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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.07.1895
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-07-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18950704026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895070402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895070402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-07
- Tag1895-07-04
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Juli enthüllt werden. Unter Anderen sind alle Reichstags-Abgeordneten zu der Feier eingeladen. Bet der persön lichen Beliebtheit und der allgemeinen Achtung, deren sich der verstorbene Cciitrumsführer auch bei den Gegnern erfreute, werden gewiß Biete dem Rufe folgen." Die tiefe Mißachtung, welche die Socialdemokratie der ultramontanen Propaganda, dem Lebenswerke Windthorst'S, in demonstrativer Weise bei jeder Gelegenheit zu erkennen giebt, beweist, daß die freudige Aufnahme, welche die Ein ladung beim „Vorwärts" findet, nicht auf die „persönliche Be liebtheit" und die „allgemeine Achtung", deren der verstorbene CentrumSsührer sich erfreute, sondern auf den Wunsch der socialdemokratischen Führer zurückzuführen ist, der Demon stration vom 23.März gegen eine Ehrung und Beglückwünschung deS Fürsten Bismarck eine andere folgen zu lassen, die jener ersten einen noch gehässigeren Charakter aufprägt. Die Herren Liebknecht und Singer werden es sich denn auch schwerlich nehmen lassen, in Meppen daS Wort zu ergreife» und die „heroor- ragenden Verdienste" der kleinen Excellenz in einer Weise zu feiern, die diese Ehrung als verstärkenden und verschärfenden Gegensatz zu der Versagung eines einfachen Glückwunsches für den achtzigjährigen Schmied der deutschen Kaiserkrone erscheinen läßt. Welcher Triumph für den Versender der Einladung, wenn die ganze Mehrheit deS Reichstags vom 23. März ihm nach Meppen folgt und wenn selbst die tirchenfeindliche Socialdemokratie mit Wort und Tbat beweist, daß sie gleich dem Centrum den todten Windthorst einer Ehrung für würdig erachtet, die dem lebenden Bismarck schnöde versagt wurde! Dieser Triumph geht wohl noch über die Erwartung deö Präsidenten des deutschen Reichstag- hinaus Dieser wird sich satteln wüsten, um mit seiner Red», die er zweifellos gleich seiner Einladung als „NeichStagSangelegen- beit" betrachtet, nicht hinter den socialdemokratischen Rednern zurückzubleiben, sondern noch klarer und schärfer als sie den Gedanken zum Ausdruck zu bringen, daß in Windthorst'S, nicht in Bismarck'« Lager die Mehrheit des deutschen Reichstags ist und nicht in BiSmarck's, sondern in Windthorst'S Fußstapfen dem Ende des Jahrhundert- glorreich entgegenschrritet. Da im preußischen Abgeordnetenhause die Ver handlung über die Interpellation Rintelen wegen de« Religionsunterrichts in den Volksschulen bevorsteht, so be reitet die „Köln. VolkSztg." die Welt auf da- Wesentliche von dem vor, was die Centrumspartei bei der Interpellation auf dem Herzen hat. Nachdem daS Blatt die Vermuthunx ausgesprochen, die Verhandlung der Interpellation sei sowoh dem Cultusminister als auch den Conservativen unangenehm, fährt e« fort: „Sie mögen aber bedenken, daß die Stellung des ReligionS- Unterrichts in der Volksschule für die preußischen Katholiken »ine Hauptsache ist. Nachdem der Staat das BolkSschulwejen nahezu ganz in seine Hände gebracht hat und einstweilen das TultuS- uiinisterium mit unbeschränkter Gewalt im einfachen Wege der Ministerialvrrordnungen auf diesem Gebiete wirlhschaftet, ist eS ein Bedürfniß ersten Range«, daß dir Ertheilung des katho- tischen Religionsunterrichte« absolut frei tu den Händen der Feuilleton kirche und unbeeinflußt von der staatlichen Gewalt sei und darin gesichert werde. Wir sprechen hier selbstredend nicht von den Aeußerlichketlrn, Bestimmung der Zeiten des Religionsunter richts u. s. w., bet denen eine Verständigung zwischen Staat und Kirche eintreten kann, sondern von dem Inhalt des Religions unterrichtes, der mit dem Glauben der katholischen Kirche sich decken und diesen Glauben, wenn auch nur in den Grundzügrn, so doch ln seiner gesammten Ausdehnung umfassen muß. Bon dieser Forderung werden die Katholiken niemals lassen, eben weil sie naturnothwcndig au« dem Begriff der katholischen Kirche sich er giebt. Welchen vernünftigen Grund der Staat hoben sollte, dieser Forderung zu widerstreben, ist unfaßbar." Diese Ausführungen zeigen deutlich, wohin der Schwer punkt in der Verhandlung fallen wird. Die staatlich« Aufsicht und Controle des Religionsunterrichts in der Volksschule ist es, woran auf jener Seite Anstoß genommen wird. Diese Aufsicht aber ist eine logische Folge deS Grundsatzes der Falk'schen Verordnung über den Religions unterricht in den öffentlichen Volksschulen vom 18. Februar 1876, daß der Religionsunterricht ebenso wie jeder andere Unterricht im Aufträge veS Staate« «rtheilt wird. Das Centrum kann sein Gelüste nicht zügeln, über diese rein theoretische Frage eine CulturkampfSdedatte vom Zaune zu brechen; denn obschon nicht die geringste Klage darüber laut geworden ist, daß irgendwo und irgendwelchen! Religionslehrer die Verkündigung der reinen Lehre verschränkt worden wäre, der Cultusminister auch bei der letzten Etatsdebatte noch kategorisch erklärt hat: „JnS Dogma mischen wir unS nicht ein", verlangt da« Centrum jetzt nicht nur den ausgesprochenen Verzicht auf jede Aussicht über den Religionsunterricht, sondern auch noch Garantien für die Zu kunst. ES wird sich in der Verhandlung der Sache »eigen müssen, ob die preußische Negierung gewillt und mächtig ge nug ist, nicht nur theoretisch die Autorität ihrer Gesetze und Verordnungen aufrecht zu erhalten, sondern auch, wenn er forderlich, von ihrem Rechte praktischen Gebrauch zu machen. Der beschlossenen Entsendung eines deutschen Geschwaders nach Marakka wird in London und Madrid das regste Interesse zugewendet. Man erkennt dort die Gerechtigkeit der Beweggründe, welche für das Vorgehen Deutschlands maßgebend sind, ja man erwägt bereits die Aussichten einer etwaigen combinirten Action der Mächte gegen daS überhandnehmrnde Piratenunwesen in den marokkanischen Gewässern. Letzterer Gedanke findet nament lich in England lebhafte Befürwortung. ES läge im eigen sten Interesse der marokkanischen Regierung, welche für allen von den Riffpiraten angerichteten Schaden pekuniär aufru- kommen hat, daß diesem Gesindel sein gemeingefährliches Handwerk gründlich gelegt würde. Mit einer bloßen Küsten- demonstration europäischer Geschwader komme man aber nicht eben weit, da die Piraten klug genug sind, sobald sie Gefahr wittern, sich in ihre GebirgSscklupfwinkrl zurück- »»ziehen, und selbst das eventuelle Bombardement ihrer arm seligen paar Küstendörfer ihiihn wenig oder gar nicht imponiren dürfte. Eine Expedition zu Lande würde daS einzige Mittel sein, dem Uebel der Piraterie gründlich und dauernd zu steuern, vorausgesetzt, daß sie bi» zur vollständigen Ver nichtung oder bedingungslosen Unterwerfung der Piraterei treibenden Stämme fortgesetzt würde. Der neue niederländische Wahlgesetzentwurf de« Ministers van Hauten ist endlich der Oeffentlichkeit über geben worden. Je nach dem Parteistandpunct ist der Empfang ein sehr verschiedener, wiewohl die Kritik, wie dieö der Natur der Sache nach auch nicht ander- sein kann, auf Einzelheiten bis jetzt noch nicht eingegangen ist, sondern sich lediglich um dir Frage dreht, inwieweit der Ent- . ^insickt I mit Beibehaltung eines conservativ-unionistischen Ministeriums Wurf vom Tauschen abweiche. ^etztgenannttr H , w als mit der Rückkehr zu einem liberal-radicalen, in darf behauptet werden, daß van Houlen ^ V st.nm^g A,lck,km der Liberalismus nur so nebenher figuriren würde, der Verfassung, nach welcher »ur dlu^übung de« W h »ewl Liberalen sollen sich für d,e Zukunft anfbewahren, des gewisse Kennzeichen des Wohlstandes und halb begnügen sie sich für den Augenblick mit der Rolle einer erforderlich sind, in engerm und btsHränkterm S e a s ^i,r>ea Oppositionspartei, die da« Gebahren des Radi- daß die ultramontane Deutsches Reich. * Berlin, 3. Juli. Wir haben bisher einer ganz einfäl tigen Mitthrilung, wonach von irgend einer Seite „diploma- „Tyd" den Entwurf sehr woyt-i^.^^^xvrnken" gegen die Erhebung von Schifffahrtö- wollend beurtbeilt^ daß sie aber dennoch Gebühren im Kaiser Wilhelm-Canal geäußert sein tiven" gegen die Wirkungen de« nahezu allgemeinen Stimm I Erwähnung gethan. Der Einspruch oder die recht« verlangt, und unter diesen C°r«ctwen stett eine« soliden sollte sich aus den Vertrag von Forderung des mehrfachen, vom Besitz abhängigen Wahlrechts I ^57 vie Aufhebung des SundzolleS stützen, worin ,ede und dir Einführung deS Wahlzwang« oben an. vkn tetzierec. . Erhebung von Abgaben für die Benutzung der natür- Hinsicht kann man, wenn man an d,r unausrottbare G«- Wasserstraßen (großer und kleiner Belt, Sund) wohnheit weiter bürgerlicher und liberaler Kreise, am Wahl I per Nord- und Ostsee untersagt wird. Der tage zu Hause zu bleiben, statt von seinem staatsbürgerlichen 1 zwischen der Erhebung solcher Abgaben aus Rechte Gebrauch zu machen, denkt, dem ultramoutanen Dlall internationalen Wasserstraßen, die that- sicher nicht Unrecht geben. ! sächlich Wegelagerei ist, und der Erhebung von Ab- —— I gaben für dir Herstellung und Unterhaltung künst- Die volitische Tbätiakeit de« neuen englischen Ministeriums Wasserstraßen seitens eine- Staate«, der eine bat nunmehr begonnen. Sie besteht in schleunigster Ab-1 solche auf seinem Gebiete gebaut hat, ,st so ein- wickeluna der noch restirenden parlamentarischen Geschäfte, ächtend, daß es überflüssig scheint, ,hn deS Näheren wobei d,e nunmehrige Opposition hilfreiche Hand leistet; und I darzulegen. Die natürliche Wasserstraße zwischen Nord- und wenn wa« al« wahrscheinlich gelten darf, die Aufarbeitung Ost,« mußte bisher von jedem Schiffe passirt werden, das de- restirenden Pensums bis Sonnabend gelingt, so > auS dem einen der beiden Meere in das andere wollte; den soll wie Balfour erklärte, an diesem Tatze die Vertagung Kaiser Wilhelm-Canal zu benutzen ist Niemand gezwungen, und am kommenden Montag die Auflösung de« Unter- ^ch künftig kann, wer den Weg um da« Skager Rak Hauses eintreten. Damit wäre denn daS vorläufige Facit I vorzieht, diesen nehmen. W,e d,e „Nat.-Z." hört, ist denn de« stattgrhablen Regierungswechsel« gezogen, und würde I an zuständiger Gelle nicht« davon bekannt, es von dem Ausfall der Neuwahlen abbangen, ob die Mehr-1 Einwendungen gegen dir Erhebung von Canalgrbühren heit der Wähler den EabinetSwechsel durch ihr Votum Nachtrag-1 laut geworden sind. sich billigt oder ob sie von Neuem ihr Heil mit dem liberal-1 » Berlin, 3. Juli. In der Wahl in Colbera-KöSlin radikalen Programm, wenn auch vielleicht n»cht unter ver 1 der konservative „Reichsbote" eine sehr ernste Aegide derselben Persönlichkeiten imMmisterium, versuchen will. I ^ die konservative Partei: Nack den Kundgebungen der Presse zu urtheilen, mußte man I „Schließlich sagen sich doch all« unzufrieden gemachten Volks- freilich die Rolle eines Ministerium« gleicher Art, wie da« I wenn st« erst zu der Meinung gebracht sind, daß die Schuld »urückgetretrne, al« bis auf Weitere« auSatspielt erachten, I den wirthschaftlichen Uebrlständen und deren Fortdauer bei der vielleicht weniger deshalb, weil sich in der Lhat eine Abkeör I Regierung liegt: wenn es sich darum handelt, die Opposition Tafeltuch zwischen sich und dem Ministerium Rosebery ,« so konservative Partei in der nächsten Zeit bei den Wahlen noch demonstrativer Weise zerschmtten, der gemäßigte LtberaliSmuS ^ Nackenschläge erleiden wird wie in Colberg-Köslin, immer Kraft und Festigkeit genug besitzen werde, dem vor-1 ^ wäre deshalb hoch an der Zeit, daß die konservative Partei drängenden Radikalismus erfolgreich Stand zu halten. -i^e > einsehen und danach handeln möchte. Wenn es so fort wachsende Zerfahrenheit im englischen Liberalismus, welche I^ht wie jetzt, dann geht alles aus dem Leim; die mit dem Einsickern radikaler und soclalbemokratischtr Tendenzen I Agitation »ersetzt alles, namentlich alle«, worauf die begonnen hat. läßt dem Liberalismus alten Schlage« nur noch conservative Partei gebaut ist. Und wenn die conservative den Sckatte» keiner früheren Bedeutung Mit der Hurück-1 Partei sich auf den Dettlauf in demagogischer Agitation mit den dln val .iscken G aebt der radikalen Parteien .inlassen wollte, so wäre sie erst recht verloren, sirhung Gladstone« von den p°I' '1chr" Geschäften ge°r°-r deshalb für di» konservativ« Partei schlimmer, als wenn Parte' nun auch der N.mbuS verloren, der sw noch d-sAgte, ^ ^ unerfüllbare Forderungen .inliebe. Da« kann nur mit dem RadicaltSmu« auf dem Fuße von Macht M Macht Patte«, der schließlich alle Mittel recht sind, die von der Agi- »u verhandeln. Lord Roseberh war bei aller persönlichen Be-1 ^on lebt und de-halb unerfüllbare Utopien al« Agitationsmittel nehtheit doch nicht der Mann, die von Gladstone htnterlassene > braucht. Die conservative Partei aber, wenn sie ihren Principien Lücke befriedigend auszufüllen. Der eigentliche Spiritus 1 treu bleiben will, kann das nicht. Möchte man das wohl bedenken, reetor de< verflossenen Regime« hieß nicht Rosrbery, sondern I ehr S zu spät ist." . „ ^ „ ... Harcourt, und Harcourt ist rin Radikaler. Ihm hat der I D,e extremen Agrarier bleiben indessen unbelehrbar. Die Liberalismus jetzt keine auch nur annähernd ebenbürtige Persön-l „Correspondenz des Bundes der Landwirtbr" erblickt ebenso lichkeit entgegenzustellen, und da die Dinge nun einmal so liegen,! wie da« Stöcker'sche „Volk" den Grund für die Wahlnieder hört man jenseits des EanalS vielfach von lieberalen Politikern I läge in dem Umstande, daß der conservative Candidat kein die Ansicht vertreten, den eigenen Parteiinteressen sei bester > Mann der „scharfen Tonart" war. Auch die „D. TageSztg." Haus Hardenberg. 241 Roman von Ernst von Waldow. Nachdruck vttdotea. (Fortsetzung.) ValeSka, die durch den Eintritt ihrer Stieftochter bei dem Geldzählen gestört worden war, hörte nicht auf Renate'« Geplauder, da sie jetzt von Neuem die Päckchen der Banknoten ordnete und Gold- und Silbergeld zu zählen begann. „Zwölfbundert Thaler — daS ist mehr, als ich gedacht. Was werde ich nur Onkel Dietrich kaufen? — schwierig zu wählen, denn um ihm Freude zu machen, müßte eS etwas sein, das er für Erbach verwenden könnte, zu landwirthschaft- lichen Zwecken. Und Siegfried? — Feine Cigarren, rieth mir Wolfgang, aber ich mochte lieber rin Geschenk wählen, daS bleibenden Werth hat — vielleicht einen hübschen Ring, aber e« müßte etwas Geschmackvolles sein." ValeSka war so in Anspruch genommen von der Sorge, passende Weihnachtsgeschenke zu fiuven, daß sie dem Thun ihrer Stieftochter keine Aufmerksamkeit geschenkt. Indessen hatte Renate mit seltener Schlauheit und Ge schicklichkeit den Deckel deS großen KastenS, der den Familien schmuck enthielt, geöffnet. Ihre gierig funkelnden Blicke musterten hastig den Inhalt. Sie hatte schnell ihre Wahl getroffen und griff nach einer großen Nadel, die einst als Brosche von den Ahnfraurn de« Hardenberg'schen Geschlechts getragen worden war. Hier bildete ein Brillant von seltener Reinheit und Größe in einem Kranz kleiner Steine das Mittelstück. Der Silber zirrrath war veraltet, aber die fünf birnenförmigen Perlen tropfen, welche davon herabhingrn, erschienen rein und makellos. DaS Schmuckstück verschwand in Renate'« Tasche und gleich darauf ward auch der Kasten geräuschlo« geschloffen. Als ValeSka sich erhob, um die Schatulle mit dem Geld« wieder einzuschließen, stand Renate vor dem Toilrttenspiegr und probirte die Ohrringe aus der Stiefmutter Brautschmuck. »Verzeihe, Mama, jetzt hake ich sie gleich au- und lege sie in ihr Ctui zurück. Aber sie gefielen mir fo gut, daß ich probiren wollte, wie sie mir ständen." „Die Deinigen sind aber viel kostbarer." „Aber altmodisch." „Ich habe mich eigentlich falsch auSgedrückt", fuhr ValeSka fort, „wenn ich sagte: die Deinigen — denn Gustchen hat ja den gleichen Antheil an dem Schmuck." Glühende Röthe färbt« Renate'S Wangen. Der Gedanke war ihr noch gar nicht gekommen. Wenn sie — wie sie gewollt und es abgemacht war zwischen ihr und dem Geliebten — den Schmuck mituahm, dann war sie ja eine Diebin! Ihre Finger zitterten, als sie die Ohrringe ihrer Stief mutter übergab, die jetzt vor dem Schrank stand. Blitzartig durchzuckte sie der Gedanke: noch kannst du zurück — noch ist eS Zeit zur Umkehr! Wenn sie unter einem Vorwände auch die kostbare Nadel in daS Etui zurücklegte und heute Abend Victor von ihrem Entschluß benachrichtigte, dann abnte Niemand von dem Flucht plan, dem Diebstahl — sie blieb geehrt und geliebt von den Ihrigen, von Verwandten und Freunden. Aber er, der Geliebte, war ihr verloren für immer, denn er würde sich im Zorn von der Wortbrüchigen wenden, Breslau verlassen und nie — nie wirderkrhrea. Nein, eher Alle» ertragen, als eine Trennung von ihm, lieber sterben, als sich eine« Tage« beim Erwachen sagen zu müssen: die Sonne wird auf- und aiedergeben, für Dich aber wird es immer Nacht bleiben, denn da« Licht Deine« Leben« ist erloschen. Renate richtete sich entschlossen auf und folgte ihrer Stief mutter in deren Wohngemach. E« währte nicht lange, da begann e« zu dämmern, dir Lampen wurden gebracht und Gustchen erschien in Begleitung der alten Friederike, um Renate in« Speiskrimmer abzuholen, denn die Mädchen pflegten dort ihren Nachmittagskaffee «in zunebmrn — da« Vesperbrot — wie e« genannt wurde. „Später werde ich meine Weihnachtsarbeiten vornehmen, ich bin noch sehr zurück", bemerkte Renate. Gustchen verzog den Mund: „Wie langweilig, Du hast mir doch versprochen, Domino mit mir zu spielen." „Dazu habe icb keine Zeit." „Ach, laß Deine Stickerei ruhen, fertig wirst Du doch nicht damit, wie gewöhnlich." „Gustchen!" ermahnte die Stiefmutter, „so spricht eme liebevoll« Schwester nicht." > „Wenn es aber die Wahrheit ist", bcharrte dl» Kleine, „.und Renate hat eS mir doch versprochen, ich langweile mich so." „Es ist wahr", mischte Friederike sich «in, „Gustchen ist zu viel allein, sie müßte mehr Unterhaltung haben, weil sie zu lebhaft und geistreich ist." Da« kleine Mädchen lächelte geschmeichelt. ValeSka hatte wieder Gelegenheit, zu beobachten, wie schädlich der Einfluß der alten Kinderfrau auf ihre Stief tochter war, doch stand eS leider nicht in ihrer Macht, das Kind demselben zu entziehen. Sie sagte nur freundlich zu letzterem gewendet: „Wenn Du recht aut und artig bist, dann komme ich später zu Euch und spiele Domino mit Dir, Renate mag daun immerhin da« Polster für Papa fertig sticken." „DaS ist schön von Dir, Mama, Du bist überhaupt gar nicht so schlimm, wie ich mir vorgestellt habe." ValeSka lachte und blickte Friederika an, die ein verlegenr« Gesicht machte und Auguste mit sich fortzog. Da« kleine Mädchen suchte etwa« darin, da« vnLvt tsrridls zu spielen, denn die meisten dieser offenherzigen Aeußerunaen entsprangen weit eher dem Wunsche, sich bemerkbar zu machen, als kindlicher Nawrtät. ^ ' , Die Mädchen entfernten sich und ValeSka empfand eS wie eine Erleichterung, daß sie allein bleiben durfte. , Sie machte sich sogar Vorwürfe darüber daß sie sich nicht mniger zu den Stieftöchtern hingezogen fühlte. Wenn auch Manche« ,n deren Wesen sie abstieß, so war da« zumeist aus Rechnung der verfehlten Erziehung zu setzen, und §°nn waren e« doch ,mmer Hardenberg'« Kinder und sie liebte den Gatten brrvhrtt ^ ^ zuweilen fremd und erkältend So war er zum Beispiel auch heute wieder zur Babn gefahren, ohne ,hr nochmals Lebewohl zu sagen. E« niocbte la snn daß wichtig- Zeschäfte ibn bi-^um Ltz.eu Auaünblick iurückgehalten hatten, aber eine freie Minute würde sich doch haben finden lassen, wenn er nur gewollt hätte. ^ Wie anders n>„ -« da im elterlichen Hause gewesen, und welche zarten Rücksichten hatte der Vater für die liebliche nervenleidende Gemahlin gehabt. Sie vor jede», rauhen Lebenssturme zu schützen. ,hr alle« Unangenehme fern zu halten war di« Aufgabe seines Dasein« gewesen. Die schön« Fraü Vlumen ebrn geführt und nicht« von Arbeit von strciigung für sie gewesen, sich mit ihrer Toilette z» (>< oder die Seidenfäden ihrer Stickerei durch den aneva« zu ziehen. Und dann war daS Unglück gekommen und diesmal ver mochte der Vater nicht mrhr die Täuschung aufrecht zu erhalten, die Gläubiger ließen der zarten, verwöhnten Frau gegenüber keine Schonung walten, und sie, jäh aus dem Glücks traume geweckt, ohne Widerstandskraft, ohne wahren Muth und Energie, erlag dem Schicksalsschlage. Klaglos, thränenlos welkte sie dahin, und just am Weih nachtsabend war eS, wo mau die schöne Leiche in der Ahnen gruft beisetzte, dem einzigen, unbestrittenen Besitztum der Erbach's auf Erbach, daS die Gläubiger ihnen nicht streitig machten. An alles diese- und noch vieles Traurige mußte die junge, einsame Frau denken; war eS doch natürlich, daß so „al>c vor dem Weihnachtsfeste die trüben Erinnerungen in ihr lebendig wurden. Endlich erhob sie sich und sah nach der Uhr. Schon Sechs — und sie hatte ja dem Kinde versprochen, Domino mit ihm zu spielen. Gustchen werde sie gewiß schon voll Ungeduld erwarten. Dies war in der That der Fall. DaS Mädchen saß allein und verdrossen am runden Tische des kleinen Speisezimmers und blätterte in einem Bilderbuche. Al« ValeSka eiutrat, erhob sie sich schnell und schlug das Buch zu. „Du kommst sehr spät, Mama." „So allein, Gustchen, wo ist denn Renate?' „Habe ich eS Dir nicht gesagt, daß die Stickerei bla em Vorwand war? Sie wollte nur nicht mit mir Domino spielen." „Aber warum denn nicht? Du bildest Dir da« ein." „O nein. Seit sie sechzehn Jahr geworden und vom Papa die Scheitnigrr Villa geschenkt bekommen hat, ist sie wie ausgewechselt. Renate spielt die junge Dame, ist stolz und hochnäsig gegen Alle, selbst gegen Herrn Helmreich, wo sie doch sonst ganz glücklich war, wenn der ihr etwa- den Hof machte." Baleska machte «in sehr ernste« Gesicht. „Wer hat Dir von solchen Dingen gesprochen?" fragte sie streng. konnte ich wohl selber sehen, ich bin klüger, al« v»e Meisten denken." ^ Die junge Frau seufzte und beschloß, bei Hardenberg'« Rückkehr «in ernste« Wort mit ihm zu sprechen. Hier mußte u>» jeden Preis Abhilfe geschaffen werden. Vielleicht wäre
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