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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.03.1895
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-03-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18950306026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895030602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895030602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-03
- Tag1895-03-06
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Nrdiclion UN- Lrve-itio«: -shaa«e«,aste 8. Abend-Ausgabe. Dke Expedition «e«Nn«t »v» ist Wochentag« ununterbroche, früh 8 bl« Abend« - Uhr. Filialen: vtt» Me««'« Sortim. («lfre» Hahn), Universitättstraste 1, Lntti« LSsche. »athartnrnftr. 1«. vart. und «önlg«vlatz 7. aWM.TaMm Anzeiger. Drglin für Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. Arrzeige«.PreiS die S gespaltene Petitzeile SO IM. «rclameu uuter demR»Lactimi«strich (4«. idaltru) ÜO^L. vor den Vamtlimaachrichk» (K gespalten) 40^ Grbtzerr Schriften laut NUserem PrrA- NerzrichLitz. Tabellarischer und Ztjsrrnsatz nach höherem Tarif. Ertra-Vetlage, (gesalzt). „r M »« Vlorarn-Au«aade. ohne PostbefSrd««» SO.—, mit Postdesördnung ^ Innahmeschluk für Anzeige«: Ldend-AuSgabe: Vormittag« 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag« 4Uhr. Sann- und Festtag« früh ' ,9 Uhr. Lei den Filialen und Annahmestellen je ein« halb« Stunde früher. hlnzeiaen sind stets an die ExpeditiaN zu richten. Druck und Verlag von E. Polz t« Leipzig 120. Mittwoch den 6. März 1895 89. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig, 6. März. Die „Nationalist'. Corr." gab dieser Tage der Besorgniß Ausdruck, daß die Entscheidung des BundeSratbeS über den Jesuitenantrag des CenlrumS jetzt anders ausfallen werde, als im vergangenen Jahre. Der „Hamb. Corr.", welcher zuweilen zu officiösen Kundgebungen benutzt wird, glaubte diese Besorgniß als unbegründet bezeichnen zu sollen mit der Bemerkung, daß zweifellos auch diesmal die Stimmen Preußen« im Bundesralhe in ablehnendem Sinne abgegeben werden würden. Abgesehen davon, daß Preußen im Bundcs- rathe nur über 17 von 58 Stimmen verfügt, werden doch auch sehr ernste Stimmen laut, welche die Nichtigkeit der Be hauptung des „Hamb. Corr." bezüglich der Stellung Preußens zu der „Jesuitenfrage" bezweifeln. Besonders wird darauf bingewiesen, daß in CentrumSkreisen die Absicht bestehe, bei der dritten Lesung deS Marineelats die Conservativen sich zum Vorbilde zu nehmen, die Parole des Herrn v. Werdeck „Kein Kanitz — keine Kähne" in die Parole „Keine Jesuiten — keine Jollen" zu verwandeln und dadurch eine Pression besonders auf die preußische Regierung anszuüben. Sollte das aber wirklich geschehen, so würde nach unserer Ueber- zeugung die preußische Regierung zur Ablehnung des Jesniten- antrags geradezu gezwungen sein. Denn eine Negierung, die einer solchen Pression nackgiebt, macht sich zum Spielball der extremsten Schreier und vollzieht ihre Abdankung. Wir möchten übrigens daran erinnern, daß am Pfingstsonntag vorigen Jahres der König von Württemberg einer Deputation der württembergischen Synodalversammlungen gegenüber, die eine Petition um Abgabe der württembergischen Stimme im Bundesralhe gegen die Aufhebung des Verbots der Zulassung des Jesuitenordens überreichte, die Erklärung abgab, daß nach seiner Ueberzeugunq die Zustimmung des Bunbcsraths zu den Beschlüssen des Reichstags betreffs der Zulassung dieses Ordens nicht zu erwarten sei; diese ablehnende Haltung des BundeSratbs entspreche seiner persönlichen Anschauung, sowie derjenigen seiner Regierung. Wenn man für das Auftauchen politischer Gerüchte, wie sie jetzt wieder wie in der schlimmen alten Caprivi'schen Zeit herumschwirren, eine Erklärung sucht, so darf, abgesehen von der sich immer gleich bleibenden Betriebs.rmk-ft gewisser ZenungScorrespondenten, die Umsturzvorlage nicht außer Betracht bleiben. Da trotz aller Versicherungen, daß das Volk gegen die ganze Vorlage aufgestanden und der Sturm gegen jeden Versuch der Errichtung eines gesetzlichen Dammes gegen die Umsturzbestrebungen losgedrochen sei, sich außerhalb eines ziemlich genau bestimmbaren Bezirks des Blätterwaldes kein Lüftchen regt — auch unter den akademischen Lehrern, die doch einiges Interesse an der Freiheit der Wissenschaft haben, bilden die Unterzeichner von Protesten gegen die ganze Tendenz der Vorlage nur eine kleine Minder heit —, so wird der Versuch gemacht, die Vorlage von oben her zu Falle bringen zu lassen. Politiker sind die Leute, die daS^probiren, allerdings nicht, sonst würden sie sich an den 0. September 1894 erinnern; aber sie haben Zeitungen zur Verfügung und das genügt. An all dem Gerede, das im Grunde darauf hinausläuft, der Kaiser sei bisher in derselben Lage gewesen, in der sich die lautesten Gegner der Bekämpfung der Umsturzbestrebungen »och immer befinden, er habe nämlich den Inhalt der vorliegenden Strafgesetz novelle bis vor acht Tagen nicht gekannt, ist, wie wir zu ver sichern in der Lage sind, kein wahres Wort. Auch davon kann nicht die Rede sein, daß die Stellung des Ministers von Köller erschüttert sei und ihm infolge dessen Herr von Berlepsch in irgend einer Frage obgesiegt habe. Ob eS sich um die Verleihung der Corporationsrechte an die DerufSvereine oder die Errichtung von Arbeterkammern bandeln soll, darüber haben sich die Chronisten selbst noch nicht geeinigt. Man bringt die Form der conservativ- agrariscken Opposition und insbesondere die Vorgänge bei der Abstimmung über die neuen Schiffe mit den angeblichen Schwierigkeiten des Herrn von Köller in Verbindung. Davon ist erstens richtig, daß der ehemalige konservative Abgeordnete und jetzige preußische Minister des Innern sich die Mühe gegeben hat, die alten Freunde von der Demonstration gegen den Monarchen abzubringen, und zweitens, daß der Kaiser in der Tbat von dem Verhalten der Herren von Ploetz und Genossen unangenehm berührt worden ist. Ueber Beides wird man sich nicht wundern. Die Darstellung aber, daß die Ernennung des Herrn v. Köller in der Erwartung erfolgt sei, er werde die extrem-agrarischen Agitatoren wie mit einem Zauberschlage zur Ruhe bringen, entflicht nicht der Geschichte der letzten Octoberwoche deS Äigen JahreS. Herr von Köller, der als Abgeordneter eil', eifriger Cartel- mann war und bei seiner Berufung in das preußische Ministerium wenigstens noch als solcher galt, wäre für jene Mission auch nicht der gegebene Mann in einer Zeit, wo die erbittertsten Gegner des CartelS die Herrschaft in der conservativen Partei an sich gerissen haben. Keinesfalls kann also die Stellung des Herrn v. Köller zur Zeit er schüttert sein, weil er eine Hoffnung enttäuschte, die man in ihn nicht setzen konnte, und das etwaige Betreiben von Plänen, die dem Handelsminister sympathisch sein sollen, dürfte nicht als Ausfluß der Unzufriedenheit mit dem Minister des Innern zu betrachten sein. Daß umgekehrt das Anfafsen der Social reform an ihrer gefährlichen Stelle, der der staatlichen Organisation der Arbeiter, eine Krisis im Ministerium des Innern zur Folge haben könnte, wird man, auch ohne „unter richtet" zu sein, nickt bestreiten dürfen. Wir für unfern Tbeil würden zwar wegen der unvermeidlichen Förderung, die daraus der Socialdemokratie erwüchse, das aussichtslose Aufrollen einer socialpolitischen Frage bedauern, im Urbrigen aber dem Verlaufe mit Ruhe entgegenseben. Arbeiterkammrrn lediglich in Preußen zu errichten, ist, wenn auch nickt staatsrechtlich, so doch praktisch unmöglich. Und eine Bundesrathsmehrheit für die „Organisation der Socialdemokratie von Staats wegen" ist ausgeschloffen. Wer sich noch Illusionen über die sogenannten inter nationalen FrtedcnSgcscllschaflen hingegeben bat, dürfte sich einigermaßen durch einen Artikel des officirllen Organs deS englischen Vereins, des „Herold des Frieden« und inter nationalen Schiedsgerichts" ernüchtert fühlen, denn aus jeder Zeile dieses Pamphlets spricht Haß und Feindschaft gegen den Hort des Friedens, Deutschland. Die „Nordd. Allg. Ztg." veröffentlicht aus dem ihr zugegangenen Artikel, der an britischer Unverschämtheit daS denkbar Mögliche leistet, einzelne besonders signifikante Stellen. Zur Cbarakterisirung des in den FriebenSgesellsckaftrn getriebenen Unwesens möge folgender Passus, der unmittelbar auf einen brutalen Ausfall gegen die deutschen Seeleute folgt, hier Platz finden: „Was das deutsche Landheer beirifft, io sind dessen aristokratische Osficiere, als Stand, nicht allein berüchtigt durch Geckenhaftigkeit und häufige grausame Mißhandlungen ihrer Untergebenen, sondern auch durch rohes Betragen gegen Damen . . . Weit entfernt, Höf lichkeit und Rücksicht auf Frauen zu fördern, scheint der deutsche Militairdienst das gerade Gegentheil zur Folge zu haben. Es giebt kaum ein anderes Land in der Christenheit, wo die Frauen weniger Rechte und geringere Ehre genießen als in Deutschland, oder wo die Männer, insbesondere Officiere, ihnen so oft in lümmelhafter Weise begegnen . . . Gewättthätigkeit und brutale Manieren sind die charakteristischen Züge und natürlichen Früchte des deutschen Militarismus." „ . . ^ - Pudels Kern bei Tie „Nordd. Allg. Ztg- ^aube ^riebenen dieser unter dem Zeichen der , Privileg, das Propaganva sei die >Lorge um das a g , . die Dienste in einigen Ländern noch dem verl'önlich zu leisten, zur Vertbeidigung des ^".^^^tellvertteter besorgen zu sondern durch einen bezahlten -ullv - ist das lasten. Dem mag sein wie ibm l'veN'aUS ^ Pasquill, weit entfernt, dem ,nternat.°n^en 6r -de ^ ^ oder aar feindselig gesinnt ist, noch mehr zum Sä uns -uresten Wab'scheint,ch spricht aus dem samosen Friedensar.ikel der Groll, daß wir vcrsch.cdene Male mcht umhin konnten, England auf seine cvlon.a n Yubneraugn zu treten, weil eS seinen plumpen Fuß do"b>n 'etz'e wohm er nickt gehört. Solche Kundgebungen w'- d,e oben g kenn reicknete haben aber (und dann stimmen wir mn den ,M N.'N." vollkommen überein) daS Gute, daß sie eme kräftige Stütz- des Mißtrauens gegen zene Az'tation b, den. in der britischer Pharisäismus und französische Nevanckegier und der politische MaraSmuS der österreichischen Gefolgschaft der Frau v. Suttner m unerquick lichster Weise durcheinander Wirbeln. In Frankreich sind die zweihundert Tage der Präsident schaft Casimir-PerierS schon so gut wie vergessen, d»e «-pubM d-, sich b-,M. über -,»si-n Mabn-r. d,, ,dr ibr wabrcs Bild vorgehalten, zur TaHe«ordnung überzugeben und Perier selbst vermeidet eS ängstlich, die Pariser an sich zu erinnern und auS seiner Zurückgezogenheit irgendwie beraus- zutreten. Wir haben bereits mitgetbe.lt, daß er es abßrlehnt hat, an dem JabreSfeste deS philantropischen Vereins m Paris, dessen Ehrenpräsident er ist, thetlzunrhmen. DaS übersandte Schreiben, in dem Perier sem Fernbleiben ent- schuldigt, hat folgenden Wortlaut: Ich würde mich glücklich geschätzt haben, dem Feste meiner Landsleute, deren Freund ich bleiben will, beizuwohnen. Aber es wäre mir schwer gewesen, zu schweigen, da ich sehr viel zu sagen habe; andererseits wäre es mir schwer geworden, zu sprechen, ohne riue Polemik heraufzubeschwören, und ich bin der Ansicht, daß ick während der letzten Monate der Presse genügend Stoff *u -lr-ckeln aeb"te- ha!" sie jcU ...mg .voiiei lumu zu .o„nei.- Bel der Wahl zwischen den Unzuträglichkeiten, die mein Schweigen für mein persönliches Interesse zur Folge hat, und denen, tue öffentliche Auseinandersetzungen augenblicklich für den Staat haben könnten, zögere ich keinen Augenblick mit meiner Entscheidung. Nach zwanzig Jahren eifrigen Dienstes für die Republik und die Demo kratie werde ich keinesfalls jetzt meine Ergebenheit für meine Ideen und mein Land einem egoistischen Bedenken opfern. Ich weiß, an wen ich diese Zeilen richte, und bin daher sicher, verstanden zu werden. Mehr als je schließe ich mich jetzt, nach Len vielen trau- rigen Erfahrungen und Enttäuschungen, an dir an, welche mir stets eine treue und selbstlose Freundschaft bewiesen haben; das will besagen, daß ich mehr denn je mit meinem ganzen Herzen unter Ihnen bin." . , , „ ^ Dieses Schreiben zeugt wieder von dem vornehmen, selbst losen und großberzigen Charakter Casimir-Perier's. aber auch dafür, daß er Frankreich „noch viel zu sagen hat" und daß er in weiser Zurückhaltung wartet, bis seine Zeit gekom men ist. ES wurde gemeldet, daß der Führer der italienischen Rechten, Rudini, nachdem er ursprünglich mit den Ultra- radicalen den Sturm gegen CriSpi ru unternehmen vergeblich versucht, nunmehr den Klerikalen seine Anerbietungen gemacht bat. Diese Mittbeilung erbält nunmehr ihre Be stätigung in dem von einem Mailänder Blatte veröffent lichten Berichte über eine Unterredung, die Rudini jüngst mit einem Mitarbeiter dieses Blattes hatte. Daß die römische Curie für die politischen Wahlen die bisherige Losung ausgeben tönnte, wonach die Klerikalen sich weder activ noch passiv an den Deputirtenwahlen betheiligen dürfen, hält der frühere Conseilpräsivcnt für wenig wahrscheinlich. Dagegen erachtet er selbst einen Kampf mit ker katholischen Kirche für undenkbar, während er ein Concordat nach dem Muster des französischen oder deS österreichischen als sein Ideal bezeichnet. Freilich ver hehlt er sich nicht, daß die römische Curie dazu wenig ge neigt sei, da daS Papsttbum auf Rom nicht Verzicht leisten wolle. So entscheidet sich denn Rudini, offenbar um die schwankenden krypto-klerikalen Elemente für sich zu gewinnen, für den dritten Weg, denjenigen der Freiheit. Diesen will er, falls er wieder zur Regierung gelangen sollte, einschlagen, indem er sich jeder Einmischung in Gewissensfragen enthalte und den mit der Unterdrückung der Klöster begangenen Fehler wieder gut mache. Daß die gesammte liberale Presse Italiens die von Rudini kundgegebene Auffassung bereits mit aller Ent schiedenbeit befehdet, kann nicht überraschen. Diese Blätter heben sämmtlich hervor, das; eS dem früheren Conseilpräsidenten nur um die Wiedererlangung der politischen Macht zu thun sei. Bezeichnend ist auch die Taktik, die ein anderer früherer Con- seilpräsibcnt, Giolitti, gegenüber Crispi befolgt. Während ihm doch damit gedient sein müßte, vor Gericht zu erhärten, daß die von ihm erhobenen Anschuldigungen begründet seien, verschanzt er sich hinter formelle Einwendungen. Ließ die eilige Flucht Gwlitti'S nach Deutschland im December v. I. bereits darauf schließen, wie schlecht cs um seine Sache siebt, so entzieht er sich auch lninmebr, nachdem er, der Noth ge horchend, nach Italien zurückgekehrt ist, der Verantwortlichkeit für sein ebenso wenig loyales wie eines Staatsmannes un würdiges Verhalten. Besser freilich wäre es gewesen, man bäkte sich vor 3—4 Monaten schon zur Vernehmung Giolitti's entschloffen, dann hätte der Skandal des „Meo", deS samosen ActenbündelS mit all' seinen Folgen nicht stattsinden können. Deutsches Reich. ^ Berlin, 5. März. Von einem erprobten Marinc- Sachveiständigen wird nus geschrieben: „So erfreulich die Bewilligung der vier geforderten Kreuzer ist, so bedauerlich erscheint die nun zum vierten Male erfolgte Ablehnung der ersten Bauratc für ein großes Tief-Dock in Kiel. Wegen ibrer Größe sind 15 unserer Schiffe auf das einzige — weil größte — Dock Nr. 1 dortselbst angewiesen; 13 von ihnen können aber auch nur bei eigenem normalen Tiefgang und bei mittlerem Wasserstande im Kieler Hafen in dieses einlaufen. Sobald daS Wasser in der Kieler Föhrde um einen halben Meter fällt — und das kommt allmonatlich mehrmals bei einer bestimmten Windrichtung vor — oder wenn die letzt erwähnten Sckiffe in Folge eines Unfalles im Frieden, bczw. in Folge eines Kampfes im Kriege so schwer beschädigt sind, daß sie durch Wasiereinbruch und undicht gewordene Verbände und beständiges Wafferziehen um ebensoviel mehr tauchen, als ge wöhnlich, kann auch dies Dock sie nicht mehr ausnehmcn l Trifft also unter solchen Umständen ein bis dahin durch angestrengteste Thätigkeit der Pumpen und alle anderen geeignete Maßregeln mühsam über Wasser gehaltenes Schiff im dortigen Hafen ein, so kann es doch noch wegsinken, wenn keine zu seiner Aufnahme und Rettung fähige Docks vorhanden sind. Ist eine Reparatur vorzunehmen, bei welcher die Schrauben wellen heraus müssen, so genügt der Aufnahmeraum unseres bisherigen größten Docks für die sechs größten Schiffe der deutschen Flotte auch nicht, und bis die io 60 53 4.50 r.ro 22 LO -ikv, oox us». PS-. Feuilleton. Ein Lecher Lethe. 18j Roman von R. Teilet. Nachdruck verboten. (Fortsetzung.) Offenbar hatte sie keine Ahnung von der Scheidewand, die Ethelren und mich jetzt trennte, sonst hätte sie ja gewußt, daß ihre Warnung unnöthig sei. Ich konnte ihr nicht davon sprechen, damit nicht etwa Ethelren durch sie von der Sacke erfuhr. Doch schien es mir, als begänne ibr Vor- urtheil bereits dem Mitleide zu weichen, und deshalb sagte ich: „Um Ihnen zu beweisen, baß ich Ihre Absichten genügend würdige, will ich Sie bitten, mir während meiner Abwesen heit einen Dienst zu erweisen." „Ihrer Abwesenheit? Sie geben fort?" rief sie. „Ja, ick verreise, und zwar sehr bald." „Aber Sie kehren wieder, nicht wahr?" „Ich hoffe eS." „Und worin besteht der Dienst?" fragte sie ruhiger. „Daß Sie sich Miß Stuart'S ein wenig annehmen. Sie steht so allein da." Der verlangte Dienst schien nicht ganz der Art, wie Therese ihn erwartet hatte. Sie schwieg eine Weile. Dann sagtest: „Miß Stuart zieht von unS fort." „Sie bleibt jedoch in Grenzstadt." „Ich glaube, sie verläßt unfern Ort, um eine Stelle als Gouvernante anzunehmen, obgleich es mir unfaßbar ist, wie sie mit ibrer Krankheit eine solche ausfüllen konnte. DaS arme Geschöpf!" „Sie beabsichtigt, Privatstunden zu geben, und ich hoffte, Sie könnten ihr einige Schüler besorgen und ihr vielleicht auch in anderer Weise behilflich sein. Sie wird sich sehr verlassen fühlen." Wieder schwieg Therese eine Weile. Dann lächelte sie süß und sagte: „Ich mußte in der That ein Herz von Stein haben, wenn ich einem so freudlosen, unglücklichen Wesen nicht nach Kräften beistände." »Ich danke Ihnen sehr", erwiderte ich. „Ich wußte es, Sie würden mime Bitte erfüllen." Das Wort „unglücklich" gefiel mir nicht sonderlich, aber ich beschloß, diese Bezeichnung Therese'S stillschweigend zu übergeben. „Darf ich fragen, wohin Sie reisen, Mr. Lindley?" „Nach England — in einer dringenden Angelegenheit." „Sol Und wann können wir hoffen, Sie wieder hier zu seben?" „DaS ist noch unbestimmt. Es können Wochen, aber auch Monate vergeben, bis ich zurückkomme." „Wie glücklich sind Sie, daß Sie zu jeder Zeit diesem kleinlichen Orte den Rücken kehren können!" „Ich habe mich hier ganz behaglich gefühlt." „Sie besitzen Alles", fuhr sie, ohne meinen Einwand zu beachten, fort, „Stellung, Geld, Talent. Sie müssen eine große Rolle in der Welt spielen und nichts zwischen sich und Ihren Ehrgeiz treten lasten. O, wäre ich ein Mann und könnte mir meinen eigenen Weg wählen, statt hier in Un- thäligkeit und Einförmigkeit meine Tage zu verbringen!" Ich sah sie, vom Mitleid bewegt, an. Sie glich einer Königin und hätte jeden Platz, auf den das Schicksal sie stellte, geschmückt. Und was war sie? Die arme Nichte einer armseligen Baronin, die kaum im Stande war, die Miethe für ihre einfache Wohnung zu erschwingen. Es berührte mich sehr schmerzlich, so viel Schönheit und Anmuth unbeachtet verblühen zu sehen. Ich sprach ein paar theilnehmende, respektvolle Worte, dann trennten wir uns. Die Trennung ging mir aufrichtig nabe, und eS schien mir, nachdem Therese fort war, als strahle die Sonne nicht mehr mit demselben Glanze wie vorher. 21. Eapitel. ^ Den Rest des TageS und den größten Tbeil de- nächsten Tages brachte ich mit Reisevorbereitungen zu. Als ich nach Hause zurückkehrte, war mein Erstes, Frau Dahlweiner zu einer Conferrnz in Betreff Ethelren'« Wohnung zu mir zu entbieten. Die Sache machte keine Schwierigkeiten. Ihre Schwester batte Zimmer — hübsche Zimmer — frei, die jedem meiner Freunde zu Dienste standen. „Sie sind für eine junge Dame meiner Bekanntschaft", sagte ich. . . Da schüttelte Frau Dahlweiner bedächtig ibr Haupt. Es vereinigte sich nicht mit ihren Ansichten von Schicklichkeit, daß rin junger Mann für eine junge Dame eine Wohnung mietben sollte. „Sie sind für Miß Stuart", setzte ich hinzu, „dir äugen blicklich bei der Baronin Felsenburg wohnt. Sie erinnern sich Miß Stuart'S, nicht wahr?" Frau Dahlweiner erinnerte sich ibrer sehr gut. Die selt same BeerdigungSgeschickte war in Grenzstadt Tagesgespräch gewesen, und durch meinen Antheil an der Errettung des Mäd chens war ick in Frau Dahlweiner'S Gunst noch höher ge stiegen, als ich früher darin gewesen war. „Das arme Mädchen", sagte ich, „darf nicht länger von der Güte der Baronin abhängen. Sie will sich eine eigene Existenz schaffen." „Wodurch?" fragte die Frau Secretärin. „Durch englische Stunden." Da« schien der Frau einzulruchtrn, wenigstens gab sie ihren Bedenken keinen Ausdruck. «Dann wird sie wobl annonciren", sagte sie: „Eine junge Engländerin, die vor Kurzem auferstanden ist, ertheilt Unter richt im Englischen." Frau Dahlweiner meinte eS mit dieser lächerlichen Annonce ganz ernst. Ich erwiderte: „Sie meinen: Im engel-ischen? Das ist wohl die Sache der Auferstandenrn?" fragte ich lachend. Dieser mittelmäßige Witz amüsirte Frau Dablweiner so sehr, daß sie lachte, bis ibr die Tbränen tiefen. Auch nannte sie muh einmal überS andere einen „kleinen Schelm". „Sie werven eS begreiflich finden", bemerkte ich dann, O ""ü Allem, was geschehen ist, großes Interesse an Miß Stuart nehme." Frau Dahlweiner fand eS sehr begreiflich. „Ich habe ihr die Zimmer bei Ihrer Schwester al« Wohnung empfohlen", fuhr ich fort. Dafür war mir Frau Dahlweiner natürlich sehr dankbar. „Ich selber", sagte ich, „verlasse jetzt Grenzstadt." ... "Sie reisen fortA Frau Dahlweiner schlug erschreckt die Lande zusammen. „Nem das ,st nicht möglich! Nicht wahr Sie scherzen wieder, tv,e so oft?" ^ «vayr, „Diesmal bin ich sehr ernst", bemerkte ick Ich t.,äubt durt di- Nach. was nur aufrichtig an ihr gefiel. ^ ^ „Ich wünsche", sagte ich, „daß Sie und Ihre Schwester ich während meiner Abwesenheit Miß Stuart'S recht liebevoll annebmen. Sie hat sehr wenig Bekannte. Ick weiß, daß sie Ihnen sehr gut gefalle» wird, sie ist ein liebenswürdiges, gutes Mädchen." Frau Dablweiner versicherte mir, daß sie Ethelren jede Zrenndlichkeit und Aufmerksamkeit zu Theil werden lassen wolle, die ich verlangte. Dann sprachen wir noch über die Zimmer — ich wünschte sie besten ru mietben — und über den Preis derselben. Ethelren sollte nur von einem kleinen Theile der Miethe hören, alles klebrige wollte ich bezablen. In diesem Arrangement fand Frau Dahlweiner nichts Böses, um so weniger, als ja Ethelren keine Ahnung davon haben durfte. Nun war mein Bestreben darauf gerichtet, mich in meinen Bekanntenkreisen um Schüler für Ethelren zu bemühen. Nack dem ich das gctban und mit meinen Reisevorbereitungcn fertig war, erstaunte ich im Rückblick auf die Ereignisse der letzten Tage darüber, welche geistige Elasticität ich gezeigt hatte, so lange eS sich darum handelte, etwas für E'helren zu thun. Ich war im Stande gewesen, lächelnd und heiter umherzu -eben, weil ich instinctiv fühlte, daß eS nicht zu Etbelren s bestem gewesen wäre, wenn ich meinen Schmerz um die Trennung von ibr zu offen zur Schau getragen und dadurch den Menschen Anlaß gegeben hätte zu richtigen und un richtigen Schlüssen. Aber nachdem ich Alles, was ich tbun konnte, für sie ge ordnet batte, war ich nicht mehr fähig, ein Gefühl tiefer Niedergeschlagenheit zu unterdrücken. Die Zukunft sab doch sehr düster auS. Ich hatte mein Herz so fest an Ethelren gehängt, daß ich mir klar sagte: wenn es wirklich wahr war, daß sie einem Anderen gehörte und nie mein sein konnte, so batte das Leben fortan nicht den geringsten Reiz mehr für mich. Und sollte meine Liebe wirklich fruchtlos, aussichtslos sein? Augenblicklich sah eS schlimm um meine Hoffnungen auS, und ab und zu kamen Momente, in denen ich nabe daran war, zu verzweifeln. Aber so lange man lebt, hofft man- daher kämpfte ich, so aut es anging, gegen die düsteren Prophe zeiungen meines Herzens an. In dieser Stimmung begab ich mich zu Vr. Falck, dem mein letzter Besuch in Grenzstadt galt. „Nun", fragte ich, nachdem ich in sein gelehrtes Allerheilig- st»S gedrungen war, „haben Sie Erfolg gebabk?" Obgleich ich die Frag« stellt«, hielt ich sie für übirflüsfiß.
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