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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.03.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-03-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930321021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893032102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893032102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-03
- Tag1893-03-21
- Monat1893-03
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Bon .einer dem Reichskanzler nabestehenden Seite" wird der Schlesischen Zig." geschrieben, man würde kaum die dritte Lesung abmarlcn, um aufzulöscn, wenn in zweiter Lesung leine Bersländigunz erzielt sei. Eine Verständigung wird aber nur aus der Grundlage, daß die Rezierungssordcrunzcn für die Infanterie unangetastet bleiben, als möglich bezeichnet. Also der alte Standpunct des Grafen Caprivi, der noch immer zu glauben sich den Anschein giebt, cS hätte irgend eine Partei bei Neuwahlen so viel zu verlieren, wie die Regierung. Namentlich um die national-liberale Partei zeigt sick der Kanzler besorgt, sie habe die .Position Richtcr'S im Dcutschsreisinn verstärkt und ihre ! ,:ze»e Lage „keineswegs verbessert". Wir dächten, Graf (saprivi sollte im Augenblick mit sich selbst zu sehr beschäftigt ! sei-, als Laß er Zeit fände, sich den Kopf anderer Leute wegen zu zirtuchen. Das zur Verfügung gestellte weiße Papier ist >a gktiiltig, die Träger der durch den Kanzler so schwer compro- mittirten militairischen Interessen dürsten es kaum sein oder doch gewiß nicht lange bleiben. Militärische Sachverständige messen dem Berhalten des Kanzlers die volle Schuld an der Zerfahrenheit der Situation zu. Sie erachten es als einen schweren Fehler, daß der Reichskanzler den il»n nabegelegten Gedanken der staffelweisen Durch führung der HeereSresorm nicht aufgegrifsen hat. ES wäre dadurch die Wahrscheinlichkeit einer Ver ständigung in diesem Jahre bedeutend gewachsen, woraus lekheiuate Militairs großes Gewicht legen, da sie es aller dings für nothwendig halten, daß der Beginn der Heeres- nsorm nicht hinausgeschoben wird, während sie andererseits out einer allmählichen Vollendung nicht nur einverstanden sind, sondern ihr sogar den Vorzug gebe». Dies insbesondere nn Hinblick aus den Mangel an Unterofficieren, den man sachkundigen Officicren niemals wird wegdiSputiren leime». In diesen Kreisen glaubt man auck ebenso wenig, io:e in politischen, was der „Nahestehende" der „Schlesischen Heilung" glauben machen will, daß nämlich Herr v. Bennigsen durch seine eindringliche Rede >» der Eommission eine Ver sündigung mit einer Anzahl freisinniger Abgeordneter er schwer! habe. DaS Gcgcnthcil ist richtig, Graf Caprivi hak durch die „Festigkeit", deren er sich auch in dem erwähnten Artikel rühmen läßt, eine Militairbewilligiliigeii günstige Situation verdorben, wie sie in der deutschfreisiiinigcn Partei rech niemals vorhanden gewesen. Er wurde zum Bundcs- zmosscn des Herrn Richter, für den der Schein war, als er du Opposition mit der Behauptung entgegentrat, diese Ne gierung wolle keine Verständigung. Gerade im Hinblick ous diese klar zu Tage liegende Wirkung der RkgierungSpolitik versuchte Herr v. Bennigsen in letzter Eiunde noch einmal, dem Reichskanzler das Zweck widrige seiner Taktik vorzuhallen. Mag die Regie rung doch die Probe machen und sich vor Ostern, ehe der Unwillen im Lande weiter um sich greift, auf den Boden der nationalliberalcii Anträge stellen — sic wird die Hinze und Rickert aus Kosten des Herrn Richter stärken. Handelt es sich dock hierbei nur um die Aufgabe einer Stel lung, an deren Haltbarkeit auch Graf Eaprivi nicht mebr glauben kan». Kommt es zu Neuwabten, so kann als Wahlparole für den auslöscnken Reichskanzler dochauchnurderBeiiniqien'sche Vorschlag in Frage kommen, wenn ander» man nicht die ausschweifende Hoffnung begt, 199 Eonscrvative und Pole» in den Reichstag zu bekommen. Die „Kreugztg." scheint übrigen» gleichfalls Ankaltspunclc dafür zu habe», daß man frükcr oder später die Beiiiiigsen'sche» Anträge als Grund lage acccpliren wird. Eie widmet dieser, ibr aus partei politischen Gründen höchst fatalen Evcnlualität einen gist- gctränkleu Artikel. Die Iungczechen in Oesterreich haben den Antrag auf Einführung deS allgemeinen direkten Wahlrechts cingcbracht. Selbstverständlich hoffen sie, mit diesem Antrag einen Bortbcil gegen die Deutsche» zu erlangen, da er voll ständig nach den slawischen Interessen zugcschiiilten ist. Tie Zahl der österreichischen ReichSratbS-Abgeordncicn soll von 353 auf 400 erhöbt werden. Zn wäblcn hätten: Böhmen 98, Mähren 38, Schlesien 10, Galizien llO, Bukowina ll, Dalmatien 9, Istrien 5, Triest 3, Görz und Gratiska 4, Krai> 8, Steiermark 2l, Kärnten 6, Tirol ll, Vor arlberg 2, Salzburg 3, Oesterreich unter der Enns 45, Oesterreich ob der Enns 13 Abgeordnete. Hiernach würden Böhmen und Galizien zusammen, die gegenwärtig nicht ganz 44 Proc. der gesammtcn Abgcordncteiizabl entsenden, 52 Proc., also die absolute Mehrheit im RcichSralhe darstellcn. Von den 400 Mandaten würde» 2t4 den Slawen, 145 den Deutschen »nv ll den Italienern Zufälle». Von deu 2l4 Mandaten der Slawe» kämen 92 auf die Ezechen, 63 auf die Polen, 52 auf die Ruthcncn, 4 aus die Rumäne», 12 aus die Serbo-Kroaleu und 2l auf die Slowenen. In Böhmen würden 62 Ezechen und 36 Deutsche, in Mäbren 27 Ezechen und t l Deutsche, in Schlesien 2 Ezechen und 5 Deutsche, in Niederösterreich l Czeche und 41 Deutsche gewählt werden. Das thätige Wahlrecht soll jedem cigenbcrechtigteii Staats bürger, der das 24. Lebensjahr vollendet hat, die Wählbarkeit jedem Wähler, der daS 30.Lebensjahr vollendet hat, zulommen. Die Wahlen sollen geheim vorgenonimen werden, stellung der Wahlbezirke, die Anordnungen Wege»Verfassen» der Wählerlisten, deS BerusungSvcrfahrciis und der Wahlvvriiabmc sollen — hier steckt der södcralistische Pferdefuß — der Landes-, nicht aher der Reicksgesetzgehling Vorbehalten sein. Vorläufig wird der jungozcchischc Versuch zu keinem Ergeb nisse führen, da alle großen Parteien au der bisherige» so genannten Intercsseiivertrctung sestbalten. Aber die Zeit wird kommen, da das allgemeine Wahlrecht, wenngleich unter anderen Formen, als jetzt die Iungczechen wolle», den öster reichischen Völkern nicht ferner vorentbalten werden kan». Der gegenwärtig vorliegende Antrag trägt den Todeskeim i» sich, da er von einem grundsätzlichen Widerspruche ausgchi: er beginnt mit einer scharfen Rcchtsvcrwabrung gegen deu Bestand der Verfassung und die auf ibr beruhende Volks vertretung, strebt aber andererseits die Fortbildung dieser Ver fassung und die Schaffung des allgemeinen Stimmrechts für die „pcrhorrcScirtc" Volksvertretung an. Wenn den Franzosen ans irgend einem Punkte deS Erdballes Schwierigkeiten und Unannehmlichkeiten erwachsen, dann kann man sicher daraus rechne», daß sic den Deutschen die Schuld daran i» die Schube schieben. Augenblicklich scheint es ibneu wieder in Dabomcy schlecht zu gehen, unk die Pariser Prelle ist sofort dabei, die Deutschen dafür verantwortlich zu machen. „Deutsche Intriguen in Dabomey", so lautet die llcberschrisr eines Artikels deS „Figaro", in dem ganz ernsthaft behauptet wird, die franzö sischen Expctitiouslruppen wären gefährdet, falls nicht die von dem General DoddS gegen deutsche Kauflcute an der Küste erlassenen Ausweisungsmaßregeln aufrecht erhalten blieben. Gleichzeitig wird von amtlicher Seite nach den neuesten telegraphischen Nachrichten der Versuch gemacht, die »»günstigen Nachrichten a»S Dabomcy alö unbegründet kinzustclle». Eine essicicllc Mittkeilung der „Agencc Havas" sagt, durch amtliche, aus Dabomcy eingegangenc Berichte würben die ungünstigen Nachrichten über een Gesund- bcitSstand des BesatzungScorp» in aller Form für un richtig erklärt, die gesundheitliche Lage sei so zufrieden stellend wie möglich. Die Mitlbeilung dementirt ferner, daß die Regierung die Genehmigung der Maßnahmen abgelebnl habe, welche von General DobdS den Hand- lungöbänsern und Factoreiagenten gegenüber getroffen worden seien, die an König Bebanzin Waffen und Munition gelicsert hätten. DaS HauS Wölber L Brobne sei gänzlich, daS HauS Bartb L Goß sei provisorisch geschlossen, wegen anderer der Waffenlieferung für Bebanzin bezichtigter Hand- lungSbäuser finde in Paris eine Prüjung der von DoddS dabin geschickten bezüglichen Schriftstücke statt. Man wird nun abzuwarten haben, welche Angaben die richtigen sind. Aus alle Fälle ist cS lächerlich, die Deutschen als die Urheber der ungünstigen Lage in Dahvmey hinzustellcn. Je weniger die Anhänger deS allgemeinen Wabl- rechtes in Belgien auf Verwirklichung ihrer Wünsche rechnen dürsen, um so dreister erbebt die socialistische Agitation ibr Hauvt. Der Gcncralrath der belgische» Arbeiterpartei, welcher Delegirte aller Industriemittclpuncte, aller Arbeiter- Verbindungen und Griibenarbeitervereinc umfaßt, hat am Sonntag in einer in Brüssel abgeballcnen Versammlung den a*>erma>jgen Beschluß gefaßt, daß ein allgemeiner Streik sofort proclamirt werdeu solle, sobald die constituireLdL Ver sammlung das allgemeine Stimmrecht verwerfe oder nur unter Beschränkungen zulassen sollte. Hand i» Hand mit derartigen Kundgebungen geben die Bemühungen der belgischen Socialdemokratie, das belgische Heer mehr nnd mehr zu initcrwiiklc». Wir tbeilteu bereits mit, daß diese Bestrebungen nicht obnc Erfolg geblieben sind, und es ist daher sehr leicht möglich, daß der belgische Staat schweren inneren Unrukeu cntgegengeht. Die Meldungen über die Krankheit des Fürsten Ferdinand von Bulgarien lauten einander völlig wider sprechend. Während von mehrere» Seiten Gerüchte in Um lauf gesetzt waren, wonach daS Ohrcnleiden deS Fürsten au ei» gegen ihn verübtes Attentat zurückzusührcn ist (der Eiscnbahnziig, in dem der Fürst »ach «Losia zuriickkebrte, sei mit Steinen bvmbardirt worden), erklärte die „Agencc Balcanique" daö AttentatSgcrücht für vollkommen grund los; daS Entstehen deS GerüchlcS sei durch keinerlei Er- eigniß der letzten Tage gerechlscrtigt. In der Hauptstadt, owie im gaiizen Lande herrsche vollkommene Ruhe und Ordnung, lieber das Befinden deS Fürsten nieldcl man ebenfalls ganz Entgegengesetztes. Nack einem Privat- telcgramm der „Voss. Ztg." bat Professor Politzer aus Wien, per an dem Krankenbett deS Fürsten weilt, sich trotz dringender Briese aus Wien und wiewohl seine Abfahrt schon feststand, entschlossen, bis ans Weiteres in Sofia zu verbleiben. Ucber de» Zustand deS Fürste» wird merkwürdiger Weise strenges Gcbcimniß bewahrt. Am Sonntag tagte im Palais ein Eensilium, daS beschloß, noch eine Operation des Absccsscs am Obre vorzuiiekmcn. Daß der Zustand nicht ganz gefahrlos ist, geht daraus hervor, daß Politzer den ganzen Tag im Palaslc weilt, während NachtS der fürstliche Hausarzt sowie zwei barmherzige Schwestern wachen. Da gegen liegt ein officiöseS Telegramm auS Sofia vor, wonach die gestern unter Tbeilnahme deS Professors Billroth ab- gekaltene Eonsliltattvii der Acrzte deS Prinzen Ferdinand von Bulgarien bestätigt hat, daß daS Ohrcnleiden des Prinzen gcbeilt »nd daS Gehör vollkommen normal ist und daß nur »och eine in Abnabme begriffene Neuralgie in» Nacken und Hinterhaupt bestehe. Deutsches Reich. Berit», 20. März. Zwei Auflösungen hat der Reichstag in seiner verbältnißmäßig kurzen Geschichte bereits erlebt, die eine beim Social ist enge setz, die andere beim ScptcnnatS-Militairgesctz. I» beide» Fällen bat die Regierung große Erfolge erzielt und mit einem neuen Reichs tag Aufgabe» gelöst, bei denen der frühere die Unterstützung versagt batte. Der Fall, daß das Volk in einer entscheidenden Frage die ablehnende Haltung dcö Reichstags gutgebeißen und in Neuwahlen die Regierung im Stich gelassen hätte, ist »ock nicht vorgekomnien. Es ist aber im höchsten Grade wahrscheinlich, daß er diesmal eintrelcn würde, wenn eS unter rer Forderung der nnveräntvrten Regierungsvorlage zur Auslösung lomnien sollte. Und was dann, wenn, wie fast sicher, ein neuer Reichstag den hohen Allswendungen für Mititair- zwecke noch feindlicher gegenüberstedt als der jetzige? Dan» bleibt nichts übrig als neue Auflösungen oder aber Fallenlasscn der Heeresreorganisation. Die Regie rung soll sich noch immer in einer unbegreiflichen Täuschung über die Slmuucuig »m Laude befinden. Anscheinend wird den aus Zustimmung oder Verständigung dringenden Knnd- gebiingeil zahlreicher Körperschaften und Versammlungen ein zu großer Wcrlb bcigelcgt. DaS Gewicht dieser Stimmen auö de» heften Schichte» der Nation wird Niemand gering veranschlagen, aber der Beweis ist »och nicht erbracht, dag die großen Massen, die den AnSschlag geben, die Regierung in dieser Frage nntcrstntzcn. Wir fürchten, das Erwachen ans einer Täuschung würde von sehr bitteren Empfindungen begleitet sein. * Berlin, 20. März. Ter Congreß des Vereins für Sociatpolitik bat heule hier im grolle» Auditorium der Uni versität begönne». Ten Vorsitz führt Pros. Schm oller; unter den Anwesenden befände» sich der LaiidwirtkschastSmiilister v. Heyden, die Abgeordneten Sombart, I>r. Mar Hirsch, Geh. Nath Knebel, Seyssardt-Magdeburg, zahlreiche Professoren der hiesigen Hochschule, der Gcncraliecretair I>r. Müller vom Landwirthschasl-rald, sowie Vertreter auS Halle, Tübingen, Tarmstadt, Breslau, Kiel, Güttingen, Frankfurt, Köln, Noslock, Greifswald, Tüsscldors, Leipzig, aus Württemberg, ans dein Elsaß, auS Oesterreich n. A. Professor Schm oll er eröfsnete, wie die „Voss. Ztg." berichtet, den Congrcß mit Feuilleton. Ums Geld. Lj Novelle von Ä. Heyl. Na-driiS verboten. lFortsetzung.) .Ich bin sehr heikel im Puncte der Ehre, mein Herr", ndin er daS Gespräch wieder auf, „und eö berührt mich ^»zeiiehm, wenn sich die Klatschsucht mit mir beschäftigt. ,15 wünsche nicht, für einen Abenteucrcr gehalten zu werden, der sich schon in allen Welttbeilen berumaetricben bat in! dessen Vergangenheit daS Licht scheut. P)er, wie ich, ciurr der angesehensten Familien der Kaiserstadt entstammt, der bält darauf, daß sein guter Name nicht angetastet werde." .Daren kann bei einem Ehrenmann, wie Sie sind, Herr Kebltanipf, niemals die Rede sein", ciitgegnete Stöncwitz. .Idre Befürchtungen sind überflüssig, und cs erscheint mir rälbselbasl, wie man sich darüber ereifern kann, wenn Einem e-ckgesagt wird, man sei in Amerika gewesen. Man kann ^e fünf Erdtheile besucht haben, Herr Kohldampf, obnc ein Üdenteucrer zu sein, vorausgesetzt, daß man sich in der Fremde tadellos betragen hat. Wenn Sie also in Amerika zcwesen wären —" „Äber ich bin nicht dort gewesen", fiel der Andere wüthcnd eni. „Sie scheinen cS darauf anzulegen, mich zu reizen, Hcrr Landratb Stöncwitz, weil ich Ihren HeiratbSprojecten :m Wege bin." Llrnewitz zuckle die Achsel und zwang sich zu einem rrrälbtlichen Lächeln. „Sie — mir? Haben Cie sich wirk lich einen Augenblick eingebildet, ein Mann von meinem Lunte »nd meiner Stellung könne sich hcrablassen, mit Ihnen zu rioalisiren, Herr Kohldampf?" „Ich verbitte mir diese lächerliche Verdrehung meines Annens, Herr Stöncwitz. Die Eifersucht macht Sic ge- läsng. Nehmen Sie sich in Acht, ich lasse nickt mit mir spaßen." Tic Wnth seine- Nebenbuhlers belustigte den Landrath; n wurde kaltblütiger, je mebr sich dieser ereiferte. „Es fällt mir gar nicht e>», mit Ihnen zu spaßen; ich finde eS »ur höchst sonderbar, daß fast jedes meiner Worte Ihre Sstreiztbcil steigert; ick finde eS höchst sonderbar, daß Sie die Annahme, Sie seien in Amerika gewesen, als eine Be engung aufsafscn, außerdem noch so Manche», was ich hier :cht »aber erörtern will, waS mich aber inSzesammt ver blaßt. Ihnen, Herr Holkamp, den wohlmeinenden Rath zu mdcilcn, Ihren Aufenthalt m hiesiger Stadt nicht allzu lange v-zudehnen." ,So lange eS mir beliebt, Herr Landrath", unter brach der Berliner in zornigem Tone die sarkastischen Rathschläge deS Andern. „Es giebt keinen Grund, der mich veranlassen könnte, meinen Aufenthalt hier abzukürzcn. Ich gehöre der guten Gesellschaft an, wie meine Papiere und Empfehlungsbriefe Nachweisen. Ter Name Holkamp bat i» der Kausmannswelt einen ausgezeichneten Klang; daS wird Ihnen Herr Eduard Falk bestätigen, in dessen Haus ich täglich verkehre; derselbe kann Ihnen auch die beruhigende Versicherung geben, daß meine pccuniäcen Verhältnisse mit meinem Auftreten vollkommen im Einklang stehen, ich also nicht nötbig habe, auf Kosten Anderer zu leben, wie daö bei einzelnen Bekannte» dieser gastfreien Familie der Fall sein soll. Leute, von denen man cö nicht dachte, baben mit grenzenloser Unverschämtheit die wohlwollenden Gesinnungen von Herrn und Frau Falk durch allzu bänfigeS Anpumpcn mißbraucht." „Hat Ihnen Frau Lili diese intimen Eonfidenzen gemacht?" fragte Stöncwitz mit unerschütterlicher Ruhe. „DaS bin ich nicht schuldig, zu sagen", entgegnete Hol kamp in grobem Tone. Obnc den Landrath zu grüßen, wandte er sich um und ging stramm, mit stolz gehobenem Haupte aus die Ladcnthür des Herrn Knicker zu, hinter welcher er alsbald verschwand. Ter Zurückbleibende verfolgte ihn mit gehässige» Blicken. Die Brauen finster zusammengezogcn, die dünne» Lippen fest auscinandergepreßt, stand er noch eine Weile aus derselben Stelle, erwartend, daß Holkamp den Laden wieder verlassen würde; da aber seine Geduld zu lange ans die Probe gestellt wurde, beschloß er ebenfalls, bei Knicker einzutrete» und de» Zweck seines Kommen» durch den Kauf einiger Cigarren zu mcliviren. Knicker gehörte zu den Glücklichen, denen Stöne- wiy nichts schuldig war; eS war dies besonders für den Letztere» ein angenehmes Gefühl; denn so konnte er dem Krämer gegenüber een Landrath zur Geltung bringen, zuerst durch Wurde imponiren, dann durch Herablassung schmeicheln und dadurch die Leute vertrauensselig machen; sie konnten ibm vielleicht einiges WiffenSwerthe über den verhaßten Holkamv miltbeilen. Mit Selbstbewußtscin trat er ein, fand aber z» seinem großen Erstaunen Holkamp nicht im Laden »»d kam dadurch um den gehoffte» Triumph, dieser werde sofort daS Feld räumen, wenn der Landrath über die Schwelle treten würde. Wo war er hingekommen? Kannte er den Ladcnbesitzer so genau, um Lessen Wohnung z» betreten? Sonderbar! Höchst sonderbar! ES war Niemand im Ge schäft anwesend als Konrad LipS. Stöncwitz verlangte Muster von Cigarren, wählte lange und erkundigte sich so nebenbei, wer wohl der Herr gewesen sei, der kurz vor ihm hier cin- getreten. LipS berichtete, daS sei der reiche Holkamp auS Berlin, der mit seinem Principal«: bisweilen Geschäfte abzu- machen habe. „Kennt ihn Herr Knicker schon lange?" forschte der Landrath. „DaS weiß ich nickt", antwortete der vorsichtige junge Mann, der sofort errictb, er solle hier auSgcsragt werden. „Wissen Sic nicht, ob Herr Holkamp Empfehlungsbriefe an Ibr HauS milgcbracht bat?" „Es ist nur nichts davon bekannt, Herr Landrath." „Steht Herr Holkamp mit Ihrem Principale aus ver traulichem Fuß?" „Wie maii'S »immt, Herr Landratb, unter Geschäfts freunden herrscht immer eine gewisse Intimität." Stöncwitz schluckte seinen Aergcr hinunter und lächelte sauersüß. „Es mag Ihnen ausfallcn, junger Mann, daß ich übe: diesen fremden Herrn so viele Fragen an Sic stelle, aber ich muß gestehen, ich intcrcssire mich für ihn; er erinnert mich an einen alten Freund, der in Amerika verschollen ist. Wissen Sie nicht, welcher Art die Geschäfte sind, die er mit Ihrem Principal bat?" „Bedaure, nicht dienen zu können", entgegnete LipS und nahm eine rescrvirtc Haltung an. In diesem Augenblick trat Knicker in den Laden; Holm im Blick und devotes Grinse» auf den Lippen, verneigte er sich vor dem Landrath, der alsbald den Versuch machte, seine Forschung bei dem Herrn deS Hause» fortzusctzc». wie er hoffte, mit mehr Erfolg als bei dem verstockte» Ladcnjüngling. Herr Knicker war ungeheuer mittbeilsam über Holkamp, dessen Familie »nd den geradezu enormen Reicbtbum, den dieser vortreffliche Mann besaß. Der Landratb hörte daS Gcgcnthcil von kein, waS er hören wollte; er war überzeugt, der Bericht sei vom Anfang bis zum Ende erfunden »nd erlogen, durslc cS aber nickt wagen, de» geringsten Zweifel laut werden zu lassen. Sobald der redselige Knicker eine Pause machte, verließ er den Laden mit kurzem Gruße und vergaß sein Cigarren zu bezahlen. „Hat er bezahlt? WaS bat er gekauft?" fragte Knicker. „Cigarren", antwortete LipS, die erste Frage absichtlich übcrbörend. „Er wird mir boffentlich auS dem Laden bleiben", grollte der Andere. „Sollte er wieder komnicn, dann lassen Sie ihn lange warten, machen Sic nicht viel Federlesens. Geben Sie ibm schlechte Waare zu unverschämtem Preise und borgen Sie ibm unter keiner Bedingung. So vertreibt man hoffentlich den Spürhund." X Es war in einer lauen Sommernacht. Der Vollmond stand am Himmel, die Erde war von jenem bläulichen Lickte umwehen, da» den Gegenständen einen niärchenbaslcn Schimmer verleibt, Blätter und Blütben, von leichtem Fächeln deS West windes bewegt, waren angebaucht von silbernem Glanze, der auf ibrer Oberfläche im zitternde» Leuchten spielte, bald Heller, bald trüber, bisweilen groteske Umrisse anncbmend, dann wieder die Wirklichkeit zauberisch verklärend. In den Straße» hatte der lebhafte Mcnschenvcrkehr schon nachgelassen. Wobt zogen noch Gruppen angebcilcrler Gäste a»S öffent lichen VergnügungSlocalen heimwärts, wobt rollten »och Equipagen in schnellstem Tempo über da» Pflaster, um ihre Insassen an» einer Gesellschaft nach Hause zu bringen; Wohl huschle» noch einige lichtscheue Gestalte» dichl an den Häusern bi»; aber cö waren nur vereinzeltc Erscheinungen, — das Hauptlebcn nnd Treiben war vorüber, die Glocke schlug elf. „Schon elf llbr", sagte Ännila Roland, welche, in duftige, weiße Gewänder gehüllt, nachlässig in ihrem Wieg- stubl lehnte und durch die blumcnunirankten Säulen ihres BalconS auf die Straße binabblickte. Die ihr gegenüber sitzende Frau Parker wiegle das graue Hanpt nnd bemerkte nicht ohne Verdruß: „Schon elf Uhr und Fräulein Betty noch nicht zu Hause." „Was lümmcrt das mich!" versetzte die Andere bitter. „Sic müssen sich darum bekümmern Fräulein Annita," entschied Frau Parker. „So kann cS nicht länger sortgcbe»; cS muß etwas geschehen, denn cö bandelt fick liier um unfern guten Ruf, den die leichtsinnige Bell« linbekacht auss Spiel setzt. Der Tadel der Well trifft Sie, trifft mich ebenso schwer, wie daS verblendete Mädchen. Tie einst so stolze Annita Roland sielst dem Treiben zu, ohne ibm Einhalt zu tbun, sie sübrt ein Traumleben und achtel nicht mehr aus daS, waS um sic ber vergeht." „Es gebt Nickis vor, waS der Rede Werth ist," warf Annita glcickgiltig bin. „Meinen Sic ?" sukr Fra» Parker auf. „Tann sind Sie mit Blindheit geschlagen Andere Leute sebe» und hören Vieles und die Fama weiß a»S unserem Hause Geschickten zu erzähle», die zwar pikant, aber nicht rühmlich sind." „Wer wirb sich um Klatschereien kümmern, Frau Parker! .Keines von uns begebt ein Unrecht. Wir leben seit Wochen so zurückgezogen, ich verkehre mit Niemand und Betty »ur mit Frau Lili Falk — und —" „Und mit Herrn Holkamp", setzte Frau Parker binz»; „mit Letzterem aber aus so vertrautem Fuße, daß die Geschichte anständiger Weise nur mit einer öffentlichen Verlobung enden kann; ein heimliches Einverständniß scheint bereits zu be stehen." Annita schüttelte »»gläubig lächelnd den Kopf. „Wehl schwerlich, Frau Parker: denn ich erklärte Beltn erst vor einigen Tagen, dieser Freiwcrbcr gefalle mir nickt. Da ist so ziemlich Alle», wo ich gegen die Sacke tbun kann; Betty bat ihren freien Willen; ick habe weder Neckte noch Gewalt über sie; ick kann nur Rücksichten von ihr er warten, die ibr schon daS eigene Interesse gebieten, und auS diesem Grunde glaube ick auch nicht, daß sic eine» ent-
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