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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.02.1895
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-02-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18950207027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895020702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895020702
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- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Seitenzählung nicht lesbar
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-02
- Tag1895-02-07
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SS'!, >eo-Xo1. — I» B» Hunpterpedttion oder d«u i« Stadt, deitrk and den Vororte» errichtete» Au»- qabestellrn abgeholt: vierteljährlich^4.50, bei Meimaliaer täglicher Zustrlluug in« Haa« bchO. Darch die Post b»»ogrn für Deutschlaad und Oesterreich: viertelitdrlich -I 6.—. Direet« täglich« -reuzbandienbung mV >u1laad: monatiich ^ 7chv. Pte Morgen-Klurgabe erscheint täglich '/,7Uhr, die Abend-Ausgabe Wochentags ü Uhr. Nr-arlion und LrveLitio«: -ohaune»»afie 8. Die Erpedittoa ist Wochentags nnunterbroche» geäsfaet «> früh 8 bl» «bead« 7 llhr. Filiale«: ktt» Me««'» Sortim. tAlfre» Hahn), llaiversität-sirabe 1, Lo»i» Lösche. Kathorincnstr. 14. Port. und KönIgSplatz 7. Abend-Ausgabe. ap)Mr TagtUlÄ Anzeiger. Drgan für Politik, Localgeschichte. Handels- und Geschiistsverkehr. ««zeige».Prri >tle 6 gespaltene Petitzeile ' Gteclamen uutrr dem Redactionr spalten) bO^Z, vor de» Familie«. (6 gespalten) 40 4Z. Gröbere Schriften laut anserem - »rrzeichniß. Tabellarischer und Zifs q» nach höherem Tarif. Srtr«-Veilagen (grsaljt), nur mit de. Morgen - Ausgabe, ohne PostbrsürLeruag ^i 60.—» mit Postbejürderuag 70.—. Annatsmeschlub für Anzeige«: Ab,nh.Ausgabe: Bormittag» 10 Uhr. Morgev'Ausgabe. Nachmittags 4 Uhr- Sonn« und Festtags früh '/,9 Uhr. Lei den Filialen und Annahmeslellen je eia» Halde Stunde früher. Vnjngea find stets an die Er-eVtlt»« zu richte». Den« »nd Verlag von L. Polz ta Leipzig 70. Donnerstag den 7. Februar 1895. 88. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig, 7. Februar. Mit der Interpellation, betreffend die Arbcitcrkainincrn :c., durch die das 15entru»i die unter seinen Mitgliedern und Anhängern herrschende Zerklüftung zu verschleiern und dem demokratischen Flügel ein Pflästerchen auf die Wunde zu legen sucht» die ihm die Mitarbeit der conservativer gerichteten Centrumsinitglieder an der „Umsturzvorlage" geschlagen hat, — Mit dieser Interpellation hat daS Centrum den größten gefallen der socia ldemokratiscken Fraktion des Reichs tags erwiesen. Diese weiß recht gut, daß die Gesetze, die das deutsche Reich zum Woble der „arbeitenden Claffen" geschaffen und durch die es allen Culturstaaten ein Beispiel gegeben hat, das Nachahmung finden muß, langsam, aber sicher die Herr schaft der sociatdcmokratischen Agitatoren über die Arbeiter welt erschüttern. Sie weiß ferner ganz genau, daß die ver bündeten Regierungen sowohl wie die große Mebrzahl der nichtsocialdemokratischen Wähler aus dem mit jenen Gesetzen be- schrittenen Wege nicht stehen bleiben wollen und können und daß nur deshalb ein zeitweiliger Stillstand auf diesem Wege un erläßlich ist, weil ein übereiltes Fortschreiten die ohnehin schwer belasteten deutschen Arbeitgeber geradezu ruiniren, den Wettbewerb des deutschen Fleißes auf dem inter nationalen Arbeitsmarkle unmöglich machen und dadurch auch die deutschen Arbeiter auf das Schwerste schädigen würde, statt sie zu fördern. Gerade aber weil sie das weiß, ist ihr nichts willkommener, als eine Gelegenheit, jene Gesetzgebung unter Berufung aus das Vorwärtsvrängen nichtsocialdemokratischer Redner berabsetzen und die Mahnung anderer nichtsocialdemokratischer Redner zu weiser Mäßigung als Beweis der Hartherzigkeit und Arbeiterfeindschafl der „Bourgeoisie" binstellen zu können. Eine solche erwünschte Gelegenheit haben die ultramontancn Interpellanten der social- demokratischen Fraclion gestern gegeben; sie wird voraussichtlich heute noch gründlicher ausgenutzl werden. Etwas Anderes kann ans derBesprechuiig derZnterpellation unmöglich herauskommen. Die verbündeten Regierungen können nichts Anderes erklären, als daß ihr guter Wille zum Fortschreiten auf der betretenen Balm unvermindert fortbcsteht, aber daß gcbade dieser gute Wille jede unheilvolle Ueberstürzung ausschtießt. Anderes lönnen auch die arbeiterfreundlichsten Mitglieder der bürger lichen Parteien nicht sagen und hat auch der Begründer der Interpellation nicht zu sagen gewagt. Er hat Wind gesät und erntet Sturm. Die GeschästsordnttngScomniissioil des Reichstags hat bekanntlich eine große Anzahl von Sitzungen umsonst ab gehalten und kehrt mit leeren Händen ins Plenum zurück. Der zuletzt in ihr gestellte Antrag betreffs der Erweiter un g der DiSciplinargewalt war sreilich, bei Lichte besehen, von der Art, daß man ein negatives Ergebniß seiner Annahme vorziehcn mußte. Er wollte dem Präsidenten den Ausschluß eines die Ordnung gröblich verletzenden Abgeordneten von einer Sitzung nur mit der Maßgabe gestatten, daß während der Dauer der Ausschließung keine Abstimmung stattfinden dürfe. Mit anderen Worten: ein Reichstagsmitglied, das sich schwer gegen die Ordnung vergebt, darf nickt m,r durch dieses sein Betragen den Gang der Geschäfte hindern, sondern die Störung der Arbeit soll auch noch die unter Umständen nothwendige Folge seiner DiSciplinirung sein. Das wäre noch etwas weniger, als das Lichtenbergische Messer obne Klinge, an dem das Heft fehlt. Ueberdies trat zu der untauglichen Fassung des Antrages Roeren noch die „Cautel", daß das ausgewiesene Mitglied binnen einer Woche — also eine recht hübsche Bedenkzeit — an den Reichstag appelliren könne. Schließ lich ließ der Antrag Roeren die Frage, was geschehen solle, wenn ein Ausgeschlossener sich weigere, den Saal zu verlassen, ganz unberührt. In der Erörterung wurde vom Antrag steller und den Rednern der Linken das Hauptgewicht auf die Forderung gelegt, daß ein Abgeordneter unter keinen Um ständen verhindert werden dürfe, an einer Abstimmung tbeilzunebmen. Herr Singer meinte sogar, nicht der Ausgeschlossene, sondern seine Wähler würden durch die Fernhaltung ihres Mandatars von einer Abstimmung bestraft. Diese strenge Auffassung von dem Recht auf Abstimmung nimmt sich ziemlich sonderbar aus in einer Commission, welche nach Erledigung der Aus- jchließungSsrage in die Beralhung eines Antrags über Herabsetzung der Beschtußsähigkeitsziffer ein- rutreten hatte, der veranlaßt war durch die Tat sache, daß eine große Anzahl von Abgeordneten ihre Pflicht, bei Abstimmungen zugegen zu sein, verabsäumt. Die gesetzliche Verhinderung an der Abstimmung sollte doch nur einem gröblich die Ordnung störenden Abgeordneten gegenüber und zwar im beschränktesten Maße ermöglicht werden. Der Präsident wollte es nur nicht ausgeschlossen wissen, daß irgend ein Wahlkreis in einem von seinem Vertreter verantaßten Falle möglicherweise nicht vertreten sein könnte. Das wiegt materiell leicht gegenüber der chro nischen thatsäcklicken Nichlvertretung, über die sich viele Wahlkreise zu beklagen haben. Das Recht der Mäkler auf die Abstimmung ihres Vertrauensmannes ist zweifellos ein „fundamentales". Aber dieses Recht dürfen sie ihrem Abge ordneten gegenüber regelmäßig noch kräftiger geltend macken, als in einem Äusnakmefalle gegenüber der Äeichstagsmedr- heit oder dem Präsidenten. Wenn ein Abgeordneter sich derart benimmt, daß sein Ausschluß im Interesse der Würde res Parlaments nölhig wird, so verletzt er das Recht seiner Wähler, und nicht Derjenige, der die Ausschließung ans- spricht. Dieser Gesichtspunkt wird wobt auch im Plenum gellend gemacht werden, wo das Zustandekommen einer wirksamen Disciplinardestimmung noch keineswegs aus geschlossen ist. Weniger Aussicht scheint der in der Eommlssion gleichfalls mit Slimmengkeichheit abgelebnle Antrag auf Herabsetzung der Beschtußsähigkeitsziffer bei Ab stimmungen über Geschästsordnungsfragen zu haben. Aber auch diese Reform ist nur eine Frage der Zeit, will sagen einer anderen Zusammensetzung des Reichstags. Augenblick lich herrscht noch vielfach der Wabn, es könne durch den be ständigen schlechten Besuch des Reichstags auf die verbündeten Regierungen ein Druck in der Richtung der Gewährung von Tagegeldern auSgeübt werden. Nunmehr hat auch Luxemburg seinen Parlaments- scanval. Wie telegraphisch »utgetheilt wurde, kam in der gestrigen Kammersitzllng der ehemalige Minister v. Blochhausen, welcher im Jahre l88ä entlassen wurde, weil er unter dem Verdacht stand, unter mißbräuchlicher Verwendung von Staatsgeheimnissen in Actien der Prinz-Henrybahn speculirt zu haben, in längerer Ausführung auf die Angelegenheit seiner Ent lassung zurück. Staatsminister 1)r. Eysche n erwiderte, v. Blochhausen sei nicht allein politisch, sondern auch moralisch ein todter Mann (so ist das angezogene Tele gramm zu berichtigen). In Abgeorbnetenkreisen glaubt man, es sei nunmehr eine parlamentarische Enquete unausbleiblich. Die Auseinandersetzungen zwischen von Blochhausen und vr. Eyschen spielen schon während mehrerer Sitzungen. Wir tragen darüber das Folgende nach: Als Hauptbeweisstuck Eyschen's dient eine unter dem Namen der Frau v. Blochhausen »ach Brüssel gerichtete Depesche mit der Auf forderung: „Verkaufet!" Die Depesche bezog sich auf Actien der genannteil Bahn und die Aufforderung erging in einem Augew blicke, wo diese Actien infolge der von Blochhaujen eingefädeltcn Ver> staatlichungsplüne ihren H^epunct erre cht ha ten, ab r ^ Tagen, infolge der injw.,ch-n e-N'N. bekannten Ablehnung Re>er Pla„e versandte beschränkte sich auf den 'Nachweis, da« er bei ffner Gelegenheil inchk p s Uich spe(u,ir. und ... dieser Beziehung «.ne Hände habe De Staatsminister erwiderte, daß auch m d'e,em fu chn gu .s g Falle noch immer der Berrath eines Staatsgeheimnis,es zu Gun,ten eines Fainilieiiniitgtiedes vorliege. Am Dienstag bat die englische Parlamcntstagung begonnen. Die dieselbe einleitende Thronrede Hai allgemein sebr wenig befriedigt. Der Abschluß der Grenzregu.runge. zwischen Sierra Leone und den benachbarten sranzosl,che ^esivunge». welchen die Thronrede erwähnt, hat ,a überall in England peinlich berührt, denn daS neue Ueberein- kommen spricht Frankreich das ganze Hinterland von Sierra Leone zu, daS nunmehr vollftandig i,olirt er scheint. Tie Hoffnung aber, mit dem bewiesenen Ent gegenkommen zu einer Besserung der colomalpoliti,chen Beziehungen mit Frankreich zu gelangen, muß nach den letzten Aeußerunqcn im PalaiS Bourbon, die Regierung werde auch nickt ein Theilchen der Rechte Frankreichs aus den afnka- nischen Continent preisgeben, als sehr gering erscheinen. Ueber den Erfolg der diplomatischen „Vermittelungsverinche Eng lands in dem chinesisch-japanischen Krieg weiß die Thronrede auch so gut wie nickls zu sagen und von einer ^Intervention Rußlands und Frankreichs in Gemeinschaft mit England ist es immer noch sebr weit entfernt. In Bezug auf die arme nische Angelegenheit wird rin leitender Gedanke nicht bei- aebracht und nur die Hoffnung ausgesprochen, daß die Unter- suchungscommisston endlich Licht in die Lache bringen werbe. Mit den Resultaten seiner auswärtigen Politik vermag also daS Cabinet Roscbery dem Parlamente nicht zu impomren, noch weniger aber mit seinem Programm für die Reformen im Innern. Vou der fast zur Seeschtange gewordenen Revrgan,- salion des Marinewesens schweigt die Thronrede ganz, ebenso von der bis zur Athemlosigkeit angetündigten Reform des Oberhauses. Ueber diese letztere Lücke ist es denn auch schon zu Auseinandersetzungen im Parlament ge kommen und der Premier gab die sehr wenig be friedigende Erklärung ab, die Regierung balle an der Au- sicht fest, daß der jetzige Zustand gefährlich und der ver fassungsmäßige Weg zur Behandlung der Angelegenheit: ein Beschluß des Unterhauses sei; allein die sofortige Ein- b.ingung einer solchen Resolution sei weder vöthig, noch zveckmäßig, da ihr die Auflösung deS Parlaments folge» müßte und die Regierung zunächst, um ihre Zusagen zu er füllen, die verschiedenen von ibr eingebrachten Vorlagen durchführen wolle. Auch über die Homerulfrage hat die Thronrede wiederum kein entscheidendes Wort und es sind bereits über diese Angelegenheit wie über die OberbauSresorm von den Iren und Radicalen Zusatzanträge zur Adreßdcbatte angekündigt. Die letztere, die bis jetzt noch ziemlich unbedrohlich, wie ein Aufklärungsgesecht, verlaufen ist, kann also noch sehr gefährlich für die Regierung werden, deren Vertreter in Volksversammlungen Alles versprechen und dann dem Parlament kaltlächeind eine Thronrede serviren, die Nichts hält. Die anfängliche Regierungsmehrheit von 4 t Stimmen — 274 Liberale. 72 irische Nationalisten und 9 Parnelliten gegen 269 Conservative und 45 liberale Unionisten — ist durch den Verlust von 6 liberalen Mandaten an die Unionisten und Conservative», die wieder 3 an die Liberalen verloren, und den Ueber- tritt Boltons zur Opposition auf 33 zusammengeschmolzen. Stimmen die 9 Parnelliten gegen die Regierung, so sinkt deren Mehrheit ans 15 herab, die Verstimmung oder Nach, ässigkeit weniger Mcbrheitsabgeordneten kann daher zu einer parlamentarischen Niederlage des Cabinels führen. Vielleicht gelingt es Lord Roscbery, die Oppositionslust der Iren da durch zu dämpfen, daß er sich zu einer Amnestie, wenn nicht für alle, so doch für den größeren Tbeil der irischen Dynamit- und sonstigen Verbrecher herbeiläßt; Andeutungen dieser Ast sind schon vor mehreren Wochen gemacht worben. Bekanntlich haben die letzten Stört hin gwahlen in Norwegen den Radicalen nur eine Mehrheit von vier Stimmen gebracht (59 Radicale gegen 55 Conservative). ein „Erfolg", der um so problematischer erscheint, als sie früher über l l Stimmen Mehrheit verfügten und die Conservativen jetzt einen Stimmenzuwachs von 50 auf 55 errungen haben. Allein vorläufig Kal dieses nach keiner Seite hin entscheidende Ergebniß der Wahlen die Folge gehabt, daß das seit dem 2. Mai 1893 ^am Ruder befindliche Ministerium Slang dem König Oskar II. alsbald nach dessen Ein treffen in Cbristiania, wo daS Storthing am 1. Februar er öffnet worden ist, seine Entlassung eingereicht hat. Bis zu dieser Stunde erscheint cs noch unsicher, ob der König dem con- stitntionellen Brauche gemäß, das neue Ministerium dem früheren Minister Rector Steen und dessen radicalen Helfershelfern Ullmann, Sivert Nielsen, Ovam u. A. anverlrauen oder ob er sich bis aus Weiteres mit einem Geschäftsministerium begnügen wird. Das Letztere würde schwerlich von der leidenschaftlich erregten Linken lange in Ruhe gelassen, sondern alsbald gc zwungen werden, zu der brennenden Frage der consularischc» Vertretung Stellung zu nehmen. Den neuesten Nach richten zufolge hat der König vorläufig die Herren Steen und Consorlcn zu sich beschieden, um ihm über ihre Auf fassung der Sachlage Bericht zu erstatten und die Führer der Linken haben dem Könige erklärt, ein aus ihrer Mitte entnommenes Ministerium sei nur möglich, nachdem vorher dem früheren Beschlüsse der Stortbingsmehrheit hinsichtlich selbstständiger norwegischer Consulate Folge gegeben sei. Sollte demnach der König, um aus der Klemme abermals einen vorläufigen Ausweg zu gewinnen, wie manche Leute auf der Linken vermutben, es wiederum versuchen wollen mit einem der Rechten entlehnten Ministerium, gestützt auf die Mehrheit, nicht des Storthinzs, aber der intelligenicn und besonnenen Elemente der Bevölkerung, gegen die vierstimmige Mehrheit zu regieren, so fehlt cs schon jetzt nicht an kräftigen Stimmen in der linksseitigen Presse, die für diesen Fall mit eine», parlamentarischen Streike, einer Verwerfung sämmtlicher Regierungsvorlagen und einer Verweigerung des Budgets drohen. Man darf also auf die Entscheidung des Königs gespannt sei», der neuerdings mit hervorragenden Vertretern der Moderaten verhandelt. Deutsches Reich. * Leipzig, 7. Februar. Ueber die Geschäfte des Reichs gerichts im Jahre 1894 macht die halbamtliche „Bert. Corr." folgende Angaben: Die Zahl der im Jahre 1891 bei I88V 1041, 134, 1",» 27'/.. o v 0 u r »«. >62, Ourdsa -läUstä, 3I7, 4.43. 'rimro^ S.N9, 4 vaitock 4^5. , LsnäiiUiies «io 23» 6 ä, e,62, Hocklisi» 08.70 3175 878,78 78.43 340,— 28,12', ln««» SO.VO 339,— 28,18'!, oH, 28,0« »nä »dör»« ,oi>vitod«r etioxE« L«- >p«cu»tioll. ttdr. 2tj«0 r»ok »ok oll Ult«1 1KS S44 SSO «48>!» V. 9.ISX Sr II Feuillrtsn. Ein Liebesopfer. Von Karl Wartenburg. Nachdruck verbot«». „Und morgen Abend wird er Punct zehn Uhr wieder an demselben Platze sitzen und das alle Spiel von Neuem be ginnen." „Kennst Du ihn?" „Oberflächlich. Er ist der Neffe des reichen Tabakhändlers an der Ecke des Brühls und der Nitterstraße, Firma Sieler u. Comp. Er stammt wie ich anS der Nähe von Annaberg, wo sein verstorbener Vater ein Rittergut hatte. Jetzt ist er im Geschäft seines Oheims, dessen Schwiegersohn er werden wird." Es war im Oakö cüinoig zu Leipzig, wo diese kurze Unter haltung zwischen meinem Freunde und mir stattsand, in einer Winternacht zwischen zwölf und ein Uhr. Wir waren Beide damals Studenten im zweiten Semester, Pandektenfüchse. DaS 6atö ollmois am westlichen Ende des Brühls, dicht am Tbeaterplatz gelegen, mit seinen rotben SammetdivanS, seinen Marmortischen, seinen goldenen Spiegeln und eleganten Tapetenwänden, war zu jener Zeit ein gefährlicher Aufenthalt. Man konnte nicht nur dort die Baarschakt, sondern auch manches Bessere verlieren. Das (NM ekimois war in sicherer Mitternachtsstunde, in der keine polizeiliche Ueberraschung zn lesürchten war, der Versammlungsort einer Anzabl Lebe männer und Spieler von Profession. Bon den Studenten war nicht viel zn bolcn. EinestheilS war die Richtung der damals studirenden Jugend eine im Allgenieinen mebr ideale, die sie von nichtigen kostspieligen Zerstreuungen zurückhielt, und anderntheilS war der akademische Bürger doch zum größten Tbeil zu klug und gewitzt, um die Beute jener feinen Jn- dustrieritter im Las« cftinoiz zu werden. Dagegen wurden junge Kaufleute und reiche Fremde, die sich in Leipzig auf- l'ielten. müßiggängerische Stutzer, die nur von dem Gelde ihrer Eltern flotten Lebenswanvel führten, zahlreiche Opfer lener Spieler, unter denen ein damals am Stadttbeater engagierter jugendlicher Charakterdarsteller sich durch sein beständiges Glück auSzeichnete. Manche behaupteten nun, daß dieses Glück im Spiel denselben Charakter habe, wie das des Chevalier Riecaut de la Martinisre, indessen beweisen ließ sich nichts. So hatte der jugendliche Charakter auch heute wieder fabelhaftes Glück gehabt und Herrn Sieler jr. außer seinem ganzen baaren Gelde nickt weniger als fünfhundert Thaler gegen Ehrenschein abgenommen. Ehrenschulden müssen schnell bezahlt werden und hatte sich denn auch Herr Gnido Sieter verpflichtet, seinen Schein binnen drei Tagen einzulösen. Der leichtsinnige junge Mann machte sich darum keine Sorge. Er erwartete mit jeder Post den Rest seines väter lichen Erbtheils, die letzte Rate der Kaussumme für sein Ritter gut, das er durch einen Annaberger Rechtsanwalt hatte lcs- schlagen lassen. Es waren zehntausend Tbaler. Das übrige hatte er in den letzten vier Jahren verschwendet. Aber warum sich deshalb grämen? Hatte er doch Aus sicht, der Schwiegersohn seines Oheims zu werden, dessen Tochter die einzige Erbin des reichen Tabakbändlers war. Der Oheim sreilich durfte nichts von dieser Ehrenschuld des Neffen erfahren; um keinen Preis: Denn wenn Herr Sieler auch kein engherziger Krämer war und seinem Neffen Manches nacksab, so war er in gewissen Dingen doch sehr empfindlich, vor Allem haßte er das Harzardspiel, weil ein Spieler nach seiner Meinung auf der ersten Sprosse des Verbrechens stand. DaS war bekannt und desto anstandsloser nahmen Guidos Mitspieler seine Ehrenscheine, die er bis jetzt stets ein- gclöst hatte. ES war vier Tage nach jenem Spielabend» vielleicht acht Tage vor Weihnachten. Die siebente Abendstunde batte ge« schlagen. Herr Sieler senior war in die Rheinische Weinstube an der Ritterstraße gegangen, wo er um diese Zeit täglich eine Stunde in einem Kreise von Freunden bei einem Schoppen schönen Moselweins zubrachte. Guido saß in dein Wohnzimmer der Familie seiner Tante und Cousine Martba gegenüber. Die Damen stickten Weih nachtsgeschenke. Auf einem Seitentischchen summte die Tbee- Maschine. Martha erhob den Kopf und warf einen prüfenden Blick auf Guido. Der Cousin verstand gut zu plaudern. Es war nichts Bedeutendes, was er sagte, keine tiefen Wabrbeiten, keine feinen Beobachtungen, auch keine interessanten Erlebnisse, noch gelehrte Dinge, die er zum Besten gab, aber er war von allen Stadtneuigkeiten unterrichtet, kannte alle Theatergeheimnisse, stocht drollige Anekdoten ein, über die man lachen mußte, und was die Hauptsache, er war immer bei guter Laune. Heute war er wortkarg, zerstreut, sichtlich verstimmt. „Sind Sie unwohl, Guido?" fruz Martba. „Nun — woraus schließen Sie das, Cousine?" „Weil Sie heule schweigsam sind. Aber beunruhigen Sie sich nicht darüber, es ist nicht zu Ihrem Nachtheil." Guido biß sich auf die Lippen, er fühlte die Ironie vieser Worte. ..Martha!" warf die Mutter dazwischen und ein leiser Tadel klang aus dem Tone, während ein begütigender Blick hinüber zu dem jungen Manne flog. War sie cs doch, welche den hübschen, eleganten Guido unter ihren besonderen Schutz genommen hatte und die Verbindung zwischen Martha und dem Cousin lebhaft befürwortete und die auch ihres Gatten Bedenken, der den Sausewind für keinen rechten Kaufmann hielt und anfänglich von einer Heirath mit seiner Tochter nichts wissen wollte, schließlich überwunden hatte. „Ich erwarte seit einigen Tagen vergeblich von meinem Advocaten einen wichtigen Brief", sagte Guido, gewissermaßen zur Erklärung seiner heutigen Wortkargheit. „Wohl mehr gewichtig als wichtig?" lächelte Martba, „Sie erzählten vor einigen Tagen, daß Sie den Nest des KaufgeldrS für Ihr Gut bald bekommen würden." „Allerdings, und ich begreife nicht, warum mir mein Advocat cs nicht schickt." Da pochte es leise an die Thür und auf das „Herein!" der Frau Sieler wurde cer Kopf des Cassirers und zweiten Buchhalters des Geschäftes sichtbar. „Herr Müller", sprach Frau Sieler, erstaunt über die seltene Erscheinung des Commis in ihren Wohnräumen treten sie doch ein!" ' " Er war ein langer schmächtiger Mann von vielleicht dreikia Jahren, nnt hellblondem langen Haar, eher an einen Candidaten LL-°Ll>.L,°""" """ 1^'"! d!-«ba. m»> ,i„ ,E-»d,r des jungen Mädchens hinüber ru l.em schüchtern und verlegen dreinsrhenden Buchhalter. ^ „Verzeihung, wenn ich störe", sagte dieser, „der Briesträaer K Lg'Ä KW' ---»««L D» LkÄ?'r-ik- mtt Ter .Kama schien zwar diese Einladung unangenehm zu sein, aber Martha hatte sich schon erhoben und präsentirte den Thee. Die beiden jungen Männer, von denen der Buchhalter vielleicht fünf Jahre älter als Herr Guido war, batten auch nicht eine Spur von Aehnlickkeit mit einander. Guido war von dem modern srisirten schwarzlockigen Haupte bis zu den in glanzlederncn Stiefeletten eiiigezmcngteu Füßen herab ein ricrlicher, eleganter Stutzer in tadelloser Toilette und Gottfried Müller eine lange, fast hagere Gestalt mit blassen Wangen, hellblonden Haaren, die schlicht und lang aus den Kragen des etwas abgetragenen schwarzen Rockes fielen, die dunkle Weste bis hoch au den Hals hinauf zugeknöpft. Wenn er nicht einen blonden Vollbart getragen, man hätte ihn ganz nach seinem Aeußeren für einen Predigamtscandidaten halten können. Guido batte indessen einen Blick auf die Adressen der beiden Briese geworfen. Der eine trug den Poststempel Annaberg, der andere war aus Leipzig. „Erlauben Sie Tante?" fragte er, sich an die Frau vom Hause wendend. „Genieren Sie sich nicht, Guido — lesen Sie nur", antwortete diese. Hastig erbrach er den Brief aus Annaberg. — Es waren nur wenige Zeilen. Aergerlich knitterte er das Papier zn sammcn und schob eS in die Westentasche. „Der Käufer meines Gutes kann erst in nächster Woche zahlen", sagte er zu Frau Sieler sich wendend. „Nun, das Geld ist doch sicher?" meinte diese. «O ja, ganz sicher; aber ich liebe in Geldsachen stets Punctlichleit."» Cr hatte währenddem den Brief aus Leipzig geöffnet. Auch dessen Inhalt war sehr kurz, noch kürzer als der des Briefes ans Annaberg. Cr bestand aus zwei Zeilen. Aber diese Zeilen trieben Guido dunkle Rölbe in die Wangen und dann wurde er weiß im Gefickt wie ein Mensch, dem mit einem Male alles Blut abgezapft wurde. — Dock be merkten weder Tante noch Martba diesen jähen Wechsel. Frau Sieler hatte in diesem Augenblicke am Tbeetischchen zn thun und Martba unterhielt sich mit Herrn Müller. Eine eigenthümliche Unterhaltung. Kurze halblaut geflüsterte Fragen des jungen Mädchens und ebensolche Antworten. Martba erkunvigte sich nach seiner alten Mutter, die in einer nur kleinen Stadt teS VoigtlanbeS, in Arskorf, lebte, nach seinem jüngeren Bruder Walther, der in Dresden die Akademie besuchte, nach Gottfried » Gesundbeit.
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