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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.07.1895
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-07-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18950716012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895071601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895071601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-07
- Tag1895-07-16
- Monat1895-07
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Bezug-Preis >4.10 6. »4.40 S. 0,60 S. 0.7S 6. 0.7V 6. e»0 U LI.it1.tivL 6. S. >.— S. >.— tt. >.— L 6 20 6. 20 6. ,V0 S. .— v 2S ». VO 6. so v V0 S. so «. rs s. r» d» X» s. )ö.» tjSM.Sok.» wo. LI. 1048 iv s. IS 6. o ». v 6. v 6. - 6 t 6 t l> 8. lKS.-S. t - 6. - 8. - 8.2» S4.-8 ) 6. > 6. i 6. 6. i 8. 6. 8. LI 1030. 8. 6. 06. naar 1898. »»ttvu. L 6. 8 6. lt. 6. t. r. r. r. r. ». >. >. ». b°/°1018. »ueii. >. 103.80b- 8 .87^ 101. lbvü. l.o.l'Ll. 63sr- >,7v'i ce. rk 508 k» b« Hauptexpeditton oder den im Stadt bezirk und den Vororten errichteten Aus gabestellen abgeholt: vierteljährliches 4.50. bei zweimaliger täglicher Zustellung ins Haut ^l 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: viertestahrllch ^ 6.—. Direkte tägliche Kreuzbandsendung in« Ausland: monatlich » 7.50 Morgen-Ausgabe. DieMorgen-Au-gabr erscheint täglich mit Au», nahm» nach Tonn- und Festtagen '/,? Nhr, die Abend-AuSgabr Wochentag« b Uhr. Nedaction «v- Erpeditio«: Johanne»,assr 8. 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Amtliche Bekanntmachungen. Sekanntrnachung. Di« Stücke 27 und 28 des diesjährigen Reichsgesetzblattes sind bei uns eingegangen und werden bis zum 10. August VS. I«. aus dem Rathhaussaale zur Einsichtnahme öffentlich aushängen. Dieselben enthalten: Nr. 2253. Bekanntmachung, betreffend die Instruction zur Aus- 28. Inn» 1880 sührung der 88- IS bi» 2.1 de« Gesetze» vom ' 1. Mai 18S4 über die Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen. Boni 27. Juni I8V5. Nr. 2254. Gesetz wegen Abänderung des Gesetze» vom 1. Juli 1872, betreffend die Gebühren und Kosten bei den Consulaten des Deutschen Reiche». Vom 5. Juni 1895. Leipzig, den 13. Juli I8S5. Der Math der Stadt Leipzig. vr. Georgt. Krumbirgrl. Lekannlmachung. Nachdem zufolge unserer Bekanntmachung Io. 2L84. vom 21.Mai 1895 der Plan-, die Regulirung der östlichen 11. n. H.. /Oov Fluchtlinie des Apitzschgäßchens in Leipzig-Lonnewitz betr., vor- schrift-mäßig und zwar vom 30. Mat bis mit 26. Juni 1895 öffentlich ausgelegen hat, so hat er nunmehr gemäß 8. 22 de» Regulativs voin 15. November 1867, dir neuen städtischen Anboue und die Rrgulirung der Straßen betr., für festgestcllt zu gelten. Wir bringen weiterhin zur öffentlichen Kenulniß, daß wir den zwischen dem städtischen Förffcreigrundstückr und dem Vesitzkhume des Herrn BanquterS Oskar Meyer in Leipzig-Connewitz hinsührenden, die Königsiroße mit dem sogenannten Försterstrgr verbindenden Fußweg in Gemäßheit unserer Bekanntmachung ^ vom 3. Mai 1895, nachdem Widersprüche nicht angemeldet worden sind, dem öffentlichen Berkehr entzogen haben. Leipzig, den 4. Juli 1895. Der Rath der Ttadt Leipzig. Io. 3214. Or. Georgi. Ths. Lekarintmachung. Bei der heute öffentlich in Gegenwart zweier Notare beziehungs weise eines Notars bewirkten 32. Aerloojung der Priorltütsobti- gationeu Oit. L und 13. Vrrloojung der Nirderschlesischrn Zweig» bahn-PrioriiatSobligationen der Lbcrschlcsischeu Eisenbahngesellschast sind die in der Antuge verzcichneien Nummern gezogen worden. Den Besitzern werden - - . - . - .. die Obligationen Oit. L zum 1. Oktober 1895, die Zmeigbahnobligationen zum 1. Januar 1896 mit der Aussoroeruug gekündigt, die in den ausgeloosten Nummern verschriebene» Capiralbclräge der Lbligattonc» 1>tt L vom 1. Oktober 18SL ab, der Zwctilbabuobligationen vom 2. Januar 188V ab gegen Quittung und Rückgabe der Obligationen bei der Staats- schulden-TilgungScasse in Berlin, Taubeustraße 29, zu erheben. Mit Len Obligationen Oit. L sind die nach dem 1. Oktober 1895 zahlbar werdenden Zinsschetn« Reihe V Nr. 5 bi» 80 nebst An- Weisungen für di« Reihe VI, mit den Zweigdahnobtigattonen die nach dem 2. Januar 1896 zahlbar werdenden Zintschrine Reihe V Nr. 7 bis 10 nebst Anweijungen für die Reihe VI unentgeltlich abzuliefern. Die Zahlung der Lapitalbrträge ersolgt von 9 Uhr Vormittags bis 1 Uhr Nachmittag» mit Ausschluß der Sonn- und Festtage und der letzten drei Geschäftstage reden MonatS. Die Einlösung geschieht auch bet den Regierungs-Houpteassen und in Frankfurt a, M. bei der jkreiscasse. Zu diesem Zwecke können die Obligationen Oit. L nebst Zubehör schon vom 1. September I8V5 ab, die Zweigbahnobligationeu aebst Zubehör schon vom 1. Decembcr 1895 ab einer dieser Tassen eingereicht werben, welche sie der Staattschulden Titgungscasse zur Prüfung vorzulegen hat und nach erfolgter Fest steUung die Auszahlung vom 1. Oktober 18VV beziehungsweise 2. Januar 1896 ab bewirkt. Der Betrag der etwa fehlenden ZinSscheine wird vom Capital« zurückbehalten. Mit dem 1. Oktober 188L hört die Verzinsung der ver- lookten Obligationen Olt. t! nnd mit dem »t. December 188» hört die Verzinsung der verlooften Rtederschlesischen Zweigbahtiobligatione» ans. Zugleich werden die bereits früher auSgeloosten, auf der Anlage verzeichnet«», noch rückständigen Obligationen wiederholt und „nt dem Bemerken aufgerusen. daß dir Verzinsung derselben aufgehört hat, auch nachstehende Folge» eintreten: Diejenigen Obligationen Olt. L, wekche, der Bekanntmachung durch die öffentliche,, Blätter ungeachtet, nicht binnen 4 Jahren nach dem Zahlungstermine zur Einlösung präjenttrt sind, werden im Wege des gerichtlichen Verfahrens morttficirt. Aus Zweigbahnobligationeu, weiche, der Bekanntmachung durch die öffentlichen Blätter ungeachtet, nicht rechtzeitig zur Realisirung eingehen, erlischt jeder Anspruch, wenn sie 10 Jahre lang alljährlich einmal öffentlich aufgerusen und trotzdem nickt spätestens binnen Jahresfrist nach dem letzten öffentlichen Aufruf« zur Einlösung vor gelegt werden. Die Staateschulden-TilgungScass« kann sich in einen Schrift wechsel mit den Inhabern der Obligationen über die Zahlungs leistung nicht einlassen. Formulare zu den Quittungen werde« von sämmtlichen oben gedachten Cassen unentgeltlich verabfolgt. Berlin, den 4. Juli 1895. Haupt»er»altun, »er Staat«sch«l»en. I. 178S.v. Hoffmann. Vie städtische Sparkasse beleiht Werlhpnpicrc unler günstigen Bedingungen. Leipzig, den O Februar 1895. Die Lpareaffcn'Teputatiou. Volk und Heer im Deutschen Reich. Eichenlaub schmückt seit dem heutigen Tage die entfalteten Fahnen de» deutschen Heere» und die ersten Geschütze seiner Frldartillerie, zur Ehre der braven Kämpfer von 1870, zur Nacheiferung für da« waffentragende junge Geschlecht. Aber nicht zum Krieger allein spricht da« schlichte Grün vom deutschen Baume; da« ganze Bolk blickt wie seine wehr haften Söhne in Ehrfurcht und mit Stolz auf den stummen und doch so beredten Herold einer unvergleichlich großen BerganHenyeit. Denn unser Heer ist ein untrennbare« Glied vom Körper unsere« Volke«, de« Heere« Ehre ist unsere« Volkes Ehre, de« Heere» Trauer wird unsere« Volke« Traue» Nicht immer waren Heer und Volk in Deutschland so innig verkettet. Vor anderem haben die weltgeschichtlichen Siege de« letzten Kriege« und ihre Frucht, die Erneuerung de« Deutschen Reiche«, beide zusammengeschweißt. Doch die Quelle aller organischen Verbindung zwischen Bolk und Heer, der Eckstein zugleich, auf den trotz aller Reformen unser Heerwesen gegründet ist, bleibt die allgemeine Wehrpflicht. Nur weil der führende deutsche Staat nach Zeiten der Schmach und der Roth die Kraft fand, zu ver wirklichen, waö der moderne Vorkämpfer de» uralten germa nischen Gedankens der allgemeinen Wehrpflicht, der nieder sächsische Bauernsohn Scharnhorst, erstrebte, konnte Sedan auf Jena folgen. Und deshalb ist es billig, daß wir in diesen der Erinnerung geweihten Tagen auw Scharnhorsts und der Einführung der allgemeinen Wehrpflicht gedenken. Als Preußen unter der Faust Napoleon'« zusammenbrach, beruhte seine Heeresergänzung auf dem sogenannten Canton- systeme. das zwar von dem Grundgedanken der allgemeinen Wehrpflicht auSgegangen war, aber durch zahlreiche Befreiungen die wohlhabenden uno intelligenten Elasten in der Absicht, die wirthschafllichen Kräfte de« Landes zu schonen, dem Kriegs dienste entzog und die größte Last auf den ärmsten Theil der Bevölkerung wälzte, während der Adel, einseitig bevorzugt, fast alle vsficierSstellen in Händen hatte. Wie dieser Zustand auf die bürgerliche gebildete Bevölkerung ge wirkt hat, schilderte Scharnhorst seinem Könige folgender maßen : „ES war nichts natürlicher, als daß sie das Militair wegen des äußeren Glaines, den dasselbe hat und haben muß, wegen der ihm eigenen Vorrechte beneidete; daß sie e« wegen des Elend«, in dem der gemeine Mann sich befand und der Ungebildetbeit eine« großen Theile« der Officiere verachtete, und daß sie wegen der Ausschließung, in ihm eine der Bildung angemessene Stelle bekleiden zu können, e« haßte." Neid, Verachtung und Haß — da« waren die Empfin dungen de« einflußreichen Bürgerthums gegenüber der Armee. Empfindungen, die jede lebendige Theilnahme an dem Schick sal de« Heeres wie de« Staates, für den eö focht, zu er sticken drohte. Diese Gefahr ist durch die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht beseitigt worden. Scharnhorst selbst »war war e« nicht vergönnt, sic durchzusetzen und mit eigenen Augen sich erfüllen zu sehen, was er mit psychologilchem Scharfblick also voraussagte: »Ein Mann, der als Jüng ling eine Zeit lang in einem Regimente gedient hat, hört, so lange er lebt, die Schicksale die,e« Regiment« mit Wohl gefallen. Ein Mann, der irgend einem Metier ohne Unter drückung und Demüthiaung sich eine Zeit lang gewidmet bat, bebält, so lange er lebt, eine Vorliebe für dasselbe. Die Armeen, in denen unsere nächsten Anverwandten dienen, haben für un« eine vorrügliche Wichtigkeit. Wir sind geneigt, ihnen in Unglücksfallen daS Wort zu reden. Ihre Ehre, die Ehre unserer Anverwandten, eignen wir unS unbemerkt an. Die Gegenliebe kommt bei diesen Verkettungen aus so manche Art in« Spiel, daß sie bald eine große Wirkung auf die Stimmung de« Ganzen bekommt." Schlagender kann die psychologische Grundlage für da« Bewußtsein der Zusammengehörigkeit von Volk und Heer in kurzen Worten nicht auseinandergesetzt werden. Daß dieses Bewußtsein aber besteht und eine lebendige Macht ist, lehrt rin unbefangener Blick ins Leben. Der RadicaliSmu« freilich, der bürgerliche und der sociale, wird da« bestreiten; er wird, die Ausnahme zu Hetzzwecken in die Regel umfälschend, die lebenslängliche Vorliebe für den „Molock Militarismus" als unmöglich hinstellen, mit der Be gründung, daß Niemand ohne Unterdrückung und Demüthigung Soldat sein könne. Erfolg wird der Radikalismus indessen mit solchem Vorgeben nur bei Denen haben, die entweder überhaupt nicht, oder die schlechte Soldaten gewesen sind. Die überwältigende Mehrheit aller gedienten Soldaten aber wird dem ungenannten Verfasser der Broschüre »Unser Militair und seine Zukunft" (Leipzig, Verlag von Carl Jacobsen 1893) beipflichten, der u. A. schreibt: „Es giebt nicht Einen, der als Soldat nicht seiner üblen Laune durch Schimpfen und Fluchen nach soldatischer Weise Ausdruck gegeben und wohl auch manchmal so recht unzusriedei, und unglück lich sich gefühlt Hot; aber es giebt auch nicht Biel«, die nicht mit einer Art von freundlichem Behagen, mit Stolz und einiger Selbst gefälligkeit an die Zeit ihres militairischen Lebens zurückdenkeii, Jeder in dem Maße, wie es Erfahrungen und Natur mit sich bringen. DaS Leben mag sie sväter noch so herumwerfen und z» Anschauungen und Meinungen führen, die denen deS Soldaten reckt wenig entspreche» — kommen sie ans ihr Leben als solche zu sprechen, dann geht ihnen der Mund über, und das Erzählen nimmt kein Ende: im Innern sind sie Soldaten geblieben." Doch abgesehen von den durch die Personen gegebenen innigen Beziehungen sind e« die Bestimmung und der Geist nnsrre« Heere«, welche die Znsammengehörigkeit von Volk nnd Heer gewährleisten; di« friedliche Bestimmun: und der friedliche Geist, di« beide dem deutschen Bolks- charaktrr entsprechen und ihn — auch die« ist ein Ergebniß der allgemeinen Wehrpflicht—wiederspiegeln. WieWilhelm I an jenem 18. Januar de« Jahre« 1871 die Kaiserkrone an- genommen hat in der Hoffnung, »daß dem deutschen Volke vergönnt sein wird, den Lohn seiner heißen und opfermuthigen Kämpfe in dauerndem Frieden und innerhalb der Grenzen zu genießen, welche dem Baterlande die seit Jahrhunderten entbehrte Sicherheit gegen erneute« Angriff Frankreich- gewähren"; — wie Fürst Bismarck an jenem 6. Februar de« Jahre« 1888 jeden Angriffskrieg verwarf, weil, wenn wir in Deutschland einen Krieg mit der vollen Wirkung unserer Nationalkraft führen wollen, r« ein BrrtheidigungSkrieg sein muß, mit dem Alle, die ihm Opfer bringen, einverstanden sind; — wie Kaiser Wilhelm II. in diesen Tagen bei der Eanalfeier vor den Vertretern aller Nationen verkündet hat, daß wir den Frieden aufrechterhalten werden und wollen; — so werden auch in aller Zukunft Deutschland« Volk und Herr einhellig den kriegerischen Lorbeer um de« Lorbeer« willen verschmähen, eingedenk der Mahnung de« großen Kanzler«, mit der ge wattigen Maschine unsere« Heerwesen«, die durch die all gemeine Wehrpflicht zu unserem kostbarsten Besitz geworden, keinen Angriffskrieg zu unternehmen. Wenn aber ein FrirdenS- brecher, wie vor 25 Jahren, sich unterfängt, unsere Ehre und unsere Grenzen anzutasten, dann geschehe, wa« Fürst Bi-marck in der denkwürdigen Reich-tag-sitzung vom 6. Februar 1888 prophezeit bat: »Dann wird da« ganze Deutschland von der Memel bi« z»m Borrnsee wir eine Pulvermine ansbrennen und von Gewehren starren, und es wird kein Feind wagen, mit diesem stwor teutouieus, der sich beim Angriff entwickelt, eS aufzunehmen." I>r. O ö. Deutsches Reich. Q. Berlin, 15. Juli. Mehrere Blätter haben dem pol nischen Bewußtsein, wie eS bei der Feier des Priester- ubikäums des Führers der polnischen Bewegung, des Grasen ZedochowSki, zum Ausdruck kommt, die nationale Gleich giltigkeit gegenübergestellt, die bei vielen Deutschen bei der Wahl im posenschen Wahlkreise Meseritz-Bomst hervor getreten ist. Leider ist der Eontrast in der Thal ein schreiender und die unter Hinweis auf die Ledochowski-Feier ergangene Mahnung dringend nöthig gewesen. Wenn man aber den Existenzkampf des DeutjckthumS im Nordvsten erörtert, und zwar nicht ohne Tadel dortiger Volks genossen, sollte man niemals der Frage aus dem Wege gehen: Was ist's mit der Regierung, unterstützt sie die Bürger, die bestrebt sind, deutsche und treue preußische Unterthanen zu bleiben, wie es ihre Pflicht und für eine preußische Regierung natürlich ist, oder haben wir noch den neuen EurS in der Polenpolttik'? Die Frage drängt sich in diesen Tagen, wo die Person des Cardinal« Ledochowski in den Vordergrund tritt, um so unabweisbarer aus, da diesem die polnstchen Aspirationen verkörpernden Manne unter dem neuen Enrs für das, was er gethan hatte, eine Billigung in einer Form zu Theil geworden ist, die einer Autorisation für künftiges gleiches Thun gleichkam. Die Worte, mit denen dem Grafen Ledochowski im April 1893 vom Kaiser ein Geschenk überreicht wurde, sind nicht ganz genau bekannt, aber man weiß so viel bestimmt, daß sie den preußischen Staat, weil er sich unter Wilhelm I. der Conspirationen des polnischen Parteiführers im Priester- aewanbe zu erwehren gesucht hatte, in« Unrecht setzten. Die für eine Politik, die solche Worte möglich machten, ver antwortlichen Minister sind nicht mehr im Amte, die Polen baden seitdem au« demselben Munde eine Warnung vor Aus schreitungen zu hören gebabt, ob aber eine dem geänderten kaiserlichen Willen entsprechende Wandlung in dem Verhalten der Be hör den eingetreten ist, bleibt zweifelhaft, und der Anschein spricht sogar dagegen. Der Minister des Innern und der Eultusminister haben im Parlamente gefallene Aeußerungen polnischer Anmaßung zurückgewiesen. Aber eö kommt nicht daraus an, was am Berliner Dönhoffsplatz geredet, sondern darauf, wie in Posen und Westpreuß n gehandelt wird. Und darüber herrscht Unklarheit. Die Männer, die die Polen politik Caprivl'S, diesem zu Dank, gemacht haben, müssen mit einer beinahe überinenschlicheii Selbstbeherrschung ausgcstattet sein, wenn sie dem Programm Hohenlohe haben Genüge thun und insbesondere dein mächtig gewordenen Zauber ihrer gesellschaftlichen Eonnexionen mit dem Polenthum sich haben entziehen können. WaS man vernimmt, spricht nicht für den Vollzug einer derartigen Wandlung. Der Polonisirung deS BeamtenthumS und durch das Beamten thum ist — es sei nur an Schroda erinnert — kein Einhalt geschehen und von Officieren wird unwider sprocken behauptet, daß sie sich an der socialen Förderung deS PolenthnmS unbehelligt betheiligen. Mit einer eher den Polen als den Deutschen wohlwollenden Neutralität wird man aber kaum verhindern können, daß sich im Nordosten ein deutsches Venrlien bildet- * Berlin, 15. Juli. Der Unterricht in den modernen Sprachen und namentlich im Deutschen hat in den öffentlichen Schule» Frankreichs seit dem Kriege von 1870 bekanntlich die größten Fortschritte gemacht. Man hat sogar eine eigene neue Art von Mittelschuten gegründet, in denen man durch Deutsch und Englisch oder ^spanisch und Italienisch eine glcichwerthige Geistesbildung und ein gleich- wrrthigeS Reisezcugniß zu erreichen sucht, wie in den Lyceen durch Latein und Griechisch mit Deutsch oder Englisch als Nebenfach. Während aber vor dem Kriege dir erste fremde Sprache, an deren Unterricht man dachte, das Englische war, hat ihm heute das Deutsche vollständig den Rang abgelaufen Es kommt das zum größten Theil daher, daß zwei der vornehmsten Sonderschulen, die Ecole Polytechnique, die nicht nur von künftigen Ingenieuren, sondern auch von künftigen^ Officieren besucht wird, und die Officiers schule von Saint-Cyr, da« Deutsche in der Aufnahme Prüfung als „obligatorisch" erklärt haben. In Folge dessen drängt sich Alles ,n den Lyceen zu dem deutschen Unterricht lind der englische wird vernachlässigt. Man sagt sogar, die Zöglinge lernen in den Lyceen kein Deutsch, weil die deutsche Elasse überfüllt sei. und kein Englisch, weil die englische Elaste leer bleibe. Dieser Uebelstand hat nun Eltern, die au« Ueberlieferung oder au« besonderem Interesse am Englischen festhalte» möchten, veranlaßt, eine Eingabe an den Senat zu richten, damit in den Aufnahmeprüfungen für die beiden genannten Schulen, die da- Ziel de« Ehrgeizes so vieler Familien sind, daS Englische dem Deutschen gleichgestellt werde, so daß die Candidaten nach ihrer Wahl im Englischen oder im Deutschen zu prüfen wären Der Senat hat sich mit dieser Eingabe noch nicht be> faßt. Ihm ist der Pariser Schulrath durch ein große« Zugeständniß an die Anglomanen zuvvrgekommen, indem er dem Kriegsminister, der in letzter Instanz über die beiden hohen OfficierSschulen befiehlt, den Wunsch aus gesprochen bat, da« Englische möchte an Stelle des Deutschen »sacultaliv" im Examen zugelassen werden, jedoch in An betracht, daß da« Deutsche schwieriger zu erlernen und für einen künftigen Ossicier de« Landhrere« wichtiger sei, mit meiner geringeren Anzahl von Puncten. Gegen diese Entscheidung der Schulbehörde de« Pariser Kreise« erbebt sich aber so vie Widerspruch in der Presse, daß der Krieg-minister kaum in der Lage sein dürfte, dem Wunsche der Ersucher und de« Schul- rathe« zu willfahren. Sowohl vom pädagogischen al« vom patriotisch.militairischenStandpuncte aus wird der Vorschlag be kämpft. Durch seine Annahme würde, so macht man im „TempS", in den »Dsbat«" und in Fachblättern geltend, da- Deutsche in den Lyceen noch mehr vernachlässigt werden, al« beute da- Englische, weil diese« viel leichter erlernt wird. Fünf oder zehn Puncte mehr würde« nicht genüaen, um die Zöglinge zum Erlernen dieser »dornenvollen Sprache" zu bringen, da sie sich in drei Monaten eine gcwissc Kenntniß des Englischen aneignen können. Die Folge davon wäre daher, -aß die Officiere sich im Kriegsfälle ebensowenig der Sprache >rer Gegner zu bedienen vermöchten, wie vor fünfund zwanzig Jahren. Der Sieg in diesem Kampfe zwischen deutsch und Englisch wird ohne Zweifel dem Deutschen leiben, wenn auch nicht gerade aus Liebe zur deutschen Sprache und Literatur. (T. R.) L. Berlin, 15. Juli. (Privattelearamm.) Uebrr daS Befinden des Wirklichen Geheimen Raths »on Gneist autet die heute der „Nat.-Z." zugebende Nachricht erfreulich. Sein ThätigkeitSvrang bat sich bereit« darin geäußert, daß er seinen Secretair heute zu sich bestellte, um mit ihm zu arbeiten. — Der „Vorwärts" druckt schmunzelnd folgende AuS- assung ves freisinnigen „Dortmund. Tagebl." zur Dort munder ReichStagSwahl ab: „DaS bisherige Auftreten de« socialdemokratischen Candidaten vr. Lütgen au im Kreise beweist mindestens, daß die Persönlichkeit desselben sehr viele Sympathien findet und daß sein Vorgehen geeignet ist, die Anhängerschaft Möller'« (nat.-lib.!) wesentlich zu vermindern. Penn es sich bewahrheiten sollte, daß die Reich-tagswabl zu ät (!) angesetzt wird, so werden vielleicht ein paar Hundert Ziegler und Maurer weniger als im Sommer ihre Stimmen abgeben können, aber um so mehr Stimmen werden im lebrigen bis dahin für die Gegner deS jetzigen RegierungS- 'ystemS neu gewonnen sein. Nach der „Köln. Ztg." soll der Geheime Legationörath )r.Gerlich rum landwirthschaftlichen Attache beider Botschaft in London ernannt sein. vr. Gerlick hat dem Aus wärtigen Amte als Vortragender Ratb angehört, war dann Generalconsul in Calcutta, später Mitglied der zur Ver waltung der türkischen Staatsschulden eingesetzten internatio nalen Commission; seine Ernennung zum landwirthschaftlichen AttachS wäre daher, wie dir „Magd. Ztg." zutreffend bemerkt, geeignet, einige Ueberraschung hervorzurufen. * Lübeck. 15. Juli. (Telegramm.) Die Bürgerschaft wählte den Rechtsanwalt vr. Fehling zum Präsidenten. -8- Saßnitz, 15. Juli. (Privattelegramm.) Die 4. und 5. Torpedo-Division und der Aviso „Blitz" ver- icßen Nachmittags unseren Hafen, um nach Danzig zu dampfen. X. Pasc», 14. Juli. In Posen wurde heute der Congreß der polnischen Industriellen aus den verschiedensten Tbeilen der Preußischen Monarchie eröffnet. Der Congreß bezweckt einmal die Hebung de« polnischeil Gewerbes in allen Städten und Ortschaften, wo polnische Gewerbetreibende, Kaufleute u. s. w. ansässig sind, und zweitens wird man unter Anderem der Frage näher treten, welche Industrie zweige besonders in Posen und Westpreußen bisher noch von den Polen vernachlässigt oder weniger betrieben werden, deren Ausübung aber für daS Polenthum wirthschaftlich er folgreich ist. * Dortmund, 14. Juli. Die Centrumspartei stellte heute als Candidaten für die ReichStazsersatzwahl den Ver leger Lensing auf. (F. Z.) * Dortmund, 15. Juli. (K. Z.) Wegen eine- in der bekannten Manier gehaltenen Bericht- der »Rh.-Westf. Arbeiter zeitung" über den Transport eines auf Zeche Kaisrrstuhl ver letzten Arbeiters halten die Direktoren Hilbck und Melcher Beleidigungsklage erhoben. Der Gerichtshof vrrurthriltr den Redacteur zu drei Wochen Gefängniß. * Süchteln, 14. Juli. Die vom Kriegerverbande des Kreises Kempen auf den Süchtelner Höhen veranstaltete Feier zur Erinnerung an die glorreichen Ereignisse von 1870/71 nahmen einen großartigen Verlauf, über 10 000 Personen wohnten dem Volksfeste bei. * Lcl«, 14. Juli. Wie bekannt, hat am 8. ds. in Oll em Festessen zu Ehren de« au- seinem Amte scheidenden Landraths v. Kardorfs stattgefunden. Außer einer großen Anzahl angesehener Männer deS Kreise-, nahmen an dem Festmahl auch der Oberpräsident Fürst Hatzsrldt und der Regierungspräsident von Heydebrand Theil. Die An wesenheit dieser hohen Beamten hielt indessen Herrn v. Kessel- Raake nicht ab, folgende Rede auf Herrn v. Kardorfs zu halten: „Wenn man auf dl« 80jährige politische Thätigkeit de« Herrn v. Kardorfs zurückblickt, so wird ma» ihm da» Zeugniß geben müsse», daß er jeder Zeit für die Stärkung des Konigthums. für Recht und Ordnung im Staate und vor Allem sür da» Wohl des Nährstandes kräftig eingetreten ist. Al« der neue Curs eintrat und der Kanzler ohne Ar und Halm an« Ruder kam, unter dessen Amtsthätigkeit die unglückseligen Handelsverträge etngeslihrt wurde», ist eS rin ungemein große» Berdienst des Herr» v. Kardorfs gewesen, daß er mannsest und ritterlich für da- Recht des Nährstandes kräftig, nicht allein durch Einführung der Doppel währung, vielmehr auch in jeder Beziehung für die Wohlfahrt »»d Erhaltung de» Nährstandes eintrat, von dessen Wohl und Wehr die Wohlfahrt de» ganzen Lande» sowie da» Glück anderer Stände abhängt . . * Arnstadt, 14. Juli. Neuerding« waren (im »Leipz. Tagbl." nicht erwähnte) Klagen wegen angeblich schlechter Behandlung zweier Kranker in Gnadenthal bei Neinstedt am Harz, einer Filialanstalt der unter Leitung de« Pastor« Kobett stehenden Neinstedter Anstalten, aufgetaucht. Da« fürstlich schwarzburaische Landrath«amt zu Arnstadt veröffentlicht jenen Beschuldigungen gegenüber jetzt folgende Aufklärung: Es bandle sich um zwei ans öffentliche Kosten in Gnadentbal untrrgebracht gewesene junge Leute. Nachdem dieselben nach vielen vergeblichen Curversuchrn endlich in Gnadenthal hätten untergedracht werden können, seien sie vor einiger Zeit durch ihre Bitter zurück- gefordert worden, da dieselben der Meinung gewesen, die Cur sei nicht erfolgversprechend, beziehungsweise könne ebenso gut im Elternhause abgemacht werden. Diesem bestimmten Willen der Eltern gegenüber sei denn auch die Zurücknahme aus der Anstalt verfügt worden. Ter Abholung babe sich jedoch der »in« bereit- durch Entlaufen tntzogeii. In Sonderthausen habe er Aufnahme in der Herberge zur Heimath gesunden, die unter Oberconsistorialrath Zahn steht. Dies« habe gewußt, daß dem Ministerium ri» Antrag de» Vater« de» Betreffenden auf Entlassung au» Gnadruihal vorlaa, und habe den jungen Mann deshalb in baß Ministerium geschickt. Dort Hab« ihm TtaatSrath Drechsler eröffnet, dt« Entlaffung sei inzwischen verfügt worden, und ihn zur Heimreise nach Arnstadt mit Geld versehen. Bon verhören und Vernehmungen sei keine Red« ge wesen; ebenso wenig vo» irgend welchen Fragen über di« innere» Zustände in Gnndeulhal. Bedauvtung, das Ministerin« >»
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