltthätige Prinzessin von Oldenburg. AuS Dame» der Aristokratie »»d Künstlerinnen bat sich der Verein zusammengesetzt, und rührig bat er seine Thätigkeit eröffnet mit dcm große» AiiostclluiigS- Bazar, von dem vier die Rede und der nunmebr schon vier Wochen währt. Er soll da« BetriebScapital de« Verein- ver größern, und er soll nicht der einzige bleiben; vielmehr sollen ihm alljährlich periodisch noch andere folgen, in Zusammen hang mit PreiSauSschrcibungen und Präniicnvcrtbcilungc» iür die unterstützungsbedürftigsten Zweige der kiliislgewcrblicl,cn Frauenarbeit. Plan will ferner ein Musier-Mnseuni begründe», in dem nicht blo« Vorbilder verschiedener Kuiistgcwerbe in allen Stilgattungen, sondern auch Proben dcS Arbeitömaterial« ausliegen sollen; nicht genug damit, soll — was von beson derem praktischen Wertb — ein CommissionS-Jnstitut nebst Waarenlager für die Eonsumenten und einem Materialien- Tepot sllr die Producenten geschaffen werden; endlich bofft man auch ein Lese- und Studir-Eabinet kunstgewerb lichen Charakter» eröffnen zu können und. l»K m»t Iea>>d, eine Unterstützung»- und Sparkasse sür Handarbeiterinnen anzulegcn. Wie Sie sehen — da« Programm iss ungemein umfassend, und wenn dem Verein nicht gleich zu Beginn große Spenden und Stiftungen zufließen sollten, so wird e« wohl Jahre dauern bi« r« auch nur in de» Grundzügen io« Leben getreten ist. Einstweilen hat der Verein noch nicht einmal eine eigene Heimstätte. Aber daö Beispiel deS „Ersten Tamcii- KüiistlcrvereinS", der im Februar d. I. sein zehnjähriges Jubiläum feiern könnte, berechtigt zu der Hoffnung, daß auch diese- zweite Unternehmen Erfolg haben wird, zumal da viele der energischen Damen de« älteren Vereins auch den, neuen angeboren. Jener verfolgt zumeist auch WokltbätigkcitSzwccke — in zweiter Linie die eines Künstlcrinncn-ElubS für gemein sames Schaffen — aber alle »icrcantilcu Zwecke sink ihm fremd, und doch hat er binnen zehn Jahren über 20 voo Rubel an hilfsbedürftige junge Künstler und Künstlerinnen, an Künsllcr-Wiltwc» und -Waisen vertbeiten könne», bat er die Erziehung vo» l4 Künstlerkindern übernommen und besitzt er ein Reservecapital von nahezu 7000 Rubel. Mit de» größere» Zwecken wachsen ja auch die Kräfte. Hoffen wir daher, daß auch der neue Verein sein Ziel erreichen wird, daß er wirklich sich herauSgestalten wird zu einem segens reichen Mittelpuncte der kunstgewerbliche» Frauenarbeit. Und vor Allem zu eröffnen wäre, da« ist wohl ohne Zweifel, die permanente Berkausssteüe, damit die Arbeiterin vor Uebervortheilung sicher gestellt bleibe und reichlich Absatz fände. Wa« die diesjährige erste Ausstellung betrifft, so brachte sie vornehmlich LuxuSgcgciiständc: Malereien ans Porzellan, Holz, Glas, Seide und Sammet, Majoliken, Lebcrpressiiiigeii, Holzschnitzereien, Braiidinalcrcieu, künstliche Blumen aller Art, oLlickcreien und Häkeleien u. s. w. n. s. w. Aber schon be gegnet man auch Arbeiten der richtigen weiblichen Hans Industrie — namentlich der schönen «pitzenklöppeleien der Bäuerinnen au« de», Gouvernement Orel, Handschuhe» auS den Dörfern deS Gouvernements Mv-ka», gehäkelte» Woll tüchern au- den Orenburg'fchcn Kvsaken-Stanizen u. dgl. * . « » Nur der Hausindustrie begegnete man aus der zweiten der in Rede stehenden AllSstcUnngen. Man weiß, welche Rolle die Hausindustrie in Rußland spielt, wie sie die Dorffchasien ganzer gewaltiger Gebiete er nährt, wie sic dazu berufen iss, dort, wo Landmanget oder Niedergang der Landwirlbschast den Bauer in eine verzweifelte Lage bringt, ihm ei» Aequivalent zu bieten sür den Ackerbau- Berus. Und eS giebt heute vielleicht nur noch sebr wenige Zweige, deren sich d>e Hausindustrie nicht bemächtigt bat Aber wie viel Ungeschniack, Unverstand, wie viel Uebervortheilung herrscht noch aus diesem Gebiete! Man bat nun freilich in den letzten zehn Jabrrn sich der Sache ernstlich angenommen. DaS Dvmamrnnnnisterium, Ka ja so eine Art Ackerbauministerium bedeutet, hat ihr seine organisatorisch« Aufii.erksanikeit zuaewandt, und ein Gleiche« thatea di« .K. Russische Trchoisch« Gesellschaft" und dir „Gesellschaft zur Förderung russischen Handels und Gewerb- steißeö". Förderung-Zwecken nun auch dient die in dem Gebäude d/S landwirtbschastlichen MuseumS erösfncte „Russische HauS- indiislric-AiiSstellung". Die Ausstellung soll verniittclnd und belehrend zugleich wirke»; sie soll zeigen, waS die HanSindnslrie in Rußland überhaupt zuwege bringt; sie soll dem Prvdiicenle» ermög liche», Vergleiche zu zicbc», zu welchem Zwecke auch Mufter der ausländische» Hausindustrie verschriebe» wurden; sie soll den kiesigen Händlern die Möglichkeit gewähre», sich un mittelbar mit dem Arbeiter in Verbindung z» setzen, damit dieser der verderbliche», babsüchligen Vermittelung des Zwischenhändlers ciitralhcn könnte, der oft die Gefammt- leistuiigSsähigkeit eine» ganzen oder gar mehrerer Dörfer pachtet. DaS Publicum bringt der Ausstellung große- Interesse entgegen; eS wird viel gekauft und viel bestellt, und die Preise sind erstaunlich niedrig. Und WaS giebt'S da Alle-! Die prächtigen Pavillons der Tulaschen und Riskni-Nowgoroder Messersabrikanlc», der MoSkanschcn und wieder Tulaschen Kupfcrschmicdcarbcilcr (namentlich Tbccmaschincii und Eredcnzbrelter); die Zelte mit den Spitzenklöppelcien und Teppichen aus Walagdo. Kjasan, Perm; LicKivSks mit den schöne» „Schniuckfachcn in Silber und Gold »nd den Mosaiken und Steinschlcifereicn der Jckalcri»- burg'schcn und anderer uralischer HauSindustriellcr; kostbare Gewebe a»S dein Kaukasus und den« fernen Cüvostcn des Reichs; die Moskauer Holzmöbel, national im Scimitzwerk und i» der bunten Zauberpracht; die schön lackirtcn Papier-i»a>-I>ö Arbeiten auS Len Gouvernements Moskau und Twcr; eine Uiiinaffc Spiclwaarcn au« allen mögliche» Gcbicic». diese ziimeist freilich mindcrwcrtbig; Lcinewandartikel aller Art, bunte Stickereien auf Leincwand, namentlich Hand- und Tischtücher; DrcchSlcrarbcilc» u s. w. Man bedauert immer wieder, daß nicht ausländische Agenten am Platze sind, und man begreift mitunter ultra-schutzzöllnerischeBrandartikel gewisser nationaler Blätter. . . Wie dringend notbwendig Schutz. Forderung, Belehrung unserer HauSindustriellcii sind — dafür z»m Schluß nur ein Beispiel. Hat da ein Bäuerlein eine Menge Puppen aus gestellt Allen fehlen merkwürdiger Weise die Obren, während sic sonst gar nicht so übet sind. Wie erklärt sich daS? Nun, bei der Form, in der er die Köpfe preßte, batten die Ohr muscheln sich abgenutzt, und unser Bäuerlein wußte keinen Ratb, wie er Lei» Mangel abhelfen solle! So große Un» kennlniß findet sich hier mitunter hart neben erstaunlicher Geschialichkeit. . .
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