Suche löschen...
Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.05.1895
- Erscheinungsdatum
- 1895-05-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189505137
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18950513
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18950513
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-05
- Tag1895-05-13
- Monat1895-05
- Jahr1895
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.05.1895
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Bezugs-Preis kn der Huuptcxpedition oder den im Stadt bezirk und den Vororten errichteten Aus- aabestellen ad geholt: diertel>ähr>ich^!4.'>0. bei zweimaliger täglicher Zustellung m» Haus ^ L.üO. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteljährlich 6.—. Directe tägliche Kreuzbandsendung in< Ausland: monatlich 7.ÜO. Die Morgen-Ausgabe erscheint täglich mit Aus nahme »ach Sonn- und Festtagen '/,7 Uhr, dir Abend-Ausgabe Wochentags 5 Uhr. Ne-action unL Erpe-ition: JohanncSgaffe 8. Dir Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bl» Abend» 7 Uhr. Filialen: vtt< Klemm» Sorttm. (Alfred Hahn)» Universitätsstrahe 1, LaniS Lösche, Aatharinrnstr. 14, part. und Königsplatz 7. ttpMcrTagMall Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- «nd Geschäftsverkehr. Anzeigen-Preis die 6 gespaltene Petitzeile ^0 Pfg. Nrclamen unter dem Redactionsstrich (4gv- spalten) üO^, vor den Famtlienuachrichten ltz gespalten) 40^. Größere Schriften laut unserem Preis- Verzeichnis Tabellarischer und Ziffernfatz nach höherem Tarif. -ptra ^Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung ^ll 60.—, mit Postbeförderung -4> 70.—. Annahmeschluß für Anzeige«: (nur Wochentags) Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Marge n-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 235. Montag den 13. Mai 1895. 8S. IahrganK Politische Tagesschau. * Leipzig, 13. Mai. Das Tcheitern der Umsturzvorlage wird von der demo kratischen und der socialdemokratischen Presse be greiflicher Weise mit stürmischem Jubel begrüßt. Die „Franks. Ztg" versteigt sich in einem das große Ereigniß feiernden Artikel sogar zu dem Rufe: „Wahrlich, keine schönere und würdigere Jubiläumsfeier der blutigenTage des Jahres 1870 hätte sich das deutsche Volk ersinnen können, als die Abwehr des Knebel gesetzes!" Wir wünschen dem Organe der süddeutschen Demokratie und seinen Gesinnungsgenossen aufrichtig, daß dieser „Jubiläumsfeier" nicht eine Thal folgt, die auf eine Aufreizung zurückzuführen ist, gegen die infolge des Scheiterns der Vorlage die Gerichte nicht einzuschreiten vermögen. Sollte eine solche That erfolgen, so würde der demo kratische Jubel jählings in das Gegentbeil Umschlagen und die Socialdemokratie würde mit Schrecken erkennen, daß die Frist, die sie für ihre Hetzereien durch dieses Scheitern gewonnen, nur dazu gedient hat, die Zeit reif für noch energischere Maßregeln zur Unterdrückung der Umsturz- bewegung zu machen. Am schlimmsten aber würde es in einem solchen nicht zu hoffenden Falle dem Cent rum ergehe», dem die Hauptschuld an der völligen Resultatlosigkeit der langen Verhandlungen zuzuschreiben ist. Der Verlauf der Sonnabendsitzung des Reichstags hat dies unwiderleglich dargethan. Mit schweren Herzen hatten die beiden conser- vativen Fraktionen und die Rationalliberalen sich entschlossen, um wenigstens der Unterwühlung des Heeres einen Damm entgegenzusetzen, für die von dem Centrum beantragten Abänderungsanträge zu tz. 112 zu stimmen, von denen man annahm, daß am Ende auch die verbündeten Regierungen sich mit ihnen begnügen würden. Aber in Regierungskreisen hatte man sich inzwischen überzeugt, daß auch die ab gestumpfte und zugleich mit bedenklicken Anhängseln ver sehene Waffe gegen die Unterwühlung des Heeres nur dann zu erlangen sei, wenn dem Centrum als Gegengabe Waffen zur Bekämpfung aller antiultramontanen Bestrebungen geliefert würden und besonders der Kanzelparaaraph preisgegeben würde. Um diesen Preis war selbst dem preußischen Kriegßminister der vom Centrum ab gestumpfte tz. 112 zu theuer; sein energisches Eintreten für die ursprüngliche Fassung dieses Paragraphen machte dem ganzen Streit, dem ganzen Plane des CentrumS, die durch die Umsturzbewegung geschaffene Nothlage des Staates zu einem ultramontanen Eroberungsfeldzuge auszunutzen, ein Ende. Diesem Plane und seinen Urhebern fiel der schwerste Theil der Verantwortung für das Scheitern des Gesetz entwurfs und für die Folgen dieses Scheiterns zu. Zu solcher Gewissensbelastung gesellte sich zugleich eine Riederlage für das Centrum, die eS sicherlich nicht für möglich gehalten hatte. Gerade auf den Wunsch der verbündeten Regierungen, wenigstens die „Militair- paragraphen" zu retten und wenigstens eine stumpfe Waffe gegen die Unterwühlung des Heeres zu erhalten, hatte das Centrum seine Hoffnungen gebaut. Aber gerade bei dem wichtigsten dieser Paragraphen mußte es diese Hoffnungen zerschellen sehen. Und nun folgte eine Demüthigung nach der andern. Als es nochnials mit Anträgen gegen das Duell kam, beantworteten Freisinn und Socialdemokratie mit ab weisendem Gelächter die Aufforderung, dafür zu votiren, und ebenso wurde es bei der Abstimmung über die beantragte Aufhebung des Kanzelparagrapben allein gelassen, obgleich diese den Principien der Socialdemokratie doch entsprechen würde.^ Man hatte offenbar auf allen Seiten den Wunsch, daS Centrum recht deutlich darüber zu belehren, waS aus der „führenden Stellung" der „stärksten Partei" bei dem ersten Versuche, sie geltend zu machen, geworden. Käme zu der Niederlage noch eine jener Tbaten, deren Verhütung der Zweck der Vorlage war, so würden selbst den blindesten Anhängern der Herren Lieber und Gröber die Augen darüber aufgchen, wohin die Führer die „stärkste Partei" im Reiche gebracht haben. Ob freilich diese Führer so hartnäckig auf ihre Forderungen sich versteift hätten, wenn die am Sonnabend abgegebene Erklärung des preußischen Kriegsministers früher in unzweideutiger Form abgegeben worden wäre, muß bezweifelt werden. Die Erklärung über raschte nicht nur das Centrum, sondern auch die mit der Grundtendenz der Vorlage übereinstimmenden Parteien, die wiederholt auf das Dringendste von den Regierungsvertretern eine klare Stellungnahme zu ven Centrumsanträgen aufgefordert, aber nichts Anderes erlangt hatten als Schweigen, halb- officiöse Vorwürfe und Verbeugungen der Herren am Bundes rathstische vor dem hochmögenden Centrum. Hoffentlich zeigt der Erfolg dieser Taktik besonders denjenigen Mitgliedern deS preußischen Ministeriums, die so gern dem Centrum sehr weit entgegengekommen wären, um eine conser- vativ-klerikale Aera zu beginnen, wohin solche Halbheit und solches Liebäugeln mit einer Partei führt, die seit ihrem Be stehen nie einen andern Zweck als die Beugung des Staates unter ihre Machtgelüste verfolgt hat. Hat das Scheitern der Umsturzvorlage wenigstens diese Folge, und wagt es die Regierung, mit den wirklich staatserhaltenden Parteien wieder die Fühlung zu suchen, welche die unerläßliche Vorbedingung jeder gedeihlichen legislativen Thätigkeit ist, so eröffnet sich wenigstens eine befriedigende Aussicht auf eine Zukunft, in der aus Neuwahlen ein minder unglücklich zusammengesetzter Reichstag hervorgegangen sein wird. Berichten aus Stuttgart zufolge ist die dortige Social demokratie in eine Berruss-Actton eingetreten, die besonderes Interesse beansprucht. Eine Sängergesellschaft hatte vor fünf Jahren ihren von den Socialdemokraten zur Abhaltung einer Versammlung gemünschten Festsaal verweigert und war dafür einem unschädlichen Boykott verfallen. Jetzt, nach dem für sie günstigen Ausfall der Stuttgarter Landtagswahlen, droht die Socialdemokratie, den Boykott auf die Brauer aus zudehnen, die für die Restaurations- und Festräume der Gesellschaft Bier liefern, und eine Brauerei bat sich bereits gefügt. Dieser Vorgang könnte vor Allem Denjenigen zur Lehre dienen, die socialdeniokratische Wahlsiege als eine quuntits uogUxoabltz betrachten und unter Umständen fördern. Es unter liegt keinem Zweifel, daß die Socialdemokratie zu der Heraus forderung des Bürgerthums der württembergischen Hauptstadt nur durch ihren Wahlerfolg ermuthigt worden ist, und ebenso sicher ist, daß solche Verrufsunternehmungen, wenn sie auch nur halb gelingen, die Vorstellung von der Macht der revo- lutionairen Partei und damit deren Anziebungskraft erhöhen. Der in Stuttgart angedrohte Boycott geht weil über den Berliner Bierverruf hinaus, indem er sich in das Verhältniß zwischen den Brauereien und Dritten einmischt, während in Berlin immerhin eine directe Auseinandersetzung zwischen der Socialdemokratie, die im Interesse ihrer Maifeier ver ging, und den Brauereien stattgefunden hat. Die Herren be gnügeii sich nicht mehr damit, Geschäften ihre Kundschaft zu ent ziehen, sie gehen dazu über, bürgerlichen GewerbtreibenLen vorzuschreiben, wem Waare geliefert werden darf und wem nicht. Wenn diesem übermüthigen Versuche, den socialdemokrati schen Terrorismus zum Herrn des geschäftlichen Lebens zu erheben, nicht mit raschem und vollem Erfolg begegnet werden kann, dann ist kein Ort und kein Geschäftszweig mehr vor der Dictatur sicher, und deshalb bildet das Bürgertbum Stutt garts in der That zur Zeit die Vorhut des gesammtea »,u»ch-- ^ ^ThÄÄ'-' mS ÄU-, d-ß -u» d>-b,i die Nachfrage weit übersteigen soll. Gestern erstattete der ungarische M'Nisterpras^dent Baron Ban ffy dem Kaiser Franz Joseph m m wM°gten Audienz Bericht Uber d.e po .lisch- ^ D<r Kaiser behielt sich, wie unS ü-meld-t w rd^ vor und die Beantwortung der Interpellation Heuys ungarischen Abgeordnetenhaus-, welchebekannilich ^ St^ b -m- -----L ..m Würde des ungarischen Staates verbleiben, erfahrt deshalb emen Ausschub. D ' daß Baron Banffy vom Kaiser durch die Verleihung e.neö hoben Ordens ausgezeichnet und entschädigt Word n e>, bestätigt sich nicht, ebenso verlautet noch nBIS über ein bereits erfolgte Besckwerdcführung de, der Cune, aus welche das ungarische Ministerium neuerdings beim Minister des Auswärtigen energisch gedrungen hat Dagegen lpielen sich unterdessen in Wien Dinge ab. welche daS Gesubl er wecken müssen, die Gegner Banffy's und der Politik liberalen ungarischen CabinetS seien noch mehr in ^>en s s als in Rom zu suchen. Monsignore Agliardi. dessen Ab berufung nach der Note deS Grafen Kalnoky batte erwartet werden müssen, befindet sich nickt blos noch ,m PalaiS der Nuntiatur, er ist der gefeierte Held des Tages, der Gegen- stand demonstrativer Ovationen und Auszeichnungen. Auf dem in der Nuntiatur zum Zwecke der Sympathie- kundgebunz für ihn aufgelegten Bogen fmden nH- ww schon kurz mitgetheilt wurde, die Namen der ersten und einflußreichsten Personen. Die Gemahlin deS Justiz ministers, die Fürsten Windischgratz, welche den Namen des Ministerpräsidenten tragen, haben sich dort eingezeichnet, als sollte damit demonstrirt werden, daß nur das Amt die Mitglieder der österreichischen Regierung davon abhalte, sich selbst an die Seite des Nuntius zu stellen. Der Innsbrucker katholisch-politische Verein hat ein Telegramm an Monsignore Agliardi gerichtet, in welchem die im ungarischen Reichs tage gemachten Mittheilungen als eine dem NuntiuS officiell angethane empörende Beleidigung bezeichnet werden, und ob gleich dies sich ebenso gegen den Minister des Aeußern wie gegen den ungarischen Minister-Präsidenten kehrt, und obgleich in Oesterreich schon wegen viel geringfügigerer Demonstrationen Vereine aufgelöst worden sind, hat man nicht gehört, daß gegen die Urheber dieser Depesche behördlich eingeschritten worden Ware. Gewiß besitzen die Personen, welche dem Nuntius ihre Sympathien so demonstrativ bezeigen, daS Recht der freien Meinungsäußerung, aber das Ministerium hat die moralische Verpflichtung, wenigstens solche Personen von derartigen Demonstrationen abzuhalten, welche seinen eigenen Mitgliedern nahe stehen. Unter diesen Umständen braucht man sich nicht zu wundern, wenn der „Kreuz-Zeitung" aus Wien ge schrieben wird, wie aus völlig zuverlässiger Quelle versichert werden könne, werde Nuntius Agliardi aus seinem Posten unbedingt auSharren. Sollte wirklich seine Abberufunc mit der in der ungarischen „Judenpresse" so heftig verlangten „diplomatischen Demarche" beim päpstlichen Stuhle erzwungen werden, so würde Monsignore Agliardi sofort die Cardi- nalswürde verliehen und die Wiener päpstliche Nun tiatur unbesetzt bleiben, nachdem sich herausgestellt habe, daß Agliardi in vollster Uebereinstimmung mit dem Staatskanzler - Cardinal Rampolla und dem Papst selbst alle in jüngster Zeit unternommenen Schritte gethan )abe. Letzteres wird nun von anderer Seite als irrig be zeichnet, ja geradezu daS Gegentheil behauptet, nämlich daß Agliardi auf eigene Faust gehandelt und sich dabei sehr ungeschickt benommen habe. Die Wahrheit dürfte in der Mitte liegen und Agliardi nicht ohne allgemeines Regulativ seine Reise durch Ungarn unternommen, dabei aber im Einzelnen ich weniger diplomatisch verhalten zu haben, als man eS im Zatican wünschen mußte. Daher bleibt der Curie immer noch der Ausweg, den Nuntius fallen zu lassen, wenn Kaiser Franz Josef sich von der Wiener Hofcamarilla nicht beein flussen läßt. In Belgien ist eine neue Schutzzoll-Aera in Sicht. Man wird in den industriellen Kreisen Deutschlands wohl thun, die in der belgischen Kammer zur DiScussion stehenden Schutzzölle schon heute als angenommen anzusehen und sich hiernach einzurichten. Am 1. Juli treten sie spätestens in Kraft. Die Kammergruppen der industriellen und land- wirthschaftlichen Schutzzöllner haben sich geeinigt und gehen mit der Regierung Arm in Arm. Ja, eS ist bereits so weit gekommen, daß die bisber am entschiedensten freihändlerisch zesinnten Anlwerpener Kreise, wie der Gemeinderath und die Handelskammer, einschwenken und für die Schutzzoll vorlage eintreten, um dagegen die Erweiterung der mari timen Anlagen und die Ermäßigung der Scheldeabgaben zu erlangen. So arbeiten alle Sonderinteressen zusammen, um der Schutzzollpolitik zum Siege zu verhelfen. Und daß diese Bestrebungen in der klerikalen Kammermehrheit vollste Zustimmung finden, bewies der Verlauf der letzten Kammersitzung auf Neue. Kammerpräsident Beernaert be kämpfte in glänzender Rede die Schutzzollvorlage und die für Belgien verderbliche Schutzzollpolitik, proteftirle auch scharf gegen den von dem Ausschüsse beantragten maßlosen Hafer zoll, 5 Francs pro 100 lcg, wodurch allein schon den Con- sumenten eine neue Steuer von 37yr Millionen Francs auf erlegt wird. Alle« war umsonst, denn die Mehrheit will auf alle Fälle diese Vorlage durchbringen. Der Anlwerpener Deputirte Coremans wies darauf hin, daß daS Ministerium den Hafer zollfrei belassen, daß aber der Ausschuß aus Schleich wegen den Zoll eingesührt habe. DaS Ministerium proteftirle, und die Schutzzöllner erklärten, die Annahme deS Antrages sei mit der Ablehnung der Vorlage gleichbedeutend; er wurde mit 60 gegen 41 Stimmen abgelehnt. Die am 2. d. M. erfolgte Erstürmung von Maro- voay auf MadagaScar durch die französischen Vortruppen ist für das ExpeditionScorpS von besonderer Bedeutung. Bisber waren die gelandeten Truppen gezwungen, in Maiunga an den sumpfigen Niederungen der Mündung des Betsiboka- Flusses zu lagern, was von nacktheiligen Folgen für deren Gesundheitszustand war. Die Besetzung von Marovoay bat dem Oberbefehlshaber des ExpeditionScorpS, General Duchesne, die Möglichkeit gegeben, die Truppen bis in jene bereits höher gelegenen Theile der Insel vorzuschieben und sie den Einwirkungen deS mörderischen Klimas zu entziehen. Die Franzosen beherrschen den Betfiboka-Fluß bereits aus nabezu 1000 Kilometer thalauswärtS, was ihnen ermöglichen wird, ihre für den Transportdienst bestimmte Flotille schon jetzt in Aktion treten zu lassen. Die Opera tionen selbst sollen erst gegen Ende des Monats Mai beginuen, da bis dabin sämmtliche Truppen und die ganze Ausrüstung des Expeditionskorps in Madagaskar eingetroffen sein werden. Als erstes Hinderniß für den Marsch auf Antananarivo stellt sich den Franzosen eine mächtige Basalt-Erhebung entgegen, die den Namen Kette von Ankarafantsila führt und wo die Howas gewiß Aufstellung nehmen werden. Die Umgehung FerrNletsi,. Die Erbin von Abbot-Eastle. 7s Original-Roman von F. Klinck-LütetSburg. Nachdruck verboten. (Fortsetzung.) Wie schnell war sie aus einem Traum erwacht, der sie wirklich beglückt hatte! Sie vermied gern jede Erinnerung an eine Vergangenheit, die des Grausigen zu viel für sie gehabt, aber heute drängte sie ihr sich gewaltsam auf. Sie mußte der Stunden gedenken, wo sie, vor Verzweiflung erstarrt, im Gefängnisse gewesen war, obwohl sie die feste Ueberzeugung gehegt, daß Alles sich klären und man sie in kurzer Zeit wieder auS einer grauenvollen Umgebung ent fernen werde. Den größten Schmerz hatte ibr damals der Gedanke an Edgar SaunderS bereitet. Wie unglücklich würde er sein! Aber wenn er kam, dann wollte sie ihn trösten und beruhigen, sie mußte ja wieder frei werden. Sie hatte ihren großmüthigen Vorsatz nicht zur Aus führung bringen können, denn er war weder gekommen, noch hatte er ihr auch nur eine Botschaft gesendet. Sie sah ihn zum ersten Male wieder vor Gericht, in dem Augenblick, als er dem Präsidenten jenen Brief übergeben hatte, der um Haares Breite ihre Verurteilung herbeigeführt haben würde, wenigstens furchtbar belastend sür sie gewesen war. Nicht mit einem einzigen Blick hatte Lord Edgar SaunderS die Angeklagte gestreift, Richter und Auditorium mochten sich davon überzeugen, daß er mit der Angeklagten nichts mehr zu thun hatte. Ihm war die Affaire selbstverständlich furchtbar peinlich, da die Gefahr, nach Lage der ganzen Sache, nicht ausgeschlossen war, daß man annehmen konnte, er babe sich nim Genossen einer Verbrecherin gemacht. Dem Himmel sei Dank, daß er durch den Brief davor bewahrt ge blieben war. Mary Cvnnor hatte niemals die Gründe erkannt, welche Edgard SaunderS bewogen, direct gegen sie Stellung zu nehmen. Seine Art und Weise ihr gegenüber hatte kaum noch dazu beitragen können ihr Unglück zu erhöben. Schmerz erstarrt! Das war das rechte Wort für den Zustand, in welchem sie sich befunden, und vollkommene Apathie allein hatte ihr möglich gemacht, da« Leben zu ertragen. Sie erinnerte sich nur, daß sie gedacht hatte, Edgar SaunderS sei einer treuen Liebe gar nicht Werth gewesen, und dann war ihr Manches klar geworden, was sie seither nicht be griffen. Mary Connor wußte auch, daß es Edgar nicht ernst mit seiner Absicht gewesen war, auf das Erbe des Oheims ihretwegen zu verzichten. Er hatte ihre Opfer freudigkeit gekannt und auf sie gerechnet. So hatte Will Gullham'S Mittheilung von Edgar's Ver lobung sie kaum befremden können, und wenn sie ihr einen Stich ins Her; gegeben, so hatte der rasch vorübergehende Schmerz doch nichts mit einer Liebe zu thun, die vollständig erstorben war — Verachtung batte sie getödtet. Zum ersten Male empfand sie ein Gefübl von Bitterkeit gegen ein grausames Schicksal, das sie verhängnißvolle Wege hatte geben lassen. Warum mußte sie Edgar Saunders begegnen? Wie ganz anders würde ihr Leben sich gestaltet haben, wenn ein Mann wie Harry Ruthbert ihren Weg gekreuzt hätte! Sie sah seine schöne männliche Erscheinung, deren vornehme Ruhe, gepaart mit liebenswürdiger Zuvorkommenheit, so an genehm wirkte, im Geiste vor sich, und warm wallte es in ihrem Herzen auf. Er würde nicht verdammt, sondern den Glauben festgehalten haben. Nun aber? — Thränen perlten über ihre Wangen. Der Gedanke an ihn batte sie unendlich beglückt. Er war so gut gegen sie gewesen, so freundlich. Seitdem MrS. Ethel Gray ihm gesagt, daß ihr seine Besuche nicht willkommen seien, war er nicht mehr gekommen, aber sie hatte ibn wiederholt vom Garten aus gesehen — sie fand vorläufig keine Erklärung dafür, WaS Lord Ruthbert so bäufig nach Violet-Valley führen könne, da weder dieser Theil der Waldung noch die den selben umgebenden Ländereien zu seiner Besitzung gehörten — einmal batte er ihr auch ein paar wundervolle Rosen gebracht, und vor wenigen Tagen schickte er ihr ein paar Bücher durch seinen Diener. DaS denselben beigesügte Billet sprach die Befürchtung au«, daß ihr Geist bei der alten Dame wenig geeignete Lectllre finden werde. Sie würde auch Harry Ruthbert Aufklärung geben müssen. DaS Blut strömte schneller durch ihre Adern, indem sie daran dachte, aber sie glaubte nicht mehr, durch irgend Etwa« in ibrem Entschlüsse wankend gemacht werden zu können. Sie wollte an Lord Rutbbert schreiben und seine Verzeihung dafür erbitten, daß sie ihn in einer thörichten Schwache getäuscht. Sie war überzeugt, daß er ihr vergeben werde und vielleicht würde er ihr sogar glauben, wenn sie ihm sagte, daß sie keine Schuld auf dem Gewissen habe. Während Mary Connor so in einem mutbigen Entschluß sich zu stärken bemüht war, kehrte Will Gullham durch den Wald nach der Bahnstation zurück, wo er auf unbestimmte Zeit Quartier genommen hatte, da er nicht im Entferntesten daran gedacht, daß er so schnell die sich selbst auferlegte Mission beendet haben würde. Auf einen solchen AuSgang der Angelegenheit war er am Welligsten vorbereitet gewesen. Er hatte sich auf einen barten Kampf gefaßt gemacht, so wehrlos er Mary Connor auch gehalten. Nach seiner Meinung würde sie dabei geblieben sein, baß sie Lilian Smith sei. Er hatte angenommen — wie eS seinem Charakter am nächsten lag — daß Mary sich die Umstände zu Nutze ge macht, und einen Betrug in Scene gesetzt, um ihren für alle Zeiten mit Schande bedeckten Namen mit einem fleckenlosen zu vertauschen. Will Gullham sah sich getäuscht. Es batte keinen Kampf gegeben. Wehrlos, wie sie war, ergab sie sich in da« ibr unvermeidlich Scheinende, sie kam ibm in Allem zuvor, sie wollte aus freiem Antriebe thun, was sie seiner Meinung nach um jeden Preis würde vermieden baden wollen und vermeiden mußte. Dadurch war sür ibn eine Gefahr herauf beschworen, größer als die, welche er durch Mary Connor'S Tod für immer beseitigt geglaubt. Sie war auch jetzt schutz- und hilflos. War sie es wirklich? Warum mußte er immer an Harry Ruthbert und die Worte denken, welche er in Bezug auf das unglückliche Mädchen ihm gegenüber geäußert? Während Will Gullham durch den Wald irrte, denn er war längst von dem rechten Wege abgekommen, in dem Be- mühen einer etwaigen Begegnung mit Lord Ruthbert aus dem Wege zu gehen wurde auch vorübergehend rin furcht- barer Gevanke in ,hm lebendig, den eine nicht zu über windende Anast ,hm -maeflößt. Mary Connor lebte all,n L ^ sie "°" d" Erde verschwand w.n° s>. ihr«, T°d Kalte Schweißtropfen waren vor seine Stirn getreten L n» "L )" N-chd-°'.n »Kn,:» So weit l-ibU zurÜckschaudernd, setzte er seinen Weg fort - * c * gekommen, so tief war er schon qe konnte' Ja lebendig werden der Fluch der bösen That, die ihn weiter trieb auf der betretenen Bahn. in der Nackt''Kleidern langte Will Gullham ^acht auf der Station an. Die Dornen der Brom- beerstaudrn hatten chm das Gesicht und Hände blutig ge kratzt. Er sah furchtbar aus, so daß der Wirth ihn Wohl mit besonderer Aufmerksamkeit betrachten mochte. Früh am folgenden Morgen reiste er ab, um in Indien ein Glück zu suchen, dem er bis zur Stunde vergebens nach gejagt war. Sechstes Capitel. MrS. Ethel Gray war ernstlich erkrankt, so ernstlich, daß der Arzt es geboten erachtete, ihre Söbne von ihrem Zustand in Kenntniß zu setzen. Nur MrS. Gray's hartnäckiger Weigerung, irgend Jemanden zu sehen, war eS zu danken, daß man einstweilen von einem Vorgehen Abstand nehme, um die Kranke nicht nutzlos zu beunruhigen. Mrs. Gray's Krankdeit binderte Mary Connor, ihren Vorsatz, der alten Dame die Wahrheit in Bezug auf ihre Person zu entdecken, zur Ausführung zu bringen, so sehr sie auch darnach verlangte, ihre, durch die Begegnung mit Will Gullham belastete Seele zu befreien. Der Gedanke an den Augenblick, in welchem er sie verlassen hatte, der glühende Haß, welcher ibr aus seinen Augen entgegenlruchtete, konnte ihr nicht eine Bürgschaft sein, daß sie durch ihn nichts zu befürchten haben werde, sie durfte vielmehr auf alles Andere gefaßt sein, vor allen Dingen auch daraus, daß er noch ein mal durch eine Anzeige sie in eine entsetzliche Lage bringen würde. Aber ein Tag verging nach dem anderen, und eS er- rignete sich nichts, daS Mary hätte beunruhigen können. Dennoch wollte der Druck nicht mehr von ibr weichen, und nur MrS. Gray'S Zustand, welcher die aufopferndste Pflege erforderte, und sie nicht Tag noch Nacht zur Ruhe kommen ließ, hinderte sie, sich beängstigenden Gedanken binzugeben. ES war eine schwere Aufgabe, welche Mary Connor durch die Pflege der alten, eigensinnigen und hartnäckigen Dame zu lösen hatte. Sie verlangte ununterbrochen nach ihrer Enkelin und duldete nicht, daß das junge Mädchen auch nur einen Augenblick von der Haushälterin oder der Magd abgelöst wurde. Schon machten die Folgen dieser aufreibenden Tbätigkeit und der schlaflosen Nächte in dem Aussehen Mary'S sich bemerkbar, und der Arzt forderte auf da- Entschiedenste, daß eine Diakonissin sich wenigsten- mit in der Kranken- psteae theile. Er batte MrS. Gray daraubezügliche Vorstellungen gemacht, aber dieselbe wollte von einer derartigen Veränderung nichts wissen. Sie begann zu weinen und zu jammern, daß man sie bezahlten Menschen anvertrauen wolle, die sich höchstens freuen würden, durch ihren baldigen Tod von einer Arbeit befreit zu
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite