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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.02.1895
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-02-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18950216017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895021601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895021601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-02
- Tag1895-02-16
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Aeela««» unter de» Glrdakttoa«strich (4go- spaitra) öv>4, vor de» Kamilienuachrtchte» (Sgespalto») «0-4- «röhr» Schriften last nuferem PrM- «rt'utzach. Tabellarisch« mü» WachDtz »ach höherem »««. Ertra-Veilag«, (gefalzt), „r.mtt de, Morgen-Ausgabe, ohne Poftbefördttnag ^l SU—, mit Poftdesorderm« 70.->. AmraismeschluL fir Auzrizr«: Abend-An-gade: «onnttwg- 10 Uhr. Morge n-Ln-gab«: Rachmittag- «Uhr. Sonn- nad Festtag« früh '/,S Uhr. Lei den Filialen und Annahmestrllea je ein« halb« Stund« früher. Allteige» find stet« an di« ErpetzUt»» I» richte Druck nud Verlag von L. Polg i» Leipzig 89. Jahrgang. Zur gefälligen Beachtung. Unsere Expedition ist morgen Sonntag, den 17. Februar, Vormittags nur bis V»S Uhr geöffnet. Lxpedlllou de« I^lpalxer l'aLedlattes. Amtliche Bekanntmachungen. Erweiterung -es Sprechverkehrs. Zwischen der Sladt-Ferniprechttnrichtung in Zerbst und den Stadt-Ferniprechtinrichrungen in Leipzig und Markranstädt ist der Sprechverkehr eröffnet. Die Gebühr für da« Gespräch bi- zur Dauer von drei Miauten beträgt eine Mark. Leipzig, den 12. Februar 1895. Der kaiserliche Lber-Postdirector» Geheime Ober-Postrath. Walter. Der städtische Lngerhof in Leipzig lagert Waaren aller Art zu billigen Tarifsätzen. Die Lager scheine werden von den meisten Bankinstituten betiehen. Leipzig, den 26. April 1894. Die Dedutation zum Lagerhofe. Seerechtsfragen beim Zusammenstöße von Schiffen. Nachdruck verboten. vr. Lr. DaS schwere Unglück, welches in der Frühe des 30. Januars d. I. der Personendampfer „Eibe" erlitten, zeitigt neben den Fragen nach dem Hergange, der Ursache und einer etwaigen Schuld an dem Unfälle auch die Frage, was auf der hohen See Rechtens ist. Das offene Meer unterliegt der Gebietshoheit keine« Staates, alle Volker haben auf ihm das Recht der freien Schifffahrt. Einer beschränkten Gebietshoheit der Uferstaaten ist nur der Küstensaum unterworfen, soweit er vom User aus beherrsch- bar ist — man nimmt allgemein Kanonenschußweire an und berechnet dieselbe auf 3 Seemeilen, also ca. 5600 Kilometer, von der Küste zur Zeit der Ebbe — ferner die Häfen und Buchten und die vom Ufer auS beherrschbaren Meeresengen. Als mit der Anwendung der Dampskraft im Schiffsver kehr die Zahl der Seeunsälle sich vermehrte, begann Eng land seit dem Jahre 1846 mit der Ausstellung gewisser Regeln über daS Ausweichen der Schiffe, über vaS Führen von Lichtern zur Nachtzeit und über die Anwendung von Nebelsignaten. Zunächst nur für Dampfschiffe berechnet, wurden diese Vorschriften später auch aus Segelschiffe aus gedehnt. Die hieraus hervorgegangenen Regeln nennt man daS Seestraßenrecht. Auf Anregung Frankreichs wurden dieselben 1862 einer Revision unterworfen und in der sich daraus ergebenden Fassung nicht nur in Frankreich und England, fondern in den folgenden Jahren auch in den deutschen Hansastädten und den übrigen europäischen See staaten angenommen. Auf erneuere Anregung Frankreichs ist das Seestraßenrecht in den Jahren 1876—78 wiederum er gänzt und sind neue Vorschriften zwischen den Regierungen der seefahrenden Nationen vereinbart worden. Die Aus führung der auf der internationalen Eonfereaz zu Washington im Jahre 1889 vereinbarten weiteren Verbesserungen scheiterten bislang an dem Widerspruche Englands. Die Verfassung des Deutschen Reichs erklärt „die Organi sation eine- gemeinsamen Schutzes der deutschen Schifffahrt" für eine Ausgabe beS Reichs. In Ausführung dieser Be stimmung ist durch daS Relchs-Strasgesetzbuch den, Kaiser die Befugniß übertragen, Verordnungen über Verhütung veS Zusammenstoßes der Schiffe auf See und über das Verhallen der Schiffer nach einen, Zusammenstöße zu erlassen, und zwar ohne Mitwirkung des Reichstags, damit möglichst schnell die nothwendige Einheitlichkeit mit den Einrichtungen der benachbarten seefahrenden Nationen herbeigeführt werden könne. Die internationalen Vereinbarungen über das See- slraßenrecht sind für daS Demswe Reich mittels kaiserlicher Verordnung vom 7. Januar 1880 pudlicirt. Hiernach ist der einzige Kall, wo beide Schiffe einander auSweichen müssen, und zwar nach rechts, der des Begegnens. Der Artikel 15 Abs. 1 der Verordnung bestimmt: „Wenn zwei Schiffe sich in gerade entgegengesetzter oder deinabe gerade entgegengesetzter Richtung einander nähern, so daß dadurch Gefahr des Zusammenstoßes entsteht, so muß jedes Schiff seinen EurS nach Sieuerbord ändern, damit sie einander an Bakborvseite passuen." In allen übrigen Fällen der Gefahr deS Zusammenstoßes» also insbesondere bei Kreuzung der Richtungen, wie eS bei der „Elbe" und der „Erathie" der Kall war, muß vaS linksfahrenbe Schiff auS- weichen. Das ergiebt Artikel 16, weicher lautet: „Wenn die Eurse zweier Schiffe sich so kreuzen, baß Gefahr des Zusammenstoßes entsteht, so muß dasjenige Dampfschiff auS de», Wege gehen, weiches daS andere an seiner Steuerbord- feite hat." Artikel 22 ergänzt diese Vorschrift: „In allen Fällen, wo nach den obigen Vorschriften ein- von zwei Schiffen dem anderen aus dem Wege zu geben bat, muß dies letztere seinen EurS bei behalten." Nach Artikel 23 sind jedoch Au-nahmen zulässig, denn es soll stets gehörige Rücksicht auf alle Gefahren der Schifffahrt, sowie auf besondere Umstände genommen werden, weiche zur Abwendung un- mitieidarer Gefahr ein Abweichen von obigen Borschristen nothwendig machen. Hat e,n Zusammenstoß von Schiffen auf See statt- gefunden, so ist e« nicht nur eine moralische, sondern eine in der ganzen civiiisirten Welt anerkannte, bei Straft gebotene Pflicht de- Führer- eine- jeden Schiffes, dem anderen Schiffe und den dazu gehörigen Personen „den erforderlichen Bei stand zu leisten, soweit er dazu ohne erhebliche Gefahr für daS eigene Schiff und die darauf befindlichen Personen im Stande ist; unter dieser Voraussetzung sind die Führer der betheiligten Schiffe verpflichtet, so lange bei einander zu halten, bis sie sich darüber Gewißbeit ver schafft haben, daß keines derselben weiteren Bei standes bedarf". Ferner soll „vor der Fortsetzung der Fahrt jeder Schiffssührer dem anreren den Namen, daS Signal, sowie den Heimalbs-, den Abgangs- und den Bestimmungshafen seines Schiffes angeben, wenn er dieser Verpflichtung obne Gefahr für das eigene Schiff genügen kann". So bestimmt wörtlich die kaiserliche Verordnung vom 15. August 1876. Gleichlautende Vorschriften bestehen in England, Frankreich und überall. Zuwiderhandlungen gegen diese Verordnungen sowie gegen das Scestraßenrecht werden allerdings nur mit Geldstrafe bis zu l5tto nicht mit Freiheitsstrafen, bestraft. Zuständig sind die Strafkammern der Landgerichte. Vor der gerichtlichen B strafung findet eine sachverständige Untersuchung deS Seeunsalls durch daS zu ständige Seeamt statt. Dasselbe kann, wenn sich ergiebt, daß ein deutscher Schiffer oder Sleuermann den Unfall verschuldet hat, denselben durch seinen Spruch die Befugniß zur Aus übung seines Gewerbes entziehen. Es mag Uneingeweihten auffallen, daß das Seeaml in Rotterdam die Untersuchung gegen die „Erathie" führt, aber zuständig ist völkerrechtlich in erster Reihe dasjenige Seeamt, ,n dessen Bezirk der Hasen liegt, welchen das Schiff nach dem Unfälle zunächst erreicht. Bei der Gelegenheit sei bemerkt, daß das Deutsche Reich an seiner Nordküste zwölf Seeämier einzerichlct hat. von Königs berg und Danzig im äußersten Osten b>S Brake und Emden im Westen. Auf einem ganz anderen rechtlichen Gebiete liegt die Frage, welches Schicksal der Nachlaß der mit der „Elbe" so Plötzlich, gewiß vielfach ohne vorkerige Errichtung eines Testaments, unlergegangenen Personen bat. Schiffe auf offener See gelten als schwimmende Gebietstheile ihres Heimathsstaates, der Boden der „Elbe" also als deutscher Heimalbsbovcn. Die Folge davon ist, daß für den Nachlaß der Verunglückten daS Recht, welches an ihrem letzten Wohnorte gilt, zur Anwendung kommt. Viele sind milsammt ihren Kindern verunglückt. Da ist für die Regulirung der Erbschaft die Frage von Wichtigkeit, ob der Vater oder, die Mutter vor dem Sohne ge storben sind, so daß dieser sie beerbt hat, oder umgekehrt die Eltern nach dem Kinde, denn zu einem anderen Theile erbt der vielleicht überlebende Ehegatte von dem Kinde als von der verstorbenen Gattin. Für die Fälle des Untergangs von Eltern und Kindern in gemeinschaftlicher Gefahr stellen unsere Gesetze verschiedene Vermutbungen auf. Nach preußischem Landrecht wird angenommen, daß Keiner den Andern überlebt habe, nach gemeinem deutschen Recht ver- muthet, daß das geschlechtsreife Kind feine Eltern überlebt habe, das noch nicht geschlechtSreife Kind aber vor ihnen gestorben sei. GeschlechtSreif bedeutet nach der Vorschrift des römischen Rechtes bei Knaben 14, bei Mädchen l2 Jahre. Schließlich noch die Frage, wer den Eigenthümer des untergegangenen Schiffes entschädigt. Hierfür ist unser Handelsgesetzbuch maßgebend, welches bestimmt, daß, wenn beim Zusammenstoß zweier Schiffe eine Person der Besatzung deS einen Schiffes durch ihr Verschulden den Zusammenstoß berbeigesübrt hat, der Rheder dieses Schiffes für seine Leute aufkommen und dem anderen Schiffe und dessen Ladung den zugefugten Schaden ersetzen muß. Die Forderung gegen den Rbever verjährt in zwei Jahren. Fällt keiner Person der Besatzung des einen ober des anderen Schiffes ein Ver schulden rur Last, oder liegt beiderseitiges Verschulden vor, so muß Jeder den Schaden selber tragen. Ist daS Schiff und die Ladung versichert, so muß zunächst die BerficherungS Gesellschaft den ganzen Schaden ersetzen. Deutsches Reich. /S. Leipzig, 15. Februar. Für unsere gemüthvollen BiSmarck-Hasser vom Schlage der Liebknecht und Genoffen ist daS lausende Quartal ein Winter schweren Mißvergnügens. Vergeht doch seit Wochen kaum ein Tag, an dem nicht über neue Ehrungen, die zum 80. Geburtsfest des Altreichskanzlers geplant sind, zu berichten wäre. Kröten naturen erhalten also Gelegenbeit genug, sich in voller Herr lickkeit zu offenbaren. Nichts aber bat so sinnlose Wulh auSbrücke gezeitigt wie die Nachricht, daß die sächsischen Städte dem Fürsten daS Ehrenbürgerrecht verleihen wollen Man höre den heutigen „Vorwärts": „Die Masse mutz es »lachen — diesem altbewährten kaust männlichen Grundsatz wlgrn die jächsischen Nationallideralen (I) und haben beschlossen, den Ex. Reichskanzler zu seinem 80. Geburtslage mit einigen Dutzend Ebrenbürgerrrchts-Briefen in den April zu schicken. Sämmtliche sächsischen Städte mit über 10000 Einwohnern sollen am selben Tage — bem ominösen 1. April — je einen „Brief" schicken. Bielleicht bindet man sämmtliche .Briefe" in ein Album, da- mit dem Bilde de- wedelnden Ex- Rrichshunde- geziert sein könnte. Der Ex-Kanzler, der die papirrnrn Ehrungen nicht sehr tirbt — außer wenn« Bankpapiere sind — hat sich über dir Ehrenbürgrrbrirfe, die ihm zu theil geworden sind, schon recht rejpeclwidrig anSgrdrückt unb soll einige schon als Fidibusse benutzt haben. Wir wollen nun sehen, ob der von seinen Blümchen, «abelrrn geplante Ehrenbürgerrecht«-Brief-Ramsch der alten Rakrtenklstr mehr „imponirrn" wird." Als Beitrag zur zukunftsstaatlichen Ethik empfehlen wir diesen Erguß einer schönen Seele insbesondere der Beachtung de- Herrn von Gizyki, Professor- der Ethik an der Ber liner Universität, der in seiner „Elhischen Eultur" im An schlüsse an die Dresdner Erklärung gegen die Umsturzvorlage Folgendes erklärt: „Man ha» mich wegen der Unterzeichnung dieser Erklärung an- gegriften, da dieselbe rin« durch nichts gerechtfertigte Spitze gegen die jociaidemokrotiiche Agitation habe, während in Wirk- lichkeit die Agitation anderer politiicher Parteien in ihrer ver letzenden, die Ideale großerBevölkerungSkreise in den Staub ziehenden, den Gegner beschimpfenden und ver dächtigenden, die Wahrheit entstellenden und ver drehenden Kampfesweise hinter der socialdrmokratischrn Agi tation keineswegs ziirückstehe. Ich erkenne diese Thatsach« vollkommen an, und ich hätte daher gewünscht, daß jene „Spitze" vermieden worden wäre . . ." K. verlt«, 15. Februar. Der Hannoversche Provinzial landtag hat sich ungeachtet warmer Befürwortung durch den Oberprästdenten gegen die Errichtung einer L a n dwi r t h s ck a f t S ka m m e r ^ Interesse klärt Dieser Borfall b-an pn cht allg ^^thsckasls- T»e Regierung batte die Ern > ü »nb die conservattve kammern obligatorisch j"°n,,':onalliberaltn als Ver- Par.e. hatte n.Lt Übel Lust. ^ Natton^ rälher an der Sache der Land nw^ien, ob sie von der diese es den einzelnen Provinzen ub" ss w Schließlich neue» E.nr.chlung Gebrauch ^n oder n w ^ kam eine Einigung da dm zu Stande, daß de P üb-- »>- tzk. -» -mm-, werden muffen. D-- Regie u g Landw.rlbschastS- aoch u, der Gewalt, die Errichtung ^ kammcr in Hannover anzuordnen.dader 1 . ^ jedoch unäen aeaen ungeprüfte bedeuten. D.e fortgeschrittene westliche La»dw>rtl>schaft hat sich in Vereinen vorzügliche Organe ,u Förderung der Landwirtbschaft geschaffen, der Großgrundbesitz beS Ostens bat - vielfach - dies cavalieremöllt unterlassen und ist jetzt beim besten Willen nicht ohne Weitete- im Stande, da- Bei äumte nachzulwlen. Er versieb, sich lchon lange nicht mehr auf Srtbstbilse, und die neue,» agrarische Actton ist nicht dazu angethan, seine Mitglieder den ftcuuda.ren Werth staatlicher Hilfsmaßnahmen erkennen zu lassen. Mag man ihm deshalb t»e Zwangsoraanisation der Landw>rtschaftS- kailimern von Herzen gönnen, so kann man andererseils de Wunsch nicht unterdrücken, die preußnche Regierung möge nicht, wie es die Eonservativen wünschen, den Osten als typisch für die Landwirlhschast und d,e Landw.rtbe Preußen-, ja selbst Deutschlands anseden, sondern ,n Erwägung ziehen, baß sie es dort mit einer zurückgebliebenen Lirtbschast zu thun hat. deren Träger keineswegs den Anspruch erbeben dürfen, als Wortführer der gesammten deutschen Landwirth- schaft zu gelten. * Berlin, 15. Februar. Zwei Vertreter de« „Socialist" standen gestern vor der neunten Strafkammer kiesigen Land gericht-l, der Beleidigung deS Staatsanwalt-1^. Benedix und der Anreizung zu Gewalttbängkeiten angeklagt. Es sind der Böttcher Georg Wersönke und der Schrfft- gießer Adolf Löhr. Unter Anklage gestellt waren auS der Nummer bt de« „Socialist" die Artikel „Ein unerhörter Gewaltact" und „Gerechtigkeit". In dem ersten Artikel wurde den Lesern davon Mittbeilung gemacht» daß der Eriminalcommiffarius Bösel mit mehreren Criminalbeannen un Aufträge de» Staatsanwalts Vr. Benedix in der Druckerei und den RedactionS- und Expeditionsräumen eine Haussuchung abgebalten habe, wobei man den Reracleur Pelersdorf verhaftet und Alles mit Beschlag belegt habe, sämmtliche Geschäftsbücher, Corresvondrnzen, Privatbriefe rc. Der Artikel warf im Anschluß an diese thatsächlichen Mittbrilungen die Fragen auf, ob man noch im konstitutionellen Staate oder im bar barischen Rußland lebe und ob man vielleicht aä oculos demonstriren wollte, daß Gewalt vor Reckt gebe. Der zweite Artikel, welcher auS der Wiener „Zukunft" übernommen war, enthält die VertbeidigungSrede eines zum Tode verurtheilten ManneS, der den Richtern seinen Lebenslauf erzählt und klarlegt, aus welchen Gründen er den Mord für be rechtigt kalte. Für diese beiden Artikel wurden der Böttcher Wersönke, der die Nummer als Redakteur ge zeichnet, und der Expedient deS „Socialist", Schriftgießer Löbr, veran wörtlich gemacht. Wersönke hat nach der Verhaftung PeterSdorfS die Revaction übernommen, konnte sie aber nur vier Tage führen, weil er dann selbst verhaftet wurde. Nach der Ansicht der Criminalpolizei war Wersönke nur ein Strohmann, der eigentliche Revacteur und die Seele deS ganzen Betriebes aber LLhr. Eriminalcommiffarius Bösel begründete diese polizeiliche Auf fassung durch zahlreiche Beobachtungen, die darauf hinaus- lausen, daß nach der Flucht Wilhelm Werner'S der Angeklagte Löhr der eigentliche Hausherr im „Socialist" geworden sei. Der Bücherrevisor Töpfer bat aus den Vorgefundenen Büchern und Schriftstücken auch die Ueberzeugung gewonnen, daß Löhr eine ganz hervorragende Stellung einnabm. Mehrere ehe malige RedactionSmitglieder de« „Socialist" bezeugten, daß Löhr nur die Stellung eines Expedienten innegehabt habe. Der Staatsanwalt beantragte gegen Löhr, den er für den Hauptschuldigen hielt, ein Jahr drei Monate, gegen Wersönke neun Monate Gesängniß, die Dertheidiger beantragten da gegen die Freisprechung. Der Gerichtshof erkannte auf nenn Monate Gefängniß unter Anrechnung von je sechs Wochen auf die Untersuchungshaft. (Voss. Z.) L. Berlin» l5. Februar. (Telegramm.) Der Kaiser verblieb gestern Nachmittag im Arbeitszimmer und erledigte RogierungSangelegenheiten. An der Abenvtafel nahmen Prinz und Prinzessin Heinrich von Preußen Theil. Berlin, 15. Februar. (Telegramm.) AuS Kairo wird gemeldet, daß der Zwischenfall mit dem deutschen Generatconsul Freiherrn v. Hehking, welcher die Ent- lafsung eines englischen Polizeibeamten verlangt hatte, weil derselbe seinen auf der Straße wartenden Wagen mit Gewalt weiter fahren ließ, beigelegt ist Der Minister des Aeußeren, ButroS Pascha, bat den General- consul um Entschuldigung und erklärte, der Polizeibeamtr s« davon in Kenntniß gesetzt worden. daß er unrecht ae. handelt bade, den Wagen nicht freizulaffen, nachdem ihm mit- D«.r«.r e.n« ^ wartigen Macht gehöre, v. Heyking hat hierauf von zuerst geforderten Entlassung des Pollzrideamt.n abg^.h!« ^ drrlin, 15. Februar. (Teiearamm l 14. d. M. abgedaltrnen Plenarsitzung de- s^undeSrat^bs 9*?^" dem Vorsitzenden, dem bayerischen Gesandten Grafen Ln»d"^" 5ld'Köser.ng, zunächst dem verstorb n.n sLEch ! ,m Abgeordnetenhause führte Minister von KSIer ^geaen" Über den polnischen Abgeordneten, welche da-^äin- schreiten der Regierung gegen den Verein zur För derung de« Deutschthum- in den Ostmarken forrerten, auS: Der deutsche Verein ist nicht «in Verein gegen das Polentbum, sondern ein Verein ^ür da« Drulschthum. Kein Beweis ist dafür erbracht, daß königliche Beamte und Pastoren als VereinSmitglieder den Vernichtungskrieg gegen das Polentbum erklären. Die Polen bilden in Westfalen einen Polenverband für ganz Deutschland; da sollte die Regierung gegen den deutschen Verein einschreitrn, der nur Eingriffe des Polentbum- ab wehre? Die Poleapreffe Hetze gegen die Deutschen. Wenn die Polen auf dem Kreistage in Schrimm den Ausschluß der Mitglieder de- deutschen Vereins vom Kreistage verlangten, weit dieselben parteiisch sein müßten, sv ist bas ein unberechtigter Angriff auf da-Deutsch thum und dieser auf das Ernsteste zuriickruweiseu. Der Nationalstolz gebiete, daß die Deutschen in den Ostmarken das Deutschthu» fördern. (Lebhafter Beifall.) D Berlin, l5. Februar. Der „Reich-anz." meldet amt lich: Der Slaatsminister a. D. Ür. v. Lchelltni ist zum Präsidenten des Aufftchtsraths der Kaiser-Wilhrlm-Spende ernannt worben. D Berlin, 15. Februar. (Telegramm.) Gegenüber der Meldung des „Vorwärt-", nach welcher bei der schrift lichen Abgailgsprnfung ver (kadetten in Lichterfelde Durch- sicchereien statlgefunben haben, w»«balb die PrüsliNgr zu einem nochmaligen Examen gezwungen seien, stellt jetzt a»ch die „Norvb. Allg. Zta." fest, daL da bei IS Prüflingen ein übereinstimmender Febler sich vürgefunden, die PrüfungS- commission die Wiederholung der schriftlichen Prüfung sämmt- ticher Examinanden unter Verschärfung der Aufsicht ange- orvliet habe. Gänzlich haltlos seien die (von un- nicht er wähnten. Red. d. ,A T.") Versionen vom Eindringen sociatdemo- kralischer Tagesüteralur in die Eadettenanstalt zu Lichtrrselve. ö. Berlin, l5. Februar. (Privattelegramm.) Der ReichStazsadgeorknele Liebrrmann t». Lonncuberg »heilt mit, baß die Gerüchte von einem beabsichtigten oder bevorstehenden Duell zwischen ihm und dem Abgeordneten vr. Vöckel gänzlich unbegründet sind. ,^Da mir", schreibt Herr Liebermann von Sonnenberg, „seit Jahren auS Herrn Böckel's eignem Munde die Thatsa«che bekannt ist, daß er grundsätzlich das Duell verwirft, so konnte ich ja nicht, ohne mich einer Geschmacktosigkett schuldig zu machen, dem Gt- naunten eine Forderung zuschicken." — Der Kaiser hat, ai- er auf dem Subscription-ball mit den Botsckasttrn sich unterhielt, bei Herrn Runyan, dem Botschafter der Vereinigten Staaten, nach der wirth- schastlichen Lage gefragt und auch für die Münz- und Tarissragen besondere- Interesse kundgegeben. — Die „Freisinnige Zeitung" glaubt den vielfach ver breiteten Jrrthum berichtigen zu müssen, als ob Herr von Köller aus Empfehlung de« Reichskanzler- Fürsten Hohenlohe zum Minister de- Innern eruannt worden sei: „Die Berusung des Minister- v. Kölle-r ist durch seine Berliner Freunde bennrki worden. Als Herr v. Köller in Straßburg dem Fürsten Hohenlohe vor jeiner Abreise nach Berlin von dieser Be rufung Mittheilung machte, war Fürst Hohenlohe über diese Be rufung ebenso ernannt wie Herr v. Koller über die gleichzeitige Beruiung des Fürsten Hohenlohe nach Berlin, von der er hierbei Keiintiiitz erhielt." Hierauf erwidern die „Berl. N. N": „Letztere Version ist nicht richtig. Die Berusung des Hlerru v. Koller erfolgte in dem kaiserlichen Telegramm an den Fürsten Hohenlohe, welches den jetzigen Reichstanzler nach Potsdam deschied, und Herr v. Köller wurde durch den Fürst« Hohenlohe von dieser Berufung unterrichtet." * AuS Wcstpreutzen, 14. Februar. Bei einer Versamm lung westpreußlschrr Pfarrer in Graudenz erörterte, wie wir dem „Geselligen" entnehmen, SuperirNenbent Kar mann in einem Vorträge die Zunahme de« KatboliciSmus und PolonismuS — denn Beides deckt sich dort so ziemlich — im Regierungsbezirk Marienwerder. Während noch 1867 die Zahl der beiden Bekenntnisse fast gleich war, 370 000 Evangelische gegen 372 000 Katholiken^ gab eS 1885 schon 426 000 Katholiken gegen 381 000 Evangelische (51 v. H. gegen 45 v. H) Nur in den drei Släv-ten über 10 000 Ein wohner, in Thorn,Grauvenz und Könitz, hmbeu die Evangelischen zugenommen, sonst in allen anderen Siävten, insbesondere auf bem flachen Lande, ist eine erhebliche Abnahme festzustellen. Während z. B. im Kreise Schwetz 1867 die Evangelischen 660 mehr zählten als die Katholiken, zählten die letzteren 1885 schon 8200 Seelen mehr. Als Ursachen wurden die starke Auswanderung der Deutschen nach Berlin, Amerika und die Sachsengängerei angegeben (im Kreise Schwey gingen 1894 mehr als 8000 Personen, »/, der Kre»St>evötkerung, zur Soinmerarbeit nach dem Westen), dem eia Nachrücken national- polnischer Bevölkerung entspricht; ferner da« Emporkommen eines starken polnischen Mittelstände«; das Polen,streu besonder- der deutschen Katholiken, wodtzrrch alle Kinder der Mischehen verloren gehen; daS stark ausgeprägte National- bewußrsein der polnischen Gut-besitzer, wvlchc keinen deutschen Arbeiter dulden. — ES geht darau- hevvor, wie dringend nothwendig r- ist, den weiteren Fortschrinlen de« Polrnthums einen Riegel vorzuschieben. * Barmen, 14. Februar. Die Stadtverordneten hatten am 27. November v. I. mit 16 gegen 14 Stimmen be schlossen, für die vier hiesigen höherer» Knabenschulen rin nach dem Einkommen steigende-, zwischen 80 und 250 ^ festgelegie« Schulgeld einzuführen. Ge^en kiesen Beschluß hatte die Mehrheit de- Curatormm« de- Gy »inasiumS Einspruch erhoben, unb da- Provinzial-Schulcollegium hatte die Genehmi gung zur Einführung de- Scbulgeldstaffeltartf- verweigert. Alle Bemühungen der städtischen Verwaltung, eine Aenderung in dem ablehnenden Standpunkt de-Provinzial-SchlrlcollrgiumS berbei- zuführen, waren erfolglos. Die Stadtverordneten hatten sich daher jüngst nochmals mit der Angelegenheit zu beschäftigen. Entgegen bem Anträge der Finanzcommisfton, die damalige Entscheidung aufrecht zu erhalten und gegen den ablehnenden Bescheid des Provinzial-Schulcollegium- Beschwerde beim Eultu-minister zu erheben, beschlossen die -Stadtverordneten nach langer, lebhafter Erörterung mit 15 geizen l5 Stimmen, wobei Oberbürgermeister Wegner den Slu«6chlag gab, von der Einführung de- Schulgeldstaffeltarif- aNjusehea und di« Schulgelder io der bisherigen Weis« zu «rhefoen. (Köla. Z.)
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