Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.01.1895
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-01-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18950119014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895011901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895011901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-01
- Tag1895-01-19
- Monat1895-01
- Jahr1895
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Bezug-Preis >» t« Hmrptrxpeditioll oder den im Stadt, htttrk a»d den Vororten errichteten Aus- gabestrllen abgeholt: vierteljährlich^4.50. bet zweimaliger täglicher Zustellung tu« Laos e 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschland and Oesterreich: viertel,ährlich S.—. Direct» tägliche Srenzbandsradung in» «»«laad: monaüich e 7.50. DteMorgen-AuSgabe erscheint täglich '/,7Uhr, dt» Lbend-AuSgabe Wochentag« b Uhr. Lr-artton und Expedition: A-ha»»e«,-sfe 8. Di» Expedition ist Wochentag» ananterbroch», geöffnet vv» früh 8 bi« Abend« 7 Uhr. Filialen: vtt« Me»»'« S-rti«. (Alfred Hahn), Morgen-Ausgabe UchMerTWMM Anzeiger. die SgrspaUme Pelitzeile 2V Psg.' Reklamen unter demRedactionsstrlg KpN» spalten) 50^L, vor den Famtltenaachrich»» (ü gespalten) 40 Gröbere Schriften laut unserem Preis- »erzrichnib. Tabellarischer mch MMüsstz »ach höherem Tarif. ' Ertra-Veilagrn (gefalzt), a»r mit der Morgen. AuSgabr. ohne Postbesorbrnmg SO—, mit Post befördern«- X 70.—. Äimahmrschlnß fir Anzeigen: Abend-AuSgabe: Bormittag« 10 Wr. Morgen» Ausgabe: Nachmittags 4 llhr. Sonn» und Festtag« früh Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je ela« halbe Stande früh«. Anzeige« find stet« an die Ggpertti«« zu richte». Lont« Lösch«, Kathart»r»ftr. 14, part. und Aönig«p1«tz 7. Drgan für Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. Druck »ad Berlag von E. Polz ln Leipzig Sonnabend den 19. Januar 1895. 8S. Jahrgang. Zur gefälligen Beachtung. Unsere Expedition ist morgen Sonntag, den SV. Januar, Vormittags unr bis V-S Uhr geöffnet. LxpeülHon des I^e!pr!§er Amtliche Bekanntmachungen. Des bestehenden Bücherabschlusses wegen werden alle Gewerken und andere Personen, welche auS dem Jahre 1894 Forderungen an städtische Lassen haben, ersucht, ihre bezüglichen Rechnungen un» gesäumt und längstens bis Ende dieses Monats einzureichen. Leipzig, den 16. Januar 1895. Der Rath -er Stadt Leipzig. Ür. Georgi. Mllr. Erledigt hat sich unsere Bekanntmachung vom 15. Tecember 1894, den Müller Ernst August HänSgen betreffend. Leipzig, den 15. Januar 1895. Der Rath -er Stadt Leipzig. Armen-Amt. Abth. H. ^ R. IV/Abth. II, 191. Hentschel. Tchm. Der städtische Lagerhof in Leipzig lagert Waaren aller Art zu billigen Tarifsätzen. Die Lager scheine werden von den meisten Bankinstituten beliehen. Leipzig, den 26. April 1894. Die Deputation znm Lagerhofe. Gesetzentwurf zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs. Der Handelskammer ist vom Ministerium des Innern anheim, gegeben worden, etwaige Wünsche behufs Abänderung oder Er. gänzung des zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs aus. gestellten Gesetzentwurfs noch vor Ablauf dieses Monats bei dem. selben anzubringen. Der genannte Gesetzentwurf ist am 7. d. M. nebst einer erläuternden Denkschrift in der ersten Beilage zu Nr. 5 des Deutschen Reichsanzeigers veröffentlicht worden und kann auf der Kanzlei der Handelskammer während der Geschästsstunden eingesehen werden. Die Handelskammer ist gern bereit, bei der bevorstehenden Berathung desselben Abänderungs- und Ergänzungs-Vorschläge von einzelnen Gewcrbtreibenden ihres Bezirks oder Bereinigungen solcher mit in Berücksichtigung zu ziehen. In Anbetracht der Dringlichkeit der Sache wird dies jedoch nur möglich sein, falls dieselben bis spätestens Donnerstag, Vcn 24. ö. M. geltend gemacht werden. Leipzig, den 18. Januar 1895. Die Han-elSkamincr. A. Thieme, Vors. Or. Pohle, S Casimir-Perier. —r. In den Jubel der republikanischen Blätter Frank reichs über den Sieg ihres Candidaten mischt sich das „Kreuzige! Kreuzige!" gegen Casimir-Perier, daS heute noch ekler klingt als gestern und vorgestern; seine ebemaligen Freunde erschöpfen sich in Gemeinheiten wider ihn als Staats mann und Charakter, wie sie selbst in den Schmutzorganen der Pariser Socialisten kaum zu finden waren. Es mag ja richtig sein, daß Casimir-Perier nicht der geeignete Mann war, Frankreich (d. h. daS Frankreich der Corruption) zu repräsentiren, daß bei aller Energie ihm die Zähigkeit und die Geduld eines SisyphuS abging, nach neunundneunzic vergeblichen Versuchen, eine neue Aera redlichen, selbst losen Schaffens zum Segen der Republik herauszuführen, auch noch den hundertsten zu machen; es mag sein, daß er zu stolz und — zu weich, eS nicht verstand, über persönliche Beschimpfungen sich hinwegzusetzen und seine Person seiner Stellung zum Opfer zu bringen; und man mag endlich zu geben, daß es ihm an der nöthigen Menschenkenntnis in der Wahl seiner Vertrauensmänner gefehlt hat, zu denen auch ein Raynal gehörte: allein wer will behaupten, daß kleinliche persönliche Motive den Ausschlag gegeben haben, wo solche sachlicher Natur mit unwiderleglicher Beweiskraft sich auf drängten, wo eS sonnenklar ist, daß Casimir-Perier im letzten Grunde gestürzt ist, weil er gegenüber dem Ansturm der revolutionären Parteien keine Stütze mehr in der Regierungs partei selber fand? Die Majorität, die ihn gewählt hatte, bat ihn im Stich gelaffen, nicht er die Majorität. Auch das Ministerium hat ihn nicht unterstützt, wie es seine Pflicht war. Bei der Wahl seines Nachfolgers in Nogent-sur-Seine hat das Cabinet nichts gethan, um den Sieg deS radical- socialistischen Candidaten zu verhindern. Ebenso hat eS das Ministerium an der nöthigen Energie fehlen lassen, als es sich darum handelte, Gerault-Richard im XIII. Arrondissement von Paris zu wählen. Bei der Berathung über die Freilassung Gerault - Richard s bat kein Majoritäts-Mitglied den Muth gehabt, au die Tribüne zu steigen und die von den Socialisten gegen den Präsidenten geschleuderten Injurien einmal energisch zurückzuweisen. Bei der Wahl deS Kammerpräsidenten hat es die Majorität nicht einmal fertig gebracht, sich über einen gegen Briffon auszuspielenden Candidaten zu einigen. Dann kam daS Manifest der socialistischen Deputirten. Wieder batte kein Majoritätsmitglied den Mutb, von den Socialisten darüber in der Kammer Rechenschaft zu fordern und ihnen zu sagen, daß sie als Deputirte zu allererst sich vor einem Kammervotum beugen müßten und kein Manifest dagegen erlassen dürften. In der letzten Sitzung endlich haben bei beiden Voten Deputirte der Majorität, wie Etienne, Roche, Meline, die am meisten bei Casimir-Perier auf die Uebernahme der Präsidentschaft ge drungen hatten, mit der Opposition gegen das Ministerium zestimmt. So sah sich Casimir-Perier von seiner Majorität ,m Stich gelassen, und das war um so scandalöser, als Manche sich nur von ihm abwandten, weit sie ihre Hoffnung zetäuscht sahen, daß sie unter seiner Präsidentschaft ungestört ibre zweideutigen Geschäfte würden machen können. , , , Damit mögen auch dir Klagen der Freunde Perier s Zusammenhängen, man habe ibn systematisch zu einer Glieder puppe herabgewürdigt. Die Minister gaben keine Auskunft, wenn :r über lausende Angelegenheiten unterrichtet sein wollte. Bei Ernennungen kümmerte man sich weder um seine Empfehlungen, noch um seine Einsprüche. Er konnte die Abberufung bloß- zestellter Beamten nicht durchsetzen. Er erfuhr, daß der Iustizminister den Untersuchungsrichter Dopffer angewiesen habe, Verdachtgründe gegen Parlamentarier in der Sudbahn- angetegenheit nicht zu verfolgen und aufzuklären. So überzeugte er sich täglich mehr, daß die Corruption nicht nur breite Schichten des Volkes, nicht blos die Presse, sondern auch die Staatsverwaltung in ibren höchsten Spitzen ergriffen hatte. Da wollte er nicht mehr mittbun, weit er Kampfe von seinen eigenen Leuten zerlassen war, er im wollte kein Feldherr ohne Soldaten sein. Wer kann ihm das verdenken! Perier sah, wie sein Unternehmen einer Säuberung der politischen Kreise sich gegen die eigene Regierungspartei wendete. Ihm dämmerte die Ahnung, daß die „Geschäfts politik", die er zu beseitigen suchte, der einzige Kitt ist, welcher nach Verflüchtigung aller idealistischen Kräfte die herrschenden Republikaner noch zusammenbält, und daß, wenn dieses Bindemittel entfernt würde, Alles zusammen brechen müßte. Er stand vor dem Bankerott seiner Ideale und verzichtete auf die Weiterführung eines Werkes, das ihm nur Enttäuschungen bringen konnte. So enthüllt das große Tagesereignis weniger Mängel in Casimir-Perier'S Persön lichkeit, als heillosen Verfall des bürgerlichen parlamentarischen Regimes. Wer wird es retten? Ist es überhaupt noch zu retten? Und was wird an seine Stelle treten? Deutsches Reich. 42. Berlin, 18. Januar. Der Silberschatz des BaronS Mayer Karl von Rothschild geht jetzt nach dem Tode seiner Wittwe von Frankfurt an die in Paris und London lebenden Erben über. Die verstorbene Freifrau ist, beiläufig bemerkt, kürzlich viel genannt wegen eines nach ihrem Ableben veröffentlichten, in englischer Sprache abgefaßten Schreibens an den deutschen Kaiser, worin der Schutz der deutschen Juden erbeten wurde und worauf die treffende Antwort ertheilt ist. Die hinterlassene Sammlung besteht bekanntlich auS auserlesenen Glücken der deutschen Goldschmiede- und Inwelierkunst aller Zeiten und enthält auch den Jamnitzer'schcn Tafel aufsatz, das beste bekannte Erzeugniß aus der besten Zeit der vaterländischen Kunst. In den Blättern begegnen wir nun der Anregung, wenigstens dieses Stück solle durch Erwerbung seitens des Reiches Deutschland erhalten bleiben. Dieser Vorschlag ist nickt unsympathisch, aber es erscheint aus geschloffen, daß der Reichstag, dessen Genehmigung einzu- bolen wäre, die große Summe (Baron Rothschild hat seiner Zeit 750 000 ^ für den Aufsatz bezahlt) bewilligen Werve. Wir glauben uns auch zu erinnern, daß die vor dem Baron Rothschild im Besitz gewesene Nürnberger Familie das Kunst werk dem Reiche oder dem preußischen Staate vergeblich zum Kaufe angeboten hatte, ehe sie es dem Angehörigen des internationalen Börsenfürstengcschlcchts überließ. Bei der gegenwärtigen Finanzlage wird auch hei den Regie rungen noch weniger Geneigtheit zu der Aufwendung vorhanden sein als in den achtziger Jahren. Ein auf An kauf gerichteter Initiativ-Ankrag im Reichstage wäre aber dessen ungeachtet willkommen, weil er Gelegenheit böte, die Frage zu erörtern, ob daS Reckt, die Kleinodien auS der Glanzzeit deutscher Kunst zusammenzuraffen und mittelbar oder unmittelbar ins Ausl and zu bringen, unantastbar sei. Italien bat seinen köstlichsten Besitz durch ein Gesetz gegen Ver schleppung in die Fremde geschützt, und wenn dieses Land reicher an alten Werken heimischer Kunst ist, so erscheint das nur ein Grund mebrsürDeutschland, dasBeispiel zu befolgen. Wenn nun in der Discussion eines dahin gehenden Antrages auch für die moralische Würdigung des Frankfurter Verhaltens etwas abfiele, so wäre das keineswegs zu beklagen. Der Mann, der Deutschland einen unersetzlichen Verlust zugefügt hat, ist Mitglied des preußischen Herrenhauses gewesen und von seiner Wittwe ein „Freund" Kaiser Wilbelm's I. genannt worden. Der größte Theil der Erzeugnisse aus der Blütbezeit deutscher Kleinkunst ist in der Zeil geraubt worden, wo unser Land der Tummelplatz fremder Kriegsbeere war. Jetzt können wir AehnlicheS sagen wie die Römer mit ihrem tzuock non kocerunt bardari, keeers Larliorini. H Berlin, 18. Januar. Unter den Ausgaben, welche die gewerblichen Berufsgenossensckaften in ihren jähr lichen RechnungScrgebnissen zu verzeichnen haben, nimmt der Posten, der sich auf die Unfallverhütung be zieht, von Jahr zu Jahr einen größeren Umfang an. Er ist für daS Jahr 1893 bereits aus über eine kalbe Million gestiegen. Den bei Weitem größten Theil nehmen davon natürlich die Kosten in Anspruch, welche durch die Ueberwachung der Betriebe hervorgerufen werden, indessen auch die Prämien für Rettung Ver unglückter unv für Abwendung von Unglücksfällen u. s. w. belaufen sich gegenwärtig schon aus eine ganz beträchtliche Summe. Die gewerblichen BerufSgenoffenschaslen haben zwar durch ihre auf die Unfallverhütung gerichtete Tbätigkeit eine Verringerung der Zahl der entschädigung-pflichtigen Unfälle insgesammt nicht berbeigeführt. Die Uriachen, welche dies verhindert haben, sind recht mannigfaltig und verschiedener Natur. Wir haben sie auch schon mehrfach auseinander- gesctzt, so daß es sich erübrigt, hierauf nochmals rurück- zukommen. Immerhin haben die gewerblichen Berufs- genossenschastcn es erreicht, daß die Zahl der schweren Unfälle, d. h. derjenigen, welche den Tod oder dauernde völlige Erwerbs unfähigkeit im Gefolge haben, von Jahr zu Iabr procentual sich verringert bat. Auch das ist schon ein Erfolg, der die ausgewendeten Kosten reichlich auswicgt. Für die land wirtkschastlichen Berufsgenossenschaften wird unter den Ausgaben für Unfallverhütung dagegen nur ein ganz geringer Posten verzeichnet; für 1893 beziffert derselbe sich auf genau 13 212,28 Und hiervon ent fallen noch 13 169,28 -^ auf die Prämien für Rettung Verunglückter und für Abwendung von Unfällen, sowie auf die Kosten der Fürsorge für Verletzte innerhalb der ersten dreizehn Wochen nach dem Unfall. Für die Ueberwachung der landwirthschaftlichen Betriebe sind im Jahre 1893 gerade 32,50 ^ ausgegeben. Man wird nicht behaupten können, daß diese Zahlen ein günstiges Licht auf die Thätizkeit werfen, welche die landwirthschaftlichen Berufszenossenschasten für die Unfallverhütung entfalten. V. Berlin, 18. Januar. (Telegramm.) Der „Reichs anzeiger" schreibt: In der Presse tauchen seit einiger Zeit stets von Neuem Gerüchte Uber angebliche Bcrän-ernngen im LtaatSminiiterium auf. Dieselben entbehren jeder Begründung und müssen um so entschiedener zurüü- gewiesen werden, als die frivole Verbreitung solcher Vermuthnngen geeignet ist, das Ansehen der Regierung zu schädigen. Berlin, 18. Januar. (Telegramm.) Die „Nordd. Allgem. Ztg." schreibt: Aus die Beschlüsse des Reichstags in Sacken der inneren Tisciplinaretnrichtungcn habe die Regierung keinen Einfluß. Wenn aber die Ansicht der Regie rung, daß die bestehenden Einrichtungen nicht genügten, bei der Volksvertretung keine Beachtung finde, so könne die Regierung in die Lage kommen, sich bei den Verhandlungen des Reichstages nur durcki Commissare vertreten zu lassen. Die Regierung hege die (Überzeugung, daß das stärkste Interesse, solche Even tualitäten zu vermeiden, bei dem Reichstage selbst liege. Betreffs der Commissionsverbandlungen über die Umsturz vorlage lehne die Regierung den Vorwurf ab, daß sie bei der ersten Lesung im Plenum nicht mit dem genügenden politischen Nachdrucke ausgetreten sei; die Regierung habe ihre Gründe für die Vorlage angeführt und hinzugefügt, daß die Vorlage das Mindestmaß der für unumgänglich erachteten Forderungen darstelle. Der Reichstag Wiste also, daß es sich um ein fest stehendes Ziel handele, welches erreicht werden solle, und daß, wenn die Vorlage abgelebnt oder in ungenügender Weise ab geändert werde, für die Regierung es sich nicht um die Frage handeln könne, ob andere, sondern lediglich um die Frage, welche Wege cinzuschlagen seien, um das Ziel zu erreichen Es liege also auch nicht ein einseitiges Interesse der Negierung vor, vielmehr habe der Reichstag alle Veranlassung, dieses Interesse zu theilen. ch Berlin, 18. Januar. (Telegramm.) Heute haben hier acht große Bersammlnngcn von Arbeitslosen statt gefunden, in denen eine gleichlautende Resolution beschlossen wurde. Etwa 10 000 Personen haben daran theilgenommen Die Versammlungen verliefen ohne Störung. L. Berlin, 18. Januar. (Privattelegramm.) Der deutsche Botschafter in Paris, Gras Münster, begiebt sict heute auf seinen Posten zurück. L. Berlin, 18. Januar. (Privattelegramm.) Der „Nat.-Ztg." zufolge bat Or. Peters sein Werk über das deutsch-ostafrikanische Schutzgebiet beendet. v. Berlin, 18. Januar. (Privattelegramm.) lieber die Suspension -es Prc-igcrs vr. Lisco berichtet das „Neue Evangelische Gemeindeblatt": Prediger vr. LiSco bat seit dem Herbit die Verlesung des sogenannten apostolischen Glaubensbekenntnisses aus GewissenSbcdenken unter lassen. Er bat die kirchlichen Behörden um Anweisung gebeten, in welcher Weise er das Apostolicum bei Taufen, Einsegnungen und Hauptgottesdiensten ersetzen solle. Am 7. December ist über ihn die vorläufige Suspension verhängt, am 8. Januar die Disciplinaruntersuckung gegen ihn ein- geleitet worden, mit dem Begrünten, daß er die allgemeinen und besonderen Ordnungen der Kirche nickt gewissenhaft beobachtet habe. Prediger Lisco stützt seine Weigerung, daS Apostolicum zu verlesen, ans den Satz der alten Agende, daß agendarische Normen nur den Zweck haben, eine heilsame Einhelligkeit in gottesdienstlichen Gebräuchen berzustellen, „ohne die theuer errungene Glaubens- und Gewissensfreiheit zu beschränken". (Alte Agende S. III.) — Aus dem parlamentarischen Abend beim Reichskanzler kam auch zur Sprache, daß der deutsche Botschafter Graf Münster bereits seit einiger Zeit in seinen amtlichen Berichten nicht nur aus die Wahrscheinlichkeit eines baldigen Ministerwechsels, sondern auch aus die Möglichkeit bingewiesen habe, daß davon die Person des Präsidenten der Republik betroffen werden könne. — Der „Hann. Cour." erfährt „aus bester Quelle", daß für den Fall der Ablehnung der Tabaksteuer von bayerischer Seite dem Finanzminister Miquel ein Entwurf übergeben werden würde, der eine geringe Besteuerung der Eise» - bahnfahrkarten bezweckt.(?) — lieber die zur Feier des 80. Geburtstages Bis marck'S geplanten Festlichkeiten liegen heute folgende Nach richten vor: In Gotha soll ein großer CommerS unter Betbeiligung aller Gesellschaftskreise stattfinden, in Hildes- Heim veranstaltet der liberale Verein ebenfalls einen Commers, in Göttingen ist ein Bürger-Comito in der Bildung be griffen, das über eine würdige Feier beschließen wird. — Eine vom geschäftsfübrenden Ausschüsse deS Landes vereins preußischer Volksschullehrer beauftragte Commission bat in diesen Tagen den Mitgliedern des Ab geordnetenhauses eine Denkschrift überreicht, die die Noth- tage der Lehrer schildert. -Herzog Johann Albrecht von Mecklenburg hat, wie man der „Echte,. Ztg.' schreibt, in einem an den Vorstand der Dentsche,. Colon,algesellichaft gerichteten Telegramm die Wahl zum Prchldenten der Gesellschaft unter dem Versprechen angenommen, .ss kl"nze Kraft der Förderung der Bestrebungen der Deutichen Eolonialgrsellschast widmen wolle. ^ Lyck, 17. Januar. Eine Versammlung des „Bundes der Landwirthe" beschloß mit 140 gegen 10 Stimmen, den Landrath v. Groeben (Lyck) gegen den conservativcn O berprasidenten Grasen Stolbcrg als ReichstagS- candldaten aufzustellcn. . * Hambur«, 17. Januar. Der „Hannov. Cour." schrieb m Bezug auf den Fürsten Bismarck: In den „Hamb. Nachr."und ebenso in den „Münch. Neuest. Nachr." Wird daS zeitige politische Programm des Fürsten Bismarck dahin zusammengefaßt: Einsührung de- Tabakmonopols, Alter- Versicherung für jeden Deutschen, welcher das 65. Lebensjahr vollendet Hut. Aufhebung der Mahlbarkeit der Socialdemokralen in den Reichstag. Der Inhalt des Vorstehenden wird von den „Hamburg. Nachr." wie folgt widerlegt: „Wir richten an d«n „Hannov. Cour." das höfliche Ersuchen, seinen Lesern milzu- theilen, daß in den „Hamburger Nachrichten" eine derartige „Zusammenfassung des politischen Programms deS Fürst«» Bismarck" nicht erfolgt ist." BrcSlau, 17. Januar. Im Austrage des Central- comitös zur Vorbereitung einer Huldigungsfahrt der Schlesier zum Fürsten Bismarck haben sich die Herren Kaufmann Arthur Otto Stentzel und Particutier M. Matthias nach Friedrichsruh begeben und heute daselbst mit vr. Cbry- sanker verhandelt. Hierbei ist, wie der „Schl. Z." mitgetyeilt wird, die Ausführung der Huldigungsfahrt für den Monat M a i in Aussicht genommen worden. * Karlsruhe, 16. Januar. Die heutigen Kirchen- zcmeinderathswahlen endeten mit einem Sieg der Liberalen, auf welche ca. 300 Stimmen sielen, wahrend die konservativen nur 60 Stimmen erhielten. Damit sind Be hauptungen der „Badischen Landpost" über die oonservative Strömung, die in der Residenz angeblich die Oberhand habe, widerlegt. * Aus Württemberg, 16. Januar. Der „Nat.-Ztg." wird von hier geschrieben: „Die schroffe Agitation deS (Zentrums hat die heilsame Folge gehabt, daß jetzt auch unsere Demokratie eS nicht mehr für nöthvg hält, ihre wahre Meinung über den Ultramontanismus zLrückzuhalten. Der demokratische Neickstagsabgeordnete I. O.'Gatter, der seinerzeit als Katholik mit Hilfe der Ultramontanen ge wählt wurde und im Reichstage für die Riockberufung der Jesuiten gestimmt hat, veröffentlicht mit Nawoensunterschrift einen Neichstagsbrief, der mit dem (Zentrum, speciell niit dessen Hauptredner in der Umsturzdebatte, scharf ins Gericht geht. Gröber schien ganz vergessen zu haben, daß die katholische Kirche schon oft Gelegenheit gehabt habe, ibre allein selig machende Wirkung auch auf welt lichem Gebiete zu betbätigen. Gallcr erinnert an den Kirchen staat, den die Bestechlichkeit der Behörden, sin Nepotismus, wie nirgends sonst, znm elendest regierten Lande Europas gemacht haben : nur mit fremden Söldlingen, Schweizern und verkommenen Deutschen habe sich der heilige Vater gegenüber seinen lieben Unterthanen gegen das Fortjagem schützen können. Unter dem Fluch deS beherrschten Volkes sei dieser verrottete Priesterstaat hoffentlich für immer zusammangebrochen Gröber'S Rede sei ein finsterer Protest gegen die Forschungen der Wissenschaft gewesen; für ihn gebe es nichts als römische Schnürstiefel. Interessant sind auch die Sch lußsätze Gallers: „Während dieser Kapuzinade, die mit einem frommen Sprüchlein endigte, reslectirte ich mehrmals: was würde wrihl dieser fanatische Mann anfangen, wenn er die Gewalt übvr uns besäße? Einen solch grimmigen Haß gegen alle NufkläriMg und Geistesleben habe ich noch nie von einem Laien aussprechen hören, ich glaube, die Zeiten eines Peters Arbues würden uns noch goldig Vorkommen gegen die, welche ein Großinquisitor Gröber uns bereiten würde. Mehr Scheiterhaufen! mehr Verfinsterung, das ist die Losung dieses Herrn." Es ist bloS zu bedauern, daß unserer Demokratie dieses Licht erst jetzt ausge<zangen ist. So lange sie sich noch der mitten Gaben des (Zentrums zu erfreuen hatte, wurden Ur- theile, die dasjenige Galler's an Schärfe nicht erreichten, verhöhnt als „pielistische Hetzereien". Eine andere Frage aber drängt sich noch aus: Wie kann ein Reichstagsabgeord neter, der Gröber mit dem fanatischen Kbtzerrichter Arbues vergleicht, für die Zulassung der Jesuiten stimmen? Eine Erklärung bietet vielleicht der Umstand, daß Galler als Reichstagsabgeordneter einen fast zur Hälfte katholischen Wahlkreis zu vertreten Hat, während er geht als Landtags- candidat aus einen ausschließlich evangelischen Bezirk reflrc- tirt. Daher diese „zwei Seelen in einer Brust"! Oesterreich-Ungarn. ^ Pisino, 18. Januar. (Telegramm.) Die italienische Bevölkerung brachte dem nach Marenco reisenden LandtaaS- abgeordneten Rizzi Glezer Ovationen dar und oe- gleitete den Abgeordneten bis zum Bahnhöfe. Bei seiner Rückkehr von dort durchzogen die Burschen und Weiber unter großem Lärm und Ab asso-Rufen auf den neuen Bürgermeister und die kroatische Gemeindev'ertre- tung die Straßen. 2 Burschen wurden festgenommen. Die Nacht verlief vollkommen ruhig. Frankreich. ?. Paris, 18. Januar. (Privattelegramm.) Der „Gaulois" sagt betreffs der Präsidentenwahl, es sei charakteristisch, daß die Grasen und Narone der Rechten einem ehemaligen Gerbergeüilsen die erste Würde des Landes verliehen haben, während jene, die sich für Vertreter der arbeitenden Classen ausgeben, den durch feine Intelligenz und wackeren Lebenswandel zu hoher Stellung gelangten Arbeiter verhöhnten. * Wien, 18. Januar. (Telegramm.) Die „Neue Freie Presse" sagt, die Wahl Felix Faure's zum Prä sidenten der französischen Republik bat eine ernste und grund sätzliche Bedeutung und die größte Tragweite, denn die Wahl Brisson's wäre ein Geständniß der Furcht vor Iaurös und der Arbeiterbörse gewesen. Das Blatt hebt die feste poli tische Ueberzeugung und die ehrenhafte milde Gesinnung deS Präsidenden hervor, welcher der volksthümlichste Friedensstifter werden könne. Das „Fremdenblatt" nennt Faure einen Vermittelungs - Präsidenten, von dem ein gewagtes Unternebmen nicht erwartet werde, und bebt den Gegensatz bervor» daß ein von der Mehrheit der Kammer geschlagener Minister von der Mehrheit des Con- gresses an die Spitze deS Staates gestellt werde. Die „Presse" bezeichnet die Wabl Faure's als einen Sprung ins Unbekannte, Faure selbst als einen Selfmademann vom Schlage ver Präsidenten der Vereinigten Staaten, und weist besonders auf die Rübe und Regelmäßigkeit des Wahlaktes bin. Das „Neue Wiener Tageblatt" glaubt, die Wahl markire nicht die Versöhnung, sondern eine unheilbare Spaltung der Republikaner. D«S „Wiener Tag- blatt" bezeichnet Faure als einen gemäßigten, in keinerlei
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite